Berlin to go, Ausgabe 1.2015
Magazin von Berlin Partner. Aktueller Schwerpunkt: Smart City.
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DISKURS<br />
In der Industrie stellt sich die Ausgangs situation natürlich<br />
etwas anders dar, es geht in erster Linie um technische und<br />
nicht personenbezogene Daten.<br />
Big Brother müssen wir also nicht fürchten, wenn die Rede<br />
auf „Industrie 4.0“ kommt. Wie sieht es mit den anderen<br />
populären Ängsten aus, die das Thema weckt: Werden uns die<br />
Maschinen unsere Jobs wegnehmen?<br />
CH: Die neue Entwicklung wird beides mit sich bringen,<br />
positive Effekte und Herausforderungen. Ich sehe allerdings<br />
kein realistisches Szenario, in dem die Technologie unser<br />
komplettes Umfeld auf den Kopf stellt und der arbeitende<br />
Mensch nicht mehr gebraucht wird. Maschinen werden<br />
sicher in zunehmendem Maße standardisierte und repetitive<br />
Aufgaben übernehmen. Dadurch werden aber auch<br />
mehr qualifizierte Arbeiter gebraucht, die diese Maschinen<br />
einrichten und bedienen können. Was auf der einen Seite<br />
verschwindet, wird auf der anderen aufgebaut – in welchem<br />
Maßstab, das wird man sehen. Der Bedarf an menschlicher<br />
Arbeitskraft wird jedenfalls nicht verschwinden.<br />
Wie stark kann man sich denn an den Erfahrungen der industriellen<br />
Revolution orientieren?<br />
CH: Eine Lektion, die die Geschichte der industriellen<br />
Umwälzungen lehrt, ist, dass vorauseilende Ängste und<br />
Bedenken häufig unbegründet waren. Der Mensch wurde<br />
nicht aus Lohn und Brot gedrängt. Ganz im Gegenteil, wir<br />
verdanken den früheren industriellen Revolutionen his<strong>to</strong>risch<br />
einmalige Fortschritte in den Bereichen Gesundheit,<br />
Lebenserwartung und Wohlstand. Wir haben allen Grund<br />
dazu, auch die neue Ära mit Optimismus anzugehen.<br />
Zurück im Hier und Jetzt: Läuft die Einführung von „Industrie<br />
4.0“ denn so, wie Sie sich das vorstellen?<br />
CH: Das Vorgehen hierzulande ist immer noch zögerlich.<br />
Unser eigener Anspruch in Deutschland ist zwar, auf allen<br />
relevanten Wissens- und Technologiefeldern eine Führungsposition<br />
einzunehmen.<br />
Bei der praktischen<br />
Umsetzung von Industrie<br />
4.0 passiert aber viel zu<br />
wenig. Vor allem der Mittelstand<br />
scheint weiterhin nur<br />
abzuwarten, was sich tut. Wenn die<br />
jüngere Geschichte des Internets eines<br />
lehrt, dann, dass Geschwindigkeit in dieser<br />
neuen Branche über alles geht. Wer heute<br />
noch keinen Arbeitsplan hat, kann morgen schon<br />
abgehängt sein. Insofern wünsche ich mir bei uns weniger<br />
Strategierunden und mehr unternehmerischen Mut.<br />
In diesem Jahr wird das neue Trainingszentrum von GE in <strong>Berlin</strong><br />
eröffnet, sogar die Kanzlerin kam zum Spatenstich vorbei. GE<br />
und <strong>Berlin</strong>: Was ist das für eine Verbindung?<br />
CH: Mit <strong>Berlin</strong> verbindet uns eine lange Geschichte, die auch<br />
anlässlich des Spatenstichs ausgiebig gefeiert wurde. Vor über<br />
130 Jahren wurden in der Hauptstadt die ersten Anlagen mit<br />
der Marke GE installiert. Emil Rathenau und unser Gründer<br />
Thomas Edison waren gut befreundet, Rathenau wurde<br />
zum Lizenznehmer von Edisons bahnbrechender Technik<br />
im Bereich Strom und Licht. <strong>Berlin</strong> ist für uns allerdings<br />
auch aus einem anderen Grund als Standort sehr wichtig:<br />
Die Stadt ist attraktiv, hierhin lassen sich viele hochqualifizierte<br />
Mitarbeiter rekrutieren, auch international.<br />
Spielt die Startup-Szene der Stadt eine Rolle bei der Entscheidung<br />
für <strong>Berlin</strong> als Standort?<br />
CH: Natürlich, <strong>Berlin</strong> ist ja ein Eldorado für Startups. Die<br />
Konzen tration von klugen Köpfen in einer so beweglichen<br />
Szene ist sicherlich etwas, was diese Stadt auf Jahrzehnte<br />
hinaus bereichern wird und sie auch für Unternehmen wie<br />
GE so anziehend macht.<br />
Vielen Dank für das Gespräch. Interview Julian Vetten<br />
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