Kosten der Unterkunft - Tacheles e.V.
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Aktionsleitfaden<br />
In einem Monitoring <strong>der</strong> Diakonie Württemberg<br />
wurden als häufigste Rechtsverstöße ermittelt:<br />
P Marktfremde Angemessenheitsgrenzen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
auch bei fehlenden Mietspiegeln<br />
P Begrenzungen von Heiz- und Nebenkosten ohne<br />
Berücksichtigung des Objekts<br />
P Persönliche Situation (Krankheit, örtliche Bindung...)<br />
bleibt unberücksichtigt<br />
P <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> Wohnungssuche und des Wohnungswechsels<br />
abgelehnt<br />
P Nichtgewährung einer Frist zur <strong>Kosten</strong>senkung<br />
2.1 Überprüfung von Mietobergrenzen<br />
Maßgeblich sind die örtlichen Verhältnisse am<br />
Wohnort. Damit ist auf marktübliche Wohnungsmieten<br />
abzustellen, jedoch im „unteren Bereich“<br />
älterer Wohnungen.<br />
Entscheidend ist <strong>der</strong> Baujahrsbereich „älterer“ Wohnungen.<br />
Da Hilfebedürftige sich zur Vermeidung<br />
von Ausgrenzung nicht von den Lebensverhältnissen<br />
vergleichbarer Schichten unterscheiden sollen,<br />
geht die Regelsatzfestlegung hier von den Lebensverhältnissen<br />
des unteren „Einkommensquintels“<br />
aus, also den einkommensschwächsten 20 Prozent<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung nach Herausrechnung <strong>der</strong> Hilfeempfänger.<br />
Zur Anwendung in <strong>der</strong> Praxis:<br />
In den Baubehörden liegen in <strong>der</strong> Regel Daten über<br />
die Zusammensetzung des örtlichen Wohnungsbestands<br />
vor. Aus diesen lässt sich bestimmen, bis<br />
zu welcher Baujahrsklasse ein zwanzigprozentiges<br />
Marktsegment örtlich reicht. Hierbei ist jedoch zu<br />
beachten, dass ein Großteil älterer Baubestände mo<strong>der</strong>nisiert<br />
wurde und damit vom Mietwert in höhere<br />
„Baujahrsklassen“ rückt. Aus einer Hochrechnung<br />
in Esslingen im Jahr 2000 wurde diese Segmentgrenze<br />
bei 25 Jahre alten Wohnungen ermittelt.<br />
Maßstab eines angemessenen Mietpreises kann<br />
deshalb <strong>der</strong> Mittelwert einer einfachen, 25 Jahre<br />
alten Wohnung sein. In Regionen mit Mietspiegel<br />
lässt sich damit eine marktgerechte Angemessen-<br />
heitsgrenze leicht festlegen, soweit <strong>der</strong> Wohnungsmarkt<br />
mietspiegelorientierte Angebote bereit hält.<br />
Mietspiegelquellen finden sich zum Beispiel unter<br />
C www.wohnungsunternehmen.de/wohnung.htm.<br />
Da die tatsächlichen Verhältnisse am Wohnungsmarkt<br />
maßgeblich sind, Mietspiegel aber den Preisentwicklungen<br />
hinterher hängen, sind die Mietspiegelwerte<br />
mit dem Mietenindex zu aktualisieren.<br />
Diese Steigerungsindizes sind – oft auch separat für<br />
die reine Kaltmiete ausgewiesen – bei den statistischen<br />
Landesämtern abrufbar.<br />
In Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt<br />
fehlen mietspiegelorientierte Angebote insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei preisgünstigen Wohnungen. Doch auch<br />
hier gelten die „örtlichen Verhältnisse am Ort“, den<br />
Angemessenheit richtet sich danach, was auf dem<br />
Wohnungsmarkt üblicherweise verlangt und gezahlt<br />
wird (VGH Hessen 18.8.92 – 9 TG 2578/91).<br />
Klarheit in diesen Fällen kann deshalb ein „Angebotsspiegel“<br />
schaffen. Dr. Uwe Berlit, Richter am<br />
Bundesverwaltungsgericht, verweist darauf, dass<br />
eine zusätzliche gerichtliche Erkenntnisquelle bei<br />
<strong>der</strong> Prüfung von Angemessenheitsgrenzen die EDVgestützte<br />
systematische Auswertung <strong>der</strong> Wohnungsmarktanzeigen<br />
in <strong>der</strong> örtlichen Presse und im Internet<br />
sein kann. Denkbar sei eine solche Erstellung<br />
auch durch Dienste <strong>der</strong> freien Wohlfahrtspflege o<strong>der</strong><br />
Initiativen. Der Beweiswert solcher Datensammlungen<br />
hänge dabei entscheidend ab von <strong>der</strong> Breite<br />
<strong>der</strong> Datenbasis, <strong>der</strong> methodisch angeleiteten und<br />
offen gelegten Datenaufbereitung und <strong>der</strong> Solidität<br />
<strong>der</strong> Datenerfassung. Kooperationen mit größeren<br />
Wohnungsbaugesellschaften, Maklern, Mieter- und<br />
Hausbesitzervereinen und <strong>der</strong>en Datenbestände<br />
seien dabei sinnvoll (Berlit in NDV 1/06 S.9).<br />
Bei einer solchen Datenerhebung sind Anrufe bei<br />
den Vermietern unumgänglich, da häufig nicht<br />
alle erfor<strong>der</strong>lichen Daten (Baujahr, Wohnfläche,<br />
Kaltmiete) in den Anzeigen genannt wird. Hierbei<br />
kann ein weiterer ganz wesentlicher Faktor ermittelt<br />
werden, nämlich die Ablehnungsquote von Hilfeempfängern,<br />
etwa mit <strong>der</strong> Frage ‚Nehmen Sie auch<br />
Arbeitslose?‘. Bei einer Untersuchung in Esslingen<br />
wurde im Jahr 2001 eine Ablehnungsquote von 51<br />
26 Diakonie Texte 22.2006