Neue Szene Augsburg 2015-05
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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Das neue Album von Tocotronic klingt ungewöhnlich poppig.<br />
Die Songs handeln von vermeintlich profanen Dingen wie<br />
der Liebe und dem Erwachsenwerden. Das Quartett aus<br />
Hamburg und Berlin wurde als Sprachrohr einer intellektuellen<br />
Verweigerergeneration bezeichnet und als schnöselig<br />
geschmäht.<br />
Olaf Neumann besuchte die Band in ihrem Hamburger Probenraum<br />
und sprach mit Jan Müller und Arne Zank.<br />
Tocotronic live <strong>2015</strong>:<br />
08.10. Leipzig, Haus Auensee<br />
09.10. Hannover, Capitol<br />
10.10. Erfurt, Stadtgarten<br />
11.10. Mannheim, Alte Feuerwache<br />
12.10. Zürich, X-Tra<br />
14.10. Saarbrücken, Garage<br />
15.10. Dortmund, FZW<br />
16.10. Bielefeld, Ringlokschuppen<br />
17.10. Hamburg, Sporthalle<br />
21.10. Bremen, Schlachthof<br />
22.10. Rostock, Mau Club<br />
23.10. Berlin, Columbiahalle<br />
06.11. Dresden, Alter Schlachthof<br />
07.11. Linz, Ahoi! Pop <strong>2015</strong><br />
08.11. Graz, Orpheum<br />
09.11. Erlangen, E-Werk<br />
11.11. Köln, E-Werk<br />
12.11. Wiesbaden, Schlachthof<br />
13.11. Stuttgart, LKA Longhorn<br />
14.11. München, Zenith<br />
Welches Lebensgefühl transportiert eure Musik?<br />
Müller: In unserer Frühphase grenzten wir uns noch<br />
von vielen Dingen ab, ohne dabei direkt punkig-ordinär<br />
zu sein. Wir haben die Hälfte unseres bisherigen<br />
Lebens mit der Band verbracht und mit der Zeit einen<br />
differenzierten Blick auf die Welt gewonnen. Ich<br />
glaube, Tocotronic ist heute mehr als ein Lebensgefühl,<br />
die Band steht für einen bestimmten Blick auf<br />
die Welt, wobei man sich aber nicht immer einig sein<br />
muss. Natürlich hinterfragen wir die bestehenden Verhältnisse.<br />
Wenn das nicht mehr stattfinden würde,<br />
hätte unsere Band ein Problem. Wären wir satt und<br />
zufrieden, wäre unsere Kunst vielleicht nicht mehr interessant.<br />
Wie habt ihr den gewünschten Sound für dieses<br />
Album gefunden?<br />
Zank: Durch langes Suchen. Geprobt haben wir die<br />
Songs diesmal nicht, weil wir sie im Studio nacheinander<br />
aufgenommen haben. Es gab sehr viele Zwischenschritte,<br />
nach denen verschiedene Versionen der<br />
Songs fertig waren. Ein intensiver Findungsprozess,<br />
bei dem wir uns viel unterhalten und auch streiten<br />
mussten. Man guckt von jedem Stück zum nächsten,<br />
wie der Ausdruck und vielleicht auch das Lebensgefühl<br />
am besten rüberkommen.<br />
Müller: Unser Produzent Moses Schneider ist dabei<br />
eine sehr große Hilfe gewesen. Und unser Toningenieur<br />
Ingo Krauss hat schon mit den tollsten Leuten<br />
zusammengearbeitet. Dazu kommt noch der junge<br />
Markus Ganter. Er kennt sich in der Popmusik erstaunlich<br />
gut aus.<br />
Im „Candy Bomber Studio“ auf dem Tempelhofgelände<br />
in Berlin wird mit uralter Technik gearbeitet.<br />
Müller: Diese alte Technik verbreitet eine schöne Aura.<br />
Paul Lemp sammelt eher amerikanische Raritäten,<br />
während sein Partner Ingo Krauss auf deutsches<br />
Equipment spezialisiert ist. Zum Einsatz kam unter anderem<br />
ein altes Mischpult von der Deutschen Grammophon,<br />
weil es gut klingt. Es ist aber kein Museum,<br />
sie benutzen dort auch moderne Technik. Wir haben<br />
die Musik diesmal auch nicht mit einer Vierspurbandmaschine<br />
aufgenommen, sondern mit Harddisk-Recording.<br />
Wolltet ihr immer alles genau anders machen als<br />
andere Bands?<br />
Müller: Eigentlich nicht. Im Grunde machen wir ganz<br />
konventionelle Musik, die sich an klassischen Akkorden<br />
bedient. Vielleicht ging es uns eher darum, sehr<br />
konzeptorientiert zu arbeiten und die technische Umsetzung<br />
eher zu vernachlässigen. Wir fanden es spannend,<br />
eine Popband zu erfinden. Damals musste man<br />
immer für viel Geld Demos in irgendwelchen Studios<br />
aufnehmen und diese dann an Plattenfirmen verschicken.<br />
Das alles haben wir für uns vermieden und einfach<br />
die Behauptung aufgestellt, wir seien eine Band.<br />
Aber wir haben sicher nicht alles anders gemacht,<br />
sondern bei aller Abgrenzung auch vieles in uns aufgenommen.<br />
Wie weiland die Beatles habt ihr 2002 ein weißes<br />
Album gemacht, jetzt ein rotes. Kommt als nächstes<br />
das blaue Album?<br />
Müller: (lacht) Soweit kann man nicht in die Zukunft<br />
schauen. Wir gehen aber nicht nach dem Motto „Welche<br />
Farbe soll es denn heute sein?“ vor. Es hat sich<br />
einfach so herausgestellt, dass Rot die passende<br />
Farbe für dieses Album ist. Sie steht für die Liebe mit<br />
all ihren Facetten, aber auch für das Kämpferische.<br />
Zudem sieht dieser bestimmte Rotton einfach gut aus,<br />
was bei Popmusik nicht zu vernachlässigen ist. Auch<br />
ist uns der Bezug zu unserem weißen Album wichtig<br />
gewesen, weil beide Platten auf ähnliche Weise entstanden<br />
sind.<br />
Tocotronic – „s/t (Das rote Album)“ – VÖ: 1.5.<strong>2015</strong>