Kosten der Unterkunft - Tacheles e.V.
Kosten der Unterkunft - Tacheles e.V.
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Einleitung<br />
verhin<strong>der</strong>n und die Übernahme angemessener <strong>Unterkunft</strong>skosten<br />
zu erwirken. Der vorliegende Leitfaden<br />
gibt Empfehlungen für die Beratung und für<br />
Aktionen vor Ort.<br />
Problembeschreibung und Übersicht<br />
Leistungen für <strong>Unterkunft</strong> und Heizung werden<br />
bei Hartz IV und in <strong>der</strong> Sozialhilfe in Höhe <strong>der</strong><br />
tatsächlichen Aufwendungen (geson<strong>der</strong>t von <strong>der</strong><br />
Regelleistung / dem Regelsatz) erbracht, soweit sie<br />
angemessen sind. Unangemessene <strong>Kosten</strong> sind zu<br />
übernehmen, so lange es nicht möglich o<strong>der</strong> zumutbar<br />
ist, die <strong>Kosten</strong> zu senken, in <strong>der</strong> Regel jedoch<br />
längstens für sechs Monate (§ 22 SGB II / § 29 SGB<br />
XII).<br />
Zu den <strong>Unterkunft</strong>skosten zählen – bei Mietwohnungen<br />
– die Kaltmiete und die mietvertraglich geschuldeten<br />
Betriebskosten nach <strong>der</strong> zweiten Berechnungsverordnung<br />
(alle Nebenkosten <strong>der</strong> Wohnung,<br />
die rechtlich zulässig auf den Mieter umgelegt<br />
werden können). Gebühren für Kabelfernsehen und<br />
<strong>Kosten</strong> für eine Garage o<strong>der</strong> einen Stellplatz sind<br />
bei den <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Unterkunft</strong> zu berücksichtigen,<br />
wenn sie untrennbar mit dem Abschluss des Mietvertrages<br />
verbunden sind (Berlit in NDV Januar<br />
2006, S.12).<br />
Mit diesen Bestimmungen erhalten die Begriffe Angemessenheit<br />
und mögliche o<strong>der</strong> zumutbare <strong>Kosten</strong>senkung<br />
hohes Gewicht bei <strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong> Wohnung<br />
als zentrale Säule <strong>der</strong> Existenz. Definiert und<br />
ausgefüllt werden diese unbestimmten Rechtsbegriffe<br />
örtlich von den Kommunen, die diese <strong>Kosten</strong><br />
tragen müssen. Von <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit<br />
gibt es hierzu keinerlei Richtlinien. Uneinheitliche<br />
und vom Sparinteresse dominierte Vorgaben liegen<br />
auf <strong>der</strong> Hand. Nach Berlit sind die empirisch festzulegenden<br />
Grenzen ‚ein mögliches Einfallstor für<br />
einen auf bedarfswidrige <strong>Kosten</strong>begrenzung gerichteten<br />
verwaltungsinternen Druck durch Spar- beziehungsweise<br />
<strong>Kosten</strong>begrenzungsbestrebungen des<br />
Kämmerers‘ (Berlit in NDV 1/2006, S.5).<br />
In <strong>der</strong> Praxis kommt es deshalb vermehrt zu realitätsfremden<br />
Angemessenheitsgrenzen, die teilweise<br />
auch starre Obergrenzen für Heiz- und Nebenkosten<br />
ziehen. Mit diesen marktfremden Vorgaben, insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei angespanntem Wohnungsmarkt, finden<br />
die Betroffenen keine angemessene Wohnung.<br />
Gleichzeitig werden in <strong>der</strong> Regel nach sechs Monaten<br />
die Zahlungen auf die örtlich festgelegte Grenze<br />
gesenkt. Es besteht die Gefahr von Wohnungsverlust<br />
bis hin zur Obdach- / Wohnungslosigkeit.<br />
Viele Betroffene versuchen zunächst, sich die fehlenden<br />
Mietanteile vom Mund abzusparen, sich<br />
Geld zu leihen o<strong>der</strong> Erspartes aufzubrauchen. Häufig<br />
können sie aber Mietrückstände und eine Kündigung<br />
nicht auf Dauer verhin<strong>der</strong>n. Beim Ausweichen<br />
in ein Billigquartier als gedachte Übergangslösung<br />
werden sie von <strong>der</strong> neuen Rechtslage überrascht,<br />
wonach sie danach ohne beson<strong>der</strong>en Grund keine<br />
teurere Wohnung mehr beziehen dürfen (§ 22 Abs.<br />
1 SGB II neu).<br />
Verschärfend kommt hinzu, dass bei einer großen<br />
Zahl von Auffor<strong>der</strong>ungen zur <strong>Kosten</strong>senkung keine<br />
Beratung angeboten wird und die Betroffenen auch<br />
nicht informiert werden, was eine neue Wohnung<br />
kosten darf, wie viele Suchbemühungen sie nachzuweisen<br />
haben, ob und wieviel bezahlt wird für Telefon-<br />
und Fahrtkosten, Inserate, Maklergebühren,<br />
Umzugskosten, überschneidende Mieten, Aus- o<strong>der</strong><br />
Einzugsrenovierungen und an<strong>der</strong>es mehr. Angesichts<br />
von über sieben Millionen Menschen, die diesen<br />
rechtlichen Vorgaben unterliegen, besteht hoher<br />
Beratungs- und Handlungsbedarf.<br />
Folgerichtig sind die nachfolgenden Kapitel <strong>der</strong><br />
Versuch einer engen Verzahnung von sozial- und<br />
rechtstheoretischer Theorie und Praxis:<br />
Nach <strong>der</strong> Einleitung folgt <strong>der</strong> Beratungsleitfaden<br />
(Seite 8). Mit den im Beratungsleitfaden vorgestellten<br />
Grundlagen und Schlüsselfragen (Seite 8) wird<br />
<strong>der</strong> idealtypische Fahrplan für eine Beratung erkennbar,<br />
ergänzt um das Kapitel „Ungelöste Probleme“<br />
(Seite16), in dem offene Fragen und die bestmögliche<br />
Handhabung thematisiert werden.<br />
Wenn die individuelle Beratung an Grenzen stößt,<br />
ist übergreifendes sozialanwaltschaftliches Engagement<br />
gefragt. Dafür steht <strong>der</strong> Aktionsleitfaden (Seite<br />
6 Diakonie Texte 22.2006