18.11.2012 Aufrufe

Dokumentation des Seminars Multiscalar 07-09 ... - IESL - STBA

Dokumentation des Seminars Multiscalar 07-09 ... - IESL - STBA

Dokumentation des Seminars Multiscalar 07-09 ... - IESL - STBA

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

The Naked City<br />

Debord ließ sich mit seinen Genossen oft Tage lang durch die Pariser<br />

Strassen treiben. Dabei ging es darum, die gewohnten Wege<br />

zu verlassen. Sie bewegten sich nach „algorithmischen Störmustern“1,<br />

verabredeten sich mit unbekannten Personen an unbekannten<br />

Orten oder fuhren mit dem Taxi in irgendeine Richtung<br />

und ließen sich aussetzen. So kreierten sie Situationen, die ihnen<br />

Erfahrungen und Empfi ndungen vermittelten. Dabei dokumentierten<br />

sie „Attraktoren, Strudel, feste Punkte, Kraftfelder, Ströme<br />

und Bezüge“ in bzw. zwischen den Stadtteilen. Nachempfi nden<br />

lässt sich dies gut, stellt man sich beispielsweise eine Kreuzung<br />

vor, an der ein Weg in eine belebte Fussgängerzone führt und ein<br />

anderer in einen unübersichtlichen Hinterhof. Somit hätte man<br />

einen Attraktor einerseits und ein negatives Kraftfeld andererseits.<br />

Die Orte mit spezifi schen Atmosphären verzeichneten sie in dem<br />

Plan ‚The Naked City‘. Andere, während <strong>des</strong> Dérives für irrelevant<br />

befundene Orte werden in der Karte nicht dargestellt. So<br />

erscheint Paris als fragmentarisches Gebilde einzelner Orte die<br />

zueinander in Bezug stehen. Die geographische Lage der einzelnen<br />

Orte ist dabei sekundär und muss nicht der Realität entsprechen.<br />

Vielmehr werden die einzelnen ‚Platten‘ je nach gefühlter<br />

Bedeutung und Zusammenhang mit anderen Gebieten gezielt<br />

verschoben dargestellt.<br />

Die aus einem Dérive entwickelten Karten nennt man psychogeographische<br />

Karten, da die Geographie und die menschliche<br />

Psyche ihre Koordinaten sind. Es handelt sich bei der Psychogeographie<br />

um eine Orts- und Seelenerkundung deren Grundlage<br />

menschliches Fühlen ist.<br />

03<br />

04<br />

05<br />

06<br />

Abb. 01: Diskussionsrunde<br />

der Situationistischen<br />

Internationale<br />

Abb. 02: A. Jorn, Mémoires,<br />

Collage, 1958<br />

Abb. 03: Guide Psychogeographique<br />

de Paris,<br />

Discours sur les passions<br />

de l‘amour, G. Debord<br />

Abb. 04: The Naked City,<br />

Paris, G. Debord<br />

Abb. 05: Ambiance‘s unity,<br />

Draft, Paris, G. Debord<br />

Abb. 06: Die Situationistische<br />

Internationale war<br />

maßgeblich am Ausbruch<br />

der 68er Revolution beteiligt.<br />

1<br />

dabei überlagerten sie<br />

z.B. einen Stadtplan mit<br />

einer Zickzacklinie, die<br />

sich aus Dreiecken ergab<br />

und versuchten dieser<br />

Linie exakt durch die Stadt<br />

zu folgen. So mussten sie<br />

häufi g statt auf Strassen<br />

zu gehen, Hinterhöfe oder<br />

Gebäude durchqueren.<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!