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Christoph EschenbachArcadi VolodosDonnerstag, 21. März 2013, 20 UhrFreitag, 22. März 2013, 20 UhrSamstag, 23. März 2013, 19 Uhr '12mphil.de'13


Johannes BrahmsKonzert für Klavier und OrchesterNr. 2 B-Dur op. 831. Allegro non troppo2. Allegro appassionato3. Andante4. Allegretto graziosoArnold Schönberg„Pelleas und Melisande“Symphonische Dichtung(nach dem Drama von Maurice Maeterlinck)op. 5Christoph Eschenbach, DirigentArcadi Volodos, KlavierDonnerstag, 21. März 2013, 20 Uhr6. Abonnementkonzert bFreitag, 22. März 2013, 20 Uhr6. Abonnementkonzert fSamstag, 23. März 2013, 19 Uhr5. Abonnementkonzert g5Spielzeit 2012/2013115. Spielzeit seit der Gründung 1893Lorin Maazel, ChefdirigentPaul Müller, Intendant


2 Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 B-DurSynthese der GattungenThomas LeibnitzJohannes Brahms(1833–1897)Konzert für Klavier und OrchesterNr. 2 B-Dur op. 831. Allegro non troppo2. Allegro appassionato3. Andante4. Allegretto graziosoLebensdaten des KomponistenGeboren am 7. Mai 1833 in Hamburg; gestorbenam 3. April 1897 in Wien.EntstehungKnapp 20 Jahre nach der Uraufführung seinesersten Klavierkonzerts (d-Moll op. 15) begannBrahms im Sommer 1878 in Pörtschach am WörtherSee / Kärnten ein weiteres (und gleichzeitigletztes) Werk dieser Gattung; nach der Rückkehrvon seiner zweiten Italienreise folgten im Sommer1881 Vollendung und Niederschrift der Partiturim Wiener Vorort Pressbaum.Widmung„Seinem teuren Freunde und Lehrer EduardMarxsen gewidmet“: Eduard Marxsen (1806–1887) wirkte jahrzehntelang als Pianist, Komponistund Lehrer in Hamburg, wo JohannesBrahms sein Schüler war; er hinterließ an die70 Werke, darunter ein Orchesterwerk mit demTitel „Beethovens Schatten“.UraufführungAm 9. November 1881 in Budapest (Königlich-Ungarische Hofkapelle unter Leitung von AlexanderErkel; Solist: Johannes Brahms).


Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur3Brahms: Der Name löst Achtung und Respektaus vor strenger, „gediegener“ kompositorischerKunst. „Klassizität“ wurde Brahms oft zugesprochen,wiewohl er dem Zeitalter der Romantikentstammte und das Element des Romantischenin seinem Schaffen nie verleugnete. Aberkeiner der Romantiker war so intensiv wieBrahms bestrebt, dem Vorbild des Klassischen– personifiziert in Beethoven – gerecht zu werdenund es als Messlatte an das eigene Komponierenanzulegen. Bei aller Strenge und Klassizitäthatte Brahms übrigens trockenen Humor;als eine ihn anschwärmende Dame der Gesellschaftfragte, wie er es fertig bringe, so tiefempfundene Adagios zu schreiben, antworteteer lakonisch: „Weil meine Verleger es so bestellen...“Hinter dem Witz der Antwort verbirgtsich aber auch Abwehr: Über so ernste, persönlicheDinge wie das Geheimnis des Schaffensist im Konversationston nicht zu sprechen.„Symphonie mit obligatem Klavier“Brahms schrieb „nur“ vier Symphonien – jedochauch die These, es seien acht, hat einiges für sich.Neben dem Block der Symphonien steht, gleichein drucksvoll, die Gesamtheit der vier Instrumentalkonzerte:die beiden Klavierkonzerte, dasViolinkonzert und das Doppelkonzert für Violineund Violoncello. Brahms’ Instrumentalkonzertesind in Gestus und struktureller Konzeption derGattung der Symphonie sehr nahe; bestand bisMozart das Wesen des Konzerts darin, dassSoloinstrument und Orchester als „Gegenspieler“auftraten, einander abwechselten und kontrastierten,so zeigt sich bereits bei Beethovendie Tendenz, das konzertierende Instrument inden symphonischen Fluss zu integrieren. Brahmssteigerte diese Einbettung des Soloinstrumentsin das Gewebe des Symphonischen zu einemExtrem, und Eduard Hanslicks Bezeichnung des2. Klavierkonzerts als einer „Symphonie mit obligatemKlavier“ ist nicht bloß ein journalistischesSchlagwort, sondern trifft trotz seinerÜberspitzung etwas Richtiges und Wesentliches.Dabei ging zweifellos die Durchsichtigkeit derInstrumentation, wie sie etwa Mozarts Klavierkonzerteauszeichnet, ein wenig verloren. DerVorwurf des „Dickflüssigen“, „Unelastischen“,auch der „schwerblütigen Gedankentiefe“ wurdeBrahms gelegentlich gemacht, und es bleibtdem Urteil der Hörers überlassen, ob dies bloßVerdikte aus dem Munde Übelwollender oderdoch – freilich negativ zugespitzte – Einsichtenin Brahms’ Kompositionstechnik sind. Nicht zuvergessen wäre allerdings bei derartigen Beurteilungen,dass auch Brahms im Fluss einerhistorischen Entwicklung stand, die zu „Schwere“im Sinne höherer kompositorischer Komplexitättendierte; man denke an die symphonischeBefrachtung der Klavierkonzerte Max Regersoder Ferruccio Busonis, gegen die sich Brahms’2. Klavierkonzert geradezu transparent ausnimmt.Als hätte der Komponist einen Ausgleichfür die Dominanz des Symphonischen schaffenwollen, fi nden sich im langsamen 3. Satz kammermusikalischeElemente, indem hier ein zweitesSoloinstrument, das Violoncello, eine führendeRolle spielt. Zunächst gehen Klavier und Violoncelloihre Wege völlig getrennt; erst in der Reprisetreten sie in eine unmittelbare Beziehungzueinander und erinnern daran, dass Brahmsals Komponist von Kammermusik auf gleicherHöhe stand wie als Symphoniker.


4 Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur1. Satz: Romantik und KlassizitätFormenstrenge und feingliedrige thematischeArbeit weisen Brahms im 2. Klavierkonzertebenso wie in seinen anderen großen Orchesterwerkenals „Klassizisten“ aus, und dennochbeginnt dieses Werk so „romantisch“ wie kaumein anderes. Im Solohorn ertönt – leise, wie ausder Ferne – das Hauptthema, in das sich dasKlavier sogleich mit zarten, im B-Dur-Dreiklangaufsteigenden Akkordzerlegungen einschaltet,die charakteristisch aufsteigende kleine Terzdes Hornmotivs einen Takt später gleich einemEcho aufgreifend. In analoger Weise wird dieserVorgang mit dem zweiten Teil des Themas wiederholt.Die anschließende solistische Klavierpassageführt in die Orchesterexposition mitihren klar profilierten Themen: das erste ist eineAbwandlung des Hornthemas, das zweite einezarte, chromatisch getönte Streicherepisode.Den Höhepunkt der Exposition bilden markanteTrillerfiguren des Klaviers, kombiniert mit demZitat des Hauptthemas. Der Beginn der Durchführunggreift den Prolog auf, geht aber sogleichin die komplexe thematische Verarbeitung über,die dieser formale Abschnitt erwarten lässt.Abspaltungen der Themen, Umfärbungen dermotivischen Partikel durch immer neue Instrumentationund die Durchdringung des Orchestersatzesdurch den stets höchst virtuos geführtenKlaviersatz verschleiern jedoch auf raffinierteWeise die Struktur des Gesamtverlaufs, dessen– auch für den erstmaligen Hörer nachvollziehbare– Einheit vor allem durch die charakteristischeund einprägsame Gestalt des Hauptthemenkopfeszustande kommt.2. Satz: Ein Scherzo in einemKlavierkonzert ?Ungewöhnlich ist bereits die Existenz des folgendenSatzes im Charakter eines Scherzos,denn gemäß der klassischen Tradition hat einInstrumentalkonzert nur drei Sätze: zwei Allegro-Sätze, die einen langsamen Mittelsatz umrahmen.Offensichtlich wollte Brahms dem verhaltenen,romantischen Kopfsatz ein energischesGegenstück zur Seite stellen. Die Viersätzigkeitdes 2. Klavierkonzerts und die Tatsache, dassder „Scherzo“-Satz – er wird nicht als solcherbezeichnet – gleich Beethovens 9. Symphoniean zweiter Stelle steht, hat die Deutung desWerks als einer „verkappten Symphonie“ zweifellosbestärkt. Formal lässt sich der Satz sowohlals Sonaten-Form wie auch als Scherzo-Formmit kontrastierendem Trio interpretieren; derMittelteil setzt sich durch seine energischeWendung nach D-Dur deutlich vom Vorangegangenenab. „Allegro appassionato“ lautetdie Tempobezeichnung: leidenschaftliche, vollgriffigePassagen des Klaviers entsprechen dieserVorschrift ebenso wie die kraftvollen Steigerungswellendes Orchesters.3. Satz: „Immer leiser wird meinSchlummer…“In absolutem Stimmungskontrast dazu stehtdas nun folgende Andante, in dem Brahms alleRegister romantischen Klangzaubers zieht. Hiererhält, wie bereits erwähnt, neben dem Klavierdas Solo-Violoncello eine dominante Funktion,indem es die weitgespannte, liedhafte Melodik


