September 2011 - Falkenseer Stadtjournal

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Gestern - Heute Die heutige Hansastraße entstand ab 1907/08 mit der Anlage der Kolonie Falkenhagen-West und wurde später zu einer Art repräsentativer Promenadenstraße dieses neuen Siedlungsgebietes gestaltet. In einem Parzellierungsplan wurde die neue Kolonie so angepriesen: „Wer sich hier ein Grundstück sichert, kann sich seine in der 20 FALKENSEER STADT - JOURNAL 09/2011 Falkensee gestern - heute Großstadt überanstrengte Gesundheit in den ozonreichen Laub- und Nadelwaldungen in kurzer Zeit wieder so kräftigen und auffrischen, dass er alle teuren Badereisen erspart.“ Das Straßenbild an der Hansastraße hat sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt – so war die Straße noch in den siebziger Jahren durchgehend mit großen Pappeln bestanden. Noch bis heute prägen die vor rund einhundert Jahren errichteten gutbürgerlichen Villen der Siedlungskolonie Falkenhagen-West den Charakter dieses Straßenzuges. Fotos: Antik-Falkensee, bvs
Im September vor 100 Jahren Im Museum der Stadt Nauen lagern die vergilbten Jahrgänge des „Osthavelländischen Kreisblattes“, das einst über das Geschehen im Kreis Osthavelland berichtete. In dieser Rubrik dokumentiert das Stadt-Journal historische Artikel, die einen Einblick in das Alltagsleben des Jahres 1911 geben. Aus den Bekanntmachungen und den Meldungen über Versammlungen und Feste, den Berichten vom Baugeschehen oder von Kriminalfällen entsteht ein lebendiges Bild vom Havelland im wilhelminischen Deutschland. Im September 1911 wird zur Vermeidung von Haltungsschäden der Schultornister eingeführt. Ein zum Tode verurteilter Döberitzer Wilderer wird auch wegen Diebstahls angeklagt, in Spandau ereignet sich ein schwerer Unfall auf einem Schleppdampfer und in Nauen wird ein gefährlicher Kinderfreund verhaftet. Schultornister wird Pflicht 1. September 1911 Zugunsten der allgemeinen Einführung des Schultornisters anstelle der Schultaschen sind von zahlreichen Schulverwaltungen generelle Anordnungen getroffen worden. Die Benutzung einer Schultasche wurde direkt untersagt. Die Schulkollegien stützen sich hierbei auf das Urteil der Aerzte, daß die Benutzung der Handtasche in vielen Fällen eine Verkrümmung der Wirbelsäule herbeiführt, was beim Anlegen eines Schultornisters ausgeschlossen ist. Zudem wird durch den Gebrauch eines Schultornisters die Geradheit in der Haltung ganz erheblich gefördert. Um das Verbot des Tragens von Handschultaschen in Bezug auf die ärmeren Kinder nicht illusorisch zu machen, haben die Schulverwaltungen die Kosten für die Umänderung der Handschultaschen in Schultornister übernommen, sofern die Eltern bedürftig sind und darum einkamen. Zum Tode Verurteilter wegen Diebstahls angeklagt 1. September 1911 Zu Tode verurteilt und noch wegen Diebstahls angeklagt. Der merkwürdige Fall, daß gegen einen rechtskräftig zum Tode Verurteilten noch eine Anklage wegen Diebstahls erhoben wird, hat sich bei dem Landgericht 3 zugetragen. Im Sommer vorigen Jahres wurden in den am Döberitzer Truppenübungsplatz gelegenen Ortschaften Ferbitz, Buchow-Carpzow u.a. eine Reihe von nächtlichen Einbrüchen verübt, bei denen nur ausschließlich lebendes Vieh gestohlen wurde. Außerdem wurden größere Posten gewilderten Rehwildes und Hasen nicht nur in der dortigen Gegend verkauft, sondern auch nach Berlin transportiert. Nach den Beobachtungen der dort stationierten Gendarmeriewachtmeister kamen als Täter der Schlächtergeselle Karl Ambeel, die Schlächtermeister Fritz Lindemann und Karl Wahl, der Landwirt Arnold Vogel und der vielfach wegen Wilderns und Einbruchsdiebstahls mit Zuchthaus vorbestrafte Arbeiter Wilhelm Bunde in Frage. Bunde ist bekanntlich inzwischen am 12. Mai d. J. von dem Schwurgericht wegen Ermordung eines Gefreiten, der ihn beim Wildern erwischt hatte, zum Tode verurteilt worden. Nunmehr hat die Staatsanwaltschaft 3 noch eine Anklage wegen Diebstahls im Rückfalle gegen Bunde erhoben. Zu dem Ende September stattfinden- den Termin wird also ein dem Scharfrichterbeil verfallener Mann vor der Strafkammer zu erscheinen haben. Unfall auf dem Schleppdampfer „Anna“ 3. September 1911 Spandau. Ein schwerer Unfall ereignete sich auf dem Schleppdampfer „Anna“, der am Ufer des ehemals Brettschneiderschen Holzplatzes vor Anker lag. Der Heizer hatte aus einer unbekannten Veranlassung Petroleum in die Kesselfeuerung gegossen; mit einem Male schlugen große Stichflammen daraus empor, welche sofort die Kleidung des Heizers ergriffen. Dieser glich in demselben Augenblick einer Feuersäule, angstvoll eilte er aus dem Maschinenraum nach oben und sprang kurz entschlossen über Bord in die Havel, wo die Flammen durch das Wasser alsbald gelöscht wurden; der Mann hatte aber doch noch erhebliche Brandwunden erlitten und wurde nach dem städtischen Krankenhause gebracht. Milchkrieg in Spandau 14. September 1911 Spandau. Der Milchkrieg nimmt scharfe Formen an. Nachdem erst kürzlich die Spandauer Reichs- und Staatsarbeiter in einer zahlreich besuchten Versammlung gegen die Erhöhung des Milchpreises von 22 auf 24 Historische Blätter Der Falkenhagener Anger, um 1910 Foto: Antik-Falkensee Pfennige protestierten, ist diese Woche eine Protestkundgebung von tausend Frauen der Staats- und Reichsarbeiter gefolgt. Die Frauen wurden zum Boykott aller Milchhändler aufgefordert, die erhöhte Preise nehmen. Es wurde schließlich einstimmig eine Resolution angenommen, wonach sich die Frauen verpflichten, nach Möglichkeit den Bedarf von Molkereimilch einzuschränken und die Trockenmilch im Haushalt einzuführen. Die freien Gewerkschaften in Spandau wollen gleichfalls wegen der Preissteigerung Protest erheben. Gefährlicher Kinderfreund verhaftet 22. September 1911 Nauen. Am Dienstag wurde der beim hiesigen Staatsbahnhofe angestellte Schrankenschließer H. verhaftet, der im Verdacht steht, ein gefährlicher Kinderfreund zu sein. Eine achtjährige Schülerin der hiesigen Mädchen- Elementarschule erzählte in der Schule, sie sei von H. angegriffen worden. Auch von anderen Kindern, die bei dem Uebergange, den H. zu bedienen hatte, spielten, wurden gleiche Verfehlungen berichtet, so daß genügendes Material vorhanden war, um ihn bis auf weiteres festzunehmen. H. ist ein noch junger Mann und seit etwa einem Jahr verheiratet. 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