Neue Szene Augsburg 2015-07
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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Es dürfte nicht allzu viele Fußballvereine geben,<br />
die ihre Jahresfeier als Reggae-Open-Air gestalten.<br />
Ein Klub in Friedberg macht seit 15 Jahren -<br />
mit kurzer Unterbrechung - genau das.<br />
Im Jahr 2000 sollte das 30. Vereinsjubiläum des SV<br />
Wulfertshausen würdig begangen werden, doch statt<br />
Bierzelt und Kastelruther Spatzen wünschten sich die<br />
jungen Mitglieder einen Reggaeabend – und setzten<br />
sich durch. Mit zwei lokalen Bands und einem Soundsystem<br />
wurde die Veranstaltung trotz Dauerregens ein<br />
Riesenerfolg und die Geschichte von „Reggae in Wulf“<br />
nahm ihren Lauf. 2004 setzten die Veranstalter mit<br />
dem Gastspiel der jamaikanischen Kultband Culture<br />
ein erstes großes Highlight und beschlossen, das Fest<br />
auf zwei Tage auszuweiten. Dieses Jahr wagt sich der<br />
Verein zum ersten Mal an ein dreitägiges Open Air.<br />
Nur eine Sache bleibt gleich: Der Gewinn fließt wie<br />
bei der ersten Ausgabe in die Jugendarbeit des Vereins.<br />
„Wulfertshausen ist immer noch eine Reggaehochburg“,<br />
sagt Markus Friedrich, bei „Reggae in Wulf“<br />
verantwortlich für die Bandauswahl und von Anfang<br />
an dabei. Der 42jährige Speditionskaufmann organisierte<br />
bereits in den Neunzigern Reggaepartys im<br />
Sportheim, teilweise mit dem jetzigen Mitbetreiber<br />
der Mahagoni Bar, Claus Wiedemann. „Zwar sind in<br />
der Organisation zum größten Teil noch wir ‚Alten’<br />
aktiv, aber der Nachwuchs mischt bereits kräftig mit.“<br />
Und nicht nur das, die Mannschaft rekrutiert sich nach<br />
wie vor komplett aus dem Vereinsregister und allen<br />
Alterschichten.<br />
Lechhausen calling<br />
Die Historie hat aber nicht nur Sonnenseiten, irgendwann<br />
wurde dem Open Air sogar der Spitzname<br />
„Regen in Wulf“ angehängt, weil man regelmäßig mit<br />
Wetterunbilden konfrontiert war, denen die Fans aber<br />
Jahr für Jahr tapfer trotzten, sonst würde es das Festival<br />
wohl längst nicht mehr geben.<br />
2009 stand man allerdings tatsächlich kurz davor, die<br />
Sache zu begraben. „Dass wir Polizei auf dem Gelände<br />
haben, ist für uns kein Problem“, erzählt Markus.<br />
„Vor sechs Jahren wurden die Kontrollen aber<br />
doch etwas übertrieben aus unserer Sicht, mit einem<br />
relativ harmlosen Ergebnis, das hat die ganze Festivalgemeinde<br />
verunsichert.“ Den „schlechten Touch“<br />
musste man erst mal abschütteln, bevor’s im Jahr 2012<br />
weiterging.<br />
Mittlerweile haben sich die Kontakte zu den Ordnungsbehörden<br />
und der Stadt Friedberg so weit verbessert,<br />
dass das Festival in einem gewissen Rahmen<br />
unterstützt wird und sich auch Bürgermeister Roland<br />
Eichmann als Fan geoutet hat. Warum der erfolgreiche<br />
Event noch nicht vom Stadtmarketing entdeckt wurde,<br />
ist sowieso ein Rätsel. Da mussten wohl beide Seiten<br />
umdenken, die Anbindung ans „Dorf“ (Wulfertshausen<br />
liegt etwa zwei Kilometer von Friedberg entfernt<br />
und wurde 1978 eingegliedert) wird seit jüngstem mit<br />
reduzierten Eintrittspreisen forciert. Probleme macht<br />
aber auch der „große Nachbar“: Im nahezu baumlosen<br />
Moos zwischen den Steilhängen der Lechleite und<br />
den Stadtgrenzen <strong>Augsburg</strong>s liegt nur die Friedberger<br />
Ach, je nach Windlage dringen die Klänge direkt in die<br />
Fuggerstadt . „Die meisten Beschwerden kommen aus<br />
Lechhausen“, erzählt Markus.<br />
Barfuß tanzen<br />
„Reggae in Wulf“ ist ein Festival, das auch nach 15<br />
Jahren noch durch den Einsatz von rund 80 Ehrenamtlichen<br />
getragen wird und seine Besonderheit aus dem<br />
Vereinshintergrund schöpft. Die bis zu 750 Campinggäste<br />
nutzen die sanitären Einrichtungen im Sportheim,<br />
der Samstagnachmittag für Familien ist seit<br />
Jahren fester Bestandteil. Um dem Festivalgelände auf<br />
dem Vereinsparkplatz ein karibisches Flair zu verpassen,<br />
werden jedes Jahr mehrere Lkw-Ladungen Sand<br />
herangekarrt. Und auch hier haben die Wulfertshauser<br />
dazugelernt. „Wir benutzen zwei Sorten, die<br />
etwas feinere Form für den Bereich um die Bühne und<br />
