10.07.2015 Aufrufe

Usability Testing - Rolf Schwermer

Usability Testing - Rolf Schwermer

Usability Testing - Rolf Schwermer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> in derTechnischen DokumentationProf. <strong>Rolf</strong> <strong>Schwermer</strong>Dipl.-Red. (FH) Ralf Geyer


InhaltZiel dieser Selbstlerneinheit 3Einleitung 3Methoden und Möglichkeiten 3Daten aus Marketing/Kundendienst/Hotline 4Anwenderbefragung 4Beobachtungen in konkreter Anwendungssituation 4Expertengutachten und <strong>Usability</strong> Test 5Expertengutachten 5Grundlagen 5Analysekriterien 7Ein Gutachten erstellen 11Ergebnisse 11<strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> (Anwendertest) 13Aufgaben des <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>s 13Grundlagen 14Anleitungstypen identifizieren 16Durchführung 16Fünf Dokumente 20Grundsätzlicher Ablauf 22Ergebnisse auswerten 22Der Wert von Evaluation oder Was hat ein Unternehmen davon? 24Dokumentation als Mehrwert für das Produkt 24Sicherheit gegenüber Regressansprüchen 25Literaturverzeichnis 26Selbstkontrolle 27Fragen 27Musterlösungen 29


Ziel dieser SelbstlerneinheitEs gibt verschiede Methoden, um Technische Dokumentation auf Tauglichkeit zu überprüfen undzu verbessern. Einige davon lernen Sie in dieser Selbstlerneinheit kennen. Schwerpunkt dabei sinddie beiden Evaluationsverfahren „Expertengutachten“ sowie „<strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>“, die beide inKombination in den vergangenen Jahren bereits mehrfach von der tekom (www.tekom.de) unteranderem in Zusammenarbeit mit der Stiftung Warentest eingesetzt wurden.Im Anschluss der Selbstlerneinheit finden Sie einige Fragen zur Selbstkontrolle.EinleitungAls Evaluation von Technischer Dokumentation wird allgemein die Bewertung und Verbesserungvon Technischer Dokumentation verstanden, d. h. eine Evaluation überprüft die Qualität deruntersuchten Technischen Dokumentation und ermittelt im gleichen Zug konkrete Hinweise füreine Optimierung der Dokumentation.Technische Dokumentation sei hier definiert als die bei einem Gerät oder einer Maschinemitgelieferten Technischen Dokumente. Dies sind die nach DIN EN ISO 12100-1 und DIN EN ISO12100-2, DIN EN 62079 und VDI 4500 definierten Benutzerinformationen wie Bedienungs- undBetriebsanleitungen, Gebrauchsanleitungen und alle Unterlagen, die zum Betrieb eines Gerätesoder einer Maschine notwendig sind. In diesem Artikel wird auf Methoden der Evaluation, also aufMethoden der Bewertung und Verbesserung von Bedienungs-, Betriebs- undGebrauchsanleitungen eingegangen.Wenn im folgenden von Gebrauchsanleitungen die Rede ist, so werden sie stellvertretend fürverschiedene Typen Technischer Dokumentation wie z. B. Betriebsanleitungen, Bedienungsanleitungenusw. genannt. Der Terminus „Gerät“ steht für technische Gebrauchsgüter, aber auch fürMaschinen. Aussagen über die Technische Dokumentation von Geräten gelten sinngemäß auch fürDokumentation von Anlagen oder von Software.Methoden und MöglichkeitenUm Technische Dokumentationen bewerten und ggf. verbessern zu können, ist der TechnischeRedakteur auf eine große Anzahl von Informationen angewiesen, auf deren Basis er TechnischeDokumentationen bewerten kann. Diese Informationen können über eine Vielzahl vonverschiedenen Möglichkeiten beschafft werden. Im Folgenden werden fünf gängige Methodenvorgestellt:• Daten aus dem Marketing und / oder Kundendienst• Anwenderbefragung• Beobachtungen in konkreter Anwendungssituation• Gutachten• <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> (Anwendertest)Diese Methoden unterscheiden sich, bezogen auf den möglichen Anwendungszeitraum, durch einwesentliches Merkmal:3


Die ersten drei Methoden können erst nach der Auslieferung der Dokumentation an den Kundendie gewünschten Informationen liefern, die beiden letzten Methoden dagegen lassen eineEvaluation vor diesem Zeitpunkt zu.Daten aus Marketing/Kundendienst/HotlineDie Abteilungen Marketing, Kundendienst und Hotline (sofern vorhanden) sind meistens dieBereiche eines Unternehmens, die den intensivsten Kontakt zum Kunden haben. Über diesenengen Kundenkontakt erhält das Unternehmen Informationen über die Zufriedenheit des Kunden,seine Probleme (mit dem Produkt) und seine Wünsche. Aus diesem Kontext können auchInformationen über die produktbegleitenden Benutzerinformationen wie Gebrauchs- oderBetriebsanleitung beschafft werden: Liegt der große Anteil von Reparaturen während derGarantiezeit an einer Fehlbedienung des Gerätes? Treten bestimmte Fragen zur Handhabung einesGeräts gehäuft auf? Greifen die Käufer zu Produkten anderer Hersteller, weil diese für sieeinfacher zu bedienen sind? Diese Probleme können ihre Ursachen in schlechten oder garmangelhaften Benutzerinformationen haben.AnwenderbefragungDa die Gebrauchs- oder Betriebsanleitung schließlich für den Anwender geschrieben worden ist,ist seine Meinung über die Dokumentation als besonders wertvoll einzustufen. Ein Meinungsbildder Anwender kann durch Fragebögen oder mit Hilfe von Antwortpostkarten ermittelt werden, dieman den Dokumentationen beilegt. Neben der Möglichkeit, einige Fragen im Ankreuzverfahren zubeantworten, sollte dem Anwender auch die Möglichkeit gegeben werden, Kritik undVerbesserungsvorschläge frei zu formulieren. Der Anwender kann seine Antwort portofreizurückschicken.Diese Methode ist relativ kostengünstig zu realisieren und liefert stichhaltige Information über dieAnwenderfreundlichkeit der Dokumentation, selbst wenn die Rückläuferquote relativ gering ist.Beobachtungen in konkreter AnwendungssituationViele große Unternehmen sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, Entwicklungsserien vonGeräten vor Abschluss der Entwicklung einem so genannten Feldtest oder Pre-Test (auch andereBezeichnungen sind üblich) zu unterziehen. Dabei werden einzelne Geräte im Endstadium derEntwicklung kostenfrei beim Endanwender montiert bzw. dem Endanwender zur Verfügunggestellt. Diese Gelegenheit kann der Technische Redakteur nutzen, um direkt vor Ort durchBeobachten wichtige Informationen über den Grad der Hilfestellung zu sammeln, die derAnwender durch die Benutzerdokumentation erhält.Vorteile:• Die gesammelten Daten sind recht authentisch, da sie nicht einer künstlichen Situationentstammen (wie z. B. beim <strong>Usability</strong> Test, s. u.).• Die Beobachtung der Endanwender lässt sich kostengünstiger verwirklichen als ein teures<strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>.4


