WIRTSCHAFT+ MARKT
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26. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><br />
<strong>MARKT</strong><br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
BRANDENBURG<br />
IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident<br />
Dietmar Woidke<br />
STUDIE<br />
Mittelstand im<br />
digitalen Wandel<br />
UMFRAGE<br />
Welches Auto<br />
passt zu Ihnen?<br />
Kraftakt<br />
Firmenübergabe
Foto: ILB (Leo Seidel)<br />
Wir sind für Sie da.<br />
Ihre Förderbank in Brandenburg<br />
Seit 1990 haben wir mit rund 35 Milliarden Euro Fördermitteln Investitionen in Höhe von<br />
fast 71 Milliarden Euro in den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur, Wohnungsbau und Arbeit<br />
angeschoben. Allein 170.000 neue Arbeitsplätze und 32.000 neue oder modernisierte<br />
Wohneinheiten zeigen: Wir tun was für unser Bundesland! Wir sind die Förderbank Brandenburgs.<br />
Nehmen Sie Kontakt mit uns auf.<br />
www.ilb.de
EDITORIAL | 3<br />
Unternehmensübergaben<br />
erfordern rationale<br />
Strategien<br />
Vor 25 Jahren haben sie die Ärmel<br />
aufgekrempelt und sich in ein wirtschaftliches<br />
Abenteuer gestürzt –<br />
tausende Jungunternehmer in den neuen<br />
Bundesländern. Häufig waren sie altersmäßig<br />
nicht mehr ganz so jung, wie<br />
es die Bezeichnung vermuten lässt. Viele<br />
der Unternehmenspioniere waren bereits<br />
jenseits der Vierzig, als sie die neue<br />
Freiheit beim Schopfe packten, sich mit<br />
eigenen Geschäftsideen selbstständig<br />
machten und Schritt für Schritt Unternehmen<br />
aufbauten. Natürlich sind etliche<br />
dieser Selfmade-Geschäftsleute,<br />
die meist ohne Kenntnis der Mechanismen<br />
der freien Marktwirtschaft ins kalte<br />
Wasser sprangen, auf dem langen Weg<br />
gescheitert. Aber unzählige Unternehmer<br />
haben es geschafft – sie führen heute solide<br />
Firmen, die sich im Wettbewerb behaupten<br />
und mit ihren Produkten inzwischen<br />
sogar auf internationalen Märkten<br />
Fuß gefasst haben. Diese Familienunternehmen<br />
bilden das Rückgrat des ostdeutschen<br />
Mittelstandes.<br />
Karsten Hintzmann<br />
Chefredakteur<br />
KH@WundM.info<br />
Doch jetzt tritt die erste Gründergeneration<br />
Ost ab. Das Alter zwingt viele Unternehmer<br />
dazu, die Nachfolge im eigenen<br />
Haus zu regeln. Das ist ein komplexer<br />
Prozess, der mitunter vermutlich schwieriger<br />
ist, als es die unerschrockene Unternehmensgründung<br />
vor mehr als zwei<br />
Jahrzehnten war. Es geht um Emotionen,<br />
das Lebenswerk, ums Geld und die geeigneten<br />
Nachfolgekandidaten. Was ist,<br />
wenn Tochter oder Sohn das Unternehmenserbe<br />
ausschlagen? Wo findet man<br />
einen Manager, der zumindest ähnlich<br />
„tickt“ wie der Firmenpatriarch? Was ist<br />
zu tun, wenn für einen Unternehmensverkauf<br />
beim auserwählten Nachfolger<br />
schlicht die finanzielle Basis fehlt? All<br />
diesen Fragen geht die Titelgeschichte<br />
nach. Dabei kommen Experten zu Wort,<br />
die auch den einen oder anderen guten<br />
Hinweis parat haben. Als zentrales<br />
Fazit wollen wir betroffenen Unternehmern<br />
und deren Familien folgenden Rat<br />
mit auf den Weg geben: Schieben Sie<br />
die Vorbereitung einer anstehenden Unternehmensübergabe<br />
nicht unnötig lange<br />
auf. Entwickeln Sie früh eine rationale<br />
und finanziell darstellbare Strategie für<br />
den Wechsel. Das erspart am Ende Zwist<br />
und Tränen und sichert den Fortbestand<br />
des Lebenswerkes.<br />
Im Mittelpunkt unserer Serie „Land der<br />
Wunder“ steht diesmal Brandenburg.<br />
Nach wirtschaftlich schwierigen Anfangsjahren<br />
mit dem Niedergang traditioneller<br />
industrieller Kerne, gescheiterten<br />
Großprojekten und einer Wirtschaftsförderung<br />
nach dem Gießkannen-Prinzip,<br />
hat das Land längst umgesteuert und ist<br />
auf einem Erfolg versprechenden Kurs.<br />
Getreu dem Motto „Stärken stärken“ fördern<br />
Landesregierung sowie die aus ZukunftsAgentur<br />
und Investitionsbank gebildete<br />
One-Stop-Agency aufstrebende<br />
Wachstumszentren und Regionen. Dank<br />
der Renaissance der Industrie und des im<br />
ganzen Land erstarkenden Mittelstands<br />
kommt der wirtschaftliche Aufholprozess<br />
in Brandenburg gut voran. W+M<br />
Foto: Torsten George, Titelfoto: Ogerepus/Fotolia.com<br />
Impressum<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong><br />
Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />
Ausgabe 4/2015<br />
Redaktionsschluss: 01.06.2015<br />
Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />
Zimmerstraße 56, 10117 Berlin<br />
Tel.: 030 479071-0, Fax: 030 479071-20<br />
www.WundM.info<br />
Herausgeber/Geschäftsführer:<br />
Frank Nehring, Tel.: 030 479071-11<br />
FN@WundM.info (Alleiniger Inhaber und<br />
Gesellschafter, Wohnort Berlin)<br />
Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />
Tel.: 030 479071-21, KH@WundM.info<br />
Redaktion: Janine Pirk-Schenker<br />
Tel.: 030 479071-21, JP@WundM.info,<br />
Anja Strebe, Tel.: 030 479071-27,<br />
AS@WundM.info<br />
Autoren: Dr. Ulrich Conrad, Harald Lachmann,<br />
Dana Micke, Rudolf Miethig, Tomas Morgenstern,<br />
Frieda Neurich, Anette Pröber, Matthias Salm,<br />
Thomas Schwandt<br />
Abo- und Anzeigenverwaltung, Vertrieb:<br />
Tobias Meier, Tel.: 030 479071-28<br />
TM@WundM.info<br />
Marketing/Vertrieb:<br />
Kirsten Wegner, Tel.: 030 479071-24<br />
KW@WundM.info<br />
Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />
www.moeller-medienagentur.de<br />
Druck: Möller Druck und Verlag GmbH<br />
ISSN 0863-5323<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur mit<br />
vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht mit<br />
der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Für unverlangt<br />
eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen<br />
wir keine Haftung.<br />
Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />
Abonnementpreis:<br />
Die Zeitschrift <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> erscheint<br />
zweimonatlich. Als Magazin der Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands und<br />
Berlin erhalten die Mitglieder die Zeitschrift im Rahmen<br />
ihrer Mitgliedschaft. Einzelpreis: 5 €, Jahresabonnement<br />
(Inland): 30 € inkl. MwSt. und Versand, Jahresabonnement<br />
(Ausland): 30 € inkl. MwSt. zzgl. Versand.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
4 | W+M INHALT<br />
W+M TITELTHEMA<br />
Kraftakt<br />
Unternehmensübergabe..................38<br />
W+M AKTUELL<br />
Köpfe......................................................................... 6<br />
Nachrichten............................................................... 8<br />
W+M LÄNDERREPORTS<br />
Ostdeutschland:<br />
Der Mittelstand im digitalen Wandel.......................10<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Wachstum am Pommerndreieck.............................12<br />
50 UMFRAGE<br />
Welcher Firmenwagen passt zu Ihnen?<br />
Sachsen: Die letzte Schlacht um VNG.....................14<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Wie Störtebeker-Biere am Markt punkten...............15<br />
W+M SERIE LAND DER WUNDER:<br />
BRANDENBURG<br />
Report: Renaissance der Industrie..........................16<br />
Wildau:<br />
Vom Schwermetall zur Hochtechnologie.................18<br />
Interview: Dietmar Woidke,<br />
Ministerpräsident von Brandenburg........................ 20<br />
Aufstrebende Cluster:<br />
Energiewirtschaft, optische Industrie,<br />
Ernährungswirtschaft und Tourismus..................... 24<br />
48<br />
RATGEBER<br />
IT-Sicherheit für Unternehmen<br />
Beteiligungskapital für innovative Ideen................. 28<br />
Stabiles Netzwerk:<br />
Das Brandenburger WirtschaftsForum................... 29<br />
Werben für die Uckermark...................................... 30<br />
EU-Förderung:<br />
Weniger Mittel – mehr Innovation.......................... 32<br />
Wirtschaftsanalyse<br />
von Ifo-Chef Joachim Ragnitz................................. 33<br />
W+M POLITIK<br />
Ifo-Geschäftsklimaindex für Ostdeutschland......... 34<br />
Pro und Contra:<br />
Belastet die neue Erbschaftssteuer<br />
Unternehmensübergaben?..................................... 36<br />
24 SERIE BRANDENBURG<br />
Erfolg mit Clustern<br />
Foto: Vattenfall (unten), Antje Delster/pixelio.de (Mitte), BMW (oben)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
W+M INHALT | 5<br />
W+M TITEL<br />
Report:<br />
Unternehmensübergaben in Ostdeutschland......... 38<br />
Gardelegen: Firmenübergabe an den Meister.........41<br />
Falkenrehde: Langjährige Erfahrung<br />
und neue Ideen....................................................... 42<br />
Teltow: Am Anfang stand<br />
eine Unternehmensbeteiligung............................... 43<br />
Großschönau: Nachfolger selbst aufgebaut........... 44<br />
38 TITEL<br />
Warum Firmenübergaben<br />
oft problematisch sind<br />
Gefahren und Chancen<br />
von Unternehmensnachfolgen................................ 46<br />
W+M RATGEBER<br />
IT: Sind Ihre Daten sicher?....................................... 48<br />
Umfrage: Des Unternehmers Lieblingsauto........... 50<br />
Finanzen:<br />
Michael Bormann<br />
zur Restrukturierung in der Krise............................... 52<br />
Berufsunfähigkeit –<br />
Private Absicherung ist unverzichtbar..................... 53<br />
Literatur: Die ostdeutsche<br />
Bestsellerliste für Wirtschaftsliteratur.................... 54<br />
W+M NETZWERK<br />
20<br />
IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident Dietmar Woidke<br />
Motzen: Golfturnier für Freunde............................. 55<br />
Warnemünde: Walzer am Meer.............................. 56<br />
Schwerin: Tanz in der Sternenhalle......................... 57<br />
Leipzig: Wirtschaft spielt Golf................................. 58<br />
Warnemünde: Polo am Sandstrand........................ 59<br />
VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 60<br />
Neues aus den Unternehmerverbänden................. 62<br />
W+M RÜCKBLICK<br />
Was macht eigentlich Elmar Pieroth?..................... 64<br />
W+M DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick und Personenregister............................... 66<br />
Foto: Creativa/Fotolia.com (oben)<br />
NETZWERK<br />
W+M-Golfturnier<br />
55<br />
W+M WEITERE BEITRÄGE<br />
Editorial...................................................................... 3<br />
Impressum................................................................ 3<br />
Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt das Magazin W+M<br />
Exklusiv Brandenburg bei. Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
6 | W+M KÖPFE<br />
Bernd Busse (71)<br />
Magdeburg. In 25 Jahren hat die Busse<br />
Bau GmbH eine beachtliche „Spur<br />
der Steine“ hinterlassen: Zu den jüngsten<br />
Großprojekten gehört der Hörsaal 6<br />
der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.<br />
Unternehmerisches Geschick, Innovationskraft<br />
und Flexibilität hat das Unternehmen in diesem<br />
Vierteljahrhundert bewiesen. Bernd Busse hatte das Unternehmen<br />
1990 als Joint-Venture mit der Nordwestdeutschen Baugesellschaft<br />
in Salzgitter gegründet. Heute beschäftigt Busse<br />
Bau 60 Mitarbeiter – eine Erfolgsgeschichte, die in der Branche<br />
nicht selbstverständlich ist.<br />
Feliks Büttner (75)<br />
Rostock. Ein sinnlicher Kussmund wurde für AIDA und die Hansestadt<br />
Rostock zum weltbekannten Signet. Auf nunmehr zehn<br />
Kreuzfahrtriesen fährt das Lächeln über die Weltmeere, das<br />
der Maler, Grafiker und Plakatgestalter Feliks Büttner kreierte.<br />
Der Künstler feierte am 17. Mai seinen 75. Geburtstag mit einer<br />
Werkschau in der Rostocker Kunsthalle. Die mehr als 200<br />
Malereien und Plakate künden von purer Lebenslust. Es lässt<br />
sich Überraschendes, Sinniges, Verderbtes, Schlüpfriges entdecken.<br />
In den frühen Jahren finden sich Anlehnungen an Matisse,<br />
Picasso, Chagall, Gustav Klimt. Poetische Frauenporträts<br />
mit knallig roten Lippen, Jazzmusiker mit explodierenden Instrumenten<br />
und Plakate mit engagierten Aussagen. „Es steckt<br />
so viel Kraft, Fröhlichkeit und Optimismus in den Bildern“, sagt<br />
der bekannte Rostocker Wissenschaftler Prof. Horst Klinkmann<br />
anerkennend. Für ihn sei Büttner ein „Seelentröster“. Feliks<br />
Büttner, 1940 in Merseburg geboren, hat den Beruf des Dekorateurs<br />
und Plakatzeichners gelernt. Seit 1967 lebt er in der<br />
Hansestadt Rostock, engagiert sich für das Theater und die<br />
Jazzszene, gestaltet Plakate und malt, was das Leben ihm eingibt.<br />
Mit kräftigen Farben und dem besonderen Strich, mit viel<br />
Humor und einem Schuss Erotik.<br />
Rainer Berger (62)<br />
Magdeburg. Als „Mister Buga“ oder<br />
„Pflanzenflüsterer“ gilt inzwischen der<br />
gebürtige Altmärker, der wie er sagt, „in<br />
einer Gärtnerei geboren“ wurde. Denn<br />
der Gartenbauunternehmer aus Arendsee,<br />
der inzwischen in Magdeburg zu Hause ist, war<br />
bereits an fünf Bundesgartenschauen leitend beteiligt, davon viermal<br />
als Ausstellungsbevollmächtigter für die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft:<br />
Rostock 2003 (IGA), Gera/Ronneburg 2007,<br />
Koblenz 2011 und nun in diesem Jahr zur Buga 2015 Havelregion,<br />
die gleich in fünf Kommunen Brandenburgs und Sachsen-<br />
Anhalts stattfindet.<br />
Burkhard Jung (57)<br />
Leipzig. Ende April hat die Mitgliederversammlung<br />
des Europäischen Metropolregion<br />
Mitteldeutschland e. V. den<br />
Vorstand und Aufsichtsrat neu gewählt.<br />
Neuer Vorstandsvorsitzender der Europäischen<br />
Metropolregion Mitteldeutschland<br />
ist Burkhard Jung (Foto: Mitte), Oberbürgermeister der Stadt<br />
Leipzig. „Ich freue mich, dass mir das Vertrauen ausgesprochen<br />
wurde, die Region weiter voranzubringen. Mein Ziel ist<br />
es, die Europäische Metropolregion Mitteldeutschland in ihrer<br />
einzigartigen Konstellation bundesweit bekannter zu machen“,<br />
so Burkhard Jung. In der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland<br />
engagieren sich strukturbestimmende Unternehmen,<br />
Städte und Landkreise, Kammern und Verbände sowie<br />
Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />
und Thüringen mit dem gemeinsamen Ziel einer<br />
nachhaltigen Entwicklung und Vermarktung der Wirtschafts-,<br />
Wissenschafts- und Kulturregion Mitteldeutschland.<br />
Wolfram Drescher (48)<br />
Dresden. „Zu den besten 100 Startups<br />
in Europa zu zählen, das ist einfach<br />
unglaublich!“ Dr. Wolfram Drescher<br />
machte aus seiner Freude kein<br />
Hehl, als er in Amsterdam den Red Herring<br />
Award entgegennahm. Das Top 100 Europe<br />
Forum würdigte damit die Erfolgsstory der Dresdner Siltectra<br />
GmbH, die das COLD-SPLIT-Verfahren, ein innovatives<br />
Herstellungsverfahren zur Bearbeitung und Herstellung monokristalliner<br />
Wafer, entwickelt. Dabei werden Wafer in Sekundenbruchteilen<br />
und ohne Materialverluste vom Ingot abgespalten,<br />
nach Aussagen Dreschers eine Revolution.<br />
Fotos: Anette Pröber (oben links), Busse Bau (oben rechts), Tom Schulze (Mitte), Harald Lachmann (unten links), Siltectra (unten rechts)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
W+M KÖPFE | 7<br />
Fotos: Harald Lachmann (oben links, unten)<br />
Katrin Rohnstock (54)<br />
Berlin. Für die gebürtige Thüringerin<br />
sind die Biografien ganz normaler Menschen<br />
„oft interessanter als die Memoiren<br />
von Promis“. Deshalb gründete die Literatur-<br />
und Sprachwissenschaftlerin 1997<br />
eine spezielle Ghostwriter-Firma, um fortan<br />
die Lebenserinnerungen von Mitbürgern zwischen zwei Buchdeckel<br />
zu fügen. Inzwischen hat sie 20 Mitarbeiter und geht selbst<br />
der Berufsstand des Autobiografikers auf Katrin Rohnstock zurück,<br />
sie machte ihn praktisch geschäftsfähig. Besonders hat sie<br />
sich den Erinnerungen von Familienunternehmern verschrieben.<br />
Uwe Lange (54)<br />
Schwerin. Zum neuen Vizepräsidenten<br />
für die Arbeitgeberseite wurde unlängst<br />
durch die Vollversammlung der Handwerkskammer<br />
zu Schwerin Uwe Lange<br />
gewählt. Er gehörte bereits seit 2012 dem<br />
Vorstand an. Der gelernte Steinmetzmeister<br />
führt in dritter Generation eine Bildhauerwerkstatt in der Landeshauptstadt.<br />
Zugleich ist er stellvertretender Obermeister der<br />
Steinmetz- und Bildhauerlandesinnung von Mecklenburg-Vor-<br />
pommern. Sein Großvater Rolf Lange gründete 1951 das Familienunternehmen,<br />
in dem nun auch bereits mit Sohn Robert die<br />
vierte Generation tätig ist.<br />
Jürgen Wagentrotz (70)<br />
Frankfurt am Main. In den letzten<br />
Monaten hat das Flüchtlingsdrama im<br />
Mittelmeer viele Menschenleben gekostet.<br />
Um humanitäre Hilfe zu leisten,<br />
spendet die Oil & Gas Invest (OGI) AG<br />
mit Hauptsitz in Frankfurt am Main der privaten<br />
Rettungsschiff-Initiative MOAS (www.moas.eu) ab sofort<br />
30.000 Euro im Monat. Mit dem Geld unterstützt das Unternehmen,<br />
das im Süden der USA Erdöl und Gas fördert, die<br />
Organisation bei der Finanzierung von Treibstoff und Unterhalt<br />
von Aufklärungsequipment und Personal. Jürgen Wagentrotz,<br />
CEO bei OGI, ist die Rettung der Flüchtlinge ein ganz persönliches<br />
Anliegen. Der gebürtige Erfurter war selbst „Gefangener“,<br />
der als junger Mann aus der ehemaligen DDR floh und<br />
in der Hoffnung auf ein besseres Leben Eltern und Heimat<br />
hinter sich ließ. Als späterer Verleger, Bauunternehmer und<br />
heutiger Vorstandsvorsitzender der OGI AG kam Wagentrotz<br />
zu einem Vermögen, das er immer auch für gute Zwecke mit<br />
anderen Menschen geteilt hat.<br />
Neue Netze für neue Energie<br />
Das Übertragungsnetz ist der Schlüssel<br />
zu mehr erneuerbarer Energie.<br />
Wir bei 50Hertz sind Vorreiter bei der sicheren<br />
Integration der erneuerbaren Energie ins Netz.<br />
Wir betreiben das Höchstspannungsnetz für<br />
mehr als 18 Millionen Menschen im Norden<br />
und Osten Deutschlands. Wir meinen es ernst<br />
mit unserer gesellschaftlichen Verantwortung,<br />
Stromautobahnen gemäß den Klimazielen<br />
Deutschlands und Europas zu entwickeln.<br />
Mit zahlreichen Projekten zur Verstärkung<br />
und zum Ausbau des Stromnetzes leisten<br />
wir hierzu einen wichtigen Beitrag.<br />
Mehr unter www.50 hertz.com<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
8 | W+M NACHRICHTEN<br />
pital für die Frühphasenfinanzierung bereitstellen.<br />
Er ist mit zehn Millionen Euro aus<br />
dem Europäischen Fonds für regionale<br />
Entwicklung (EFRE) ausgestattet.<br />
NETZWERKEN MIT STEP<br />
VERKEHRSBETRIEBE MIT GEWINN<br />
Die BVG betreibt unter<br />
anderem die Berliner U-Bahn.<br />
Berlin. Die Berliner Verkehrsbetriebe<br />
(BVG) haben erstmals seit 1946 einen<br />
Gewinn erzielt: Dieser betrug 2014 über<br />
sieben Millionen Euro. Der Schuldenstand<br />
konnte um rund 100 Millionen Euro<br />
gesenkt werden, die Zuschüsse des Landes<br />
Berlin blieben stabil. Das Unternehmen<br />
nannte vor allem steigende Fahrgastzahlen<br />
als Grund. 2015 werden eine<br />
Milliarde Fahrgäste angepeilt.<br />
NEUER FÖRDERTOPF<br />
Schwerin. Technologieorientierte Startups<br />
erhalten in Mecklenburg-Vorpommern<br />
künftig Unterstützung durch einen neuen<br />
Förderfonds. Der „Venture Capital Fonds<br />
Mecklenburg-Vorpommern“ soll Risikoka-<br />
Stralsund. Unter dem diesjährigen Motto<br />
„WIR in Vorpommern: Wirtschaft –<br />
Impulse – Region“ veranstalteten Wirtschaftsstudenten<br />
der Fachhochschule<br />
Stralsund gemeinsam mit der Stralsunder<br />
Mittelstandsvereinigung und der Hansestadt<br />
Stralsund im Mai die 13. Auflage<br />
der Stralsunder Tagung für erfolgreiche<br />
Partnerschaften (STeP). Politiker, Wissenschaftler,<br />
Unternehmer und Studenten<br />
trafen sich zum Meinungsaustausch<br />
im Rathaus der Hansestadt. Im Mittelpunkt<br />
der Diskussion standen Management-Konzepte<br />
und Marketing-Strategien.<br />
Studenten der FH Stralsund stellten<br />
unter anderem Ergebnisse von Unternehmensbefragungen<br />
in Vorpommern zu<br />
diesen Themen vor. Malte Stampe, Geschäftsführer<br />
der Prolupin GmbH, referierte<br />
darüber, wie die Grimmener Firma,<br />
die 2014 mit dem Deutschen Zukunftspreis<br />
geehrt wurde, auf der Basis von Eiweißstoffen,<br />
die alternativ aus der Lupine<br />
gewonnen werden, eine marktreife Nahrungsmittel-Produktpalette<br />
entwickelte.<br />
FÜHRENDER REGIONALER<br />
ENERGIEDIENSTLEISTER<br />
Markkleeberg. Die enviaM-Gruppe hat das<br />
Geschäftsjahr 2014 erfolgreich abgeschlossen.<br />
Gemessen am Umsatz und Absatz<br />
bleibt der Verbund der führende regionale<br />
Energiedienstleister Ostdeutschlands. Wie<br />
im Netz stehen auch im Vertrieb die Zeichen<br />
auf ökologisch. Mehr als 300.000 Kunden<br />
beziehen inzwischen Ökostrom vom<br />
Unternehmensverbund. Dies entspricht einer<br />
Steigerung von 15 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr. So bildet auch für die Zukunft<br />
der Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren<br />
Energien einen Unternehmensschwerpunkt.<br />
Die enviaM-Gruppe will den<br />
Anteil ihrer entsprechenden Anlagen deutlich<br />
erhöhen und legte dazu nun für 2015<br />
ein 250 Millionen Euro schweres Investitionsprogramm<br />
auf. Zudem wurden im Früh-<br />
Der Standort Markkleeberg<br />
von enviaM.<br />
jahr Anteile an drei Windparks in Brandenburg,<br />
Sachsen-Anhalt und Thüringen erworben.<br />
Insgesamt hält der Unternehmensverbund<br />
damit Anteile an acht Windparks in<br />
Ostdeutschland mit einer installierten Leistung<br />
von rund 63 Megawatt.<br />
Fotos: Wikimedia Commons/Jivee Blau (oben), enviaM (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
W+M NACHRICHTEN | 9<br />
MEHR CARAVANS AUS SACHSEN<br />
Neustadt (Sachsen). Mit 5.400 Caravans<br />
peilt die Capron GmbH im sächsischen<br />
Neustadt einen neuen Jahresrekord<br />
an. Um die steigende Nachfrage befriedigen<br />
zu können, hat das Unternehmen<br />
jetzt eine zweite Produktionslinie in<br />
Betrieb genommen und die Montage mit<br />
modernster Technik ausgestattet. In Neustadt<br />
werden die Modellreihen Sunlight<br />
und Carado gefertigt.<br />
„VIRTUELLE STRASSE“<br />
Ilmenau. Elektromobilität und Powertrain<br />
werden künftig im neuen Forschungszentrum<br />
des Thüringer Innovationszentrums<br />
Mobilität in Ilmenau erforscht. Schwerpunkt<br />
ist die „virtuelle Straße“ mit drahtloser<br />
Kommunikation der Fahrzeuge sowie<br />
zwischen Auto und Infrastruktur. Die<br />
Thüringer Automobilbranche erwirtschaftet<br />
einen Umsatz von rund 3,7 Milliarden<br />
Euro.<br />
Montage des Capron-Caravan-<br />
Modells Carado in Neustadt.<br />
NACHFRAGE STEIGT<br />
Kamenz. Die Deutsche ACCUmotive,<br />
eine Daimlertochter, stellt im Produktionswerk<br />
Kamenz 140 Mitarbeiter ein. In<br />
Kamenz werden hochkomplexe Antriebsbatterien<br />
für Hybrid- und Elektrofahrzeuge<br />
auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie<br />
gefertigt. Hier rechnet man mit einem<br />
Nachfrageschub. Die Zellfertigung<br />
bei der benachbarten Li-Tec Battery läuft<br />
dagegen aus.<br />
Der Kitzbühel Country Club.<br />
mit zahlreichen Annehmlichkeiten bereit.<br />
Unternehmen haben mit dem Kauf<br />
von separat parifizierten Suiten im Kitzbühel<br />
Country Club eine einzigartige Investmentchance.<br />
Die Philosophie dieses<br />
Ortes zielt auf die Schaffung von<br />
eigenen und gemeinsamen Werten.<br />
Fotos: Capron (oben), Kitzbühel Country Club (unten)<br />
NETZWERKEN UND AUSSPANNEN IM KITZBÜHEL COUNTRY CLUB<br />
Des Netzwerk der International Associate<br />
Clubs IAC.(www.iacworldwide.<br />
com), dem auch der Berliner Capital<br />
Club angehört, wirbt aktuell für den ersten<br />
und bislang einzigen Private Mem-<br />
ber Club in Österreich. Mit dem Kitzbühel<br />
Country Club (KCC) ist eine beeindruckende<br />
Destination an einem der begehrtesten<br />
Plätze im Alpenraum entstanden. Der<br />
Club steht seinen Mitgliedern ganzjährig<br />
Die Suiten im Kitzbühel Country Club<br />
stehen ausschließlich Unternehmen<br />
zum Kauf zur Verfügung und stellen<br />
somit eine perfekte Unternehmensinvestition<br />
dar. Die Immobilie kann ganzjährig<br />
durch den Kitzbühel Country<br />
Club als Hotelsuite (Beherbergungsbetrieb)<br />
betrieben werden und das Eigentümerunternehmen<br />
profitiert vom<br />
Übernachtungserlös und dem nachhaltigen<br />
Wachstum. Kontakt über<br />
info@palmerstonhotels.com.<br />
Im Kitzbühel Country Club kann man<br />
aber nicht nur unvergleichlich gut wohnen,<br />
man kann dort exzellent netzwerken,<br />
köstlich essen und perfekt entspannen.www.kitzbuehel.cc<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
10 | W+M LÄNDERREPORT<br />
DER MITTELSTAND<br />
IM DIGITALEN WANDEL<br />
Die Digitalisierung der Wirtschaft stellt den Mittelstand vor neue<br />
Herausforderungen. Laut einer aktuellen Studie der Commerzbank<br />
AG, welche W+M exklusiv für die neuen Länder vorliegt, erwartet<br />
ein Fünftel der darin befragten ostdeutschen Mittelständler, dass<br />
bisherige Geschäftsmodelle durch die aktuelle digitale Entwicklung<br />
infrage gestellt werden. Von Matthias Salm<br />
Digitalisierung heißt in der Praxis deshalb<br />
bisher vor allem Optimierung von administrativen<br />
Abläufen, etwa durch flexiblere<br />
Arbeitsformen oder durch Online-<br />
Wartungen und -Services. Neue Produktionsformen<br />
sowie die Vernetzung<br />
der Wertschöpfungskette vom Lieferanten<br />
bis zum Kunden werden dagegen bisher<br />
noch selten verwirklicht. Neue Geschäftsmodelle<br />
und neue Produkte als<br />
Folge der Digitalisierung halten die befragten<br />
Mittelständler zwar für grundsätzlich<br />
denkbar. Konkrete Pläne liegen aber<br />
meist noch nicht in ihren Schubladen.<br />
Internet der Dinge, Big Data oder Cloud<br />
Computing – hinter dem Schlagwort der<br />
Digitalisierung der Wirtschaft verbirgt<br />
sich gleich ein ganzes Bündel zukunftsweisender<br />
Technologien. Ohne Zweifel: Der<br />
tiefgreifende digitale Wandel hat längst<br />
auch den Mittelstand erfasst. Er ruft in<br />
den Augen vieler Unternehmer neue Sicherheitsrisiken<br />
hervor, erfordert hohe Investitionen<br />
und bietet zurzeit auch nur wenig<br />
verlässliche Standards.<br />
ZURÜCKHALTUNG IM OSTEN<br />
Diese Sichtweise teilen auch die mittelständischen<br />
Betriebe in Ostdeutschland:<br />
Ein Viertel der hiesigen Mittelständler registriert<br />
demnach, dass sich die Schlüsseltechnologien<br />
in ihrer Branche im Umbruch<br />
befinden. Ein Fünftel sieht bisherige<br />
Geschäftsmodelle durch die aktuelle<br />
digitale Entwicklung unter Druck. Zu diesem<br />
Ergebnis kommt die aktuelle Studie<br />
der Mittelstandsinitiative Unternehmer-<br />
Perspektiven der Commerzbank, zu der<br />
rund 4.000 Mittelständler bundesweit zu<br />
den Chancen und Risiken der Digitalisierung<br />
befragt wurden.<br />
Doch allen Unwägbarkeiten zum Trotz:<br />
Eine Mehrheit der Mittelständler in<br />
Deutschland erkennt in der Digitalisierung<br />
der Wirtschaft vor allem neue Chancen<br />
– sowohl für das eigene Unternehmen<br />
als auch für den Standort Deutschland.<br />
Die Realität in den Firmen hinkt den optimistischen<br />
Erwartungen allerdings noch<br />
hinterher. Knapp zwei Drittel der von der<br />
Commerzbank deutschlandweit befragten<br />
Unternehmen räumen ein, dass das<br />
Thema Digitalisierung bisher vom Mittelstand<br />
vernachlässigt wurde.<br />
Anteil Digitaler Innovatoren an Gesamtzahl der befragten Unternehmen<br />
Berlin<br />
Sachsen<br />
Thüringen<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Brandenburg<br />
Bundesdurchschnitt<br />
8%<br />
9%<br />
9%<br />
10%<br />
14%<br />
15%<br />
18%<br />
Sicher ist: Die Digitalisierung fordert die<br />
Firmenchefs im Mittelstand heraus. Insbesondere<br />
Komplexität und Geschwindigkeit<br />
des digitalen Fortschritts verunsichern<br />
die Unternehmer. Als Barriere wirkt<br />
OSTDEUTSCHER MITTELSTAND<br />
SETZT AUF EFFIZIENZ<br />