Johannes Brahms (1883)5


6Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 B-Durexponiert. Brahms griff sie später erneut aufund unterlegte sie einem lyrischen Text: Im Lied„Immer leiser wird mein Schlummer“ op. 105/2begegnen wir der einprägsamen Melodie wieder.Um den Stimmungscharakter dieses Einfallszu verstehen, bedarf es jedoch keiner Worte:die weiten Melodiebögen bis ans Ende auskostend,versetzen uns Klavier, Violoncello und Orchesterin einen meditativen Zustand des Nachsinnens,des Nachvollziehens glücklicher Erinnerungenan der Grenze zwischen Traum undWirklichkeit. Einen Kontrastakzent setzt derrhapsodische Mittelteil, der durch die Präsenzdes motivischen Beginns des Liedthemas mitseiner Umgebung eng verflochten ist.4. Satz: Ungarisierendes SchlussrondoDass letzten Endes doch keine „Symphonie“,sondern ein „Konzert“ auf dem Programm steht,macht Brahms im Schlusssatz deutlich: Hier gehtes nicht um die Synthese oder Apotheose desVorangegangenen, sondern um graziös-elegantenAusklang. Die spielerischen, durch Punktierungtänzerisch gefärbten Themen haben – ähnlichdem Rondothema im Finale des Violinkonzerts– leicht „ungarischen“ Charakter, allerdings nurim Sinne einer Andeutung. Leichtigkeit und virtuoseSpielfreude beherrschen über weite Streckenden Satz, der die Form des Rondos mit Elementender Sonatensatzform verbindet. EduardHanslick, der Anmutig-Melodisches stets überKomplexität stellte, wollte – aus seiner Sichtdurchaus konsequent – in diesem Finalsatz denbedeutendsten des ganzen Werks erkennen.Auch wer eine andere Wertung vornimmt, wirdder Kombination von instrumentaler Transparenzund pianistischer Brillanz in diesem Schlussrondoseine Anerkennung nicht versagen.Der Komponist als InterpretDass Komponisten immer wissen, was Instrumentalistenzugemutet werden kann, ist keineswegsselbstverständlich. Richard Strauss war nicht dereinzige, bei dem sich empörte Orchestermitgliederüber „unspielbare“ Passagen beschwertenund auf Änderung drängten. Nun ist der Soloparteines Konzerts ein heikler Sonderfall für Komponisten:Virtuosität in allen Facetten ist gefragt,ohne die Grenze zur „Unspielbarkeit“ zu überschreiten.Brahms war aufrichtig genug, sich imFalle seines Violinkonzerts einzugestehen, dieseGrenze nicht selber bestimmen zu können. Nichtausreichend vertraut mit den technischen Grenzendes Violinspiels, zog er seinen Freund JosephJoachim zu Rate, einen der bedeutendsten Geigerdes 19. Jahrhunderts. Auf Joachims Vorschlägegeht denn auch die endgültige Ausformung desSoloparts seines Violinkonzerts zurück.Im Falle der Klavierkonzerte war dies anders.Brahms, ein hervorragender Pianist, schrieb dieseKonzerte nicht zuletzt für sich selbst: seinepianistischen Vorlieben treten in der Partitur deutlichzutage. Die Vollgriffigkeit von Brahms’ Klavierwerkenist auch für die Ausführung des Solopartsin den Klavierkonzerten charakteristisch.Nach wie vor stellen sie für Pianisten eine Herausforderungdar; denn es gilt nicht bloß, denimmens schwierigen Klavierpart technisch zu bewältigen,sondern darüber hinaus den Eindruckdes „Sperrigen“ oder „Klotzigen“ zu vermeiden,den die akkordreiche Klaviersprache Brahms’ beinicht absolut souveräner Beherrschung des Ins-


Im Klavierlied „Immer leiser wird mein Schlummer“ (1886) griff Brahms die Melodie des Andante erneut auf7


8Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 B-Durtruments manchmal erzeugen kann. Den Vorwurfder „Unspielbarkeit“ konnte im Fall des 2. Klavierkonzertesallerdings niemand erheben:Brahms selbst war der Interpret des Solopartsbei der Uraufführung.Dreisätzigkeit oder Viersätzigkeit ?Der Brahms-Biograph Max Kalbeck nimmt an,dass erste Skizzen zum 2. Klavierkonzert bereitsim Frühjahr 1878 entstanden, und dass es sichbeim 2. Satz, dem „Scherzo“, um eine Umarbeitungjenes Satzes handelt, den Brahms ursprünglichfür das Violinkonzert komponiert, dann aberverworfen hatte; interessant ist der Aspekt,dass Brahms bereits bei einem früheren Instrumentalkonzertan Viersätzigkeit gedacht hatte.Die Endfassung des 2. Klavierkonzerts entstandim Sommer 1881, den Brahms im Ort Pressbaumbei Wien verbrachte. Im Stil des für ihn typischen„Understatements“ schrieb er am 7. Juli1881 an Elisabet von Herzogenberg, er habe„ein ganz ein kleines Klavierkonzert geschriebenmit einem ganz kleinen zarten Scherzo“. Ingleicher Weise kündigte er seinem Freund TheodorBillroth, der als Chirurg Weltruf besaß, dasneue Werk an: „Hier schicke ich ein paar kleineKlavierstücke ...“Billroth, ein begeisterter Brahms-Verehrer, hattein diesem Fall jedoch Bedenken gegen dieExistenz des 2. Satzes; er diskutierte mit Brahmsüber dessen Notwendigkeit und schrieb im Oktober1881 an Wilhelm Lübke, Brahms legitimieredas Scherzo damit, dass der 1. Satz zusimpel sei und daher vor dem „ebenfalls einfachenAndante etwas kräftig Leidenschaftliches“eingeschoben werden müsse. Billroth dürfteBrahms mit seinen Zweifeln angesteckt haben,denn im Begleitbrief zum Arrangement seinesB-Dur-Konzerts für zwei Klaviere an VerlegerSimrock in Berlin fragte er: „Wollen wir auchlieber den 2. Satz streichen ? Das Ding ist garzu lang gerathen.“ Zur Streichung des Scherzokam es dann glücklicherweise doch nicht.„Ein Werk klassischen Eben -maßes...“Der Uraufführung in Budapest am 9. November1881 schlossen sich in knapper Folge zahlreicheAufführungen in europäischen Städten an.Brahms’ 2. Klavierkonzert behauptet seitherseine ungebrochene Beliebtheit bei Interpretenund Publikum und wird als geniale Zusammenführungder klassischen und der romantischenTradition empfunden. Noch in einer Würdigungaus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundertsdurch Walther Siegmund-Schultze erfährt eshöchste Anerkennung:„Ein Werk klassischen Ebenmaßes, innigsterEmpfindung und herzlichen Humors. Aber auchkraftvolle und tragische Töne fehlen nicht. Mankann dieses Konzert als eine großartige Schlussfolgerungaus der gesamten bisherigen Konzertliteratur– einschließlich des eigenen d-Moll-Konzerts – bezeichnen. Noch einmal hat derHornruf Webers – aus ‚Oberon‘ – und Schuberts– aus der großen C-Dur-Symphonie – bei Brahms


Otto Böhler: Brahms auf dem Weg in sein Wiener Stammlokal „Zum roten Igel“ (um 1890)9


10Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 B-DurFrüchte getragen, noch einmal klingt das großeErlebnis Robert Schumanns nach (Scherzo), wiederumhören wir ungarische Töne (in allen Sätzen),wiederum – und noch nicht zum letztenMale – klingen alte und neue Lieder auf (3. Satz).Und den Beschluss macht ein in die Sphärehöchster Kunst gehobener Tanz, wie es dieKlassiker lehrten.“... seit 1888FachmännischeBeratungZuverlässigerKundendienstim MeisterbetriebGroße AuswahlStummschaltungenvon PianodiscEigenesÜbungsstudioLindwurmstraße 180337 MünchenTelefon: 2 60 95 23Fax: 26 59 26Nähe U-BahnSendlinger Torwww.klavierhirsch.depiano@klavierhirsch.de


Arnold Schönberg: „Pelleas und Melisande“11Letzter Höhepunkt der SpätromantikTobias NiederschlagArnold Schönberg(1874–1951)„Pelleas und Melisande“Symphonische Dichtung (nach dem Drama vonMaurice Maeterlinck) op. 5Lebensdaten des KomponistenGeboren am 13. September 1874 in Wien; gestorbenam 13. Juli 1951 in Los Angeles.Textvorlage„Pelléas et Mélisande“, fünfaktiges Schauspieldes belgischen Symbolisten Maurice Maeterlinck(1862–1949); das 1892 ent standene undam 16. Mai 1893 im Pariser Théâtre des BouffesParisiens uraufgeführte mystische Eifersuchts-und Ehebruchsdrama, dessen weitgehendins Innere der Personen verlegte Handlung anWagners „Tristan“ erinnert, wurde um die Jahrhundertwendeu. a. auch von Claude Debussy(Oper), Gabriel Fauré und Jean Sibelius (Schauspielmusiken)vertont.EntstehungNoch während der Arbeit an den „Gurre- Liedern“suchte Schönberg nach einem ge eigneten Opernstoff.Richard Strauss empfahl ihm, MauriceMaeterlincks symbolistisches Sprechdrama„Pelléas et Mélisande“ zu vertonen; an die Stelledes Opernplans trat je doch schon bald dieKomposition einer einsätzigen symphonischenDichtung, die zwischen 4. Juli 1902 und 28. Februar1903 als Schönbergs erstes in sich abgeschlossenesOrchesterwerk entstand.UraufführungAm 25. Januar 1905 innerhalb des zweiten Orchesterkonzertsder 1904 von Schönberg undAlexander Zemlinsky ins Leben gerufenen „Vereinigungschaffender Tonkünstlerin Wien“ imGroßen Musikvereinssaal in Wien (Orchesterdes Wiener Konzertvereins unter Leitung vonArnold Schönberg).


Arnold Schönberg (1901)13


14Arnold Schönberg: „Pelleas und Melisande“„Ewige Menschheitsproblemein Märchenform“Mit seinem fünfaktigen Schauspiel „Pelléas etMélisande“ traf der Belgier Maurice Maeterlinckden Nerv der Zeit: Das mystische undpsychologisch vieldeutige Drama wurde schonkurz nach seiner Uraufführung als ein Höhepunktsymbolistischer Dichtung gerühmt. Maeterlinckgalt fortan als füh render Vertreter desSymbolismus, jener literarischen Strömung,die um die Jahr hundertwende dem vorherrschendenNaturalismus und Realismus einedeutliche Absage erteilte, ja eine Art Gegenentwurfzu ihm darstellte. In klarer, einfacherSprache – mit tieferem Sinngehalt – erzählt dasStück eine tragische Dreiecksgeschichte, dieohne in dividuelle Schuld zum Untergang allerBe teiligten führt: König Golo findet im WalddieKindfrau Melisande, nimmt sie mit auf seinSchloss, heiratet sie. Dort lernt sie seinenStiefbruder Pelleas kennen, die beiden verliebensich. Golo erschlägt Pelleas aus Eifersucht,wenig später stirbt auch Melisande.Neben inhaltlichen Parallelen ist es vor allemdie ins Innere der Personen verlegte Handlung,die Maeterlincks „Pelléas“ als lyrischeVariante von Richard Wagners „Tristan“ erscheinenlässt.„Es war etwa um 1900, dass Maurice Maeterlinckviele Komponisten faszinierte und sie dazuanregte, seine dramatischen Epen zu vertonen.Was alle so besonders anzog, war MaeterlincksKunst, ewige Menschheits probleme in Märchenformzu dramatisieren, was ihnen einen zeitlosenCharakter verlieh, ohne dass dabei alteStilarten imitiert wurden“, erinnerte sich Schönbergspäter. Das Abstrakte, Unausgesprochenein Maeterlincks Kunst verlangte förmlichnach einer musikalischen Bearbeitung: NebenSchönberg und Debussy setzten sich um dieJahrhundertwende auch Gabriel Fauré (1898)und Jean Sibelius (1905) mit dem „Pelléas“auseinander, komponierten Schauspiel musikenfür Aufführungen des Dramas, deren Suitenheute noch gelegentlich zu hören sind. FürSchönberg sollte sich die Handlung wenigeJahre später als erschreckend autobiographischerweisen: Das Verhältnis seiner Frau Mathildemit dem Maler Richard Gerstl, einem seinerSchützlinge, endete 1908 mit dem tragischenSelbstmord des Malers.Absolute ProgrammmusikSchönberg wagte sich mit seinem op. 5 nichtzum ersten Mal auf das Terrain der symphonischenDichtung: Bereits 1899 hatte er die Gattungin seinem Streichsextett „Verklärte Nacht“op. 4 – wenngleich unter kammer musikalischenVorzeichen – ein erstes Mal erprobt. Lag dieserKomposition ein einzelnes Gedicht von RichardDehmel zugrunde, so galt es nun, den Verlaufeines ganzen Dramas in einer einsätzigen Formnachzuzeichnen. Schönberg wählte einige wichtigeSzenen der Vorlage aus; und, um der Gefahramorpher Beliebigkeit zu entgehen, sicherteer sich musikalisch gleich in mehrfacherHinsicht ab: Zum einen zog er die LeitmotivtechnikWagners heran, ordnete den drei Protagonistensowie wichtigen Handlungsmomenteneigene Themen zu, die sich in einem dichtenMotivgeflecht gegenseitig durchdringen.


Arnold Schönberg mit Gattin Mathilde und den Kindern Gertrud und Georg (1907)15


16 Arnold Schönberg: „Pelleas und Melisande“Die permanente Weiterentwicklung der Themenerzeugt daneben mannigfaltige Ableitungen,ein Vorgang, der auf die von Brahms eingeführteTechnik der „entwickelnden Variation“ zurückgeht:Wie bereits in der „Verklärten Nacht“strebte Schönberg eine Synthese der ErrungenschaftenWagners und Brahms’ an – jener Antipodenalso, die die musikalische Öffentlichkeitder zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in verfeindeteLager gespaltet hatten.Zum anderen orientierte er sich formal am VorbildStrauss, genauer: an dessen Ton dichtungen.Deren Neuartigkeit beruhte ebenfalls auf derVerbindung scheinbar disparater Traditionen des19. Jahrhunderts – der „Programmmusik“ und der„absoluten“ Musik. Dementsprechend verliehSchönberg seinem „Pelleas“ eine symphonischeReprisenform, die sich sowohl als riesiger Sonatensatzwie auch als mehrteilige Symphonieinterpretieren lässt. Sein Schüler Alban Bergwies 1920 in einer „Thematischen Analyse“ desWerks darauf hin: „Die Musik Schönbergs –getragen von der Idee und dem inneren Geschehnisdieses Dramas – gibt dessen äußereHandlung nur in ganz großen Zügen wieder. Nieist sie rein beschreibend; immer wird die symphonischeForm absoluter Musik gewahrt. Lassensich in den vier Hauptteilen dieser Kompositionja auch deutlich die vier Sätze einer Symphonienachweisen. Nämlich ein erster großerSo natensatz, ein aus drei kürzeren Episodenbestehender, also ,dreiteiliger‘ zweiter Satz, einweit ausgesponnenes Adagio und schließlich einals freie Reprise aufgebautes Finale.“Die vier HauptteileDer „erste große Sonatensatz“ beginnt mit einerlangsamen „Einleitung“: Golo findet Melisandeim Wald. Eine klagende Motivik der Streicherund Holzbläser wird mehrfach durch ein warnendes„Schicksalsmotiv“ (Alban Berg) in derBassklarinette unter brochen – ein Motto, dasdie gesamte Komposition kommentierend durchzieht.Mit einem „ausdrucksvoll“ absteigendenOboen thema tritt Melisande in Erscheinung; ihrThema ist im weiteren Verlauf vielen Wandlungenunterworfen. Golo wird durch ein edlesHornthema vorgestellt, das – nach einer „heftigen“Gebärde – auch den Hauptsatz eröffnet:„Golo bringt Melisanden in das düstere Schlossund macht sie zu seiner Frau.“ Im „warmen“Streichersatz übernimmt sein Thema die Funktioneines Hauptthemas, erweitert um eine triolischeFortsetzung, Symbol des „Hochzeitsrings“.Im kontrastierenden Seitensatz dann ein„lebhaftes“ Thema in der Solo-Trompete: derjugendlich ritterliche Pelleas. „MelisandensLiebeserwachen“ kommt im Schlussabschnittdurch ein zartes Klarinettenthema zum Ausdruck,ehe die Musik nach einer kurzen Reprise durchführungsartigin den zweiten Teil überleitet.Der dreiteilige „zweite Satz“ bringt zunächsteine scherzoartige „Szene am Springbrunnenim Park“: Pelleas und Melisande sind alleine;sie spielt mit ihrem Ehering, der schließlich inden Brunnen fällt. Gleichzeitig stürzt der reitendeGolo vom Pferd: Die sich tänzerisch steigerndeMusik bricht abrupt ab, in einem strengenUnisono-Thema (zunächst in den Kontrabässen)keimen „Verdacht und die Eifersucht


