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30 Jahre unter den Toten - Herzlich willkommen bei „Die Liebe Gottes“

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kundung von jenseitigen Daseinsebenen her an das Tagesbewußtsein körperlicherMenschen ist unumgänglich an die vermittelnde Mitwirkung einer noch imKörper leben<strong>den</strong> Seele gebun<strong>den</strong>.Selbst Gott und Christus haben keine andere Möglichkeit, sich einem Gläubigensichtbar oder hörbar zu bekun<strong>den</strong>, als nur über dessen eigenes, geistig-seelischesInnere. Die Lichtstrahlen aber, welche die Erscheinung Christi dem Frommenvor Augen stellen, stammen nicht aus der Seele des Schauen<strong>den</strong>, kommen nichtaus seinem Unterbewußtsein, sondern über sein <strong>unter</strong>bewußtes Innere durch dieseshindurch aus einem wirklichen Lebensquell, was der Erlebende auch mitunverrückbarer Gewißheit erkennt. — Nur geistlose, tote Verstandesweisheitwird sich weiterhin <strong>unter</strong> dem ihr selber unzugänglichen Erlebnis <strong>den</strong> Schemeneiner aus der Seele des Schauen<strong>den</strong> abgespaltenen Christus-Persönlichkeit vorstellen.— Das selbe gilt auch für alle Stigmatisierungen: Die formen<strong>den</strong> Kräftehaben niemals ihren Ursprung in der Seele des Stigmatisierten, sondern nehmennur ihren Weg zum Körper, <strong>den</strong> sie zeichnen, über diese Seele und kommen voneiner Quelle her, die völlig außerhalb der menschlichen Persönlichkeit, dahinteroder darüber, zu suchen ist.Ein unermeßlicher Abstand und Gegensatz klafft zwischen <strong>den</strong> eben erwähntenheiligen Erlebnissen der echten, tief religiösen Mystiker, (welche, neben<strong>bei</strong>bemerkt, dem Verfasser, Dr. Wickland, anscheinend ganz unbekannt gewesensind) und <strong>den</strong> unheimlich wirren und quälen<strong>den</strong> Bekundungen von seiten durchausunheiliger Besessenheitsgeister. Und doch haben heilige und unheilige geistigeEinflüsse gleicherweise nur die eine Leitungsbahn, sind auf <strong>den</strong> gleichenWeg über die Seele des erleben<strong>den</strong> Menschen angewiesen, so daß für <strong>den</strong> vonaußen beobachten<strong>den</strong> Seelenforscher alles in gleicher Weise aus dem menschlichenUnterbewußt sein zu kommen scheint.Daß <strong>den</strong>noch der Weg der verschie<strong>den</strong>en Einflüsse ein recht verschie<strong>den</strong>er ist,indem sie je nach ihrer andersartigen Herkunft und ihrem grundverschie<strong>den</strong>enWerte ebenso verschie<strong>den</strong>e Eintrittsstellen in die Seele und nur ein und dieselbeAusgangspforte haben, läßt sich in dem knappen Rahmen eines Vorworts nurandeuten und bedürfte einer eingehen<strong>den</strong> Darlegung in einer besonderen Geistlehre(Pneumatologie), welche aus <strong>den</strong> Erfahrungen der hoch entwickelten Mystikerklar und einleuchtend unschwer abzuleiten ist.Zum Verständnis dieses Buches ist eine solche Geistlehre nicht unbedingt notwendig.Doch scheint es mir nicht unwichtig, daraus wenigstens einiges mitzuteilen.Zunächst dieses: "Die Geister", <strong>den</strong>en wir in diesem Buche begegnen,haben eigentlich auf diesen Titel keinen Anspruch. Sie sind vielmehr lediglichSeelen, ungenügend erzogene, ungebändigte, unwissende und irrende Triebwesen,die zwar mehr oder weniger gute Verstandesfähigkeiten, aber keine Vernunftbesitzen, weil sie viel zu unvollkommene, gänzlich ungenügende Verbindungmit dem zu ihnen gehörigen individuellen Geiste haben, der es nicht vermochthat, sie während des Lebens im Körper richtig in seine Zucht zu nehmenund zu Vernunft und Erkenntnis zu bringen. Als Seelen sind sie ihrem Wesen— 7 —


nach durchaus <strong>den</strong> Seelen der <strong>unter</strong> dem Menschen stehen<strong>den</strong> irdischenGeschöpfe gleichartig und haben vor diesen nur <strong>den</strong> Vorzug, daß sie unverlierbareinem individuellen Geiste zugehören, aus dem heraus ihnen all die Fähigkeitenzufließen, durch welche sie sich vor <strong>den</strong> Tieren als Menschen auszeichnen.Aus dem Bereiche dieser durchaus noch ungeistigen Seelen kommen sämtlicheKundgaben dieses Buches. Diese haben je auch allenthalben die Zeichen großermenschlicher Unzulänglichkeit an sich und sind nicht anders zu bewerten alsÄußerungen unserer lieben irdischen Nachbarn; d.h. sie müssen mit urteilendemVerstande nach Wert und Bedeutung ihres Inhalts abgewogen wer<strong>den</strong>. Sie habenkeinerlei Offenbarungscharakter, und ihre Quellen, die seelischen Personen, von<strong>den</strong>en sie ausgehen, entstehen nicht in der Seele des medialen Menschen alsAbspaltungen von dieser, wie die wissenschaftliche Psychologie das auffaßt,sondern stehen als sonderheitliche, selbständige und gleichwertige Wesen nebender Seele des medialen Menschen auf gleicher Stufe mit dieser. Auf ihrer eigenenDaseinsebene stehen diese Seelen einander als greifbar gegenständlicheGestalten gegenüber und haben dementsprechend auch eine Art Stofflichkeit,welche jedoch von der Stofflichkeit unserer irdischen Körperwelt grundverschie<strong>den</strong>ist. — Da dieser Art Kundgaben von der Seelenebene her die weitaushäufigsten sind, welche der Seelenforschung zum Gegenstand dienen, ist esleicht verständlich, daß sie ihrer menschlichen Unzulänglichkeit wegen die Forscherzu der Annahme verleiteten, es seien in ihnen lediglich Erzeugnisse derSeele des Mediums zu sehen. — Die schier unerschöpfliche Mannigfaltigkeitdieser vermeintlichen "Personifikationen" aber, sowie deren Übertragbarkeit voneinem medialen Menschen auf einen anderen, lassen uns die Anschauungen derwissenschaftlichen Psychologie mit Sicherheit als Irrtum erkennen. Sie sindvielmehr ein eindringlicher Beleg dafür, daß sich tatsächlich ungezählte Millionenabgeschie<strong>den</strong>er, unwissender, irrender Seelen zwischen uns, <strong>den</strong> im Körperleben<strong>den</strong> Menschen, herumtreiben, sich selbst und der Menschheit zur Last undQual.Neben diesen gewöhnlichen und häufigsten geistigen Kundgaben gibt es offensichtlichnoch zwei ganz andersartige, welche sich sowohl von <strong>den</strong> bisherbesprochenen als auch <strong>unter</strong>einander nach Wert und Herkunft scharf <strong>unter</strong>schei<strong>den</strong>.— Da steht zunächst hinter der Seele, und zwar in recht weiter Ferne hinterihr, der zu ihr gehörige "eigentliche" Geist, der innerste Wesenskern des Menschen,der Träger und Spender all der hoheitsvollen Fähigkeiten, welche <strong>den</strong>Menschen so deutlich über das Tier erheben. Auch er ist greifbar gegenständlicheGestalt für seinesgleichen und als solche wahrnehmbar und erkennbar sogarfür Menschen, jedoch nur für solche, welche als hochentwickelte, religiöse Mystikerzu seinem Erleben befähigt sind. Keiner der im landläufigen Sinne "hellseherischbegabten" Menschen ist fähig, diese reine Geistgestalt zu erblicken. Zusolcher Schau gelangt der Mensch nur über eine unendlich leidvolle Entwicklung,die er nicht aus seinem menschlichen Willen anstreben kann, zu der erdurch höheren Willen ausdrücklich berufen sein muß. — Doch es bedarf durch-— 8 —


aus nicht der Schau dieser Geistgestalt, damit der Mensch mit mehr oder wenigerklarem Bewußtsein aus der Fülle der Machtvollkommenheit seines Geistesetwas schöpfen und es der äußeren Welt als Kunstwerk, Erfindung oderErkenntnis zum Geschenk machen kann. Die Ebene dieses eigentlichen Geistesist der Quellgrund, aus dem die Schöpfertaten des Genies fließen. Auch diesehohen Kräfte haben keinen anderen Weg als nur <strong>den</strong> über die Seele, wenn sie fürdie Außenwelt und in ihr etwas gestalten wollen. Und der von außen her beobachtendeSeelenforscher sieht auch diese sehr viel seltener zur Beobachtungkommen<strong>den</strong> Geistkundgaben aus der Seele herauskommen und läßt sich durch<strong>den</strong> Augenschein verführen, sie ebenfalls als Leistung des unbewußten, derSeele, anzusprechen. Wohl kommen diese Leistungen nun wirklich aus der Persönlichkeitdes Menschen selbst, doch nicht aus seiner unbewußten Seele, sondernaus seinem überbewußten Geiste.Und noch höhere, noch seltenere Geistkundgaben sind uns bekannt und geläufig,deren Quelle in unermeßlicher Höhe über Seele und Geist des Menschen zusuchen ist. Auch von dort her, aus dem ursprünglichen Lebensquell Gottes gehtder Weg der Offenbarung geradlinig über <strong>den</strong> Geist durch die Seele bis in dasTagesbewußtsein des Menschen, freilich nicht jedes beliebigen Menschen. Nurdort, wo nicht nur die Seele durch unablässiges Lei<strong>den</strong> dahin erzogen wor<strong>den</strong>ist, sich völlig ihrem Geiste zu fügen, sondern wo auch dieser Geist selbst ineinem läutern<strong>den</strong> Lei<strong>den</strong>sfeuer dazu fähig gewor<strong>den</strong> ist, alles sonderheitlichEigene gänzlich aufzugeben und sein Wollen vorbehaltslos dem Göttlichen Willeneinzuordnen, — nur dort ist der Weg frei für eine irrtumslose Offenbarung,wo der ganze Mensch, in Geist, Seele und Körper, in Gehorsam bis zum To<strong>den</strong>ur die Losung kennt: "Nicht wie ich will, sondern wie du willst!" — Die Kräftederartiger Offenbarung, ob sie dem Erleben<strong>den</strong> hörbar oder sichtbar wer<strong>den</strong>, obsie ihm die Wundmale aufdrücken, oder gar in voller Durchdringung des ganzenMenschwesens ihn die UNIO MYSTICA, die Einswerdung oder Wesensverschmelzungmit Gott, erleben lassen, — diese Kräfte kamen noch niemals aus<strong>den</strong> Tiefen der menschlichen Persönlichkeit, sondern immer nur auf dem Wegeüber diese aus Gott. Doch das nur neben<strong>bei</strong>.**) Es sei in diesem Zusammenhang auf Carl Welkisch "Im Geistfeuer Gottes", erschienen im OttoReichl Verlag 1957, verwiesen.In dem vorliegen<strong>den</strong> Buche fin<strong>den</strong> wir nur Kundgaben der erstgenannten, niedrigstenArt, dürfen also von ihnen keine hohen Offenbarungen erwarten. Dennochsind sie überaus wertvoll und lehrreich, <strong>den</strong>n sie veranschaulichen mitgroßer Deutlichkeit, daß jenseits des Grabes die Entwicklung des Menschenohne Unterbrechung ihren Fortgang nimmt und jeder im anderen Leben erntet,was er hier gesät hat. Charakter und Wesen wer<strong>den</strong> durch das Ablegen des Körpersnicht verändert, sie treten nur mit größerer Deutlichkeit zu Tage und wirkensich mit un<strong>bei</strong>rrbarer Folgerichtigkeit auf die Gestaltung des jenseitigen Schicksalsaus. — Der Hauptwert des Buches aber liegt darin, daß es einen Weg zeigt,wie Geisteskranken erfolgreich und nachhaltig zu helfen ist. Um diesen Weg alsHelfer gehen zu können, muß man sich freilich zuvor mit der Auffassung— 9 —