Neben der Frage der Digitalisierung beleuchtet<br />
die Commerzbank-Studie auch<br />
weitere Herausforderungen für das Management<br />
ostdeutscher Betriebe.<br />
Demnach blicken die ostdeutschen Mittelständler<br />
vorsichtig optimistisch in<br />
die Zukunft: 37 Prozent der Unternehmen<br />
rechnen mit einem substanziellen<br />
Wachstum in den nächsten fünf Jahren<br />
(Bundesdurchschnitt: 48 Prozent). 48<br />
Prozent wollen mittelfristig ihr aktuelles<br />
Niveau halten, nur 13 Prozent erwarten<br />
rückläufige Umsätze. In engen Märkten<br />
setzen die Unternehmen vor allem auf<br />
Effizienz. Zwischen Ostsee und Erzgebirge<br />
stehen deshalb Kostensenkungen<br />
und die Steigerung der Produktivität –<br />
wie auch die Bewältigung des Fachkräftemangels<br />
– in den nächsten fünf Jahren<br />
auf der Agenda.<br />
Eine Möglichkeit, Kosten zu reduzieren:<br />
Energieeffizienz. Insbesondere in Sachsen-Anhalt<br />
(62 Prozent) und Thüringen<br />
(56 Prozent) wird Energieeffizienz als<br />
wesentliche Kostenbremse angesehen.<br />
Existenziell notwendig ist ein Energieeffizienzmanagement<br />
für sogar ein Fünftel<br />
der ostdeutschen Unternehmen.<br />
Quelle Schaubild: Commerzbank AG, Illustration: freepics.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015<br />
0 5 10 15 20
OSTDEUTSCHLAND | 11<br />
SKEPSIS BEI TRENDTHEMEN<br />
Welche Bedeutung haben digitale Schlüsseltechnologien für das Unternehmen?<br />
ETABLIERTE TECHNOLOGIEN<br />
Online-Marketing<br />
Mobiles Internet<br />
Digitale Dienste<br />
E-Commerce<br />
Social Media<br />
AKTUELLE TRENDS<br />
CHANCE<br />
BEDROHUNG<br />
64% 2%<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
47% 6%<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
42%<br />
50%<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
CHANCE<br />
5%<br />
61%<br />
4%<br />
2%<br />
BEDROHUNG<br />
Digitale Innovatoren interessieren sich<br />
sehr viel häufiger für branchenfremde<br />
Entwicklungen und auch für die Lebenswelt<br />
von jungen Menschen. Ihre Heimat<br />
sind zurzeit vor allem die Großstädte. Den<br />
höchsten Anteil an digitalen Pionieren unter<br />
den Mittelständlern weisen die Stadtstaaten<br />
Berlin und Hamburg auf. In den<br />
ostdeutschen Flächenstaaten hingegen<br />
zeigen sich die Betriebe eher noch zurückhaltend<br />
bei der Nutzung der neuen<br />
digitalen Möglichkeiten (siehe Grafik auf<br />
Seite 10).<br />
Die Chancen der Digitalisierung beim<br />
Schopf zu packen, ist übrigens kein Privileg<br />
junger Unternehmer. Sie werden unabhängig<br />
vom Alter des Unternehmens,<br />
der Branche oder der Unternehmensgröße<br />
ergriffen. Gerade im kleinen Mittelstand<br />
sind überdurchschnittlich viele digitale<br />
Innovatoren anzutreffen. Kein Wunder:<br />
Die erforderlichen Basistechnologien<br />
stehen heute der breiten Masse der Unternehmen<br />
zur Verfügung, ihr frühzeitiger<br />
Einsatz ist keine Kostenfrage.<br />
Cloud Computing<br />
Internet der Dinge<br />
Big Data<br />
3D-Drucker<br />
Industrie 4.0<br />
Crowd-Sourcing<br />
Share Economy<br />
31%<br />
0 10 20 30 40 28% 50 60 2% 70 80<br />
20%<br />
19%<br />
24%<br />
0 10 16% 20 1% 30 40 50 60 70 80<br />
15% 2%<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />
1%<br />
1%<br />
8%<br />
7%<br />
Weitgehend etabliert haben sich bereits<br />
das Online-Marketing, mobiles Internet, digitale<br />
Dienstleistungen oder E-Commerce<br />
– die Technologien der 1990er-Jahre. Bei<br />
zukunftsweisenden Themen wie Industrie<br />
4.0 oder Cloud Computing zögert der Mittelstand<br />
dagegen noch. Das Schlagwort<br />
Industrie 4.0 etwa – derzeit in aller Munde<br />
und als vierte industrielle Revolution beschworen<br />
– weckt bisher nur bei 19 Prozent<br />
der Mittelständler Hoffnungen auf zukünftiges<br />
Unternehmenswachstum (siehe<br />
Grafiken links).<br />
W+M<br />
Quelle Schaubilder: Commerzbank AG, Illustration: freepics.com<br />
sich auch der hohe Investitionsbedarf aus<br />
– verursacht durch fehlende Standards<br />
und unsichere Erfolgsaussichten. Auch<br />
Sicherheitsrisiken beziehungsweise Datenschutzprobleme<br />
schrecken die Unternehmerschaft<br />
oft noch ab, so das Fazit<br />
der Unternehmensbefragung.<br />
Berliner Unternehmer als Trendsetter<br />
Bereits 15 Prozent der befragten Unternehmen<br />
bundesweit ziehen allerdings<br />
schon heute einen starken Nutzen aus<br />
der Digitalisierung (Ostdeutschland:<br />
zwölf Prozent). Diese technologischen<br />
Pioniere vernetzen ihre Wertschöpfungsketten,<br />
digitalisieren ihre Produktion und<br />
entwickeln neue Geschäftsmodelle. „Digitale<br />
Innovatoren reagieren auf enge<br />
Märkte und neue Nischenanbieter durch<br />
ein klares Bekenntnis zur Innovation. Auf<br />
dieser Basis entwickeln sie überdurchschnittlich<br />
häufig eine deutliche Wachstumsstrategie“,<br />
analysiert die Studie der<br />
Commerzbank.<br />
INITIATIVE<br />
UNTERNEHMERPERSPEKTIVEN<br />
UnternehmerPerspektiven ist eine Initiative<br />
der Commerzbank: Grundlage ist<br />
eine repräsentative Umfrage unter rund<br />
4.000 Führungskräften mittelständischer<br />
Unternehmen in Deutschland. Die<br />
vollständige aktuelle Studie sowie weitere<br />
Informationen zur Initiative finden<br />
Sie unter<br />
www.unternehmerperspektiven.de.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
12 | W+M LÄNDERREPORT<br />
WACHSTUMSFLÄCHEN AM<br />
POMMERNDREIECK IN VORPOMMERN<br />
Das Pommerndreieck bildet als Großgewerbestandort die ideale<br />
Ausgangsbasis nach Hamburg und Berlin, vor allem aber in den<br />
osteuropäischen, baltischen und skandinavischen Raum. Es gilt zu<br />
Recht als Drehscheibe in den Ostseeraum. Von Karl Kuba<br />
Willkommen auf Deutschlands<br />
Sonnendeck“, so empfängt<br />
Rolf Kammann, Geschäftsführer<br />
der Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommern,<br />
Investoren und Unternehmer in<br />
der Region Deutschlands mit der höchsten<br />
Sonnenscheindauer. Doch nicht nur viele<br />
Sonnentage können Investoren erwarten.<br />
„Wir haben reichlich Flächen, die beste Anbindung<br />
an den gesamten Ostseeraum, ein<br />
ausgezeichnetes Forschungs- und Entwicklungsklima,<br />
eine gute Infrastruktur<br />
und hervorragende Fördermöglichkeiten.“<br />
Speziell der Großgewerbestandort Pommerndreieck<br />
bietet Unternehmen aus der<br />
Logistik, Lager- und Transportbranche,<br />
aber auch produzierenden Betrieben sehr<br />
gute Perspektiven. Direkt an der Autobahn<br />
A20 und dem vierspurigen Zubringer B96<br />
zur Insel Rügen, eingebettet zwischen den<br />
traditionsreichen Hansestädten Stralsund<br />
und Greifswald, befindet sich das Industrie-<br />
und Gewerbegebiet mit einer verfügbaren<br />
Fläche von 138 Hektar, von denen<br />
15 Hektar voll erschlossen sind und weitere<br />
123 Hektar kurzfristig bebauungsfähig<br />
gestellt werden können. Die zentrale<br />
Lage und die schnelle Anbindung nach Berlin<br />
und Hamburg ermöglichen Logistikunternehmen<br />
und Güterverteilzentren eine<br />
„Just in Time“-Betreuung sowie den kosteneffizienten<br />
und schnellen Transport zu<br />
Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
Vorpommern mbH<br />
Rolf Kammann<br />
Brandteichstr. 20<br />
17489 Greifswald<br />
Tel.: 03834-550605<br />
Fax.: 03834-550551<br />
info@invest-in-vorpommern.de<br />
www.invest-in-vorpommern.de<br />
Der Großgewerbestandort Pommerndreieck<br />
in Vorpommern mit der Anschlussstelle zur<br />
Autobahn A20.<br />
den Absatzmärkten. Für Seefrachten bieten<br />
die Häfen in Rostock, Sassnitz, Stralsund<br />
sowie weitere kleine Häfen in Vorpommern<br />
beste Voraussetzungen für Umschlags-<br />
und Logistikaktivitäten.<br />
Das Pommerndreieck bietet nicht nur für<br />
Logistikunternehmen, sondern auch für<br />
Neuansiedlungen, etwa in den regionalen<br />
Schwerpunktbranchen Life Sciences, Lebensmittelindustrie<br />
und Metallbau, beste<br />
Voraussetzungen. Eine von Erfolg gekrönte<br />
Ansiedlung beweist die biosanica<br />
Manufaktur GmbH, welche seit 2013 dort<br />
produziert. Am alten Standort in Franken<br />
stieß man an Grenzen, so dass ein neuer<br />
Produktionsort gesucht wurde. „Schnell<br />
kristallisierte sich das Pommerndreieck<br />
als Idealstandort heraus mit einer perfekten<br />
Anbindung an die A20 und kurzen Wegen<br />
zu unseren Lieferanten im Alten Land<br />
bei Hamburg, auf Rügen und anderen Regionen<br />
in Mecklenburg-Vorpommern. Die<br />
Nähe zu unseren Kunden in Nordeuropa,<br />
zum Beispiel Dänemark, spielte natürlich<br />
auch eine wichtige Rolle bei der Standortwahl“,<br />
argumentiert Martin Nätscher von<br />
biosanica. Als führendes Unternehmen für<br />
Bio-Trockenfrüchte in Europa erweitert es<br />
schon ein Jahr nach der Betriebsaufnahme<br />
aktuell seine Kapazitäten und investiert<br />
Foto: WFG Vorpommern<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 13<br />
Foto: WFG Vorpommern<br />
nochmals über drei Millionen Euro in Verarbeitungstechnologie<br />
und Lagerkapazitäten.<br />
Eine Ansiedlung am Verkehrsweg zu den<br />
touristischen Zentren auf Rügen und Usedom<br />
hat auch die Kaufhaus Martin Stolz<br />
GmbH vollzogen. Der erste Bauabschnitt<br />
für eine touristische Rastanlage wurde bereits<br />
abgeschlossen. Das neu entstandene<br />
Kaufhaus spricht gezielt Reisende und<br />
Touristen an. Später folgen noch ein Erlebnis-Rastplatz<br />
und ein Logistikzentrum,<br />
von dem neben der Belieferung der Filialen<br />
auch der Online-Handel des Unternehmens<br />
abgewickelt wird. „Der Standort<br />
Pommerndreieck ist ideal für unser Unternehmen,<br />
da wir hier unsere im Hamburger<br />
Hafen ankommenden Waren zwischenlagern<br />
und auf kurzem Weg zu unseren Filialen<br />
in Mecklenburg-Vorpommern ausliefern<br />
können“, so Jürgen Wirths, Prokurist<br />
des Unternehmens.<br />
Kaum eine Region bietet eine so hohe Arbeits-<br />
und Lebensqualität wie Vorpommern.<br />
Die Inseln Rügen und Usedom sowie<br />
die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst<br />
sind innerhalb kürzester Zeit erreichbar.<br />
Die Hansestädte Greifswald und Stralsund<br />
ziehen mit ihrem maritimen Flair und<br />
ihrer Fülle von Kultur- und Freizeitangeboten<br />
an. Zusätzlich locken günstiges Bauland<br />
und moderate Mietpreise. All das sind<br />
enorme Pluspunkte, wenn es darum geht,<br />
Menschen zum Leben und Arbeiten in dieser<br />
Region zu motivieren.<br />
Die Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommern<br />
versteht sich als Dienstleister in allen<br />
Belangen, die Investoren interessieren<br />
Baufortschritt zur Errichtung einer touristischen Rastanlage.<br />
können: von der Standortsuche über Finanzierungs-<br />
und Förderfragen zur Personalrekrutierung<br />
bis hin zu den Genehmigungsfragen<br />
für Bauvorhaben. Eine Unterstützung,<br />
die auch Martin Nätscher zu schätzen<br />
weiß: „Nach der Standortentscheidung<br />
für Vorpommern galt es, einige Hindernisse<br />
zu überwinden. In diesen Momenten<br />
waren wir uns immer der Unterstützung<br />
der Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommern<br />
sicher. Dort stand man stets an unserer<br />
Seite, zeigte Alternativen auf, motivierte<br />
und fand die richtigen Geschäfts- und Gesprächspartner<br />
für uns.“ W+M<br />
Foto: Clauss | made by WERK3.de<br />
Schnell ans Ziel<br />
auf Deutschlands Sonnendeck<br />
Pommerndreieck<br />
Perfekt für großflächige Industrie- und Gewerbeansiedlungen<br />
Ideal für Handel im Ostseeraum<br />
Direkt an der Autobahn 20<br />
Attraktive Förderkulisse für Investitionen<br />
Lebensqualität eines beliebten Urlaubslandes<br />
www.invest-in-vorpommern.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
14 | W+M LÄNDERREPORT SACHSEN<br />
VNG-Vorstandsvorsitzender<br />
Dr. Karsten Heuchert.<br />
Links: Hier hat der einzige<br />
Großkonzern mit Sitz im Osten<br />
seine Zentrale – die Leipziger<br />
Verbundnetz Gas AG (VNG).<br />
Doch das änderte sich vor einigen Monaten<br />
grundlegend. Denn erst übernahmen<br />
die Oldenburger Ende 2014 die 15,79<br />
Prozent, die die BASF-Tochter Wintershall<br />
bis dato an VNG hielt, und nun könnten<br />
auch noch jene 10,52 Prozent hinzukommen,<br />
mit denen der russische Staatskonzern<br />
Gazprom bei den Leipzigern im Boot<br />
sitzt. Doch die Russen, die zunächst wild<br />
entschlossen zum Verkauf ihrer VNG-Anteile<br />
schienen – als Gründe nannten sie die<br />
politische Großwetterlage sowie „fehlende<br />
Einflussmöglichkeiten“ bei der Leitung<br />
von VNG – schwanken nun doch plötzlich:<br />
Verkaufen sie ihre Aktien für rund 200 Millionen<br />
Euro nach Oldenburg? Oder behalten<br />
sie den Fuß in der Tür?<br />
LETZTE SCHLACHT UM VNG<br />
Nachdem schon alle Zeichen darauf hindeuteten, dass<br />
ein norddeutsches Energieunternehmen den einzigen<br />
ostdeutschen Großkonzern schluckt, sind die Chancen für eine<br />
Mehrheitsübernahme durch die Messestadt Leipzig plötzlich<br />
wieder gestiegen. Von Harald Lachmann<br />
Es geht mal wieder um den umsatzstärksten<br />
Konzern Ost, die Verbundnetz<br />
Gas AG (VNG) in Leipzig. Denn<br />
der drittgrößte deutsche Erdgasimporteur<br />
ist recht profitabel. Er fördert, transportiert,<br />
speichert und handelt mit Gas, das<br />
aus Russland und Norwegen kommt. Über<br />
ein eigenes Netz versorgt man vor allem<br />
ostdeutsche Stadtwerke aber auch Regionalversorger<br />
und Industrieunternehmen in<br />
14 weiteren Ländern. So erlöst VNG jährlich<br />
zehn Milliarden Euro, bietet 1.400 gut<br />
bezahlte Jobs, überweist Jahr für Jahr um<br />
die 15 Millionen Euro Gewerbesteuer ans<br />
Leipziger Rathaus und schüttet eine lohnende<br />
Dividende aus. Allein von 2013 zu<br />
2014 war der Gewinn von 89 Millionen auf<br />
184 Millionen Euro hochgeschnellt.<br />
All das weckt seit langem Begehrlichkeiten.<br />
Mehrere große Energiekonzerne<br />
West kamen deshalb schon in Versuchung,<br />
ihre Hände nach der Leipziger<br />
Gruppe auszustrecken, so die EnBW Energie<br />
Baden-Württemberg AG und der Oldenburger<br />
Energieversorger EWE. Letzterer<br />
ist bereits seit 2003 Hauptaktionär von<br />
VNG, hielt lange Zeit 47,9 Prozent der Anteile<br />
und wollte gern mehr. Als das lange<br />
misslang, trug sich EWE schon mit Verkaufsabsichten.<br />
Immerhin hatte erst vor zwei Jahren<br />
Gazprom-Vizepräsident Alexander Medwedew<br />
in Leipzig den „40. Jahrestag<br />
der russischen Erdgaslieferungen nach<br />
Deutschland“ gefeiert und mit VNG-<br />
Vorstandschef Karsten Heuchert auf die<br />
gemeinsame Zukunft angestoßen. Sollte<br />
Gazprom denn doch nicht verkaufen,<br />
bahnt sich indes ein anderer spannender<br />
Deal an – nun zugunsten Leipzigs sowie<br />
weiterer acht ostdeutscher Stadtwerke:<br />
Annaberg-Buchholz, Chemnitz, Dresden,<br />
Erfurt, Hoyerswerda, Neubrandenburg,<br />
Rostock und Lutherstadt Wittenberg.<br />
Sie halten über eine Beteiligungsgesellschaft<br />
gut ein Viertel an VNG. Und<br />
Gerüchten zufolge erwägt EWE nun, ihre<br />
vorerst 63,69 Prozent am einzigen ostdeutschen<br />
Großkonzern an die Leipziger<br />
Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft<br />
LVV zu verkaufen.<br />
Angeblich sind die Gespräche mit dem<br />
Leipziger Versorger „weit fortgeschritten“.<br />
Bis zur Sommerpause könnte die<br />
Übernahme organisiert sein, womit Leipzig<br />
mit seinen Ost-Partnern 89,48 Prozent<br />
der VNG-Aktien hielte. Als Verkaufspreis<br />
ist eine Summe zwischen einer und 1,5<br />
Milliarden Euro im Gespräch – die natürlich<br />
niemand in der Messestadt hat. Immerhin<br />
ist die größte sächsische Stadt<br />
selbst mit gut 700 Millionen Euro verschuldet.<br />
Doch um den prestigeträchtigen<br />
Konzernsitz auf jeden Fall an der Pleiße<br />
zu halten, strickte sie zuletzt recht erfolgreich<br />
an einer Milliardenofferte: Hierzu<br />
gewann man den australischen Finanzinvestor<br />
Macquarie, der bereit wäre, die<br />
Hälfte der Summe zu finanzieren. W+M<br />
Fotos: Harald Lachmann<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
LÄNDERREPORT MECKLENBURG-VORPOMMERN | 15<br />
STÖRTEBEKER-BIERE PUNKTEN<br />
MIT SORTENVIELFALT<br />
Fotos: Thomas Schwandt (oben), Störtebeker Braumanufaktur (unten)<br />
Stralsunds Bierbrauer segeln erfolgreich<br />
gegen den Wind. Während die<br />
Branche 2014 nach jahrelang rückläufigem<br />
Bierkonsum in Deutschland erstmals<br />
wieder ein leichtes Absatzplus von einem<br />
Prozent bejubelte, erzielten die Stralsunder<br />
im gleichen Jahr einen Rekordabsatz.<br />
Mit zweistelligem Wachstum. Bei<br />
einigen Bierspezialitäten verdoppelte sich<br />
der Absatz sogar.<br />
Auch steuern die Brauer vom Strelasund<br />
wider den Fusionstrend im Braugewerbe.<br />
Wenige Großkonzerne dominieren<br />
heutzutage<br />
den Markt und produzieren<br />
in industriellen Strukturen. Die<br />
Stralsunder Brauerei GmbH hingegen bekannte<br />
sich im Jahr 2011 auch im Firmennamen<br />
zur Tradition des handwerklichen Bierbrauens<br />
und benannte sich in Störtebeker<br />
Braumanufaktur GmbH um.<br />
Damit wurde eine neue Phase der Vermarktung<br />
und Produktvielfalt vor allem<br />
der starken Hausmarke „Störtebeker-<br />
Bier“ eingeleitet. Die Braumanufaktur<br />
schwenkte auf einen „Kurs abseits des<br />
Einheitsgeschmacks und der Gleichmacherei<br />
von Bier“, wie Geschäftsführer Jürgen<br />
Nordmann den Strategiewechsel beschreibt.<br />
Das Erfolgsgeheimnis der Störtebeker<br />
Braumanufaktur liege begründet<br />
in „besonderen Kreationen und handwerklicher<br />
Arbeit, gepaart mit einer originellen<br />
Markenstrategie“.<br />
Zur letzteren gehört es, alle eigenen<br />
Bierspezialitäten stringent<br />
an den maritim-regionalen<br />
Slogan „Störtebeker – das<br />
Bier der Gerechten“ anzulehnen.<br />
So wird neben dem klassischen<br />
norddeutschen Pilsener<br />
in Stralsund auch „Hanse-Porter“,<br />
„Atlantik-Ale“,<br />
„Bernstein-Weizen“ und alkoholfreies<br />
„Frei-Bier“ gebraut.<br />
Besondere Clous sind<br />
das torfige „Whisky-Bier“ und<br />
die große „Entdecker-Kiste“,<br />
die zehn verschiedene Störtebeker-Sorten<br />
enthält.<br />
Auf dem hart umkämpften deutschen<br />
Biermarkt stößt eine derart<br />
breite Palette an individuellen Bieren regional<br />
jedoch an Grenzen. Die Störtebeker-Crew<br />
verwendet daher viel Energie<br />
und Kreativität darauf, über moderne Vertriebswege<br />
und Genuss-Events das Bier<br />
vom Strelasund überregional bekannt zu<br />
machen. Mittlerweile werden die Biere<br />
unter dem Segel des legendären Ostsee-Piraten<br />
auch in Nordrhein-Westfalen,<br />
Die Störtebeker Braumanufaktur vereint<br />
traditionelle Braukunst mit modernen<br />
Vertriebs- und Marketing-Komponenten.<br />
Hessen, Sachsen und Thüringen vertrieben.<br />
Deutschlandweiten Absatz erfahren<br />
die Bierspezialitäten von der Küste<br />
über den hauseigenen Online-Shop. Ein<br />
auf dem Biermarkt verhältnismäßig junger<br />
Verkaufskanal. Dieser hat laut Brauerei-Inhaber<br />
Jürgen Nordmann die Produktionszahlen<br />
der Manufaktur spürbar<br />
aufwärts getrieben. Bierverkostungen,<br />
Biersommelier-Abende und Menüs mit<br />
Bierbegleitung sollen zusätzlich Kunden<br />
auf den Geschmack von „Hanse-Porter“<br />
und Co. bringen.<br />
Die stark gestiegene Nachfrage hat die<br />
Braumanufaktur veranlasst, für 14 Millionen<br />
Euro in neue Betriebsanlagen zu investieren.<br />
Im Herbst 2014 war Baustart.<br />
Es werden neue Gär- und Lagertanks am<br />
traditionellen Standort an der Greifswalder<br />
Chaussee errichtet und es entsteht<br />
ein neues Verpackungs- und Logistik-<br />
Zentrum.<br />
Die Geschichte des Brauens in Stralsund<br />
reicht bis in die Hansezeit zurück. Über den<br />
Hafen wurden Bierfässer bis nach Dänemark,<br />
Norwegen und England verschifft.<br />
In der jüngeren Historie litt die Qualität der<br />
Stralsunder Biere unter der starren DDR-<br />
Planwirtschaft. Doch der Ruf ist längst<br />
wieder aufpoliert. Davon zeugen auch etliche<br />
internationale Preise. So wurde beim<br />
World Beer Cup 2014 in den USA Störtebekers<br />
„Roggen-Weizen“ zum weltbesten<br />
dunklen Weizenbier gekürt.<br />
Thomas Schwandt<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
16 | W+M SERIE<br />
Brandenburg profitiert<br />
von der Renaissance<br />
<br />
der Industrie<br />
Innovative Industriezweige, ein starker Mittelstand und eine<br />
spürbar gestiegene Lebensqualität – das macht das Gesicht<br />
des Wirtschaftsstandortes Brandenburg heute aus. Es ist<br />
das Ergebnis eines durchaus schmerzhaften, letztlich aber<br />
erfolgreichen Wandels in den zweieinhalb Jahrzehnten seit<br />
der deutschen Einheit. Von Karsten Hintzmann<br />
Industrieller Kern im Osten Brandenburgs:<br />
ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt.<br />
Luftschiffproduktion von Cargolifter in<br />
Brand, den Lausitzring oder den Erhalt<br />
des Chipstandortes in Frankfurt (Oder)<br />
unterstützte die Landesregierung. All das<br />
eher ohne Fortune.<br />
Die Tatsache, dass die märkische<br />
Wirtschaft von einer aufstrebenden<br />
Industrie in diversen Branchen<br />
profitiert, überrascht nicht. Denn<br />
das Land blickt auf eine lange Industrietradition<br />
zurück. 1801 kam in Rathenow die<br />
erste Vielschleifmaschine für die Herstellung<br />
von Brillen zum Einsatz, 1867 startete<br />
die Massenproduktion von Papptellern<br />
in Luckenwalde, ab 1900 baute man in<br />
Wildau Schwartzkopff-Lokomotiven, 1904<br />
entwickelten Tüftler die Thermoskanne,<br />
1931 erfolgte der Start der Massenproduktion<br />
des Hellschreibers – des ersten<br />
alltagstauglichen Faxgeräts, 1935 wurde<br />
das Opelwerk errichtet. Von 1950 bis<br />
1990 beschäftigte die EKO Stahl GmbH<br />
(heute ArcelorMittal Eisenhüttenstadt)<br />
6.000 Menschen. Bereits 1725 wurde<br />
das Lauchhammer-Werk – seit 1948 die<br />
TAKRAF GmbH – gegründet. Die Leistungen<br />
des Unternehmens reichen von der<br />
Herstellung von Verkehrsbauten, über den<br />
Kranbau bis hin zum weltgrößten Schaufelradbagger.<br />
Seit 1964 ist TAKRAF eine<br />
weltweit anerkannte Marke.<br />
Vor 25 Jahren kam es zunächst zu einer<br />
industriellen Vollbremsung. Die sozialistische<br />
Planwirtschaft hatte ausgedient,<br />
Kombinate und Volkseigene Betriebe<br />
wurden abgewickelt, geschlossen oder<br />
fielen als Konkursmasse an die Treuhandanstalt.<br />
Mit unübersehbaren Folgen: die<br />
Arbeitslosenquote kletterte auf bis zu<br />
18,8 Prozent, zeitweise suchten mehr<br />
als 250.000 Menschen einen Job. Fast<br />
schon verzweifelt versuchte die Potsdamer<br />
Politik gegenzusteuern. Alle Projekte,<br />
die nur halbwegs Erfolg versprachen,<br />
wurden mit der „Gießkanne“ gefördert.<br />
Auch Großprojekte, wie die futuristische<br />
Schließlich steuerte man um – die „Gießkanne“<br />
hatte ausgedient, fortan förderte<br />
man das Wachstum industrieller Kerne<br />
mit Zukunftsperspektive. Und zwar nicht<br />
nur im Berliner Speckgürtel, sondern dezentral<br />
auch in den berlinfernen Regionen<br />
des Landes. Dieser Strategiewechsel unter<br />
dem Motto „Stärken stärken“ – verbunden<br />
mit der Renaissance der Industrie<br />
– brachte den Erfolg.<br />
Heute hat sich Brandenburg zu einem<br />
modernen Standort der innovativen Industrien<br />
mit hoher internationaler Attraktivität<br />
entwickelt – dreimal in Folge<br />
ausgezeichnet als dynamischste Wirtschaftsregion<br />
Deutschlands. Übersetzt<br />
bedeutet das Motto „Stärken stärken“,<br />
dass die Landespolitik die Wirtschaftsförderung<br />
nunmehr regional auf die 15<br />
stärksten Wachstumskerne und sek-<br />
Foto: ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
BRANDENBURG | 17<br />
Foto unten: ZAB, Quelle Schaubild: Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg<br />
toral auf die Erfolg versprechendsten<br />
Branchen fokussiert, wie etwa auf die<br />
Bereiche Automotive, Luftfahrt, Ernährungswirtschaft,<br />
Metall, Kunststoffe und<br />
Chemie oder Energietechnik. Die Konzentration<br />
auf insgesamt neun Wachstums-<br />
Cluster zahlt sich aus – für die Unternehmen,<br />
die Beschäftigten und das ganze<br />
Land.<br />
Wirtschaftsförderung aus einer Hand – durch ZAB und ILB.<br />
BRANDENBURGS WIRTSCHAFTSMINISTER<br />
SEIT 1990<br />
Name<br />
burger Seehafenhinterlandverkehr oder<br />
nutzen, wie die Lausitzstadt Forst mit der<br />
Zollabfertigung direkt am Standort an der<br />
deutsch-polnischen Grenze, den günstigen<br />
Marktzugang nach Mittelund<br />
Osteuropa. Lagen Brandenburg<br />
und Berlin vor zehn Jahren<br />
noch im Mittelfeld der deutschen<br />
Logistikregionen, zählen sie aktuell<br />
zu den Top-Standorten.<br />
Experten attestieren der Brandenburger<br />
Wirtschaft heute,<br />
den Wandel hin zu einer wettbewerbsfähigen<br />
sozialen Marktwirtschaft<br />
gemeistert zu haben. Allerdings<br />
ist der Aufholprozess im<br />
Vergleich zu den alten Bundesländern<br />
unverändert im Gange<br />
und wird wohl auch mittelfristig<br />
noch nicht abgeschlossen sein.<br />
Aber die Zahlen zeigen einen klaren<br />
Aufwärtstrend: Die Arbeitslosenquote<br />
liegt nunmehr bei unter<br />
zehn Prozent, die Arbeitsproduktivität<br />
beträgt im Vergleich zu<br />
den alten Ländern bereits knapp<br />
84 Prozent, in Sachen Wohlstand<br />
erreicht Brandenburg knapp 71<br />
Prozent des bundesdeutschen<br />
Durchschnitts.<br />
Die Weichen für eine Fortsetzung<br />
des Aufschwungs sind gestellt.<br />
Brandenburg bietet beste Standortbedingungen<br />
für Unternehmen<br />
– gut ausgebaute Verkehrswege,<br />
Industrie- und Gewerbeflä-<br />
Amtszeit<br />
Karl Walter Hirche (FDP) 1990–1994<br />
Burkhard Dreher (SPD) 1994–1999<br />
Wolfgang Fürniß (CDU) 1999–2002<br />
Ulrich Junghanns (CDU) 2002–2010<br />
Ralf Christoffers (Linke) 2010–2014<br />
Albrecht Gerber (SPD) seit 11/ 2014<br />
Leitet heute Brandenburgs<br />
Wirtschaftsministerium:<br />
Albrecht Gerber.<br />
Diese positive industrielle Entwicklung<br />
wirkt wie ein Beschleuniger, der flankierende<br />
Branchen mitreißt. So erlebt Brandenburg<br />
dank des Industriewachstums<br />
und der günstigen geostrategischen Lage<br />
seit mehreren Jahren auch einen Logistik-Boom.<br />
Vor allem die Güterverkehrszentren<br />
rund um Berlin sowie direkt an<br />
der polnischen Grenze in Frankfurt (Oder)<br />
brummen. Neue Standorte, wie der Elbehafen<br />
Wittenberge, profitieren vom Hamchen<br />
in allen Lagen und zu vernünftigen<br />
Konditionen, qualifizierte und erfahrene<br />
Facharbeiter. Hinzu kommt ein umfassender<br />
Unternehmensservice: Als erstes<br />
Bundesland bietet Brandenburg ein komplettes<br />
Beratungspaket zu Wirtschaft und<br />
Arbeit aus einer Hand. Das Land hat diese<br />
Kompetenzen bei der Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
ZukunftsAgentur Brandenburg<br />
(ZAB) und der Förderbank ILB<br />
gebündelt. Gemeinsam bilden sie Brandenburgs<br />
One-Stop-Agency für Wirtschaft<br />
und Arbeit. Durch diese Verzahnung<br />
erhalten potenzielle Investoren einen<br />
zügigen Zugang zu maßgeschneiderten<br />
Förderprogrammen, die aus Töpfen<br />
der EU, des Bundes und des Landes gespeist<br />
und von der ILB federführend koordiniert<br />
werden.<br />
Ausgerüstet mit vielfältigen Investorenbetreuungsinstrumenten<br />
vermeldeten<br />
ZAB und ILB in den zurückliegenden Jahren<br />
stets positive Zwischenbilanzen. Allein<br />
im Jahr 2014 unterstützte die ZAB<br />
114 nationale und internationale Ansiedlungsprojekte,<br />
310 Innovationsprojekte<br />
sowie 63 technologieorientierte Existenzgründungen.<br />
Damit verbunden waren<br />
3.032 neue Arbeitsplätze und ein Investitionsvolumen<br />
von 824 Millionen Euro.<br />
Im Vergleich zum Jahr 2013 verdoppelte<br />
sich die Gesamtsumme der Investitionen.<br />
Insgesamt betreute die Wirtschaftsförderung<br />
des Landes Brandenburg, für<br />
die seit 14 Jahren die ZAB zuständig ist,<br />
in den zurückliegenden 25 Jahren rund<br />
6.000 Ansiedlungsprojekte. W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
Vom Schwermetall<br />
