74 In der Serie »Augsbürger« stellt der Fotograf Fabian Schreyer Menschen aus unserer Stadt vor, die viele vom Sehen kennen, deren Namen aber meistens ebenso unbekannt bleiben wie ihre Geschichte. Augsbürger Drehorgelspieler Bruno Ardelt Jeden Dienstag und Freitag fährt Bruno Ardelt mit dem Kleintransporter von Krumbach nach <strong>Augsburg</strong>. Am Park+Ride-Platz <strong>Augsburg</strong> West entlädt er sein 100 Kilogramm schweres Instrument, fährt mit der Straßenbahn in die Innenstadt, sucht sich einen Platz und beginnt zu spielen. Seit 1994. Der 78-Jährige ist einer von etwa eintausend registrierten Drehorgelbesitzern in Deutschland. Das gestreifte Matrosenhemd verrät die norddeutsche Provenienz des Seemannssohnes aus Wilhelmshaven, der bereits seit einem halben Jahrhundert in Süddeutschland lebt. Am schwäbischen Einschlag hapert es bis heute, wie er unverblümt bekennt: »Einen bayerischen Trachtenanzug kann ich nur tragen, wenn ich’s Maul halte.« Der gelernte Dreher heiratet früh, arbeitet zunächst in der Kunststoffindustrie und zieht neben drei Buben auch ein Mädchen groß. 1964 lockt ihn der Fachkräftemangel beruflich nach Bayern. Er wird ehrenamtlicher Arbeitsrichter sowie Betriebsratsmitglied und sitzt in der Tarifkommission der IG Metall, »weil er Unrecht nicht leiden kann und auf der Seite der Schwächeren stehen will.« Als der Abschied in der Firma kurz bevorsteht, verkündet er seiner Frau: »Ich kauf‘ mir ne Drehorgel und geh‘ auf die Straße!« Sie erklärt ihn für verrückt, aber er erfüllt sich den Kindheitstraum. Das Instrument ist schnell erlernt: Erst wird das gewünschte Lied ausgewählt, dann mit dem Schwungrad ein Balg betätigt, der Wind erzeugt. Der Rest ist heute elektronisch gesteuert. Früher hingegen wurde durchs Kurbeln auch die Walze bewegt - ein kräftezehrender Vorgang, dem der Leierkasten seinen Namen verdankt. Gutes Gespür für den Gemütszustand des Publikums brauchte es damals wie heute. Das Titelrepertoire ist zwar umfangreich, aber dennoch beschränkt auf jene Kompositionen, die beim Arrangeur in Auftrag gegeben und auf den Speicher programmiert wurden: Mozart, Verdi, Bach, viele Klassik-, Opern- und Operettenmelodien, aber auch Popsongs von Abba oder den Beatles und 50er-Jahre-Schlager. Nicht alles kommt bei jedem gleich gut an. Aber Ardelt, der regelmäßig auf Hochzeiten, Geburtstagen, Beerdigungen und auch für Obdachlose spielt, reagiert gelassen und mit Humor auf sporadische Kunstkritik: »Blöde Musik!«, beschwerte sich einer schon mal unter dem Höreindruck der »Zauberflöte« und bekam als Antwort zu hören: »Dann beschweren Sie sich doch bitte bei Mozart!« Anders als viele Straßenmusikerkollegen kann Bruno Ardelt von seiner Rente leben. Er wird von der Leidenschaft angetrieben und von der Wertschätzung der Passanten, die er besonders heute, nach überwundener Pflichtpause wegen eines Armbruchs, zu spüren bekommt: »Schön, dass sie wieder da sind«, schwärmt eine alte Dame und kramt eine Münze aus ihrer Tasche. Auch hier lässt der Konter nicht lange auf sich warten: »Wissen Sie, Unkraut vergeht nicht!«
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