Nachteile:• Die Beobachtungen können erst gemacht werden, wenn das Produkt eine gewisse Serienreifehat. Dies kann unter Umständen bei verbesserungswürdiger Dokumentation nicht besondersförderlich für die Reputation des Herstellers sein.• Bei Massenprodukten, wie z. B. in der Unterhaltungselektronik, ist dieses Verfahren kaumanwendbar, da die Entwicklungszyklen viel zu kurz sind.• Da oft zum Zeitpunkt der Markteinführung bereits große Mengen an Geräten undDokumentationen vorrätig sind, können große Veränderungen und Verbesserungen in derDokumentation möglicherweise erst bei einer späteren Produktversion wirksam werden.Expertengutachten und <strong>Usability</strong> TestAuf diese beiden Evaluationsverfahren wird in den nachfolgenden Kapiteln näher eingegangen.ExpertengutachtenGutachten über Technische Dokumentationen werden meistens von unabhängigen Expertenerstellt. Gegenstand dieser Gutachten sind Gebrauchs- oder Betriebsanleitungen, die auf „Herzund Nieren“ überprüft werden. Dabei steht weniger die Beurteilung der Dokumentation ausAnwendersicht im Vordergrund als die gezielte Ausleuchtung von Schwachstellen ausdokumentationstechnischer Sicht. Neben der Überprüfung der sachlichen Richtigkeit undVollständigkeit der dargebotenen Informationen wird besonderes Augenmerk auf die innere wieäußere Gliederung der Anleitung, die verwendeten Sprachmittel und Fachwörter sowie auf dieNormenkonformität und die richtige Platzierung und Formulierung der Sicherheitshinweise gelegt.Ein solches Gutachten ist in seinem Umfang äußerst variabel. Meistens wird zwischen einemKurzgutachten und einem ausführlichen Expertengutachten unterschieden. Ein Kurzgutachtenbeschränkt sich dabei auf die wesentlichen Punkte und übersteigt selten einen Umfang von 3-4DIN A4-Seiten. Oft ist ein solches Kurzgutachten die Grundlage für die Angebotserstellung durchein Dienstleistungsunternehmen.Ein ausführliches Expertengutachten hingegen ist in der Regel selbst Gegenstand eines Auftragesund kann sehr zeit- und damit auch sehr kostenintensiv werden. Dem Umfang eines solchenGutachtens sind nach oben hin kaum Grenzen gesetzt, nicht selten haben sie einen Auftragswertvon mehreren Tausend Euro.Ein Gutachten kann bei der Lösung zweier Aufgaben behilflich sein:1. Eine bestehende Dokumentation soll unter qualitativen Gesichtspunkten bewertet werden.2. Eine bestehende Dokumentation soll gezielt verbessert werden.GrundlagenAuf welchen Grundlagen basiert ein Gutachten und unter welchen Kriterien soll eine TechnischeDokumentation untersucht werden? Im Grunde steht es jedem frei, nach welchenGesichtspunkten er ein Dokument untersucht. Geht man aber von dieser Prämisse aus, dann führtder eingeschlagene Weg in ein vorprogrammiertes Durcheinander, das eine einheitlicheBewertung oder gar einen Vergleich zwischen verschiedenen Dokumenten unmöglich macht. Um5


diesen Missstand zu beheben, sind in den letzten Jahren von verschiedenen InstitutionenRichtlinien und Leitfäden entwickelt worden, die für den bundesdeutschen Raum eine ArtStandard darstellen.Einschlägige Normen und Gesetze wie z. B. die EG-Richtlinie „Maschinen“ geben bereits Auskunftdarüber, welche minimalen Anforderungen eine Gebrauchs- oder Betriebsanleitung inhaltlich,strukturell und von der Form her erfüllen muss. Im Zusammenhang der Evaluation vonTechnischer Dokumentation soll hier auf zwei spezielle Richtlinien hingewiesen werden, dieumfassende „Checklisten“ für die Analyse einer Gebrauchs- oder Betriebsanleitung zur Verfügungstellen. Eine strikte Einhaltung dieser Checklisten bezüglich ihrer Reihenfolge, ihres Inhaltes undihrer Ausgestaltung ist nicht zwingend erforderlich. Sie stellen aber eine gute Grundlage dar, aufder Analysen aufsetzen und damit einen gewissen Mindeststandard gewährleisten können.tekom-Richtlinie „Technische Dokumentation beurteilen“Die tekom – Gesellschaft für technische Kommunikation e.V. mit Sitz in Stuttgart hat im Jahre1991 eine Richtlinie mit dem Titel „Technische Dokumentation beurteilen“ veröffentlicht. DieseRichtlinie „soll dazu beitragen, die Qualität Technischer Dokumentation in Deutschland zuerhöhen.“ Sie gibt Fachleuten im Bereich Technische Dokumentation Hilfsmittel an die Hand, umeine Technische Dokumentation hinsichtlich Sprache, Struktur und Gestaltung zu untersuchen.Hinweis: Diese Richtlinie wird derzeit (Stand 2005) überarbeitet und ist möglicherweise nichterhältlich.VDI 4500Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat Ende 1994 die Richtlinie VDI 4500 „TechnischeDokumentation. Benutzerinformation“ verabschiedet. Diese Richtlinie möchte nicht nurInformationen zur Bewertung von Technischer Dokumentation weitergeben, sondern ist einumfassender Ratgeber für die Erstellung von „Benutzerinformationen“ . Neben den Kapiteln überdie eigentliche Erstellung beinhaltet die Richtlinie z. B. Kapitel über die organisatorischenVoraussetzungen und den betriebswirtschaftlichen Aspekt der Technischen Dokumentation.DIN EN 62079Seit November 2001 ist die Dokumentationsnorm „DIN EN 62079 - Erstellen von AnleitungenGliederung, Inhalt und Darstellung“ in Kraft. Sie beschreibt die Anforderungen der EU-Maschinenrichtlinie 98/37/EU und weitet gleichzeitig den Stand der Technik des Anlagen- undMaschinenbaus auf alle Produkte und Dienstleistungen aus. Qualitative und quantitativeMindeststandards setzt die Norm in den Bereichen:• Medien von Anleitungen• kommunikative Prinzipien/Verständlichkeit von Anleitungen• Inhalt und Struktur von Anleitungen (Anhang D)• Aussehen und Gestaltung von Anleitungen• Sprache von Anleitungen6


AnalysekriterienBeim Erstellen der Unterlagen für ein Expertengutachten hat es sich bewährt, die zuanalysierenden Dokumente nach folgenden Kriterien zu bewerten:• Gliederung• Aufbau• Lesehilfen• Text• Sicherheitshinweise• Abbildungen, Visualisierungen• Gestaltung• Normenkonformität• Sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit, InformationsangebotGliederungHier wird überprüft, ob eine innere und äußere Struktur der Anleitung erkennbar ist, ob der Textrichtig und verständlich ist und wie Überschriften und Handlungsanweisungen formuliert sind.AufbauUnter dem Kriterium „Aufbau“ wird der didaktische Aufbau der Gebrauchs- oderBetriebsanleitung untersucht. Wenn man einmal von Lernanleitungen absieht, die nachlernlogischen Gesichtspunkten aufgebaut werden, unterscheidet man zwischen:• produktorientierten AufbauBeschreibung der Funktionen und Bedienteile des Gerätes• aufgabenorientierten AufbauBeschreibung der Funktionen nach Tätigkeiten geordnet und formuliert („Was kann derBenutzer mit dem Gerät tun wollen?“)Ein rein produktorientierter oder rein aufgabenorientierter Aufbau ist weder aus Anwender- nochaus Produktsicht sinnvoll und oft gar nicht möglich. Hier hat sich eine Kombination beiderAufbauarten als gute Lösung für Gebrauchs- und Betriebsanleitungen erwiesen.7


LesehilfenUnter Lesehilfen versteht man im Bereich der Technischen Dokumentation sämtlicheHilfestellungen für den Leser, die ihm das Lesen und Verstehen des Textes und die Orientierungbzw. Navigation im Text erleichtern sollen.Überprüft wird, ob Orientierungs- und Navigationshilfen überhaupt vorhanden sind und ob siefunktionieren. Dies können z. B. sein:• Glossare, in denen verwendete Fach- und Fremdwörter erläutert werden oder auch• Abkürzungsverzeichnisse, die noch einmal (zusätzlich zur Aufschlüsselung beim erstenAuftreten der Abkürzung) eine Aufschlüsselung der verwendeten Abkürzungen z. B. inTabellenform beinhalten sollten.• Inhaltsverzeichnis,• Stichwortverzeichnis (Index),• Tabellenverzeichnis,• Abbildungsverzeichnis• Literaturverzeichnis.Weitere Orientierungshilfen sind Kolumnentitel, Randmarken und auch Verweise auf andereTextstellen.Wichtig bei der Bewertung sollte sein, dass nicht nur auf das bloße Vorhandensein derVerzeichnisse, Glossare und Verweise geachtet wird, sondern dass das Hauptaugenmerk auf ihrerVollständigkeit und Funktionalität liegen sollte. Gerade bei Verweisen ist es wichtig, dass sie exaktund ohne Umwege zur referenzierten Textstelle führen.TextDem Text, meistens der Kern der Technischen Dokumentation, sollte große Aufmerksamkeitgeschenkt werden. Er entscheidet über die Verständlichkeit der Gebrauchs- oderBetriebsanleitung und darüber, ob der Leser sich auch so verhält, wie es der Autor derTechnischen Dokumentation vorgesehen hat.Ein Text kann und sollte auf verschiedenen Ebenen untersucht werden:• Rechtschreibung und Zeichensetzung (Orthographie/Interpunktion)• Wortebene (Begriffswahl/Terminologie und grammatikalisch richtige Verwendung derBegriffe)• Satzebene (syntaktische Korrektheit, Eindeutigkeit, keine Passivkonstruktionen,Unterscheidung zwischen beschreibenden Texten, Handlungsanweisungen undSicherheitsinformationen)8


