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Das Aktiv60Ticket - Akademie för uns kölsche Sproch

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Arbeiten, die seinen Einfluss begründeten: 1624 verfasste er einen ersten<br />

Traktat über eine Mondfinsternis, 1626 schreibt er – 17 Jahre nach der<br />

Konstruktion Galileo Galileis (1564-1642) – über die europäische Erfindung<br />

des Fernrohrs und seine Bedeutung für die Astronomie.<br />

Der chinesische Kulturminister bestimmt Johann Adam Schall von<br />

Bell 1630 zum Nachfolger von Johann Terrenz Schreck (1576-1630) und<br />

beruft ihn in das Kalenderamt. Hier besteht seine Hauptaufgabe darin,<br />

einen fehlerfreien Jahreskalender zu entwerfen, der die Voraussetzung für<br />

das konfuzianische Ideal erfüllt. Dieses Ideal besagt, dass der Ablauf des<br />

bürgerlichen Lebens mit der Natur übereinstimmen muss – das menschliche<br />

Handeln sollte harmonisch mit den Gesetzen der Natur abgestimmt<br />

werden, nur so ist eine sichere Entwicklung des Landes und der Bürger<br />

möglich. Der Jahreskalender ist die Richtschnur, um diese Vorstellung zu<br />

verwirklichen. »Günstige« und »ungünstige« Tage werden im Kalender vermerkt<br />

und beeinflussen Entscheidungen wie den Häuserbau, die Einschulung<br />

der Kinder, den Reisebeginn und vieles mehr.<br />

Auf Befehl des Kaisers Chu'ng-zhen (Regierungszeit 1628-1644) wurde<br />

in der Palaststadt eine eigene astronomische Station eingerichtet. Dort<br />

beobachtete dieser im Jahre 1638 mit einem von Johann Adam überreichten<br />

Fernrohr eine Sonnen- und Mondfinsternis, ein Vorgang, der dessen<br />

Stellung weiter festigte.<br />

Wie erfolgreich die Arbeit des Missionars Schall war, spiegelt sich deutlich<br />

in der sich zum Christentum Bekennenden in Beijing wieder: Von 400<br />

im Jahre 1635 stieg die Zahl der jährlichen Taufen bis 1638 auf 875.<br />

aUF BeFeHL Des KaiseRs<br />

WURDe eine eiGene<br />

asTROnOMiscHe sTaTiOn<br />

einGeRicHTeT.<br />

Der Rückgang in den Folgejahren ist zurückzuführen auf die politische<br />

Veränderung des Reiches. Die sich im Nordosten des Reiches ausdehnende<br />

Macht der Mandschu führte 1644 letztendlich zur Eroberung von Beijing.<br />

Nach einer Dauer von 276 Jahren erlosch die Herrschaft des Hauses der<br />

Ming-Dynastie. Jenes Ende und der Beginn der Mandschu-Herrschaft<br />

(Ch'ing-Dynastie) kennzeichnet die chinesische Geschichte des 17. Jahrhunderts.<br />

Dank Schalls Entschlossenheit gelang es ihm, viele Dinge zu<br />

retten und zur neuen Regierung einen guten Kontakt zu knüpfen.<br />

Er fungierte als Ratgeber und väterlicher Freund des erst siebenjährigen<br />

ersten Kaisers der Ch'ing-Dynastie, Shun-chih (Regierungszeit 1651-1661),<br />

der 1651 offiziell die Regierung übernahm. Konnte er den Kaiser auch nicht<br />

zum Christentum bekehren, so führte seine in der chinesischen Geschichte<br />

ungewöhnliche Position doch zu einem Höhepunkt der Jesuitenmission.<br />

In der folgenden Zeit entwickelte sich zwischen Schall und dem Kaiser<br />

eine Art Lehrer-Schüler-Beziehung. Den jungen Kaiser verlangte es nach<br />

Kenntnissen über die europäische Lebensart. Die ihm 1653 verliehene<br />

Statue neben der Minoritenkirche am Kolpingplatz<br />

Ehrenbezeichnung »Die Geheimnisse des Himmels ergründender Lehrer"<br />

belegte Schalls Bedeutung für das Reich in den Augen der Mandschu.<br />

Unglücklicherweise gab es für die Kaiserfamilie im Jahre 1658 eine<br />

Reihe von Todesfällen. Schall musste – als astronomischer Leiter – den<br />

günstigsten Ort und Stunde für das Begräbnis herausfinden. Diese Aufgabe<br />

erfüllte er, nur änderte der damalige Kulturminister eigenmächtig die<br />

Stunde der Beisetzung.<br />

In der Auffassung des chinesischen Glaubens war damit die Harmonie<br />

der Natur zerstört und die Kaiserfamilie musste viele Schicksalsschläge<br />

hinnehmen. Und tatsächlich – der erst 23jährige Shun-chih erkrankte an<br />

Blattern und verstarb.<br />

Zunächst schienen damit alle Erfolge zunichte gemacht. Während der<br />

innenpolitischen Wirren der Folgejahre wurden die Jesuiten von ihren<br />

chinesischen Rivalen angeklagt.<br />

1664 erlitt Schall einen Schlaganfall und kurze Zeit darauf wurde ihm<br />

zusammen mit Verbiest (seinem Schüler) und zwei anderen Jesuiten wegen<br />

Hochverrat, Predigt einer verwerflichen Religion und Ausbreitung falscher<br />

astronomischen Lehren der Prozess gemacht. Als im November 1664<br />

ein Komet am Himmel erscheint, deutet man diesen als Zeichen zug<strong>uns</strong>ten<br />

Schalls. Trotzdem sprach man ihn und seine Gefährten in allen Punkten<br />

schuldig – sie verloren sämtliche Titel. 1665 verkündete man das Urteil:<br />

Schall sollte erdrosselt werden. Doch zwei weitere Naturkatastrophen<br />

führten am chinesischen Hof zu einem kompletten Umschwung. Schall<br />

wurde von der Todesstrafe freigesprochen und im Mai 1665 entlassen.<br />

<strong>Das</strong> Leiden in der Gefangenschaft war zu viel für den ohnehin schon<br />

strapazierten Körper des Johann Adam Schall von Bell. Am 15. August<br />

1666 verstarb er und wurde am 29. August beigesetzt. ClAUDIA ECkSTEIN<br />

34 klaaf Kölner Köpfe<br />

Kölner Köpfe<br />

FOTOs: inGeBORG niTT<br />

klaaf 35

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