Erste Seite von Schönbergs handschriftlicher Partitur17


18 Arnold Schönberg: „Pelleas und Melisande“Golos“ auf. Über eine expressive Akkordfolgewird die zweite Szene erreicht: „Am Schlossturm“lässt Melisande ihr langes Haar herunterfallen– veranschaulicht durch Imitationen ihresThemas in den Holzbläsern; Pelleas spielt liebevolldamit. Golos Eifersucht wird geschürt, ertritt dazwischenund lässt die Szene mit einemenergischen Streicherlauf enden. Im letzten Abschnittführt Golo Pelleas in die „Gewölbe unterdem Schlosse“. Deren schaurige Atmosphäreinspirierte Schönberg zum wohl modernsten Teilder Komposition: Lange vor Bartóks „WunderbaremMandarin“ von 1918/19 werden hier erstmalsin der Musikgeschichte Posaunen-Glissandiverwendet; auch die Ganzton-Akkorde im fl atterzüngigenHolz bläsersatz weisen weit in die Zukunft.Die Szene endet erneut mit der VerdachtsthematikGolos.Das „Adagio“ führt zurück zum „Spring brunnenim Park“: Pelleas möchte das Schloss verlassenund trifft sich ein letztes Mal mit Melisande.Nach einer durchführungsartigen Einleitung hebtdie eigentliche „Abschieds- und Liebesszene“an: Deren leidenschaftliche Streicherthematikwird ausführlich mit den Themen der beidenLiebenden verknüpft. Golo belauscht die Szene,stürzt hervor und ermordet Pelleas unter brutalen(Schicksals-)Schlägen des Orchesters – derdramatische Höhepunkt des Werks. Pelleas’ Motivverlöscht allmählich im Horn, das Schicksalsthemameldet sichin der gedämpften Posaune,das Thema Melisandes in Englischhorn undBassklarinette.Nach einem kurzen Einschnitt schließt sich mitder klagenden Thematik vom Anfang der Tondichtungder „letzte Teil der Symphonie“ an,„Finale“ und zugleich „freie Reprise“ innerhalbdes einen und einzigen Satzes: Neben neuen Motivenkehrt auch das Ma terial aus Hauptsatz undAdagio wieder, in modifizierter Weise und mitunterdramatisch gesteigert. Schließlich wird dieSchluss szene des Dramas eingeschaltet: „DasSterbegemach Melisandens“, charakterisiert durchstatisch wirkende Akkordfolgen. Ein „Epilog“ setztdie Reprise fort, lässt erneut Reminiszenzen anfrühere Themen anklingen, basiert aber maßgeblichauf dem Thema Golos, das in den letzten Takten– kommentiert vom Schicksalsthema – aufseine Grundbestandteile reduziert wird: Das Werkendet mit dem seelischen Zusammenbruch Golos,der eigentlichen Hauptfigur.„Musikalische Quadratur desKreises“Schönberg behielt also einerseits die Umrisse derHandlung bei, kam andererseits aber auch denForderungen einer „absoluten“ musikalischen Ästhetiknach. Mit der Mischung aus übergeordneterErzählsituation (in Prolog und Epilog), Momentenplötzlicher Vergegenwärtigung (wie z. B. GolosSturz und Pelleas’ Ermordung) und Abschnittenlyrischer Reflexion (vor allem in den Über leitungen)füllte er die mehrdeutige Form mit plastischemInhalt. Dietmar Holland sprach von einer „musikalischenQuadratur des Kreises“, die Schönberghier anstrebte: „Diese symphonische Dichtung ist– mit dem Akzent auf symphonisch – der imponierendeVersuch, das zugrundeliegende Drama(genauer: dessen innere Vorgänge) und die Tendenzeneigenständiger musika lischer Formbildungso miteinander zu verknüpfen, dass sie sich gegenseitigerhellen und auf diese Weise das Dramazur Sym phonie erklären.“


Arnold Schönberg: „Pelleas und Melisande“19Demzufolge gründet die komplexe Polyphoniedes Werks nicht nur auf dem Anspruch der reinmusikalischen Gedankenentwicklung – sie übernimmtvor allem auch eine wichtige dramaturgischeFunktion: Das dichte motivische Netz steht– ähnlich wie bei Wagner – für die schicksalhafteVerstrickung der Hauptpersonen, die häufig gepresstenKlangfarben für die Unterdrückung ihrerEmotionen und Triebe. Klanglich erzeugt Schönbergdamit zugleich jene bedrohliche Grundatmosphäre,die bereits das Sprechdrama auszeichnete.Die Konsequenz der Stimmführungverursacht darüber hinaus an vielen Stellenharte Dissonanzen, die Verwendung der Ganztonskalasowie Quart- statt Terzschichtungenrütteln heftig an den Festen der (spät-)tonalenHarmonik.Der Skandal„Pelleas und Melisande“ wurde am 25. Januar1905 in Wien uraufgeführt. Schönberg war imSommer 1903 in seine Heimatstadt zurückgekehrtund wohnte nun im gleichen Haus wiesein Schwager Alexander Zemlinsky, sein ehemaliger(und einziger) Kompositionslehrer. ImJahr 1904 hatten die beiden die „Vereinigungschaffender Tonkünstler in Wien“ gegründetund der zeitgenössischen Musik damit in Wienein eigenes Podium eröffnet. Gustav Mahler,Direktor der Wiener Hofoper, konnte als Ehrenpräsidentgewonnen werden und dirigierte imersten veranstalteten Konzert eigene Werke– gemeinsam mit Richard Strauss. Im zweitenKonzert standen dann Schönberg und Zemlinskyselbst am Pult: Neben dem „Pelleas“ wurde auchZemlinskys Orchesterphantasie „Die Meerjungfrau“erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.„Zemlinsky ist trotz vieler kleiner reizender Einfälleund seines ungeheuren Könnens doch nichtso stark wie Schönberg, der zwar ein verworrener,aber doch hochinteressanter Kerl ist. DieLeute gingen scharenweise weg und schlugendie Türen zu, während der Musik. Viele Pfi ffe –aber sein Talent war überzeugend für uns beide !“notierte Alma Mahler am 26. Januar in ihr Tagebuch,gab damit offensichtlich auch die Meinungihres Mannes Gustav wieder und liefertezugleich einen interessanten Bericht über dieBegleitumstände der Uraufführung. Warfen dieKritiker Zemlinsky vor allem Eklektizismus vor,so gingen die Reaktionen auf den „Pelleas“ wesentlichweiter. Schönberg selbst erinnerte sich1949: „Die Uraufführung 1905 in Wien untermeiner eigenen Leitung rief große Unruhe beimPublikum und selbst bei den Kritikern hervor. DieKritiken waren ungewöhnlich heftig, und einerder Kritiker schlug vor, mich in eine Irrenanstaltzu stecken und Notenpapier außerhalb meinerReichweite aufzubewahren.“Der BruchAllerdings reagierten auch einige Kollegen undVertraute Schönbergs auf die neue Kompositionmit Unverständnis: Zemlinsky beispielsweiselobte das Werk zwar als „das Kunstvollste, dasin unserer Zeit geschrieben“, hielt es aber aufgrundder „überladenen Polyphonie“ für nahezuunaufführbar. Außerdem bemerkte er, dass ihm„weniger Strauss“ in der Partitur lieber gewesenwäre. Und Strauss selbst ? Der hielt sich vornehmzurück, zeigte jedoch auch keinerlei Avancen,das durch ihn angeregte Stück in seinKonzert repertoire aufzunehmen. Ahnten dieKollegen vielleicht, dass mit dieser Kompositi-