einen etwas schwereren Sand um die Stände, damit’s<br />
nicht so auf die Schnitzelsemmel staubt“, sagt Markus<br />
und lacht.<br />
Angesichts der nun anstehenden, dreitägigen Ausgabe<br />
sind seine Mitstreiter und er wieder hochmotiviert:<br />
„Die letzten Jahre waren schon fast Routine,<br />
heuer ist alles ein bisschen anders.“ Der Sonntag ist<br />
ein Experiment, wenn auch mit einigermaßen sicherem<br />
Ausgang. Mit Hans Söllner und seinem Bayaman<br />
Sissdem haben die Jungs ein absolutes Zugpferd geholt,<br />
der Vorverkauf stimmt bereits mehr als hoffungsfroh.<br />
„Wir empfehlen, sich Karten im Vorfeld zu<br />
besorgen“, so Markus, „sonst könnte es sein, dass<br />
man vor verschlossenen Türen steht.“ Gut 1500 Zuschauern<br />
haben pro Tag auf dem Festivalgelände<br />
Platz, auf dem mit der „Rockers Corner“ 2014 zum<br />
ersten Mal eine zweite Area geschaffen wurde, mit<br />
DJs, Soundsystems und Lagerfeuer.<br />
„Bei uns spielt keine Band, die uns nicht gefällt“<br />
An einer Besonderheit wollen die Wulfertshauser aber<br />
nicht schrauben: Drei bis vier Bands pro Abend sind<br />
im Vergleich zu anderen Festivals eher wenig. „Das<br />
stimmt, aber nachmittags ist der Publikumszuspruch<br />
erfahrungsgemäß eher gering, dafür spielen die<br />
Bands bei uns 75 bis 90 Minuten statt einer halben<br />
oder Dreiviertelstunde“, erklärt Markus. Das erhöht<br />
im Umkehrschluss die Verantwortung des Bookers.<br />
„Bei uns spielt keine Band, die uns nicht gefällt“, sagt<br />
Markus selbstbewusst. „Wir drücken damit unseren<br />
Von 31. Juli bis 02. August wird das Vereinsgelände<br />
im Friedberger Stadtteil Wulfertshausen<br />
wieder zum familienfreundlichen Paradies für<br />
Rastafaris – zum Finale am Sonntag kommt<br />
Hans Söllner.<br />
Geschmack aus, versuchen aber auch, möglichst viele<br />
Facetten des Genres anzuspielen.“ Umso größere Probleme<br />
bekommt man freilich bei der kurzfristigen Absage<br />
eines Künstlers, was zum Glück noch nicht oft<br />
vorgekommen ist. „20<strong>07</strong> konnte Yellowman nicht anreisen,<br />
weil in London der Flughafen gesperrt war. Wir<br />
haben in kürzester Zeit Ersatz aus Frankfurt geholt<br />
und die <strong>Augsburg</strong>er One Drop Band war sowieso auf<br />
dem Festival.“<br />
Bei „Reggae in Wulf“ sind die Bands also wirklich<br />
handverlesen und dass dieses Händchen oftmals ein<br />
glückliches ist, beweist nicht zuletzt der Aachener<br />
Sänger Sebastian Sturm, der 20<strong>07</strong> als Newcomer in<br />
Wulfertshausen gastierte und <strong>2015</strong> als Co-Headliner<br />
zurückkehrt. Den Finalsonntag hat man ausgehend<br />
von Stargast Hans Söllner zum bayerischen Tag gemacht<br />
mit den Mundart-Künstlern Mista Wicked aus<br />
Rosenheim und den Kemptnern Losamol.<br />
Um den Erfolg nicht zu gefährden, sprechen sich die<br />
Veranstalter auch mit anderen Events in der Region<br />
ab: „Wir sind in Kontakt mit dem ‚Sunrise’ in Burtenbach,<br />
dem ‚Riding Higher’ in Odelzhausen, dem ‚Keep<br />
It Real Jam’ in Pfullendorf und dem ‚Afrika Karibik Fest’<br />
in Wassertrüdingen“, erzählt Markus. Man schöpft aus<br />
derselben Publikumsquelle und wirft klugerweise<br />
keine Steine rein. Und regelmäßig begrüßen die Wulfertshauser<br />
sogar Gäste aus Städten wie Frankfurt<br />
oder Bremen, „das sind aber Ausreißer, die meisten<br />
kommen schon aus einem Umkreis von vielleicht 200<br />
Kilometern.“<br />
Und nun zum Wetter<br />
Einem gelungenen „Reggae in Wulf“ steht also auch<br />
in seiner 14. Ausgabe <strong>2015</strong> nichts im Weg. Oder? Ach<br />
ja, da war ja noch was: das Wetter. Der hundertjährige<br />
Kalender sagt für das letzte Juliwochenende ganz<br />
prosaisch: „Es ist schön warm, zeitweise sogar heiß.“<br />
Noch Fragen? (flo)<br />
DAS LINE-UP <strong>2015</strong><br />
Freitag, 31.<strong>07</strong>., ab 17.30 Uhr:<br />
Rootz Radicals<br />
Sebastian Sturm & Exile Airline<br />
Anthony B & Bornfire Band<br />
Samstag, 01.08., ab 16.15 Uhr:<br />
Unlimited Culture<br />
The Steadytones<br />
Jah Sun & House of Riddim<br />
Mr Vegas & 330 Madness Band<br />
Sonntag, 02.08., ab 14.00 Uhr:<br />
Losamol Mundart<br />
Mista Wicked & Band<br />
Hans Söllner & Bayaman Sissdem<br />
Tickets & Info unter: www.reggae-in-wulf.de