SicherheitshinweiseWird eine Technische Dokumentation hinsichtlich ihrer Sicherheitshinweise untersucht, sollte aufdrei wesentliche Punkte eingegangen werden:1. Sind die Sicherheitshinweise vollständig? Stehen überall dort, wo Gefahren für den Anwenderentstehen können, entsprechende Sicherheitshinweise? Wird nicht nur innerhalb desAnleitungstextes vor Gefahren gewarnt, sondern ist auch ein Kapitel „AllgemeineSicherheitshinweise“ vorhanden? Wird die bestimmungsgemäße Verwendung definiert, für diedas Gerät oder die Maschine gebaut worden ist? Wird vor voraussehbarenbestimmungswidrigen Verwendungen gewarnt?2. Stehen die Sicherheitshinweise an der richtigen Stelle? Innerhalb eines Anleitungskapitelsmüssen Sicherheitshinweise vor den Handlungsanweisungen stehen. AllgemeingültigeSicherheitshinweise wie z. B. Hinweise zu Lärmemissionen einer Maschine müssen in einemKapitel „Allgemeine Sicherheitshinweise“ am Anfang der Dokumentation stehen.3. Sind die Sicherheitshinweise als solche zu erkennen? Sind sie durch ein Piktogramm,Signalwort und einen fetteren Schriftschnitt ausgezeichnet? Sind die Sicherheitshinweiseeindeutig formuliert? Werden neben der Gefahrenquelle auch Möglichkeiten zurGefahrenvermeidung und Konsequenzen bei Nichtbeachtung benannt?Abbildungen, VisualisierungenAbbildungen sollen den Text ergänzen oder manchmal auch vollständig ersetzen, wo eine reinsprachliche Beschreibung der Situation nicht ausreicht. Dies ist meistens dort erforderlich, woz. B. die Position oder das Aussehen eines Geräteteils beschrieben werden soll. In solchenSituationen ist eine Abbildung des Gerätes oder des Geräteteils sinnvoller und eindeutiger.Abbildungen können aber nur dann den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden, wennsie einige Voraussetzungen erfüllen:• Die Art der Abbildung muss dazu geeignet sein, den Sachverhalt zu verdeutlichen. Oft ist eineStrichzeichnung einer detaillierten Fotografie vorzuziehen, ein Gerätedetail ist besser zuerkennen, wenn es besonders gekennzeichnet ist.• Reicht die Anzahl der Abbildungen aus, sind zu wenige oder gar zu viele Abbildungenvorhanden?• Befinden sich die Abbildungen an der richtigen Position und vereinfachen dadurch dasReferenzieren zwischen Text und Abbildung? Ist dies nicht der Fall, dann ist eine eindeutigeText-Bild-Zuordnung schwierig.• Wird eine detaillierte Abbildung, wie z. B. eine Geräteübersicht, durch eine Legende erläutert?Dies sorgt für eine schnellere Identifizierung der einzelnen Geräteteile und erspart demAnwender das Blättern in der Betriebsanleitung.Bei Visualisierungen, wie z. B. Diagrammen und Piktogrammen, muss darauf geachtet werden,dass sie erläutert werden müssen, wenn sie nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werdenkönnen. Weiterhin ist vor allem bei Piktogrammen darauf zu achten, dass sie zumindest dem ingängigen Normen definierten Standard entsprechen oder Eigenentwicklungen darstellen, diegeeignet erscheinen, den Standard zu erfüllen.9


GestaltungUnter dem Stichwort ‘Gestaltung’ wird die äußere und innere Aufmachung der Dokumentationbeurteilt. Der Gestaltung kommen wesentliche Aufgaben im Bereich der Kommunikation mit demAnwender zu, die Gestaltung der Dokumentation kann sie ins Positive steigern, aber genauso gutfür Missmut beim Leser sorgen.• Äußere Gestaltung (äußeres Erscheinungsbild)Art und Weise der Bindung, Format, Papierqualität, Gestaltung des Titelblatts(Herstellername, Gerätebezeichnung, Gerätetyp, ggf. Seriennummer, eine Abbildung desGerätes und eine Bezeichnung der Dokumentart)• Innere GestaltungTypographie (Auswahl der Schriftart, Schriftfamilie und des Schriftschnittes)Layout (Anordnung des Textes zusammen mit Abbildungen auf einer Seite)NormenkonformitätBei der Herstellung eines Gerätes, einer Maschine oder eines anderen technischen Produktes istder Hersteller aus strafrechtlichen und auch betriebswirtschaftlichen Gründen dazu gezwungen,einschlägige Gesetze, Normen und Richtlinien einzuhalten. Diese Vorschriften und Richtlinienenthalten nicht nur Hinweise zur Konstruktion und Entwicklung von Geräten und Maschinen,sondern teilweise auch Hinweise zur Erstellung einer Gebrauchs- oder Betriebsanleitung.Meistens werden nur Hinweise bezüglich des Inhaltes gegeben, manchmal auch zur Gestaltung.Neben den einschlägigen Normen und Richtlinien wie z. B. die DIN EN 62079, DIN EN ISO 12100oder VDI 4500 gelten im Einzelfall produktspezifische Normen wie z. B. die DIN EN 378 Teil 10„Kälteanlagen und Wärmepumpen“.Bei einer Überprüfung auf Normenkonformität muss nun untersucht werden, ob die speziell fürdas Produkt geltenden Normen und Richtlinien Hinweise zur Dokumentation geben und ob dieseauch umgesetzt worden sind. Weiterhin muss die Konformität mit den Normen und Richtlinien,aber auch Gesetzen, überprüft werden, die sich ganz speziell mit Benutzerinformationenauseinandersetzen.Sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit, InformationsangebotIn dieser Kategorie verfolgt man bei der Analyse drei wesentliche Fragestellungen:1. Sind die angebotenen Informationen sachlich richtig?2. Sind die angebotenen Informationen vollständig? Erhält der Anwender alle notwendigenInformationen, um das Gerät richtig, sicher und umfassend nutzen zu können? Sind alleFunktionen des Gerätes beschrieben?3. Ist das Informationsangebot ausreichend? Erhält der Anwender zu seinen (denkbar möglichen)Problemen und Fragen eine ausreichende und befriedigende Antwort? Oder wird er gar mitInformationen überhäuft?10


