Neue Szene Augsburg 2015-05
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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66 Augsbürger<br />
Augsbürger<br />
In unserer Serie ŸAugsbürgerÿ stellt der Fotograf Fabian Schreyer Menschen aus unserer<br />
Stadt vor, deren Gesichter zwar bekannt, deren Geschichten aber nicht allen vertraut sind.<br />
<br />
»Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist drei vor zwölf. Die Kasse hat Hunger!« Seit 41 Jahren trotzt »Angy’s Haferl«<br />
dem Zeitgeist, doch die Zukunft von Angelika Jescheks Antiquitätenladen in der Jakoberstraße steht<br />
auf tönernen Füßen. Das Geschäft mit alten Möbeln, Schmuck, Porzellanwaren, Spiegeln, Spielzeug, Büchern<br />
und allerlei Bäuerlichem und Sakralem läuft schlecht: »Die Alten haben alles und die Jungen kaufen<br />
höchstens mal einen Bilderrahmen oder ein Büchlein. Es kommen viele nette Touristen - Italiener, Brasilianer,<br />
Amerikaner, Kanadier, Australier - , aber die kaufen leider wenig und es soll immer alles billig sein.«<br />
In den Anfangsjahren sieht das noch anders aus: Die<br />
Pforzheimerin zieht nach der Ausbildung als Hauswirtschafterin<br />
mit ihrem Partner von Heidelberg<br />
nach <strong>Augsburg</strong>. Die beiden führen in Hochzoll ein<br />
kleines Geschäft für Teppichböden, dessen Sortiment<br />
bald um allerlei Trödel erweitert wird. Gerade<br />
einmal volljährig, also damals noch mit 21, eröffnet<br />
Angelika Jeschek 1974 ihren ersten eigenen An- und<br />
Verkaufsladen am Judenberg. Es folgt eine Odyssee<br />
von Standort- und Inventarwechseln, Expansionen<br />
und Verkleinerungen. In Anlehnung an das anfangs<br />
angebotene Zweite-Wahl-Porzellan heißt der Traditionsladen<br />
der 61-Jährigen »Angy’s Haferl«. Ein Name,<br />
der bis heute immer wieder Verwirrung stiftet: »Viele<br />
sagen Frau Haferl zu mir...«<br />
Das geschäftige Treiben täuscht leicht über die prekäre<br />
Geschäftssituation hinweg - es herrscht Existenzkampf.<br />
Viele Kunden kommen bereits in dritter<br />
Generation, aber oft nur zum Plausch, um zu bieseln<br />
oder sich auszuruhen. Sie sind dennoch herzlich willkommen:<br />
»Ich will die schönen alten Dinge erhalten<br />
und an die Nachwelt weitergeben. Der Verkaufsgedanke<br />
ist nicht alles, was zählt, das läuft eher nebenher.<br />
Ich bin eine Art Sozialbetrieb, ich bringe A<br />
zu B, ich verbinde. Das ist ein Nehmen und Geben.<br />
Der eine hilft dem anderen. Ich brauch die Leute und<br />
die Leute brauchen mich. Diese Läden mit Seele müssen<br />
erhalten bleiben. Aber wenn’s Publikum nur noch<br />
kuckt und ich nicht verkaufe, dann kann ich nicht<br />
mehr bleiben. So einfach ist das!«