efreun<strong>den</strong>, welche dieses Buch vertritt. Da es nun erfahrungsgemäß gerade für<strong>den</strong> Fachmann besonders schwer ist, altgewohnte, tief eingefahrene Gedankengeleisezu verlassen, ist nicht damit zu rechnen, daß die gelehrten Seelenforscherdieser Auffassung gleich <strong>bei</strong>treten wer<strong>den</strong>. Doch möchte ich die auf wirksamesHelfen eingestellten Ärzte einla<strong>den</strong>, die hier vorgetragene Auffassung wenigstensals Ar<strong>bei</strong>tshypothese gelten zu lassen und zu benutzen, um nach dem VorbildeDr. Wicklands zu segensreichen Erfolgen zu gelangen.Einen zusammenfassen<strong>den</strong> Überblick über das Gebiet des medialen Geisterverkehrsfindet der Leser in dem folgen<strong>den</strong> Einführungskapitel des Übersetzers zudieser deutschen Ausgabe.*— 10 —


Einführungskapitel des Übersetzers, Wesen, Gefahren undSegen des medialen GeisterverkehrsWas dem vorliegen<strong>den</strong> Buche Dr. Wicklands seinen einzigartigen und überauswertvollen Charakter gibt, das ist nicht so sehr der Inhalt der darin berichtetenGespräche mit Jenseitigen, als vielmehr die Art und Weise, mit der er als Arztund tatkräftiger Helfer diese medialen Kundgaben zum Anlaß und zur Grundlageeines segensreichen Wirkens gemacht hat.An Berichten über Jenseitsschicksale und jenseitige Lebensverhältnisse ist auchohne Dr. Wicklands Buch wahrlich kein Mangel. Im Schrifttum aller Sprachenfin<strong>den</strong> sich derartige Berichte in reichlicher Fülle. Daß diese jedoch immer nureinem kleineren Kreise von Menschen beachtenswert und wichtig erscheinen,für die große Allgemeinheit des abendländischen Kulturkreises aber bisher völliggegenstandslos geblieben sind, hat seine gewichtigen Gründe. — Ganz imGegensatz zum Asiaten, dem das Wissen um die Unzerstörbarkeit des Lebensund damit das Weiterleben jenseits des Todes selbstverständlich ist, ist dieLebensauffassung des Abendländers unserer Tage trotz dem Christentum derartstoffgebun<strong>den</strong> und ungeistig, daß von der weitaus überwiegen<strong>den</strong> Mehrzahlunserer Zeitgenossen der Gedanke an ein Jenseits überhaupt nicht ernstlich inBetracht gezogen wird. Ein wirklich überzeugtes Wissen um die Fortsetzung deseigenbewußten Lebens über <strong>den</strong> Tod hinaus, ist nur <strong>bei</strong> einer verschwin<strong>den</strong>dkleinen Minderzahl zu fin<strong>den</strong>, und nur in diesen Kreisen hält man es der Mühewert, sich ernsthaft mit dem Gebiete medialer Erscheinungen auseinanderzusetzen.Klar und voll bejahend stehen zu <strong>den</strong> medialen Erscheinungen und Vorgängennur die Spiritisten.Die kirchlichen Kreise sind diesem Tatsachengebiete gegenüber sehr zurückhaltend,ja ablehnend. Die kirchliche Seelsorge warnt ihre Schäflein recht einmütigund eindringlich davor. — Der katholischen Kirche steht die Tatsächlichkeit alldieser Erscheinungen außer Frage, aber über ihre Herkunft und ihr Wesenbesteht auch <strong>bei</strong> ihr noch keine Klarheit. Zur Förderung christlichen Wesens imGemeindeleben sind sie nicht zu verwerten; das Unheimliche und Gefahrvolledaran ist aber greifbar deutlich. So sieht das ganze sehr nach Teufel aus, undman hält sich daher für berechtigt, ja verpflichtet, in Bausch und Bogen davor zuwarnen. — Der evangelischen Kirche machen diese Dinge im allgemeinen sehrviel weniger Sorgen. Doch wo sie Anlaß gehabt hat, dazu Stellung zu nehmen,hieß es gewöhnlich kurz und bündig: Hebt dich weg von mir Satan, du bist mirärgerlich.!Nun tastet noch von anderer Seite <strong>unter</strong> ganz anderen Voraussetzungen und inganz anderem Sinne ein matter Erkenntniswille der Wissenschaft an diesemGebiete herum. Man gewinnt <strong>den</strong> Eindruck, daß die Wissenschaft sich immernur notgedrungen und ohne großen Eifer diesen Fragen zuwende, und eigentlich— 11 —


immer nur zu dem Zwecke und in der Absicht, nachzuweisen, daß sich dieMühe nicht lohne. — Was <strong>den</strong> wissenschaftlichen Forscher da<strong>bei</strong> hemmt, istweniger die Furcht, dem Teufel ins Gehege zu kommen, als vielmehr die Sorgeum seinen Ruf als ernst zu nehmender Wissenschaftler. Das Gebiet ist nach wievor so anrüchig, daß er von vornherein vor jedem bejahen<strong>den</strong> Ergebnis seinerForschungen Angst haben muß, <strong>den</strong>n es bringt ihn ja unausweichlich in dieGefahr, vom Urteil seiner Fach mit <strong>den</strong> "grenzenlos leichtgläubigen" Spiritistenin einen Topf geworfen zu wer<strong>den</strong>. Die Wissenschaft im ganzen genommen istheute noch nicht einmal dazu bereit, die medialen Erscheinungen als Tatsachenanzuerkennen. Zwar hat sich eine ganze Reihe namhafter Forscher von der Tatsächlichkeitdieser Erscheinungen überzeugt und sich auch freimütig vor derWelt zu der Überzeugung bekannt, daß an dem Zustandekommen dieser Vorgängevernunftbegabte, körperlose Wesen beteiligt sein müssen; aber diesemutigen Bekenner müssen es sich auch heute immer noch gefallen lassen, imUrteil sogenannter wissenschaftlicher Sachverständiger als nicht maßgebliche,getäuschte Leichtgläubige <strong>bei</strong>seite geschoben zu wer<strong>den</strong>. Es gibt heute nochkeine Stelle, welche es wagen dürfte, im Namen der Wissenschaft zu erklären,die Fortsetzung des einzelbewußten, seelisch geistigen Lebens über <strong>den</strong> körperlichenTod hinaus und die Möglichkeit des Eingreifens Verstorbener in irdischdiesseitige Lebensvorgänge sei wissenschaftlich erwiesen. Vielmehr erlebt manimmer wieder, daß die amtlich berufenen Vertreter der Wissenschaft, wenn sieals Gutachter vor Gericht über das Gebiet gehört wer<strong>den</strong>, darauf aus sind, darzulegen,daß es sich, — wenn nicht von vornherein um bewußten Betrug — nurum Einbildungen und unbewußte Täuschungen handele, deren Grund in unkontrollierbarenFähigkeiten der Seele des sogenannten Mediums und in der Leichtgläubigkeitseiner Anbeter zu suchen sei.So hätten wir also drei verschie<strong>den</strong>e Urteile vor uns, zu <strong>den</strong>en wir Stellung nehmenmüssen. Alle drei haben gleichzeitig Recht und Unrecht, wie das <strong>bei</strong> allenmenschlichen Urteilen der Fall ist, die von einem feststehen<strong>den</strong> Standpunkte ausabgegeben wer<strong>den</strong> und darum einseitig sein müssen.Wer aber in das menschliche Wesen (als eine Dreieinheit, bestehend aus Körper,Seele und Geist) einen tieferen Einblick gewonnen hat, der wird unschwererkennen können, wo und wieweit diese drei verschie<strong>den</strong>en Beurteilungen —der Spiritisten, der Kirchen und der Wissenschaft — zu Recht bestehen und wound wie weit sie irren.Der Spiritist zunächst bejaht die Erscheinungen auf Grund eindrucksvollerErlebnisse und nimmt sie so schlicht und einfach als Tatsachen hin, wie sie sichihm darbieten. Daraus allein ihm <strong>den</strong> Vorwurf grenzenloser Leichtgläubigkeitzumachen, ist durchaus nicht angängig. Wer so urteilt, verrät damit nur, daß erselber gänzlich unwissend ist. Entweder fehlt ihm jede eigene Erfahrung in diesenDingen, oder aber er ist durch stoffgläubige Grundsätze wie durch Scheuklappengehindert, Tatsachen als Tatsachen zu erkennen, wenn sie nicht in seinWeltbild passen. Jeder Unvoreingenommene wird sich nicht nur davon überzeugen können,— 12 —


