22.11.2012 Aufrufe

September 2011 - Falkenseer Stadtjournal

September 2011 - Falkenseer Stadtjournal

September 2011 - Falkenseer Stadtjournal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Ausflüge<br />

Ein Kleinod, das preußischdeutsche<br />

Geschichte atmet<br />

Alles begann natürlich mit dem Alten Fritzen. Als dieser in<br />

der denkwürdigen Schlacht von Kunersdorf im Jahre 1759<br />

in arge Bedrängnis geriet, hatte ihn ein Husaren-Rittmeister<br />

namens Prittwitz, der auf einem weißen Schimmel heransprengte,<br />

herausgehauen und dem Monarchen die<br />

Schmach einer Gefangennahme erspart.<br />

Zum Ende des Siebenjährigen Krieges<br />

erhielt der verdiente Haudrauf ein schönes<br />

Stück Land in Form des Rittergutes<br />

Quilitz, was ihm allerdings auch die<br />

ständige Einmischung des am Gedeihen<br />

der ritterlichen Domäne höchst interessierten<br />

Monarchen bescherte. „Er baut<br />

ja ein Schloss! Er will ja hoch hinaus!“<br />

soll der prunkende Potsdamer Schlossherr,<br />

der seinen Untergebenen die preußische<br />

Schlichtheit einzubläuen pflegte,<br />

genörgelt haben, worauf der getreue<br />

Prittwitz prompt auf die Beletage verzichtet<br />

und nur ein hohes Mansarddach<br />

auf die eingeschossige Dreiflügelanlage<br />

gesetzt hatte. Joachim Bernhard von<br />

Prittwitz wurde jedenfalls zu einer Allzweckwaffe<br />

für Friedrich II., der diesen<br />

zum Obersten der legendären Ziethenhusaren<br />

machte, ihn den alten Finowkanal<br />

auf Schifffahrtstauglichkeit und die<br />

Berliner Münze auf Unregelmäßigkeiten<br />

überprüfen ließ und der seinen Prittwitz<br />

schließlich sogar in den preußischen<br />

Olymp – die Tafelrunden auf Schloss<br />

Sanssouci – beförderte. Kein Wunder ist<br />

es also, dass der gute Prittwitz als eine<br />

der den Sockel schmückenden Figuren<br />

am Reiterstandbild des großen Friedrich<br />

auf dem Berliner Boulevard Unter den<br />

Linden verewigt ist.<br />

Es war wiederum eine königliche Schenkung,<br />

die 1814 den Staatskanzler Karl<br />

August Fürst von Hardenberg, der zusammen<br />

mit seinem Kollegen vom und<br />

zum Stein der Vater der gleichnamigen<br />

Reform des preußischen Staatswesens<br />

22 FALKENSEER STADT - JOURNAL 09/<strong>2011</strong><br />

war, in den Besitz des Rittergutes Quilitz<br />

brachte. Hardenberg brachte Urbanität<br />

und Grazie in das etwas abgelegene<br />

märkische Kleinod. Der Reformer<br />

ließ sogleich und in aller Bescheidenheit<br />

den Ort in Neu-Hardenberg umtaufen<br />

und verordnete dem Schloss sein heutiges<br />

klassizistisches Aussehen. Für den<br />

Umbau des ursprünglich barocken<br />

Schlosses zeichnete der allgegenwärtige<br />

Karl Friedrich Schinkel verantwortlich,<br />

während sich die großen Landschaftsgärtner<br />

Lenné und Pückler-Muskau<br />

um die Umgestaltung des Parks<br />

kümmerten.<br />

Hardenberg<br />

und Lindenberg<br />

Denkwürdiges hat auch die Zeitgeschichte<br />

zu berichten: Carl-Hans Graf<br />

von Hardenberg, der zu den Verschwörern<br />

des 20. Juli gehörte, versuchte sich<br />

1944 der Gefangennahme durch die<br />

Gestapo in der Bibliothek des Schlosses<br />

durch Selbstmord zu entziehen. Er<br />

überlebte, kam in das KZ Sachsenhausen<br />

und überlebte auch dieses. Die Enteignung<br />

durch die Nazis wurde durch<br />

die Bodenreform von 1945 bestätigt.<br />

1952 wurde der Ort nach der sozialisti-<br />

schen Ikone Karl Marx in „Marxwalde“<br />

umbenannt und auf dem benachbarten<br />

Militärflughafen wurden ein Jagdfliegergeschwader<br />

und später auch die DDR-<br />

Regierungsstaffel stationiert. 1991 erfolgte<br />

die Rückbenennung in Neuhardenberg.<br />

Das Schloss, das sich heute im Besitz<br />

der Stiftung Schloss Neuhardenberg<br />

befindet, wird als Hotel und Tagungsort<br />

genutzt und kann sonntags besichtigt<br />

werden. Täglich geöffnet sind der Park<br />

und die Schinkel-Kirche des Ortes, in<br />

deren Altar das Herz des Fürsten von<br />

Hardenberg aufbewahrt wird.<br />

Dem Reigen großer Gestalten der deutschen<br />

Geschichte, die Neuhardenberg<br />

zu bieten hat, fügt die Stiftung derzeit<br />

noch eine erfrischende Nuance an: Die<br />

Ausstellungshalle am Schloss erweist<br />

noch bis zum 20. November mit der<br />

Präsentation „UDO. Die Ausstellung“ der<br />

Rocklegende Udo Lindenberg ihre Referenz.<br />

Zu sehen sind Udo-Memorabilien<br />

wie gerahmte Manuskripte berühmter<br />

Liedtexte, aufgereihte Schallplatten in<br />

Gold oder Platin, schräge Privatbilder<br />

und Lederjacken, Lederjacken!<br />

UG<br />

Links: Die Schinkel-Kirche in Neuhardenberg.<br />

Wikipedia Commons / Clemensfranz<br />

Rechts: Schloss Neuhardenberg aus der<br />

Parkperspektive, im Vordergrund das<br />

Denkmal Friedrichs II. aus dem Jahre<br />

1792. ©TMB-Fotoarchiv / NBL Boldt

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!