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Das Aktiv60Ticket - Akademie för uns kölsche Sproch

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HaUPTsTaDT Des<br />

VeRBRecHens<br />

Zu Beginn der 60er Jahre waren die schlimmsten Kriegsschäden in Köln<br />

beseitigt und das Wirtschaftswunder machte sich bemerkbar. Die Kölner<br />

waren stolz auf sich und ihre Stadt. Gleichzeitig steigt allein in den Jahren<br />

1961 bis 1964 die Zahl der Straftaten in der Stadt von 6.000 auf jährlich<br />

48.600 – bei einer Aufklärungsrate von lediglich 34 Prozent. Köln ist die<br />

Verbrechenshauptstadt der jungen Republik. Die Boulevardpresse spricht<br />

schlicht vom »Chicago am Rhein«.<br />

Die Hauptakteure in den Bordellen, Striplokalen, Bars und Spielhöllen<br />

auf den Ringen, in der Friesenstraße, am Eigelstein und am Rheinufer sind<br />

stadtbekannt und gefürchtet. Es ist die Zeit der offenen Feindschaften und<br />

Revierkämpfe, wie sich in »Chicago am Rhein – Geschichten aus dem <strong>kölsche</strong>n<br />

Milieu« nachlesen lässt. Peter F. Müller hat die vor Jahren für seinen<br />

Dokumentarfilm »Wir waren das Milieu« zusammengetragenen Lebensgeschichten<br />

nun mit Co-Autor Michael Mueller als Buch herausgegeben.<br />

Im Rückblick stellen sich die Luden, Zocker und Türsteher von einst gerne<br />

als ehrenwerte Ganoven dar. Von den alten Zeiten träumen sie alle noch:<br />

als der Champagner in Strömen floss und das Geld in Plastiktüten und<br />

Vogelhäuschen gehortet wurde, als Rolex, Schlangenlederanzüge und dicke<br />

Autos unverzichtbare Accessoires waren...<br />

<strong>Das</strong> Geld wurde mit kriminellen Mitteln »eingesammelt« und dann mit<br />

vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen, schlicht verprasst. Sich real<br />

etwas aufzubauen, zu investieren, einfach auch an später zu denken, ging<br />

offenbar weit über den Horizont der handelnden »Miljö«-Größen hinaus.<br />

Schon Hochdeutsch scheint unerreichbar gewesen zu sein.<br />

GeLD Wie DRecK<br />

Die, die damals ganz groß waren, sind heute längst wieder ganz klein. Von<br />

Pracht und Reichtum ist keinem etwas geblieben. Die meisten, die noch leben,<br />

leben auf Sozialhilfe-Niveau. »Frischse Pitter« ist einer der wenigen, der<br />

eine kleine Rente erhält: »Wenn ich e bissje jespart hätt, hätt ich hück irgendwo<br />

en Finca un wöödt de Föös in de Tass halde«, hat er Müller erzählt,<br />

»ävver ich han dat Geld zum Teil behandelt, als wenn et Dreck jewäse wör.«<br />

Man ist versucht, Mitleid mit den jetzt stark gealterten Unterwelthelden<br />

von einst zu haben, oder an »Altersarmut als gerechte Strafe« zu denken,<br />

wüsste man nicht, wieviele Leben sie einst ruiniert haben. MARCUS CORMANN<br />

22 klaaf Kölsches Leben Kölsches Leben klaaf 23

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