zur Hochtechnologie<br />
Die Stadt Wildau mit ihrem Technologiepark und der Technischen<br />
Hochschule zählt zu den wichtigsten Wirtschaftsstandorten<br />
Brandenburgs. Bekannt geworden durch die Dampflokomotiven der<br />
Firma Schwartzkopff, als Rüstungsschmiede 1945 am Boden und als<br />
Zentrum des DDR-Schwermaschinenbaus wiederaufgebaut, musste<br />
sich der Standort nach 1990 neu erfinden. Von Tomas Morgenstern<br />
Zentrum für Luft- und Raumfahrt Schönefelder<br />
Kreuz in Wildau.<br />
Wildau, erst seit 2013 Stadt, ist<br />
eine Schöpfung des Industriezeitalters,<br />
bis heute geprägt<br />
von den Klinkerbauten der ab 1898 für<br />
die Arbeiter der Lokomotivfabrik gebauten<br />
Schwartzkopff-Siedlung. Stärkster Trumpf<br />
der Stadt, in der rund 10.000 Menschen<br />
leben, ist die verkehrsgünstige Lage am<br />
südlichen Berliner Autobahnring A10,<br />
knapp 15 Kilometer entfernt vom neuen<br />
Hauptstadtflughafen BER. Zudem<br />
hat sie Anschluss an die<br />
Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />
Dahme-Spreewald:<br />
Gerhard Janßen.<br />
Fernbahn und an<br />
die Berliner S-Bahn.<br />
An der Dahme betreibt<br />
Wildau gemeinsam<br />
mit Königs Wusterhausen<br />
den größten Binnenhafen<br />
des Landes. Die beiden Städte<br />
und die Gemeinde Schönefeld bilden den<br />
Regionalen Wachstumskern „Schönefelder<br />
Kreuz“.<br />
Das Herz der Wildauer Wirtschaft schlägt<br />
im Technologiepark mit den Luft- und<br />
Raumfahrtzentren, dem Technologieund<br />
Gründerzentrum und der Technischen<br />
Hochschule. Rund 1.000 Betriebe<br />
sind in der Stadt ansässig – ein Mix<br />
aus Hightech, Forschung und Entwicklung,<br />
Gewerbe sowie klassischer Industrie.<br />
Das A10 Center an der Autobahn ist<br />
das größte Einkaufszentrum der Region.<br />
„Der Wirtschaftsstandort Wildau hat sich<br />
in den vergangenen 20 Jahren modernisiert,<br />
deutlich breiter aufgestellt und er<br />
hat wieder internationales Spitzenniveau<br />
erreicht“, sagt Bürgermeister Uwe Malich<br />
(DIE LINKE).<br />
1899 waren die Äcker des Gutes<br />
Wildau am Rande der Gemeinde<br />
Hoherlehme erste<br />
Wahl für die Erweiterung<br />
der „Berliner Maschinenbau<br />
Actien Gesellschaft<br />
BMAG, vormals Louis<br />
Schwartzkopff“. Vor den<br />
Toren der Hauptstadt, an<br />
der Eisenbahnlinie Berlin–Görlitz<br />
und an der Dahme<br />
baute die BMAG eine neue<br />
Lokomotivfabrik, später eine der<br />
größten Deutschlands. Bald folgten der<br />
Schwermaschinenbau, die Chemie- und<br />
Elektroindustrie. In beiden Weltkriegen,<br />
vor allem aber nach Hitlers Machtantritt<br />
produzierte man in Wildau Rüstungsgüter.<br />
In den 1940er Jahren liefen hunderte<br />
„Kriegslokomotiven“ sowie Rümpfe<br />
für Junkers-Bomber vom Band. Bis zu<br />
10.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter<br />
mussten in und um Wildau in der<br />
Rüstungswirtschaft schuften.<br />
Alliierte Bomben und die Kämpfe im April<br />
1945 richteten schwere Schäden an. Intakte<br />
Maschinen ließ die sowjetische Militäradministration<br />
(SMAD) nach dem Sieg<br />
der Roten Armee als Reparationsleistung<br />
demontieren.<br />
Im Februar 1949 wurde in maroden<br />
Fabrikhallen der LOWA-Lokomotivbau<br />
Wildau VEB – LOWA stand für Lokomotiv-<br />
und Waggonbau – gegründet. Dieser<br />
reparierte zunächst Eisenbahnwaggons,<br />
baute Maschinen und Ausrüstungen. Eine<br />
Betriebsschule bildete ab 1949 Ingenieure<br />
aus. 1950 verfügte die SMAD die Einstellung<br />
des Lokomotivbaus, der in ABUS<br />
umbenannte Betrieb sollte nun Ausrüstungen<br />
für Bergbau und Schwerindustrie<br />
herstellen. Ab 1952 schließlich als VEB<br />
Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ und<br />
seit 1969 unter dem Dach des Schwermaschinenbaukombinats<br />
„Ernst Thälmann“<br />
(SKET) erlangte das Werk auch außerhalb<br />
der DDR Bekanntheit. Damals fertigten<br />
3.500 Mitarbeiter in Wildau Kurbelwellen<br />
für Schiffsdieselmotoren, Wälzlager, Maschinen<br />
für die Rohrproduktion. Im Konsumgüterprogramm<br />
kamen irgendwann<br />
auch Lautsprecherboxen, Werkzeuge und<br />
Gartenbänke aus Wildau.<br />
Das Ende der DDR bedeutete auch das<br />
Ende für die Kombinate. Am 1. Juli 1990<br />
wurde die Schwermaschinenbau AG<br />
Wildau (SMB) als hundertprozentiges<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
SERIE BRANDENBURG | 19<br />
Tochterunternehmen der Treuhandgesellschaft<br />
gegründet. Ende 1993 hatte sie nur<br />
noch 700 Mitarbeiter.<br />
Im August 1994 markierte die Ausgründung<br />
der Wildauer Kurbelwellen GmbH einen<br />
Neubeginn. Mit Spitzenleistungen im<br />
Bereich Metallverarbeitung/Maschinenund<br />
Anlagenbau behaupten sich heute<br />
auch Firmen wie die Wildauer Schmiedewerke<br />
GmbH, die SMB Sondermaschinenbau<br />
GmbH und die SMB Schwermechanik<br />
Wildau GmbH am Markt.<br />
Anknüpfend an die Ingenieurschule<br />
wurde im Oktober 1991 die Technische<br />
Hochschule Wildau gegründet. Mit ihrer<br />
Praxisnähe und der Verbindung von Lehre<br />
und Forschung setzt sie bundesweit<br />
Maßstäbe. Im neuen Campus auf dem<br />
ehemaligen Schwartzkopff-Werksgelände<br />
studieren heute 4.400 Studenten in<br />
28 Studiengängen. Im Forschungsbereich<br />
gelang es, Bundesministerien oder<br />
etwa die Fraunhofer-Einrichtung für Angewandte<br />
Polymerforschung als Kooperationspartner<br />
zu gewinnen.<br />
Viele der Firmen aus den Bereichen Luftfahrt,<br />
Anlagentechnik, Software und Kommunikation<br />
sowie Services repräsentieren<br />
Weltniveau. Gemanagt durch die kreiseigene<br />
Wirtschaftsfördergesellschaft (WFG)<br />
Dahme-Spreewald, wurden im Technologiepark<br />
allein aus diesen vier Bereichen rund<br />
60 Firmen mit zusammen mehr als 500 Mitarbeitern<br />
versammelt. Seit 2010 kamen 50<br />
neue Technologieunternehmen, beispielsweise<br />
aus der Energie- und Gesundheitstechnik,<br />
hinzu. WFG-Geschäftsführer Gerhard<br />
Janßen betont: „Zentrales Ansiedlungsthema<br />
ist die Luftfahrt.“ Die Luft- und<br />
Raumfahrtindustrie hat längst ihre alte Wiege<br />
in der Region Berlin-Brandenburg zurückerobert.<br />
Bereits seit 2002 hat die AneCom Aero-<br />
Test GmbH ihren Sitz im Technologiezentrum<br />
Luft- und Raumfahrt. Das Unternehmen<br />
hat sich als Dienstleister des expandierenden<br />
Triebwerksherstellers Rolls-Royce<br />
in Dahlewitz (Teltow-Fläming) etabliert.<br />
Man habe am Standort Wildau schlicht die<br />
passende Infrastruktur vorgefunden und<br />
sei durch Politik und Wirtschaftsförderung<br />
stets unterstützt worden, betont Managing<br />
Director Edmund Ahlers. Zudem schätze er<br />
die Nähe zur TH Wildau und zum künftigen<br />
Flughafen BER, das attraktive Wohnumfeld<br />
und auch die Verkehrsanbindung an Berlin.<br />
Der Technologiepark hat seine Kapazitätsgrenze<br />
erreicht. Längst arbeitet die WFG<br />
gemeinsam mit den Städten Wildau und<br />
Königs Wusterhausen an der Erweiterung.<br />
Ein Stufenplan sieht mehrere Standorte<br />
am Funkerberg in Königs Wusterhausen<br />
vor. Der erste Bauabschnitt zwischen Autobahn<br />
und B179 könnte aus Sicht der Stadt<br />
ab 2016 erschlossen und parallel vermarktet<br />
werden. Im Jahr 2035 sollen im künftigen<br />
Technologiepark Wildau-Königs Wusterhausen<br />
um den Funkerberg 150 Hightech-Firmen<br />
mit 3.000 hochwertigen Arbeitsplätzen<br />
angesiedelt sein. <br />
W+M<br />
Zentrum für Luft- & Raumfahrt / Technologiezentrum Wildau<br />
Der Standort für Technologieunternehmen im Flughafenumfeld<br />
Bereits 60 Unternehmen aus den Bereichen Luftfahrttechnik, Engineering, Informations- und<br />
Kommunikationstechnik sowie der Servicebranche nutzen den Standort in Nähe der TH Wildau mit direktem<br />
S-Bahn- und Autobahnanschluss sowie 10 minütiger Fahrzeit zum Flughafen BER.<br />
Mietflächen auf einen Blick:<br />
5.300 m² integrierte Hallen- und Bürofläche (ZLR I BT II)<br />
160 bis 800 m² Bürofläche (ZLR I und III)<br />
700 bis 2.000 m² Hallenfläche (ZLR III)<br />
Einraumbüros von ca. 20 m² (TGZ)<br />
Kontakt:<br />
Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />
Dahme-Spreewald mbH / Zentrum für Luft und Raumfahrt<br />
Freiheitstraße 120 A, 15745 Wildau<br />
Tel. 03375-52 38-0, info@zlur.de, www.zlur.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
20 | W+M SERIE<br />
„JEDER EURO FÜR DIE BILDUNG IST<br />
GUT ANGELEGTES GELD FÜR DEN<br />
WIRTSCHAFTSSTANDORT“<br />
W+M-Interview mit Dietmar Woidke (SPD),<br />
Ministerpräsident von Brandenburg<br />
W+M: Wie steht es heute, im 25. Jahr<br />
der deutschen Einheit, um die Wirtschaft<br />
Brandenburgs?<br />
Dietmar Woidke: Nach den schweren<br />
1990er Jahren sind wir heute aus<br />
den größten Schwierigkeiten raus. Wir<br />
müssen in der Wirtschaftspolitik nicht<br />
mehr nur reagieren, sondern können immer<br />
besser agieren. Und das liegt daran,<br />
dass das Land Brandenburg von<br />
Anfang an auf aktive Industriepolitik<br />
gesetzt hat. Es gibt allerdings keinen<br />
Grund, sich zurückzulehnen. Wir sind<br />
gefordert, für die Menschen eine Perspektive<br />
im Land zu sichern. Dabei sollten<br />
wir uns immer daran erinnern, woher<br />
der Wohlstand kommt – aus starken<br />
Großindustriebetrieben und aus einem<br />
starken Mittelstand.<br />
W+M: Welche speziellen Stärken zeichnen<br />
den märkischen Mittelstand aus?<br />
Dietmar Woidke: Große Industriebetriebe<br />
sind die Basis für den Mittelstand, und<br />
viele Unternehmen sind direkt und indirekt<br />
auf sie angewiesen. Es ist von großem<br />
Vorteil, dass der brandenburgische<br />
Mittelstand sehr breit aufgestellt ist und<br />
gemeinsam mit dem Handwerk die meisten<br />
Arbeitsplätze im Land schafft. Denken<br />
Sie daran: Aufgrund der vielfältigen<br />
Struktur des Mittelstandes waren wir von<br />
den globalen Krisen nicht so sehr betroffen<br />
wie andere Bundesländer.<br />
W+M: Wo sehen Sie – wirtschaftspolitisch<br />
betrachtet – aktuell die größten Probleme<br />
in Ihrem Land?<br />
Dietmar Woidke: Wichtig sind mir hier<br />
besonders drei Themen. Erstens die Internationalisierung.<br />
Es geht um die Frage,<br />
wie wir im internationalen Wettbewerb<br />
mithalten und damit auch unabhängiger<br />
von heimischen Märkten werden<br />
können. Das geht einher mit der Innovationskraft,<br />
der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Unternehmen.<br />
Hier wächst der Druck angesichts<br />
von Industrie 4.0. Daran wird<br />
der Mittelstand nicht vorbeikommen.<br />
Viele sind da auf einem guten<br />
Weg. Vor allem muss der Transfer<br />
von wissenschaftlichen Ergebnissen<br />
in die mittelständische Praxis<br />
möglichst reibungslos vollzogen<br />
werden. Es ist sicher ein Standortnachteil,<br />
dass wir nicht über große<br />
industrielle Forschungseinrichtungen<br />
verfügen. Aber dafür haben<br />
wir ein dichtes Netz an Forschungseinrichtungen<br />
aus staatlich<br />
geförderten Einrichtungen und Universitäten.<br />
Mit der BTU Cottbus-<br />
Senftenberg oder der Technischen<br />
Hochschule Wildau verfügen wir<br />
über große Potenziale. Die Wissenschaft<br />
muss noch enger mit<br />
der Praxis verzahnt werden. Dafür<br />
gibt es vielfältige Anstrengungen.<br />
Und damit sind wir bei meinem<br />
dritten Schwerpunkt: der Nachwuchsgewinnung.<br />
Jugendliche mit Fachoberschulreife<br />
können in einigen Berufen einen<br />
Ausbildungsvertrag abschließen und<br />
gleichzeitig mit der Berufsausbildung die<br />
Fachhochschulreife in einem integrierten<br />
Bildungsgang erwerben. Wir wollen außerdem<br />
die duale Ausbildung aufwerten.<br />
Die akademische und berufliche Bildung<br />
dürfen nicht als konkurrierende Systeme<br />
verstanden werden, sondern als sich ergänzende,<br />
deren Durchlässigkeit wir verbessern<br />
wollen. Damit kommen wir vielen<br />
Jugendlichen entgegen. Mit einem<br />
breiteren Angebot an dualen Studienplätzen<br />
schaffen wir Perspektiven für junge<br />
Menschen, aber auch für die Unternehmen,<br />
die ihre Fachkräfte von früh an ent-<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
BRANDENBURG | 21<br />
wickeln. Jeder Euro, den wir in Bildung<br />
investieren, ist gut angelegtes Geld für<br />
den Wirtschaftsstandort. Gute Bildungspolitik<br />
ist Wirtschaftspolitik und übrigens<br />
auch Sozialpolitik.<br />
W+M: Was sind in Brandenburg die hoffnungsvollsten<br />
Wachstumsbranchen mit<br />
hohem Zukunftspotenzial?<br />
Dietmar Woidke: Im Jahr 2005 haben<br />
wir uns darauf geeinigt, keine Gießkannenförderung<br />
mehr vorzunehmen. Wir<br />
haben uns auf Schwerpunkte konzentriert,<br />
wo wir sicher sind, dass dieses<br />
Geld neue Arbeitsplätze und mehr Wirtschaftsstärke<br />
des Landes bewirkt. Die<br />
regionalen Wachstumskerne haben sich<br />
absolut bewährt. Alle haben sich gut entwickelt.<br />
Zusätzlich konzentrieren wir uns<br />
auf Cluster. Hier arbeiten wir eng mit Berlin<br />
in den Bereichen Energietechnik, Gesundheitswirtschaft,<br />
Medien- und Kreativwirtschaft,<br />
Optik und Verkehr zusammen.<br />
Ebenso erfolgreich ist die Arbeit<br />
in unseren Landesclustern Ernährungswirtschaft,<br />
Kunststoff/Chemie, Metall<br />
und Tourismus. Diese Schwerpunktsetzung<br />
hat sich für das Land und alle Regionen<br />
ausgezahlt.<br />
W+M: In den zurückliegenden 25 Jahren<br />
ging nicht alles gut, was die jeweiligen<br />
Landesregierungen wirtschaftspolitisch<br />
angepackt haben – erinnert sei hier an<br />
den Cargolifter, den Lausitzring oder den<br />
Großflughafen BER. Welche Lehren hat<br />
die Landesregierung aus den problematischen<br />
Großprojekten gezogen?<br />
komme. Solche Signale sind von großer<br />
Bedeutung. Der Lausitzring hat sich zwischenzeitlich<br />
als vierte große deutsche<br />
Rennstrecke etabliert. 2015 finden wieder<br />
die DTM sowie internationale Motorradmeisterschaften<br />
und verschiedene<br />
andere Rennen statt. Insgesamt bin<br />
ich zuversichtlich, dass hier auf gute Konzepte<br />
gesetzt wird.<br />
Der BER wiederum gehört in eine andere<br />
Kategorie. Neben Fehlern im politischen<br />
Bereich gibt es auch Dinge, die<br />
so nicht vorhersehbar waren. Ich nenne<br />
die überaus positive Entwicklung der<br />
Fluggastzahlen. Im Jahr 1998 gingen wir<br />
von einer Verdopplung der Fluggastzahlen<br />
auf 20 Millionen pro Jahr für den BER<br />
aus, was damals für heftige Landtagsdebatten<br />
sorgte. Diverse Gutachten sprachen<br />
sogar von einer rückläufigen Entwicklung.<br />
Heute haben wir in Berlin und<br />
Schönefeld bereits 27 Millionen Passagiere.<br />
Jeder Flughafenstandort wäre<br />
begeistert von einer solchen Entwicklung.<br />
Die Zuwachszahlen sind einmalig<br />
in Deutschland. Also haben wir es mit<br />
einem positiven Problem zu tun, das es<br />
zu lösen gilt.<br />
Alle drei Projekte, so unterschiedlich<br />
und kompliziert sie waren, haben<br />
zur Entwicklung der Wirtschaft in<br />
Brandenburg beigetragen. Übrigens:<br />
Tropical Islands ist mittlerweile<br />
ganz vorn bei den Urlaubszielen,<br />
die von Deutschlandbesuchern<br />
genannt werden.<br />
W+M: Die Braunkohle ist für Brandenburgs<br />
Wirtschaft und den Arbeitsmarkt<br />
wichtig. Was halten Sie von den Plänen<br />
des Bundeswirtschaftsministers, eine<br />
Zusatzsteuer für ältere Braunkohlekraftwerke,<br />
die es auch in Brandenburg gibt,<br />
einzuführen?<br />
Dietmar Woidke: Also ich halte von Sigmar<br />
Gabriel recht viel. Ich kenne ihn auch<br />
schon sehr lange. Von der Idee einer Zusatzsteuer<br />
für Braunkohlekraftwerke halte<br />
ich aber gar nichts. Das hängt damit<br />
zusammen, dass die damit verbundene<br />
Grundannahme aus meiner Sicht falsch<br />
ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir<br />
in Deutschland ein gutes Beispiel für andere<br />
Länder sind, wenn wir aus Klimaschutzgründen<br />
politisch gewollt Industriearbeitsplätze<br />
abschaffen. Und das ist<br />
der Kern dieses Vorschlags. Er kommt<br />
aus einem Verständnis, dass die deutsche<br />
Industrie unendlich belastbar ist,<br />
Dietmar Woidke: Aus jedem Fehler, den<br />
man macht, wird man schlauer, wenn<br />
man nicht ignorant ist. Betrachtet man<br />
die genannten Projekte, so sind sie doch<br />
sehr verschieden. Cargolifter haben wir<br />
unterstützt wie jede andere Unternehmensinvestition<br />
in der Wirtschaft. Denn<br />
letztlich war es eine privatwirtschaftliche<br />
Initiative, für die auch viele Privatinvestoren<br />
ihr Geld gaben. Also<br />
nicht vergleichbar mit einem Infrastrukturvorhaben<br />
wie dem Lausitzring.<br />
Hier war es zunächst<br />
ein Signal für die berlinfernere<br />
Region, aus der auch ich<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
22 | W+M SERIE BRANDENBURG<br />
Dietmar Woidke im Gespräch mit W+M-Herausgeber Frank Nehring.<br />
ZUR PERSON<br />
Dietmar Woidke wurde am 22. Oktober<br />
1961 in Naundorf bei Forst geboren.<br />
Er studierte Landwirtschaft und Tierproduktion<br />
an der Berliner Humboldt-<br />
Universität. In der Wendezeit arbeitete<br />
Woidke als wissenschaftlicher Assistent<br />
am Berliner Institut für Ernährungsphysiologie.<br />
1993 trat er in die SPD ein<br />
und gehört seit 1994 dem Brandenburger<br />
Landtag an. Er fungierte bereits als<br />
Landwirtschafts- und Innenminister.<br />
Seit dem 28. August 2013 ist Dietmar<br />
Woidke Ministerpräsident in Brandenburg.<br />
Er ist verheiratet und Vater einer<br />
Tochter.<br />
was ich nicht glaube. Deshalb geht es bei<br />
diesem Thema nicht nur um die Braunkohle<br />
und um die Energiewirtschaft, sondern<br />
um die Zukunft der deutschen Industrie<br />
als Erzeuger des Wohlstands in<br />
Deutschland.<br />
Zudem: Wir Ostdeutschen wissen, was<br />
Strukturbrüche bedeuten, was sie mit<br />
Regionen und Menschen machen. Dieser<br />
Vorschlag ist auch deshalb für uns<br />
nicht akzeptabel, weil er uns die Chance<br />
nimmt, einen perspektivisch sicher irgendwann<br />
nötigen Strukturbruch langfristig<br />
zu gestalten und sozial abzufedern.<br />
Das weiß der Bundeswirtschaftsminister.<br />
Aber wir sind dabei, eine Lösung zu<br />
finden, die nicht nur für die Braunkohlewirtschaft,<br />
sondern für die gesamte deutsche<br />
Industrie verträglich ist.<br />
W+M: Gibt es in Ihrem Land, in dem das<br />
Lohnniveau in vielen Bereichen eher niedrig<br />
ist, Anzeichen, dass der seit Anfang<br />
Januar 2015 geltende Mindestlohn Probleme<br />
in einzelnen Branchen bereitet?<br />
Dietmar Woidke: Negative Auswirkungen<br />
mit Blick auf den Arbeitsmarkt können<br />
wir gegenwärtig nicht feststellen.<br />
Ich bin sicher, dass er nicht zu einem Abbruch<br />
der Nachfrage nach Dienstleistungen<br />
führen wird. Vielmehr sorgt der Mindestlohn<br />
mit dafür, dass sich mehr Menschen<br />
wieder Dienstleistungen leisten<br />
können, weil sie selbst mehr verdienen.<br />
Der Mindestlohn ist aus meiner Sicht aus<br />
zwei weiteren Gründen wichtig: zum einen<br />
für die Fachkräftesicherung. Und für<br />
uns in Ostdeutschland ist von großer Bedeutung,<br />
dass wir den gleichen Mindestlohn<br />
wie in Westdeutschland haben.<br />
W+M: Muss die Sonderförderung Ost<br />
nach Ablauf des Solidarpaktes Ende 2019<br />
fortgesetzt werden?<br />
Dietmar Woidke: Der Solidarpakt läuft<br />
aus und es wird ihn in dieser Form nicht<br />
mehr geben. Was wir deshalb brauchen,<br />
ist Verlässlichkeit in Bezug auf die weitere<br />
finanzielle Basis, mit der wir rechnen<br />
können. Die Ostländer haben einen Aufholprozess<br />
hinter sich, wir sind aber noch<br />
nicht auf Augenhöhe. Wir sind auf einem<br />
guten Weg, aber wir brauchen noch einige<br />
Jahre, um das westdeutsche Niveau,<br />
beispielsweise bei Steuereinnahmen,<br />
Wirtschaftskraft und Bruttosozialprodukt<br />
zu erreichen. Das heutige System<br />
hat sich bewährt. Es belohnt die starken<br />
Länder und hilft den schwächeren, übrigens<br />
auch in Westdeutschland. Ich bin<br />
optimistisch, dass wir zu einer guten Lösung<br />
kommen und vertraue darauf, dass<br />
wir auf der Basis des bestehenden Länderfinanzausgleichs<br />
ein besseres System<br />
finden. Etwas Schlechteres werden<br />
wir nicht akzeptieren. Und das kann ich<br />
für alle ostdeutschen Ministerpräsidenten<br />
sagen.<br />
W+M: Gibt es ein besonderes Verhältnis<br />
zwischen den ostdeutschen Ministerpräsidenten?<br />
Dietmar Woidke: Wir sind uns so sehr einig,<br />
dass wir fast untergehakt in Pressekonferenzen<br />
gehen könnten. Das hängt<br />
einfach damit zusammen, dass wir gleiche<br />
Erfahrungen, dieselben Dinge durchgemacht<br />
haben, und mit denselben Problemen<br />
konfrontiert sind. Daher braucht<br />
es oft nicht vieler Worte.<br />
W+M: Verraten Sie uns Ihre Gedanken,<br />
wenn Sie in einer ruhigen Minute darüber<br />
nachdenken, welchen Weg der Mensch<br />
Dietmar Woidke im zurückliegenden Vierteljahrhundert<br />
gegangen ist?<br />
Dietmar Woidke: Man steht jeden Tag<br />
vor neuen Herausforderungen und ist<br />
mehr mit dem Blick nach vorn beschäftigt.<br />
Aber wenn ich zurückschaue, dann<br />
macht es mich unheimlich stolz, dass ich<br />
Ministerpräsident eines Landes sein darf,<br />
das so starke Menschen hat. Die es geschafft<br />
haben, nach den vielen schwierigen<br />
Jahren das Land so weit voranzubringen<br />
und so modern, attraktiv und selbstbewusst<br />
zu machen, wie es Brandenburg<br />
heute ist.<br />
<br />
Interview: Frank Nehring<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
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24 | W+M SERIE<br />
MEHR ALS NUR BRAUNKOHLE<br />
Die Planspiele der Bundesregierung, ältere Kohlekraftwerke mit einer<br />
Klimaschutzabgabe zu belegen, sorgen für Entrüstung im Lausitzer<br />
Revier. Denn noch hängen in Brandenburg rund 10.000 Arbeitsplätze<br />
an der Braunkohle. Doch längst profiliert sich das Land auch jenseits<br />
der Kohle als Energiestandort. Von Matthias Salm<br />
Es herrscht gleich doppelt Unruhe in<br />
der Lausitz: Zunächst verunsicherte<br />
der schwedische Energiekonzern<br />
Vattenfall Ende letzten Jahres seine Beschäftigten<br />
in Brandenburg – es sind rund<br />
5.500 – mit Erwägungen, seine deutsche<br />
Braunkohlesparte zu verkaufen. Dann<br />
nahm die Bundesregierung ältere Kohlekraftwerke<br />
als letzte Reserve im Kampf<br />
für einen besseren Klimaschutz ins Visier.<br />
Eine Klimaabgabe für über 20 Jahre<br />
alte Kohlekraftwerke soll demnach fällig<br />
werden, wenn diese bei ihren Emissionen<br />
ein bestimmtes Kohlendioxid-Limit<br />
überschreiten.<br />
Garantieren die Tagebaue doch vor allem<br />
auch eins: Arbeitsplätze. Laut Potsdamer<br />
Wirtschaftsministerium zählt die Braunkohleindustrie<br />
im Jahr 2015 9.270 direkt<br />
und indirekt Beschäftigte. Für das Jahr<br />
2025 werden gar 10.360 Beschäftigte<br />
prognostiziert – die Erschließung weiterer<br />
Tagebaue in der Region steht schließlich<br />
nach wie vor auf der Tagesordnung. Dass<br />
die Pläne, Kohlekraftwerke wie Jänschwalde<br />
oder Schwarze Pumpe mit zusätzlichen<br />
Abgaben zu belasten, nun überprüft werden,<br />
dürfte die aufgebrachte Stimmung<br />
nur kurzzeitig besänftigen.<br />
Gegen das Festhalten des Landes am fossilen<br />
Energieträger Braunkohle bringen<br />
sich regelmäßig Kritiker in Stellung. Brandenburgs<br />
Wirtschaftsminister Albrecht<br />
Gerber hielt deshalb jüngst bei einem Besuch<br />
des Vattenfall-Konzerns in Cottbus<br />
dagegen: „Brandenburg lebt die Energiewende<br />
seit Jahren.“ Für diese Feststellung<br />
hat Gerber gute Argumente. So ist<br />
das Land bei der Nutzung der Windenergie<br />
bereits an die zweite Stelle unter den<br />
Bundesländern vorgerückt. Nur Niedersachsen<br />
wies 2014 laut einer Erhebung<br />
im Auftrag des Bundesverbands Windenergie<br />
eine höhere installierte Gesamtleistung<br />
auf.<br />
Auch bei der Entwicklung von Speichertechnologien<br />
sieht sich das Land in einer<br />
Vorreiterrolle: So betreibt die Enertrag AG<br />
in Prenzlau das weltweit erste Wasserstoff-Wind-Biogas-Hybridkraftwerk.<br />
Es<br />
soll beweisen, dass auch mit Windenergie<br />
eine sichere Energieversorgung möglich<br />
ist. Überschüssiger Windstrom dient dabei<br />
zur Gewinnung von Wasserstoff. Dieser<br />
wird verdichtet und in Drucktanks gespeichert.<br />
In windschwachen Zeiten oder bei<br />
erhöhtem Strombedarf greift das Hybridkraftwerk<br />
dann auf diese Energiespeicher<br />
zurück. Auch in der E.ON-Power-to-Gas-<br />
Pilotanlage in Falkenhagen wird mittels<br />
Elektrolyse regenerativ erzeugter Strom<br />
in Wasserstoff umgewandelt und dann in<br />
das Ferngasnetz eingespeist.<br />
Einen Wechsel auf die Energiezukunft verspricht<br />
auch Deutschlands größter Batteriespeicher<br />
im energieautarken Vorzeigedorf<br />
Feldheim im Südwesten Brandenburgs.<br />
Dort kann sekundenschnell Energie<br />
aus dem Stromnetz entnommen und<br />
wieder eingespeist werden – ein wichtiger<br />
Beitrag zur Netzstabilität. Weitere EU-geförderte<br />
Batterieprojekte in Alt Daber bei<br />
Wittstock und in Neuhardenberg – dort in<br />
unmittelbarer Nähe des Solarparks Neuhardenberg,<br />
einer der größten Photovoltaik-<br />
Freiflächenanlagen Deutschlands – schärfen<br />
Brandenburgs Profil als Energieland.<br />
Das weltweit erste Wasserstoff-Wind-Biogas-Hybridkraftwerk steht in Prenzlau.<br />
Viele dieser Projekte werden forschend<br />
begleitet. Am Lehrstuhl Kraftwerkstechnik<br />
der BTU Cottbus etwa werden vielfältige<br />
Energiethemen in Lehre und Forschung<br />
bearbeitet – beispielsweise in<br />
Form von Spitzentechnologieforschung<br />
für kohlebasierte Kraftwerke oder von<br />
Forschungen zur Steigerung der Wasserstoffausbeute<br />
von Hybridkraftwerken.<br />
Dabei setzt die Cottbuser Hochschule auf<br />
enge Kooperationen mit der Energiewirtschaft.<br />
Allein vom Strom-Giganten Vattenfall<br />
fließt hier rund eine Million Euro<br />
für Forschungsaufträge im Kraftwerksund<br />
Energiebereich.<br />
W+M<br />
Foto: ENERTRAG AG<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
BRANDENBURG | 25<br />
Sitz von Fielmann in Rathenow.<br />
Fotos: Fielmann AG<br />
DIE WIEGE DER OPTISCHEN INDUSTRIE<br />
Mit der Erfindung der Vielschleifmaschine legte Johann Heinrich<br />
August Duncker 1801 in Rathenow die Grundlage für die industrielle<br />
Fertigung von Brillenlinsen. Rathenow wurde zur Stadt der Optik und<br />
ist es auch im vereinigten Deutschland geblieben. Von Matthias Salm<br />
Der Slogan ist bekannt und ebenso<br />
schlicht wie einprägsam: Brille<br />
– Fielmann. Eine ebenso simple<br />
Gleichung, die sich spätestens seit<br />
2002 ziehen lässt, könnte aber „Fielmann<br />
= Rathenow“ lauten. Denn seit die Optikerkette<br />
mit den Discounter-Preisen<br />
vor 13 Jahren rund 32 Millionen Euro in<br />
ein neues Produktionswerk in der Havelstadt<br />
investierte, wurde der Standort<br />
peu à peu zum Fertigungs- und Logistikzentrum<br />
des Unternehmens ausgebaut.<br />
Hier produziert der nach eigenen Angaben<br />
größte Arbeitgeber der augenoptischen<br />
Branche Mineral- und Kunststoffgläser,<br />
fügt sie in der Randschleiferei mit<br />
der bestellten Fassung zu Brillen zusammen<br />
und versendet sie in die Niederlassungen<br />
in ganz Deutschland. Und nebenbei<br />
hat der Marktführer mit seiner Investitionsentscheidung<br />
für Rathenow dem<br />
traditionsreichen Optik-Standort im Westen<br />
Brandenburgs ein veritables Comeback<br />
beschert.<br />
Als Wiege der Optik rühmte sich Rathenow<br />
schließlich schon im 19. Jahrhundert.<br />
Den Grundstein für die industrielle Produktion<br />
von Brillengläsern legte Johann Heinrich<br />
August Duncker mit der Konstruktion<br />
einer Vielschleifmaschine. Ihm folgten viele<br />
kleine Manufakturen, die der Dunckerschen<br />
Produktion zulieferten oder gleich<br />
selber Brillen herstellten. 163 optische Betriebe<br />
zählte die Stadt 1896. Zu DDR-Zeiten<br />
waren in den Rathenower Optischen<br />
Werken zeitweilig mehr als 4.000 Menschen<br />
beschäftigt.<br />
Das Know-how aus mehr als 200 Jahren<br />
Brillenproduktion hat Rathenow auch<br />