Ein Gutachten erstellenHat man eine Technische Dokumentation vor sich liegen und soll diese begutachten, sollte mansich zunächst Gedanken über die Vorgehensweise machen. Neben einem Terminplan gehört dieZusammenstellung der Analysekriterien, nach denen man die Dokumentation untersuchen will,dazu. Zu Beginn ist es ratsam, sich noch einige Informationen vom Ersteller der Dokumentation zubesorgen, wie z. B. die anvisierte Zielgruppe.Zunächst sollte man die Technische Dokumentation einmal komplett durchlesen und auf sichwirken lassen. Danach arbeitet man die zuvor festgelegten Analysekriterien nacheinander ab.Mit dem Festlegen der Analysekriterien sollte man für ein einheitliches System sorgen, wie die inder Bedienungs- oder Betriebsanleitung gefundenen Schwachstellen dokumentiert werden sollen.Zu diesem Zweck haben sich Tabellen mit folgenden Angaben als sehr praktisch erwiesen:• eine genaue Bezeichnung der Fundstelle,• die Angabe der Seitenzahl,• ein Kommentar zur Schwachstelle und• ggf. ein Vorschlag, wie diese Schwachstelle behoben werden kann.ErgebnisseDie Ergebnisse der Dokumentanalyse werden dann im eigentlichen Gutachten dokumentiert. Zuden einzelnen Analysekriterien werden die gefundenen Schwachpunkte angegeben und auchbegründet, warum diese als Schwachpunkte angesehen werden. Finden sich zu einemAnalysepunkt viele Schwachstellen, sollte abschließend noch einmal zusammengefasst und diegrößten Schwächen noch einmal dargestellt werden.Die detaillierte Beschreibung der Schwachstellen ist die Grundlage für Optimierungsvorschläge,die ganz gezielt zu den größten Schwächen gegeben werden sollten. Wenig hilfreich wäre es,wenn nur die Schwachstellen bemängelt würden und keine Angaben dazu gemacht würden, wiediese behoben werden können.11


Das so nach und nach entstehende Gutachten sollte ein in sich geschlossenes Dokumentdarstellen, schließlich bezahlt der Auftraggeber meistens kein geringes Entgelt für ein solchesGutachten. Der Aufbau eines solchen Gutachtens könnte wie folgt aussehen:1. Ein Titelblatt mit Angaben zum Dokument, Autor und Gegenstand der Analyse.2. Ein Inhaltsverzeichnis mit allen im Dokument zu findenden Informationen.3. Angaben zum Gegenstand der Analyse und zur Vorgehensweise.4. Eine Darstellung der einzelnen Analysekriterien.5. Eine Darstellung der Analyseergebnisse gestaffelt nach den unterschiedlichenAnalysekriterien, ggf. mit Zusammenfassungen, Einzelstellungnahmen undOptimierungsvorschlägen.6. Eine umfassende Stellungnahme zum analysierten Dokument.7. Falls notwendig ein Anhang mit ausführlichen Optimierungsvorschlägen.Idealerweise wird ein solches Gutachten im Rahmen einer Präsentation beim Auftraggeberübergeben. In dieser Präsentation sollte kurz auf die Vorgehensweise und die wichtigstenErgebnisse eingegangen werden.12


<strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> (Anwendertest)In einem <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> wird die „Praxistauglichkeit“ einer Gebrauchs- oder Betriebsanleitunguntersucht werden. Während dieses Tests soll eine Testperson nur unter der Zuhilfenahme derGebrauchs- oder Betriebsanleitung eine bestimmte Anzahl von Aufgaben mit einem Gerät in einerbestimmten Zeit lösen. Während der Testdauer hält ein Beobachter fest, in welchen Schritten dieTestperson die Aufgaben löst und wie sie dabei die Gebrauchs- oder Betriebsanleitung einsetzt.Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei einzig und allein die Dokumentation und wie sie bei derAufgabenlösung hilft.Art und Umfang eines solchen <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>s sind sehr unterschiedlich. Im einfachsten Fallesitzt die Testperson mit dem Gerät und der zu testenden Gebrauchsanleitung an einem Tisch, einBeobachter sitzt neben ihr und notiert in Stichworten die Vorgehensweise der Testperson.Als Gegenpol existieren richtige „Laboratorien“, in denen die Testperson vollkommen abgeschirmtin einem einzelnen Raum sitzt und den Beobachtern jegliche Technik zur Verfügung steht, ihreBeobachtungen zu dokumentieren.Aufgaben des <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>sEin Gutachten liefert eine große Zahl von Informationen über die Qualität einer TechnischenDokumentation. Diese Informationen sagen aber nur etwas über die Dokumentationsqualität ausExpertensicht aus. Genaue Aussagen über die „Praxistauglichkeit“, d. h. in welcher Weise einBenutzer mit der Dokumentation und dem Gerät zurecht kommt, liefert ein solches Gutachten nurungenügend. Die Frage nach dem Praxisnutzen oder der Praxistauglichkeit kann nur ein Praxistestausreichend beantworten.Ein solcher „<strong>Usability</strong> Test“, auch Anwendertest oder Praxistest genannt, stellt eine guteErgänzung zum Gutachten dar, da sich die Ergebnisse oft ergänzen und gegenseitig stützen.Damit entsteht ein abgeschlossenes und umfassendes „Qualitätsbild“ über eine Bedienungs- oderBetriebsanleitung.Ein <strong>Usability</strong> Test ist unabhängig von der Markteinführung des Produktes und findet idealerweisevor diesem Zeitpunkt statt. Er kann als eine Art „Generalprobe“ für den „Marktauftritt“ desProduktes angesehen werden, nur mit dem Unterschied, dass eine misslungene „Generalprobe“nicht wie in der Theaterwelt ein gutes Omen darstellt. Ein <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> gibt dem Herstellervielmehr die Möglichkeit, die Anleitung zu verbessern, bevor sie sich als unbrauchbar für denAnwender erweist.13


GrundlagenBei der Gestaltung eines Praxistests hat man ähnlich viele Freiheitsgrade wie bei der Gestaltungeines Gutachtens, abhängig vom finanziellen, zeitlichen und personellen Rahmen sindverschiedene Ausgestaltungen möglich. Zunächst sollte geklärt werden, in welcher Art und Weiseder eigentliche Test ablaufen soll. Dementsprechend gestaltet sich dann der Aufwand für die VorundNachbereitung.Eine einfache Form des Praxistests kann mit geringem Aufwand realisiert werden: Eine Testpersonsitzt mit dem Gerät und der Gebrauchsanleitung an einem Tisch in einem ruhigen Raum. Währenddie Testperson versucht, eine oder mehrere vorgegebene Aufgaben mit dem Gerät und der Hilfeder Gebrauchsanleitung zu lösen, wird sie von einer weiteren Person beobachtet, die sichentsprechend ihrer Beobachtungen Notizen macht.Abbildung 1: Praxistest von Gebrauchsanleitungen für VideorecorderDiese Form des Praxistests lässt sich weiter verbessern und verfeinern: Unterstützend zu denNotizen des Beobachters können Video- oder Tonbandaufzeichnungen gemacht werden. Statteinem können auch mehrere Beobachter am Test teilnehmen, häufigere Wiederholungen des Testsmit verschiedenen Testpersonen sorgen für eine breitere Informationsbasis. Allerdings besitztdiese Art des <strong>Usability</strong> Tests ein großes Manko: Die Testperson wird unweigerlich einerPrüfungssituation ausgesetzt, die einen großen Stressfaktor darstellen und somit dieTestergebnisse verfälschen kann. Es ist verständlich, dass es für Unbehagen sorgt, wenn man beiseinen Aktionen so eingehend beobachtet wird und die Beobachter der Testperson förmlich „imNacken sitzen“.14


Um dieses Manko zu beseitigen, wurden im Laufe der Jahre spezielle Testlabors entwickelt, indenen ein <strong>Usability</strong> Test effizient durchgeführt werden kann. Meistens bestehen diese Labors ausgetrennten Test- und Beobachtungsräumen, womit gewährleistet ist, dass die Testperson alleinund ungestört ihre Aufgaben lösen kann. Die Räumlichkeiten sind gezielt für die Testsituationgeplant und gestaltet, so dass die Testsituation möglichst wenig von den Örtlichkeiten beeinflusstwerden.Abbildung 2: <strong>Usability</strong>-Test-LaborDem geschulten Personal dieser Laboratorien stehen eine Fülle von Beobachtungsmöglichkeitenzur Verfügung, die die Testergebnisse sehr genau dokumentieren. Es braucht wohl nicht besonderserwähnt zu werden, dass diese Form des <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>s mitunter sehr kostenintensiv ist. Denhohen Kosten stehen aber auch einige Vorteile gegenüber:• Die Mitarbeiter dieser Institutionen sind sehr erfahren und wissen, worauf es ankommt.• Der komplette Test, von den Vorbereitungen über den Test bis hin zur Auswertung, liegt ineiner Hand.• Die Ergebnisse eines solchen Tests sind oft genauer, da bessere Räumlichkeiten undDokumentationstechniken vorhanden sind und auch die Gruppe der Testpersonen sorgfältigerausgewählt werden kann.Im weiteren Verlauf dieser Darstellungen soll der Aufbau und Ablauf eines Praxistests dereinfacheren Form beschrieben werden, da dieser wohl am häufigsten in der Praxis zu finden ist.15


