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Ausgabe 1-2013 - IGZ

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Sc h w e r p u n k t t h e m a |<br />

gut die zahnmedizinischen Innovationen auch sind,<br />

ein natürliches Gebiss ist durch nichts zu ersetzen.<br />

Gesunde Zähne und ein gesunder Mund- und Rachenraum<br />

sind eine wichtige Voraussetzung für die Ernährung<br />

und die Fähigkeit der Artikulation und somit<br />

der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.<br />

Trotz aller Erfolge gibt es weiterhin Lücken in der<br />

Prävention. In einer freiheitlichen Gesellschaft kann<br />

Gerade die Jüngsten finden bei der Prävention noch<br />

nicht genügend Berücksichtigung. So hat die frühkindliche<br />

Karies bei unter Dreijährigen in den letzten<br />

Jahren nicht ab-, sondern zugenommen. Die frühkindliche<br />

Karies wird vor allem durch die permanente<br />

Aufnahme von zucker- und säurehaltigen Getränken<br />

verursacht. Häufig gibt es bei Eltern kein Bewusstsein<br />

für die Mundgesundheit von Säuglingen und Kleinkindern.<br />

Die sogenannte Nuckelflaschenkaries wird<br />

heute immer öfter beobachtet. Die Betreuung durch<br />

den Kinderarzt reicht hier nicht aus. Die zahnärztliche<br />

Früherkennungsuntersuchung setzt derzeit erst<br />

ab dem 30. Lebensmonat ein, wenn häufig bereits ein<br />

kariöser Defekt besteht. Daher sollten die zahnärztlichen<br />

Früherkennungsuntersuchungen von Beginn<br />

an, also auch für Kinder von null bis drei Jahren, von<br />

Zahnärzten durchgeführt werden, um die Häufigkeit<br />

der frühkindlichen Karies zu reduzieren. Kinder müssen<br />

bereits mit dem Durchbrechen des ersten Milchzahnes<br />

systematisch zahnmedizinisch betreut werden.<br />

Es ist der Zahnärzteschaft gelungen, die Patienten zur eigenverantwortlichen<br />

und gründlichen Mundpflege zu motivieren. Zudem ist<br />

der regelmäßige Kontrolltermin in der Zahnarztpraxis beim Großteil<br />

der Bevölkerung zur Selbstverständlichkeit geworden.<br />

man lediglich appellieren. Mit Appellen wird man jedoch<br />

immer an Grenzen stoßen und womöglich niemals<br />

alle Menschen mit präventiven Maßnahmen erreichen<br />

können. Diese Grenzen und Barrieren sind<br />

ganz unterschiedlicher Natur, sie sind mitunter kulturell<br />

oder sprachlich bedingt. Manche zahnmedizinischen<br />

Problemgruppen entziehen sich schlicht<br />

der zahnmedizinischen Behandlung und fallen daher<br />

durch das Präventionsraster. Häufig sind es aber auch<br />

ganz einfach gesetzliche Barrieren, die einer besseren<br />

Prävention im Wege stehen. Wir als Zahnärzteschaft<br />

haben Konzepte entwickelt, um diese Präventionslücken<br />

trotzdem so gut wie möglich schließen zu können,<br />

und arbeiten hartnäckig daran, unsere Konzepte<br />

umzusetzen. Denn unser Ziel als Zahnärzteschaft<br />

muss es sein, den erfolgreichen Präventionsansatz auf<br />

den gesamten Lebensbogen auszudehnen. Auch mit<br />

zunehmender Lebenserwartung sollen Menschen bis<br />

zum Lebensende ihre natürlichen Zähne und damit<br />

eine hohe Lebensqualität behalten. Eine umfassende<br />

Präventionsstrategie muss deshalb an die unerlässliche<br />

Eigenverantwortung der Patienten appellieren,<br />

den gesamten Lebensbogen umspannen und<br />

eine zahnmedizinische Versorgungsgerechtigkeit über<br />

jede Altersgruppe und alle sozialen Gruppen hinweg<br />

zum Ziel haben.<br />

Bereits die werdenden Eltern sollten in Zusammenarbeit<br />

mit Gynäkologen und Hebammen über Mundgesundheitsfragen<br />

informiert werden. Denn gerade<br />

bei Kleinkindern kommt der elterlichen Betreuung<br />

eine ganz besondere Bedeutung zu. Es steht die Frage<br />

im Mittelpunkt, wie und auf welche Weise Eltern<br />

motiviert werden können, bereits ab den ersten Lebensmonaten<br />

für die Zahn- und Mundgesundheit ihrer<br />

Kinder vorzusorgen.<br />

Die Deutschen Mundgesundheitsstudien zeigen deutlich,<br />

dass bestimmte Gruppen von den bisherigen<br />

Präventionsbemühungen nicht profitiert haben. So<br />

gibt es bei Kindern und Jugendlichen trotz der intensiven<br />

Gruppen- und Individualprophylaxe auch<br />

negative Entwicklungen, die es umzukehren gilt. Beispielsweise<br />

ist bei Kindern eine wachsende Schieflage<br />

in der Kariesverteilung zu beobachten. Demnach<br />

tragen etwa zehn Prozent der 12-Jährigen über 60<br />

Prozent der Karieslast in dieser Altersgruppe. 2 Auffällig<br />

dabei ist, dass sich diese Risikogruppe vor allem<br />

aus sozial benachteiligten Familien und Familien<br />

mit Migrationshintergrund rekrutiert. Eine präventive<br />

Betreuung von Kindern mit hohem Kariesrisiko<br />

scheitert bisher vielfach daran, dass diese Kinder<br />

nur sehr schwer erreicht werden können. Hier stößt<br />

die Zahnärzteschaft auf dieselben Barrieren, die sich<br />

auch in anderen sozialen Betreuungsbereichen hemmend<br />

auswirken. Die notwendigen Zugänge zu schaffen<br />

und Kinder und Jugendliche aus Risikogruppen<br />

in die erfolgreiche Individual- und Gruppenprophylaxe<br />

zu integrieren, ist daher nur als eine gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe lösbar.<br />

Die demografische Entwicklung in Deutschland rückt<br />

ein weiteres Problemfeld in den Vordergrund. Pfle-<br />

2 Vgl. Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie, 2006.<br />

<strong>IGZ</strong> Die Al t e r n a t iv e Nr. 1/<strong>2013</strong> |<br />

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