über schwierige Zeiten hinweggeholfen.<br />
Heute ist die augenoptische Industrie in<br />
der Stadt jenseits der Fielmannschen<br />
Massenfertigung vor allem von mittelständischen<br />
Betrieben und<br />
Zulieferern geprägt, die zum<br />
Teil als Ausgründungen aus<br />
den Rathenower Optischen<br />
Werken nach 1990 den<br />
Sprung in die Selbstständigkeit<br />
schafften. Firmen<br />
wie die Obrira Low Vision<br />
Rathenow, die Lupenbrillen<br />
fertigt, die SOLIRA – Sonderlinsen<br />
GmbH Rathenow,<br />
ein Produzent von Sonderlinsen<br />
im hohen Dioptrienbereich,<br />
oder der Brillenglashersteller<br />
Ophthalmica Brillengläser<br />
GmbH & Co. KG stehen für die<br />
Vielfalt und Spezialisierung der Branche in<br />
der Stadt im Havelland. Viele der Betriebe<br />
sind in Netzwerken wie der „Optic Alliance<br />
Brandenburg Berlin“ vereint, die helfen<br />
sollen, Kooperationen zwischen Großfirmen,<br />
mittelständischen Unternehmen<br />
und wissenschaftlichen Einrichtungen in<br />
der Hauptstadtregion zu befördern und<br />
die Wettbewerbsfähigkeit der zumeist<br />
kleinen Unternehmen zu steigern.<br />
Brandenburgs Potenziale in den Optischen<br />
Technologien reichen allerdings<br />
weit über die augenoptische Tradition in<br />
Rathenow hinaus. Seit 2011 fördert das<br />
Land in seiner gemeinsamen Innovationsstrategie<br />
mit dem benachbarten Berlin<br />
das Cluster Optik. Beide Länder setzen<br />
auf die Hightech-Branche als Wachstumsmotor.<br />
Dahinter verbirgt sich eine<br />
breite Palette an Technologien – von<br />
der Massenproduktion von Lichtquellen<br />
und Leuchten über die Laser-, LED- und<br />
Photodiodenherstellung bis hin zu anspruchsvoller<br />
Messtechnik für die ganze<br />
Breite des optischen Spektrums oder<br />
zu Komponenten und Systemen für optische<br />
Kommunikationsnetze und die Medizintechnik.<br />
Dabei profitieren die Brandenburger<br />
Unternehmen auch von der<br />
Forschungsdichte in der Hauptstadtregion.<br />
Zehn Hochschulen und 26 außeruniversitäre<br />
Einrichtungen forschen zu<br />
Themen rund um die Optischen Technologien<br />
und die Mikrosystemtechnik,<br />
davon elf in Brandenburg.<br />
Modische Optik aus dem Hause Fielmann.<br />
So konnten sich beispielsweise die drei<br />
Brandenburger Speckgürtel-Kommunen<br />
Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow<br />
als Anziehungspunkt für Unternehmen<br />
der Laser-, Mess- und Kommunikationstechnik<br />
profilieren. Innovative Unternehmen<br />
wie die HIGHYAG Lasertechnologie<br />
GmbH, einer der weltweit<br />
führenden Anbieter in der Lasermaterialbearbeitung,<br />
der 2014 seinen Firmensitz<br />
in den Europarc Dreilinden in Kleinmachnow<br />
verlegte und seither dort weiter<br />
expandiert, oder der Laserhersteller<br />
Newport Spectra Physics GmbH in<br />
Stahnsdorf haben sich mittlerweile in<br />
der Region im Schatten der Hauptstadt<br />
angesiedelt.<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
26 | W+M SERIE BRANDENBURG<br />
DER BOOM AUF DEM LANDE<br />
Spreewälder Gurken, Eberswalder Würstchen oder das Schwarzbier<br />
aus Neuzelle – Brandenburger Spezialitäten haben sich längst<br />
bundesweit einen guten Namen gemacht. Die Ernährungswirtschaft<br />
zählt nicht zuletzt deshalb zu den Wachstumsbranchen im Lande.<br />
Von Matthias Salm<br />
Die Liste erfolgreicher Lebensmittelprodukte<br />
aus der Mark lässt sich<br />
leicht fortführen: Auch die Teltower<br />
Rübchen oder die Karpfen aus den<br />
Peitzer Teichen finden immer mehr Anhänger.<br />
Nicht zu vergessen der Spargel.<br />
Das „weiße Gold“ dominiert längst den<br />
Gemüseanbau in Brandenburg, wo die<br />
Spargelbauern 2014 rund 15.000 Tonnen<br />
des beliebten Gemüses aus den leicht<br />
sandigen Böden der Region – vornehmlich<br />
rund um Beelitz – ernteten.<br />
Bezogen auf die Anbaufläche rangiert<br />
der Brandenburger Spargelanbau nach<br />
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen<br />
damit bereits auf Platz drei in Deutschland.<br />
Eine Erfolgsstory: Allein im Zeitraum<br />
von 1991 bis 2010 stieg die<br />
Spargelproduktion im Land auf<br />
das rund 19-fache. Aber auch<br />
etwa ein Drittel der deutschen<br />
Gurkenproduktion hat seine Heimat<br />
in Brandenburg – genauer gesagt<br />
im Spreewald, wo die Spreewälder<br />
Gurken längst unter dem<br />
Siegel einer von der EU geschützten<br />
Regionalmarke ihren Weg in<br />
die Gläser finden.<br />
Mitarbeiterin bei der Wurstproduktion<br />
in Brandenburg.<br />
Die Brandenburger Agrar- und<br />
Ernährungswirtschaft hat allerdings<br />
mehr zu bieten als nur die<br />
Verkaufsschlager Spargel und<br />
Gurken. Wo noch vor 25 Jahren<br />
in der Folge der Deutschen Einheit<br />
ostdeutsche Lebensmittelmarken<br />
angesichts des lang aufgestauten<br />
Heißhungers auf Westwaren<br />
in den Regalen der Supermärkte<br />
versauerten, ziehen heute<br />
Landwirte und Lebensmittelproduzenten<br />
ihren Gewinn aus dem<br />
Vormarsch regionaler Produkte.<br />
Die Folge: Etwa jeder siebte<br />
Euro, den die Industrie im Land<br />
Brandenburg erwirtschaftet, und<br />
auch fast jeder achte industrielle<br />
Arbeitsplatz entfallen laut Brandenburger<br />
Wirtschaftsministerium auf<br />
die Erzeugung, Verarbeitung und den<br />
Handel mit Produkten des Ernährungsgewerbes.<br />
Mit sechs Millionen Konsumenten<br />
in der Hauptstadtregion verfügen<br />
die heimischen Akteure der Branche zudem<br />
über einen mehr als lukrativen Absatzmarkt<br />
vor der eigenen Haustür.<br />
Geprägt wird die Branche von einigen<br />
Großbetrieben wie etwa die zur Rhönsprudel-Gruppe<br />
gehörende Spreequell<br />
Mineralbrunnen GmbH in Bad Liebenwerda,<br />
die sich in der nahen Hauptstadt<br />
eine starke Marktstellung erarbeitet hat.<br />
Auch die von den rund 250 fest angestellten<br />
Mitarbeitern der EWG Eberswalder<br />
Wurst GmbH in Britz produzierten Wurstund<br />
Fleischwaren finden ihre wichtigsten<br />
Abnehmer im Berlin-Brandenburger<br />
Raum. Vor allem aber dominieren kleine<br />
und mittlere Unternehmen, die sich mit<br />
der Spezialisierung auf Regionalität, Bio-<br />
Produkte oder Feinkost Nischenmarkte<br />
erobern konnten. Beispielhaft steht dafür<br />
der Erfolg der von den Belgiern Goedele<br />
Matthysen und Peter Bienstmann in<br />
der kleinen Lausitzgemeinde Hornow gegründeten<br />
Schokoladenmanufaktur Confiserie<br />
Felicitas, die mittlerweile ihre süßen<br />
Kreationen auch in Filialen in Potsdam<br />
und im Schatten der Dresdner Frauenkirche<br />
erfolgreich vermarktet.<br />
Dass das Ernährungsgewerbe Wachstum<br />
und Arbeitsplätze verspricht, hat<br />
auch die Potsdamer Landesregierung<br />
erkannt und die Branche 2012 in die Reihe<br />
der zu fördernden Cluster des Landes<br />
gestellt. Es zählt rund 3.700 Unternehmen<br />
und fast 59.000 Beschäftigte – von<br />
der Landwirtschaft über die Lebensmittelverarbeitung<br />
bis zum Lebensmittelhandel.<br />
Mehr als 70 Prozent der Betriebe des<br />
Ernährungsgewerbes sind den vier Bereichen<br />
Schlachtung/Fleischverarbeitung,<br />
Backwaren, Obst- und Gemüseverarbeitung<br />
und Molkereien zuzuordnen. Mit<br />
imagebildenden Maßnahmen für die Vermarktung<br />
regionaler Produkte, dem Aufbau<br />
von Wertschöpfungsketten und der<br />
Förderung technischer Innovationen sollen<br />
vor allem die Marktchancen der kleinen<br />
Unternehmen deshalb künftig noch<br />
stärker unterstützt werden. W+M<br />
Foto: ZAB-Archiv<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
Fotos: Tropical Islands (oben), Zweckverband Bundesgartenschau 2015 Havelregion (unten)<br />
SCHLÖSSER, WASSER,<br />
BLÜTENTRÄUME<br />
Brandenburg ist mit seinem Wald- und Gewässerreichtum, seinen<br />
geschützten Naturräumen, historischen Stadtkernen, Schlössern und<br />
Parks eine Reise wert. 2015 lädt das Land gemeinsam mit Sachsen-<br />
Anhalt zur Bundesgartenschau ins Havelland, bedeutende Jubiläen<br />
beleben das Geschäft. Von Tomas Morgenstern<br />
Für die 60.000 Beschäftigten der Tourismuswirtschaft<br />
Brandenburgs war 2014<br />
ein Rekordjahr: rund 4,4 Millionen Gäste<br />
kamen in die Mark, darunter 390.000 aus<br />
dem Ausland. Fast zwölf Millionen Übernachtungen<br />
meldeten Hotels, Pensionen<br />
und Campingplätze. Auch 92 Millionen Tagesgäste<br />
kamen. Besonders beliebte Ziele<br />
waren das Seenland Oder-Spree, der Spreewald<br />
und das Ruppiner Seenland, aber auch<br />
Potsdam mit dem UNESCO-Weltkulturerbe<br />
von Sanssouci. Die Landeshauptstadt,<br />
in der die Siegermächte im Sommer 1945<br />
die europäische Nachkriegsordnung festlegten,<br />
ist im 70. Jahr nach Ende des Zweiten<br />
Weltkriegs ein gefragter Ort.<br />
Auf der Internationalen Tourismusbörse<br />
(ITB) im März warb Brandenburg für naturnahen<br />
Tourismus. Als Highlight wurde<br />
aber die Bundesgartenschau (BUGA) vom<br />
18. April bis zum 11. Oktober in der Havelregion<br />
präsentiert. Deren Konzept ist gewagt<br />
wie nie in der über 50-jährigen BUGA-Geschichte<br />
– auf 80 Kilometern entlang „dem<br />
blauen Band der Havel“ findet sie erstmals<br />
in mehreren Städte in zwei Bundesländern<br />
statt. Neben Rathenow, Premnitz und Stölln<br />
beteiligen sich zwei Domstädte – Havelberg<br />
in Sachsen-Anhalt und Brandenburg/Havel,<br />
dessen Dom gerade 850-jähriges Bestehen<br />
feiert. Mit 1,5 Millionen Besuchern rechnen<br />
die Veranstalter, in den ersten 25 Tagen kamen<br />
208.000.<br />
Bundesgartenschau 2015 im Havelland.<br />
Südsee-Träume und tropisches Flair bietet<br />
seit mehr als zehn Jahren Tropical Islands.<br />
Eingebunden ins BUGA-Konzept ist die moderne<br />
Infrastruktur des Fahrrad- und Wassertourismus.<br />
Brandenburgs Radwegenetz<br />
umfasst landesweit mehr als 10.000 Kilometer,<br />
kein anderes Bundesland bietet mehr<br />
Radfernwege, die ein Gütesiegel des Deutschen<br />
Fahrradclubs (ADFC) tragen.<br />
Einen Aufschwung erlebt der Wassertourismus<br />
in der Region. Viele der mehr als 3.000<br />
Seen Brandenburgs sind beliebte Badegewässer.<br />
Von den 1.500 Kilometern schiffbarer<br />
Bundes- und Landeswasserstraßen werden<br />
gut 900 Kilometer fast ausschließlich<br />
für Wassertourismus, Freizeit- und Wettkampfsport<br />
genutzt. 300 Bootshäfen und<br />
Vereine, 65 Reedereien und 130 Kanuverleiher<br />
gibt es in Berlin-Brandenburg. In Brandenburg<br />
sind über 100.000 Boote angemeldet,<br />
auch viele Berliner halten sich Bootsliegeplätze<br />
im Umland.<br />
Die zwölf Reisegebiete des Landes haben<br />
2015 ihr Angebot aktualisiert, zudem werben<br />
die Kulturlandkampagne und etliche<br />
Festivals um Freunde von Kunst und Kultur.<br />
Mehr Attraktivität versprechen Großprojekte<br />
wie das Lausitzer Seenland, die<br />
Fläming-Skate-Strecke, die Westernstadt<br />
bei Templin und die Freizeitwelt Tropical<br />
Islands an der A13. Das erfolgreiche Tropen-<br />
und Saunaparadies mit seinen 850 Indoor-Übernachtungsplätzen<br />
expandiert im<br />
Außenbereich – neben dem Campingplatz<br />
und der wachsenden Ferienhaussiedlung<br />
entsteht ein Open-Air-Wasserpark mit beheizten<br />
Pools, Wildwasserkanal, Sportanlagen<br />
und Liegeflächen.<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
28 | W+M SERIE<br />
Gründerin von Mrs. Sporty:<br />
Valerie Bönström.<br />
Links: „Pixformance“ heißt der<br />
neue Smart Trainer, der nicht nur<br />
in den Mrs.-Sporty-Clubs zu finden ist.<br />
FÜNF-STERNE-TRAINING<br />
Für einen Fitnesstrainer ist er eher klein – etwa eineinhalb Meter<br />
groß. Ins Schwitzen bringt er sie dennoch. Er leitet an, er korrigiert,<br />
ist unnachgiebig, wenn die Übungen falsch ausgeführt werden.<br />
Von Rico Bigelmann<br />
Der Smart Trainer, mit dem Valerie<br />
Bönström ihr Workout absolviert<br />
und den sie fast zärtlich „Pix“<br />
nennt, ist die neueste Idee der 35-jährigen<br />
Berliner Unternehmerin. Er sieht aus<br />
wie ein überdimensionales Smartphone<br />
und gestaltet das Training einfacher und<br />
effektiver. Technologie und Sport – für die<br />
studierte Informatikerin ist das kein Widerspruch.<br />
Denn wie Frauen trainieren wollen, darüber<br />
weiß Valerie Bönström inzwischen fast alles.<br />
Sie mögen Kurse, wollen Zeit mit Freundinnen<br />
verbringen, in schöner Atmosphäre<br />
– und sie wollen Betreuung und Anleitung.<br />
Denn nur wenn Sportübungen exakt ausgeführt<br />
werden, führen sie zum gewünschten<br />
Trainingserfolg. Aber: „Je länger wir eine<br />
Übung machen, je mehr wir abgelenkt sind,<br />
desto nachlässiger können wir sein“, erklärt<br />
Bönström das Problem. Das soll der<br />
interaktive Smart Trainer verhindern. Wie in<br />
einem großen Spiegel, der gleichzeitig ein<br />
großer Bildschirm ist, kann man sich beim<br />
Trainieren beobachten, bekommt die Übungen<br />
angezeigt und wird, wenn notwendig,<br />
korrigiert. Und da der Trainingseffekt durch<br />
die Gewöhnung an eine Übung nachlässt,<br />
werden die Übungen anhand der dokumentierten<br />
Trainingsfortschritte variiert. Fünf-<br />
Sterne-Training nennt Bönström das – ein<br />
Konzept, dass 2014 mit dem FIBO Innovation<br />
Award der internationalen Leitmesse<br />
für Fitness, Wellness und Gesundheit ausgezeichnet<br />
wurde.<br />
Entwickelt wurde der Smart Trainer nach<br />
Rehabilitationsstandards von einem Team<br />
aus Sport- und Ernährungswissenschaftlern,<br />
Physiotherapeuten und einem Medizintechnikhersteller.<br />
„Geholfen hat uns<br />
eine stille Beteiligung der MBG“, erklärt<br />
Bönström. Bei dieser speziellen Form des<br />
Beteiligungskapitals behält der Unternehmer<br />
die volle Entscheidungsgewalt in seinen<br />
Händen. „Attraktives Kapital“, fügt<br />
Bönström hinzu, „denn auch wenn andere<br />
Perspektiven eine Idee bereichern können,<br />
ist es schlecht, wenn zu viele Köche<br />
im Brei rühren.“<br />
Valerie Bönström und ihr Mann hatten<br />
schon einmal eine zündende Idee, mit<br />
der sie sogar Tennislegende Stefanie Graf<br />
als Geschäftspartnerin gewinnen konnten.<br />
Das war 2003. Damals wurde ein ganz<br />
neues Sport- und Ernährungskonzept für<br />
Frauen geboren. Inzwischen ist Mrs. Sporty<br />
ein großes und erfolgreiches Franchise-<br />
System und eine der führenden Sportclub-<br />
Ketten Europas. Über 200.000 Frauen trainieren<br />
in 550 Clubs europaweit. Auch ihre<br />
neueste Idee Pixformance – so heißt der<br />
neue Smart Trainer mit vollem Namen –<br />
startet mit Hilfe der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft<br />
Berlin-Brandenburg<br />
(MBG) gerade richtig durch.<br />
MITTELSTÄNDISCHE<br />
BETEILIGUNGSGESELLSCHAFT<br />
BERLIN-BRANDENBURG (MBG)<br />
Die MBG stellt Beteiligungskapital für<br />
das gesamte Spektrum an Finanzierungsvorhaben<br />
mittelständischer Unternehmen<br />
in Berlin und Brandenburg<br />
zur Verfügung. MBG-Beteiligungen gibt<br />
es bis maximal eine Million Euro, auch<br />
stufenweise. Die Beteiligungen sind in<br />
der Regel typisch stille Beteiligungen,<br />
bei denen die Unabhängigkeit bei der<br />
Führung eines Unternehmens gewahrt<br />
bleibt. Für alle Beteiligungen werden<br />
durch die Bürgschaftsbanken in Berlin<br />
und Brandenburg Garantien übernommen.<br />
Inzwischen stehen mehr als 500 Smart<br />
Trainer nicht nur in den Mrs.-Sporty-Fitness-Clubs.<br />
Auch Physiotherapeuten und<br />
Personal Trainer setzen ihn ein. „Es ist<br />
schön, vor den Smart Trainern viele Menschen<br />
mit Spaß trainieren zu sehen“, freut<br />
sich die dreifache Mutter, denn bei neuen<br />
Ideen sei es häufig so, dass zu Beginn niemand<br />
daran glauben mag. Bönström bezeichnet<br />
sich selbst als „Problemlöserin“<br />
und als jemand, der an Menschen glaubt,<br />
nicht nur an Projekte. Es sei immer gut,<br />
wenn man auf der „herausfordernden Reise“<br />
des Unternehmertums Menschen begegne,<br />
die genauso unterwegs sind – wie<br />
die MBG.<br />
W+M<br />
Fotos: Pixformance<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
BRANDENBURG | 29<br />
DAS BESONDERE NETZWERK:<br />
WIRTSCHAFTSFORUM BRANDENBURG<br />
Wer in Brandenburg Zugang zu wichtigen Unternehmern, Politikern,<br />
Wissenschaftlern und Vertretern des öffentlichen Lebens sucht,<br />
sollte direkt auf das WirtschaftsForum zugehen. Unter dem Dach<br />
dieses Netzwerkes findet man die interessantesten Köpfe der<br />
Brandenburger Gesellschaft. Von Frieda Neurich<br />
Im Jahr 1992 gründete der damalige<br />
stellvertretende Regierungssprecher<br />
des Landes Brandenburg, Jürgen Simmer,<br />
das WirtschaftsForum – zunächst<br />
als Wirtschafts-Presse-Stammtisch. Seine<br />
Idee: Unternehmen, Politik, Verwaltung<br />
und Medien miteinander ins Gespräch<br />
bringen. Diese Idee hat sich als<br />
voller Erfolg erwiesen. Seit 2009 trägt<br />
das Forum den Namen „Wirtschafts-<br />
Forum Brandenburg”. Seit dem 25. August<br />
2008 führt Dr. Miloš Stefanović<br />
das Wirtschafts-Presse-Forum. Als Geschäftsführer<br />
der Bürgschaftsbank Brandenburg<br />
ist er nicht nur ein ausgewiesener<br />
Kenner der brandenburgischen Wirtschaft<br />
und Experte für Wirtschaftsförderung,<br />
sondern auch ein Netzwerker<br />
par excellence.<br />
Ein Höhepunkt in der Brandenburger Gesellschaft: der Brandenburger Sommerabend des<br />
WirtschaftsForums und der Landesregierung Brandenburg.<br />
Alle Veranstaltungen sind hochkarätig<br />
besetzt. Unternehmer und Minister,<br />
Staatssekretäre und Geschäftsführer,<br />
Juristen, Wissenschaftler oder Künstler<br />
informieren über ihre Themen und<br />
bieten so neue Perspektiven und Einblicke.<br />
Insgesamt mehr als 1.000 Mitglieder<br />
beziehungsweise Gäste bilden ein<br />
eindrucksvolles Bild der Leistungsfähigkeit<br />
der brandenburgischen Wirtschaft.<br />
Sie sind Biotechniker oder Bäcker, Bauunternehmer<br />
oder Entsorger, Pharmaunternehmer<br />
oder Stahlproduzenten, Spitzenbanker<br />
oder Triebwerksbauer. Politik<br />
und Verwaltung begleiten das Forum. Zu<br />
den regelmäßigen Gästen gehören Diplomaten,<br />
Forscher und seit der ersten<br />
Stunde Journalisten.<br />
Fotos: CHL PhotoDesign Lietzmann<br />
Dr. Miloš Stefanović (l.) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (r.) beim<br />
Brandenburger Sommerabend 2014.<br />
Gemeinsam mit der Landesregierung<br />
und dem Bevollmächtigten des Landes<br />
beim Bund richtet das Forum einmal im<br />
Jahr das Sommerfest des Landes Brandenburg<br />
aus, zu dem rund 3.500 Gäste<br />
aus Wirtschaft, Politik, Diplomatie,<br />
Kultur und Wissenschaft kommen. Mit<br />
dem Motto „25 Jahre Brandenburg – Ein<br />
Grund zum Feiern” soll die Entwicklung<br />
Brandenburgs zu einem modernen, erfolgreichen<br />
und lebenswerten Land unterstrichen<br />
werden. Nach der gelungenen<br />
Premiere im vergangenen Jahr<br />
wird auch dieses Sommerfest am Kulturstandort<br />
Schiffbauergasse stattfinden.<br />
<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
30 | W+M SERIE<br />
Werben für die<br />
Die Uckermark im Nordosten Brandenburgs ist nicht<br />
gerade für ihre wirtschaftliche Stärke bekannt. Aber<br />
es tut sich etwas in der Region. Land, Unternehmen<br />
und Einwohner wollen Gründer, Unternehmen und<br />
Fachkräfte von der Attraktivität ihres Landkreises,<br />
der sich in den letzten Jahren positiv entwickelt hat,<br />
überzeugen. Von Janine Pirk-Schenker<br />
Uckermark<br />
Die Sattelauflieger der internationalen Spedition EUBA LOGISTIC<br />
werben auf ihrem Weg durch Europa für die Uckermark.<br />
Viele verbinden mit der Uckermark – dem flächenmäßig<br />
größten Landkreis Brandenburgs, im Nordosten des Landes,<br />
an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern und Polen<br />
– Stichworte wie Abwanderung, Überalterung und Arbeitslosigkeit.<br />
Tatsächlich kämpft der Landkreis mit einer der höchsten<br />
Arbeitslosenquoten bundesweit (14,6 Prozent, Stand: Mai 2015).<br />
Vom Zusammenbruch der wirtschaftlichen Strukturen direkt nach<br />
der Wiedervereinigung hat sich die Region noch nicht ganz erholt.<br />
Vor allem Frauen und Fachkräfte sind in den letzten Jahren abgewandert.<br />
Aber das ist nur eine Seite der Medaille.<br />
Denn, es tut sich etwas in der Uckermark. Die größten Städte<br />
der Region – Prenzlau, Schwedt/Oder und Angermünde –<br />
haben sich in den letzten Jahren zu wirtschaftlichen Zentren<br />
der Uckermark entwickelt. Schwedt ist der regionale Wachstumskern<br />
des Landes. Die Stadt als Standort der deutschen<br />
Spitzenraffinerie PCK und zweier großer Papierwerke bildet<br />
das industrielle Herz der Uckermark. Prenzlau profiliert sich als<br />
„Klimaschutz-Kommune“ und setzt vor allem auf Erneuerbare<br />
Energien. Angermünde und Templin, die „Perle der Uckermark“,<br />
hingegen sind beliebte Tourismusziele. So hat sich die<br />
Zahl der Übernachtungsgäste in der Uckermark seit 1996 fast<br />
verdoppelt – von 150.083 auf 287.993 im vergangenen Jahr.<br />
2013 gewann die Uckermark zudem den Bundeswettbewerb<br />
Nachhaltige Tourismusregion.<br />
Diese Branchen schaffen gute Voraussetzungen, die für eine<br />
Unternehmensansiedlung oder -gründung in der Uckermark<br />
sprechen. Neben der Lage in direkter Nachbarschaft zu Polen<br />
und an den Autobahnen A11 und A20 gibt es auch stündliche<br />
Zugverbindungen in die Hauptstadt Berlin.<br />
Zudem ist die Uckermark Höchstfördergebiet des Landes Brandenburg<br />
für Investitionen. Vor Ort finden Unternehmen günstige<br />
Gewerbemieten und Grundstückskosten, über 420 Hektar<br />
voll erschlossene, freie Gewerbeflächen stehen zur Verfügung,<br />
gepaart mit den niedrigsten Kommunalsteuern in ganz<br />
Deutschland. Exzellente Hochschulstandorte in Berlin, Brandenburg<br />
und Polen sind nicht weit entfernt und auch die Verfügbarkeit<br />
und Sicherung von Fachkräften ist durch die gute<br />
Einbindung und Verflechtung in die Hauptstadtregion noch zu<br />
realisieren. Daneben schaffen soziale und gesundheitliche Betreuung<br />
auf hohem Niveau zusammen mit Familienfreundlichkeit<br />
eine hohe Lebensqualität.<br />
Neben Branchenriesen wie PCK, Leipa und UPM gibt es Unternehmen,<br />
die Mut machen und die Richtung für die Zukunft<br />
weisen, wie ROBETA HOLZ aus Milmersdorf, EUBA LOGISTIC<br />
aus Angermünde oder Aleo Solar aus Prenzlau.<br />
Der krisengebeutelte Produzent von Photovoltaik-Anlagen Aleo<br />
Solar hat es geschafft, sich erneut am Markt zu etablieren.<br />
„Dies war möglich durch hoch-effiziente Produkte mit einer hohen<br />
Qualität. Damit können wir nun einen Teil der stillgelegten<br />
Produktionskapazität wieder in Betrieb nehmen. Zur Zeit stellen<br />
wir gerade Mitarbeiter dafür ein“, freut sich Günter Schulze,<br />
Geschäftsführer von Aleo Solar.<br />
Seit 2011 ist ROBETA, das von den Medien als neuer Leuchtturm<br />
der Holzindustrie im Nordosten Brandenburgs gefeiert wird und<br />
160 Mitarbeiter beschäftigt, Markenpartner der vom Investor Center<br />
Uckermark (ICU) geführten Marke UCKERMARK. „Wir transportieren<br />
die Marke gern nach außen. Schließlich kann es für die<br />
Unternehmen der Region nur gut sein, wenn diese als attraktiv<br />
bekannt ist“, weiß Geschäftsführer Ingo Tabbert. Vier Millionen<br />
Foto: R. Mundzeck<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
BRANDENBURG | 31<br />
Euro haben er und seine Geschäftsführer-Kollegen im vergangenen<br />
Jahr in ihren Betrieb investiert.<br />
EUBA LOGISTIC hat sich auf den Transport von bis zu vier Tonnen<br />
schweren Papierrollen spezialisiert: von der Uckermark zu<br />
den Druckereien, den Papierveredlern sowie der Verpackungsindustrie<br />
in Deutschland und im europäischen Ausland. Mit<br />
aktuell 120 Mitarbeitern gehört das Logistik-Unternehmen zu<br />
einem der größten Arbeitgeber der Region.<br />
NEUE IDEEN.<br />
NEUE HERAUSFORDERUNGEN.<br />
NEUE MÖGLICHKEITEN.<br />
Auch die Uckermärker selbst werden aktiv für ihre Region.<br />
Ehrenamtlich haben sie und ehemalige Uckermärker den Verein<br />
„Zuhause in Brandenburg – Zuhause in der Uckermark“<br />
gegründet, mit dem Ziel, die Rückwanderung in die Region<br />
zu fördern. Mit Unterstützung durch das Land und den Bund<br />
hat der Verein die Willkommens-Agentur Uckermark errichtet,<br />
welche Rückkehrungs- und Zuzugswillige zum Beispiel bei der<br />
Suche von Arbeits-, Kitaplätzen und Wohnraum unterstützt.<br />
Produktion von Solaranlagen bei Aleo Solar in Prenzlau.<br />
Und wenn wieder einmal ein LKW der Firma ROBETA den<br />
Verladeplatz im heimischen Milmersdorf verlassen hat, wird<br />
er nicht nur Holzprodukte zu den Kunden bringen, sondern<br />
auch als Botschafter der Uckermark unterwegs sein. Am Fahrerhaus<br />
prangt das Logo der Regionalmarke UCKERMARK.<br />
„Wir sind aus der Uckermark, wir verarbeiten Rohstoff aus<br />
der Uckermark, wir garantieren Qualität aus der Uckermark“,<br />
sagt Geschäftsführer Edgar Rockel. „Warum sollen wir nicht<br />
auch mit der Uckermark und für die Uckermark werben?“W+M<br />
Foto: Aleo Solar GmbH<br />
ICU Investor Center Uckermark GmbH<br />
Silvio Moritz, Geschäftsführer<br />
Berliner Straße 52e · 16303 Schwedt/Oder<br />
Tel.: 03332 538970 · Fax: 03332 538971<br />
moritz@ic-uckermark.de · www.ic-uckermark.de<br />
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32 | W+M SERIE<br />
Weniger Mittel –<br />
mehr Innovation<br />
Neuansiedlungen, Betriebserweiterungen,<br />
zusätzliche Arbeitsplätze<br />
– die einst als strukturschwach<br />
geltende Brandenburger Wirtschaft hat<br />
sich 2015 weiter dynamisch entwickelt.<br />
Die Voraussetzungen dafür wurden nicht<br />
zuletzt seit 1990 durch den Einsatz von<br />
EU-Fördermitteln geschaffen.<br />
Die Kehrseite des Erfolgs: Brüssel stuft<br />
Brandenburg künftig als Übergangsregion<br />
ein. Für die aktuelle Förderperiode<br />
2014–2020 muss das Land deshalb<br />
nun mit weniger EU-Mitteln haushalten.<br />
Für die drei wichtigsten EU-Fonds heißt<br />
dies in Zahlen: 846 Millionen Euro aus EF-<br />
RE-Mitteln, 363 Millionen Euro aus dem<br />
Europäischen Sozialfonds ESF und 965<br />
Millionen Euro aus dem Landwirtschaftsfonds<br />
ELER.<br />
Brandenburg wird sich beim Mitteleinsatz<br />
daher in den kommenden Jahren auf<br />
ausgewählte Förderschwerpunkte konzentrieren.<br />
Die Gelder aus dem Europäischen<br />
Fonds für regionale Entwicklung<br />
(EFRE) sollen vor allem in Forschung, Entwicklung<br />
und Innovation fließen. 346 Millionen<br />
Euro (41 Prozent der gesamten EF-<br />
RE-Förderung) werden demnach eingesetzt,<br />
um die Forschungsinfrastruktur an<br />
Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen<br />
sowie betriebliche Innovationsmaßnahmen<br />
zu stärken.<br />
Mit Fördermitteln der EU wurden auch<br />
in den zurückliegenden Jahren bereits<br />
viele innovative Entwicklungen made in<br />
Brandenburg angeschoben. Ein Beispiel<br />
ist die Hennigsdorfer Fiagon GmbH: Der<br />
mehrfach ausgezeichnete Medizintech-<br />
nik-Hersteller entwickelt neuartige Navigationsgeräte<br />
für die Chirurgie. Damit<br />
lassen sich Eingriffe bereits vor der Operation<br />
computergestützt dreidimensional<br />
planen und dann während der Operation<br />
kontrolliert umzusetzen. Dem Chirurgen<br />
wird dabei die Position eines navigierten<br />
Instruments während der Operation<br />
in Bild- und Modelldaten des Patienten<br />
auf einem Monitor angezeigt. Die<br />
Entwicklung des Sensorsystems zur Navigation<br />
chirurgischer Instrumente wurde<br />
mit rund 330.000 Euro aus Brüsseler<br />
Fördertöpfen unterstützt.<br />
Die Fiagon GmbH ist nur eines von rund<br />
2.000 Unternehmen, das allein im Förderzeitraum<br />
2007–2013 mit EFRE-Mitteln<br />
Investitionen getätigt hat. Wie auch<br />
das traditionsreiche Familienunternehmen<br />
Bäckerei Peter und Cornelia Dreißig<br />
KG in Guben, das mit EU-Mitteln seine<br />
Produktion erweiterte oder die Teltower<br />
Od-Os GmbH, die EU-Fördermittel<br />
EU-FÖRDERVOLUMEN BRANDENBURG<br />
EFRE<br />
ESF<br />
ELER<br />
EFRE<br />
ESF<br />
ELER<br />
Förderperiode 2007–2013<br />
1,5 Mrd. €<br />
620 Mio. €<br />
1,137 Mrd. €<br />
Förderperiode 2014–2020<br />
846 Mio. €<br />
363 Mio. €<br />