Anleitungstypen identifizierenUm festzulegen, welche Arten von Anleitungen getestet werden können, muss man vorheranalysieren, um welchen Anleitungstyp es sich handelt:• SofortanleitungLiefert kurze, knapp gehaltene und präzise Handlungsanweisungen, um eine oder mehrereAktionen unmittelbar, ohne Vorwissen und ohne Hintergrundwissen ausführen zu können.Beispiele: Anleitung auf einem Feuerlöscher, Aufbauanleitung für einen Wohnzimmerschrank,Bedienungsanleitung für einen Parkscheinautomat.• NachschlageanleitungLiefert schnell auffindbar Informationen, die man selten benötigt und die nach „Gebrauch“wieder vergessen werden können.Beispiele: Ersatzteilkatalog, Trouble-Shooting-Liste, Syntaxverzeichnis einerProgrammiersprache• LernanleitungEnthält möglichst anschaulich erklärt Hintergrundinformationen über ein Produkt, beschreibtschrittweise die Zusammenhänge, so dass es möglich ist, auch andere, ähnlich strukturierteSachverhalte durch Adaptieren zu verstehen und das Produkt auch ohne Anleitung zubeherrschen.Beispiele: Grundlagen einer Programmiersprache, Einführung in eine SoftwareAufgrund des unterschiedlichen Lernverhaltens von Menschen ist es schwierig wenn nicht sogarunmöglich, das hier vorgestellte Testverfahren auf Lernanleitungen oder auf Teile von Anleitungenmit Lerncharakter anzuwenden. Für Sofortanleitungen und Nachschlageanleitungen lässt sich derPraxistest jedoch hervorragend einsetzen. Dies sollten Sie bei der Auswahl von Aufgaben (siehespäterer Abschnitt) berücksichtigen.DurchführungMöchte man einen Praxistest einer Bedienungs- oder Betriebsanleitung durchführen, erfordertdies einiges an Vorarbeit.TerminplanZunächst ist wie bei allen Projekten ein möglichst genauer Terminplan wichtig. Bei den heutigenkurzen Zeiträumen zwischen Entwicklung, Produktion und Auslieferung von Produkten ist es oftschon schwer genug, den Terminplan für die Erstellung der Dokumentation einzuhalten. Um soschwieriger wird es dann noch sein, die fertig gestellte Dokumentation einigen Testläufen zuunterziehen. Bei der zeitlichen Planung eines <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>s sollte man sich darüber im klarensein, dass die Vorbereitung und Ergebnisauswertung meistens mehr Zeit in Anspruch nehmen alsder Test selber.16


RäumlichkeitenDie Wahl der Räumlichkeiten hängt einerseits von den gegebenen Möglichkeiten ab, andererseitssollte man aber auch den zukünftigen Einsatzort des Produktes berücksichtigen.Handelt es sich bei dem beschriebenen Produkt um ein relativ kleines und transportables, dannsollte es sich um einen geräumigen, hellen Raum in ruhiger Lage handeln, der auch einmal fürmehrere Tage belegt werden kann.Die Testperson sollte die Möglichkeit haben, alleine an einem Tisch zu sitzen. Der oder dieBeobachter sollten sich so positionieren, dass sie das Vorgehen der Testperson gut überblickenkönnen und ggf. auch eine evtl. vorhandene Anzeige am Gerät einsehen können.Handelt es sich bei dem beschriebenen Produkt um eine Werkzeug- oder Fertigungsmaschine,dann sollte man diese mit Betriebsanleitung auch in der Werkstatt testen. Dort sindvoraussichtlich die Bedingungen zu finden, unter denen die Maschine auch später eingesetztwird.TestpersonenBei der Auswahl der Testpersonen sollte nach folgenden Kriterien vorgegangen werden:• Die Zielgruppe für das Produkt sollte so genau wie möglich bekannt sein.• Die ausgewählten Testpersonen sollten repräsentativ für diese Zielgruppe stehen.• Bei Produkten mit großen Zielgruppen, wie Unterhaltungselektronik, sollte darauf geachtetwerden, dass die Testpersonen möglichst allen angesprochenen Personengruppen entstammen(z. B. junge Leute genauso wie Rentner).• Aus zeitlichen und finanziellen Gründen werden die Testpersonen manchmal aus der eigenenFirma rekrutiert. Dabei sollte man bedenken, dass dies die Testergebnisse verfälschen kann, daevtl. eingehende Kenntnisse über das Produkt oder ähnliche Produkte vorhanden sind.• Bereits bei der Auswahl sollte man potentielle Testpersonen darüber aufklären, dass nicht sieselbst und ihre Fähigkeiten getestet werden sollen, sondern einzig und allein die Eignung derGebrauchsanleitung. Diese Aufklärung ist wichtig, um möglichem „Prüfungsstress“ bei denTestpersonen vorzubeugen.Bevor der Test durchgeführt wird, müssen die Testpersonen unbedingt gründlich über ihre Rollebei dem Test aufgeklärt werden. In einer vertrauensvollen Atmosphäre muss der Beobachter ihnendeutlich machen, dass nicht sie als Personen, nicht ihre Fähigkeit, ein Gerät zu benutzen, undauch nicht die Schnelligkeit ihrer Auffassungsgabe getestet werden soll, sondern einzig undallein, ob die Gebrauchsanleitung im Bedarfsfall korrekte und ausreichende Informationen zurAufgabenlösung bietet.Die Beobachter können während des Testlaufs „Stolperstellen“ in der Anleitung und gedankliche„Irrwege“ der Testpersonen besser registrieren, wenn die Testpersonen sich direkt dazu äußern.Diese „Stolperstellen“ und „Irrwege“ stellen wertvolle Testergebnisse dar, die Hinweise für einerOptimierung der Anleitung wie auch des Gerätes geben können. Deswegen sollten dieTestpersonen dazu angehalten werden, während des Tests „laut zu denken“, d.h.1. laut vorzulesen, was sie gerade in der Bedienungs- oder Betriebsanleitung lesen und2. auszusprechen, was sie gerade denken, als nächsten Schritt tun wollen, was sie nichtverstehen und welche Fragen sie haben.17


