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Neue Szene Augsburg 2015-05

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de

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Zoom<br />

37<br />

LIKED<br />

Warenkorb-Button) auf die Welt der Liebe und Partnersuche. Jene hat sowieso<br />

den Ruf, eher kompliziert zu sein. Wisch rechts, wisch links macht das Ganze doch<br />

überschaubarer und effektiver. Person X sieht gut aus oder sieht nicht gut aus,<br />

basta. Kein schlechtes Gewissen, kein Rumeiern, ein klares so oder so. Wo doch<br />

im Dickicht der Multioptionsgesellschaft eh jeder gestresst und überlastet und<br />

jede Entlastung qua Vereinfachung, also ein Besinnen aufs Wesentliche (Jan, 34,<br />

braungebrannt!), willkommen ist.<br />

Optionen, Optionen, Optionen<br />

Ist das also die Erklärung für den Erfolg von Tinder? Oder liegt er einfach nur<br />

darin begründet, dass die App schlichtweg auf die Erfordernisse jüngerer Lebenswirklichkeiten<br />

reagiert: befristete Arbeitsplätze in Hamburg, Köln oder München,<br />

modernes Nomadentum, das Smartphone als einzige Kontinuität, treuer Begleiter<br />

und Organizer für alle Lebenslagen, Liebe und Sex inklusive? Mit Sicherheit. Aber<br />

auch: In einer warenförmig organisierten Welt, in der ich zwischen 6.200 Toastern<br />

bei Amazon wählen kann, darf ich doch wohl auch ein gewisses Angebot an Flirtoder<br />

Bettpartnern erwarten. Wir wollen schließlich Optionen, und zwar möglichst<br />

viele, bekanntlich geht ja alles immer noch besser und schöner. Deshalb nutzen<br />

vermutlich auch Menschen in Beziehungen Dating-Apps.<br />

Mit Tinder und Co wird (Sex-)Partnerwahl also erstens effektiver und zweitens<br />

vielseitiger als beispielsweise in der Bar nebenan. Zudem passt das Ganze zum<br />

durch digitale Dienste gestalteten „Restlebensstil“: Man muss keine langen<br />

Fragebogen ausfüllen wie auf manchen Partnervermittlungs-Plattformen oder<br />

verkrampft-charmante Texte über sich oder an den anderen verfassen. Sprich:<br />

Man muss sich der Sache nicht unbedingt mit voller Aufmerksamkeit und Inbrunst<br />

widmen. Es ist vielmehr wie ein Coffee to go, entspannt, flexibel, gern auch mal<br />

nebenbei, wenn Zeit totzuschlagen ist. Im Zug, zum Beispiel, da ist Menschen<br />

gucken eine gute Sache, fand zumindest der junge Mann neulich in der Reihe<br />

vor mir, mit dem ich unfreiwillig reihenweise Mädchengesichter auf einem XL-<br />

Smartphonebildschirm geguckt habe.<br />

Gedankenexperiment: Du meldest dich bei Tinder an, nur aus Spaß und Neugierde,<br />

und ein bisschen allein bist du ja doch manchmal. Eigentlich stehst du ja über<br />

so einem albernen Quatsch, bist eher der belesene Typ, aber man kann’s ja mal<br />

ausprobieren. Doch aus unerfindlichen Gründen bekommst du fast nie ein Match,<br />

so wie Hornbrillen-Stefan, 31 (bist Du auch leicht übergewichtig oder einfach nur<br />

über 28?). Drüberstehen hin oder her, plötzlich hat es dich. Du kommst nicht umhin,<br />

darüber nachzudenken, was nicht stimmt mit dir. Immerhin, irgendwann doch<br />

mal ein Match, dann sogar ein Date. Es treffen sich: zwei Optionen.<br />

Mit Tinder und Co wird (Sex-)Partnerwahl also<br />

erstens effektiver und zweitens vielseitiger als<br />

beispielsweise in der Bar nebenan.

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