20.11.2012 Aufrufe

Ausgabe online lesen.... - beim AWO Ortsverein Herborn ev

Ausgabe online lesen.... - beim AWO Ortsverein Herborn ev

Ausgabe online lesen.... - beim AWO Ortsverein Herborn ev

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hilfe für junge Mütter im Mutter-Kind-Haus der <strong>AWO</strong> Lübeck<br />

Lernen, regelmäßig die Windeln zu wechseln<br />

Lübeck. „Früher war ich jedes Wochenende<br />

unterwegs und manchmal<br />

auch unter der Woche“, erzählt<br />

Sarah. Aber das fehlt ihr<br />

nicht wirklich. Nun gehe sie nur<br />

noch einmal in der Woche weg.<br />

Das Leben der 21-Jährigen änderte<br />

sich schlagartig, als sich Töchterchen<br />

Aylina ankündigte. Inzwischen<br />

ist die Kleine neun Monate<br />

alt. Und Sarah kann sagen: „Es<br />

läuft gut.“ Zu Verdanken hat sie<br />

das auch den Mitarbeiterinnen im<br />

Mutter-Kind-Haus der <strong>AWO</strong>-Lübeck.<br />

Die Leiterin Maren Mischlisch-Berth<br />

und ihr Team helfen hier<br />

jungen Frauen, die ihre Kinder in<br />

einer schwierigen Lebenssituation<br />

bekommen haben. Nicht wenige<br />

von ihnen sind selbst noch fast Kinder<br />

oder gar noch minderjährig.<br />

Wer hier einzieht, bestimmt das Jugendamt.<br />

Bis Mai 2006 will die<br />

21-jährige Sarah mit ihrer kleinen<br />

Tochter Aylina auf jeden Fall in ihrer<br />

Wohnung im Mutter-Kind-Haus<br />

bleiben. Wenn alles gut geht, hat<br />

sie bis dahin ihren Realschulabschluss<br />

nachgemacht. Sind die<br />

Noten gut, kann sie sich vorstellen<br />

auch noch Abitur zu machen,<br />

sonst möchte sie eine Ausbildung<br />

im sozialen Bereich, vielleicht zur<br />

Arzthelferin, beginnen.<br />

„Ich konnte es erst nicht wirklich<br />

glauben, habe es nicht an<br />

mich herangelassen. Ich wusste<br />

auch nicht, ob ich das Kind behalten<br />

will“, erinnert sich die junge<br />

Mutter. Sie war in der sechsten<br />

Woche als die Schwangerschaft<br />

festgestellt worden war. Die Zeit<br />

der Verwirrung ist vorbei. Nach<br />

der ersten Ablehnung hat sich<br />

auch ihre Mutter in die kleine Aylina<br />

verguckt. „Oma passt schon<br />

mal auf die Kleine auf, aber sie<br />

hat selbst immer noch viel vor.“ Da<br />

sind zum Glück noch die Eltern<br />

von Sarahs Freund. Die nehmen<br />

das Enkelkind gern alle zwei Wochen<br />

zu sich. Auch der Vater hält<br />

zu Sarah und seiner süßen Tochter.<br />

„Ausschlafen kann ich nicht“.<br />

Selbst wenn die Kleine nicht da ist,<br />

wache sie morgens um 8 Uhr auf,<br />

sagt Sarah. Windeln zu wechseln<br />

mache ihr nichts aus. Einmal im<br />

Monat kaufe sie Gläschenkost für<br />

ihre Tochter auf Vorrat ein. „Mich<br />

nervt es, dass ich der Kleinen alles<br />

hinterher räumen muss“, gibt Sarah<br />

zu.<br />

Die alten Freunde können ihre<br />

neue Situation nicht alle nachvollziehen.<br />

Dafür hat Sarah Verständnis.<br />

Warum sollten sich die anderen<br />

auch für Themen wie Windeln<br />

interessieren. „Wir telefonieren<br />

oft“. Deshalb geht Sarah davon<br />

aus, dass die meisten Freundschaften<br />

halten werden.<br />

Außerdem hat sie noch während<br />

der Schwangerschaft in einer<br />

Gruppe zwei andere junge Mütter<br />

kennen gelernt, die auf ihrer Wellenlänge<br />

liegen. Wenn Sarah ihre<br />

Mittlere Reife bestanden hat,<br />

möchte sie mit Aylinas Vater zusammen<br />

ziehen.<br />

Gute Aussichten für die Zukunft<br />

von Sarah und ihrer Tochter sieht<br />

auch Maren Mischlisch-Berth, die<br />

