386 Mathematik für WirtschaftswissenschaftlerBei den Areafunktionen sind aber nicht nur die <strong>Ableitung</strong>en elementare <strong>Funktionen</strong>, sonderndie <strong>Funktionen</strong> selbst auch. <strong>Die</strong> Gleichung y = sinh x = 1 2 ex − 1 2 e−x ist nämlich eine√quadratische Gleichung (e x ) 2 − 2ye x − 1 = 0 für e x mit der einzigen Lösung e x = y +1 + y2 (die andere Lösung der quadratischen Gleichung ist negativ <strong>und</strong> daher nicht <strong>von</strong>der Form e x ). Ebenso ist die Gleichung y = tanh x = (e x − e −x )/(e x + e −x ) eine quadratischeGleichung (1−y)(e x ) 2 = 1+y für e x mit der einzigen Lösung e x = √ (1 + y)/(1 − y) .Logarithmieren der gef<strong>und</strong>enen Ausdrücke für e x gibt daher die FormelnArsinh y = ln(y + √ )√1 + y1 + y 2 , Artanh y = ln1 − y = 1 2 ln 1 + y ( −1 < y < 1 ) ,1 − ymit denen man diese beiden Areafunktionen durch die elementaren Gr<strong>und</strong>funktionen dargestellthat. Durch Differentiation dieser <strong>Funktionen</strong> mit der Ketten- <strong>und</strong> Quotientenregelerhält man die obigen Formeln für ihre <strong>Ableitung</strong>en natürlich auch, aber viel mühsamer.Ganz analog, nur mit einem Vorzeichenunterschied, berechnet man die <strong>Ableitung</strong> derUmkehrfunktion zur Sinusfunktion auf dem Intervall ]− 1π, 1 π[ , auf dem der Sinus streng2 2wachsend ist mit <strong>Ableitung</strong> sin ′ x = cos x = √ 1 − sin 2 x . <strong>Die</strong> Umkehrfunktion ist auf]−1, 1[ definiert <strong>und</strong> heißt Arcussinus, weil sie mit der Länge <strong>von</strong> Bögen auf Kreislinienzusammenhängt; sie wird notiert arcsin oder sin −1 . Dafür gilt dann:ddy arcsin y = 1cos x = 1 √1 − y2( −1 < y = sin x < 1 , − 1 2 π < x < 1 2 π ) .Und die Tangensfunktion tan x = sin x ist streng wachsend auf ]− 1π, 1 π[ mit <strong>Ableitung</strong>cos x 2 2tan ′ x = 1/(cos x) 2 = 1 + (tan x) 2 <strong>und</strong> mit Wertebereich R, so dass sich für ihre Umkehrfunktion,den Arcustangens arctan = tan −1 , die <strong>Ableitung</strong>ddy arctan y = 1(cos x) 2 = 11 + y 2 ( y = tan x ∈ R , − 1 2 π < x < 1 2 π)ergibt. Anders als bei den Areafunktionen gibt es hier aber keine Darstellung der Umkehrfunktionarctan, arcsin selbst durch andere elementare Gr<strong>und</strong>funktionen (obwohldie <strong>Ableitung</strong> des Arcustangens eine ganz einfache Funktion ist). Deshalb muss man inder Mathematik diese <strong>Funktionen</strong> zu den elementaren Gr<strong>und</strong>funktionen hinzunehmen,weil man sie insbesondere in der Integralrechnung braucht (damit eine so einfache Funktionwie 1/(1 + y 2 ) auch eine elementare Stammfunktion hat, d.h. eine Funktion, deren<strong>Ableitung</strong> sie ist). Eine der Arcusfunktionen genügt dabei, da man die andere durch sieausdrücken kann; z.B. ist arcsin x = arctan(x/ √ 1 − x 2 ) für |x| < 1 .Wir haben nun gesehen, dass die elementaren Gr<strong>und</strong>funktionen, also Konstanten <strong>und</strong> die<strong>Funktionen</strong> x, e x , ln x (in der Mathematik zusätzlich noch sin x <strong>und</strong> arcsin x ), differenzierbarsind auf ihren maximalen offenen Definitionsintervallen <strong>und</strong> dass sie elementare<strong>Funktionen</strong> als <strong>Ableitung</strong>en haben. Aus den Rechenregeln für die <strong>Ableitung</strong> sehen wir weiter,dass auch jede Funktion, die aus zwei Gr<strong>und</strong>funktionen zusammengesetzt ist mittelsder Operationen Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division (auf Intervallen ohneNennernullstellen natürlich) <strong>und</strong> Verkettung, wieder eine differenzierbare Funktion ist,deren <strong>Ableitung</strong> ebenfalls elementar ist, also mit einer Formel, welche nur diese Operationenenthält, durch die Gr<strong>und</strong>funktionen ausgedrückt werden kann. Und wenn wir nun aussolchen zusammengesetzten <strong>Funktionen</strong> der “zweiten Generation” mit den algebraischen