965 Mio. €<br />
Auch die Firma Fiagon, die Navigationsgeräte<br />
für die Chirurgie entwickelt, wurde mit EU-<br />
Mitteln gefördert.<br />
bei der Entwicklung einer computergestützten<br />
Augenlasertherapie vor allem für<br />
Patienten mit diabetischen Augenerkrankungen<br />
einsetzen konnte.<br />
Auch die Forschungsmöglichkeiten an<br />
den märkischen Universitäten und Hochschulen<br />
wurden dank Brüsseler Finanzspritzen<br />
kontinuierlich ausgebaut. In Potsdam<br />
steuerte die EU neun Millionen Euro<br />
zum Bau des neuen Hauptgebäudes des<br />
Hasso-Plattner-Instituts bei. In die Modernisierung<br />
der Hochschule für nachhaltige<br />
Entwicklung Eberswalde konnten<br />
mehr als elf Millionen Euro aus EU-<br />
Mitteln investiert werden.<br />
Insgesamt wurden in der abgelaufenen<br />
Förderperiode rund 6.000 Projekte mit<br />
EFRE-Geldern bestritten und so mehr als<br />
5.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Für<br />
die wirtschaftliche Entwicklung des Landes<br />
standen dafür 1,5 Milliarden Euro aus<br />
dem EU-Fonds bereit.<br />
So bleibt in Brandenburg die Botschaft<br />
auch bei nunmehr reduziertem Fördervolumen<br />
eindeutig. „Der EFRE bleibt<br />
auch künftig ein Triebwerk für Wirtschaftswachstum<br />
und Wohlstand in<br />
unserem Land”, beschrieb Brandenburgs<br />
Wirtschaftsminister Albrecht Gerber<br />
anlässlich des Brandenburger Fördertags<br />
der Investitionsbank des Landes<br />
Brandenburg (ILB) die Bedeutung<br />
der EU-Förderung für das Land.<br />
<br />
Matthias Salm<br />
Foto: Fiagon GmbH, Quelle Schaubild: ILB/EU<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
BRANDENBURG | 33<br />
Ragnitz<br />
analysiert<br />
NICHT AUF SAND GEBAUT<br />
Foto: Torsten George<br />
Zehn Jahre ist es her, dass der Sänger<br />
Rainald Grebe empfahl, zu einer<br />
Reise nach Brandenburg ausreichend<br />
Verpflegung mitzunehmen. Dies<br />
kann heute nicht mehr passieren; gängige<br />
Gourmetführer führen eine Vielzahl<br />
von guten Restaurants in Brandenburg<br />
auf. Und auch in wirtschaftlicher Hinsicht<br />
braucht sich Brandenburg nicht länger zu<br />
verstecken: Unter den ostdeutschen Bundesländern<br />
erreicht das Land bei Indikatoren<br />
wie Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen,<br />
Lohnhöhe oder Arbeitsmarktsituation<br />
inzwischen gute bis sehr<br />
gute Rangplätze. Hierin spiegelt sich<br />
zum einen wider, dass die Landespolitik<br />
nach den durch sozialpolitische Prioritäten<br />
geprägten 1990er Jahren („Brandenburger<br />
Weg“) einen stärker auf wirtschaftliches<br />
Wachstum orientierten Kurs<br />
eingeschlagen hat und die Wirtschaftsförderung<br />
auf die Stärkung vorhandener<br />
„Branchenkompetenzfelder“ und Cluster<br />
in den verschiedenen wirtschaftlichen<br />
Zentren ausgerichtet hat. Zum anderen<br />
reflektiert die günstige Entwicklung des<br />
Landes aber auch die günstigen standörtlichen<br />
Voraussetzungen als Hinterland<br />
der Agglomerationsregion Berlin: Viele<br />
Menschen aus Brandenburg finden hier<br />
Arbeit (was die Arbeitslosenquoten niedrig<br />
hält), und viele Unternehmensneuansiedlungen<br />
in der Hauptstadtregion fanden<br />
im Umland Berlins statt – und dies<br />
bedeutet eben: auf brandenburgischem<br />
Gebiet. Dieser Standortvorteil des Landes<br />
hat insbesondere dem engeren Verflechtungsraum<br />
um Berlin herum erheblichen<br />
Auftrieb gegeben.<br />
Auch in anderer Hinsicht weist Brandenburg<br />
Standortvorteile auf, denn infolge<br />
seiner Lage zwischen den aufstrebenden<br />
Wachstumspolen in Osteuropa<br />
und den etablierten Wirtschaftszentren<br />
im Westen bieten sich vielfältige Chancen<br />
nicht nur für transportintensive Wirtschaftszweige,<br />
sondern auch für die Industrie.<br />
Günstige Verkehrsanbindungen<br />
in alle Richtungen unterstützen dies;<br />
durch die Fertigstellung des Flughafens<br />
Berlin-Brandenburg wird zumindest der<br />
Südraum von Berlin weiteren Auftrieb erhalten.<br />
Notwendig scheint es aber, diesen<br />
Standortvorteil noch stärker herauszustellen,<br />
damit Brandenburg nicht nur<br />
Durchgangsland bleibt, sondern auch<br />
Produktion für die Märkte in Ost und<br />
West anziehen kann.<br />
Schon heute präsentiert sich Brandenburg<br />
in weiten Teilen als moderner Industriestandort.<br />
Aber das darf nicht darüber<br />
hinwegtäuschen, dass die regionalen<br />
Differenzierungen innerhalb des Landes<br />
enorm sind; gerade in den peripher gelegenen<br />
Landesteilen sind die wirtschaftsstrukturellen<br />
und demografischen Probleme<br />
nicht zu übersehen, denn die Ausstrahleffekte<br />
des Wachstumspols Berlin<br />
reichen nicht bis hierher, und es fehlt<br />
weithin an wirtschaftlichen Zentren, die<br />
dies ausgleichen könnten. In der brandenburgischen<br />
Lausitz kommen zudem die<br />
unsicheren Perspektiven des Braunkohlebergbaus<br />
als belastender Faktor hinzu.<br />
Wie anderswo auch, sind die wesentlichen<br />
Ansatzpunkte für eine weiterhin<br />
günstige wirtschaftliche Entwicklung<br />
schnell aufgezählt: Eine Stärkung des Bildungssystems<br />
zur Gewährleistung einer<br />
ausreichenden Verfügbarkeit von Fachkräften<br />
auf mittlere Sicht, die Unterstützung<br />
von Forschung und Entwicklung,<br />
insbesondere im Unternehmenssektor,<br />
und schließlich die Stärkung regionaler<br />
Initiativen zur Lösung der unvermeidbaren<br />
Anpassungslasten aus der demografischen<br />
Entwicklung. Klug wäre es überdies,<br />
beizeiten durch gezielte strukturpolitische<br />
Maßnahmen die geringe Diversifikation<br />
der Wirtschaftsstruktur zu<br />
überwinden. Wie es scheint, hat die Wirtschaftspolitik<br />
des Landes diese Herausforderungen<br />
durchaus erkannt. Das lässt<br />
hoffen, dass die wirtschaftliche Entwicklung<br />
Brandenburgs auch in Zukunft aufwärts<br />
gerichtet bleibt.<br />
Prof. Joachim Ragnitz,<br />
stellvertretender Geschäftsführer<br />
des ifo Instituts Dresden<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
34 | W+M POLITIK<br />
ifo Geschäftsklima Ostdeutschland im Mai 2015<br />
ARBEITSKÄMPFE UND KRISEN SETZEN<br />
OSTDEUTSCHE WIRTSCHAFT UNTER DRUCK<br />
INDEX<br />
Das ifo Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft* Ostdeutschlands<br />
hat sich im Mai merklich verschlechtert. Die<br />
ostdeutschen Befragungsteilnehmer stufen ihre derzeitigen<br />
Geschäfte nicht mehr so gut ein wie im vergangenen Monat.<br />
Der Pessimismus über den weiteren Geschäftsverlauf hat spürbar<br />
zugenommen. Die nationalen Arbeitskämpfe und die ungewissen<br />
Aussichten über die Zukunft Griechenlands schüren die<br />
Unsicherheit unter den ostdeutschen Unternehmen. Auf dem ostdeutschen<br />
Arbeitsmarkt haben sich die Vorzeichen hingegen erneut<br />
etwas verbessert; das ifo Beschäftigungsbarometer ist im<br />
Mai erneut gestiegen. Im hiesigen Bauhauptgewerbe und Einzelhandel<br />
haben sich die Beschäftigungsaussichten verbessert. Die<br />
Einschätzungen zur Personalplanung der ostdeutschen Industriefirmen<br />
haben sich im Vergleich zum Vormonat nicht verändert.<br />
Die Großhändler in Ostdeutschland hingegen wollen in der nahen<br />
Zukunft kräftiger Personal abbauen.<br />
Verarbeitendes Gewerbe<br />
VORMONAT 19,8<br />
MAI 15,1<br />
Bauhauptgewerbe<br />
VORMONAT - 3,8<br />
MAI - 3,6<br />
ifo Geschäftsklima<br />
VORMONAT<br />
10,81<br />
7,11<br />
Groß- und Einzelhandel<br />
VORMONAT 2,4<br />
MAI - 1,7<br />
ifo Beschäftigungsbarometer<br />
Mit Ausnahme des ostdeutschen Bauhauptgewerbes sind die<br />
Klimaindikatoren in allen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft<br />
gesunken. Besonders stark fielen die Rückgänge im Verarbeitenden<br />
Gewerbe und Großhandel aus. Noch ist nicht absehbar,<br />
ob die Eintrübung der Konjunkturperspektiven von Dauer sein<br />
wird; einiges spricht dafür, dass mit Niederlegung der Arbeitskämpfe<br />
die ostdeutsche Wirtschaft im Sommer wieder auf ihren<br />
Wachstumspfad zurückfinden wird.<br />
Robert Lehmann<br />
und Prof. Joachim Ragnitz<br />
VORMONAT<br />
- 7,25<br />
* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />
- 6,49<br />
Foto: industrieblick/Fotolia.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
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36 | W+M POLITIK<br />
Dr. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen<br />
Industrie- und Handelskammertages (DIHK)<br />
Dr. Gregor Gysi, Vorsitzender der<br />
Bundestagsfraktion DIE LINKE<br />
Die bisherigen Vorschläge aus dem<br />
Bundesfinanzministerium (BMF) stellen<br />
eine deutliche Gefährdung der Übertragung<br />
von Betrieben dar. Das BMF ist mit seinen<br />
Eckpunkten weit über das hinausgegangen,<br />
was das Bundesverfassungsgericht angemahnt<br />
hat. Die vorgeschlagene Neudefinition des<br />
betriebsnotwendigen Vermögens, der niedrige<br />
Grenzwert von 20 Millionen Euro für sogenannte<br />
„große“ Unternehmen sowie die Einbeziehung<br />
des Privatvermögens bei der Bedürfnisprüfung<br />
würden zu höheren steuerlichen Belastungen der<br />
Betriebsübertragungen führen. Je nach Höhe der<br />
jeweiligen Erbschaftsteuer droht sogar ein Scheitern<br />
der Übergabe.<br />
Den Unternehmen wird in jedem Fall Kapital entzogen,<br />
das dann für wichtige Investitionen und<br />
für den Erhalt von Arbeitsplätzen fehlt. Die Konsequenz<br />
ist: Unternehmen verlieren an Substanz<br />
und Wettbewerbsfähigkeit. Im Ergebnis gefährden<br />
wir damit unseren weltweit einzigartigen<br />
Mix aus Familien-, Groß- und Kleinstunternehmen.<br />
Mehr als 135.000 Betriebe werden allein<br />
in den kommenden fünf Jahren übertragen –<br />
mit mehr als zwei Millionen Arbeitnehmern.<br />
Jeder 5. Senior-Unternehmer sieht bereits<br />
durch die aktuelle Regelung seine Betriebsübergabe<br />
gefährdet. Wenn jetzt alle Beteiligten<br />
immer wieder betonen, dass sie nicht nur<br />
eine verfassungsfeste, sondern auch eine<br />
mittelstandsfreundlich ausgestaltete Erbschaftsteuer<br />
wollen, dann muss das auch<br />
in den Gesetzesideen erkennbar sein.<br />
Die Interessenverbände der Familienunternehmen<br />
behaupten immer wieder, die<br />
Erbschaftsteuer bedrohe mittelständische<br />
Unternehmen in ihrer Existenz. Das ist aber<br />
nur eine Befürchtung. Bis heute ist kein einziger<br />
Fall bekannt, in dem ein Unternehmen an der Erbschaftssteuerlast<br />
zugrunde gegangen wäre. Sollte<br />
es tatsächlich einmal so sein, dass Erbinnen und<br />
Erben die anfallende Erbschaftsteuer nicht aufbringen<br />
können, ohne das Unternehmen existenziell<br />
zu gefährden, könnte dies durch notwendige Stundungsregelungen<br />
gelöst werden. An dieser Praxis<br />
wird sich auch nach der geplanten Reform der Erbschaftsteuer<br />
im Prinzip nichts ändern.<br />
In Wirklichkeit geht es doch nur um die Beibehaltung<br />
der Steuerprivilegien unserer Oligarchen,<br />
den Quandts, Henkels, Albrechts, Piechs und<br />
Porsches. Die 90 reichsten deutschen Familienclans<br />
halten allein ein Vermögen von 320 Milliarden<br />
Euro. Ihnen gehören große Konzerne, oder<br />
sie sind an ihnen maßgeblich beteiligt. Auch sie<br />
können als Familienunternehmerinnen und Familienunternehmer<br />
ihren Erbinnen und Erben ihre<br />
Vermögen steuerfrei übertragen. Von den derzeitigen<br />
Plänen zur Reform der Erbschaftsteuer wären<br />
nur zwei Prozent der Unternehmen betroffen.<br />
Aber es darf zu Recht angenommen werden, dass<br />
der Reichtum unserer Oligarchen von dieser Bundesregierung<br />
weiterhin gepflegt wird. Das bedeutet<br />
den Verzicht auf zehn Milliarden Euro Steuereinnahmen<br />
jährlich. Das ist der Betrag, den die Kommunen<br />
bei uns jedes Jahr benötigen, um endlich<br />
die maroder werdende Infrastruktur zu erneuern.<br />
Fotos: DIHK/Thomas Kierok (links), Deutscher Bundestag/Stella von Saldern (rechts)<br />
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26. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
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jun<br />
feb<br />
2015<br />
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IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident<br />
Dietmar Woidke<br />
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38 | W+M TITEL<br />
Eine Generation<br />
räumt die Chefsessel<br />
Die Generation der Nachwendegründer in Ostdeutschland geht von<br />
Bord. Viele mittelständische Betriebe, die in den 90er Jahren neu<br />
gegründet oder im Rahmen eines Management-Buy-outs übernommen<br />
wurden, suchen nun händeringend einen Nachfolger. Von Matthias Salm<br />
Es heißt Abschied nehmen: Dass viele<br />
erfahrene Firmeninhaber in den<br />
kommenden Jahren den Staffelstab<br />
an die nächste Generation weiterreichen<br />
werden, ist zunächst einmal kein alleiniges<br />
ostdeutsches Phänomen. Rund<br />
580.000 Firmenchefs, so hat es das repräsentative<br />
Mittelstandspanel der KfW<br />
Bankengruppe jüngst ermittelt, planen<br />
in Deutschland bis zum Jahr 2017 eine<br />
Nachfolgeregelung – das sind rund 16<br />
Prozent des gesamten Mittelstands. Damit<br />
ist nahezu jeder sechste Mittelständler<br />
in Deutschland gefordert, die Übergabe<br />
seines Unternehmens zeitig in Angriff<br />
zu nehmen. Etwa vier Millionen Arbeitsplätze<br />
hängen vom Gelingen dieser<br />
Bemühungen ab.<br />
Es ist der demografische Wandel, der jenen<br />
Firmen zusetzt, die das Rückgrat der<br />
deutschen Wirtschaft bilden. Bundesweit<br />
SCHLECHT VORBEREITET<br />
Soviel Prozent der Senior-Unternehmer …<br />
… sind nicht rechtzeitig vorbereitet<br />
46 %<br />
… fordern einen überhöhten Kaufpreis<br />
42 %<br />
… finden keinen passenden Nachfolger<br />
41 %<br />
… können emotional nicht loslassen<br />
37 %<br />
… warten mit Verkauf, um Altersvorsorge<br />
aufzustocken<br />
31 %<br />
… befürchten hohe Erbschaftssteuerbelastung<br />
22 %<br />
ist mittlerweile etwas mehr als ein Drittel<br />
der Inhaber mittelständischer Betriebe 55<br />
Jahre oder älter. Seit 2002 stieg dieser Anteil<br />
um 16 Prozentpunkte auf 36 Prozent<br />
(37 Prozent in Ostdeutschland) – weitaus<br />
stärker als der Anteil dieser Altersgruppe<br />
in der Gesamtbevölkerung (nur plus vier<br />
Prozentpunkte auf 38 Prozent). Die Überalterung<br />
macht dabei vor keiner Branche<br />
Halt, so die Erkenntnis der KfW-Erhebung.<br />
Firmenschließungen und der Verlust von<br />
Arbeitsplätzen drohen. Aber auch auf die<br />
potenziellen Nachfolger lauert oft eine Herkulesaufgabe.<br />
Denn, so ergaben die Analysen<br />
der KfW: Mittelständische Unternehmenschefs<br />
verweigern sich im Alter mehr<br />
und mehr notwendigen Investitionen und<br />
Innovationen. So investieren von den über<br />
60-Jährigen nur noch 37 Prozent, lediglich<br />
38 Prozent führen noch Innovationen ein.<br />
Zum Vergleich: Bei den unter 40-Jährigen<br />
Unternehmenschefs liegt der Anteil bei 57<br />
beziehungsweise 46 Prozent.<br />
Fazit: Ältere Inhaber investieren seltener<br />
und laufen Gefahr, die Substanz ihrer Unternehmen<br />
aufs Spiel zu setzen. Insbesondere,<br />
wenn das Unternehmen in fremde<br />
Hände übergeben werden soll, halten<br />
Quelle Schaubild: DIHK Nachfolgereport 2014, Foto: Ingka D. Jiw/shutterstock.com<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
UNTERNEHMENSNACHFOLGE | 39<br />
Quellen Schaubilder: DIHK Nachfolgereport 2014 (oben), KfW-Mittelstandspanel 2014 (unten)<br />
sich die Firmenlenker zurück. Tritt nicht der<br />
Sohn oder die Tochter in die Fußstapfen<br />
des Seniors, mangelt es an der emotionalen<br />
Verpflichtung, langfristige Entscheidungen<br />
zu treffen.<br />
So werden risikoreiche Vorhaben mit hoher<br />
Kapitalbindung wie etwa die Erweiterung<br />
der Auslandsaktivitäten häufig zurückgestellt.<br />
Bei fast acht von zehn mittelständischen<br />
Unternehmen mit älteren<br />
Inhabern übersteigt der Wertverlust des<br />
Kapitalstocks (Abschreibungen) das Volumen<br />
der Neuinvestitionen.<br />
Auch höhere Hürden bei der Beschaffung<br />
von Finanzierungsmitteln bremsen die Alt-<br />
Inhaber aus. Denn: Mit dem Näherrücken<br />
des Ruhestands achten Banken verstärkt<br />
darauf, ob eine überzeugende Nachfolgelösung<br />
vorliegt. Die Folgen können gravierend<br />
sein: Fehlende Investitionen drücken<br />
einen möglichen Kaufpreis, der wiederum<br />
häufig einen wichtigen Bestandteil der Altersvorsorge<br />
der Unternehmer darstellt.<br />
Eine Beobachtung, die auch Bernd Hahn,<br />
Leiter des Fachbereichs Existenzgründung<br />
und Unternehmensförderung/Umwelt<br />
bei der IHK Cottbus, aus seiner Beraterpraxis<br />
teilt: „Bei unseren Beratungen<br />
stehen nicht nur Finanzierungsmodelle für<br />
den Nachfolger im Mittelpunkt. Auch finanzielle<br />
Lösungen für den ausscheidenden<br />
Inhaber sind gefragt, wenn der Verkaufspreis<br />
unter den Erwartungen liegt.“<br />
VIELE UNTERNEHMEN NOCH OHNE PLANUNG<br />
Nachfolgeplanungen im Mittelstand bis 2017<br />
Aktuell keine Planungen, aber später<br />
Externe Nachfolge<br />
Familieninterne Lösung<br />
Überhaupt keine Planungen<br />
SCHWIERIGE FINANZIERUNG<br />
Soviel Prozent potenzieller Unternehmer…<br />
… haben Finanzierungsschwierigkeiten<br />
… finden kein passendes Unternehmen<br />
… unterschätzen Anforderungen<br />
… haben unzureichende Qualifikation<br />
… befürchten hohe Erbschaftssteuerbelastung<br />
… haben andere Gründe<br />
Es fehlt an Nachwuchs<br />
Der Mangel an gründungswilligem Nachwuchs<br />
verschärft die Situation zusätzlich.<br />
Die solide wirtschaftliche Lage hat die<br />
Zahl der Existenzgründer erheblich ausgedünnt.<br />
2013 ermittelte der KfW-Gründungsmonitor<br />
rund 52.000 Übernahmegründer.<br />
2009 waren es noch 110.000 gewesen.<br />
Und nicht jeder Gründungswillige<br />
bekommt auch eine Chance. „Der demografische<br />
Wandel betrifft auch die Existenzgründer.<br />
Sie treten zunehmend in höherem<br />
Alter als Unternehmensnachfol-<br />
7 %<br />
9 %<br />
4 %<br />
21 %<br />
35 %<br />
49 %<br />
32 %<br />
43 %<br />
50 %<br />
49 %<br />
ger auf. Das ist längst noch nicht bei allen<br />
Banken angekommen“, weiß IHK-Experte<br />
Hahn. Denn wer jenseits der 55 Jahre<br />
noch einmal beruflich mit der Übernahme<br />
eines Unternehmens durchstarten will,<br />
steht bei den Banken in Fragen der Finanzierung<br />
meist vor verschlossenen Türen.<br />
So stellt der DIHK-Nachfolgereport 2014<br />
ernüchtert fest: „So viel wie nie und so<br />
wenig wie nie zuvor.“ Während die Zahl<br />
der übernahmeinteressierten Existenzgründer,<br />
die den Rat der Industrie- und<br />
Handelskammern suchten, auf einen Tiefstand<br />
gesunken ist, will eine Rekordzahl<br />
von Alt-Inhabern ihren Betrieb übergeben.<br />
„In der Industrie kommen rein rechnerisch<br />
fünf Alt-Inhaber auf einen möglichen<br />
Nachfolger“, warnt der DIHK.<br />
„Deutschland fehlt der Unternehmernachwuchs“,<br />
warnt daher KfW-Chefvolkswirt<br />
Dr. Jörg Zeuner folgerichtig und empfiehlt<br />
die Investitionsbereitschaft älterer Unternehmer<br />
zu stimulieren. Etwa indem sie an<br />
der Rendite von Investi tio nen auch nach<br />
dem Eintritt in den Ruhestand beteiligt<br />
werden. Nicht neu, aber weiter als Vorschlag<br />
auf der Tagesordnung: eine stärkere<br />
Vermittlung von ökonomischer Bildung<br />
und Unternehmerkompetenzen schon in<br />
der schulischen Ausbildung.<br />
Nicht jedes Unternehmen überlebt<br />
Zur Wahrheit gehört aber auch: Nicht jedes<br />
Unternehmen ist überlebensfähig. Gerade<br />
viele Kleinst- und Einzelunternehmen<br />
fristen am Existenzminimum – hier wird<br />
sich schwerlich ein Nachfolger finden lassen.<br />
Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung,<br />
das seit zwanzig Jahren Schätzungen<br />
zur Zahl nachfolgesuchender Familienunternehmen<br />
abgibt, filtert deshalb nur<br />
jene Familienunternehmen heraus, die mit<br />
einem Mindest-Jahresgewinn auch übergabewürdig<br />
sind. Nach diesen Berechnungen<br />
stehen 135.000 Familienunternehmen<br />
– davon 16 Prozent in Ostdeutschland –<br />
mit insgesamt rund zwei Millionen Arbeitnehmern<br />
im Zeitraum 2014 bis 2018 zur<br />
Übergabe an.<br />
In Ostdeutschland drängt demnach das<br />
Problem in Berlin mit 5.500 nachfolgesu-<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
40 | W+M TITEL<br />
ANTEIL IN M-V BESONDERS HOCH<br />
Zur Übergabe anstehende übergabefähige<br />
Unternehmen nach Bundesländern<br />
(Zeitraum 2014 bis 2018,<br />
je 1.000 Unternehmen)<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Berlin<br />
Thüringen<br />
Brandenburg<br />
Sachsen<br />
35,2<br />
34,6<br />
33,9<br />
31,1<br />
30,7<br />
30,6<br />
chenden Unternehmen und 61.000 betroffenen<br />
Arbeitnehmern besonders. Es folgen<br />
Sachsen (5.300 Unternehmen, 70.000<br />
Arbeitnehmer) und Brandenburg (3.200<br />
Unternehmen, 41.000 Arbeitnehmer).<br />
In Thüringen und Sachsen-Anhalt sucht nahezu<br />
eine gleich große Zahl an übergabewürdigen<br />
Unternehmen einen geeigneten<br />
Nachfolgekandidaten (2.800 bzw. 2.700 mit<br />
39.000 bzw. 37.000 Arbeitnehmern). Lediglich<br />
in Mecklenburg-Vorpommern liegt<br />
die absolute Zahl deutlich niedriger (2.200<br />
Betriebe). Hier sind 29.000 Arbeitsplätze<br />
von einer gelungenen Übergabe abhängig.<br />
Ein anderes Bild ergibt sich allerdings,<br />
wenn man diese Zahlen in Bezug zum gesamten<br />
Unternehmensbestand setzt (siehe<br />
Grafik links). Dann kommen in Mecklenburg-Vorpommern<br />
auf 1.000 Unternehmen<br />
35,2 Firmen, für die in den kommenden<br />
Jahren eine Nachfolgelösung im Raum<br />
steht – mehr als in allen anderen ostdeutschen<br />
Bundesländern.<br />
Nicht in allen dieser Fälle wird sich eine Zukunftslösung<br />
finden lassen. Denn oft, das<br />
bestätigt auch der Cottbuser IHK-Experte<br />
Bernd Hahn, muss der neue Inhaber in<br />
der unmittelbaren Nachbarschaft gesucht<br />
und gefunden werden. Gerade in strukturschwache<br />
oder von Abwanderung betroffene<br />
ostdeutsche Regionen lassen sich<br />
– trotz bundesweit betriebener Nachfolgebörsen<br />
– schwerlich Gründungswillige<br />
aus anderen Teilen Deutschlands locken.<br />
So wird mancher ostdeutsche Betrieb in<br />
den kommenden Jahren unweigerlich aus<br />
dem Markt ausscheiden, wenn der Alt-Inhaber<br />
ein letztes Mal die Betriebspforten<br />
schließt.<br />
W+M<br />
„FIRMENSCHLIESSUNGEN DROHEN“<br />
Interview mit dem Geschäftsführenden Präsidenten des<br />
Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) Dr. Michael Ermrich<br />
W+M : Herr Dr. Ermrich, welche Gefahr<br />
entsteht dem ostdeutschen Mittelstand<br />
durch ungelöste Unternehmensnachfolgen?<br />
Michael Ermrich: In Ostdeutschland<br />
plant die Nachwende-Gründergeneration<br />
gegenwärtig ihren Ruhestand. Nicht<br />
immer stehen Familienangehörige für<br />
die Nachfolge zur Verfügung. Erschwerend<br />
kommen der Fachkräftemangel,<br />
der potenzielle Gründer in eine Festanstellung<br />
lockt, sowie die generell rückläufigen<br />
Gründerquoten hinzu. Es besteht<br />
so durchaus die Gefahr, dass dem<br />
einen oder anderen Betrieb die Schließung<br />
droht und Dienstleistungen vor Ort<br />
entfallen.<br />
W+M : Worin liegen Ihrer Ansicht nach<br />
die größten Hindernisse bei der Nachfolgesuche?<br />
Michael Ermrich: Der durchschnittliche<br />
Existenzgründer ist 42 Jahre alt,<br />
so alt sind die Kinder der „Nach-Wende-Gründer“<br />
in der Regel noch nicht.<br />
Selbständigkeit ist zudem offenbar für<br />
viele Jugendliche nicht mehr so reizvoll,<br />
zumal der Arbeitsmarkt für Berufseinsteiger<br />
besser geworden ist.<br />
Darüber hinaus fehlt in vielen Regionen<br />
Ostdeutschlands eine gewachsene<br />
Unternehmertradition. Damit möchte<br />
ich nicht die großartige Leistung<br />
der vielen Gründer anzweifeln, aber<br />
auch dies ist ein Grund, warum Kinder<br />
nicht in die Firma der Eltern einsteigen<br />
wollen.<br />
W+M : Wie können die OSV-Sparkassen<br />
betroffenen Unternehmern<br />
helfen?<br />
Dr. Michael Ermrich,<br />
Geschäftsführender Präsident des<br />
Ostdeutschen Sparkassenverbandes.<br />
Michael Ermrich: Die Sparkassen unterstützen<br />
in ganz praktischen Fragen.<br />
So arbeiten sie mit Netzwerkpartnern,<br />
wie den Kammern, Wirtschaftsfördergesellschaften,<br />
Steuerberatern und Unternehmensberatern,<br />
zusammen, um<br />
bei der Suche nach geeigneten Nachfolgern<br />
zu helfen. Ich bin froh, dass Landesförderbanken,<br />
Kammern und Sparkassen<br />
in dieser Frage an einem Strang<br />
ziehen. Als Hausbank des Mittelstandes<br />
verfügen Sparkassen zudem über<br />
genügend Mittel, um Kredite auch für<br />
Unternehmensnachfolgen zu finanzieren,<br />
wenn überzeugende Konzepte vorliegen.<br />
W+M<br />
Quelle Schaubild: Institut für Mittelstandsforschung, Bonn, Foto: OSV<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
UNTERNEHMENSNACHFOLGE | 41<br />
„DAS HANDWERK MUSS<br />
FÜR JUNGE LEUTE ATTRAKTIV<br />
GEMACHT WERDEN“<br />
Jörg Kämpfer stieg als Angestellter bei ELEKTRO-MAASS in<br />
Gardelegen ein, wurde dann von Inhaber Wilfried Maaß vorbereitet,<br />
um den Betrieb 2012 zu übernehmen. Mit Erfolg. Von Dana Micke<br />
Jörg Kämpfer ist 45 Jahre alt und Inhaber<br />
des mittelständischen Unternehmens<br />
ELEKTRO-MAASS in Gardelegen,<br />
nahe Magdeburg. Übernommen<br />
hat er den Betrieb am 1. Januar 2012 von<br />
Wilfried Maaß. Die Geschichte ist schnell<br />
erzählt: Jörg Kämpfer stieg hier 2003 als<br />
Meister ein. Ein paar Jahre darauf fragte<br />
ihn sein Chef: „Willst du die Firma haben?“<br />
Man habe sich zusammengesetzt<br />
und darüber gesprochen, so Jörg Kämpfer,<br />
der schließlich „Ja“ sagte. Doch wie<br />
sollte das im Detail ablaufen? Dass wussten<br />
beide nicht. Erst mal nicht. Die Handwerkskammer<br />
half dann weiter. Und Sigrun<br />
Kämpfer, die Ehefrau des heutigen<br />
Chefs, wechselte derweil schon ins Büro<br />
des Handwerksbetriebes.<br />
Etwa 2.600 Unternehmer in Sachsen-<br />
Anhalt suchen in den kommenden vier<br />
Jahren Nachfolger, damit ihre Betriebe<br />
erfolgreich weitergeführt werden können.<br />
Ansonsten droht der Verlust von<br />
rund 30.000 Arbeitsplätzen. Rückendeckung<br />
gibt es vom „Netzwerk Unternehmensnachfolge<br />
Sachsen-Anhalt“. Ein<br />
Zusammenschluss der Industrie- und<br />
Jörg Kämpfer wünscht sich, dass die<br />
Förderprogramme mehr auf Leute wie<br />
ihn zugeschnitten werden. Also solche,<br />
„die in der DDR aufgewachsen sind und<br />
sich keine Million ansparen konnten. Helfen<br />
würde zum Beispiel, wenn es für die<br />
Rückzahlung von Krediten und das Zahlen<br />
von Zinsen eine gewisse Anlaufzeit<br />
gibt. Ich muss ja erst einmal arbeiten, um<br />
Geld zu verdienen.“<br />
Und Sigrun Kämpfer sagt: „Das Handwerk<br />
muss für junge Leute attraktiv gemacht<br />
werden.“ Ein Schritt in diese Richtung<br />
seien die Praktikumsinitiativen der<br />
Handwerkskammer und die Ausbildungsmessen.<br />
Und dann bringt sie das Thema<br />
Firmennachfolger auf den Punkt: Die<br />
funktioniere nur mit Unterstützung der<br />
ganzen Familie. Die soll aber auch nicht<br />
Foto: ELEKTRO-MAASS<br />
Als Seniorchef Wilfried Maaß im Dezember<br />
2011 seinen 60. Geburtstag feierte,<br />
präsentierte er Jörg Kämpfer als seinen<br />
Nachfolger und blieb noch zwei Jahre<br />
an seiner Seite. Seit dreieinhalb Jahren<br />
ist Jörg Kämpfer nun Chef von 21 Angestellten<br />
und zwei Azubis. Sie arbeiten<br />
weiterhin unter dem Firmennamen ELEK-<br />
TRO-MAASS. Der ist bekannt und wird<br />
geschätzt. „Ich habe einen festen Kundenstamm.<br />
Klar gibt es stressige Tage,<br />
an denen ich mich frage, warum ich den<br />
Betrieb übernehmen wollte.“ Aber Jörg<br />
Kämpfer schiebt gleich nach: „Es war<br />
alles richtig so.“ Der Jahresumsatz lag<br />
2014 bei 1,53 Millionen Euro.<br />
Jörg und Sigrun Kämpfer bei der Feier anlässlich der Firmenübernahme.<br />
Handelskammern und der Handwerkskammern<br />
des Landes, der Firmen und<br />
Nachfolger vermittelt, bei der Nachfolge<br />
berät und begleitet. Auf der Website<br />
des Magdeburger Wirtschaftsministeriums<br />