Diese Formulierungen betonen den Grundsatz „Erst lesen, dann handeln“ – und die Testpersonensollten zusätzlich und ausdrücklich gebeten werden, während des Tests immer nach diesemGrundsatz zu verfahren, damit das eigentliche Testziel besser erreicht werden kann.Achten Sie bei der Formulierung der Aufgaben Sie auf folgende Dinge:• Geben Sie zuerst eine kurze Zustandsbeschreibung der Situation vor, z. B.: „Sie haben dasGerät vorhin im Laden gekauft und möchten es nun in Betrieb nehmen.“• Integrieren Sie eine Formulierung, über die sich die Testperson in die Situation einfühlenkann: „Stellen Sie sich nun vor ...“ oder „Nun möchten Sie ...“.• Betonen Sie den Grundsatz „Erst lesen, dann handeln“, z. B. „Suchen Sie in der Anleitung nachInformationen, um ...“.• Formulieren Sie die Aufgaben so, dass das Ziel der Tätigkeit ganz genau daraus hervor geht.Dieses Ziel kann eine Handlung sein („... und führen Sie die beschriebenen Tätigkeiten aus.)Sie können aber auch Aufgaben formulieren, zu deren Lösung die Testperson bestimmteInformationen in der Anleitung einfach finden und wiedergeben muss („... und beschreibenSie ... in eigenen Worten.“).Hier zwei Beispiele für Aufgaben zu einem Toaster:1. „Sie haben soeben diesen Toaster im Geschäft gekauft und möchten nun Ihr erstes Toastbrotdamit rösten. Suchen Sie in der Anleitung nach Informationen darüber, wie Sie den Toaster inBetrieb nehmen und Brot toasten können. Rösten Sie dann wie dort beschrieben die bereitliegende Brotscheibe.“2. „Stellen Sie sich vor, dass Ihr Kind den Toaster mit schokoladenbeschmierten Fingernangefasst hat. Sie möchten nun den Toaster reinigen. Finden Sie in der Anleitung Hinweisezur Reinigung. Erklären Sie dann in eigenen Worten, was Sie tun müssten.“Die Anzahl der Testaufgaben richtet sich nach dem Schwierigkeitsgrad und Bearbeitungsdauer dereinzelnen Aufgaben. Es sollte jedoch eine Testdauer von ca. 30 Minuten, maximal 45 Minuten,nicht überschritten werden. Tests, die über diesen Zeitraum hinausgehen, sind erfahrungsgemäßweniger sinnvoll, da die Konzentration der Testpersonen schnell nachlässt und der Stress zumEnde hin größer wird, wodurch die Testaussagen verfälscht werden. Darüber hinaus erhält manmit vielen kurzen Tests eine breitere Datenbasis für die Ergebnisauswertung.Vor der Durchführung des Testprogramms ist es aus zwei Gründen sinnvoll, die zusammengestelltenTestaufgaben einem Pre-Test zu unterziehen: Zum einen können so dieAufgabenstellung überprüft und ggf. verbessert werden, zum anderen gewinnt man durch denPre-Test Richtwerte, in welcher Zeit die Aufgaben gelöst werden könnten.BeobachterAls Beobachter kommen Personen in Frage, die sowohl Gerät als auch Dokumentation bereitskennen. Sie sollten eine gute Beobachtungsgabe haben und ihre Beobachtungen stichwortartigfesthalten können. Sie sollen die Testperson über den Ablauf des Praxistests informieren und zum„lauten Denken“ anhalten. Es ist nicht zwingend notwendig, dass immer dieselben Beobachterjeden Test betreuen.19


Dem Beobachter kommen während des Tests folgende Aufgaben zu:1. Die Testperson muss mit dem Testablauf vertraut gemacht werden. Vor allem ist es wichtig,eine positive Atmosphäre zu schaffen und die Testperson darauf hinzuweisen, dass einzig undallein die Qualität der Gebrauchsanleitung getestet werden soll und nicht die Person selbst.2. Die Testperson muss zum „lauten Denken“ animiert werden, damit ihre Vorgehensweise fürdie Beobachter transparenter wird.3. Hauptaufgabe ist die Beobachtung der Testperson und das Festhalten ihres Verhaltens undVorgehens beim Lösen der Aufgaben. Insbesondere muss festgehalten werden, an welcherStelle Fragen und Probleme auftauchen, wenn es zu mehreren Versuchen, Fehlhandlungenoder Irrtümern kommt.4. Vor und nach dem Test stellt der Beobachter der Testperson noch einige Fragen zu ihremInformationsstand über das Gerät, ihrer Einstellung zum Gerät und der Gebrauchsanleitung.BetreuerFür den Ablauf der Testserie ist es sinnvoll, einen Betreuer zu bestimmen, der sich um denorganisatorischen Ablauf des Tests kümmert. Weiterhin sollte der Betreuer eingehende Kenntnisseüber das Gerät haben, um es auf den Test vorzubereiten und ggf. bei kritischen Situationen helfenzu können.Fünf DokumenteInsgesamt werden für den Ablauf des Praxistests fünf Dokumente benötigt, die den Ablauferleichtern und die Ergebnisse dokumentieren sollen.Informationsschrift für die BeobachterZu Beginn des Tests werden dem Beobachter sämtliche Dokumente ausgehändigt.Mit dem ersten Dokument soll der Beobachter selbst über den Testablauf und seine persönlichenAufgaben informiert werden. Dieses Informationsblatt sollte Angaben enthalten zum Testablaufund zu den Aufgaben des Beobachters. Der Beobachter sollte außerdem Hinweise erhalten, wie erdie Testpersonen über ihre Rolle aufklären kann, wie er sie zum „Lauten Denken“ ermuntert undwie er die Testpersonen zur Einhaltung des Grundsatzes „Erst Lesen, dann handeln“ anhält.AufgabenblattDas Blatt mit den Aufgaben erhält die Testperson nach der ersten Befragung durch denBeobachter. Auf diesem Blatt sollen die Aufgaben klar und deutlich formuliert stehen, so dass dieTestperson ohne weitere Fragen die Lösung der Aufgaben angehen kann. Auf diesem Blatt solltenaußer den Aufgaben selbst lediglich einleitende Hinweise auf die beiden Testprinzipien „LautenDenken“ und „Erst Lesen, dann handeln“ stehen. Das Aufgabenblatt sollte also keine weiterenAnweisungen oder gar die für die Lösung der Aufgaben vorgesehenen Zeiten enthalten.20


Für den Fall, dass die Testperson am Gerät nacheinander mehrere Aufgaben lösen soll, hat es sichbewährt, die Aufgaben nicht gesammelt auf einem Blatt zur Verfügung zu stellen, sondern erstnach dem Beenden einer Aufgabe die nächste auszugeben. Dadurch lässt sich vermeiden, dass dieTestperson sich bereits der nächsten Aufgabe zuwendet, während der Beobachter sich nochNotizen zur vorangegangenen macht und noch gar nicht aufmerksam ist. Außerdem kann es sein,dass der Beobachter vor der nächsten Aufgabe das Gerät erst vorbereiten muss, z. B. in einenbestimmten Betriebszustand schalten muss.Fragebogen vor dem TestVor dem eigentlichen Test soll der Beobachter eine Befragung der Testperson durchführen. MitHilfe des ersten Fragebogens soll ermittelt werden,• welchen Informationsstand die Testperson über das Gerät besitzt,• wie die Testperson ihr eigenes technisches Verständnis einschätzt und• wie ihre Haltung gegenüber Gebrauch- und Betriebsanleitungen im Allgemeinen ist.Darüber hinaus kann ermittelt werden, welche Erwartungen die Testperson an das Gerät hat undwie ihr erster Eindruck von der Gebrauchsanleitung ist.BeobachtungsbogenAuf dem Beobachtungsbogen soll der Beobachter seine Notizen machen. Dies kann ihm durcheinen vorgefertigten Bogen erleichtert werden.Oft werden Bögen eingesetzt, auf denen der Beobachter nur bestimmte Kategorien anzukreuzenbraucht. Dort finden sich Kategorien wie• „Orientiert sich an der Gebrauchsanleitung“,• „Fängt an zu probieren ohne Gebrauchsanleitung“ oder• „Sucht in der Gebrauchsanleitung“.Diese „standardisierten Beobachtungskriterien“ sollen dann vom Beobachter der Vorgehensweiseder Testperson entsprechend beziffert werden.Solche Kategorien ermöglichen eine standardisierte Auswertung über Datenbanken o. ä., habenaber auch einen wesentlichen Nachteil: Oft genug ist es der Fall, dass die gemachtenBeobachtungen eben nicht in diese Kategorien passen. Außerdem ist der Beobachter meistensunter Zeitdruck und wird sich schwer tun, immer die Kategorie herauszusuchen, die er ankreuzenmüsste. Aus diesen Gründen empfiehlt sich ein Beobachtungsbogen mit viel Raum für freieNotizen des Beobachters, so dass er z. B. markante Äußerungen des „lauten Denkens“ derTestpersonen festhalten kann.Außerdem sollte der Beobachter festhalten, wie viel Zeit die Testperson zur Lösung der Aufgabeim Vergleich zu Richtzeiten benötigt, wie sie durch den Pre-Test ermittelt worden sind.21