— daß der Tisch klopft,— daß das gleitende Glas folgerichtig und sinnvoll buchstabiert,— daß Gegenstände, allen Gesetzen der Schwere Hohn sprechend, durch <strong>den</strong>Raum schweben,— daß durch das Medium in frem<strong>den</strong> Sprachen geschrieben und gesprochenwird, die es nie in seinem Leben gehört hat,— daß Gegenstände spurlos verschwin<strong>den</strong> und aus dem scheinbaren Nichts wiedererscheinen,— daß Gegenstände und sogar lebende Wesen aus verschlossenen Räumen inandere, ebenfalls verschlossene Räume versetzt wer<strong>den</strong> können, ohne daß sichihnen ein natürlicher Zugang dorthin zu öffnen brauchte,— daß menschliche Gestalten sich aus dem scheinbaren Nichts bil<strong>den</strong>, sich wielebende Menschen gebär<strong>den</strong> und vernunftgemäß mit leben<strong>den</strong> Menschen sprechen,von diesen betastet, <strong>unter</strong>sucht und anatomisch als gleichartige menschlicheWesen erkannt und anerkannt wer<strong>den</strong> können,— nicht nur von der Tatsächlichkeit all dieser Erscheinungen wird sich jederUnvoreingenommene überzeugen können, wofern er nur gesunde Sinne undeinen gesun<strong>den</strong>, kritischen Menschenverstand hat, sondern er wird auch aufGrund solcher wahrgenommenen Tatsachen gar nicht umhin können, anzuerkennen,daß ein <strong>den</strong>kender, ziel- und eigenbewußter Wille, der nicht vom Mediumoder einem Sitzungsteilnehmer, sondern von vernunftbegabten Geistwesen ausgeht,an der Hervorbringung dieser Erscheinungen entschei<strong>den</strong>d beteiligt seinmuß.Aus der Anerkennung der Tatsächlichkeit dieser Erscheinungen ist also <strong>den</strong> Spiritistenwirklich kein Vorwurf der Leichtgläubigkeit zu machen. Gefährlich aberist die Leichtgläubigkeit, mit der häufig der Inhalt medialer Mitteilungen alszuverlässige Wahrheit entgegengenommen wird. In achtungsvoller Scheu vor<strong>den</strong> Verstorbenen läßt man leicht alle Kritik <strong>bei</strong>seite und nimmt gar zu oft fürgültige Münze, was doch nur völlig wertloses Truggold ist. Es kann gar nichtentschie<strong>den</strong> genug betont wer<strong>den</strong>, daß grundsätzlich allen medialen Mitteilungenkeine größere Glaubwürdigkeit zukommt als irgendeinem Ausspruch unseresirdisch-menschlichen Nachbarn. Wenn wir ihn kennen, wird es uns nichtschwer fallen, seine Äußerung richtig aufzufassen, ob sie ernsthaft oder scherzhaftgemeint, ob er sie in klarem Bewußtsein oder in trunkenem Übermutgesprochen, ob sie eine sachlich bedeutsame Mitteilung oder nur eine nichtssagendeRe<strong>den</strong>sart gewesen, ob er uns vor einer Gefahr hat warnen wollen oderdie Absicht gehabt hat, uns zu täuschen. In gleicher Weise müssen mediale Mitteilungenstets erst geprüft und beurteilt wer<strong>den</strong> und zwar um so sorgfältiger, alses uns nicht einmal ohne weiteres möglich ist, festzustellen, ob der Schreibendeoder Re<strong>den</strong>de wirklich derjenige ist, für <strong>den</strong> er sich ausgibt. Man hat sich stetsgegenwärtig zu halten, daß alle medialen Mitteilungen aus einem Reiche kommen,dessen Bewohner noch durchaus unvollkommene, zum großen Teil sogar— 13 —


jämmerlich törichte, völlig unwissende, charakterlich mangelhafte, oft sogarböswillige Wesen sind.Es soll nun hiermit nicht etwa bestritten wer<strong>den</strong>, daß auf medialem Wege auchwirklich wertvolle Kundgaben möglich sind, welche uns hohe Erkenntnisse vermittelnkönnen. Solche sind aber derart seltene Ausnahmen, daß sie im landläufigenspiritistischen Geisterverkehr grundsätzlich gar nicht in Betracht gezogenzu wer<strong>den</strong> brauchen. Wohl sind medialen Mitteilungen viele sachliche Einzelheitenüber Jenseitszustände zu entnehmen, welche äußerst lehrreich sein können,wie dies aus <strong>den</strong> Berichten des vorliegen<strong>den</strong> Buches deutlich genug hervorgeht.Von wirklich hohen, im eigentlichen Sinne "geistigen" Erkenntnissen istdarin jedoch nichts zu fin<strong>den</strong>, nicht einmal in <strong>den</strong> selteneren Mitteilungen, welchevon Geistern stammen, die schon eine gewisse Selbsterkenntnis und einenweiteren Überblick über ihre jenseitige Umwelt besitzen. Auch sie sind nochvöllig in ihrem Seelisch-Eigenen befangen und haben von dem eigentlichenGeistigen noch kaum eine Ahnung. Es sind in erster Linie immer erdgebun<strong>den</strong>e,oder wenigstens erdnahe Geister, welche sich durch Medien kundgeben. Wodurch <strong>den</strong> klopfen<strong>den</strong> Tisch, oder die medial schreibende Hand ein Geist hohenRanges sich mitzuteilen behauptet, da hat man es in der Regel mit einem Truggeistezu tun, der entweder selbst wahnbefangen, oder in bewußt trügerischerAbsicht seiner Meinungsäußerung besonderes Gewicht geben, oder seine Zuhörerganz einfach zum Besten halten will.Es bedarf doch wahrhaftig nur einer geringen Mühe folgerichtigen Nach<strong>den</strong>kens,um jedes Erstaunen und Verwundern über die klägliche Ungeistigkeit sovieler Verstorbener zum Schweigen zu bringen. — Wie wenigen Menschen istes doch wirklich ernste Herzensangelegenheit, über die religiösen Untergründeihres eigenen Daseins sich Gedanken zu machen und nach Klarheit zu suchen!?Wie viele dagegen bleiben mit ihrem Sinnen und Trachten nur an <strong>den</strong> äußerenDingen haften! Wie vielen ist der flüchtige Sinnengenuß, die Zigarette, derSchnaps, das rein tierische Behagen an geschlechtlichen Dingen alles, was ihremLeben Wert verleiht! — Inwiefern und wodurch soll nun der Tod, das Ablegendes äußeren Gewandes, an der Beschaffenheit ihres inneren seelischen Menschenso plötzlich etwas ändern? — Der haltlose Genußmensch, der leichtfertigeBetrüger, der eitle Prahlhans, der eigensüchtige Hochstapler, der rechthaberischeHändelsucher, — sie alle bleiben, was sie bisher waren, und können sich, woauch immer sie weiterhin von sich hören lassen, nicht anders äußern, als es ihrerinneren Hohlheit entspricht.Ob <strong>bei</strong> einer Sitzung mehr oder weniger ernste und lehrreiche Mitteilungenzutage kommen, das ist erfahrungsgemäß abhängig von der sittlichen Höhe unddem charakterlichen Werte sowohl des Mediums als auch der übrigen Sitzungsteilnehmer.Je einmütiger der ganze Kreis in edler Gesinnung <strong>bei</strong> der Sache ist,um so glatter und wertvoller sind auch die Ergebnisse. Verschie<strong>den</strong>heit der Sinnesrichtungwirkt immer störend. Und da die niederen Gewalten stets auch dierücksichtsloseren und darum auch zugleich die äußerlich erfolgreicheren sind, sokann ein einziger ungeeigneter Sitzungsteilnehmer eine ernstgemeinte For-— 14 —


schungssitzung zum Scheitern bringen, indem er minderwertigen Geistwesen,Gesinnungsgenossen seiner eigenen unlauteren Absichten <strong>den</strong> Zutritt zu diesemKreise und die Gelegenheit zu unliebsamen Kundgaben ermöglicht. Nur Menschenvon wirklichem sittlichen Ernst und unwandelbarer Lauterkeit ihrerAbsichten können auch vor <strong>den</strong> schweren Gefahren, die hier lauern, bewahrtbleiben.So konnte <strong>den</strong> Eheleuten Wickland für die Echtheit ihres christlich selbstlosenHelferwillens und die Lauterkeit ihrer daraus fließen<strong>den</strong> Absichten und Zielekein deutlicheres Zeugnis ausgestellt wer<strong>den</strong>, als durch die Tatsache, daß FrauWickland ihrem Gatten durch mehr als drei Jahrzehnte als Medium zur Verfügunggestan<strong>den</strong> hat, ohne jemals durch solche Mittlertätigkeit <strong>den</strong> geringstenScha<strong>den</strong> zu erlei<strong>den</strong>. Denn das ist die gefährlichste und verhängnisvollsteKlippe des medialen Geisterverkehrs, daß sowohl das Medium als auch irgendwelcheSitzungsteilnehmer schweren gesundheitlichen Scha<strong>den</strong> davon tragenkönnen. Am meisten gefährdet ist stets das Medium, mit dessen seelisch-körperlichemOrganismus die Geistwesen ja in allerengste Berührung kommen. Aberauch jedem Sitzungsteilnehmer kann es geschehen, wenn er medial veranlagtund somit seelischer Beeinflussung in höherem Grade zugänglich ist, daß niedereGeisteinflüsse sich ihm anhängen und ihn <strong>unter</strong> <strong>den</strong> allerverschie<strong>den</strong>stenBeschwer<strong>den</strong> hartnäckig bedrängen. Von leichter Benommenheit angefangen,über Kopfschmerzen, nervöse Unruhe, Zwangsgedanken, Gemütsbedrückungen,Verfolgungsideen geht die Stufenleiter solcher Beschwer<strong>den</strong> bis zu völligergeistiger Umnachtung oder Verwirrtheit und Zwangshandlungen, die <strong>den</strong> betreffen<strong>den</strong>Menschen dann im Irrenhause en<strong>den</strong> lassen. Es sind ganz einfachUmsessenheits- und Besessenheitszustände aller er<strong>den</strong>klichen Grade, <strong>den</strong>en <strong>bei</strong>jeder Sitzung sich die Menschen aussetzen, wenn in ihnen nicht genug sittlicheKraft zu sicherer Beherrschung der eigenen Charakterschwächen und damitauch die zuverlässige Macht der Abwehr gegen jene Geister vorhan<strong>den</strong> ist, welcheihren Schwächen entsprechen. Um dieser Gefahren willen kann vor leichtfertigemEindringen in dieses Gebiet ungeklärter, gärender seelischer Mächtegar nicht eindringlich genug gewarnt wer<strong>den</strong>.Anderseits lehren der Verlauf und die Erfolge des Wickland-Zirkels, daß derkundige Forscher und ein lauteres Medium <strong>bei</strong> sachgemäßem, vorsichtigen Vorgehenkeinerlei Nachteile zu befürchten haben. Vielmehr steht aus der rechtenKlärung der seelischen Zusammenhänge und ihrer folgerichtigen Verwertungund Ausnützung sowohl für die lei<strong>den</strong><strong>den</strong> Er<strong>den</strong>menschen als auch für zahlreicheirrende, erdgebun<strong>den</strong>e Verstorbene viel segensreiche Hilfe zu erwarten. InWirklichkeit sind die medialen Erscheinungen nicht mehr und nicht wenigerTeufelswerk, als etwa die Kraftentladungen des hochgespannten Dampfes, deselektrischen Stromes, brennbarer Gase oder rasanter Sprengstoffe. Von sachkundigerHand <strong>unter</strong> allen erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen angewendet könnensie mannigfachen Nutzen schaffen. Wenn freilich leichtfertiger Vorwitz undkindlicher Unverstand sich daran vergreifen, dann ist schwerstes Unheil darauszu erwarten.— 15 —