Die Künstler21Christoph EschenbachDirigentOrchestra, beim Tonhalle-Orchester Zürich, beimNDR-Sinfonieorchester sowie als KünstlerischerLeiter beim Schleswig-Holstein Musik Festivalinne, dessen Orchesterakademie er als PrincipalConductor bis heute leitet.Eschenbach begann seine Musikerlaufbahn alsPianist und Klavierduo-Partner von Justus Frantz.Seit 1972 verfolgt er auch eine Karriere als Dirigent,die ihn zu regelmäßigen Gastengagementsbei den New Yorker <strong>Philharmoniker</strong>n, bei derStaatskapelle Dresden, beim London PhilharmonicOrchestra, beim Royal ConcertgebouwOrchestra und beim Chicago Symphony Orchestraführte.Christoph Eschenbach wurde mit Beginn der Saison2010/11 zum Music Director des NationalSymphony Orchestra und des John F. KennedyCenter for the Performing Arts in WashingtonD.C. berufen. Davor stand er neun Jahre langin gleicher Position dem Orchestre de Paris vor.Weitere Chefpositionen hatte Christoph Eschenbachin der Vergangenheit beim PhiladelphiaAn der New Yorker Metropolitan Opera, amMariinskij-Theater St. Petersburg, an der LyricOpera Chicago und bei den Bayreuther Festspielentrat Eschenbach als Gastdirigent auf. AlsKlavierbegleiter auf dem Gebiet der Liedinterpretationverbindet ihn eine fruchtbare Zusammenarbeitmit Sängern wie Matthias Goerne.Zahlreiche Einspielungen dokumentieren seinekünstlerische Arbeit als Pianist und Dirigent.Christoph Eschenbach ist Träger des Bundesverdienstkreuzes.


ARCADIVOLODOSBEI SONY CLASSICALNEUAB MITTE APRILVOLODOS PLAYS MOMPOUFür seine neue, von Klavier-Fans in aller Weltmit Spannung erwartete neue CD hat Volodosimpressionistische Werke des spanischenKomponisten Frederic Mompou eingespielt.In zahlreichen Konzerten hatte Volodos mitMompous Musik bereits Publikum und Kritikbegeistert „...tiefe Sensibilität für beseelteNuancenkunst“ Süddeutsche Zeitung.VOLODOS LIVE IN WIENDie Live-Aufnahme aus dem Wiener Musikverein mit Werkenvon Scriabin, Ravel, Schumann und Liszt sowie Zugaben.Gramophone Award ‘10: beste Instrumentaleinspielung des Jahres.VOLODOS SPIELT LISZT„So was gelingt nur wenigen: uns, die Zuhörer, in die Lüfte zu heben, uns glauben zu machen, die Welt sei schwebend“ FAZEBENFALLS ERHÄLTLICHMÜNCHNER PHILHARMONIKER & SOL GABETTA: SCHOSTAKOWITSCHDie Live-Aufnahme des Cellokonzertes Nr. 1 von Schostakowitsch unter Lorin Maazel.„Bei ihr hat jeder einzelne Ton einen eigenen Charakter“ Fono ForumWWW.SONYMUSICCLASSICAL.DE WWW.VOLODOS.COM


Die Künstler23Arcadi VolodosKlavierDer 1972 in St. Petersburg als Sohn eines Sängerehepaarsgeborene Pianist folgte zunächstdem Vorbild seiner Eltern und studierte Gesangund Dirigieren am Konservatorium seiner Heimatstadt,ehe er sich ab 1987 konsequent demKlavierspiel widmete. Er setzte seine pianistischeAusbildung am Moskauer Konservatoriumbei Galina Egiazarowa und am Pariser Konservatoriumbei Jacques Rouvier fort, um sie beiDimitri Baschkirow an der Escuela Superior deMusica „Reina Sofia“ in Madrid erfolgreich zubeenden.Seit seinem nun schon legendären Debüt in derNew Yorker Carnegie Hall im Herbst 1998 istArcadi Volodos mit vielen der weltweit führendenSymphonieorchester aufgetreten, so mitden Berliner <strong>Philharmoniker</strong>n, dem PhilharmoniaOrchestra und Royal Philharmonic OrchestraLondon, dem Royal Concertgebouw OrchestraAmsterdam, dem Israel Philharmonic Orchestrasowie dem Boston Symphony, Chicago Symphonyund San Francisco Symphony Orchestra. Dabeispielte Volodos unter der Stabführung vonDirigenten wie Vladimir Ashkenazy, RiccardoChailly, Seiji Ozawa, James Levine, Myung-WhunChung, Michael Tilson Thomas und Jukka-PekkaSaraste.Seit seinem Debüt im Sommer 2002 ist ArcadiVolodos regelmäßiger Gast der Salzburger Festspielesowie weiterer wichtiger Musikfestivalsin der ganzen Welt und hat maßstabsetzendeEinspielungen der wichtigsten Werke der Klavierliteraturvorgelegt.


24PhilharmonischeBlätterAuftaktKammermusikDie Kolumne von Elke HeidenreichWas genau ist Kammermusik?Man darfruhig zur genauenBegriffsbestimmungauch mal das Lexikonfragen: Kammermusikfand im Gegensatzzur kirchlichen Musik in privaten, zunächstfürstlichen Räumen statt, also in einem intimerenRahmen. Seit dem 18. Jahrhundert gehört die Kammermusikzur bürgerlichen Musikkultur und ist ausden Konzertsälen nicht mehr wegzudenken. DieMünchner <strong>Philharmoniker</strong> bieten in den nächstenWochen ein Programm an, das von der Klassik bisin die Moderne reicht und alle Formen kammermusikalischenSchaffens umfasst von Mendelssohnund Brahms, Chausson und Prokofjew, Sibelius,Schnittke und Roussell, Bekanntes und Unbekanntes,und man möchte im Grunde Matinee für Matineedabei sein. Ich persönlich habe immer Spaßdaran, mehr über das Leben der Komponisten zuwissen. Natürlich spricht die Musik für sich, abermich interessiert, wie sie waren, wie sie gelebt haben,wie leicht oder wie schwer es ihnen fi el, dieseMusik zu schreiben, die die Jahrhunderte überdauerthat. Ich liebe Musikeranekdoten – kennen Sie dievon Jean Sibelius, der tagelang im Hinterzimmereines Hotels zum Kartenspielen verschwand? SeineFrau Aino schrieb einen Zettel: Wann gedenkst dunachhause zu kommen? Er schickte ihn durch denHoteldiener zurück: Liebste, wie soll ich das wissen,ich bin ja Komponist, nicht Hellseher. Der Mannhat Witz – fi ndet man den auch in seiner Musik?So etwas fasziniert mich.Wussten Sie, dass Beethoven furchtbar schlampigwar? Seine Wohnungen müssen desaströs gewesensein- Essensreste, ein Nachttopf unter dem Klavier,herumliegende Kleider, und wenn ihm beim Komponierenzu heiß wurde, schüttete er sich einen Topfkaltes Wasser über den Kopf. Und misstrauisch warer, weil er doch kaum noch hörte, was wollten diesegestikulierenden Vermieterinnen von ihm? Er warfEier nach ihnen, er warf auch im Lokal das Essennach den Kellnern, wenn es ihm nicht schmeckte.Aber so unordentlich er war: sein Kaffee, den er ingroßen Mengen trank, musste exakt 60 Kaffeebohnenpro Tasse enthalten, abgezählte 60, gemahlenund aufgebrüht. Ein Verrückter? Vielleicht, aberwas für eine Musik hat er uns geschrieben! GustavMahler sagte in einem Gespräch: „Du fragst, ob sieBeethoven heute verstehen? Was fällt dir ein? Weilsie mit seinen Werken aufgewachsen sind, weil eranerkannt ist, hören, spielen und lieben sie ihn vielleicht,aber nicht, weil sie seinem Fluge zu folgenvermöchten. Die können mit ihren Triefaugen nie indie Sonne schauen.“Da bleibt uns nur, unsere Triefaugen zu schließen,die Beethoven’sche Sonne strahlen und unswärmen zu lassen, dankbar.Meine Lieblings-Musikkarikatur ist von Rattelschneck.Da sitzt ein Mann und hört Kammermusik.Er sagt: „Gleich kommt die Stelle, wo ich immerweinen muss. Die Stelle dauert drei Sekunden.Ich weine aber länger.“