heißt es: Für Unternehmensnachfolger<br />
stünden in der Strukturfondsperiode<br />
2014–2020 verschiedene Förderprogramme<br />
zur Verfügung. Bis Ende<br />
2015 werde ein Mittelstands- und Gründerfonds<br />
Sachsen-Anhalt mit den Teilbereichen<br />
KMU-Darlehensfonds II und<br />
Existenzgründerfonds eingerichtet –<br />
mit Mitteln in Höhe von 100 Millionen<br />
Euro.<br />
auf der Strecke bleiben. Sigrun Kämpfer<br />
organisiert ihre Arbeit so, dass ein Nachmittag<br />
in der Woche für die Töchter Sophie<br />
und Alexandra reserviert bleibt.<br />
Das Ehepaar hat gerade 200.000 Euro in<br />
den neuen Firmensitz investiert, 4.000<br />
Quadratmeter im Gardelegener Gewerbegebiet<br />
An den Burgstücken 10. „Wir<br />
haben unser Angebot erweitert, brauchen<br />
mehr Platz“, so Jörg Kämpfer. Unterstützung<br />
bekäme er von der Stadt<br />
Gardelegen und der Sparkasse Altmark<br />
West. Jetzt im Juli ziehen sie vom Container<br />
ins neue Gebäude um. W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
Erfahrung und<br />
neue Ideen<br />
Carsten Fox (l.)<br />
übernahm die<br />
Geschäftsführung<br />
des von seinem<br />
Vater Helmut<br />
Fox gegründeten<br />
Unternehmens.<br />
Die Geschäfte laufen gut. Kippbrücken und andere Aufbauten<br />
für Nutzkraftwagen, auf die sich die Falkenrehder Fahrzeug- und<br />
Metall GmbH (FA FA ME) spezialisiert hat, sind gefragt. Garten- und<br />
Landschaftsbaubetriebe, Speditionen, auch die Feuerwehren der<br />
Region Westbrandenburg zählen zu den Kunden, teilweise schon<br />
seit Jahrzehnten. Von Dr. Ulrich Conrad<br />
Trotzdem bleibt Geschäftsführer<br />
Carsten Fox Realist: „Wir wirtschaften<br />
nicht aus dem Vollen, sondern<br />
haben immer die wichtigen technischen<br />
und technologischen Neuheiten vorangestellt.<br />
Als Vorzeigebetrieb sehe ich uns<br />
eher nicht.“ Gerne hätte er zum Beispiel<br />
ein modernes Verwaltungsgebäude, doch<br />
die neue Sandstrahlanlage ist im Moment<br />
wichtiger. Denn: „Kundenzufriedenheit ist<br />
Grundlage für unseren Erfolg!“<br />
Mit dieser Philosophie hat schon sein Vater<br />
Helmut Fox 1990 das Unternehmen<br />
gegründet. 1991 verkaufte die Treuhand<br />
den Vorgänger, den VEB Kreisbetrieb für<br />
Landtechnik mit mehreren Standorten –<br />
Helmut Fox nahm zusammen mit einem<br />
Partner aus Nordrhein-Westfalen die<br />
Herausforderung an. „Die Treuhand hatte<br />
uns verpflichtet, alle 150 Arbeitsplätze<br />
zunächst zu erhalten“, erzählt er. „Wir<br />
haben die unterschiedlichen Bereiche neu<br />
strukturiert und wirtschaftlich auf eigene<br />
Füße gestellt. Heute sind 153 Mitarbeiter<br />
bei den Nachfolgefirmen tätig. Das ist<br />
doch was, oder?“<br />
24 Beschäftigte davon arbeiten in der Falkenrehder<br />
Fahrzeug- und Metall GmbH.<br />
Die Lkw-Aufbauten sind Einzelfertigung,<br />
hier wird viel Erfahrung benötigt. In den<br />
Kippbrücken stecken aufwendige Hydraulik<br />
und Pneumatik, eine Sache für Fachleute.<br />
FA FA ME fertigt Aufbauten nach<br />
Kundenwünschen, besitzt eine eigene<br />
Lkw-Kipper- und Pritschenproduktion sowie<br />
eine Lackiererei. Das Unternehmen<br />
ist nach den diversen dafür nötigen Qualitätsstandards<br />
zertifiziert und arbeitet als<br />
autorisierter Partner namhafter Hersteller<br />
von Spezialaufbauten und Hebeanlagen<br />
für Nutzkraftwagen. Auch Wartung<br />
und Instandsetzung werden ausgeführt.<br />
Selbstverständlich gehört die zunehmend<br />
bei Lkws eingesetzte Elektronik mit zum<br />
Leistungsprofil, alles Aufgaben für Spezialisten.<br />
Das Fachkräftethema nennt Carsten<br />
Fox, der Junior, als seine Hauptsorge:<br />
„Mechatroniker mit Hydraulikkenntnissen<br />
werden händeringend gesucht, erfahrene<br />
Schweißer gibt es auch nicht auf dem<br />
Arbeitsmarkt und müssen erst angelernt<br />
werden. Wir tun viel, um unsere guten<br />
Fachleute zu halten, deshalb bildet die FA<br />
FA ME auch aus. Auch für unsere Ausbildungsplätze<br />
finden wir immer schwerer<br />
geeignete Bewerber. Das Handwerk<br />
scheint im Moment nicht so gefragt zu<br />
sein. Um unsere Qualitätsstandards zu<br />
halten, brauchen wir Mitarbeiter, die sich<br />
mit den Feinheiten der Fertigung auskennen.<br />
Das erfordert viel Erfahrung.“<br />
Carsten Fox hatte zunächst einmal Erfahrung<br />
als Landmaschinen- und Traktorenschlosser<br />
gesammelt. Danach war er als<br />
Kraftfahrer tätig. Als sein Vater ihn 2008<br />
fragte, ob er sich eine Zukunft im Unternehmen<br />
vorstellen könnte, sagte er ja,<br />
absolvierte den Meisterlehrgang im Metallbauer-Handwerk<br />
und arbeitete als Betriebsleiter.<br />
2011 übernahm er die Geschäftsführung<br />
von seinem Bruder Burkhard<br />
Fox, der eine eigene Firma in Berlin<br />
leitet, ihn jedoch im Unternehmen weiter<br />
unterstützt. Eine Konstellation, die auch<br />
Zündstoff bergen kann – hier jedoch offensichtlich<br />
gut funktioniert. „Die Jungen<br />
haben eigene Ideen, das ist ja auch notwendig“,<br />
sagt der Senior. „Die Zeiten haben<br />
sich geändert. Aber manchmal um<br />
Rat gefragt zu werden, das ist auch ganz<br />
schön.“<br />
W+M<br />
Foto: Dr. Ulrich Conrad<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
TITEL UNTERNEHMENSNACHFOLGE | 43<br />
AM ANFANG DER NACHFOLGE STAND<br />
EINE UNTERNEHMENSBETEILIGUNG<br />
Werden die Anzeichen für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt<br />
frühzeitig erkannt, so steigen die Überlebenschancen erheblich. Die<br />
Geräte des Medizintechnikunternehmens GETEMED zur mobilen<br />
Überwachung von Risikopatienten bis hin zum Tele-Monitoring gehen<br />
von Teltow aus in die ganze Welt. Von Dr. Ulrich Conrad<br />
entwickeln, zahlten die beiden Vorstände<br />
mit Unterstützung durch die Bürgschaftsbank<br />
Brandenburg und die Deutsche<br />
Bank als Hausbank einen seit 2007<br />
beteiligten Investmentfonds aus – ein<br />
weiterer Meilenstein.<br />
GETEMED agiert weltweit und ist zugleich<br />
in der Region fest verankert. „Deshalb<br />
engagieren wir uns auch in der Initiative<br />
Gesundheitswirtschaft Brandenburg“,<br />
berichtet Michael Scherf. „Hier<br />
Foto: Dr. Ulrich Conrad<br />
1992 siedelte sich die von Dr.-Ing. Herwig<br />
Freiherr von Nettelhorst gegründete<br />
GETEMED Gesellschaft für Technische<br />
Medizin mbH im Land Brandenburg an.<br />
Sechs Mitarbeiter bildeten das Team um<br />
den visionären Unternehmer, der das Monitoring<br />
von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
revolutionieren wollte – voller Idealismus<br />
und jeder ein Spezialist auf seinem Gebiet.<br />
Hardwareentwickler Robert Downes,<br />
gebürtiger Ire, gehörte dazu, wenig<br />
später trat Michael Scherf als Produktmanager<br />
ins Unternehmen ein. „Herr Dr.<br />
von Nettelhorst baute konsequent sein<br />
Kernteam auf“, berichtet Robert Downes.<br />
„Wer dieses Vertrauen erhielt, konnte<br />
auch eine Beteiligung erwerben.“ Michael<br />
Scherf fand nicht nur seine Aufgabe<br />
gut, sondern auch das Beteiligungsmodell:<br />
„Das war etwas für die langfristige<br />
Zukunft“, sagt er. „Und es war die richtige<br />
Entscheidung, sich so fest an die Firma<br />
zu binden.“ Heute führen beide das<br />
Unternehmen.<br />
Von Unternehmensnachfolge war zu<br />
diesem Zeitpunkt allerdings noch keine<br />
Rede. Die Produktentwicklung wurde<br />
gemeinsam mit wissenschaftlichen<br />
und klinischen Partnern vorangetrieben,<br />
Strukturen aufgebaut und die Vermarktung<br />
organisiert. Der hohe Kapitalbedarf<br />
konnte mit Unterstützung durch die Investitionsbank<br />
des Landes Berlin und deren<br />
Tochter Berlin Seed Capital Fund gesichert<br />
werden. Im Jahr 2000 erfolgte die<br />
Umwandlung in eine AG, der Börsengang<br />
wurde vorbereitet. Es war kein guter Zeitpunkt:<br />
Die mit dem „Neuen Markt“ platzende<br />
Blase machte diese Chance zunichte.<br />
„Auch das hat GETEMED nicht<br />
Michael Scherf (l.) und Robert Downes führen heute die GETEMED AG.<br />
aus der Bahn geworfen“, betont Michael<br />
Scherf. „Wir sind konsequent unseren<br />
Weg weitergegangen, unter der<br />
Führung von Dr. von Nettelhorst.“ 2007<br />
wurde dieser als „Mutmacher der Nation“<br />
ausgezeichnet, 2010 gab es zusammen<br />
mit dem Land Brandenburg den europäischen<br />
„Regio Star Award“. Es war<br />
das Jahr, in dem der Firmengründer 2010<br />
in Pension ging. Sein Unternehmen lag<br />
auf Kurs, Michael Scherf übernahm den<br />
Vorstandsvorsitz, Robert Downes wurde<br />
Vorstandsmitglied, Dr. von Nettelhorst<br />
hat seither den Aufsichtsratsvorsitz inne.<br />
Der Wechsel verlief reibungslos: In den<br />
vergangenen fünf Jahren wurde jährlich<br />
ein neues Produkt auf den Markt gebracht.<br />
2013 gab es den Deutschen Innovationspreis.<br />
Mit der Zuversicht, das<br />
Unternehmen auch weiterhin positiv zu<br />
können wir im Netzwerk mit Partnern Innovationen<br />
voranbringen, die dem Patienten<br />
zu Gute kommen und zugleich mehr<br />
Effizienz im Gesundheitswesen ermöglichen.“<br />
Der Bedarf ist groß: Mit der alternden<br />
Bevölkerung nehmen die Risiken<br />
von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu. Wer<br />
zum Beispiel mit chronischer Herzinsuffizienz<br />
fernab auf dem Land wohnt, kann<br />
durch die GETEMED-Produkte Physio-<br />
Gate® und PhysioMem® jederzeit seine<br />
Vitaldaten aufzeichnen. Die Daten erhält<br />
der Hausarzt sofort über Funk. Ohne Zeitverlust<br />
kann dieser seine Entscheidungen<br />
treffen, ein Beispiel für GETEMED-<br />
Innovationen, die Leben retten können.<br />
70 Mitarbeiter hat das Unternehmen heute.<br />
In 43 Ländern ist GETEMED aktiv, darunter<br />
in den USA, China, Korea und fast<br />
ganz Europa.<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
44 | W+M TITEL UNTERNEHMENSNACHFOLGE<br />
EXTERNE NACHFOLGER<br />
SELBST AUFGEBAUT<br />
Als Wolfgang Dünnbier aus dem sächsischen Großschönau seinen<br />
Ruhestand vorbereitete, wählte er für die Nachfolge in seinem<br />
Natursteinrestaurierungsbetrieb eine gewagt scheinende interne<br />
Lösung: Er übertrug zwei jungen Mitarbeitern die Leitung der neu<br />
gegründeten Dünnbier Steinmetz- und Restaurierungsgesellschaft<br />
mbH. André Kanzog und Thomas Riedel zögerten lange, bissen sich<br />
aber bald durch. Und der bisherige Chef zog sich vom ersten Tag aus<br />
dem Tagesgeschäft zurück. Von Harald Lachmann<br />
Als Wolfgang Dünnbier 1999 das<br />
100-jährige Jubiläum seiner Firma<br />
plante, war ihm nicht wirklich nach<br />
Feiern zumute. Denn Ullrich, sein Sohn, der<br />
den Betrieb übernehmen sollte, war wenige<br />
Jahre zuvor dem Krebs erlegen. Nachdem<br />
er 1990 in die väterliche Firma eingetreten<br />
war, trug Ullrich maßgeblich Anteil an der<br />
Profilierung des Unternehmens zu einem<br />
Spezialbetrieb für hochqualifizierte Steinrestaurierung.<br />
Mit ihren Arbeiten, etwa am<br />
Dom zu Halberstadt, stieg der Name Dünnbier<br />
bundesweit zu einem Markenbegriff in<br />
Sachen Denkmalpflege auf.<br />
Hierbei scharte man eine Reihe junger<br />
Steinmetze und Steinbildhauer um sich.<br />
Zu ihnen gehörten auch Thomas Riedel,<br />
Jahrgang 1973, und der vier Jahre jüngere<br />
André Kanzog. Beide bewiesen bald<br />
mehr als nur handwerkliches Geschick.<br />
So gerieten sie in den engeren Fokus des<br />
Chefs. Und gleichwohl er Alternativen erwog,<br />
liebäugelte Dünnbier schnell mit einer<br />
hauseigenen Lösung: Er hoffte, dass<br />
die Handschrift der jungen Männer, die er<br />
selbst ausgebildet hatte, stets ein Stück<br />
weit auch die seine bleiben würde.<br />
Doch beide Gesellen schreckten vor dieser<br />
Perspektive zurück. Riedel baute zudem<br />
gerade ein Umgebindehaus aus.<br />
Nicht nur, dass sie respektvoll zu ihrem<br />
Chef aufschauten und sich gar nicht zutrauten,<br />
einmal seine Fußstapfen auszufüllen.<br />
Auch finanziell stand für beide eine<br />
Firmenübernahme nicht zur Debatte. „Das<br />
Risiko war uns schlicht zu gewaltig“, erinnert<br />
sich Riedel.<br />
Anderseits wussten beide, dass es letztlich<br />
auch um ihre Arbeitsplätze geht, wie auch<br />
um die von 16 weiteren Kollegen. Leichter<br />
fiel ihnen der Entschluss, als ihnen Dünnbier<br />
eine Brücke baute: Sie gründeten gemeinsam<br />
eine GmbH, in der er zunächst<br />
noch 51 Prozent der Anteile behielt. Riedel<br />
und Kanzog sollten die Firma von Altchef<br />
Dünnbier quasi pachten. Die jungen Mitarbeiter<br />
mussten so nun nur noch für eine<br />
„überschaubare Summe“ aufkommen.<br />
Auch die Pacht nennen sie rückwirkend<br />
einen „Freundschaftspreis“, zumal diese<br />
wie bei einem Mietkauf bei einem späteren<br />
Kompletterwerb angerechnet wurde.<br />
Beide kauften nun die gleichen Firmenanteile.<br />
Der ältere Riedel hatte auch „nie ein<br />
Problem damit“, dass Dünnbier den jüngeren<br />
Kanzog als Geschäftsführer einsetzte.<br />
Er wollte so ein mögliches Patt bei strittigen<br />
Fragen verhindern. Als er ihnen den<br />
Betrieb dann übergab, war der überdies<br />
schuldenfrei. Die Bücher wiesen eine solide<br />
Auftragslage aus – und sie durften weiter<br />
unter seinem Namen firmieren. „Das<br />
war uns sehr wichtig, denn so mussten<br />
wir nicht bei null beginnen“, erzählt Riedel.<br />
Dennoch habe sich Dünnbier „vom ersten<br />
Tag an konsequent aus der operativen Arbeit<br />
herausgehalten“.<br />
Zehn Jahre später entließen Kanzog und<br />
Riedel ihren Patron auch finanziell aus der<br />
Verantwortung: Sie erwarben seine Anteile.<br />
„Zu sehr fairen Konditionen“, beteuern<br />
sie. Jedem gehört nun die Firma zur Hälfte.<br />
Riedel besaß übrigens – obwohl nicht<br />
Geschäftsführer – von Kanzog unbegrenzte<br />
Vollmacht, für die Firma zu agieren. Sie tickten<br />
halt ähnlich, versichern beide, lägen in<br />
ihren strategischen Sichten nicht weit auseinander,<br />
harmonierten vor allem menschlich.<br />
„Wir einigen uns immer“, so Kanzog.<br />
Und Riedel ergänzt: „Wir suchen nicht die<br />
Lücken, die Verträge mit sich bringen. Wir<br />
sind Handwerker, keine Vertreter!“ W+M<br />
Wolfgang Dünnbier (M.) mit seinen beiden<br />
selbst herangezogenen Firmennachfolgern<br />
André Kanzog (r.) und Thomas Riedel.<br />
Foto: Harald Lachmann<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
001_Titel_0315 1 23.04.2015 14:44:45<br />
Titel_WuM_0415.indd 1<br />
18.06.15 13:16 Uhr<br />
W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><br />
<strong>MARKT</strong><br />
25. Jahrgang | Heft 1 | Februar/März 2014 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE E UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
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<strong>WIRTSCHAFT+</strong><br />
<strong>MARKT</strong><br />
25. Jahrgang | Heft 2 | April/Mai 2014 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE T S UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
EHMER M N<br />
Titelthema<br />
Was bringt das<br />
Superwahljahr 2014?<br />
Ratgeber<br />
So senkt man Risiken<br />
im Außenhandel<br />
Netzwerk<br />
W+M-Medientreff<br />
in Potsdam<br />
Interview mit Brandenburgs Ministerpräsident:<br />
Dietmar Woidke spricht über Ziele,<br />
Energiewende und Länderehe<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> 3/2014<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
25. Jahrgang | Heft 3 | Juni/Juli 2014 | e 3,50 | ZKZ 84618<br />
Wirtschaft+<br />
Markt<br />
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Tourismusboom<br />
stärkt<br />
Wirtschaft<br />
im Osten<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> 4/2014<br />
25. Jahrgang | Heft 4 | August/September 2014 | e 3,50 | ZKZ 84618<br />
W I rtsC haft+<br />
Markt<br />
Das OstDEutsC h E u ntE rnE h MEr M a G azI n<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> 5/2014<br />
25. Jahrgang | Heft 5 | Oktober/November 2014 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><br />
<strong>MARKT</strong><br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
Gründerzeit<br />
im Osten<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
Wende<br />
Energiewende<br />
auf dem<br />
Prüfstand<br />
Aufbruch<br />
Im<br />
Interview:<br />
Christine<br />
Lieberknecht<br />
Blühende Landschaften?<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> 1-2/2015<br />
26. Jahrgang | Heft 1-2 | März/April 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><br />
<strong>MARKT</strong><br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> 1-2/2015<br />
26. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><br />
<strong>MARKT</strong><br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> 1-2/2015<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><br />
<strong>MARKT</strong><br />
26. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
BRANDENBURG<br />
SACHSEN-ANHALT<br />
MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident<br />
Dietmar Woidke<br />
STUDIE<br />
BERLIN<br />
RÜCKKEHR ZUR<br />
INDUSTRIE<br />
BRAUNKOHLE<br />
UNVERZICHTBAR<br />
FÜR DEN OSTEN<br />
RATGEBER<br />
DAS BÜRO ZUM<br />
MITNEHMEN<br />
IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident<br />
Erwin Sellering<br />
UNTERNEHMEN<br />
ORWO – eine<br />
Tradition lebt auf<br />
RATGEBER<br />
Tagungen und<br />
Geschäftsreisen<br />
Mittelstand im<br />
digitalen Wandel<br />
UMFRAGE<br />
Welches Auto<br />
passt zu Ihnen?<br />
Kraftakt<br />
Firmenübergabe<br />
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46 | W+M TITEL<br />
Der Generationenwechsel im Osten<br />
GEFAHREN UND CHANCEN VON<br />
UNTERNEHMENSNACHFOLGEN<br />
Das Erfolgsrezept von Familienunternehmen<br />
ist die enge Verbindung der<br />
Familie mit ihrem Unternehmen:<br />
Hohe Loyalität, höchstes Engagement,<br />
Vertrauen, Rückhalt und Beharrlichkeit<br />
sorgen für ein schlagkräftiges Potenzial.<br />
Andererseits sind immerfort verschiedene<br />
Logiken mit je eigener Kommunikation<br />
und Dynamik zu verknüpfen und zu managen.<br />
Die Emotionalität der Familie trifft<br />
auf die Rationalität der Abläufe im Unternehmen.<br />
Diese Grenzen und die verschiedenen<br />
Rollen sind den Beteiligten nur selten<br />
bewusst. Spätestens bei der Nachfolge<br />
zeigt sich, ob und wie die Familie sich<br />
ihren Herausforderungen stellt. Es passiert<br />
nicht selten, dass das Thema Nachfolge<br />
über Jahre ignoriert wird, um es dann mit<br />
Aktionismus und heftigen Debatten innerhalb<br />
kurzer Zeit hinter sich bringen zu<br />
wollen. Die Folgen des Vermeidens und<br />
der Unklarheit bringen Familien-Unternehmen<br />
viel häufiger in eine Schieflage als der<br />
Markt. Die Ansicht „Wir sind eine Familie.<br />
Wir kriegen das schon hin.“ erweist sich<br />
dabei leider meist als Trugschluss.<br />
Vor einer besonderen Herausforderung<br />
stehen viele Unternehmerfamilien in den<br />
neuen Bundesländern. Die meisten haben<br />
nach der Wende im Alter von 40 bis<br />
50 Jahren noch einmal von null begonnen.<br />
Lange Zeit war ihre Freiheit eingeschränkt<br />
– Anfang der 1990er Jahre konnten<br />
sie diese endlich leben. Sie brachten<br />
mit ihren Visionen und ihrer Willensstärke<br />
die Wirtschaft im Osten zum Brummen.<br />
Die Gründer waren und sind Macher, die<br />
sich heute nicht einfach auf das Nebengleis<br />
rangieren lassen. Wer mit Ende 40<br />
gründet, denkt mit 60 ganz sicher nicht<br />
an den Ruhestand, an das eigene Alter<br />
und Bilanz ziehen. Die meisten Übergeber<br />
sehen in ihrem Rückzug aus dem Unternehmen<br />
einzig einen schmerzlichen<br />
Verlust ihres Lebenswerks und meist<br />
auch des Lebenssinns.<br />
Ist es den Familien bis jetzt noch nicht<br />
gelungen, im Innern auszumisten, Rollen<br />
und Beziehungen zu klären sowie eine<br />
klare und transparente Familienstrategie<br />
zu entwickeln, wird der Nachfolgeprozess<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit zu<br />
einem zähen Vorgang, der zu Blockaden<br />
und Stillstand führen kann.<br />
ZUR PERSON<br />
Katrin Ziebart arbeitet seit 20 Jahren<br />
als Geschäftsführerin und Teilhaberin in<br />
der elterlichen Firma bei Dresden. Als<br />
Coach und Beraterin unterstützt sie Familienunternehmen<br />
und Unternehmerfamilien<br />
darin, inmitten familiärer Beziehungen<br />
und Rollen souverän, gelassen<br />
und selbstbestimmt zu handeln.<br />
Ein Nachfolger erzählte mir, dass sein Vater<br />
und er sich im Dauerkonflikt befanden:<br />
„Ich hatte meine fertige Kündigung<br />
im Schreibtisch liegen.“ Unterschiedliche<br />
Denkweisen und Führungsstile prallten<br />
aufeinander. Irgendwann formulierte der<br />
Junior ein deutliches „Entweder, oder“.<br />
Das führte zwar zum Rückzug des Seniors,<br />
brachte allerdings die Vater-Sohn-<br />
Beziehung arg ins Wanken. Eine andere<br />
Nachfolgerin machte die Erfahrung, dass<br />
Gespräche, in denen die Familie „nüchtern“<br />
miteinander verhandeln wollte, regelmäßig<br />
eskalierten. Statt Klarheit kochten<br />
die Emotionen hoch. Das Fazit beider:<br />
Offenheit, Transparenz, die Klärung<br />
von Verantwortlichkeiten und ein genauer<br />
Zeitplan sind von Beginn an unerlässlich.<br />
Viele Unternehmerfamilien unterliegen<br />
dem Irrglauben, die Nachfolge sei ein<br />
rein sachlicher Prozess, welcher sich<br />
mit Hilfe bewährter Vertrauter – Steuerberater<br />
und Anwalt – ohne Tiefgang und<br />
Wachstumsschmerzen abhandeln lasse.<br />
Zu gern wird ausgeblendet, dass es in<br />
erster Linie um Menschen geht. Diese<br />
und ihr Verhalten sind weder mit Modellen<br />
planbar, noch können sie mit Paragrafen<br />
in die gewünschte Richtung bewegt<br />
werden. Ein gemeinsames Unternehmen<br />
und Eigentum als Familie schafft vor allem<br />
emotionale Verwicklungen, die sich<br />
enorm verschärfen, wenn sie unter den<br />
Tisch gekehrt werden.<br />
Unternehmensnachfolgen sind ein komplexer<br />
Prozess und beginnen weit vor der<br />
Klärung der Eigentumsverhältnisse und<br />
steuerrechtlichen Fragen. Die Bedeutung<br />
von Erfahrungen, Beziehungen, Rollen,<br />
Werten und Zukunftsplänen wird nicht<br />
in irgendeinem Vertrag geschaffen, sondern<br />
nur im kontinuierlichen Dialog innerhalb<br />
der Familie und zwischen den vom<br />
Prozess betroffenen Menschen. Die<br />
rechtzeitige Information der Mitarbeiter<br />
zählt für mich ebenfalls zur Basis einer<br />
gelungenen Nachfolge. In einer sorgfältig<br />
koordinierten Kommunikation liegt eine<br />
enorme Chance, als Übergeber würdevoll<br />
den Staffelstab zu überreichen sowie als<br />
Nachfolger eine breite Akzeptanz bei Mitarbeitern<br />
und Geschäftspartnern zu finden.<br />
Jeder Nachfolgeprozess ist ein idealer<br />
Ausganspunkt, um die Struktur sowie<br />
die Strategie der kommenden Jahre auf<br />
den Prüfstand zu stellen. Um langfristig<br />
als Familie und Unternehmen zu wachsen<br />
– und zu gewinnen.<br />
Katrin Ziebart<br />
Foto: privat<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
UNTERNEHMENSNACHFOLGE | 47<br />
10-PUNKTE-PLAN FÜR<br />
DIE ÜBERGABE VON<br />
FAMILIENUNTERNEHMEN<br />
1<br />
Die Beteiligten erkennen<br />
die Nachfolge als komplexen<br />
Prozess, der weit vor der<br />
Klärung der Eigentumsverhältnisse<br />
und steuerrechtlichen<br />
Fragen beginnt und weit<br />
über sie hinausgeht.<br />
5<br />
Der Junior positioniert sich<br />
nach angemessener Zeit: Das<br />
heißt, er übernimmt Verantwortung<br />
für sich und gegenüber Senior und<br />
Unternehmen – um gegebenenfalls<br />
rechtzeitig Platz zu machen<br />
für einen externen<br />
Nachfolger.<br />
6<br />
Bei interner Übernahme stehen<br />
Werte, Ziele und Rollen im Mittelpunkt<br />
der Familiengespräche. Einigung<br />
auf den kleinsten gemeinsamen Nenner<br />
unter Berücksichtigung der individuellen<br />
Bedürfnisse: Was verbindet uns?<br />
Wo wollen wir hin? In welchen<br />
Positionen und Rollen gehen<br />
wir unsere Ziele an?<br />
7<br />
Aufgaben, Kompetenzen und<br />
Verantwortungen werden geklärt.<br />
Unternehmensnachfolge ist eine Verbindung<br />
zwischen Altem und Neuen. Je<br />
ein Drittel „Vorhandenes bewahren“, ein<br />
Drittel „Erneuerung des Bisherigen“<br />
und ein Drittel „Ganz Neues schaffen“<br />
bilden am Anfang eine gute<br />
Balance zwischen Tradition<br />
und Neubeginn.<br />
2<br />
Start, Prozessrahmen<br />
und Zeitplan werden festgelegt.<br />
Wichtig: Wann erfolgt<br />
die Information an die<br />
Mitarbeiter, um sie mit<br />
ins Boot zu holen?<br />
8<br />
Der Nachfolgeprozess ist/<br />
wird eine feste Größe in der<br />
strategischen und strukturellen<br />
Unternehmensentwicklung.<br />
3<br />
Kontinuierlicher Dialog als Basis<br />
für Veränderungsbereitschaft.<br />
Tabus werden angesprochen, Erwartungen<br />
und Bedürfnisse formuliert.<br />
Erfrischende Klarheit in der Familie,<br />
Transparenz und Freiwilligkeit<br />
im Prozess bilden das Fundament<br />
für die Übergabe.<br />
4<br />
Wichtige Einzelprozesse von<br />
Senior und Junior laufen parallel.<br />
Für den Senior bedeutet das erfahrungsgemäß,<br />
sich rechtzeitig mit dem Thema Nachfolge<br />
sowie mit Ängsten, Befürchtungen und Zweifeln<br />
auseinanderzusetzen. Den Rückblick bewusst<br />
wahrzunehmen und Trauer zuzulassen. Nach attraktiven<br />
Perspektiven im „Danach“ zu suchen.<br />
Für den Junior stehen Fragen im Vordergrund<br />
wie: Will ich wirklich übernehmen? Welche<br />
Auswirkungen hat dies auf meine<br />
Träume, Wünsche und Lebenspläne?<br />
10<br />
Die (neue) Kultur der<br />
Offenheit in Familie<br />
und Unternehmen<br />
verankern.<br />
9<br />
Die Lösung der Familie mit<br />
Hilfe von Anwälten, Steuerberatern,<br />
etc. in verbindlichen,<br />
äußeren Rahmen setzen (Erbrecht,<br />
Gesellschaftsrecht,<br />
Steuerrecht, Altersvorsorge).<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
48 | W+M RATGEBER<br />
Gelangt dieses Know-how in fremde<br />
Hände, so sind sowohl die<br />
Investitionen in Forschung und<br />
Entwicklung als auch die einzelnen<br />
Arbeitsplätze gefährdet.<br />
„Aktuelle Sicherheitsstudien belegen,<br />
dass immer noch zu wenige<br />
Unternehmen – und hier gerade<br />
die kleinen und mittelständischen<br />
Betriebe – ihre Informationen<br />
nicht ausreichend schützen.<br />
„Wir sprechen hier von 92 Prozent<br />
der Unternehmen aller Größen<br />
in Deutschland, die<br />
das Bewusstsein<br />
für Datensicherheit<br />
zwar haben, aber<br />
nur von 35 Prozent,<br />
die wirklich etwas<br />
tun“, unterstreicht IT-<br />
Datensicherheitsexperte<br />
Ralf Ehren, Sprecher des<br />
SIBB Forums IT-Security, die<br />
aktuelle Situation in der Praxis.<br />
SIND IHRE DATEN SICHER?<br />
Wenn Kundendaten, Kontounterlagen,<br />
Personalakten, Strategiepapiere,<br />
Firmengeheimnisse oder Kreditkartendaten<br />
in falsche Hände geraten,<br />
hat dies nicht nur einen enormen Imageverlust<br />
zur Folge. Damit verbunden sind<br />
meist auch rechtliche Konsequenzen und<br />
finanzielle Schäden.<br />
Alle reden über Datenschutz, aber wenn es konkret wird, geht<br />
mancher ziemlich lax mit dem Thema um. Dabei verfügt wirklich<br />
jedes Unternehmen über schützenswerte Informationen und<br />
Dokumente. Von Ines Weitermann<br />
Bei einem kleinen Taxiunternehmer<br />
sind es vielleicht nur die Personaldaten<br />
in einer Excel-Datei, die als personenbezogene<br />
Daten gemäß Bundesdatenschutzgesetz<br />
besonders zu schützen<br />
sind. Bei einem großen Lohnsteuerbüro<br />
sind es beispielsweise Sozial-, Finanz- und<br />
Personaldaten ganz unterschiedlicher Klienten.<br />
Bei einem mittelständischen Unternehmen,<br />
das zum Beispiel zu den Hidden<br />
Champions in Deutschland zählt, können<br />
es Rezepturen, Unternehmensstrategien<br />
oder anderes einmaliges Know-how sein.<br />
SIBB<br />
SIBB e. V. ist das Netzwerk für die ITund<br />
Internetwirtschaft in Brandenburg<br />
und hat seinen Sitz in Wildau. Das Netzwerk<br />
SIBB region wird vom Ministerium<br />
für Wirtschaft und Energie des Landes<br />
Brandenburg im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe<br />
„Verbesserung der regionalen<br />
Wirtschaftsstruktur” (GRW) aus<br />
Mitteln des Bundes und des Landes<br />
Brandenburg gefördert.<br />
www.sibb.de<br />
