378 Mathematik für WirtschaftswissenschaftlerMan erkennt, dass die <strong>Ableitung</strong> wieder eine rationale Funktion ist. Im Unterschied zurDifferentiation <strong>von</strong> Polynomfunktionen, die den Grad erniedrigt <strong>und</strong> so die Funktion durchAbleiten “einfacher” macht, erhöhen sich aber beim Ableiten <strong>von</strong> rationalen <strong>Funktionen</strong>leider im Allgemeinen der Nennergrad <strong>und</strong> der Zählergrad, so dass die abgeleitete Funktioneine “kompliziertere” rationale Funktion ist als die ursprüngliche. (Das ist besondersunangenehm, wenn man mehr als einmal ableiten will.) Genauer gilt offenbar:• Rationale <strong>Funktionen</strong> p/q sind differenzierbar an den Stellen, wo das Nennerpolynomnicht verschwindet; hat p den Grad m <strong>und</strong> q den Grad n, so lässt sich die<strong>Ableitung</strong> (p/q) ′ als Quotient eines Polynoms vom Grad ≤ m+n−1 <strong>und</strong> des Polynomsq 2 vom Grad 2n darstellen.Unter Umständen lässt sich die Darstellung der <strong>Ableitung</strong> durch Kürzen noch vereinfachen(z.B. immer, wenn q Nullstellen der Ordnung ≥ 2 hat, weil diese auch Nullstellen <strong>von</strong> q ′sind, wie man zeigen kann). Wenn m = n ist, also p <strong>und</strong> q denselben Grad haben, so hebensich außerdem im Zähler qp ′ − pq ′ die Terme mit x 2n−1 heraus, so dass der Zählergradecht kleiner ist als 2n − 1. Gebrochen-lineare <strong>Funktionen</strong> (m = 1 = n) haben z.B. als<strong>Ableitung</strong> immer das Reziproke eines quadratischen Polynoms, wenn sie nicht linear sind<strong>und</strong> somit konstante <strong>Ableitung</strong> haben.11) <strong>Ableitung</strong> <strong>von</strong> Stückfunktionen / Durchschnittsfunktionen: Ist F (x) eine fürx>0 definierte Funktion, so heißt f(x) := F (x)/x die zu F gehörige Stückfunktion oderDurchschnittsfunktion. Wir kennen das schon vom Beispiel einer Kostenfunktion K(x) ,wo k(x) = K(x)/x die Stückkosten angibt, also die Durchschnittskosten, die pro Einheitbei der Produktion <strong>von</strong> insgesamt x Einheiten entstehen. <strong>Die</strong> Stückfunktion wird oft auchmit einem Querstrich bezeichnet, d.h. man schreibt h(x) := h(x)/x für die Stückfunktionzu einer gegebenen Funktion h(x) . Für die Grenzstückfunktion, also die <strong>Ableitung</strong> derStückfunktion, gilt gemäß der Quotientenregel:f ′ (x) = d F (x)dx x= xF ′ (x) − F (x) · 1x 2= F ′ (x)x− F (x)x 2= F ′ (x) − f(x)x.Man kann das Ergebnis im wirtschaftswissenschaftlichen Jargon (nicht ganz ernst gemeint)so formulieren <strong>und</strong> — wichtiger — eine Folgerung über das Monotonieverhaltender Stückfunktion ziehen:• <strong>Die</strong> Grenzstückfunktion ist die Durchschnittsfunktion zur Differenz der Grenzfunktion<strong>und</strong> ihrer Stückfunktion.• In Bereichen, in denen die Grenzfunktion F ′ größer ist als die Stückfunktion f istdie Grenzstückfunktion positiv, die Stückfunktion also wachsend; in Bereichen, indenen die Grenzfunktion kleiner ist als die Stückfunktion, ist die Grenzstückfunktionnegativ, die Stückfunktion also fallend.(Dass eine Funktion auf einem Intervall, wo ihre <strong>Ableitung</strong> positiv ist, tatsächlich strengwächst, beweisen wir in 4.6.) Interpretation: Der Wert der Stückfunktion zu F (x) wirdgrößer (bzw. kleiner) bei Erhöhung <strong>von</strong> x um eine (kleine) Einheit, wenn dabei die Änderung<strong>von</strong> F (x) größer (bzw. kleiner) ist als der Durchschnittswert F (x)/x . Das ist auchökonomisch betrachtet sehr plausibel. <strong>Die</strong>ser Zusammenhang zwischen einer Funktion,der zugehörigen Durchschnittsfunktion / Stückfunktion <strong>und</strong> den <strong>Ableitung</strong>en wird oft gebraucht,z.B. mit folgender Terminologie:
