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22 AKTUELLES<br />
Wohlfahrtsverbände und Bundesregierung<br />
Politikberatung einmal anders<br />
Berlin. Das hat es in der Geschichte<br />
der Bundesrepublik<br />
noch nicht gegeben: Da stellt<br />
ein Bundeskanzler unter dem<br />
Stichwort „Agenda 2010“ vor<br />
dem Bundestag weitreichende<br />
Reformen in Aussicht, setzt diese<br />
tatsächlich um und will dann<br />
– das ist das Einmalige – die<br />
Auswirkungen seiner Politik<br />
von den Wohlfahrtsverbänden<br />
kontrolliert wissen.<br />
Im Oktober 2003 hatte<br />
Gerhard Schröder die Spitzenverbände<br />
der freien Wohlfahrtspflege<br />
(<strong>AWO</strong>, Caritas,<br />
Diakonie, Rotes Kreuz, Parität<br />
und Zentrale Wohlfahrtsstelle<br />
der Juden) zu gemeinsamen<br />
Gesprächen über die Auswirkungen<br />
der Agenda 2010 eingeladen.<br />
Er wollte wissen, ob<br />
die verschiedenen Reformgesetze<br />
– von der Gesundheitsreform<br />
bis zu Hartz IV – Menschen<br />
mit geringem Einkommen<br />
besonders benachteiligen.<br />
Von diesem Monitoring<br />
(zu Deutsch: Beobachten) sollen<br />
beide Seiten profitieren:<br />
Die Bundesregierung will Auskünfte<br />
aus der Praxis über unbeabsichtigte<br />
Auswirkungen ihrer<br />
Sozialreformen erhalten,<br />
die Freie Wohlfahrtspflege hat<br />
Gelegenheit, ihre Erkenntnisse<br />
kurz notiert<br />
Wettbewerb für Teilhabe und Integration<br />
Engagement wird ausgezeichnet<br />
und Vorschläge der Regierung<br />
auf gleicher Augenhöhe mitzuteilen.<br />
Angesichts der Bundestagswahlen<br />
und dem damit<br />
vorgezogenen Ende des Monitorings,<br />
trafen sich der Kanzler<br />
sowie die Vorsitzenden und<br />
Präsidenten der Verbände Anfang<br />
August zum vorerst letzten<br />
Austausch.<br />
Neben den inhaltlichen Ergebnissen<br />
und Nachbesserungen<br />
war vor allem der ernsthafte<br />
und fachlich konstruktive<br />
Dialog in vertrauter Atmosphäre<br />
für den Erfolg der Gespräche<br />
verantwortlich. Einige von<br />
den Wohlfahrtsverbänden angeregte<br />
Veränderungen im Einzelnen:<br />
Gesundheitsreform:<br />
Bei der Gesundheitsreform<br />
wurde ab 2005 die Darlehensregelung<br />
für HeimbewohnerInnen<br />
im Zusammenspiel mit den<br />
Krankenkassen und Sozialhilfeträgern<br />
unbürokratischer. Diese<br />
Regelung hat vor allem die<br />
Träger von Senioren- und Pflegeheimen<br />
entlastet.<br />
Zahlreiche Medikamente,<br />
die aus dem Katalog der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung<br />
(GKV) gestrichen wurden (wie<br />
Arzneimittel bei Aids/Hepati-<br />
Berlin. Mit einem bundesweiten Wettbewerb will die Stiftung<br />
Bürger für Bürger die Teilhabe und Integration von MigrantInnen<br />
durch bürgerschaftliches Engagement fördern. Gesucht<br />
werden Projekte, bei denen sich MigrantInnen gemeinsam mit<br />
Einheimischen oder MigrantInnen unterschiedlicher nationaler<br />
oder ethnischer Herkunft gemeinsam für das Gemeinwesen<br />
engagieren. Es werden Preisgelder zwischen 1.000 und<br />
2.500 Euro für die drei Erstplatzierten vergeben. Einsendeschluss<br />
ist der 30. November. Formlose Bewerbungen mit<br />
weiteren Infos wie Projektbeschreibung, Pressebeiträgen,<br />
Publikationen und Internetverweisen an: Stiftung Bürger für<br />
Bürger, Herrn Bernhard Schulz, Singerstr. 109, 10179 Berlin,<br />