26PhilharmonischeBlätterÜber die Schulter geschautDie Kammermusik bei den Münchner <strong>Philharmoniker</strong>nChristian BeukeSie weitet den Horizont, blickt über Grenzen undist eine künstlerische Herausforderung für jedenOrchestermusiker: die Kammermusik. Auch wenndie Symphoniekonzerte in der Philharmonie imGasteig meist größere Aufmerksamkeit erfahren,spielt die Kammermusik für die Münchner <strong>Philharmoniker</strong>mehr als eine Nebenrolle. Sie ist fest imSelbstverständnis verankert, eine Herzensangelegenheitder Orchestermusiker, und ein wichtigerBestandteil im Programm. Ein kurzer Überblick.Die Kammerkonzerte im KünstlerhausDie Kammerkonzerte im Künstlerhaus am Lenbachplatzsind die „Klassiker“ im philharmonischenAngebot. In acht Sonntags-Matineen präsentierensich unterschiedliche kammermusikalischeFormationen, vom Trio über das Quintettbis zum Oktett. Die Programmplanung liegt inden Händen der Musiker, die Reihe im Künstlerhauswird koordiniert von den beiden <strong>Philharmoniker</strong>nSven Faulian und Bernhard Metz. „Wiejeder Wein ein gutes Essen abrundet, ist es fürjeden Orchestermusiker wichtig, Kammermusikzu spielen. Das eine ist ohne das andere unvorstellbar“.Allerdings gibt es auch Grenzen. Mit denWünschen und Vorschlägen aus dem Orchesterließen sich mehr als doppelt so viele Konzerteveranstalten. „Da heißt es auch mal, sich in Geduldzu üben“, so Bernhard Metz. „Dafür habendie Kollegen dann auch Verständnis. Und in dernächsten Spielzeit steigen die Chancen, sich seinenWunsch zu erfüllen.“Auf die kommende Spielzeit 2013/14 sind die beidenPlaner besonders stolz. Denn so viel Prominenzgab es wohl noch nie bei den Kammerkonzerten.„Mit der Sopranistin Anja Harteros, demTenor Mark Padmore und der Schauspielerin DietlindeMaazel haben gleich drei Hochkaräter zugesagt,“freut sich Sven Faulian. Darüber hinaus wirdes mit den „Meisterwerken“ eine neue, mehrjährigangelegte Reihe geben, die sich dem Streichquartettals kammermusikalische Königsklasse widmet.AlmkonzerteDie kammermusikalischen Aktivitäten sind nichtallein auf München beschränkt. Und sie kommenauch mal ganz unprätentiös daher. Mit „Auf da Oim“feierte im Juni 2012 ein ganz besonderes ProjektPremiere. In den urigen Hütten der Frasdorfer Niederalmenwaren vier verschiedene Kammermusikensemblesder Münchner <strong>Philharmoniker</strong> zuerleben. Nach einem gut einstündigen Aufstiegzur ersten Alm lud das Flötenquartett zum erstenKonzert in die Rauchalm ein. Nach einem gemütlichenWeitermarsch fand auf der Hofalm das zweiteKonzert statt. Dort auf dem Programm: eineMozart- und eine Dvořák-Serenade. Nach einerBrotzeit folgte das Klarinettenquintett auf derSchmiedalm, den offi ziellen Abschluss bildete einStreicherduo auf dem Tanzboden der Hofalm.Die Idee zu den Almkonzerten stammt vom HornistenAlois Schlemer. Er wohnt in Frasdorf undwusste schon als kleiner Bub, dass Musik auf den


PhilharmonischeBlätterÜber die Schulter geschaut27Hütten eine große Bedeutung hat. Umso mehr warer davon überzeugt, dass sich hochkarätige Kammermusikauch für Almhütten eignet. Nach demgroßen Erfolg der Erstaufl age waren sich alle Beteiligtensofort darin einig, die Almkonzerte 2013fortzusetzen. Am 23. Juni wird es wieder soweitsein, nähere Informationen folgen in Kürze.Klassik in der Münchner Club-SzeneIm Februar 2013 wagten sich die Münchner <strong>Philharmoniker</strong>mit einem weiteren Projekt in die Club-Szene in München. Das Streichquartett bestehendaus Julian Shevlin, Simon Fordham, Valentin Eichlerund David Hausdorf spielten im Club BobBeaman.Einer Location, die eigentlich für elektronischeMusik und kräftige Beats steht. Die ReiheKlassik im Club gibt es schon ein paar Jahre, erstmaligwaren die Münchner <strong>Philharmoniker</strong> auf derBühne – oder besser: auf der Tanzfl äche – zu erleben.Mit Werken von Haydn, Schubert und Beethovenbegeisterten die vier <strong>Philharmoniker</strong> ihraufmerksam lauschendes Publikum im restlosausverkauften BobBeaman. Doch die Clubbesucherfaszinierten auch die Musiker. „Die erste Reihewar ja nur zwei Meter von uns entfernt und saßauf dem Boden oder auf Pappkisten. Um uns herumein großer Kreis mit rund 300 Leuten, die vermutlichnicht täglich klassische Musik hören. Und ichhabe kein einziges Husten gehört. Nur eine umgefalleneBierfl asche“, schmunzelt KonzertmeisterJulian Shevlin. Der nächste Auftritt, dann mit einemanderen philharmonischen Kammerensemble,soll am 10. Mai im Club Harry Klein stattfi nden.Das Kammerorchester der Münchner<strong>Philharmoniker</strong>Eine feste Größe und auch in München vielenKonzertbesuchern bekannt ist dagegen das Kammerorchesterder Münchner <strong>Philharmoniker</strong>. Einfeierliches Konzert anlässlich des 75. Geburtstagesvon Benjamin Britten im Großen Konzertsaalder Münchner Musikhochschule im Jahr1988 gilt als seine Geburtsstunde. Im Sommer2004 übernahm der philharmonische KonzertmeisterLorenz Nasturica-Herschcowici die künstlerischeGesamtleitung des Kammerorchesters,das von nun an mit Künstlern wie Hélène Grimaud,Anne-Sophie Mutter und Nikolaj Znaider zusammenarbeitete.Im letzten Jahr war das Kammerorchesterder Münchner <strong>Philharmoniker</strong> gemeinsammit den Pianisten Martin Stadtfeld und DavidFray auf einer großen Tournee durch Deutschlandzu erleben, mit mehr als 15 Konzerten in u.a. Berlin,Hamburg, München und Dresden.Blasmusik und Marsch-CD „Ehrensache“Ein weiteres Kammerorchester hat im März seinDebüt gegeben. Im Festsaal des Hofbräuhausesspielten die Bläser der Münchner <strong>Philharmoniker</strong>in einem Konzert eben jene Märsche, die sie zuvorgemeinsam mit Lorin Maazel und Zubin Mehtafür eine CD aufgenommen haben. Ulrich Haider,Hornist und Initiator des Projektes, fasst dieGrundidee wie folgt zusammen: „Dieses Konzertführt uns zurück zu den Wurzeln. Wir haben unseremusikalische Laufbahn in Blasorchesternbegonnen, dort gehören Märsche zum Standardrepertoire.Die ganz besondere Qualität dieser Musikwar ausschlaggebend für den Wunsch, sie ineinem Konzert auf höchstem Niveau zu präsentieren.“Die CD erscheint am 7. Juli 2013, Vorbestellungensind unter www.mom-music.de möglich.Die Verkaufserlöse kommen ausschließlichder Orchesterakademie der Münchner <strong>Philharmoniker</strong>zugute.