Fragebogen nach dem TestNach dem Lösen der Testaufgaben werden der Testperson noch einige Fragen gestellt. Mit derHilfe eines Fragebogens ermittelt man noch folgende Informationen:• Welchen Eindruck hat die Person vom Gerät und der Bedienungsanleitung?• Wo hat die Testperson Probleme im Umgang mit der Gebrauchsanleitung gehabt?• Welche Vorschläge würde die Testperson zur Verbesserung der Gebrauchsanleitung machen?Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang eine Bewertung der Gebrauchsanleitung durch dieTestperson und eine Bewertung durch den Beobachter, wie seiner Meinung nach die Testpersonmit der Gebrauchsanleitung zurecht gekommen ist.Grundsätzlicher AblaufZusammenfassend könnte der Ablauf eines <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>s so aussehen:• Beobachter empfängt die Testperson• Beobachter führt ein Vorgespräch und stellt die vorbereiteten Fragen• Eigentlicher Test: Testperson löst die vorgegebenen Aufgaben• Beobachter führt ein Gespräch und stellt die vorbereiteten Fragen nach dem Test• Gegebenenfalls mehrere Testläufe mit verschiedenen Testpersonen• Auswertung der ErgebnisseErgebnisse auswertenAls Ergebnis hält man nach dem <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> zwei Pakete in der Hand: eins mit den ausgefülltenFragebögen, eins mit den ausgefüllten Beobachtungsbögen. Die wichtigsten Angaben fürdie Evaluation der Technischen Dokumentation finden sich in den Beobachtungsbögen.Die Angaben in den Fragebögen lassen sich sehr gut in Statistiken und Diagrammen darstellen,vorausgesetzt, die Fragen sind entsprechend formuliert worden. Diese Statistiken sind nicht nurfür die Abteilungen interessant, die sich mit der Technischen Dokumentation beschäftigen,sondern auch für Entwicklung, Vertrieb und Marketing.Die Angaben in den Beobachtungsbögen lassen sich nicht so ohne weiteres in Statistiken undDiagrammen darstellen. Dies ist der Nachteil von freien Notizen. Sehr schnell kristallisieren sichaber die größten „Stolperstellen“ heraus, oft haben an manchen Stellen viele Testpersonen diegleichen Probleme. Genau diese Erkenntnis ist der Ansatzpunkt für eine Verbesserung derGebrauchs- oder Betriebsanleitung, nun ist es bekannt, an welchen Stellen Probleme auftreten.Aufsetzend auf dieses Wissen kann nun untersucht werden, ob es sich um eine Schwäche derGebrauchsanleitung handelt, oder ob der Fehler eher bei dem Gerät und seiner Konzeption zusuchen ist.22


Die Ergebnisse des <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong>s dokumentieren die Qualität der Technischen Dokumentationaus Anwendersicht und sind somit eine ideale Ergänzung zum Expertengutachten. Die Ergebnissedes Praxistests sollten aber nicht mit denen der Analyse vermischt, sondern in einem gesondertenDokument dargelegt werden. Dies könnte inhaltlich wie folgt aussehen:1. Ein Titelblatt mit Angaben zur Art des Dokuments, dem Inhalt und dem Autor.2. Ein Inhaltsverzeichnis mit allen im Dokument zu findenden Informationen.3. Eine Einführung mit Darlegung der Vorgehensweise.4. Eine Beschreibung der verwendeten Fragebögen.5. Eine Beschreibung der gestellten Aufgaben mit Begründung, warum gerade diese Aufgabengestellt wurden.6. Eine Darstellung der Ergebnisse mit Hervorhebung der wichtigsten Erkenntnisse.7. Eine Darstellung, welche Auswirkungen die Ergebnisse des Praxistests auf die TechnischeDokumentation haben sollten.8. Ein Anhang, in dem Kopien der verwendeten Testunterlagen zu finden sind.Genauso wie die Ergebnisse des Gutachtens sollten die Ergebnisse des Praxistests im Rahmeneiner Präsentation dargelegt werden.23


Der Wert von Evaluation oderWas hat ein Unternehmen davon?Heutzutage ist es leider immer noch so, dass Unternehmen ihrer Pflicht zur Erstellung vonBenutzerinformationen oft nur sehr träge und anscheinend ungern nachkommen. Meistens wirddie Aufgabe der Technischen Dokumentation misstrauisch beobachtet und mit demHintergedanken, dass das doch alles viel zu teuer sei. Wie soll man den Entscheidern in solchenUnternehmen nun verdeutlichen, dass die Technische Dokumentation des Unternehmens wieandere Bereiche der Produktion einer ständigen Evaluation unterliegen soll? Dass es notwendigist, Dokumentationen zu begutachten und zu testen?Evaluation von Technischer Dokumentation kann als Chance betrachtet werden, deren Ergebnisklare betriebswirtschaftliche Vorteile bringt.Dokumentation als Mehrwert für das ProduktEinmal davon abgesehen, dass die Technische Dokumentation mit dem Gerät ausgeliefert werdenmuss, begreifen allmählich viele Manager, das eine gute Gebrauchs- oder Betriebsanleitung denWert des Produktes steigern kann. Aus diesem Grund sollten einige Abteilungen in denUnternehmen ein starkes Interesse an guten Dokumentationen haben, in erster Linie dasManagement und das Marketing.In Zeiten von Total Quality Management (TQM) steht die Qualität eines Produktes und dieKundenzufriedenheit im Mittelpunkt sämtlicher Bemühungen. Im TQM wird zwischen einemGerät und einem Produkt unterschieden, ein Produkt umfasst das Gerät, den Service, dieMitarbeiterfreundlichkeit und natürlich die Technische Dokumentation. Jeder einzelne Bestandteilkann den Wert des Produktes vermindern oder auch erhöhen, also ist es keine Frage, welche Rolleeine gute Gebrauchsanleitung spielt.Ein Kunde ist mit einem Gerät zufrieden, wenn es die gestellten Erwartungen und Anforderungenerfüllt. Ein Kunde erwartet z. B., dass er ohne größere Probleme alle Funktionen des Gerätesnutzen kann. Genau bei diesem Vorgang, beim Kennenlernen und beim Bedienenlernen desGerätes, kommt der Technischen Dokumentation eine sehr große Bedeutung zu.24


Dem Marketing wird mit einer guten Technischen Dokumentation ein gutes Werkzeug in dieHand gegeben:Im Pre-Sales-Marketing, also dem Marketing vor dem Verkauf des Produktes, kann eine guteDokumentation zwei Aufgaben erfüllen:1. Verkäufer müssen sich meistens das notwendige Wissen über das Gerät aus derGebrauchsanleitung besorgen, um das Gerät präsentieren und erklären zu können. Es sollschon vorgekommen sein, dass ein Gerät so gut wie überhaupt nicht verkauft wurde, weil dieVerkäufer damit nicht zurecht kamen und es somit auch nicht entsprechend präsentierenkonnten.2. Immer öfter wird die Gebrauchsanleitung mit in den Entscheidungsprozess des Kundeneinbezogen. Also kann auch hier eine gute Gebrauchsanleitung für einen Verkaufsschubsorgen.Im After-Sales-Marketing liegt den Marketingstrategen die Kundenbindung am Herzen, da esdoch viel günstiger ist, Stammkunden zu binden als Neukunden zu werben. Kundenbindungfunktioniert aber nur über Kundenzufriedenheit, und wie diese mit Hilfe der TechnischenDokumentation gesteigert werden kann, ist schon weiter oben beschrieben worden.Sicherheit gegenüber RegressansprüchenDie Anforderungen aus Gesetzen, Normen und Richtlinien an die Technische Dokumentationwerden immer höher. Allein aus diesem Grunde schon ist es legitim, die Dokumentationsarbeit indie Hände von Fachleuten zu legen.In den USA kann man immer wieder verfolgen, wie Unternehmen zur Zahlung vonSchmerzensgeldern und Entschädigungen in Millionenhöhe verurteilt werden, nur weil esaufgrund von mangelhafter Technischer Dokumentation zu Regressansprüchen gekommen ist. Inder BRD werden zwar nicht ganz so hohe Geldbeträge eingeklagt, aber trotzdem kann einemangelhafte Gebrauchs- oder Betriebsanleitung einem Unternehmen sehr teuer zu stehenkommen.Im Verhältnis zu den im Schadensfall zu erwartenden Nachteilen ist die Erstellung einer gutenTechnischen Dokumentation und die damit verbundene Evaluation noch sehr günstig.25