E-Mail: info@buerger-fuer-buerger.de, Tel. 030 / 24 31 49-0.<br />
<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />
Die Vorsitzenden und Präsidenten der Wohlfahrtsverbände <strong>beim</strong> Monitoring-Gespräch<br />
mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (Mitte).<br />
tis, künstliche Tränenflüssigkeit<br />
oder Gleitmittel für Katheter),<br />
sind wieder in die OTC-Liste<br />
der verschreibungspflichtigen<br />
Medikamente aufgenommen<br />
worden. Von den Verbänden<br />
erkannte Problemfälle werden<br />
auch künftig in die halbjährliche<br />
Überprüfung der Heil- und<br />
Hilfsmittelliste einbezogen.<br />
Nicht durchsetzen konnten<br />
sich die Wohlfahrtsverbände<br />
mit ihrer Forderung, Grundsicherungsempfänger<br />
insgesamt<br />
von der Zuzahlung zu befreien.<br />
Altersvorsorge:<br />
Übereinstimmend wird die Einführung<br />
zusätzlicher kapitalgedeckter<br />
privater Vorsorgemöglichkeiten<br />
als sinnvolle Ergänzung<br />
zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />
gesehen. Ausdrücklich<br />
begrüßt haben die<br />
Wohlfahrtsverbände die Einführung<br />
der Grundsicherung<br />
zum 1. Januar 2003 sowie die<br />
Bemühungen, die Dunkelziffer<br />
der Nichtanspruchnahme zu<br />
reduzieren.<br />
Hartz IV:<br />
Die jüngsten Arbeitsmarktreformen<br />
mit der Zusammenführung<br />
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe<br />
zu Beginn dieses Jahres befinden<br />
sich noch in der Anlaufphase.<br />
Die Umsetzungsprobleme<br />
vor Ort werden im Sinne<br />
der Betroffenen beseitigt, erklärten<br />
Kanzler und Wohlfahrtsverbände.<br />
Außerdem hat<br />
die Bundesregierung in vielen<br />
von den Verbänden vorgetragenen<br />
Punkten Anpassungen<br />
in Aussicht gestellt, wie bei der<br />
Gewährung von Darlehen bei<br />
Mietschulden sowie die Gewährung<br />
einmaliger Leistungen<br />
bei den Mehrbedarfsregelungen<br />
für behinderte Leistungsempfänger<br />
oder bei der Baby-<br />
Erstausstattung.<br />
Das Problem der Weiterfinanzierung<br />
von Wohnungen<br />
trotz vorübergehender Abwesenheit<br />
will die Bundesregierung<br />
lösen: Auch bei Aufenthalt<br />
in einem Frauenhaus muss<br />
die Wohnungsmiete übernommen<br />
werden. Dies gilt auch für<br />
den Fall der Wohnungsverweisung<br />
des Ehemanns nach dem<br />
Gewaltschutzgesetz.<br />
Schließlich soll die besondere<br />
Stellung der Wohlfahrtsverbände<br />
auch bei der Vergabe<br />
von Leistungen (wie Eingliederung<br />
oder Beratung) durch die<br />
örtlichen Arbeitsgemeinschaften<br />
und Optionskommunen angemessen<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die genannten Themenbereiche<br />
und Beispiele machen<br />
deutlich, dass es nicht nur<br />
bei einem fairen und konstruktiven<br />
Austausch unterschiedlicher<br />
Positionen geblieben ist.<br />
Vielmehr wurden auch gemeinsam<br />
Schritte unternommen, um<br />
Missverständnisse auszuräumen<br />
und Fehlentwicklungen zu<br />
vermeiden. Deshalb betonten<br />
zum Abschluss sowohl Bundesregierung<br />
wie Wohlfahrtspflege,<br />
den Monitoring-Prozess<br />
fortsetzen zu wollen. Abseits ihrer<br />
gewohnten Sozialanwaltsfunktion<br />
haben die Wohlfahrtsverbände<br />
als Akteure einer sogenannten<br />
„lernenden Gesetzgebung“<br />
eine neue, wichtige<br />
Form ihrer Politikberatung unter<br />
Beweis stellen können.<br />
Foto: BAGFW