Ebenso dringlich und wichtig aber wie die Warnung Unbefugter und Unberufenervor dem Betreten dieser Gefahrenzone, erscheint anderseits die Forderungan die Wissenschaft und die Kirchen, hier weitere Klärung schaffen zu helfenund die erlangte Klarheit in der rechten Weise auszuwerten für ein Hilfswerk,aus dem nicht nur der lei<strong>den</strong><strong>den</strong> Er<strong>den</strong>menschheit, sondern auch großen Scharenerdgebun<strong>den</strong>er Verstorbenen reicher Segen erwachsen kann. Nicht als Teufelhaben wir sie anzusehen, die sich durch Medien kundgeben, oder als BesessenheitsgeisterMenschen krank machen, sondern als mehr oder weniger hilfsbedürftigeBrüder und Schwestern, die in der Vorschule ihres Er<strong>den</strong>lebens das Zielnicht erreicht haben und nun nicht ein und aus wissen. Daß ihnen von Diesseitsmenschenwirksam geholfen wer<strong>den</strong> kann, und auf welche Weise dies möglichist, das lehrt Dr. Wicklands Vorgehen greifbar deutlich. Im Hinblick auf dieseHilfsmöglichkeit muß es geradezu als eine schuldhafte Unterlassung erscheinen,wenn man das gefährliche Gebiet einfach mit einem Sperrzaun kirchlicherGebote umgeben will, anstatt danach zu trachten, nach dem erfolgreichen Vorgeheneines ernsten ärztlichen Helfers mit gleichem Ernst und Eifer das ebensonotwendige wie segensreiche Hilfswerk fortzusetzen und auszubauen.Das von kirchlicher Seite häufig geäußerte grundsätzliche Be<strong>den</strong>ken gegen <strong>den</strong>medialen Geisterverkehr, "es sei nicht recht, daß wir Menschen die <strong>Toten</strong> inihrer Ruhe störten", ist gänzlich hinfällig und entspringt falschen Vorstellungenoder der Unkenntnis von <strong>den</strong> Lebensverhältnissen der Abgeschie<strong>den</strong>en. Gewißist es berechtigt, von wirklich selig Verstorbenen zu sagen, sie ruhen in Gott.Das ist aber keine Ruhe im Sinne von Ar<strong>bei</strong>tsruhe, wie im allgemeinen Sprachgebrauchdas Wort Ruhe aufgefaßt wird. Die Seligen haben die Seelenruhe als<strong>den</strong> unerschütterlichen inneren Seelenfrie<strong>den</strong> gefun<strong>den</strong> im Nahesein, oder garim Einssein mit Gott. Deshalb aber sind sie nicht untätig und pflegen nicht derRuhe, aus der sie aufgestört wer<strong>den</strong> könnten. Und all die anderen unzählbar Vielen,welche die Ruhe in Gott noch nicht gefun<strong>den</strong> haben, sind erst recht nicht ineiner Ruhe, die man nicht stören durfte.Es ist auch völlig irrig, zu glauben, daß solcher Versuch, durch Medien mitAbgeschie<strong>den</strong>en in Verbindung zu treten, irgendeinen Zwang auf die Geisterausübe. Das ist selbst dann nicht der Fall, wenn man versucht, auf diesem Wegeeine bestimmte Persönlichkeit her<strong>bei</strong>zurufen. Auch der jenseitige Mensch hatseinen freien Willen und kann dem Rufe folgen, oder ihn unbeachtet lassen,wenn er seine Gründe dafür hat. Wirksam ist ein Anruf an erhabenere Geisterüberhaupt nur als liebender Gedanke zu ernstem Zwecke innerlicher Förderungund Hilfe. Die niederen und hilfsbedürftigen Geister braucht man nicht zu rufen,sie drängen sich von selbst nur allzu eifrig an mediale Menschen heran, und aufihrer Seite ist das Mitteilungsbedürfnis offensichtlich noch wesentlich stärker alsauf Seiten der Menschen. Unter allen Umstän<strong>den</strong> aber ist das Inverbindungtretenmit jenseitigen eine sehr verantwortungsvolle Angelegenheit, die nicht als Spielereioder zur Befriedigung müßiger Neugier leichtfertig betrieben wer<strong>den</strong> darf,wenn man sich nicht schweren Gefahren aussetzen will.— 16 —


Ein Haupterfordernis, um im Sinne Dr. Wicklands erfolgreich ar<strong>bei</strong>ten zu können,ist die Gewinnung eines geeigneten Mediums, wie es ihm in seiner Gattinzur Verfügung stand. Das macht insofern einige Schwierigkeit, weil nicht nurgute mediale Fähigkeiten, sondern auch Lauterkeit des Charakters und selbstloseHingabe an diese Vermittlertätigkeit erforderlich sind. — Was ungenügendeZuverlässigkeit des Mediums nach sich zieht, das lehren die Gerichtsverfahren,in <strong>den</strong>en <strong>den</strong> angeklagten Medien offensichtlicher Betrug nachgewiesen wer<strong>den</strong>konnte. Dem Kriminalisten und dem ihn <strong>unter</strong>stützen<strong>den</strong> wissenschaftlichenGutachter ist es gewöhnlich eine große Genugtuung, wenn es ihnen gelingt, einMedium <strong>bei</strong>m Betruge zu ertappen. Und vor der breiten Öffentlichkeit wirdkaum ein anderer Betrugsfall mit solchem Eifer besprochen und breitgetreten,wie die Entlarvung eines Mediums. Natürlich geschieht das stets in dem Sinne,als sei damit wieder einmal bewiesen, daß der gesamte Spiritismus mit seinemangeblichen medialen Geisterverkehr nur durch Täuschung und Betrug der einenund durch die grenzenlose Leichtgläubigkeit der anderen ins Werk gesetzt undam Leben erhalten werde.Da<strong>bei</strong> liegen die Dinge in Wirklichkeit ganz anders: Kein einziges der <strong>bei</strong>mBetrug ertappten Medien ist von vornherein mit Vorbedacht lediglich Betrügerohne mediale Fähigkeiten gewesen. Wohl aber fehlte ihnen die sittliche Kraftdes Widerstandes gegen Versuchungen, <strong>den</strong>en ein Medium sich dadurch aussetzt,daß es aus der Betätigung seiner medialen Fähigkeiten ein Gewerbemacht. Einmal vor die Öffentlichkeit getreten und etwa gar vertragsmäßig zuregelmäßigen Darbietungen verpflichtet, wird es sich über kurz oder lang in derpeinlichen Verlegenheit sehen, etwas leisten zu sollen in einem Augenblick, woes seiner seelischen und körperlichen Verfassung nach, gar nicht dazu in derLage ist. In solchem Falle aushilfsweise mit einem kleinen geschickten Kniffnachzuhelfen, kann nicht einmal vorsätzlicher Betrug genannt wer<strong>den</strong>. Zu solchemkommt es aber sehr bald, wenn sich derartige Lagen wiederholen und imMedium die Rücksicht auf <strong>den</strong> Erwerb stärker ist als der Sinn für Wahrheit undAufrichtigkeit.Ist der erste Schritt auf dem Wege der Unredlichkeit getan, dann wächst dieGefahr, zum regelrechten Betrüger zu wer<strong>den</strong>, lawinenartig. Denn zahlreicheGeister, <strong>den</strong>en das Betrügen in ihren Er<strong>den</strong>tagen Lebensbedürfnis gewesen ist,ergreifen nur allzu gern die Gelegenheit, ihre Spitzfindigkeit und Abgefeimtheitdurch ein Medium wieder einmal in die Tat umzusetzen, indem sie ihm entsprechend"gute" Gedanken eingeben und ihm mit ihrem Einfluß auch <strong>bei</strong> der Ausführungbereitwilligst Hilfe leisten. Haben sie das Medium zum richtigen Betrügerwer<strong>den</strong> lassen, dann machen sie sich noch einen Spaß daraus, dem Opferihres Betrugseinflusses ein Bein zu stellen und es der kurzsichtigen irdischenGerechtigkeit auszuliefern, indem sie jetzt wiederum mithelfen, <strong>den</strong> Betrug ineinem entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Augenblick offenkundig wer<strong>den</strong> zu lassen. Ihre Freudedarüber, daß es ihnen gelungen ist, die Welt wieder einmal gründlich zu nasführen,ist nicht geringer als die Befriedigung des Gerichts, die betrügerischenUntergründe des Spiritismus erneut aufgedeckt zu haben. Daß in derartigen Fäl-— 17 —


len jedoch die eigentlich Schuldigen die unsichtbaren Betrugshelfer der jenseitigenEbene sind, und das ertappte und verurteilte Medium mehr oder weniger nurderen Spielball und hilfloses Opfer, — das zu erkennen, dazu fehlt <strong>den</strong> Urteilen<strong>den</strong>die notwendige Sachkenntnis.Alles Unzuverlässige, Unwahrhaftige, Lügnerische und Betrügerische am Spiritismusist in allererster Linie jenseitigen Ursprungs. — Die medialen Erscheinungensind durchgehend echte Bekundungen Jenseitiger. Die Gelegenheitenund Möglichkeiten dazu sind allenthalben viel zu einfach und leicht erreichbar,als daß es sich überhaupt lohnte, zu solchem Zwecke eine Täuschung ins Werkzu setzen. Der Echtheit solcher Geistermitteilungen widerspricht auch keineswegsdie Tatsache, daß sie inhaltlich oft so hohl, nichtssagend, albern und läppisch,sogar lügnerisch und böswillig irreführend sind. Es spiegelt sich in ihnenfolgerichtig das ganze Elend, in welchem die Geister der Erdsphäre und der niederenRegionen des Zwischenreiches durch ihre Wahnbefangenheit, Unreife,Unwissenheit, unbeherrschte Triebhaftigkeit und Lasterhaftigkeit umgetriebenwer<strong>den</strong>.Wegen ihres wertlosen Inhalts hat man solche Mitteilungen durch Medienhandund -mund nicht als Geisterkundgaben gelten lassen wollen. Mitteilungen vonGeistern müssen, so meinen diese klugen Leute, sich durch überragen<strong>den</strong> Wissens-und Weisheitsgehalt ganz besonders auszeichnen; aber solch albernes,törichtes Zeug könne unmöglich von Geistern kommen. — Sie haben ja nichtganz unrecht; sie haben aber auch nicht recht. — Der ungenaue Sprachgebrauchdes Wortes Geist trägt hier die Schuld an solcher Unklarheit. Was der Philosophund der Theologe <strong>unter</strong> Geist versteht, jener Geist, "der da erforscht alle Dinge,selbst die Tiefen der Gottheit", und von dem man mit Recht überragendes Wissenund Hohe Weisheit erwarten darf, der spricht aus solchen Geisterkundgabengewiß nicht. Wir haben es <strong>bei</strong> <strong>den</strong> "Geistern", die sich durch Medien kundgeben,auch nicht mit "Geist im eigentlichen Sinne" zu tun, sondern mit <strong>den</strong> abgeschie<strong>den</strong>enSeelen gewesener Er<strong>den</strong>menschen. Und zwar handelt es sich in demvorliegen<strong>den</strong> Buche ja gerade um recht geistverlassene und gottferne Seelen,<strong>den</strong>en das Licht ihres eigenen Geistes noch gar nicht aufgegangen ist und dieeben darum in solcher erbärmlichen Finsternis herumtappen.So ist zwar von vornherein von medialen Geistermitteilungen kein Gewinn anhoher Weisheit zu erwarten. Doch eine sehr gewichtige Erkenntnis ist in jedemFalle und <strong>unter</strong> allen Umstän<strong>den</strong> daraus zu entnehmen, nämlich, daß das Entwicklungsgesetz,nach welchem alles organische Leben sich folgerichtig Schrittfür Schritt entfaltet, auch über <strong>den</strong> Tod hinaus in voller Geltung bleibt, so daßder innere Mensch jenseitig seine Entwicklung von eben demselben Punkte ausweiterführen muß, an dem der Tod sie diesseits abgebrochen. Der Vorgang desTodes, das Ablegen der sterblichen Hülle, nimmt dem Weisen nichts von seinerWeisheit, macht aber aus einem Narren keinen Weisen, sondern beläßt ihn <strong>bei</strong>seiner gewohnten Narrheit.— 18 —