LiteraturverzeichnisBoedicker, Dagmar: Handbuch-Knigge. Software-Handbücher schreiben und beurteilen.Mannheim, BI-Wissenschaftlicher Verlag, 1990Brinker, Klaus: Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden.4.durchges. und erg. Aufl., Berlin, Erich-Schmidt, 1997Gabriel, Carl-Heinz: tekom-Richtlinie. Technische Dokumentation beurteilen. Stuttgart, tekom-Gesellschaft für technische Kommunikation e.V., 1991Geyer, Ralf: Evaluation von Gebrauchsanleitungen. tekom-Hochschulschriften Nr. 4, Stuttgart,1995Geyer, Ralf: Tagungsunterlagen zum Workshop „Tauglichkeit von Anleitungen durch Praxistestsüberprüfen“, tekom-Tagung Wiesbaden 2003Gulbins, Jürgen; Kahrmann, Christine: Mut zur Typographie. Ein Kurs für DTP undTextverarbeitung. Berlin, Springer-Verlag, korrigierter Nachdruck 1993Langer, Inghard u.a.: Sich verständlich ausdrücken. 5., verb. Aufl., München; Basel, E. Reinhardt,1993Neuß, Michael: Bedienungsanleitungen und die EG-Richtlinie „Maschinen“, Hannover, SchriftlicheArbeit an der FH Hannover, SS1997Riedel, Falko u.a.: Praxishandbuch Technische Dokumentation. Wirtschaftlich organisieren,systematisch erstellen, kundengerecht gestalten. Augsburg, WEKA Fachverlag für technischeFührungskräfte, Grundwerk einschl. Aktualisierungs- und Ergänzungslieferung Oktober 1997<strong>Schwermer</strong>, <strong>Rolf</strong> u.a.: Blaupunkt-Anleitungen auf dem Prüfstand. Dokumentanalyse derBedienungsanleitungen TravelPilot RGS06 und Radiophone Amsterdam. Hannover,Semesterprojekt an der FH Hannover, WS 1997/98VDI-Richtlinie 4500 „Technische Dokumentation. Benutzerinformation“, Düsseldorf, VereinDeutscher Ingenieure, 199426


SelbstkontrolleFragenBeantworten Sie für sich zur Selbstkontrolle stichwortartig die folgenden Fragen. Musterlösungenfinden Sie auf der folgenden Seite, ausführliche Beantwortung finden Sie in dieserSelbstlerneinheit an den entsprechenden Textstellen.1. Nennen Sie fünf gängige Methoden zum Bewerten von Technischer Dokumentation1. In welchen zwei Gruppen lassen sich diese Methoden bezüglich der Auslieferung vonTechnischer Dokumentation gliedern?2. Nennen Sie mindestens sechs Analysekriterien, um eine Anleitung aus Sicht einesExperten zu beurteilen.3. Was ist der Hauptunterschied zwischen den beiden Evaluationsverfahren, die zum einenvon Experten durchgeführt werden, zum anderen von Anwendern?4. Welche Anleitungstypen unterscheidet man und für welche davon ist ein Anwendertestgeeignet?5. Welche Vorbereitungen sollte man beim Durchführen eines Anwendertests treffen?6. Welche Personen(gruppen) nehmen an einem Anwendertest teil?7. Wie könnte ein Anwendertest grundsätzlich ablaufen?8. Welche fünf Dokumente benötigt man, um einen Anwendertest durchzuführen?9. Welche Grundsätze sind beim Formulieren von Testfragen zu beachten? Nennen Sie dieGrundsätze und formulieren Sie eine einfache Aufgabe für einen Videorekorder.10. Was hat ein Unternehmen von einer Evaluation?Halt!27


Blättern Sie nur um, wenn Sie wirklich die Musterlösungen sehen möchten ...28


Musterlösungen1. Nennen Sie fünf gängige Methoden zum Bewerten von Technischer Dokumentation- Daten aus Marketing/Kundendienst/Hotline- Anwenderbefragung- Beobachtungen in konkreter Anwendungssituation- (Experten-)Gutachten- <strong>Usability</strong> <strong>Testing</strong> (Anwendertest, Praxistest)(siehe Seite 3)2. In welchen zwei Gruppen lassen sich diese Methoden bezüglich der Auslieferung vonTechnischer Dokumentation gliedern?Die ersten drei können erst nach der Auslieferung des Produktes an den Kunden durchgeführtwerden, die letzten beiden bereits vorher.(siehe Seite 3)3. Nennen Sie mindestens sechs Analysekriterien, um eine Anleitung aus Sicht einesExperten zu beurteilen.- Gliederung- Aufbau- Lesehilfen- Text- Sicherheitshinweise- Abbildungen, Visualisierungen- Gestaltung- Normenkonformität- Sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit, Informationsangebot(siehe Seite 7)4. Was ist der Hauptunterschied zwischen den beiden Evaluationsverfahren, die zum einenvon Experten durchgeführt werden, zum anderen von Anwendern?Das Gutachten ist aus Sicht des Fachmanns erstellt und zeigt mehr die formalenSchwachstellen des evaluierten Dokuments auf. Der Praxistest zeigt die Vorteile oderSchwachstellen aus Sicht des Anwenders im „tatsächlichen“ Einsatz. Wichtig dabei: BeideVerfahren ergänzen sich und liefern in Kombination ein optimales Ergebnis.(siehe Seite 5, Seite 13)5. Welche Anleitungstypen unterscheidet man und für welche davon ist ein Anwendertestgeeignet?Es gibt die Sofortanleitung, die Nachschlageanleitung und die Lernanleitung. Die beidenersten sind für einen Anwendertest geeignet.(siehe Seite 16)29


6. Welche Vorbereitungen sollte man beim Durchführen eines Anwendertests treffen?- Terminplan festlegen- Räumlichkeiten wählen und bereitstellen- Testpersonen auswählen und einladen- Testaufgaben erstellen und ausformulieren- Pre-Test durchführen- Testdokumente vorbereiten(siehe Seite 16)7. Welche Personen(gruppen) nehmen an einem Anwendertest teil?- Testpersonen- Beobachter- gegebenenfalls Betreuer(siehe ab Seite 17)8. Wie könnte ein Anwendertest grundsätzlich ablaufen?- Beobachter empfängt die Testperson- Beobachter führt ein Vorgespräch und stellt die vorbereiteten Fragen- Eigentlicher Test: Testperson löst die vorgegebenen Aufgaben- Beobachter führt ein Gespräch und stellt die vorbereiteten Fragen nach dem Test- Gegebenenfalls mehrere Testläufe mit verschiedenen Testpersonen- Auswertung der Ergebnisse(siehe Seite 22)9. Welche fünf Dokumente benötigt man, um einen Anwendertest durchzuführen?- Informationsschrift für den Beobachter- Fragebogen vor dem Test (Vorgespräch)- Aufgabenblatt- Beobachtungsbogen- Fragebogen nach dem Test (Nachgespräch)(siehe Seite 20)10. Welche Grundsätze sind beim Formulieren von Testfragen zu beachten? Nennen Sie dieGrundsätze und formulieren Sie eine einfache Aufgabe für einen Videorekorder.- Zustandsbeschreibung der Ausgangssituation geben- Formulierung, um sich in die Situation einzufühlen- „Erst lesen, dann handeln“ betonen- Ziel der Aufgabe klar formulieren(siehe ab Seite 18, Formulierung angelehnt an die Beispielaufgaben zum Toaster)11. Was hat ein Unternehmen von einer Evaluation?- Mehrwert für das Produkt durch benutzerfreundliche, gelungene Dokumentation- Sicherheit gegen Regressansprüche durch Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen(siehe Seite 24)30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!