Bileams Esel 01/12 - Pfarrei St. Peter und Paul in Ratingen
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uns - <strong>in</strong> dieser Beziehung - als Empfangende<br />
<strong>und</strong> von e<strong>in</strong>em Anderen im Leben gehalten.<br />
Was für viele gar nicht mehr selbstverständlich<br />
ist, bezeugt die Botschaft unseres Glaubens:<br />
Gott, der Schöpfer, ist der Herr über das<br />
Leben.<br />
Davon legt der Schöpfungsbericht <strong>in</strong> der<br />
Bibel Zeugnis ab, der nicht Wirklichkeit beschreiben,<br />
sondern Wahrheit abbilden will.<br />
Bei der Erschaffung des Menschen legt er<br />
Wert darauf, dass Adam vom Ackerboden genommen<br />
<strong>und</strong> ihm von Gott der Lebensatem<br />
e<strong>in</strong>gehaucht wird. Das hebräische Wort für<br />
den Ackerboden lautet: Adamah. Es ist also<br />
sehr verwandt mit dem Namen des Menschen:<br />
Adam. Dar<strong>in</strong> ist uns von Anbeg<strong>in</strong>n die<br />
Erdverb<strong>und</strong>enheit <strong>in</strong>s <strong>St</strong>ammbuch geschrieben.<br />
Aus „Adamah“ wird „Adam“.<br />
Doch der Mensch hat den Boden unter den<br />
Füßen verloren <strong>und</strong> manchmal merkt er gar<br />
nicht, wie sehr der Boden – die Erde – darunter<br />
leidet. Die Umweltkatastrophen <strong>und</strong><br />
die Wetterphänomene des Klimawandels<br />
rufen es uns vehement <strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong>, was<br />
passiert, wenn die Menschheit versucht, dem<br />
jeweiligen Augenblick mehr Lebensenergie<br />
abzur<strong>in</strong>gen, als er <strong>in</strong> sich trägt. Der ungeheure<br />
Energiehunger e<strong>in</strong>er modernen Gesellschaft<br />
ist nur e<strong>in</strong> Indiz für die ungestillte<br />
Gier, unter der sich die Schöpfung beugt <strong>und</strong><br />
zum Opfer wird. Wachstum ist eigentlich e<strong>in</strong><br />
Begriff der Schöpfung <strong>und</strong> des Lebens. Doch<br />
<strong>in</strong> der Welt des Machbaren kann die Wachstumsdevise<br />
zu e<strong>in</strong>er Bedrohung werden. So<br />
gleicht die Menschheit <strong>in</strong> den Umweltkatastrophen<br />
dem Zauberlehrl<strong>in</strong>g, der die Kräfte,<br />
die er e<strong>in</strong>st gerufen hat <strong>und</strong> entfesselte,<br />
nicht mehr kontrollieren kann.<br />
aus der <strong>Pfarrei</strong> <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong> <strong>und</strong> <strong>Paul</strong> | Rat<strong>in</strong>gen<br />
10<br />
Spiritualität e<strong>in</strong>es achtsamen Lebens<br />
Darum ist es gut, wieder Boden unter den<br />
Füßen zu gew<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en achtsameren<br />
Lebensstil e<strong>in</strong>zuüben. Wer achtsam lebt, der<br />
lebt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Beziehung mit sich selbst, mit<br />
der Schöpfung, mit Gott <strong>und</strong> den Menschen,<br />
die wesentlich von Demut geprägt ist. Das late<strong>in</strong>ische<br />
Wort für Demut „humilitas“ ist mit<br />
„humus“ verwandt. Das zeigt, wie sehr die<br />
Demut e<strong>in</strong>e Kunst der Beziehung zur Erde ist,<br />
damit wir nicht die Bodenhaftung verlieren.<br />
In der Demut verzichtet der Mensch auf das,<br />
was er sonst so gerne tut: Nämlich alles <strong>in</strong><br />
Besitz zu nehmen <strong>und</strong> für die eigenen Zwecke<br />
zu gebrauchen. In der Demut sieht er sich<br />
e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>ander, wo se<strong>in</strong> Mut<br />
zum Dienen gebraucht wird. Die Welt muss<br />
ihm nicht mehr stets zu Diensten se<strong>in</strong>, sondern<br />
hat e<strong>in</strong>e tiefere Bedeutung auch außerhalb<br />
des Kosten-Nutzen-Kalküls. So lernen<br />
wir von der Demut die Ehrfurcht im Umgang<br />
mit den D<strong>in</strong>gen. Ehrfurcht ist der Schlüssel,<br />
um <strong>in</strong> allen D<strong>in</strong>gen Gott zu entdecken, der<br />
