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September 2011 - Falkenseer Stadtjournal

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Portrait<br />

Joseph<br />

und Luise<br />

Luise Horwath hat den Papst gemalt.<br />

Ein wenig schelmisch posiert die<br />

Malerin - ein protestantisch erzogener<br />

Freigeist - vor ihrem jüngsten Werk in<br />

Acryl und stellt erstaunt fest: „Das ist<br />

fast eine Ikone geworden.“ Zwar ist<br />

ihr Bild noch nicht geweiht, aber eine<br />

Durchgangsstation zum Jenseitigen<br />

scheint es schon jetzt zu sein - mit der<br />

in der blauen Himmelsluft schwebenden<br />

Gestalt, den segnenden Händen<br />

und den flatternden Friedenstauben.<br />

Es ist ein realistisches Porträt, aber<br />

auch eine Projektion von Wünschen.<br />

„Auf der einen Seite ist der Mensch,<br />

auf der anderen die Größe des Amtes<br />

und die eigenen Hoffnungen, die man<br />

in diese Figur setzt“, kommentiert die<br />

in Falkensee lebende Malerin.<br />

Die Porträtmalerei ist eine Leidenschaft<br />

der Luise Horwath. Sie hat ein riesiges<br />

Mosaik aus 21 Bildern geschaffen und in<br />

verschiedenen Galerien ausgestellt, in<br />

dem sie „Kopf an Kopf“ unter anderem<br />

einen Einstein, die Mutter Theresa, Nina<br />

Hagen, Max Schmeling, Königin Elisabeth,<br />

Marlene Dietrich oder ein Bildnis<br />

eines Vincent van Gogh - in seinem eigenen<br />

Stil gemalt - zeigt. Sie hat einen<br />

Dekan der Humboldt-Universität Berlin<br />

verewigt und im Thaer-Museum in Möglin<br />

hängt ihr Bildnis von Albrecht Daniel<br />

Thaer, dem Begründer der modernen<br />

Landwirtschaft in Preußen. „Mich interessieren<br />

Schicksale“, so begründet die<br />

Malerin ihre Liebe zum Porträt.<br />

Luise Horwath bespielt zugleich ein vielfältiges<br />

künstlerisches Spektrum: Sie<br />

war Konservatorin und Restauratorin,<br />

hat die Deckengemälde im Konzerthaus<br />

am Gendarmenmarkt rekonstruiert, einen<br />

Flügelaltar für die Kirche von Gollwitz<br />

und die Altberliner Malereien für<br />

das Berliner Hilton-Hotel geschaffen.<br />

Erst kürzlich ist sie von einem siebenmonatigen<br />

Aufenthalt auf der Ostseeinsel<br />

Poel mit einem ganzen Buch voller<br />

Bilder und Geschichten zurückgekehrt.<br />

„Diese Insel gehört zu mir“, sagt die<br />

Künstlerin, „und dieses ganz besondere<br />

Licht, das gibt es nur dort“. Sie denkt an<br />

die „Heiden von Kummerow“ oder an<br />

10 FALKENSEER STADT - JOURNAL 09/<strong>2011</strong><br />

Heinrich Zille mit seinen Milieustudien,<br />

während sie in ihrem Inseltagebuch<br />

blättert.<br />

Luise Horwath, Jahrgang 1952, wurde<br />

in Judenbach bei Sonneberg in Thüringen<br />

geboren. Sie absolvierte die Hochschule<br />

der Künste in Dresden mit einem<br />

Diplom für Tafelmalerei und arbeitet<br />

Luise Horwath<br />

seitdem als Malerin und Restauratorin.<br />

Im Jahr 2003 zog sie von Berlin nach<br />

Falkensee. Der Grund: „Ich komme<br />

vom Dorfe und wollte einfach wieder<br />

raus aus der Großstadt.“<br />

Joseph Ratzinger hat der <strong>Falkenseer</strong><br />

Malerin durchaus zu schaffen gemacht.<br />

„Er ist schwer zu fassen“, sagt die erfahrene<br />

Porträtmalerin. Ein erstes Bild hat<br />

sie verworfen, weil das im Stile eines<br />

Glasfensters geraten war und das Ge-<br />

Die <strong>Falkenseer</strong> Malerin Luise Horwath vor ihrem Porträt<br />

von Papst Benedikt XVI.: „Mich interessieren Schicksale.“<br />

sicht noch Charakter vermissen ließ.<br />

Jetzt aber ist Luise Horwath zufrieden<br />

mit ihrem Werk und wenn sie vor ihrer<br />

Ikone posiert, erlebt der zuvor harmlose<br />

Betrachter einen überraschenden<br />

Moment: Malerin und Geschöpf haben<br />

das gleiche hintergründige Lächeln aufgelegt,<br />

beide Augenpaare haben ihre<br />

fernen Idealwelten fest im Blick, verbergen<br />

aber nicht ihr profundes Wissen um<br />

die düsteren Seiten der diesseitigen<br />

Welt. Allerdings hat Benedikt die dunkler<br />

geränderten Augen; das sind vermutlich<br />

die Spuren eines langen und<br />

knüppelharten Politikerlebens als Präfekt<br />

der Glaubenskongregation in der<br />

römischen Kurie.<br />

Die Chancen stehen gut, dass dieses<br />

Porträt beim bevorstehenden Papstbesuch<br />

in Luise Horwaths alter Heimat<br />

Thüringen tatsächlich höhere Weihen<br />

erhält und Benedikt XVI. zum Geschenk<br />

gemacht wird. Doch noch liegt über den<br />

Verhandlungen mit der katholischen<br />

Kirche traditionsgemäß der Schleier der<br />

Diskretion, den das Stadt-Journal an<br />

dieser Stelle nur ein wenig lüften durfte.

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