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Zweite Integrationskonferenz, 5. 12. 2008 LAbg. Maga. Karin Fritz ...

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<strong>Zweite</strong> <strong>Integrationskonferenz</strong>, <strong>5.</strong> <strong>12.</strong> <strong>2008</strong><br />

<strong>LAbg</strong>. Mag a . <strong>Karin</strong> <strong>Fritz</strong>, Integrationssprecherin der Grünen<br />

„Das Integrationsverständnis in Vorarlberg – Auf dem Weg<br />

zu den Integrationsleitzielen des Landes“<br />

1. Was verstehen Sie unter Integration?<br />

Integration ist ein Prozess und gelingt nicht von heute auf morgen.<br />

Integration heißt für mich, Zuwanderern die gleichberechtigte<br />

Teilhabe an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu<br />

ermöglichen und das aktive Teilnehmen von Seiten der Zuwanderer.<br />

Diesen Prozess kann die Mehrheitsgesellschaft durch eine aktive<br />

Integrationspolitik erleichtern und beschleunigen. Integration setzt<br />

somit die Bereitschaft und das Bemühen beider Seiten voraus.<br />

Integration verlangt keinesfalls Selbstaufgabe oder Anpassung bis<br />

zur Unkenntlichkeit. Die vorbehaltslose Anerkennung der Gesetze<br />

und der Verfassung auf der einen Seite und die vorbehaltslose<br />

Gewährung von verfassungsmäßig garantierten Rechten (wie z.B.<br />

die freie Religionsausübung) auf der anderen Seite müssen<br />

selbstverständlich sein. Das Schüren von Ressentiments gegen<br />

„Ausländer“ behindert und verhindert Integration.<br />

2. Was braucht es, damit Vielfalt und Gemeinsamkeit in<br />

Vorarlberg funktionieren?<br />

Es braucht den Dialog auf gleicher Augenhöhe. Miteinander Reden<br />

heißt auch Respekt, Toleranz, Anerkennung und Wertschätzung


füreinander zeigen. Das ist Basis jeder funktionierenden<br />

menschlichen Beziehung.<br />

Hier sind gerade auch wir Politiker/innen sowie die Medien gefordert,<br />

im öffentlichen Diskurs nicht nur das Negative anzusprechen,<br />

sondern auch die Chancen der Migration und die positiven Beispiele<br />

aufzuzeigen. Ich habe in einer Landtagssitzung angeregt, dass die<br />

Landesregierung ein Vorarlberg <strong>Maga</strong>zin zum Thema „Zuwanderung<br />

und Integration in Vorarlberg“ herausgeben könnte. Dabei geht es<br />

auch darum, eine offene und positive Stimmung für eine Situation zu<br />

schaffen, die längst Realität ist. Denn jeder <strong>5.</strong> Vorarlberger/ jede<br />

<strong>5.</strong>Vorarlbergerin hat bekanntlich einen Migrationshintergrund. Jedes<br />

4. Kindergartenkind hat im Vorarlberger Durchschnitt eine andere<br />

Muttersprache als Deutsch. In manchen Kindergärten ist der Anteil<br />

bei weitem höher.<br />

<strong>Zweite</strong>ns braucht es eine aktive Integrationspolitik auf allen Ebenen<br />

– Gemeinde-, Landes-, Bundesebene genauso wie in den Kammern<br />

und großen Sozialeinrichtungen. Auf Landesebene sind in diesem<br />

Jahr wesentliche Strukturen geschaffen worden, die wir Grüne lange<br />

eingefordert haben: Eine Integrationsstelle, eine<br />

<strong>Integrationskonferenz</strong> und nun startet der Prozess zur Erarbeitung<br />

von Integrationsleitzielen und zur Festlegung von Handlungsfeldern.<br />

Ich hoffe, dass dieser Prozess dazu beitragen wird, dass ein<br />

gemeinsamer Konsens über die Parteigrenzen hinweg gefunden wird<br />

und zwar auch was den öffentlichen Diskurs betrifft. 2009 stehen ja<br />

Landtagswahlen an und es wäre verheerend und würde den jetzt<br />

startenden Prozess konterkarieren, wenn ähnlich unsägliche Töne<br />

wie im letzten Nationalratswahlkampf angeschlagen würden.