Ihrem ganzen Wesen und Zustand nach ist diese Welt der niederen, unreifenGeister ein Notstands- und Missionsgebiet, das in gleicher Weise <strong>den</strong> priesterlichenwie <strong>den</strong> ärztlichen Seelsorger angeht.Die katholische Kirche weiß um ihre Pflicht diesem Notsandsgebiete gegenüberund sucht ihr gerecht zu wer<strong>den</strong> durch <strong>Toten</strong>- und Seelenmessen. — Auch dieevangelische Kirche kennt das Gebet für die Verstorbenen und hat im Gedächtnisliedeund der Feier des <strong>Toten</strong>sonntags Reste der kultischen Gebräuche <strong>bei</strong>behalten,mit <strong>den</strong>en die katholische Kirche <strong>den</strong> abgeschie<strong>den</strong>en Seelen eine Stützebietet.Daß die Seelenmesse und sonstige kirchliche wie auch persönliche Fürbitte <strong>den</strong>Verstorbenen wertvolle Hilfe zu leisten vermag, dafür liegen zahlreiche Bestätigungenvor, wenn sie auch in dem vorliegen<strong>den</strong> Buche nicht in Betracht gezogenwor<strong>den</strong> sind. Wirksam wer<strong>den</strong> kann jedoch solche Gebetshilfe nur an Verstorbenen,welche wenigstens einen gewissen Grad von Bewußtsein ihrer Mangelhaftigkeitund Hilfsbedürftigkeit in sich haben. Es gibt aber abgeschie<strong>den</strong>eSeelen genug, gegen deren schwere Wahnbefangenheit und dumpfe Unwissenheitsolche geistlichen Hilfen erfolglos bleiben. Wie aus <strong>den</strong> Wicklandberichtenzu ersehen ist, mühen sich auch die fortgeschrittenen helfen<strong>den</strong> Geister vergeblich,derartige unglückliche Verstorbene zum Erkennen ihrer verändertenLebens zu bringen. Um in solchen schwierigen Fällen zum Ziele zu kommen,suchen und erstreben die helfen<strong>den</strong> Geister die Mithilfe diesseits lebender,medialer Menschen. Wir erfahren weiter, daß manchen schwer verranntenWahnbefangenen gar nicht anders zu helfen sei, als dadurch, daß sie noch einmalwieder mit der schwerstofflichen irdisch-menschlichen Körperlichkeit inengste Fühlung kommen. Solchem Zwecke dienen zweifellos vielfach die Verbindungen,welche Verstorbene mit medialen Menschen eingehen; und besondersnutzbringend muß es für die Verstorbenen da<strong>bei</strong> sein, wenn sie von einemwohlmeinen<strong>den</strong> und kundigen Helfer belehrt wer<strong>den</strong>, wie Dr. Wickland diesdurch die Zwiesprache mit <strong>den</strong> ausgetriebenen Besessenheitsgeistern anstrebte.Die enge Bindung der Seele an <strong>den</strong> schwerstofflichen, irdischen Körper ist vongrößter Wichtigkeit für ihre Schulung und Erziehung. Die strenge Begrenztheitaller irdischen Materie durch unabänderliche Naturgesetze bietet offenbar diebesten Möglichkeiten, um die zu haltlosem Schweifen geneigte Seele in Schrankenzu halten und ihr eine gewisse Verständigkeit aufzunötigen, ihre Triebe zubändigen und ihr die ersten Grundbegriffe einer gesetzmäßigen Ordnung einzuprägen.Der Körper ist ein äußerer fester Rahmen, in <strong>den</strong> die Seele während desEr<strong>den</strong>lebens eingespannt ist. — In der ganz einseitig stoffgläubigen Lebensanschauungspielt der Körper ja überhaupt die Rolle der einzig zuverlässigenWesensgrundlage, und die Seele gilt lediglich als Funktion des Körpers, die mitdem Tode des Körpers demzufolge auch erlösche. — Daß dem nicht so ist, dafürhaben wir Tatsachenbeweise in so erdrückender Fülle, daß nur Unwissenheitoder Verstocktheit diese überlebte stoffgläubige Überzeugung noch aufrechterhalten kann.— 19 —


Wird ihr durch <strong>den</strong> körperlichen Tod der sie stützende Rahmen genommen,dann ist die Seele hilflos, wenn sie während des Er<strong>den</strong>lebens nicht gelernt hat,sich an ihren inneren Führer zu halten, <strong>den</strong> sie ganz tief im eigenen Innernbesitzt und dessen Stimme als mahnendes Gewissen ihr nicht unbekannt gebliebensein kann. Ob und wie weit sie diesem Führer gehorcht hat und sich hat vonihm erziehen lassen, das zeigt sich an ihrem Schicksal nach dem Ableben desKörpers.Es ist wichtig, diesen inneren Führer etwas näher kennen zu lernen. Wir nennenihn <strong>den</strong> "Geist" des Menschen. Dieses ist nun "der Geist im eigentlichen Sinne",<strong>den</strong> auch die Bibel meint, wenn das Menschenwesen als "Geist ganz samt Seeleund Leib" (1.Thess.5,23) gekennzeichnet wird. Und was ist er nun, dieser Geist?— Zu allererst einmal der äußerste Gegensatz zu dem schwerstofflichen undvergänglichen Körper, das Gegenteil von ihm in jeder Hinsicht. Wie nah undhandfest greifbar der Körper, so völlig unfaßbar und unerreichbar der Geist. Wiehinfällig und vergänglich der Körper, so ewig beständig und kraftvoll der Geist.Dem Menschen eigen und doch so fern, daß wir als Menschen immer nur einigeseiner Strahlen zu fühlen bekommen, wenn <strong>bei</strong> hochbedeutsamen Erlebnissenuns wirklich echte "Begeisterung" packt, oder wir in religiöser Andacht "tiefergriffen" wer<strong>den</strong>. Wie der Feuerball der Sonne im fernen Weltenraume unerreichbarbleibt und wie wir seine unmittelbare Nähe auch gar nicht ertragenkönnten, so bleibt dem körperlichen Menschen unerreichbar fern sein eigenerGeist, dessen unmittelbare Einwirkung er ebenso wenig wie die unmittelbareSonnennähe ohne Scha<strong>den</strong> zu ertragen vermöchte. Unser Geist läßt uns von seinemerheben<strong>den</strong> Einfluß immer nur soviel zukommen, wie wir unserem jeweiligenEntwicklungszustande entsprechend ertragen können, wenn wir "begeistert"wer<strong>den</strong>.Es ist recht wenig, was sich über diesen so unerreichbar fernen Führer in unseremInnern sagen läßt, aber doch genug, daß man seine überragende Bedeutungbegreifen kann. — Ihm ist all das als wesenseigentümlich zuzuschreiben, was<strong>den</strong> Menschen vom Tier <strong>unter</strong>scheidet. Die Seele hat das Tier mit dem Menschengemeinsam. Was <strong>den</strong> Menschen über das Tier erhebt, das kommt auseiner erhabeneren Quelle, dem Geist. Das höhere Erkenntnisvermögen, die Vernunft,die Urteilsfähigkeit, die weite Welt der höheren Gedanken und Schlußfolgerungen,das Gewissen, Verantwortungsgefühl, Eigenbewußtheit und dasBewußtsein, daß das eigene Dasein in Zusammenhang mit seiner Umwelt stehtund zugleich in Abhängigkeit von einem höchsten Schöpfer, mit anderen Wortendie Religiosität, — alle diese Fähigkeiten fließen aus seinem Geiste demnatürlichen Menschen zu, als Ausdruck der allerinnersten schöpferischenLebensquelle. Und dem hochentwickelten religiösen Seher verdanken wir alsKrönung aller Schlußfolgerungen die bildhafte Schau, daß dieser Geist einMensch von Gestalt ist, machtvoll und strahlend schön, ein Engel, der mit dieserunserer Er<strong>den</strong>welt vor seiner Menschwerdung nichts zu tun gehabt hatte, dannaber hierher kam, um sich die Seele wie ein Hemd und <strong>den</strong> Körper wie ein äußeresKleid für seinen Weg über diese Erde anzuziehen. Diesen Engel gewahrt der— 20 —


So entschie<strong>den</strong> und dringend von unserem Standpunkte her ein planmäßigesHilfswerk im Sinne des Wicklandschen Verfahrens befürwortet und gefördertwer<strong>den</strong> muß, ebenso entschie<strong>den</strong> sei aber auch gleichzeitig hiermit Verwahrungeingelegt gegen die leicht mögliche Mißdeutung, als ob hier in einer Art ärztlichenExorzismus das Allheilmittel für alle psychischen Störungen und Erkrankungengesehen und empfohlen werde.Wie das Befallenwer<strong>den</strong> von einer Infektionskrankheit nicht lediglich von demVorhan<strong>den</strong>sein bestimmter Bakterien abhängt, sondern eigentlich weit mehrdavon, ob der angegriffene Organismus genügend Schutzstoffe in sich hat, oderzu geschwächt ist, um <strong>den</strong> Angriff abwehren zu können, so ist auch für das seelischeBefallenwer<strong>den</strong> durch frem<strong>den</strong> Geistereinfluß nicht bloß das Dasein derGeister, sondern weit mehr der Gesundheits- und Kräftezustand des bedrohtenMenschen ausschlaggebend. Sowohl seelische als auch körperliche Unordnungund Schwäche können einer Besessenheit Eingang verschaffen.Wie durch eine wirklich gesunde Lebensweise die Widerstandskraft des Organismusgegen Infektionen erhöht wer<strong>den</strong> kann, so gibt es auch bewährte Mittelzur Hebung und Festigung der seelischen Widerstandskraft gegen unheilvolleseelisch-geistige Einflüsse.Für die Widerstandskraft gegen seelische Beeinflussung von der jenseitigenEbene her ist also auch der rein körperliche Kräfte- und Gesundheitszustand vongrundlegender Bedeutung. Die allerengsten Beziehungen zum Seelischen hatdas vegetative Nervensystem, welches die dem Bewußtsein nicht <strong>unter</strong>stelltenLebensvorgänge zu regeln und zu steuern hat. So gibt der Zustand des vegetativenNervensystems in erster Linie <strong>den</strong> Ausschlag für <strong>den</strong> seelischen Gleichgewichtszustand.Nicht minder bedeutsam in dieser Hinsicht ist die gesundheitlicheOrdnung in <strong>den</strong> großen Leibdrüsen Milz und Leber; auch die Schilddrüse,das Zentralnervensystem und schließlich auch alle anderen Organe, die ja zueinander in beständiger Wechselbeziehung stehen, können durch ihr Versagenzu seelischen Störungen Anlaß geben. — Oft ist es rein körperliche Schwäche,z.B. nach schweren Blutverlusten, was dem Platzgreifen einer Besessenheit dieWege bahnt. Weit häufiger jedoch sind Gifte, welche, einerseits lähmend, anderseitserregend, auf bestimmte Nervenzentren wirken und <strong>den</strong> mannigfaltigstenseelischen Gleichgewichts-störungen Vorschub leisten. Die Wirkungen desAlkohols, des Opiums, des Morphiums, des Haschisch und noch mancher andererRauschgifte sind in dieser Beziehung zur Genüge bekannt. Sehr wenigbekannt dagegen — und zwar gerade auch in Ärztekreisen kaum gekannt — istdie Tatsache, daß feinstverteilte bakterielle Gifte (in hoher und höchster Potenzierungund darum keinem medizinischen Untersuchungsverfahren erreichbar)auf das Nervensystem eine ganz ähnliche Wirkung ausüben und somit Anlaß zuBesessenheit geben. Nur der biologische Versuch, bzw. der Erfolg einerBehandlung solcher Kranken mit hoch potenzierten spezifischen Antistoffengibt <strong>den</strong> bündigen Beweiß für diese Behauptung, die sich keineswegs auf bloßelogische Schlußfolgerungen, sondern auf ganz bestimmte sichere Erfahrungengründet.— 22 —