28PhilharmonischeBlätterAus dem Gasteig„Ich lebe Gastronomie“Marc Uebelherr, der Geschäftsführer der Gastronomie im GasteigAlexander PreußTreffpunkt „gast“. Marc Uebelherr istleicht zu finden, er überragt die meistenGäste um Kopfeslänge. Er möchteunser Gespräch gern im „le copain“führen. Noch schnell ein paar Wortewechseln mit dem Küchenchef, einTelefonat mit der Baustelle seines aktuellenProjektes und dann ein paarSchritte über das Celibidacheforum in eine anderegastronomische Welt in der Glashalle. Er verschafftsich einen kurzen Überblick und scheintinnerlich zu prüfen, ob er als Gast zufrieden wäre.Er wäre es, das sieht man ihm an.Die Zufriedenheit seiner Gäste sei der Sinn seinesBerufslebens, sagt er. Im Gasteig bedeutetdas, den Besucher quasi in der Tiefgarage abzuholenund seinen Aufenthalt angenehm kulinarischzu begleiten. Dafür hat sich Marc Uebelherrim Gasteig einiges einfallen lassen. SeineGasteig Kult und Speise GmbH betreibt nebendem bekannten „gast“ das „le copain“ in derGlashalle und neu die „Philine“ im Durchgangzum Celibidache-Forum. Für sämtliche Veranstaltungenim Gasteig wird das Catering ausgerichtetund die „Skybar“ in der Philharmonie bietet zusätzlichRaum für Empfänge.Die Vielseitigkeit ist ihm wichtig. „Hier steht mitunterder Skateboardfahrer aus Haidhausen nebendem Musiker im Frack, der gleich ein tollesKonzert spielen wird.“ Das Angebot und die Atmosphäresoll Konzertbesucher ebenso ansprechenwie Studenten, Mitarbeiter des Hausesoder Familien mit Kindern. Das sagtder zweifache Familienvater, dererst kürzlich an Fasching das „gast“in ein Kinderparadies mit Zauberer-Vorstellung verwandeln ließ.Marc Uebelherr stammt eigentlichaus einer Musikerfamilie. In derGastronomie ist er ein Quereinsteiger.„Musik und Kulinarik gehören zusammen“.Damit sich das Publikum vor und nach dem Konzertnicht gestört fühlt, bleibt die Musik im „gast“jeweils für eine Stunde vor und nach dem Konzertaus. Musikalischer Hochgenuss braucht ein Pendant.Deshalb werden alle Speisen frisch zubereitet.„Alles hausgemacht“ in der Zentralkücheim „gast“.Das „gast“ hat am Tag etwa 600 bis 800 Gäste.An Konzerttagen ist es überfüllt, deshalb hatauch das „le copain“ bis 23 Uhr geöffnet, um allenBesuchern gerecht zu werden. In der neu eröffneten„Philine“ wird es zur umfangreichenWeinkarte und Antipasti bald ein Klavier geben.Marc Uebelherr träumt von einer angenehmenStimmung zwischen Musikern und Konzertbesuchern.Es darf auch musiziert werden.Die Diskussionen um den Gasteig verfolgt er mitSkepsis. Er schätzt die umfangreichen Angebotedes Hauses und steht mit seinen Institutionen ingutem Kontakt. „Mir ist der Gasteig ans Herz gewachsen.Ich bin ein Teil davon, gewissermaßendie kulinarische Seele des Gasteig.“


PhilharmonischePhil harmonischeZahl:2.811So viele Besucher verzeichnetendie Kammerkonzerte imKünstlerhaus am Lenbachplatzin der letzten Spielzeit.Philharmonische NotizenIn Kürze29BlätterReise-MarathonMärz, April und Mai sind für die Münchner <strong>Philharmoniker</strong>intensive Reisezeit. Im März stehenvier Konzerte in der Schweiz auf dem Plan. ZwölfKonzerte wird das Orchester auf seiner Asien-Reise durch Japan, China und Korea geben bevores im Mai über Wien und Prag nach Udine undBasel geht.CD MarschmusikDie Aufnahmen für die Marschmusik-CD „Ehrensache“der Bläser der Münchner <strong>Philharmoniker</strong>unter der Leitung von Chefdirigent Lorin Maazelund Ehrendirigent Zubin Mehta sind abgeschlossen.Die CD erscheint am 7. Juli 2013, Vorbestellungenunter www.mom-music.de. Die Verkaufserlösekommen der Orchesterakademieder Münchner <strong>Philharmoniker</strong> zugute.OrchesterakademieZwei ehemalige Stipendiatinnen haben ihreProbespiele gewonnen. Caroline Busser ist Solo-Cellistin in Kaiserslautern und Yukino Thompsonist stellvertretende Solo-Oboistin im Orchesterder Bayerischen Staatsoper hier in München.Wir begrüßen unsere neuen Stipendiaten:Thomas Hille aus Nürnberg (Kontrabass),Bernhard Mitmesser aus Österreich (Klarinette),Francesco Pietralunga aus Italien (Posaune),Gergely Csikota aus Ungarn (Trompete) undMichael Schwarzfischer aus München (Tuba).BestandenPhilippe Mesin aus den 1. Violinen hat seine Probezeitbestanden und ist festes Mitglied derMünchner <strong>Philharmoniker</strong>.AufgestiegenUnsere Hornistin Maria Teiwes hat das Probespielum die stellvertretende Solo-Horn Positionin unserem Orchester gewonnen. Sie beginntihre Probezeit im September.Solo-BratscheEbenfalls im September beginnt die Probezeitvon Jano Lisboa aus Portugal. Er war bisherSolo-Bratscher im Münchner Kammerorchesterund hat sich die Stelle des Solo-Bratschers inunserem Orchester erspielt.DruckfrischDas neue Jahresprogramm der Münchner <strong>Philharmoniker</strong>ist da. Jetzt erhältlich an allen bekanntenAuslagen im Foyer der Philharmonieoder im Abonnement-Büro. Oder im Internet unterww.mphil.de.


30PhilharmonischeBlätterOrchestergeschichteSiegfried Wagners Auftritte als Interpret von Werkenseines Vaters und Großvaters sowie eigenen KompositionenGabriele E. MeyerNur wenige Tage vor Siegfried Wagners erstemAuftritt am 10. März 1913 feierten die Münchner<strong>Philharmoniker</strong> in der festlich geschmückten Tonhalleden hundertsten Geburtstag seines Vaters.(Der vorgezogene Termin erklärt sich aus der alljährlichen„sommerlichen“ Tätigkeit des Orchestersin Bad Kissingen.) Siegfried Wagner, Komponist,Dirigent und Leiter der Bayreuther Festspieleab 1908 versuchte angesichts der fi nanziell prekärenLage im gesamten Festspielbereich nicht zuletztmit regelmäßigen Konzertreisen weitere Geldmittelzu akquirieren. Am Abend des „EinzigenKonzerts mit dem verstärkten Konzert-Vereins-Orchester“ stellte er sich mit Ausschnitten ausseinen eigenen Opern vor, gerahmt von RichardWagners „Faust-Ouvertüre“, dem „Siegfried-Idyll“ und dem Vorspiel zu „Die Meistersinger vonNürnberg“. Unabhängig von der schon damalsgeäußerten Frage nach dem Sinn, ein Konzertprogrammmit „Opernbruchstücken“ zu bestreiten,beklagte sich der Rezensent der „MünchnerPost“, das Kind aus Andersons „Des Kaisers neueKleider“ zitierend, heftigst über die Zumutung,sich „2½ Stunden lang die langweiligste und dürftigsteMusik anzuhören, die man sich in Deutschlandeben noch deswegen bieten läßt, weil ihrKomponist – der Sohn eines Heroen ist“. Selbstder Dirigent fand keine Gnade. Die „MünchnerNeuesten Nachrichten“ hingegen beurteilten denAbend trotz offenkundiger Schwächen in Werkund Ausführung wesentlich fairer, weil „die Teilstückeerst als Glieder eines Ganzen in ihrer vollenBedeutung“ gewürdigt werden könnten. –Mitte des Jahres 1929 erbat sich Siegfried Wagnerfür ein weiteres Gastdirigat von der Stadt dasalte Programm, um sich bei der Auswahl der Werkenicht zu wiederholen. Das Konzert am 22. Januar1930 eröffnete der Enkel mit der SymphonischenDichtung „Orpheus“ seines GroßvatersFranz Liszt, wobei Oscar von Pander von den„MNN“ Wagners Verzicht auf jegliches Rubatoinsbesondere in den großangelegten Steigerungenausdrücklich hervorhob. Ganz anders fi el diesesMal auch das Urteil über den KomponistenSiegfried Wagner aus, der wiederum Teile ausseinem umfangreichen Opernschaffen präsentierte.Als instrumentales Zwischenspiel hatteWagner noch sein „Konzertstück für Violine undkleines Orchester“ gewählt, wobei es sich hierhöchstwahrscheinlich um das schon am 3. März1922 zum ersten Mal in München aufgeführte„Konzertstück für Flöte und kleines Orchester“ gehandelthaben dürfte. „Getragen von der ausgezeichnetenBegleitung des Komponisten“ spielteKonzertmeister Carl Snoeck den Solopart „mit tadelloserKlarheit und Sicherheit“. Den krönendenBeschluss bildete die „vorzügliche Interpretation“der Tannhäuser-Ouvertüre von Richard Wagner. –„Siegfried Wagner wurde“, ganz anders als beiseinem philharmonischen Debüt, „mit anhaltendemBeifall und einem prächtigen Lorbeerkranzüberaus herzlich gefeiert und ließ an den Ovationenmit Berechtigung auch das treffl iche Orchesterder Münchner <strong>Philharmoniker</strong> teilnehmen.“