3. Was tut Ihre Institution bzw. wo sehen Sie perspektivische<br />

Handlungsfelder?<br />

Wir haben grünintern im Frühjahr 2007 ein Integrationsprogramm<br />

erarbeitet, wir, d.h. eine Gruppe von sogenannten „Einheimischen“<br />

und „Migrant/innen“. Im September haben wir eine interkulturelle<br />

Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Miteinander reden“ in Bludenz<br />

gestartet. Im Jänner findet ein weiterer Abend in Dornbirn statt.<br />

Dabei bieten wir nach einem historischen Input zur<br />

Zuwanderungsgeschichte des jeweiligen Orts „Einheimischen“ und<br />

„Zugewanderten“ bewusst Raum, miteinander über die Probleme im<br />

Zusammenhang mit Integration zu reden.<br />

Was die Handlungsfelder betrifft, so sehe ich drei vordringliche<br />

Bereiche: Bildung, Wohnen und Arbeiten.<br />

Wenn in den Vorarlberger AHS nur 6,3 % der Schüler/innen eine<br />

nicht-deutsche Muttersprache haben, während es in den<br />

Hauptschulen 21,5 % und in den Sonderschulen gar bis zu 37%<br />

sind, so sagt dies viel über die Schwächen unseres Schulsystems<br />

aus, das soziale Benachteiligungen zuwenig ausgleicht.<br />

Wir setzen uns deshalb vehement für eine verstärkte Frühförderung,<br />

verbesserte Rahmenbedingungen im vorschulischen Bereich, mehr<br />

individuelle Förderung in den Schulen, den raschen Ausbau von<br />

ganztägigen Schulangeboten, Schulsozialarbeit und eine<br />

gemeinsame Schule der 10 bis 14jährigen ein.<br />

Unsere letzte Initiative zielt auf die Einrichtung eines<br />

Qualifizierungslehrgangs für Kindergarten-Assistent/innen mit<br />

Zweitsprache Deutsch – natürlich mit sehr guten


Deutschkenntnissen, um Mehrsprachigkeit zu stärken, Brücken zu<br />

bauen und neue Perspektiven für junge Menschen zu eröffnen.<br />

Großen Handlungsbedarf sehe ich im Hinblick auf die Zielgruppe<br />

„jugendliche Migrant/innen“. Hier gilt es zielgruppenspezifische<br />

Maßnahmen zu entwickeln, um diesen jungen Menschen – häufig mit<br />

negativen Schulerfahrungen – Zukunftsperspektiven zu eröffnen.<br />

Durch Verbesserungen im vorschulischen Bereich, u.a. das Projekt<br />

mehr. Sprache und überfällige Bildungsreformen sollten in ein paar<br />

Jahren diese Nachhol- und Reparaturmaßnahmen weitgehend<br />

überflüssig werden.<br />

Im Bereich Wohnen gibt es zwei Problematiken – Tendenzen zur<br />

Ghettobildung einerseits und andererseits Probleme in<br />

Wohnquartieren mit hohem Migrant/innen-Anteil. Hier müssen gute<br />

Konzepte zur Verbesserung der sozialen Durchmischung in<br />

Gemeinnützigen Wohnanlagen und zur Bearbeitung bestehender<br />

Konflikte entwickelt werden, bis hin zu neuen Vergabekriterien für<br />

gemeinnützige Wohnungen.<br />

Es gibt eine Reihe weiterer wichtiger Bereiche, wie Partizipation und<br />

Pflege betagter Migrant/innen. Ganz wesentlich scheint mir, dass es<br />

gelingt, ein Klima zu schaffen, das den Respekt voreinander und das<br />

Bemühen um ein Miteinander in den Mittelpunkt stellt. Alles andere<br />

führt zu Polarisierung, Ängsten auf beiden Seiten und Rückzug bzw.<br />

Abschottung - und das ist kein taugliches Rezept für die Zukunft.

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