Dem ärztlichen Wirken stellen sich also auch <strong>bei</strong> der Behandlung seelischerGleichgewichtsstörungen, welche als Besessenheit anzusprechen sind, wichtigeAufgaben, welche der Hebung und Sicherung der gesundheitlichen Ordnung imrein Körperlichen dienen und <strong>unter</strong> keinen Umstän<strong>den</strong> vernachlässigt wer<strong>den</strong>dürfen, weil sie für die Sicherung und Haltbarmachung des Erfolges jeder anderengegen die Besessenheit getroffenen Maßnahme unerläßlich sind. In leichterenFällen kann die Hebung des körperlichen Gesundheitszustandes alleinschon genügen und die Wiedergewinnung des verlorenen seelischen Gleichgewichtsermöglichen.Die neuzeitliche Seelenheilkunde müht sich redlich um seelisch-geistig gestörteKranke mit sehr verschie<strong>den</strong>em und wechselndem Erfolge. Nur derjenigenMethode wird ein wirklich nachhaltiger Erfolg beschie<strong>den</strong> sein, der es gelingt,in dem Kranken ein wirklich echtes religiöses Leben zu wecken und wach zuhalten. Nur auf diese Weise kommt die Seele <strong>unter</strong> die zuverlässige Führungihres eigenen Geistes, der allein die Macht hat, sie vor Fremdeinflüssen zuschützen. Freilich muß die Seele sich dem Einwirken ihres Geistes bereitwillighingeben und offen halten.Der Er<strong>den</strong>menschheit die sie schwer bedrückende Last allmählich zu erleichtern,welche das Elend und die Hilfsbedürftigkeit der erdgebun<strong>den</strong>en Verstorbenenihr beständig aufbürdet, dafür gibt es nur ein wirksames Hilfsmittel: "Die Verbreitungder rechten Erkenntnis der Unzerstörbarkeit des Lebens. Nicht nurglauben, sondern klar und sicher wissen muß jeder Mensch, daß jedes menschlicheEinzel- und Eigenbewußtsein über das Grab hinaus fortbesteht, daß also derTod nichts anderes ist, als die Geburt in ein neues jenseitiges Leben, für welchesdas diesseitige nur die Vorschule ist." — Mit welchem Ergebnis, in welchemReifegrad der Mensch diese Vorschule verläßt, das ist grundlegend und maßgebendfür die weitere Gestaltung seines Schicksals auf jenseitigen Ebenen, woseine Entwicklung in unerschütterlicher Folgerichtigkeit ihren Fortgang nimmt."Das ist die große Gerechtigkeit der Schöpfung, daß jeder sich die Bedingungenseines künftigen Lebens selbst schafft. — Darum seid rüstig und wacker! Dennwer hier langsam geht, wird dort lahm gehen; und wer hier seine Augen nichtauftut, wird dort ein blödes Gesicht haben; und wer Falschheit und Bosheit übt,wird seine Disharmonie mit dem Chor der wahren und guten Geister alsSchmerz fühlen, der ihn noch in jener Welt treiben wird, das Übel zu bessernund zu heilen, was er in dieser verschuldet, und ihn nicht Rast und Ruhe fin<strong>den</strong>lassen wird, bis er auch seine kleinste und letzte Übeltat abgestreift und abgebüßt.Und wenn die anderen Geister schon lange in Gott ruhen, oder vielmehrleben als Teilhaber Seiner Gedanken, wird er noch umgetrieben wer<strong>den</strong> (alsBesessenheitsgeist) in Trübsal und in der Wandelbarkeit des Lebens auf derErde; und sein Seelenübel wird die Menschen plagen mit Ideen des Irrtums undAberglaubens, sie führen zu Laster und Torheiten; und indem er selber dahintenbleibt auf seinem Wege in der jenseitigen Welt zur Vollendung, wird er sie, in<strong>den</strong>en er fortlebt, zurückhalten auf ihrem diesseitigen Entwicklungswege."— 23 —


So schrieb vor mehr als 100 <strong>Jahre</strong>n ein namhafter Naturwissenschaftler, GustavTheodor Fechner, weiland Or<strong>den</strong>tlicher Professor der Physik an der UniversitätLeipzig. Seine kleine Schrift, welcher die angeführten Zeilen entnommen sind,»Das Büchlein vom Leben nach dem Tode«, ist eine Perle deutschen Schrifttums,sowohl durch die außeror<strong>den</strong>tliche Gedankentiefe ihres Inhalts, als auchdurch die Würde und Schönheit ihrer sprachlichen Form.Die Vertrautheit mit <strong>den</strong> Erscheinungen und Gesetzen der irdischen Natur, hatdem Naturwissenschaftler Gustav Theodor Fechner <strong>den</strong> Blick für die Tatsachendes seelisch-geistigen Lebens nicht zu trüben vermocht. Ihm war es zur klarenErkenntnis gewor<strong>den</strong>, daß der Tod dem menschlichen Ich nicht die Vernichtungbringt, sondern die Geburt ist zu einem neuen freieren Dasein mit neuen, erweitertenEntwicklungsmöglichkeiten, welche <strong>den</strong> Menschen in ungeahnte Höhengelangen lassen, vorausgesetzt, daß er die Möglichkeiten und Aufgaben seinesEr<strong>den</strong>daseins richtig ausgenutzt und erfüllt hat. Andernfalls muß er in leidvollenjenseitigen Entwicklungszustän<strong>den</strong> nachholen, was er im diesseitigen Lebenversäumt hat, bis er nach unverhältnismäßig viel längeren Zeitläufen auf weitenUmwegen dorthin gelangt, wo auch für ihn endlich ein wirklicher Aufstiegbeginnen kann.Fechner ist nicht Spiritist gewesen, sondern ihm hat sich solch tiefe Erkenntnisdes menschlichen Innenwesens aufgetan <strong>unter</strong> schwerem eigenen Krankheitsleid,durch das er hindurchgeführt wor<strong>den</strong> ist. Es ist für ihn ein unsagbar schweresRingen gewesen, und er war da<strong>bei</strong> oft in Gefahr, dem Lei<strong>den</strong>sdruck zu erliegen.Nur Menschen wirklich starken Geistes kommen auf solch schwerem Wegezu so tiefer Erkenntnis. Um so dankbarer sollten die Menschen dafür sein, daßsich ihnen im medialen Geisterverkehr eine so viel bequemere Gelegenheit bietet,sich von der Unzerstörbarkeit des eigenbewußten Lebens zu überzeugen. Esbraucht keineswegs jeder an spiritistischen Sitzungen teilzunehmen. Das Zeugnisglaubwürdiger ernster Menschen über ihre Erlebnisse da<strong>bei</strong> genügt vollauf,um sich über das persönliche Fortleben nach dem Tode Gewißheit zu verschaffen.Man muß dazu freilich <strong>den</strong> ernsten Willen zur Wahrheit mitbringen undjede Art Vorurteil <strong>bei</strong>seite lassen. Die Angst vor diesen Tatsachen ist ebensounangebracht, wie allzu stürmischer Eifer, dem oft nur Neugier und Sensationslustzu Grunde liegt. Alles, was Gottes weise Weltregierung geschehen läßt, hatnicht nur Daseinsberechtigung, sondern ist uns Menschen zu Nutz und Frommenzugelassen, auch der Mediumismus mit der Möglichkeit, Gewißheit über dasWeiterleben zu bekommen. Man muß nur mit dem dieser ernsten Frage angemessenenErnste daran gehen. Gerade der religiöse Mensch braucht diesemGebiete gegenüber keine Angst oder Be<strong>den</strong>ken zu haben, <strong>den</strong>n auch hier gilt dasWort des Apostels Paulus, daß <strong>den</strong>en die Gott lieben, alle Dinge zum Bestendienen.*Dr. med. W. Beyer— 24 —