Kap. 4, Abschnitt 4.3 387Operationen <strong>und</strong> mit Verkettung kompliziertere elementare <strong>Funktionen</strong> der “dritten Generation”zusammensetzen, so sind diese aufgr<strong>und</strong> der <strong>Ableitung</strong>srechenregeln offenbarwieder differenzierbar mit elementaren <strong>Ableitung</strong>en. So fortfahrend sehen wir, dass überhauptjede elementare Funktion, also jede durch einen Rechenterm definierbare Funktion,der aus endlich vielen Rechenoperationen <strong>und</strong> Verkettungen mit den Gr<strong>und</strong>funktionenzusammengesetzt ist, differenziert werden kann <strong>und</strong> dass das Ergebnis des Ableitens wiedereine elementare Funktion ist. <strong>Die</strong>se <strong>Ableitung</strong> kann man deshalb erneut differenzieren<strong>und</strong> erhält wieder eine elementare Funktion u.s.w. Es gilt daher derSATZ: Jede auf einem offenen Intervall in R definierte elementare Funktion f ist dortbeliebig oft differenzierbar, <strong>und</strong> ihre <strong>Ableitung</strong>en f (n) jeder Ordnung sind wieder elementare<strong>Funktionen</strong>, die explizit berechnet werden können. Das heißt, wenn f(x) durch einenTerm gegeben ist, der aus den Gr<strong>und</strong>funktionen mit endlich vielen Rechenoperationen <strong>und</strong>Verkettungen aufgebaut ist, so erhält man durch Anwendung der <strong>Ableitung</strong>srechenregeln<strong>und</strong> der Formeln für die <strong>Ableitung</strong> der Gr<strong>und</strong>funktionen auch einen entsprechenden Rechentermfür die <strong>Ableitung</strong> f ′ <strong>und</strong> für alle <strong>Ableitung</strong>en höherer Ordnung f (n) .Das bedeutet also, dass man für jede Funktion, die durch einen Rechenterm gegebenist, auch einen Rechenterm für ihre <strong>Ableitung</strong> angeben kann, im Prinzip jedenfalls; denndie Terme für die <strong>Ableitung</strong> können, namentlich bei mehrfacher Anwendung der Quotientenregeloder der Kettenregel, erheblich größer <strong>und</strong> komplizierter werden als der Termfür die Ausgangsfunktion. Das größte Problem beim Ableiten <strong>von</strong> komplexen Termen ist,ihren Aufbau genau zu verstehen, so dass man Summenregel, Produktregel, Quotientenregel<strong>und</strong> Kettenregel in der richtigen Reihenfolge anwendet. Da formales Differenzierenaber eine ganz schematische Angelegenheit ist, gibt es dafür auch Rechenprogramme, diesymbolisch differenzieren können, d.h. zur Eingabe eines Rechenterms für eine Funktionals Ausgabe einen Rechenterm für die <strong>Ableitung</strong> dieser Funktion liefern. (Allerdings differenzierendiese Programme auch <strong>Funktionen</strong>, die es gar nicht gibt. Zum Beispiel liefernsie für ln(1 − e x2 ) die <strong>Ableitung</strong> −2xe x2 /(1 − e x2 ) , die für x ≠ 0 definiert ist, obwohlder Ausgangsterm wegen 1 − e x2 ≤ 0 für kein x ∈ R einen Funktionswert liefert.)Da die in der Wirtschaftsmathematik auftretenden konkreten <strong>Funktionen</strong> allesamt elementarsind oder wenigstens stückweise aus elementaren <strong>Funktionen</strong> zusammengesetztsind, die sogar durch recht einfache Terme definiert werden, können wir abschließendsagen:• Jede konkrete Funktion in mathematischen Modellen ökonomischer Vorgänge kannbeliebig oft differenziert werden — <strong>von</strong> einzelnen isolierten Ausnahmestellen abgesehen(Sprungstellen, Unendlichkeitsstellen, Knickstellen, . . . ) — <strong>und</strong> ihre <strong>Ableitung</strong>enkönnen auch konkret ausgerechnet werden.
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