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Kickbike Magazin Mallorca Frühjahr 2015 - Das Tretrollermagazin

Hier ist sie nur unsere dritte Ausgabe ... viel Spaß beim Lesen und wir freuen uns auf euer Feedback und eure Likes ...

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Rückblickend betrachtet war es wohl so,<br />

dass ich zu wenig gegessen hatte und<br />

nun einen Hungerast hatte. Hunger<br />

verspürte ich nicht, allerdings eine<br />

energetische Leere. Am liebsten hätte ich<br />

mich ins Auto gelegt und geschlafen.<br />

<strong>Das</strong> Essen nun bei Orchies half mir. Gut<br />

war auch, dass diese Pause etwas länger<br />

als zehn Minuten dauerte. Tatsächlich<br />

war es ein innerer Kampf, denn rein<br />

körperlich war es mir wirklich danach,<br />

nicht weiter zu machen. Wirklich unbeschreiblich<br />

war das. Keine Krämpfe, keine<br />

Schmerzen. Es war nur eine Antriebslosigkeit<br />

und Schwäche. <strong>Das</strong> Ziel, nämlich<br />

in das Vélodrome einzufahren, triumphierend,<br />

hatte ich stets vor dem geistigen<br />

Auge. Viel hatte ich trainiert, bestens<br />

war ich in Form. Warum also sollte ich<br />

mich durch solch eine Schwäche-Attacke<br />

beeinträchtigen lassen? Jurek meinte, ich<br />

solle einen Teil der Strecke mit dem Auto<br />

mitfahren. Dies bliebe unter uns. Einem<br />

Sportler darf man mit solchen Vorschlägen<br />

nicht kommen. Wahrscheinlich war<br />

dies dann mein Hauptantrieb, weiter zu<br />

fahren. Langsam, sehr langsam traten wir<br />

die Weiterfahrt an. Im Kopf hatte ich die<br />

Vorstellung, welch Schande es gewesen<br />

wäre, auch nur einen Meter mit dem<br />

Auto mitzufahren. Jurek und ich wechselten<br />

einander die ganze Strecke<br />

hindurch ab, jeder war einmal vorne.<br />

Jetzt fuhr ich vorne, damit ich uns beiden<br />

das langsame Tempo diktieren konnte.<br />

Mein Puls kletterte nicht mehr hoch,<br />

obwohl ich mich schon an der Leistungsgrenze<br />

fühlte. Eine psychische Qual war<br />

es, als ich lesen musste, dass es „nur“<br />

noch 10 Sektoren wären. Der Kilometerzähler<br />

kletterte langsam wie nie. Irgendwann<br />

waren wir bei 200 Kilometern. Ein<br />

schöner Wert. 80% hinter uns, 20% vor<br />

uns. <strong>Das</strong> musste motivieren, tat es aber<br />

nicht.<br />

Die 20% vor uns kamen mir vor wie eine<br />

unendlich lange Strecke.<br />

Locker dem Ziel entgegen<br />

Konsequenz zahlt sich aus. Wie bereits<br />

erwähnt, dauerte der Spuk etwa 20<br />

Kilometer. Wirklich leistungsstark wurde<br />

ich dann bis zum Ziel nicht mehr, aber es<br />

ging mit einem Mal wieder leichtfüßig<br />

und locker. Karin meinte auch, wir beide<br />

sahen immer recht frisch und entspannt<br />

aus. <strong>Das</strong> lag wohl auch an so einer Art<br />

Glücksgefühl. Schöne Gefühle gab es<br />

nicht nur im Ziel, sondern auch während<br />

der Fahrt. Kurz Regen, der uns nichts<br />

mehr anhaben konnte, nur noch 30<br />

Kilometer bis ins Ziel, also bald nur noch<br />

ein Zehntel der Gesamtstrecke. Auch<br />

wenn die letzten 50 Kilometer von der<br />

Streckengestaltung sehr hart waren,<br />

fuhren wir das Finale recht locker und<br />

souverän. Jurek vertraute mir erst später<br />

an, dass auch er einen Einbruch hatte,<br />

nicht so stark wie ich, dafür schon viel<br />

früher. Ja, unter solchen Belastungen<br />

passieren schon merkwürdige Dinge.<br />

Sonnenuntergang. Wir montierten vor<br />

der vorletzten Sektion unsere Lampen<br />

und kickten bei zunehmender Dunkelheit<br />

dem Ziel entgegen. Erste Wegweiser<br />

mit „Roubaix“. <strong>Das</strong> gibt Kraft. Wir kickten<br />

schneller. Roubaix erreicht, frühe Nacht,<br />

leicht bergab, wieder Rückenwind. Eine<br />

Kleinstadt im Radrennfieber. So knatterten<br />

wir über die allerletzte Sektion, der<br />

Allée Charles Crupelandt unmittelbar vor<br />

der Zieleinfahrt.<br />

<strong>Kickbike</strong><br />

<strong>Magazin</strong> 27

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