Wechselseitige Beziehungen der <strong>bei</strong><strong>den</strong> WeltenDas Vorhan<strong>den</strong>sein einer unsichtbaren Welt, die unsere irdische umgeben soll,ist für viele Menschen schwer zu begreifen, da unser Verstand nur zu oft mitdem Sichtbaren und Greifbaren seine Grenze findet! — Und doch bedürfte esnur geringen Nach<strong>den</strong>kens und eines Besinnens darauf, daß die irdische Materiesich doch in einem ständigen Wechsel zwischen dem Sichtbaren und Unsichtbarenbefindet, indem sie sich innerhalb ihrer drei Erscheinungsformen vom festenKörper zur Flüssigkeit und zum unsichtbaren Gas und dann wieder zurück zuverwandeln vermagDie sichtbare Natur ist nur das Unsichtbare in sichtbarer Form, das wirklich Seiende,das sich <strong>den</strong> Sinnen kundgibt durch eine besondere Anordnung undZusammenstellung seiner Urbestandteile. — Durch wissenschaftliche Forschungist festgestellt, daß die Pflanzenwelt von 100 Teilen ihrer Körpermasse, volle 95Teile der Luft oder der Atmosphäre entnimmt. — Und lebt nicht das ganze Menschengeschlechtauf dem Grunde eines unsichtbaren Ozeans, der Atmosphäre,die für unser körperliches Dasein von größerer Bedeutung ist, als irgendeinsichtbarer natürlicher Stoff? Denn außerhalb der Atmosphäre wäre die Aufrechterhaltungdes Lebens doch kaum ein paar Augenblicke möglich!Der Stickstoff, ein unsichtbares Gas, das <strong>den</strong> größeren Teil unserer Atmosphäreausmacht, ist lebensnotwendig für Wachstum und Erhaltung von Pflanze undTier. — Die Gase Wasserstoff und Sauerstoff wandeln ständig ihre Erscheinungsformvom Zustande unsichtbaren Dampfes zu sichtbaren und greifbarenKörpern. — Der Kohlenstoff bietet uns ein weiteres Beispiel ähnlicher Wandlungen.— Der Schall, Düfte, die thermischen Kräfte, als Hitze und Kälte und eineMenge anderer Erscheinungen, vom winzigen Elektron angefangen bis zu <strong>den</strong>Energien, welche Planeten und Sonnen bewegen, sind sämtlich nichtgreifbareund unsichtbare Wirklichkeiten.Alles Winken, ob chemischer, natürlich-lebendiger oder geistiger Art, gehtunsichtbar vor sich, wie wir es beobachten in chemischer Wahlverwandtschaft,in Energiespannung, in pflanzlichen und tierischen Lebensvorgängen, in Gedanken-und Gemütsregungen. So wird auf allen Gebieten unserer irdischen, sichtbarenNatur offenbar, daß alles im Unsichtbaren wurzelt und von dorther erhaltenwird. — Das Unsichtbare ist der Ursprungsquell alles Sichtbaren! —Wenn wir uns daher vergegenwärtigen, daß das Körperliche nur eine besondereZusammenfassung unsichtbarer Substanzen und Kräfte ist, dann wird auch dasVorhan<strong>den</strong>sein einer unsichtbaren Welt leicht begreiflich. Gerade wenn man inBetracht zieht, welche wunderbaren Fortschritte die Wissenschaft auf demGebiete der feineren Naturkräfte gemacht hat, ist es unfaßlich, wie ein <strong>den</strong>kenderVerstand so fehlgehen kann, der vernunftgemäßen Folgerung eines selbständigenBestehens des menschlichen Geistes — auch getrennt von seinem irdi-— 25 —


schen Körper — die Anerkennung zu versagen — Nichts ist zu allen Zeiten undin allen Literaturen besser bezeugt und glaubhaft gemacht wor<strong>den</strong>, als das Vorhan<strong>den</strong>seinvon Geistern und die Tatsache eines Lebens nach dem Tode! — DerHistoriker Fiske sagt: "Unter allen Menschen-Rassen, soweit sich heute übersehenläßt, war die Ahnenverehrung (Fühlungnahme mit <strong>den</strong> Geistern der Abgeschie<strong>den</strong>en),die früheste Form religiösen Kults, … vorwiegend in Afrika,Asien, China, Japan, <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Ariern Europas und <strong>den</strong> amerikanischen Indianerstämmen!"Allen schreibt in seiner "Geschichte der Zivilisation": "Bei Naturvölkern überallin der Welt findet man ganz bestimmte Vorstellungen von der menschlichenSeele, einer geistigen Welt, und, allgemein verbreitet, <strong>den</strong> Glauben an Unsterblichkeit.Die Wil<strong>den</strong> stellen sich das jenseitige Leben ganz einfach als eine Fortsetzungdes diesseitigen vor. Sie wissen auch um ein anderes Selbst, dasgeheimnisvolle Kräfte besitzt. Im Tode verläßt dieses geheimnisvolle andereSelbst <strong>den</strong> Körper, hält sich aber, nach <strong>den</strong> herrschen<strong>den</strong> Vorstellungen, noch innächster Nähe auf. — <strong>Liebe</strong> und Haß wer<strong>den</strong> aus diesem Leben in die geistigeWelt mit hinübergenommen."Konfuzius sagt: "Betrauert die Abgeschie<strong>den</strong>en nicht mit übertriebenem Klagen.Die Verstorbenen sind unsere ergebenen und treuen Freunde, sie sind immer umuns!"Schriftsteller klassischer Zeiten — Sokrates, Herodot, Sophokles, Euripides,Plato, Aristoteles, Horaz, Virgil, Plutarch, Josephus, Maximus von Tyra —beziehen sich wiederholt auf das geistige Fortleben, als auf eine wohlbekannteTatsache. — Cicero schrieb: "Ist nicht der ganze Himmel voller Menschen?Sogar jene Götter selbst haben ihre Urbilder hier unten und stiegen von hier hinaufin <strong>den</strong> Himmel."Daß das frühe Christentum das Vorhan<strong>den</strong>sein von Geistern anerkannte, ist in<strong>den</strong> Schriften des heiligen Antonius, Tertullians, Origines, und ihrer Zeitgenossenzu wohl bezeugt, um noch besonderer Betonung zu bedürfen. — Die Bibelist voll von Hinweisen auf das geistige Fortleben: "Darum auch wir, dieweil wirsolchen Haufen Zeugen um uns haben, … (Hebräer.12,1) — "Ihr <strong>Liebe</strong>n, glaubetnicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie von Gott sind"(1.Joh.4,1) — "…und zu <strong>den</strong> Geistern der vollkommenen Gerechten"(Hebräer.12,23) — "Hat man einen natürlichen Leib, so hat man auch einengeistlichen Leib. … Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern dernatürliche, darnach der geistliche" (1.Kor.15,44.46). — Und noch viele andereähnliche Bibelstellen könnte man anführen. — Swe<strong>den</strong>borg steuerte dickeBände <strong>bei</strong> über diesen Gegenstand. Dr. Samuel Johnson sagte: "Ich glaube nichtan Geister — — ich habe ihrer zu viele selbst gesehen!" —John Wesley schrieb in »Die unsichtbare Welt«: Es ist leider wahr, daß der Engländerganz allgemein — wie übrigens die meisten Gebildeten Europas — alleBerichte von Zauberern und Geistererscheinungen, als bloße Altweibergeschichten,und mehr ernst nimmt. — Das bedauere ich und benutze gern die sich mir— 26 —


hier bietende Gelegenheit, feierlich Widerspruch zu erheben gegen diesen Beifall,<strong>den</strong> so viele, die noch an die Bibel glauben, damit <strong>den</strong>en zollen, die ihrnicht mehr glauben! — Solcher Glaube steht nicht nur in geradem Gegensatzezur Bibel, sondern auch zu dem Bekennen der Weisesten und Besten aller Zeitalter.Sie wissen sehr wohl, daß sie mit dem Glauben an die Wunderkräfte auch<strong>den</strong> Glauben an die Bibel aufgeben!"Die medialen Erscheinungen, die sich im Hause des Herrn Samuel Wesley, desVaters des Rev. John Wesley, zu Epworth zutrugen und sich viele Monate hindurch <strong>unter</strong> Geräuschen und Belästigungen verschie<strong>den</strong>er Art immer wiederholten,sind wohl bekannt.Shakespeare, Milton, Wordsworth, Tennyson, Longfellow und viele andereDichter schrieben mit tiefem Verständnis über das Weiterleben des Menschen.Wir haben alle gehört von <strong>den</strong> überzeugen<strong>den</strong> Ergebnissen der psychischen(parapsychologischen) Forschung moderner Wissenschaftler, Philosophen,Geistlicher, Ärzte, Psychologen und anderer Forscher — wie da sind: Prof.Crookes, Alfred Wallace, Sir Oliver Lodge, Sir Arthur Conan Doyle, Rev. R. J.Campbell, Archdeacon Colley, Rev. Newton, Rev. Savage, W. T. Stead, CamilleFlamarion, Dr. Baraduc, Dr. Janet, Prof. Richet, Cesare Lombroso, Dr.Hodgson, Dr. I. K. Funk, Prof. James, Prof. Hyslop, Dr. Carrington und vieleandere. — Dr. Thomas J. Hudson schrieb in seinem Buch »Das Gesetz der psychischenErscheinungen«: "Wer heutzutage noch die Tatsachen des Spiritualismusleugnet, hat kein Recht sich einen Skeptiker zu nennen, sondern ist ganzeinfach unwissend!"Der Rev. Dr. George M. Searle, Pfarrer der katholischen Kirche des Apostels St.Paulus in New York sagt: "Ob es wirklich Geister gibt und sie sich im modernenSpiritismus kund geben, ist fürderhin auch für Wissenschaftler, die dies Gebietdurchforscht haben, keine offene Frage mehr! — Wer solche Kundgebungen alsbloßen Humbug, Täuschungen und Einbildungen ansieht, ist einfach rückständig!""In unseren Tagen leugnet niemand mehr die Wirklichkeit der spiritualistischenTatsachen, mit Ausnahme einiger Weniger, die zwar mit ihren Füßen auf derErde stehen, mit ihrem Hirn aber im Monde leben", schrieb G. Franco, S. J., inseinem Buche »Katholische Kultur«. "Spiritistische Phänomene sind äußere Tatsachen,die in das Gebiet der Sinne fallen und von jedermann leicht beobachtetwer<strong>den</strong> können; und wenn derartige Begebenheiten von so vielen gebildeten undglaubwürdigen Zeugen bekundet wer<strong>den</strong>, dann ist es nicht nur zwecklos, sonderngeradezu töricht und lächerlich, gegen offensichtliche Tatsachen zu streiten.Auch für urteilsfähige Menschen bleiben diese Tatsachen als solche bestehen!"Die geistige Welt und die Sinnenwelt greifen beständig ineinander über; diegeistige Ebene ist nicht ein leeres Ungreifbares, sondern sie ist wirklich undnatürlich, ein unendlich großes Reich feinerer Substanzen voller Tätigkeit undEntwicklung und das Leben dort ist eine Fortsetzung des irdischen Lebens. —— 27 —