PhilharmonischeBlätterDas letzte Wort hat ...31Bob RossHornist der Münchner <strong>Philharmoniker</strong> und Gründer von „Blechschaden“In unserem Orchester sind vieleMusiker aus den verschiedenstenLändern dieser Welt vertreten. Dazukommen noch die vielen Gastdirigenten,so dass oftmals mehrEnglisch als Deutsch gesprochenwird.Am Ende des 19. Jahrhunderts wares in Amerika genau umgekehrt.Damals wurde in den großen amerikanischenOrchestern Deutschgesprochen, weil viele Musiker ausDeutschland waren. Zur englischenSprache ein Beispiel: als Celibidache zu den<strong>Philharmoniker</strong>n als Chef kam, hat er zum Orchestervorstandgesagt, er soll uns sagen, wirdürfen ihn nur mit Maestro ansprechen. Als Celiherauskommt, ein bisschen dirigiert, hat meinKollege aus Amerika als erster eine Frage gestellt;„Entschuldigen Sie, my...ass...tro...“Meine schottische Mutter hat eher Keltisch alsEnglisch verstanden; als ich in Bayreuth spielte,rief ich in Schottland an, um ihr dies zu erzählen.Sie hatte furchtbare Angst, weil sie micham Telefon nicht gut verstand. Sie meinte, ichspiele in Beirut und mein Chef sei Celigadaffi.Damals war zudem die große Nahostkrise.Und was „Nahost“ betrifft: alswir mit dem Orchester noch vorder Wende in Ostdeutschlandwaren, wurden wir im Hotel inLeipzig schikaniert. Ich wollte einGetränk in der Hotel-Bar bestellen.„Sie haben Jeans an, Siewerden hier nicht bedient“, sagteder Kellner. Dann kam einSchlagzeuger von uns in die Hotellobbyund trug ebenfalls Jeans.Da standen so Typen, die offensichtlichvon der Stasi waren,und einer sagte: „Sie dürfen mitJeans nicht herein!“ Da hat mein Kollege ganzeinfach seine Jeans ausgezogen und ist halbnacktdurch die Lobby in Richtung Fahrstuhl gelaufen.Schlagzeuger sind schlagfertig... imSchottenrock hätte ich wahrscheinlich mehrGlück gehabt.Übrigens habe ich damals in Bayreuth meinenPolterabend mit Blechbläserkollegen gefeiert.Da wir im Garten laut musiziert haben, kampünktlich um 22 Uhr die Polizei. Ich stand da imSchottenrock und begrüßte die Polizisten mit„Sorry, aber ich werde bald heiraten“. Der älterePolizist schaute mich und meine Abendkleidungan und sagte „Und Du bist die Braut, oder?“


32 VorschauSo. 24.03.2013, 11:00 5. KaKo„Gehörnte Streicher“Wolfgang Amadeus MozartQuintett für Horn, Violine, zweiViolen und Violoncello Es-DurKV 407Ludwig van BeethovenSextett für zwei Hörner undStreichquartett Es-Dur op. 81bLouis François DaupratQuintett für Horn undStreichquartett op. 6 Nr. 1Fr. 05.04.2013, 20:00 6. Abo cOttorino Respighi„Fontane di Roma“Niccolò PaganiniKonzert für Violine undOrchester Nr. 1 D-DurLudwig van BeethovenSymphonie Nr. 7 A-Dur op. 92Lorin Maazel, DirigentRyu Goto, ViolineSa. 06.04.2013, 19:00 4. Abo h5Ludwig van BeethovenOuvertüre zu „Coriolan“ op. 62Symphonie Nr. 4 B-Dur op. 60Igor Strawinsky„Le Sacre du Printemps“Lorin Maazel, DirigentWolfgang Amadeus MozartSextett für zwei Hörner undStreichquartett F-Dur KV 522„Ein musikalischer Spaß“Jörg Brückner, Horn | MariaTeiwes, Horn | Traudel Reich,Violine | Helena Madoka Berg,Violine | Julio Lopez, Viola |Burkhard Sigl, Viola |Sven Faulian, VioloncelloImpressumHerausgeberDirektion der Münchner<strong>Philharmoniker</strong>Lorin Maazel, ChefdirigentPaul Müller, IntendantKellerstraße 4, 81667 MünchenLektorat: Stephan KohlerCorporate Design:Graphik: dm druckmediengmbh, MünchenDruck: Color Offset GmbH,Geretsrieder Str. 10,81379 MünchenGedruckt auf holzfreiem und FSC-Mixzertifiziertem Papier der SorteLuxoArt Samt.TextnachweiseThomas Leibnitz, Tobias Nieder -schlag, Elke Heidenreich, ChristianBeuke, Alex ander Preuß,Gabriele E. Meyer und Bob Rossschrieben ihre Texte als Original -beiträge für die <strong>Programmheft</strong>e derMünchner Phil harmoniker. LexikalischeAngaben, Kurzkommen tareund Künstlerbiographien: StephanKohler. Alle Rechte bei denAuto rinnen und Autoren; jederNach druck ist seitens der Urhebergenehmigungs- und kostenpfl ichtig.BildnachweiseAbbildungen zu JohannesBrahms: Christian MartinSchmidt, Johannes Brahmsund seine Zeit, Laaber 1983;Christiane Jacobsen (Hrsg.),Johannes Brahms – Leben undWerk, Wiesbaden 1983. Ab -bildungen zu Arnold Schönberg:Nuria Nono-Schoenberg (Hrsg.),Arnold Schönberg 1874–1951 /Lebensgeschichte in Begeg -nungen, Klagenfurt / Wien1998. Künstlerphotos: EricBrissaud (Eschenbach),Agenturmaterial (Volodos),wildundleise.de (Funk-Hoever,Lohschütz, Ross), Leonie vonKleist (Elke Heidenreich),Archiv der Münchner <strong>Philharmoniker</strong>.


LANDESHAUPTSTADT MÜNCHEN UND BAYERISCHER RUNDFUNK PRÄSENTIERENMARTINGRUBINGERSONNTAG07. JULI 201320.00 UHRJAMES GAFFIGANDIRIGENTMÜNCHNER PHILHARMONIKERMARTIN GRUBINGER PERCUSSIONGEORGE GERSHWINCUBAN OVERTUREAVNER DORMANKONZERT FÜR SCHLAGZEUGUND ORCHESTER„FROZEN IN TIME“ANTONÍN DVOŘÁKSYMPHONIE NR. 9 E-MOLL OP.95„AUS DER NEUEN WELT“KARTEN: MÜNCHEN TICKET TEL.089 54 81 81 81UND BEKANNTE VVK-STELLENDANK AN: MERCEDES-BENZ MÜNCHEN, BAYERNLB, BAYWA AG,GAHRENS + BATTERMANN, STRÖER DEUTSCHE STÄDTE MEDIENWWW.KLASSIK-AM-ODEONSPLATZ.DE


'12mphil.de'13115. Spielzeit seit der Gründung 1893Lorin Maazel, ChefdirigentPaul Müller, Intendant

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