das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Biographie. Ein Sozli:dforJchungsweg ') 193<br />
eines Lebensverlaufes ist die Herausarbeitung einer nun empirisch gesättigten begrifflichen<br />
Reproduktion in Form einer theoretisch bestimmten Biographie. Die Kategorie<br />
Biographie hätte demnach, im Unterschied zur empirisch-deskriptiven Kategorie individuelle<br />
Lebensweise, begrifflich-theoretischen Status. Sie bildet in ihrer auf einen einzelnen<br />
Lebensprozeß hin bestimmten Form die Struktur, Funktions- und Entwicklungsweise<br />
eines individuellen Lebensverlaufes ab. Die Kategorie Biographie ist die<br />
theoretisch bestimmte gedankliche Reproduktion des Lebenslaufes in seiner entwicklungsgeschichtlichen<br />
Bestimmtheit. Die Kategorie individuelle Lebensweise beschreibt,<br />
gliedert und ordnet den Lebensverlauf Auf dieser Grundlage wird in der Kategorie<br />
Biographie der Lebenslauf, die wirkliche Entwicklungslogik des Lebensverlaufes abgebildet.<br />
Erst im Zuge der Gegenstandsbestimmung von Biographie läßt sich schließlich prüfen,<br />
ob biographische Methode ein gangbarer Sozialforschungsweg ist.<br />
Anmerkungen<br />
Wie ein brauchbarer Ansatz, Sozialgeschichte »von unten« in blOgraphischer Form aufzuarbeiten,<br />
in ein politisch-didaktisch höchst problematisches, modisches Verfahren umschlagen<br />
kann, ist anschaulich an der Ausstellung »Lebensgeschichten« des Nürnberger »Centrum Industriekultur«,<br />
die im Herbst 1980 gezeigt worden ist, zu studieren. Verwiesen sei auf den<br />
von W. Ruppert edierten Ausstellungskatalog »Lebensgeschichten«, (1980). Vgl. auch KröH,<br />
Spurensicherung', in: Deutsche Volkszeitung v. 16.10.1980.<br />
Die in Teil IL referierten konzeptionellen Überlegungen beanspruchen nicht mehr zu sein<br />
als orientierende Gesichtspunkte. Sie resultieren aus einer In Arbeit befindlichen Studie des<br />
Verf. unter dem Titel »Biographie. Versuch der Bestimmung einer kultursoziologischen Forschungskategorie«.<br />
Die differenzierende Ausführung der skizzietten Gesichtspunkte muß einem<br />
späteren Beitrag vorbehalten bleiben.<br />
Zur biographisch-autobiographischen Wende in der bundesdeutschen Literaturentwicklung<br />
vgl. Grunenberg/Voigt (1977).<br />
4 Einen plastischen Eindruck über den jüngsten Stand vermittelt die Herbstausgabe von »literarur<br />
konkret« (1980); vgl. auch Haslinger, »Biographismus« in der Gegenwartsliteratur?<br />
(1979).<br />
Zur neuesten biographisch-lebensphilosophlschen Stimmung in der Bundesrepublik Kröll,<br />
Biographie. Notizen zur Geschichte und Aktualität eines Krisen-Syndroms, erscheint in:<br />
Deutsche Volkszeitung.<br />
6 Vgl. Rosenmayt (1979,56), der keineswegs allein steht mit der These, daß die »Konzeptualisierung<br />
Diltheys vermutlich noch immer der beste Ausgangspunkt (ist), um Subjektivität in<br />
der Weise aufzufassen, daß sie <strong>für</strong> die Problemstellung des Lebensverlaufs theoretisch deutbar<br />
und in die soziologische Forschung integrierbar wird.« Diltheys selbstbiographische Basiskategorien<br />
des »Erlebens und Verstehens« ziehen sich wie ein toter Faden durch die jüngste<br />
biographiethematische Literatur, auch wenn mancher Autor sich scheut, ihn zu zitieren ("gI.<br />
Dilthey Gesammelte Schriften Band 7, bes. Kap. III. Erster Teil).<br />
Manche Redewendungen im Umfeld der »Oral Histon'« lassen einen unreflektierten Rekurs<br />
auf Diltheys Verstehensprogramm auch dort vermuten, wo er zitatweise gar nicht in Erscheinung<br />
tritt: s. beispielsweise die merkwürdige, an methodologisch zentraler Stelle gebrauchte<br />
Wendung »nachvollziehbar« bei Bajohr (1980, 670).<br />
8 S die Rezeption des Althusserschen Verfahrens durch Grele (1980, 152ff).<br />
9 So empfiehlt Kohli (1976,324) zur Bewältigung der schlicht als »Analogie« bestimmten Beziehung<br />
»zwischen gesellschaftlicher und petsönlicher Lebensgeschichte« die »hermeneutische<br />
Anstrengung« zweck.:; Hlstorisierung der Begrifflichkeit.<br />
10 Hierzu, in Anknüpfung an Schütze und letztlich wiederum an Dilthev, Fischer (1978, 312).<br />
Zu »bestimmten Berührungspunkten zwischen der biographischen Hermeneutik und der<br />
rückgreifenden Aufarheitung der Psychoanalyse« im Lichte des Dilthevschen Programms<br />
»rückgreifenden deutenden Erleben;« Rosenmavr (1979, 59).<br />
DAS ARGLMENT 126/1981 :;:'