IT-Sicherheit ist zweifellos eines der zentralen<br />
Themen beim Einsatz der Informations-<br />
und Kommunikationstechnik geworden.<br />
Hacker greifen zu immer raffinierteren<br />
Methoden, die dem Anwender oftmals<br />
täuschend echt Sicherheit vorgaukeln. In<br />
den meisten Fällen wird dieser Informationsabfluss<br />
nicht einmal bemerkt. Daher<br />
müssen wirkungsvolle Schutzmechanismen<br />
geschaffen werden. Etwa, indem<br />
man durch die Klassifizierung und die Verschlüsselung<br />
von Dokumenten unberechtigten<br />
Zugriff und Missbrauch verhindert.<br />
Worauf müssen Unternehmen achten?<br />
Der erste Schritt auf dem Weg zu sicheren<br />
Dokumenten könnte die Identifizierung<br />
und Klassifizierung sensibler Informationen<br />
oder vertraulicher Unterlagen sein, da-<br />
Foto: Antje Delater/pixelio.de<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
IT | 49<br />
mit diese entsprechend geschützt werden<br />
können. Doch geht dies nicht weit genug.<br />
Wichtige Maßnahmen sollten Unternehmen<br />
im ordnungsgemäßen Umgang mit<br />
Kundendaten in der gesamten Liefer- und<br />
Unternehmenskette sicherstellen.<br />
Mobile Geräte wie Smartphones oder Tablet-PCs,<br />
die die Mitarbeiter nutzen, sollten<br />
dabei den gleichen Sicherheitsprämissen<br />
entsprechen wie die Leitlinien innerhalb<br />
der Firma. Damit einher geht die<br />
Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeitern<br />
für das Thema IT-Sicherheit sowie<br />
der Schutz interner Netzwerke vor IT-Angriffen<br />
von außen, kurz die Schaffung einer<br />
„Sicherheitskultur“ im Unternehmen. Zu<br />
den wichtigsten Grundvoraussetzungen<br />
beim Schutz von sensiblen Daten gehören<br />
beispielsweise auch sichere Passwörter<br />
oder besser eine 2-Faktor-Authentisierung.<br />
„Diese Überprüfung in zwei Schritten,<br />
kurz auch ‚Wissen und Besitz’, lässt<br />
sich so erklären: Ich habe mein Konto und<br />
logge mich mit der mir bekannten PIN<br />
(Wissen) ein. Für die Überweisung erhalte<br />
ich von der Bank eine TAN auf mein Handy<br />
Datensicherheitsexperte Ralf Ehren.<br />
(Besitz) gesendet. Ich kann die Überweisung<br />
also nur ausführen, wenn ich sowohl<br />
das Wissen als auch den Besitz habe“, erklärt<br />
Ralf Ehren.<br />
Angesichts der wachsenden Nutzung und<br />
der Lagerung von Daten in der Cloud sollte<br />
man sich auch hier für einen seriösen Anbieter<br />
im EU-Raum entscheiden und mit<br />
der verschlüsselten Speicherung der Daten<br />
beim Cloud-Anbieter zusätzlich absichern.<br />
Dabei kann man den Anbieter auf<br />
Zertifikate prüfen, auf mögliche Kundenreferenzen<br />
und die Erfüllung der erforderlichen<br />
Standards. Wer hier neue Wege beschreiten<br />
will, kann für die vorbereitenden,<br />
sicherheitsrelevanten Aufgaben beispielsweise<br />
beim IT-Branchenverband SIBB e. V.<br />
in Berlin eine kostenfreie Check- und Ratgeberliste<br />
zur Implementierung von Cloud-<br />
Lösungen im Unternehmen anfordern.<br />
<br />
W+M<br />
EMPFEHLUNGEN FÜR UNTERNEHMEN<br />
Sichern Sie regelmäßig Ihre Unternehmensdaten.<br />
Achten Sie dabei besonders auf geregelte Prüfungen. Dringend<br />
zu empfehlen ist die Verwendung einer E-Mail-Verschlüsselung<br />
und einer digitalen Signatur.<br />
Erhöhen Sie die Sicherheit sensibler Dokumente in Ihrem<br />
Unternehmen und regeln Sie die Zugriffsrechte.<br />
So schützen Sie Ihr Unternehmens-Know-how vor Missbrauch und<br />
machen einen wichtigen Schritt zu einem wirkungsvollen Risikomanagement<br />
– Stichwort „Awareness“. Hierbei helfen Ihnen sogenannte<br />
„Dokumentenklassifizierungslösungen“, die Ihre Office-Dokumente<br />
mit nur wenigen Schritten in sogenannte Berechtigungsstufen<br />
einteilen (öffentlich, intern, vertraulich, streng vertraulich).<br />
Treffen Sie ausreichend Maßnahmen gegen Computerschädlinge<br />
und aktualisieren Sie Anti-Viren-Programme<br />
regelmäßig.<br />
Aktualisieren Sie regelmäßig die im Unternehmen befindlichen<br />
Anwenderprogramme (mit sogenannten Updates).<br />
Sichern Sie jeden PC und auch mobile Endgeräte sowie<br />
das gesamte Firmennetzwerk ab. Dazu gehört<br />
auch die Sicherung/Verschlüsselung des WLANs im<br />
Unternehmen.<br />
Bei Endgeräten sollten Sie Sorgfalt walten lassen. Das schließt<br />
den sicheren Zugriff auf Daten und den verantwortungsvollen<br />
Umgang mit diesen Geräten ein.<br />
Diese Möglichkeiten zur Sicherung von Unternehmensdaten<br />
haben Sie:<br />
Die Datensicherung erfolgt auf Speichermedien wie CD, DVD,<br />
USB-Stick oder externer Festplatte. Um sensible Daten vor elementaren<br />
Schäden wie beispielsweise Feuer oder Wasser zu<br />
schützen, wählen Sie zudem einen sicheren Ort – zum Beispiel einen<br />
Tresor oder ein Bankschließfach für Ihre Speichermedien.<br />
Schulen Sie Ihre Mitarbeiter zum Thema Sicherheit.<br />
Machen Sie das Thema Sicherheit zum fest integrierten Teil der<br />
Kommunikationsplanung im Unternehmen. Die Schulungen können<br />
extern oder intern erfolgen. Erarbeiten Sie einen Leitfaden<br />
mit klaren Vorgaben, auf den alle Mitarbeiter zugreifen können.<br />
Bündeln Sie Verantwortung etwa durch die Schulung zum Informationssicherheitsbeauftragten.<br />
Foto: SIBB<br />
Die Empfehlungen wurden im SIBB Forum IT-Security in Zusammenarbeit mit „<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong>“ und der M&H IT-Security GmbH<br />
erstellt. Besonderer Dank gilt Ralf Ehren. Die Empfehlungen stehen auch zum Download bereit: www.sibb.de/gremien/forum-it-security.html<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
50 | W+M UMFRAGE<br />
DES UNTERNEHMERS LIEBLINGSAUTO<br />
Unternehmer fahren einen Pkw als Firmenwagen<br />
und zumeist auch zur privaten Nutzung.<br />
Sie entscheiden selbst über Typ und Ausstattung.<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> möchte erfahren, worauf<br />
es Ihnen ankommt. Beteiligen Sie sich bis zum<br />
31. Juli 2015 an unserer kleinen Befragung – online,<br />
per Fax, per E-Mail oder per Post!<br />
Sie benötigen nur ein paar Minuten<br />
und erhalten von uns<br />
nicht nur exklusiv vorab die<br />
Auswertung der Umfrage,<br />
sondern können auch eine<br />
Wochenendfahrt mit Ihrem<br />
Lieblingsauto gewinnen. Der<br />
Rechtsweg beim Gewinnspiel<br />
ist ausgeschlossen.<br />
KAUFEN<br />
MARKE<br />
1. Kaufen oder leasen Sie Ihren persönlichen Firmenwagen?<br />
Kauf<br />
Leasing<br />
2. Nutzen Sie Finanzierungsangebote oder zahlen Sie in bar?<br />
Finanzierung<br />
Barkauf<br />
3. Kaufen Sie Neuwagen oder Gebrauchtwagen?<br />
Neu<br />
Gebraucht<br />
4. Nutzen Sie Sonderangebote?<br />
Ja<br />
Nein<br />
Manchmal<br />
5. Woher nehmen Sie Anregungen für die Auswahl<br />
des Fahrzeugs?<br />
Händler meines Vertrauens<br />
Bekannte<br />
Werbung<br />
Eigenrecherche<br />
Sonstiges<br />
1. Wie schätzen Sie persönlich das Image der folgenden<br />
Marken ein?<br />
Bitte bewerten Sie das Image der Marken – von 1 (sehr gut)<br />
bis 10 (sehr schlecht)!<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
Audi<br />
BMW<br />
Dacia<br />
Fiat<br />
Ford<br />
Hyundai<br />
Kia<br />
Lexus<br />
Mazda<br />
Mercedes-Benz<br />
Mitsubishi<br />
Nissan<br />
Opel<br />
Peugeot<br />
Porsche<br />
Renault<br />
Seat<br />
Škoda<br />
Suzuki<br />
Toyota<br />
Volkswagen<br />
Volvo<br />
Fotos: Audi, BMW, Daimler, Hyundai, Renault<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
W+M UMFRAGE | 51<br />
2. Welche Marke bevorzugen Sie persönlich?<br />
Bitte nennen Sie Ihre drei Favoriten, beginnend mit der<br />
höchsten Priorität!<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
AUSWAHLKRITERIEN<br />
Bitte bewerten Sie die jeweiligen Punkte von 1 (sehr wichtig)<br />
bis 10 (gar nicht wichtig)!<br />
Wie wichtig ist Ihnen …<br />
… eine gute Ausstattung?<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
3. Besitzen Sie auch Ihre bevorzugte Marke?<br />
Ja<br />
Nein<br />
4. Welche Marke würden Sie gern ein Wochenende lang testen?<br />
… das Preis-Leistungs-Verhältnis?<br />
… der Kaufpreis an sich?<br />
… das Image der Marke?<br />
FAHRZEUGTYP<br />
Welche Art von Pkw bevorzugen Sie?<br />
Bitte kreuzen Sie entsprechend an! Mehrfachnennungen<br />
sind möglich.<br />
Limousine<br />
Kombi<br />
Cabrio<br />
Van<br />
SUV<br />
Sonstiges<br />
Wenn Sie an unserer Verlosung teilnehmen möchten,<br />
füllen Sie bitte den Kontaktbogen aus:<br />
Firma<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Nr.<br />
PLZ, Ort<br />
E-Mail<br />
Ja, ich möchte das Online-Magazin W+M Kompakt mit<br />
News, Terminen und Blitzlichtern kostenfrei und unverbindlich<br />
per E-Mail erhalten.<br />
… die KW- beziehungsweise PS-Zahl?<br />
… die Umweltfreundlichkeit?<br />
… die Nähe zur nächsten Werkstatt?<br />
… die Größe des Werkstattnetzes?<br />
… der Service der Werkstatt?<br />
ZUKUNFT<br />
1. Werden Sie innerhalb der nächsten fünf Jahre<br />
auf ein E-Mobil umsteigen?<br />
Sicher<br />
Vielleicht<br />
Sicher nicht<br />
2. Nutzen Sie für sich selbst oder Ihre Mitarbeiter<br />
bereits Carsharing-Angebote wie Flinkster,<br />
DriveNow oder Car2go?<br />
Ja<br />
Nein<br />
Haben wir etwas vergessen, das Ihnen besonders<br />
wichtig ist?<br />
VIELEN DANK FÜR IHRE TEILNAHME!<br />
Online: www.WundM.info/Umfrage<br />
E-Mail: Umfrage@WundM.info<br />
Fax: 030 479071-20<br />
Post:<br />
W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />
Stichwort: Umfrage<br />
Zimmerstraße 56, 10117 Berlin<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
52 | W+M RATGEBER<br />
RESTRUKTURIERUNG<br />
IN DER KRISE<br />
Vier Fragen an …<br />
Dr. Michael Bormann<br />
W+M : Was ist bei einer Restrukturierung<br />
zu beachten?<br />
Michael Bormann: Bei Unternehmen in<br />
Krisensituationen gilt es in den meisten<br />
Fällen, zunächst die Liquidität zu sichern.<br />
Danach müssen die Assets erhalten werden.<br />
Das sind die gefüllten Auftragsbücher,<br />
das sind aber auch die Maschinen<br />
und Anlagen, und auch die fachlich versierte<br />
Belegschaft. Hier befinden sich<br />
die Werte des Unternehmens. Dann gilt<br />
es, die einzelnen Prozesse im Unternehmen<br />
kritisch unter die Lupe zu nehmen,<br />
um dann ein Sanierungskonzept erstellen<br />
zu können, was den Ansprüchen der involvierten<br />
Banken gerecht wird. Das umfasst<br />
ein zeitnahes Reporting über die finanzielle<br />
Situation, aber auch Verhandlungen<br />
mit Lieferanten und Kunden über zu<br />
verändernde Preise und Zahlungsmodalitäten.<br />
Darüber hinaus wird dann in einigen<br />
Fällen die Suche nach neuen Investoren<br />
oder strategischen Partnern erforderlich<br />
sein.<br />
W+M : Wie bezieht man die Hausbank optimal<br />
in eine Restrukturierung ein?<br />
Michael Bormann: Banken und andere<br />
Finanzierungspartner wie etwa mittelständische<br />
Beteiligungsgesellschaften<br />
müssen in diesen Prozess intensiv einbezogen<br />
werden. Zumeist ist es ja die<br />
Hausbank, die die Reißleine zieht, um<br />
den Unternehmen einen Neustart zu ermöglichen.<br />
In der Regel muss das Unternehmen<br />
seine Finanzierungsstrategie im<br />
Zuge der Restrukturierung neu gestalten,<br />
es müssen neue Formen der alternativen<br />
Finanzierung entwickelt oder auch Leasing-<br />
beziehungsweise Factoring-Institute<br />
neu einbezogen werden. Dieser Prozess<br />
muss zügig vonstattengehen, gerade<br />
weil sich das Unternehmen in einer<br />
Liquiditätskrise befindet. Das erfordert<br />
dann Bankenrunden, die von Restrukturierungsexperten<br />
moderiert werden sollten.<br />
Das sind in der Regel harte Verhandlungen,<br />
in denen die bisherigen Eigentümer<br />
des Unternehmens unterstützt werden<br />
müssen, weil sich die Situation sehr<br />
komplex darstellt.<br />
W+M : Sollte das bisherige Management<br />
an Bord bleiben?<br />
Michael Bormann: Das sollte man von<br />
Fall zu Fall betrachten. Auf der einen Seite<br />
sind die Erfahrungen des bisherigen Managements<br />
in ihren Unternehmen sehr<br />
hilfreich. Auf der anderen Seite muss<br />
man genau analysieren, was die Ursachen<br />
dafür waren, dass das Unternehmen<br />
in die Krise gekommen ist und welche<br />
Rolle die handelnden Personen gespielt<br />
haben.<br />
W+M : Was bringt der Einsatz externer Berater<br />
im Prozess einer Restrukturierung?<br />
Michael Bormann: Bei einer Restrukturierung<br />
muss alles auf den Prüfstand,<br />
vom Produktmanagement über Einkauf,<br />
Logistik, Vertrieb bis hin zum Controlling<br />
und der Buchhaltung. Hier haben externe<br />
Berater die unverstellte Sicht auf die<br />
Dinge und können schnell handeln. Es<br />
gilt hier aber auch, die Belegschaft mitzunehmen<br />
und in diesen Prozess einzubeziehen.<br />
Insofern stellt sich nicht nur die<br />
Frage nach dem Einsatz externer Berater,<br />
sondern gegebenenfalls die nach dem<br />
Einsatz eines Interimsmanagers, der personelle<br />
Vakanzen, die im Krisenfall entstanden<br />
sind, sofort ausfüllen kann.<br />
MICHAEL BORMANN<br />
Dr. Michael Bormann ist Gründungspartner<br />
der Sozietät bdp Bormann,<br />
Demant & Partner mit Büros unter<br />
anderem in Berlin, Dresden, Rostock<br />
sowie in Tianjin (China). Er berät Unternehmer<br />
in Fragen der Finanzierung,<br />
Restrukturierung, M&A und<br />
Unternehmensnachfolge sowie beim<br />
Aufbau von Produktionsstätten in<br />
China. Den Lesern von W+M wird er<br />
in diesem Jahr als Experte für Finanzierungsfragen<br />
zur Verfügung stehen.<br />
www.bdp-team.de<br />
Foto: bdp<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
FINANZEN | 53<br />
Risiko Berufsunfähigkeit<br />
PRIVATE ABSICHERUNG IST<br />
UNVERZICHTBAR<br />
In Deutschland werden Jahr für Jahr mehr als 360.000<br />
Menschen berufsunfähig. Doch nur jeder Zehnte ist für<br />
diesen Fall privat abgesichert. Von Karsten Hintzmann<br />
Michael Reizel,<br />
Geschäftsführer<br />
der BVUK.Gruppe.<br />
Foto: Kirsten Mittelsteiner, Quelle Schaubild: BVUK.Gruppe<br />
Die Zahlen sind alarmierend: Jeder vierte<br />
Arbeitnehmer scheidet heute frühzeitig<br />
krankheitsbedingt aus dem Arbeitsleben<br />
aus. Nahezu<br />
jeden kann es treffen<br />
– sei es durch<br />
Herz- und Kreislauf-<br />
Erkrankungen, Krebs<br />
oder Schädigungen Sonstiges<br />
der Knochen, Gelenke<br />
oder Wirbelsäule.<br />
Überraschen dürfte Unfälle<br />
der Fakt, dass knapp<br />
ein Drittel der Betroffenen<br />
wegen eines<br />
Krebs<br />
Nerven- und Gemütsleidens<br />
berufsunfähig<br />
wird.<br />
BERUFSUNFÄHIGKEIT KANN JEDEN TREFFEN<br />
Nerven- und Gemütsleiden<br />
Berufsunfähigkeit<br />
führt nicht selten zu einem sozialen Absturz,<br />
denn die gesetzlichen Leistungen<br />
sind oft mangelhaft. Häufig wird die Berufsunfähigkeit<br />
von der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
gar nicht oder nur teilweise<br />
anerkannt. Bei Arbeitnehmern, die nach<br />
1961 geboren wurden, gilt die sogenannte<br />
uneingeschränkte Verweisbarkeit. Das<br />
bedeutet, solange der Betroffene noch in<br />
der Lage ist, irgendeine andere Tätigkeit<br />
auszuüben, hat er keine oder allenfalls eingeschränkte<br />
Versorgungsansprüche. Aber<br />
auch wenn die volle Berufsunfähigkeit attestiert<br />
wird, sind finanzielle Engpässe<br />
programmiert. Ein Beispiel: Wird ein verheirateter<br />
Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen<br />
Nettoeinkommen von 1.676<br />
Euro (das entspricht einem Bruttoeinkommen<br />
von 2.600 Euro) berufsunfähig, erhält<br />
er als volle Erwerbsminderungsrente gerade<br />
einmal 698 Euro netto im Monat.<br />
Bei einer halben Erwerbsminderungsren-<br />
Wirbelsäule, Knochen, Gelenke<br />
Herz- und Kreislauferkrankungen<br />
te (die Arbeitsfähigkeit beträgt dann zwischen<br />
drei und sechs Stunden) sind es gar<br />
nur 349 Euro.<br />
3 %<br />
15 %<br />
22 %<br />
11 %<br />
Nach Einschätzung der Stiftung Warentest<br />
gilt die private Absicherung bei Berufsunfähigkeit<br />
daher als absolutes Muss.<br />
Allerdings gibt es auch hier Probleme und<br />
Unwägbarkeiten. Die Beitragskalkulationen<br />
der einzelnen Versicherungsgesellschaften<br />
variieren mitunter stark, zudem<br />
führen Vorerkrankungen oft zu Risikozuschlägen<br />
oder Ablehnungen.<br />
Die in Würzburg und Berlin beheimatete<br />
BVUK.Gruppe, die sich seit 15 Jahren<br />
um betriebliche Vergütungs- und Versorgungssysteme<br />
für Unternehmen und<br />
Kommunen kümmert, hat einen Weg gefunden,<br />
der die private Absicherung der<br />
Berufsunfähigkeit für Arbeitnehmer und<br />
Führungskräfte verlässlich und auf einem<br />
auskömmlichen finanziellen Niveau<br />
regelt. BVUK-Geschäftsführer Michael<br />
Reizel: „Wir organisieren die Absicherung<br />
ganzer Belegschaften von Unternehmen<br />
über maßgeschneiderte Kollektivverträge.<br />
Der große Vorteil dabei ist, dass keine<br />
vorherige Gesundheitsprüfung erforderlich<br />
ist. Es gibt keine<br />
Beitragszuschläge<br />
für Raucher, Motorradfahrer<br />
oder<br />
bestehende Leiden.<br />
30 %<br />
Wir sichern alle Berufsbilder<br />
bis zur gesetzlichen<br />
Regelaltersgrenze<br />
ab.“<br />
Mit der Kollektivabsicherung<br />
der<br />
BVUK.Gruppe erhalten<br />
Betroffene monatliche<br />
Berufsun-<br />
19 %<br />
fähigkeitsrenten in<br />
Höhe von mehr als<br />
2.000 Euro, Führungskräfte können gar mit<br />
bis zu 5.000 Euro Rentenleistungen rechnen.<br />
Ein weiterer Vorteil, den die BVUK.<br />
Gruppe offeriert: Wenn der Arbeitnehmer<br />
bis zum Eintritt in die reguläre Altersrente<br />
arbeiten kann, also nicht berufsunfähig<br />
wird, erhält er eine Auszahlung aus den<br />
Überschüssen des Versicherers. W+M<br />
BVUK.Gruppe<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Ebertsklinge 2a<br />
97074 Würzburg<br />
Tel. 0931 359096-0<br />
Fax. 0931 359096-93<br />
info@bvuk.de<br />
www.bvuk.de<br />
Darüber hinaus unterhält die BVUK.<br />
Gruppe Büros in Berlin, Dresden,<br />
Hamburg, Nürnberg und Baden-Baden.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
54 | W+M RATGEBER KULTUR<br />
W+M präsentiert:<br />
DIE OSTDEUTSCHE<br />
BESTSELLERLISTE FÜR<br />
WIRTSCHAFTSLITERATUR<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
7<br />
6<br />
8<br />
5<br />
9<br />
10<br />
Die ostdeutsche Bestsellerliste für Wirtschaftsliteratur<br />
wird aus den Verkaufszahlen<br />
großer Buchhandlungen in Brandenburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />
erstellt. Beteiligt haben sich:<br />
• Hugendubel Cottbus, Mauerstraße 8,<br />
03046 Cottbus<br />
• Hugendubel Erfurt, Anger 62,<br />
99084 Erfurt<br />
• Hugendubel Greifswald, Markt 20–21,<br />
17489 Greifswald<br />
• Hugendubel Leipzig,<br />
Petersstraße 12–14, 04109 Leipzig<br />
• Hugendubel Potsdam, Stern-Center 1,<br />
14480 Potsdam<br />
• Hugendubel Schwerin, Marienplatz 3,<br />
19053 Schwerin<br />
• Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung,<br />
Logenstraße 8, 15230 Frankfurt/Oder<br />
Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />
offen. Schreiben Sie bei Interesse<br />
eine E-Mail an JP@WundM.info.<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
NETZWERK GESELLSCHAFT | 55<br />
4. Golfturnier für Freunde in Motzen<br />
EIN RUNDUM SCHÖNES SPIEL<br />
Einen Auftakt in die Golfsaison bot für viele der Teilnehmer<br />
das Turnier „Golfen für Freunde“ Anfang Mai im Berliner<br />
Golf- und Country Club Motzener See e. V. Das Magazin<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> hatte gemeinsam mit weiteren Partnern<br />
eingeladen zu einem sportlichen Beisammensein mit Freunden.<br />
Gespielt wurde Scramble über 18 Löcher und das bei schönstem<br />
Sonnenschein. Hier gingen nach gut viereinhalb Stunden Spielzeit<br />
Jens Albrecht, Björn Nitzsche und Franka Höptner als Sieger<br />
bei der Brutto-Wertung hervor. So richtig spannend machten das<br />
Turnier jedoch die vielen Nearest-to-the-Pin-Wertungen, bei denen<br />
es Übernachtungen, Wellness-Gutscheine, Kunst oder sogar<br />
einen Maßanzug zu gewinnen gab. Erfolglos blieb leider der Versuch,<br />
am Loch acht ein Hole-in-one zu platzieren, auch wenn einige<br />
dem Ziel sehr nahe kamen. Das könnte den Teilnehmern des<br />
Schnupperkurses ein Anreiz sein, im kommenden Jahr ebenfalls<br />
im Turnier mitzuspielen. Schließlich wurde nach dem erneut positiven<br />
Spontan-Feedback beschlossen, dass es auch 2016 wieder<br />
ein Turnier für Freunde geben wird. Als Termin ist der 9. Mai<br />
2016 vorgemerkt. Also: Save the date! W+M<br />
Professor Jürgen Kiwit, Till Esser, Steffen Kirchner und Jurek<br />
Schwarz (v. l.) bildeten den Unternehmensflight der NH Hotels Berlin.<br />
Das Ehepaar Fitz<br />
sowie Silvia Glaßer<br />
und Brunhild Stelter<br />
(v. l.).<br />
Ludger Wentrup (l.), Karin Herzog und<br />
Philipp Meier zu Eissen holten den<br />
zweiten Netto-Sieg.<br />
Dr. Sabine Renner, Sven Ahrenknecht,<br />
Christopher Schulz und Dr. Renate Weisse (v. l.)<br />
waren ebenfalls erfolgreich auf dem Platz.<br />
Andreas Gerber, Thomas Süß und Frank<br />
Nehring (v. l.) starteten im ersten Flight.<br />
Andrea Grandjean und Sven Tinkl gewannen<br />
den Schnupperpreis.<br />
Jens Albrecht (l.), Franka Höptner und Björn<br />
Nitzsche wurden Brutto-Sieger.
56 | W+M NETZWERK<br />
Tanzfreudige Ballgesellschaft.<br />
Wirtschaftsball des UV Rostock<br />
WALZER AM MEER<br />
Der Unternehmerball in Rostock ist<br />
für Vertreter von Wirtschaft, Politik<br />
und Gesellschaft immer ein Höhepunkt.<br />
Auch in diesem Jahr waren wieder<br />
über zweihundert Gäste gekommen, um<br />
im besonderen Ambiente des Hotels Neptun<br />
in Warnemünde bei Musik, Showunterhaltung<br />
und gutem Essen gemeinsam<br />
zu feiern. Vielversprechendes Motto des<br />
Abends: Walzer am Meer.<br />
Nach der schwungvollen Balleröffnung<br />
durch Mitglieder des Turnier Tanz Club<br />
Rostock e. V. musste Frank Haacker, Präsident<br />
des UV Rostock, die erstarrte Moderatorin<br />
Tanja Roll wieder zum Leben erwecken.<br />
Diese begeisterte das Publikum<br />
mit Kostproben ihres Könnens, das von<br />
Pantomime bis Gesang und Tanz reichte.<br />
Der Rostocker Opernchor unter Leitung<br />
von Stefan Bilz sowie die Sopranistin<br />
Theresa Grabner, begleitet von Theodora<br />
Belu, erhielten für ihre Darbietung aus<br />
„Carmen“ und der „Fledermaus“ ebenfalls<br />
großen Applaus.<br />
Zu einem eleganten Ball gehört natürlich<br />
das Thema Mode. Die Gäste konnten<br />
sich dahingehend bei den Designern<br />
Galina Krüger von Bella Donna Modedesign<br />
und Maike Schambach informieren<br />
und sich Anregungen bei der stimmungsvollen<br />
Modenschau von Andreas<br />
Kiefer holen. In reger Zusammenarbeit<br />
und mit „Google-Hilfe“ konnten dann<br />
auch die kniffligen Aufgaben im Mode-<br />
Quiz gelöst werden, wofür es attraktive<br />
Preise gab.<br />
W+M<br />
Professioneller Walzer.<br />
Moderatorin Tanja Roll.<br />
Gastgeber des Abends: Manuela Balan und Frank Haacker.<br />
Gut gelaunte Ballgäste.<br />
Fotos: Angelika Heim
GESELLSCHAFT | 57<br />
Wirtschaftsball des UV Schwerin<br />
TANZ IN DER STERNENHALLE<br />
Auch dieses Jahr war Mercedes-<br />
Benz in Schwerin mit seiner Sternenhalle<br />
erneut Gastgeber des gemeinsamen<br />
Wirtschaftsballs von Rostocks<br />
Unternehmerverband, IHK und Handwerkskammer.<br />
Der sportliche Ansatz,<br />
Grenzen zu überwinden, spiegelte sich bereits<br />
in der Wahl der Dekoration wider: ein<br />
Mercedes AMG PETRONAS F1 CO5 Hybrid<br />
aus der siegreichen Rennserie der Formel<br />
1 2014 schmückte den Ballsaal und in<br />
einer Endlosschleife wurden schon im Vorfeld<br />
der Sportgala die nominierten Fotos<br />
zum „Sportfoto des Jahres 2014” gezeigt.<br />
Dass auch im unternehmerischen Alltag<br />
ständig Grenzen zu überwinden sind, dokumentierten<br />
in beeindruckender Art und<br />
Weise die diesjährig Nominierten zum<br />
Unternehmerpreis. Als Höhepunkt des<br />
Abends – nun schon zum 22. Mal Gegenstand<br />
des Unternehmer- und Wirtschaftsballs<br />
– wurde der Unternehmerpreis an<br />
Jürgen Kuhnert überreicht.<br />
Rund 250 Gäste, darunter auch Vertreter<br />
befreundeter Verbände, Unternehmer<br />
aus ganz Westmecklenburg sowie Persönlichkeiten<br />
aus Verwaltung und Politik,<br />
nutzten die Möglichkeit, ein paar schöne<br />
Stunden miteinander zu verbringen. Kulinarisch<br />
zeichnete erneut Norbert Ripka<br />
mit seinem Catering-Service verantwortlich.<br />
Mit einem eigenen Front-Cooking-<br />
Bereich ergänzte er die große Auswahl<br />
von Speisen und Desserts. Zu später<br />
Stunde war die Nachtbar der Mittelpunkt<br />
für viele Ballgäste.<br />
W+M<br />
Zeit für ein Gespräch am Rande.<br />
Präsidenten und Geschäftsführer der<br />
befreundeten Unternehmerverbände.<br />
Gerold Jürgens (l.) und Rolf Paukstat mit Begleitung.<br />
Die Sternenhalle war festlich gestaltet.<br />
Foto: maxpress<br />
UV-Schwerin-Präsident Rolf Paukstat (l.) sowie Bernd Nottebaum,<br />
1. Stellvertreter der Oberbürgermeisterin von Schwerin, übergaben<br />
den Unternehmerpreis an Jürgen Kuhnert (M.).
58 | W+M NETZWERK GESELLSCHAFT<br />
UV-Business Challenge in Leipzig<br />
WIRTSCHAFT SPIELT GOLF<br />
Unter dem Motto „Wirtschaft spielt Golf“ fand Mitte Mai<br />
die 4. UV-Business Challenge, das Golfturnier der Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />
und Berlin, statt. Austragungsort war der GolfPark Leipzig-Seehausen.<br />
Hier trafen sich 57 Golfer zu einem interessanten<br />
Turnier, das in der Form 4er Scramble nach Stableford gespielt<br />
wurde. Aber auch 17 Schnupperkurs-Teilnehmer wollten<br />
wissen, wie man Golf spielt und erlebten gemeinsam mit zahlreichen<br />
Gästen aus ganz Ostdeutschland einen tollen Tag. Schluss<br />
war erst in den späten Abendstunden. Erstmalig wurde das<br />
Turnier zusammen mit dem Verein Gemeinsam für Leipzig e. V.<br />
ausgerichtet.<br />
W+M<br />
Erfahrene Golfer in Aktion.<br />
Das Tunier – eine sportliche Herausforderung für jeden Teilnehmer.<br />
Charmante Gastgeber.<br />
Die Tunierteilnehmer kamen aus ganz Ostdeutschland nach Leipzig.<br />
Abschläge auf der Driving Range.<br />
Fotos: UV Sachsen
Die Spieler jagen dem Ball hinterher. Die Zuschauer verfolgen interessiert das Spektakel.<br />
International CHOPARD Beach-Polo Cup<br />
BEACH-POLO IN WARNEMÜNDE<br />
Die Gewinner des CHOPARD Beach-Polo Cup.<br />
Ende Mai fand – mit <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> als Medienpartner<br />
– in Warnemünde der internationale CHOPARD Beach-<br />
Polo Cup statt. Ein Ereignis, das gut ins Ambiente des Ostseebades<br />
mit dem großem Ostseestrand passte und Anziehungspunkt<br />
für die vielen Urlauber vor Ort und einige spezielle Polofreunde<br />
war. Hier etabliert sich ein Event, das es in sich hat.<br />
Sechs Teams mit je zwei Spielern und über 50 Polopferde begeisterten<br />
die Zuschauer mit kurzweiligem Spiel. Wer mehr<br />
erfahren wollte, musste nur zuhören. The Voice of Polo, der<br />
bekannte und zugleich unterhaltsame Polo-Experte Jan-Erik<br />
Franck, feuerte Polospieler wie Zuschauer gleichermaßen an.<br />
Unterstützung bekam er von Rommy Arndt, der n-tv-Moderatorin,<br />
die am Spielfeldrand mit verständlichen Erklärungen und<br />
Kurzinterviews aufwartete und durch die Abendveranstaltungen<br />
führte. Wer es sich leisten wollte, buchte VIP-Tickets und<br />
erhielt dafür viel geboten. Kulinarisch vom 18-köpfigen Team<br />
des Dresdner Sternekochs Mario Pattis umsorgt, waren alle<br />
während der Spiele tagsüber und bei den Abendveranstaltungen<br />
in bester Stimmung.<br />
Fazit: Eine tolle Veranstaltung für Warnemünde, die Zuschauer,<br />
die Veranstalter und die Sponsoren. Nächstes Jahr bitte<br />
wieder!<br />
W+M<br />
Jan-Erik Franck<br />
(“The Voice of Polo”)<br />
mit Rommy Arndt<br />
(“The Voice of n-tv”)<br />
am Spielfeldrand.<br />
Medienpartnerschaft: Veranstalter<br />
Matthias Ludwig von Polo Riviera mit<br />
W+M-Herausgeber Frank Nehring (r.).<br />
Fotos: Ralf Succo/SuccoMedia, Privat<br />
Warnemünde und der Teepott –<br />
ein fantastische Kulisse für das Turnier.<br />
Die Polospieler und ihre besonderen Pferde<br />
ziehen die Zuschauer in ihren Bann.<br />
Die Sponsoren kamen auf ihre Kosten,<br />
die Zuschauer auch.