sie <strong>in</strong>s Dase<strong>in</strong> rief, <strong>und</strong> entsprechend behutsam<br />
mit ihnen umzugehen. Wir können wieder<br />
staunen <strong>und</strong> uns e<strong>in</strong>fach freuen an den<br />
D<strong>in</strong>gen, wie sie s<strong>in</strong>d.<br />
H<strong>in</strong>zu kommt die Tugend vom rechten Maß.<br />
Das, was Gott <strong>in</strong> die Schöpfung <strong>und</strong> <strong>in</strong> den<br />
e<strong>in</strong>zelnen Menschen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gelegt hat, das<br />
gilt es zu entdecken <strong>und</strong> dem maßgerecht zu<br />
leben. Es gilt, das Maß zu entdecken, das dem<br />
Menschen entspricht <strong>und</strong> ihm gut tut. Dass<br />
er im E<strong>in</strong>klang mit se<strong>in</strong>er Natur lebt, se<strong>in</strong>er<br />
<strong>in</strong>neren Uhr <strong>und</strong> dem Biorhythmus se<strong>in</strong>er Lebenskurve,<br />
sonst überfordert er sich <strong>und</strong><br />
se<strong>in</strong>e Umwelt maßlos.<br />
Energiewende<br />
Deutschland hat sich mit der beschlossenen<br />
Energiewende e<strong>in</strong> ehrgeiziges Ziel gesetzt.<br />
Nur wenn alle ihren Beitrag leisten, ist dieses<br />
Ziel zu erreichen. Dabei gilt es immer mehr<br />
auf „regenerative Energien“ zu setzen: Regeneration<br />
me<strong>in</strong>t den Kreislauf von Entstehung,<br />
Nutzung <strong>und</strong> „Nachwachsen“ der jeweiligen<br />
Energiequelle. Bei Wasser beträgt die Zeit<br />
von Kondensation, Wolkenbildung, Regen<br />
<strong>und</strong> Abfließen im Fluss für die Wasserkraft<br />
wenige Wochen. Bei <strong>St</strong>roh liegt die Zeit bei<br />
ungefähr e<strong>in</strong>em Jahr, bei Holz zwischen fünf<br />
<strong>und</strong> h<strong>und</strong>ert Jahren. Bei Kohle, Erdöl <strong>und</strong><br />
Erdgas müssen wir von h<strong>und</strong>ert Millionen<br />
Jahren ausgehen <strong>und</strong> bei der Kernkraft s<strong>in</strong>d<br />
es Milliarden von Jahren, bis der strahlende<br />
Müll sich erholt hat.<br />
Das Buch Genesis bezeugt es: Im Schöpferatem<br />
lässt Gott uns an se<strong>in</strong>em Atem teilhaben,<br />
d.h. auch wir s<strong>in</strong>d schöpferisch <strong>und</strong><br />
kreativ. Es wird viel E<strong>in</strong>fallsreichtum brauchen,<br />
um <strong>in</strong> der Energiewende zu guten Lösungen<br />
zu kommen. So kle<strong>in</strong> der Beitrag<br />
auch manchmal ist, er ist notwendig: Ob das<br />
E<strong>in</strong>setzen von Energiesparlampen oder das<br />
11<br />
Abschalten der <strong>St</strong>romzufuhr von Geräten im<br />
<strong>St</strong>andby-Modus, ob Maßnahmen der Wärmedämmung<br />
oder die großen Lösungen bei<br />
neuen Antriebssystemen für unsere Mobilität,<br />
oder die neuen Wege, Energie zu produzieren.<br />
Im Erzbistum Köln startet dieses Jahr die Initiative<br />
„Moveo“ für Energie <strong>und</strong> Nachhaltigkeit.<br />
Auch unsere <strong>Pfarrei</strong> <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong> <strong>und</strong> <strong>Paul</strong><br />
wird sich an diesem Pilotprojekt beteiligen.<br />
Dabei ist unser ökologisches Handeln nicht<br />
zur Beruhigung des schlechten Gewissens<br />
gedacht, sondern ist Ausdruck unserer Beziehung<br />
zur Erde. Die Erde gehört nicht dem<br />
Menschen. Wir s<strong>in</strong>d Teil dieser Erde. Die Beziehung,<br />
die daraus erwächst, haben sich unsere<br />
Vorfahren mittels Bezeichnungen für<br />
den Menschen <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gerufen, die<br />
hoffentlich nicht ganz <strong>in</strong> Vergessenheit geraten:<br />
Erdenbürger, Erdenk<strong>in</strong>d, Erdengast.<br />
Und für das Erdreich haben wir die w<strong>und</strong>erbaren<br />
Worte: Mutterboden <strong>und</strong> Muttererde.<br />
Damit wir die Bodenhaftung nicht verlieren.<br />
Pastor Benedikt Bünnagel