Leiterin der <strong>AWO</strong>-Einrichtung.<br />

Großen Respekt zollt sie Sarah für<br />

ihre Zielstrebigkeit. Sechs Wochen<br />

nach der Geburt habe die junge<br />

Mutter abgestillt, damit sie wieder<br />

zur Schule gehen konnte. „Vorher<br />

war schon die Sorge da, dass Sarah<br />

im Alltag mit Baby nicht klar<br />

kommen würde“, berichtet Maren<br />

Mischlisch-Berth. Schließlich sei sie<br />

nicht ohne Grund in die Betreuungseinrichtung<br />

gezogen. Sarah<br />

habe vorher in einer psychiatrisch<br />

betreuten Wohngruppe gelebt.<br />

Schicksalsschläge hätten bei der<br />

jungen Frau zu Depressionen geführt.<br />

„Dort hat man ihr geraten,<br />

nicht allein in eine Wohnung zu<br />

ziehen.“<br />

Unter den jungen Müttern, die<br />

im <strong>AWO</strong>-Haus leben, gehört Sarah<br />

zu den glücklicheren Fällen. Elf<br />

Frauen mit Kindern können hier<br />

untergebracht werden. Es gibt sieben<br />

Wohnungen und zwei Wohngemeinschaften<br />

für je zwei Frauen<br />

mit Kindern. Treffpunkt für alle sind<br />

die Gemeinschaftsräume. Die<br />

Gründe für eine Zuweisung vom<br />

Jugendamt sind vielfältig: Extrem<br />

junge Mütter mit 14 oder 15 Jahren<br />

sind darunter, Drogenabhängige<br />

und geistig Behinderte sowie<br />

Frauen mit psychiatrischen Störungen.<br />

Derzeit wohne eine Mutter<br />

auf gerichtliche Anweisung in der<br />

Einrichtung. Sie muss zeigen, dass<br />

sie gut für ihre Kinder sorgen<br />

kann.<br />

Die tägliche Versorgung der<br />

Kleinen ist oft ein großes Problem.<br />

„Die jungen<br />

Frauen müssen<br />

lernen strukturiert<br />

zu handeln.<br />

Oft müssen wir<br />

einen geregelten<br />

Tagesablauf vorgeben.<br />

Ihnen<br />

klar machen,<br />

dass ihr Kind alle<br />

drei Stunden<br />

etwas zu essen<br />

braucht, auch<br />

wenn sie selbst<br />

keinen Hunger<br />

haben“, erzählt<br />

Mischlisch-Berth.<br />

Meist müssen<br />

die Mütter erst<br />

lernen zu kochen.<br />

Geachtet<br />

werden muss auf<br />

viele Kleinigkeiten.<br />

Schimmel im<br />

Sauger, Alkohol<br />

im Fläschchen,<br />

Babys in schmutziger<br />

Wäsche<br />

und überfälligen vollen Windeln<br />

gehören zu den Vorfällen, wo das<br />

Team einschreitet. Je nach Alter<br />

und Lebenserfahrung bringen die<br />

Frauen andere Probleme mit. „Eine<br />

Frau mit Essstörungen findet ihr Baby<br />

schnell zu dick. Dann kann es<br />

sein, dass sie die Milch fürs Fläschchen<br />

zu dünn zubereitet.“<br />

Mit seinen elf Plätzen deckt<br />

das Mutter-Kind-Haus in Lübeck<br />

nicht den tatsächlichen Bedarf ab.<br />

Hauptsächlich aus Lübeck, aber<br />

auch aus den Kreisen Ostholstein,<br />

Lauenburg und Stormarn sowie<br />

aus Mecklenburg-Vorpommern<br />

kommen die Frauen in die <strong>AWO</strong>-<br />

Einrichtung. (siv)<br />

Foto: S. Ivert-Klinke<br />

Weitere Infos:<br />

Einrichtung für junge Mütter<br />

des Jugendhilfe- und Sozialverbundes<br />

der <strong>AWO</strong> in Lübeck,<br />

Tel.: 0451 / 50 41 280.<br />

Noch lebt Sarah mit<br />

ihrer kleinen Tochter<br />

Aylina im betreuten<br />

Mutter-Kind-Haus der<br />

<strong>AWO</strong> in Lübeck. Die<br />

Betreuerinnen unterstützen<br />

sie dabei, für<br />

sich und das Kind eineZukunftsperspektive<br />

aufzubauen. Die<br />

junge Mutter holt gerade<br />

ihren Realschulabschluss<br />

nach.<br />

<strong>AWO</strong>magazin 5/2005<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!