60 | W+M NETZWERK<br />
War Vorbild für den<br />
„KdF-Wagen“ (VW Käfer): Tatra 97.<br />
WAS VON DER WELTFIRMA<br />
TATRA GEBLIEBEN IST<br />
Tatra war eine der ersten Autofabriken weltweit,<br />
die erste Österreich-Ungarns. Kleinwagen, Luxuslimousinen,<br />
Lastkraftwagen und Schienentriebwagen<br />
hat sie produziert. Ihre geländegängigen Lkw<br />
gewannen sechs Mal die Rallye Paris-Dakar. Was ist<br />
von ihr geblieben und welche ihrer Konstruktionen<br />
haben überlebt? Damit beschäftigte sich der<br />
Arbeitskreis Verkehrswesen des VBIW auf seiner<br />
Tagung in Potsdam-Golm. Von Rudolf Miethig (VBIW)<br />
Immerhin – Lkw produziert Tatra noch.<br />
Jedenfalls, solange Aufträge vorliegen.<br />
Der größte stammt vom saudiarabischen<br />
Militär. Was ist es, das den<br />
Tatra für den Einsatz im Wüstensand so<br />
geeignet macht?<br />
Der Arbeitskreis Verkehrswesen des<br />
VBIW hat das Tatra-Konzept analysiert.<br />
Während andere noch Fahrzeuge mit Leiterrahmen<br />
und Starrachse bauten, brachte<br />
Tatra 1921 den Kleinwagen T 11 mit<br />
neuartigem Zentralrohrrahmen und gelenklos<br />
angetriebenen Pendelachsen heraus,<br />
ein erster Schritt in Richtung Einzelradaufhängung.<br />
Gelenkwellen waren damals<br />
noch nicht zuverlässig genug. Und<br />
so entwickelte Tatra-Chefkonstrukteur<br />
Ledwinka den Zentralrohrrahmen, an dessen<br />
vorderem Ende das Getriebe und an<br />
dessen hinterem Ende der Achsantrieb<br />
starr befestigt waren, so dass keine Bewegung<br />
zwischen beiden auftreten konnte<br />
und somit eine gelenklose Antriebswelle<br />
genügte. Ebenso genial funktionierten<br />
die Pendelachsen. Die Tellerräder der<br />
Achswellen wälzten sich auf den Ritzeln<br />
der Antriebswelle ab, damit brauchten die<br />
Achswellen kein Gelenk. Weitere Vorteile<br />
dieses geschlossenen Systems: Schmutz<br />
und Sand können nicht in Gelenke eindringen,<br />
die es nicht gibt.<br />
einen Volkswagen, und der sollte aus<br />
Wolfsburg kommen.<br />
Der Staatsbetrieb Tatra behielt sein Konzept<br />
bei, während sich Volkswagen in den<br />
1970er Jahren den internationalen Ent-<br />
Derzeit bietet Tatra den Phoenix 6x6 an.<br />
Später verlegte Tatra den<br />
Motor ins Heck und benutzte<br />
für den Pkw T 97 eine<br />
Grundplatte mit einem Mittelträger,<br />
wie sie Ferdinand<br />
Porsche auch für den „KdF-<br />
Wagen“ anwandte. Weitere<br />
Ähnlichkeiten zwischen beiden<br />
Fahrzeugen betreffen<br />
die Pendelachsen, den luftgekühlten<br />
Boxermotor im<br />
Heck, die stromlinienförmige<br />
Karosserieform. So wunderte<br />
es nicht, dass nach<br />
dem Anschluss der Stadt<br />
Kopřivnice (Nesselsdorf)<br />
an das damalige Deutsche<br />
Reich die Produktion des<br />
T 97 eingestellt worden<br />
war. Berlin wollte eben nur<br />
Hinterachsantrieb der gelenklosen<br />
Pendelachsen.<br />
wicklungen anpasste und sich mit dem<br />
Typ Golf vom Heckmotor und seinen<br />
Pendelachsen trennte. Schließlich trauten<br />
nicht einmal mehr die Genossen in<br />
Berlin dem Tatra 603 mit seiner fehlenden<br />
vorderen Knautschzone und seiner<br />
Schleuderneigung. Sie fanden stattdessen<br />
im Volvo und im Citroën CX sicherere<br />
Regierungsfahrzeuge. 1999 ging die<br />
Pkw-Ära von Tatra schließlich zu Ende.<br />
Wenn aber Lkw für schweren Baustellen-<br />
Einsatz oder die Wüste benötigt werden,<br />
ist der Tatra mit Zentralrohr, Pendelachsen<br />
und luftgekühltem Motor erste Wahl.<br />
<br />
W+M<br />
Fotos: dave_7-Flickr/Wikimedia (oben), Rudolf Miethig (VBIW) (unten, Mitte)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
VBIW | 61<br />
VBIW LOBT ZUM 24. MAL SONDERPREISE<br />
FÜR „JUGEND FORSCHT“ AUS<br />
Foto: BASF, Grafik: Stiftung Jugend forscht e. V.<br />
Es geht wieder los!“, lautete das Motto<br />
des Jugend-forscht-Wettbewerbs<br />
2014/15. Seit 50 Jahren gibt es den<br />
Nachwuchsforscher-Wettbewerb. Der<br />
VBIW unterstützt ihn zum 24. Mal durch<br />
Juroren-Tätigkeit und durch seine Sonderpreise.<br />
Das ehrenamtliche Engagement<br />
seiner Mitglieder für den Wettbewerb ist<br />
fester Bestandteil des Programms des Vereins.<br />
Tim Grutzeck freut sich auf den praktischen<br />
Einsatz seines Kanalerkundungsroboters.<br />
Auf dem Regionalwettbewerb Brandenburg<br />
Ost hatte Manfred Fladrich vom<br />
VBIW den Sonderpreis an drei 17-jährige<br />
Schüler des Max-Steenbeck-Gymnasiums<br />
überreicht. Die Cottbuser beschäftigten<br />
sich mit dem Wirkungsgrad von<br />
Windkraftanlagen. Die Oberflächenmodifizierung<br />
der Flügel testeten sie in einem<br />
selbst entwickelten Windkanal. In<br />
Fortführung der Arbeit soll ein Zusammenhang<br />
zwischen verschiedenen Anströmungs-<br />
und Profilgeschwindigkeiten<br />
und der idealen Oberflächenrauigkeit<br />
hergestellt werden. Das Projekt errang<br />
beim Landesfinale in Schwarzheide den<br />
2. Platz im Fachgebiet Technik.<br />
Mit seinem Projekt „Konstruktion und<br />
Programmierung eines Kanalerkundungsroboters“<br />
überzeugte Tim Grutzeck auf<br />
dem Regionalwettbewerb Brandenburg<br />
West den VBIW und erhielt den Sonderpreis<br />
des Vereins. Nachdem Tim im Vorjahr<br />
sein Modell des Erkundungsroboters<br />
vorgestellt hatte, erhielt dieser jetzt eine<br />
konkrete Aufgabe. Nach Forschung und<br />
Modellbau erfolgte die praktische Nutzung<br />
– besser kann es nicht laufen. Die<br />
Stadt Hohen Neuendorf (Kreis Oberhavel)<br />
plant einen Sportplatz. Unter ihm befindet<br />
sich aber ein Regenwasserkanal,<br />
der dieses Vorhaben, wenn er nicht untersucht<br />
wird, gefährden könnte. Tim konstruierte<br />
und programmierte im Auftrag<br />
der Stadt und<br />
der Merkel-Tiefbau<br />
GmbH einen<br />
sechsbeinigen<br />
Laufroboter, der<br />
– mit einem Kinect-Sensor<br />
ausgestattet<br />
– seine<br />
Umgebung dreidimensional<br />
erfassen und Hindernisse<br />
überwinden kann. Der 17-jährige Schüler<br />
des Marie-Curie-Gymnasiums in Hohen<br />
Neuendorf errang den Landessieg<br />
für die beste interdisziplinäre Arbeit.<br />
Der Verbesserung der Arbeitssicherheit<br />
haben sich Philipp Ostwaldt und Jonathan<br />
Heiner von der Heidelberger Druckmaschinen<br />
AG in Brandenburg an der Havel<br />
verschrieben. Die beiden Azubis gingen<br />
der Frage nach, warum sich Mitarbeiter<br />
immer wieder Verbrennungen am<br />
Schrumpfgerät Diebold FKS 04 zuzogen.<br />
Für die Tür dieses Gerätes haben sie einen<br />
automatischen Schließmechanismus<br />
mit elektropneumatischen Bauteilen<br />
entwickelt. Mit ihm sollen Verbrennungen<br />
der Hände vermieden werden.<br />
Tests mit dem Prototyp sind noch erforderlich,<br />
aber bereits vorgesehen. Dieses<br />
Projekt wurde zum Landesfinale mit dem<br />
VBIW-Preis ausgezeichnet.<br />
Jutta Scheer (VBIW)<br />
VBIW – Verein Brandenburgischer<br />
Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />
Landesgeschäftsstelle:<br />
Fürstenwalder Str. 46,<br />
15234 Frankfurt (Oder),<br />
Tel.: 0335 8692151<br />
E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />
Internet: www.vbiw-ev.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
62 | W+M NETZWERK<br />
UV Thüringen<br />
SCHNELLER NACH ERFURT<br />
Termine<br />
UV BRANDENBURG-BERLIN<br />
03.07.2015: 16:00–22:00 Uhr<br />
Sommerfest des UVBB<br />
Sport Park Cottbus, Lange Str. 2,<br />
03051 Cottbus-Gallinchen<br />
06.07.2015: 18:00 Uhr<br />
Potsdamer Gespräche<br />
VCAT Consulting GmbH, August-Bebel-<br />
Str. 26–53, 14482 Potsdam<br />
Die Talbrücke Froschgrundsee gehört mit zum Verkehrsprojekt Nr. 8.<br />
Eine Exkursion des Unternehmerverbands<br />
Thüringen gab es mit der Deutschen Bahn<br />
zum Thema Verkehrsprojekt Deutsche<br />
Einheit Nr. 8. Dieses Projekt umfasst den<br />
Neu- und Ausbau der ICE-Strecke zwischen<br />
München und Berlin. Auch die Thüringer<br />
Landeshauptstadt Erfurt wird Nutznießer<br />
dieser neuen und schnelleren Nord-<br />
UV Sachsen<br />
„Der Unternehmerabend<br />
des UV Sachsen in Kooperation<br />
mit den beiden Mitgliedsunternehmen<br />
Stadtwerke<br />
Leipzig und der<br />
BMW-Niederlassung Leipzig<br />
war ein voller Erfolg“,<br />
heißt es aus dem Verband.<br />
Das Thema „Elektromobilität“<br />
war für mehr als 50<br />
Gäste ein durchaus interessanter<br />
Grund, um in dieser<br />
Form in der BMW-Niederlassung<br />
Leipzig zusammenzukommen.<br />
Nach Vorträgen<br />
von Christoph Friedrich<br />
(Projektleiter Klima/<br />
Elektromobilität der Stadtwerke<br />
Leipzig) und Oliver Venohr (Vertrieb<br />
BMW i Deutschland) konnten die<br />
Gäste die zur Verfügung gestellten Elek-<br />
Süd-Verbindung. So soll die Fahrzeit mit<br />
dem ICE ab Dezember 2015 zwischen Erfurt<br />
und Leipzig nur noch 39 Minuten betragen.<br />
Auch die Thüringer Wirtschaft erhofft<br />
sich durch den neuen ICE-Knotenpunkt<br />
zusätzliche Unternehmensansiedlungen<br />
und darüber hinaus die Schaffung<br />
neuer Arbeitsplätze in der Region.<br />
UNTERNEHMERABEND BEI BMW<br />
Lars Schaller (UV Sachsen), Olaf Seeberg (Stadtwerke<br />
Leipzig) und Carsten Bödecker (BMW-Niederlassung Leipzig)<br />
beim Unternehmerabend (v. l.).<br />
trofahrzeuge testen. Nach den rasanten<br />
Probefahrten fanden sich alle zum Gettogether<br />
zusammen.<br />
03.08.2015: 18:00 Uhr<br />
Potsdamer Gespräche<br />
VCAT Consulting GmbH, August-Bebel-<br />
Str. 26–53, 14482 Potsdam<br />
UV ROSTOCK<br />
09.07.2015:<br />
Unternehmertag „Deutschlands Bildung:<br />
Spitze oder Mittelmaß?“<br />
Hotel Neptun, Seestraße 19, 18119 Rostock-Warnemünde<br />
06.08.2015:<br />
Hanse Sail Business Forum „Digitalisierung<br />
– Chancen und Herausforderungen<br />
für die Unternehmen in M-V“<br />
Hotel Sonne, Apollosaal, Neuer Markt 2,<br />
18055 Rostock<br />
UV SACHSEN<br />
29.06.–09.07.2015:<br />
SACHSEN Sail<br />
Istanbul/Türkei<br />
Veränderungen von Themen, Terminen<br />
und Veranstaltungsorten können nicht<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Fotos: DB AG/Luftbild Nürnberg Dietze (oben), UV Sachsen (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
UNTERNEHMERVERBÄNDE | 63<br />
Fotos: UV Rostock<br />
UV Rostock-Mittleres Mecklenburg<br />
NEUE REGIONALGRUPPE GEGRÜNDET<br />
Die Regionalleiter Dirk Grigull, Hans-Jürgen Fink und Werner Deil (v. l.).<br />
Zur Stärkung der Verbandsarbeit in den<br />
Regionen haben sich unlängst die drei<br />
Regionalleiter für Teterow, Güstrow und<br />
Waren zu einer konstituierenden Sitzung<br />
der „Regionalgruppe Mittleres Mecklenburg“<br />
getroffen. Die Zielstellung dabei<br />
ist das Bündeln der Kräfte, um in Zusammenarbeit<br />
mit der Geschäftsstel-<br />
NEUES PRÄSIDIUM<br />
GEWÄHLT<br />
Mit der Mitgliederversammlung des UV<br />
Rostock steht fest: Frank Haacker bleibt<br />
auch für die nächsten vier Jahre Präsident<br />
des Verbandes. Weiterhin wurden<br />
Anja Hausmann zur Schatzmeisterin, Dr.<br />
Stephan Thiel zum ersten Vizepräsidenten<br />
und Axel Erdmann zum zweiten Vizepräsidenten<br />
gewählt. Neben diesem geschäftsführenden<br />
Präsidium wurden weitere sieben<br />
Unternehmer in das Präsidium gewählt.<br />
„Der gute Mix aus erfahrenen und<br />
neuen Präsidiumsmitgliedern, aber auch<br />
aus Unternehmern der verschiedensten<br />
Branchen und aus den unterschiedlichsten<br />
Regionen unseres Verbandes, ist eine<br />
solide Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit<br />
und interessante Diskussionen<br />
le Rostock gemeinsame Veranstaltungen<br />
zu organisieren und Unternehmer<br />
aus dem gesamten Gebiet zusammenzubringen.<br />
Veranstaltungen werden zukünftig<br />
wechselnd in Güstrow, Teterow<br />
und Waren stattfinden. Der gemeinsame<br />
Auftakt fand am 3. Juni im Landhotel<br />
Schloss Teschow statt.<br />
Frank Haacker bleibt auch für die nächsten<br />
vier Jahre Präsident des UV Rostock.<br />
darüber, welche Themen aktuell wichtig<br />
für unsere Mitglieder sind und damit auf<br />
die Agenda unseres Verbandes gehören“,<br />
meint Präsident Frank Haacker.<br />
GESCHÄFTSSTELLEN<br />
Unternehmerverband Berlin e. V.<br />
Präsident: Armin Pempe<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführer: N. N.<br />
Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />
Tel.: +49 30 9818500<br />
Fax: +49 30 9827239<br />
E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />
Internet: www.uv-berlin.de<br />
Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />
Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />
Geschäftsführer: Steffen Heller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />
Tel.: +49 331 810306<br />
Fax: +49 331 8170835<br />
E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />
Internet: www.uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Französische Str. 12, 10117 Berlin<br />
Tel.: +49 30 2045990<br />
Fax: +49 30 20959999<br />
E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Cottbus<br />
Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />
Tel.: +49 355 22658<br />
Fax: +49 355 22659<br />
E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Fürstenwalde<br />
Tränkeweg 13, 15517 Fürstenwalde<br />
Tel.: +49 3361 55630<br />
Fax: +49 3361 556311<br />
E-Mail: fuerstenwalde@uv-bb.de<br />
Unternehmerverband Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />
Präsident: Rolf Paukstat<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführer: Wolfgang Schröder<br />
Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />
Tel.: +49 385 569333<br />
Fax: +49 385 568501<br />
E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />
Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />
Mecklenburg e. V.<br />
Präsident: Frank Haacker<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />
Wilhelm-Külz-Platz 4<br />
18055 Rostock<br />
Tel.: +49 381 242580<br />
Fax: +49 381 2425818<br />
E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />
Internet: www.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />
Präsident: Hartmut Bunsen<br />
Geschäftsführer: Lars Schaller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />
Tel.: +49 341 52625844<br />
Fax: +49 341 52625833<br />
E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />
Internet: www.uv-sachsen.de<br />
Geschäftsstelle Chemnitz<br />
Repräsentantin: Gabriele Hofmann-Hunger<br />
Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />
Tel.: +49 371 49512912<br />
Fax: +49 371 49512916<br />
E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />
Geschäftsstelle Dresden<br />
Repräsentant: Klaus-Dieter Lindeck<br />
Semperstraße 2b, 01069 Dresden<br />
Tel.: +49 351 8996467<br />
Fax: +49 351 8996749<br />
E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />
Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />
Präsident: Jürgen Sperlich<br />
Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />
Geschäftsstelle Halle/Saale<br />
Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />
Tel.: +49 345 78230924<br />
Fax: +49 345 7823467<br />
Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />
Präsident: Jens Wenzke<br />
c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />
Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />
Tel.: +49 361 4930811<br />
Fax: +49 361 4930826<br />
E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />
Internet: www.uv-thueringen.de<br />
Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />
Präsident: Gerold Jürgens<br />
Geschäftsstelle<br />
Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />
Tel.: +49 3834 835823<br />
Fax: +49 3834 835825<br />
E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />
Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
64 | W+M RÜCKBLICK<br />
Was macht eigentlich Elmar Pieroth,<br />
Unternehmer, Wirtschaftssenator, Ost-Versteher?<br />
DER ERFINDER DER<br />
WOHNZIMMERGESPRÄCHE<br />
Knapp 20 Jahre prägte der 1934 in Bad Kreuznach geborene<br />
Unternehmer und Politiker Elmar Pieroth die Berliner Politik.<br />
Insgesamt war er 15 Jahre lang Senator, zuständig für<br />
Wirtschaft und Finanzen. Vier Monate vor der deutschen<br />
Einheit wechselte der westdeutsche Christdemokrat<br />
als Stadtrat in den Ost-Berliner Magistrat – ein Novum.<br />
Er baute in der Linken-Hochburg Marzahn-Hellersdorf<br />
die CDU auf. Er war – im positiven Sinne – ein früher und<br />
ehrlicher „Ossi-Versteher“. Von Karsten Hintzmann<br />
Elmar Pieroth im Jahr 2007.<br />
Elmar Pieroth auf dem 22. Bundesparteitag<br />
der CDU in Hamburg im Jahr 1973.<br />
Dreizehn Jahre nach dem selbst gewählten<br />
Abschied aus dem Ost-Berliner Bezirk<br />
Marzahn-Hellersdorf kehrte Elmar Pieroth<br />
für einige Stunden dorthin zurück. Der<br />
CDU-Kreisverband hatte Pieroth anlässlich<br />
seines 80. Geburtstags zu einer Jubiläumstour<br />
eingeladen. Der Jubilar und<br />
seine Gattin Hannelore staunten nicht<br />
schlecht, als sie den Wandel des Stadtbezirks,<br />
dem lange Jahre das Image eines<br />
eher farblosen Plattenbaudistrikts anhing,<br />
mit eigenen Augen betrachten konnten.<br />
Mehr als 18.000 mittelständische Unternehmen<br />
haben dort inzwischen eine<br />
Heimat gefunden. In Entstehung ist der<br />
CleanTech Business Park, Berlins modernster<br />
Industriepark für Green-Tech-<br />
Unternehmen. Derzeit bereitet man sich<br />
auf die Internationale Gartenausstellung<br />
vor, die im Jahr 2017 rund 2,4 Millionen<br />
heimische und internationale Besucher<br />
in die attraktive grüne Lunge Berlins am<br />
östlichen Stadtrand locken soll.<br />
Doch neben der Präsentation der positiven<br />
Entwicklung nutzten die politischen<br />
Erben Pieroths die Möglichkeit, an die<br />
Leistungen ihres Mentors zu erinnern. So<br />
gab Mario Czaja, seit 2002 Pieroths Nachfolger<br />
im Amt des CDU-Kreischefs und<br />
heute Gesundheitssenator in Berlin, eine<br />
Anekdote zum Besten, wann der Rheinland-Pfälzer<br />
Wein-Unternehmer erstmals<br />
mit dem Begriff Hellersdorf konfrontiert<br />
wurde. „Das erste Mal hörten Sie von<br />
Hellersdorf im Jahr 1987 in Leipzig – auf<br />
dem traditionellen Messerundgang von<br />
Erich Honecker. Damals schlugen Sie –<br />
seinerzeit Wirtschaftssenator in West-<br />
Berlin – und der Regierende Bürgermeister<br />
Eberhard Diepgen Honecker Partnerschaften<br />
zwischen den zwölf West- und<br />
acht Ostbezirken vor. Zwölf Bezirke dort<br />
und acht hier – so war es im Vier-Mächte-Statut<br />
geregelt. Aber Honecker protestierte.<br />
‚Das kommt nicht in Frage, bei diesem<br />
Vorschlag fehlen Marzahn, Hellersdorf<br />
und Höhenschönhausen‘, soll er geschimpft<br />
haben.“<br />
Es zählt zu den Eigenschaften Pieroths,<br />
dass er sich in seiner politischen Laufbahn<br />
immer wieder freiwillig auf bis dato<br />
unbekanntes Terrain begab. So etwa im<br />
Sommer 1990, als er – gepackt von der<br />
Vorfreude auf die deutsche Einheit –<br />
ganz unkonventionell in den Ostteil Berlins<br />
ging und sich zum Stadtrat für Wirtschaft<br />
im Magistrat von Tino Schwierzina<br />
ernennen ließ. Er wollte vor Ort mithelfen<br />
und beide Stadthälften zu einem<br />
harmonischen Ganzen zusammenführen.<br />
Fünf Jahre später sollte er sich an den<br />
Leipziger Disput mit Honecker erinnern.<br />
Pieroth suchte nach vielen Jahren im Bundestag<br />
(1969–1981) und als Berliner Senator<br />
eine frische Herausforderung. Er<br />
wollte noch einmal etwas aufbauen. Also<br />
zog es ihn nach Hellersdorf, wo die damalige<br />
PDS unangefochten die absolute<br />
Mehrheit hatte und die Zustimmung für<br />
die CDU bei Wahlen im einstelligen Bereich<br />
dümpelte. Als Pieroth seinen Parteifreund<br />
und Regierenden Bürgermeister<br />
Diepgen in seine Pläne einweihte, soll dieser<br />
einigermaßen überrascht gesagt haben:<br />
„Elmar, mach das nicht, geh lieber<br />
nach Treptow. Da gibt’s auch Industrie, da<br />
kommst Du viel besser an.“ Aber Pieroth,<br />
der unbedingt raus aus dem geordneten<br />
West-Berlin wollte, blieb bei seiner Wahl<br />
und ging nach Hellersdorf. Dabei verzichtete<br />
er bewusst auf eine Absicherung auf<br />
einem aussichtsreichen CDU-Listenplatz<br />
bei der nahen Parlamentswahl. Das Di-<br />
Foto: Wikimedia Commons/Stiftung Bürgermut (oben), Wikimedia Commons/Bundesarchiv, B 145 Bild-F041452-0028/Engelbert Reineke (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
W+M RÜCKBLICK | 65<br />
Rückkehr nach Marzahn: Elmar und Hannelore Pieroth, flankiert von Gesundheitssenator Mario Czaja (l.) und Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff.<br />
Foto: Ole Bader/sandwichpicker.com<br />
rektmandat gewann Pieroth im Jahr 1995<br />
erwartungsgemäß nicht. Dennoch ging<br />
sein Wahlkampf in die Geschichtsbücher<br />
der Bundeshauptstadt ein.<br />
Im Schlepptau brachte Pieroth die Werbeagentur<br />
Zoffel, Hoff & Partner mit an den<br />
östlichen Stadtrand, eine erfahrene Agentur<br />
aus Westdeutschland. Die entwickelte<br />
eine eher untypische Polit-Kampagne<br />
– ohne CDU-Logos und ohne Autos, dafür<br />
aber mit Fahrrädern. Der Slogan lautete:<br />
„Hellersdorf gewinnt“. Erst an den letzten<br />
Tagen vor der Wahl wurde das Motto erweitert:<br />
„Hellersdorf gewinnt – mit Elmar<br />
Pieroth“. Zum Wahlkampfteam gehörten<br />
etliche blutjunge Parteimitglieder – darunter<br />
der heutige Senator Czaja (damals 19<br />
Jahre alt) und Christian Gräff (damals 17<br />
Jahre alt), mittlerweile Chef der Berliner<br />
CDU-Mittelstandsvereinigung und Wirtschaftsstadtrat<br />
in Marzahn-Hellersdorf.<br />
Die CDU-Jugend schwärmte jeden Morgen<br />
in zuvor ausgewählte Plattenbaugebiete<br />
aus und steckte Flugblätter mit der<br />
Information, dass Elmar Pieroth am Nachmittag<br />
zu Bürgergesprächen in die Häuser<br />
kommt. Es war die Geburt der legendären<br />
Wohnzimmergespräche, bei denen sich<br />
Pieroth die Sorgen und Nöte der Menschen<br />
vor Ort anhörte und anschließend<br />
Lösungen für viele Einzelschicksale fand<br />
und durchsetzte.<br />
Hoch umstritten in jenen Tagen war der<br />
Umgang, den Pieroth mit der PDS pflegte.<br />
Plötzlich erschien der Christ Pieroth auf<br />
Jugendweiheveranstaltungen und reihte<br />
sich dort in die illustre Schar der Redner<br />
rund um PDS-Ikone Gregor Gysi ein. Seine<br />
Parteifreunde im Westteil der Stadt<br />
konnten es kaum glauben – dort strickte<br />
man zeitgleich eifrig an Rote-Socken-<br />
Kampagnen. Bundesweite Bekanntheit<br />
erlangte Pieroths Wahlkampf durch ein<br />
Foto, das ihn gemeinsam mit der PDS-<br />
Abgeordneten Petra Pau auf einem roten<br />
Sofa zeigt. Es war am Ende einer<br />
Podiumsdiskussion aufgenommen worden.<br />
Ursprünglich hatte man für das Abschlussfoto<br />
Boxhandschuhe für Pau und<br />
Pieroth bereitgehalten. Doch nach einer<br />
fast schon philosophischen Diskussion<br />
über die Lebensleistung der DDR-Bürger,<br />
über Berufsanerkennung, Wiedervereinigung<br />
und steigende Mieten, war<br />
weder Pau noch Pieroth nach Boxen zumute.<br />
Sie hatten sich zugehört und gegenseitig<br />
verstanden – das zählte. Also<br />
wechselte Pieroth für das Foto von seiner<br />
schwarzen Couch aufs rote Sofa.<br />
Bis zum Jahr 2002 leitete Pieroth den Aufbau<br />
der CDU in Marzahn-Hellersdorf. Seinen<br />
pragmatischen Politikansatz gab er an<br />
seine politischen Erben weiter, die in der<br />
Folge inzwischen dreimal ein Direktmandat<br />
in dem nach wie vor von der Linkspartei<br />
geprägten Bezirk gewannen. Dabei gehören<br />
die Wohnzimmergespräche unverändert<br />
zum wichtigsten Handwerkszeug<br />
in den Wahlkämpfen.<br />
Pieroth selbst engagiert sich seit seinem<br />
politischen Abschied weiter als Brückenbauer.<br />
Er ist ehrenamtlicher Vorsitzender<br />
des Vereins „Most-Brücke von Berlin<br />
nach Mittel- und Osteuropa“ und unterstützt<br />
in dieser Funktion den wirtschaftlichen<br />
Aufbruch in den Ländern des früheren<br />
Ostblocks.<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015
66 | W+M DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick auf die nächste<br />
Ausgabe<br />
ENERGIE<br />
ELEKTRISIERT<br />
Das Thema Energie ist sowohl für Unternehmen<br />
als auch die Politik von<br />
erheblicher Bedeutung. Wirtschaftlich<br />
betrachtet ist Energie ein Kostenfaktor,<br />
der maßgeblich Einfluss auf Standortentscheidungen<br />
und Wettbewerbsfähigkeit<br />
hat. Da die von der Bundesregierung geplante<br />
Energiewende zwar mit Blick auf die<br />
knapper werdenden fossilen Primärenergieträger<br />
und aus ökologischer Sicht vernünftig<br />
ist, die Energiekosten in Deutschland<br />
aber dadurch steigen werden, ist eine<br />
heftige gesellschaftliche Debatte im Gange.<br />
Diese Diskussion wollen wir mit unserem<br />
Titelthema – im Vorfeld des Mitte September<br />
stattfindenden Ostdeutschen Energieforums<br />
– begleiten und ausleuchten.<br />
Im Mittelpunkt des vierten Teils unserer<br />
Serie „Land der Wunder“, die den wirtschaftlichen<br />
Aufbruch in allen fünf neuen<br />
Bundesländern und Berlin analysiert,<br />
steht diesmal Sachsen. Wir gehen diversen<br />
Fragen nach: Welche Branchen haben<br />
sich im Freistaat in den letzten Jahren<br />
besonders erfolgreich entwickelt?<br />
Wie hat sich die Erzgebirgsregion nach<br />
dem industriellen Niedergang in den<br />
1990er Jahren erholt? Spielt die Braunkohle<br />
für das Land noch eine Rolle? Wie<br />
beurteilt Ministerpräsident Stanislaw Tillich<br />
die Entwicklung in seinem Bundesland?<br />
Darüber hinaus lesen Sie wie gewohnt<br />
interessante Beiträge aus den Ländern<br />
und der Politik sowie einen ausführlichen<br />
Ratgeberteil.<br />
Die nächste Ausgabe von<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> erscheint am<br />
27. August 2015.<br />
PERSONENEREGISTER<br />
Ahlers, Edmund 19<br />
Ahrenknecht, Sven 55<br />
Albrecht, Jens 55<br />
Arndt, Rommy 59<br />
Balan, Manuela 56<br />
Baumeister, Roy 54<br />
Belu, Theodora 56<br />
Berger, Rainer 6<br />
Bienstmann, Peter 26<br />
Bönström, Valerie 28<br />
Bormann, Michael 52<br />
Busse, Bernd 6<br />
Büttner, Feliks 6<br />
Christoffers, Ralf 17<br />
Czaja, Mario 64/65<br />
Deil, Werner 63<br />
Diepgen, Eberhard 64<br />
Downes, Robert 43<br />
Dreher, Burkhard 17<br />
Dreißig, Cornelia 32<br />
Dreißig, Peter 32<br />
Drescher, Wolfram 6<br />
Dünnbier, Ullrich 44<br />
Dünnbier, Wolfgang 44<br />
Ehren, Ralf 48/49<br />
Erdmann, Axel 63<br />
Ermrich, Michael 40<br />
Ferriss, Timothy 54<br />
Fink, Hans-Jürgen 63<br />
Fitz, Christiane 55<br />
Fitz, Hans-Ulrich 55<br />
Fladrich, Manfred 61<br />
Fox, Burkhard 42<br />
Fox, Carsten 42<br />
Fox, Helmut 42<br />
Franck, Jan-Erik 59<br />
Freiherr von Nettelhorst, Herwig 43<br />
Friedrich, Christoph 62<br />
Friedrich, Marc 54<br />
Fürniß, Wolfgang 17<br />
Gabriel, Sigmar 21<br />
Gerber, Albrecht 17, 24, 32<br />
Gerber, Andreas 55<br />
Glaßer, Silvia 55<br />
Grabner, Theresa 56<br />
Graf, Stefanie 28<br />
Gräff, Christian 65<br />
Grandjean, Andrea 55<br />
Grebe, Rainald 33<br />
Grigull, Dirk 63<br />
Grutzeck, Tim 61<br />
Gysi, Gregor 36, 65<br />
Haacker, Frank 56, 63<br />
Hahn, Bernd 39/40<br />
Hausmann, Anja 63<br />
Heiner, Jonathan 61<br />
Herzog, Karin 55<br />
Heuchert, Karsten 14<br />
Hirche, Karl Walter 17<br />
Honecker, Erich 64<br />
Höptner, Franka 55<br />
Horny, Silke 54<br />
Janßen, Gerhard 18/19<br />
Jung, Burkhard 6<br />
Junghanns, Ulrich 17<br />
Jürgens, Gerold 57<br />
Kahnemann, Daniel 54<br />
Kammann, Rolf 12<br />
Kämpfer, Jörg 41<br />
Kämpfer, Sigrun 41<br />
Kanzog, André 44<br />
Kiefer, Andreas 56<br />
Kirchner, Steffen 55<br />
Kiwit, Jürgen 55<br />
Kiyosaki, Robert T. 54<br />
Klinkmann, Horst 6<br />
Krüger, Galina 56<br />
Kuhnert, Jürgen 57<br />
Lange, Robert 7<br />
Lange, Rolf 7<br />
Lange, Uwe 7<br />
Lehmann, Robert 34<br />
Ludwig, Matthias 59<br />
Maaß, Wilfried 41<br />
Malich, Uwe 18<br />
Matthysen, Goedele 26<br />
Medwedew, Alexander 14<br />
Meier zu Eissen, Philipp 55<br />
Moritz, Silvio 31<br />
Müller, Dirk 54<br />
Nätscher, Martin 12/13<br />
Nitzsche, Björn 55<br />
Nordmann, Jürgen 15<br />
Nottebaum, Bernd 57<br />
Ostwaldt, Philipp 61<br />
Pattis, Mario 59<br />
Pau, Petra 65<br />
Paukstat, Rolf 57<br />
Pieroth, Elmar 64/65<br />
Pieroth, Hannelore 64/65<br />
Piketty, Thomas 54<br />
Ragnitz, Joachim 33, 34<br />
Reizel, Michael 53<br />
Renner, Sabine 55<br />
Riedel, Thomas 44<br />
Ripka, Norbert 57<br />
Rockel, Edgar 31<br />
Rohnstock, Katrin 7<br />
Roll, Tanja 56<br />
Schaller, Lars 62<br />
Schambach, Maike 56<br />
Scherf, Michael 43<br />
Schulz, Christopher 55<br />
Schulze, Günter 30<br />
Schwarz, Jurek 55<br />
Schweitzer, Eric 36<br />
Schwierzina, Tino 64<br />
Seeberg, Olaf 62<br />
Simmer, Jürgen 29<br />
Stampe, Malte 8<br />
Stefanović, Miloš 29<br />
Stelter, Brunhild 55<br />
Süß, Thomas 55<br />
Tabbert, Ingo 30<br />
Thiel, Stephan 63<br />
Tierney, John 54<br />
Tillich, Stanislaw 66<br />
Tinkl, Sven 55<br />
Varoufakis, Yanis 54<br />
Venohr, Oliver 62<br />
Wagentrotz, Jürgen 7<br />
Weik, Matthias 54<br />
Weisse, Renate 55<br />
Wentrup, Ludger 55<br />
Wiesenmüller, Heidrun 54<br />
Wirths, Jürgen 13<br />
Woidke, Dietmar 20-22, 29<br />
Zeuner, Jörg 39<br />
Ziebart, Katrin 46<br />
Foto: carloscastilla/Fotolia.com<br />
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