Kap. 4, Abschnitt 4.3 379• K(x) Kostenfunktion (für die Produktion <strong>von</strong> x Output-Einheiten),k(x) = K(x)/x Stückkostenfunktion,K ′ (x) Grenzkosten (≈ Erhöhungung <strong>von</strong> K(x) bei Produktion einer Mehreinheit),k ′ (x) Grenzstückkosten (≈ Änderung <strong>von</strong> k(x) bei Produktion einer Mehreinheit);• E(x) Erlösfunktion, Umsatzfunktion (für x am Markt abgesetzte Einheiten),p(x) = E(x)/x (Stück–)Preis (am Markt erzielter Preis bei Absatz <strong>von</strong> x Einheiten),E ′ (x) Grenzerlös (≈ Mehrerlös bei Absatz einer Mehreinheit),p ′ (x) Grenzpreis (≈ Marktpreisänderung bei Absatz einer Mehreinheit);• x(r) Produktionsfunktion (Output in Abhängigkeit <strong>von</strong> Produktionsfaktor r),x(r) := x(r)/r Durchschnittsproduktionsertrag, durchschnittliche Produktivität,x ′ (r) Grenzproduktivität, Grenzproduktionsertrag (≈ Erhöhung des Outputs beiMehreinsatz einer Faktoreinheit),x ′ (r) Grenzdurchschnittsertrag (≈ Änderung des Durchschnittsertrags bei Mehreinsatzeiner Faktoreinheit);• r(x) Faktoreinsatzfunktion, Faktorverbrauchsfunktion (Umkehrfunktion zu x(r),gibt den Faktorverbrauch bei Produktion <strong>von</strong> x Einheiten an),r(x) := r(x)/x Produktionskoeffizient (damit ist die Zahl der produzierten Einheitenzu multiplizieren, um den Faktorverbrauch zu erhalten),r ′ (x) Grenzverbrauchsfunktion (≈ Erhöhung des Faktorverbrauchs bei Produktioneiner zusätzlichen Einheit),r ′ (x) Grenzproduktionskoeffizient (≈ Änderung des Durchschnittsfaktorverbrauchsfür x produzierte Einheiten, wenn eine Einheit mehr produziert wird);• C(Y ) Konsumfunktion, Konsumquote (in Abhängigkeit vom Einkommen Y ),c(Y ) := C(Y )/Y durchschnittliche Konsumquote,C ′ (Y ) Grenzhang zum Konsum, marginale Konsumquote (≈ Erhöhung <strong>von</strong> C(Y )bei Einkommenserhöhung um eine Geldeinheit),c ′ (Y ) marginale durchschnittliche Konsumquote (≈ Änderung der durchschnittlichenKonsumquote bei Einkommenserhöhung um eine Geldeinheit).Soweit die Funktionswerte noch <strong>von</strong> andern Variablen abhängen, z.B. der Output <strong>von</strong>weiteren Produktionsfaktoren, ist beim Differenzieren die c.p.-Bedingung, also Konstanzdieser Variablen, unterstellt. Mathematisch gesehen ist für die Berechnung dieser <strong>Ableitung</strong>ennicht viel erforderlich: <strong>Die</strong> Summenregel <strong>und</strong> die Quotientenregel in sehr einfachenSpezialfällen. Das eigentliche Problem ist nicht die Berechnung <strong>von</strong> <strong>Funktionen</strong>, sonderndie Entschlüsselung <strong>von</strong> Wortungetümen wie “Grenzproduktionsertrag” (oben d x(r) ),dr“marginale durchschnittliche Konsumquote” (oben d (C(Y )/Y ) ) oder gar “Grenzdurchschnittsproduktionsfaktorverbrauchsfunktion”(oben d (r(x)/x) ). <strong>Die</strong> ökonomische Ter-dYdxminologie ist aber so gewählt, dass man nach etwas Eigewöhnung an den Namen der<strong>Funktionen</strong> jeweils erkennen kann, ob F , f = F , F ′ oder f ′ = F ′ gemeint ist. <strong>Die</strong> Reihenfolgeder im Namen vorangestellten Präfixe, die Operationen mit <strong>Funktionen</strong> bezeichnen,ist dabei <strong>von</strong> rechts nach links zu lesen. Also ist die “Grenzstückfunktion” zu F (x) dieGrenzfunktion der Stückfunktion f(x) = F (x)/x , d.h. die <strong>Ableitung</strong> f ′ (x) = d (F (x)/x) ;dxdagegen ist die “Stückgrenzfunktion” zu F (x) die Durchschnittsfunktion der GrenzfunktionF ′ (x) , d.h. gleich F ′ (x)/x (das ist etwas Anderes!).
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