Hier auf Er<strong>den</strong> sammelt die Seele Kenntnisse durch Erfahrung und Berührungmit <strong>den</strong> ihr begegnen<strong>den</strong> Dingen und wird sich in ihrem Verstande ihrer selbstbewußt, indem sie sich durch die körperlichen Organe kundgibt. Auf der geistigenEbene nimmt die Entwicklung des Menschen ihren Fortgang. — In sinnvollerGesetzmäßigkeit wer<strong>den</strong> durch freiwilliges Dienen die Kräfte des Gemütszur Entfaltung gebracht, setzt der Mensch sich immer höhere Ideale zum Zielund lernt <strong>den</strong> Zweck des Lebens immer weiter und tiefer begreifen.Der Wechsel oder Übergang, "Tod" genannt — das Wort ist eine falsche Benennung— und allgemein mit Furcht und Schrecken betrachtet, vollzieht sichgewöhnlich so natürlich und einfach, daß die Mehrzahl der Menschen nach demVerlassen des Körpers sich ihres "Hinübergangs" gar nicht bewußt ist. Undsoweit die Verstorbenen von einem geistigen Fortleben nichts wissen, sind sie invölliger Unkenntnis darüber, daß sie in einen anderen Daseinszustand hinübergetretensind. Ihrer körperlichen Sinnesorgane beraubt, leuchtet ihnen kein irdischesLicht mehr; und aus Mangel an Verständnis für das hohe Lebensziel sinddiese Menschen geistig blind und fin<strong>den</strong> sich in einem Dämmerlicht — die"äußerste Finsternis" nennt es die Bibel — und treiben sich in dem Bereichherum, das als Erdsphäre bekannt ist. — Der Tod macht keinen Heiligen auseinem Sünder, und keinen Weisen aus einem Narren. Die Gesinnung bleibt nachwie vor dieselbe, und jeder Mensch nimmt seine alten Lei<strong>den</strong>schaften, Gewohnheiten,Meinungen, Lehrirrtümer, Gleichgültigkeit oder Zweifel mit ins jenseitigeLeben hinüber. "Wie der Mensch <strong>den</strong>kt in seinem Herzen, so ist er!" —Indem sie geistige Gestalten annehmen, die das Ergebnis ihres irdischen Vorstellungslebenssind, verbleiben Millionen Verstorbener eine Zeitlang in derErdsphäre und oft sogar am Schauplatz ihres Er<strong>den</strong>lebens, festgehalten durchGewohnheiten und Neigungen. "Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz"(Matth.6,21).Solche Verstorbenen dagegen, die in ihrer Entwicklung fortgeschritten und ineine höhere geistige Welt gelangt sind, sind eifrig bemüht, diese erdgebun<strong>den</strong>enGeister zu belehren. Die letzteren sind aber infolge der falschen Vorstellungenvom Zustande nach dem Tode in dem Wahne befangen, die vor ihnen Verstorbenenseien ja "tot" oder "Gespenster". Daher lehnen sie es oft ab, ihre Freundewiederzuerkennen und sich über ihren eigenen Zustand klar zu wer<strong>den</strong>.Viele befin<strong>den</strong> sich im Zustande tiefen Schlafes, andere glauben, sich verlaufenzu haben oder sind verwirrt. Die Verstandesverwirrten wer<strong>den</strong> in dem befremdlichenDunkel von Furcht gequält. Anderen schlägt das Gewissen, und sie lei<strong>den</strong><strong>unter</strong> Angst und Gewissensbissen wegen ihres Lebenswandels auf Er<strong>den</strong>. Manchewer<strong>den</strong> von selbstischen und bösen Regungen getrieben, Gelegenheit zurBetätigung ihrer Neigungen zu suchen. In diesem Zustande bleiben sie dann, bissich die zersetzende Wirkung ihrer Wünsche herausgestellt hat, die Seele nachbesserer Einsicht und Erleuchtung schreit und fortgeschrittene Geister an sieherankommen und ihr helfen können.— 28 —


Ohne eigenen physischen Körper, durch <strong>den</strong> sie ihre irdisch-menschlichen Lei<strong>den</strong>schaftenbetätigen könnten, wer<strong>den</strong> viele entkörperte Geister von <strong>den</strong> leuchten<strong>den</strong>Ausstrahlungen angezogen, die von Menschen ausgehen. Sie gesellensich dieser "magnetischen Aura" <strong>bei</strong> und fin<strong>den</strong> so einen Weg, ihr Wünschenund Wollen auf der irdischen Ebene kundzutun, indem sie Menschen beeinflussen,sie besessen machen, oder von ihnen Besitz ergreifen! Solche aufdringlichenGeister beeinflussen empfängliche mediale Menschen mit ihren Gedanken,übertragen auf diese ihre Regungen, schwächen ihre Willenskraft, beherrschenoft ihr Tun und Lassen und richten damit großes Elend an, verursachen Verstandesverwirrungund andere Lei<strong>den</strong>! —Diese erdgebun<strong>den</strong>en Geister sind die "Teufel", an die man zu allen Zeitengeglaubt hat; Teufel menschlicher Herkunft, Erzeugnisse menschlicher Selbstund falscher Lehren und Unwissenheit, die, völlig blind auf die geistige Ebenegelangt, dort in <strong>den</strong> Ban<strong>den</strong> ihrer Unwissenheit festgehalten wer<strong>den</strong>! —Der Einfluß dieser entkörperten Wesenheiten ist die Ursache vieler unerklärlicherund geheimnisvoller Ereignisse hier im Leben und trägt die Schuld aneinem großen Teil des Elends dieser Welt. — Reinheit des Lebenswandels undder Grundsätze, oder hohe Verstandeseinsicht gewahren durchaus keinen sicherenSchutz gegen Besessenheit! — Nur allgemeine Anerkennung der Bedeutungdieser Fragen und Belehrung, sowie Aufklärung darüber, sind Schutzmitteldagegen!Der körperlichen Zustände, welche das Eindringen von Geistern in einen Menschenbegünstigen, gibt es verschie<strong>den</strong>e. Oft ist solche Beeinträchtigung einer inder natürlichen Veranlagung begründeten medialen Empfänglichkeit zuzuschreiben,oder einer Erschöpfung des Nervensystems, oder einer plötzlichen seelischenErschütterung. Auch rein körperliche Störungen begünstigen das Besessenwer<strong>den</strong>;<strong>den</strong>n wenn die natürliche Lebenskraft geschwächt ist, leistet derOrganismus geringeren Widerstand, und andrängen<strong>den</strong> Geistern wird leichterEingang gewährt, obwohl sehr oft weder der Sterbliche noch der Verstorbenevon der Anwesenheit des anderen etwas weiß! —Diese Beeinträchtigung durch Geister verändert <strong>den</strong> Charakter des davon Befallenen,und es entsteht daraus eine offensichtliche Veränderung der Persönlichkeit,<strong>bei</strong> der zuweilen mehrere fremde Persönlichkeiten zugleich oder in scharfverschie<strong>den</strong>em Nacheinander dargestellt, resp. nachgeahmt wer<strong>den</strong>. Häufig verursachtsolcher Geistereinfluß ausgesprochene Verrücktheit der verschie<strong>den</strong>stenGrade, von einfacher Verstandesverwirrung über alle Formen von Irresein, Hysterie,Fallsucht, Schwermut, Granat-Schock, Stehlsucht, Blödsinn, religiösenundSelbstmord-Wahn, wie auch Gedächtnisverlust, seelisch bedingte körperlicheGebrechlichkeit, Trunksucht, bis zu unbeherrschbarem Hang zur Unsittlichkeitund Grausamkeit, Vertiertheit und anderen Formen schwersten Verbrechertums.Die Menschheit ist umschwirrt vom Gedankeneinfluß von Millionen entkörperterGeister, die <strong>den</strong> höheren Sinn des Lebens noch nicht erfaßt haben! Erkennt— 29 —


man das als Tatsache an, dann erklärt sich aus ihr ungezwungen eine Unmengevon Erscheinungen, wie unerwünschte Gedanken, unbegründete Erregungen,seltsame Ahnungen, Launen, Reizbarkeit, übertriebene Erregbarkeit, unvernünftigeLei<strong>den</strong>schaftsausbrüche, unlenksame Wahnbefangenheit und zahlloseandere Entgleisungen im Gemüts- und Denkleben.Über Fälle von Geisterbeeinflussung und Besessenheit haben wir zahlloseBerichte von <strong>den</strong> ältesten Zeiten her bis in unsere Tage. Dr. Tyler, der bekannteenglische Anthropologe, sagt in seinem Buche — »Primitive Culture« =Ursprungs-Kultur —: "Es ist nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, daß sichder Glaube an dämonische Besessenheit, als wesentlich gleichbleibende Theoriezur Erklärung für wesentlich gleichartige Tatsachen, <strong>bei</strong> der Hälfte der Menschheitlebendig erhalten hat. Alle Vertreter dieses Glaubens stehen folgerichtig auf<strong>den</strong> Schultern ihrer Vorfahren seit "Urzeit"!In Müllers "Urreligionen" fin<strong>den</strong> wir folgende Bemerkung: "Die allgemeineAnsicht der Naturvölker ist noch heute, daß solche Krankheiten, wie Epilepsie,Hysterie, Delirium, Verblödung und Irrsinn, durch Geister verursacht wer<strong>den</strong>,die vom Körper Besitz ergreifen."Homer nimmt wiederholt Bezug auf dämonische Einwirkung und sagt z.B.: "EinKranker, der dahinsiecht, ist einer, <strong>den</strong> ein böser Geist angeblickt hat. Platobehauptet, daß Dämonen Menschen besessen machen. Sokrates spricht geradezuvon Dämonen, welche die Irren beeinflußten. Plutarch schreibt: "Gewisseherrschsüchtige Dämonen suchen sich zur Befriedigung ihrer Gelüste eine nochim irdischen Körper lebende Seele da sie (als körperlose Geistwesen) ihren irdischenLei<strong>den</strong>schaften anders nicht mehr Genüge verschaffen können, reizen sieMenschen auf zu Aufruhr, Wollust, Eroberungskriegen, und erreichen auf dieseWeise das, wonach es sie gelüstet." Josephus sagt: "Dämonen sind die Seelenböser Menschen."Besessenheits-Geister wer<strong>den</strong> häufig sowohl im Alten als auch im Neuen Testamenterwähnt. In 1.Samuelis 16,23 lesen wir: "David nahm eine Harfe undspielte mit seiner Hand; so erquickte sich Saul, und ward besser mit ihm, undder böse Geist wich von ihm".So allgemein war der Glaube an Geister und Besessenheit zur Zeit der Apostel,daß die Fähigkeit, böse Geister auszutreiben, als eins der wichtigsten Kennzeichenechter Jüngerschaft galt; und man muß zugeben, daß eine beträchtlicheMenge der Wunder, die Jesus zugeschrieben wer<strong>den</strong>, Fälle von Austreibungböser Geister Waren.Wenige Stellen aus dem NT wer<strong>den</strong> genügen. "Jesus gab seinen 12 JüngernMacht über die unsauberen Geister, daß sie dieselben austrieben Matth.10,1. —"Jesus predigte … und trieb die Teufel aus" Marc.1,39. — "Ein Mann, der hatteTeufel von langer Zeit her … Jesus gebot dem unsauberen Geist, daß er vondem Menschen ausführe, … der Besessene war gesund gewor<strong>den</strong>" Luc.8,27.29.36 — "Die von unsauberen Geistern umgetrieben wur<strong>den</strong>." Luc.6,18 —"… also daß … die bösen Geister von ihnen ausfuhren." Apost.Gesch.19,2.— <strong>30</strong> —


"Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu Dir, der hat einen sprachlosenGeist … Und er fragte seinen Vater: Wie lange ist es, daß ihm dieses widerfahrenist? Er sprach: Von Kind auf … Jesus bedrohte <strong>den</strong> unsauberen Geist undsprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, Ich gebiete dir, daß du von ihmausfahren, und fahrest hinfort nicht in ihn. Da schrie er, und riß ihn sehr, undfuhr aus. Und er ward, als wäre er tot, daß auch viele sagten: Er ist tot. — Jesusaber ergriff ihn <strong>bei</strong> der Hand, und richtete ihn auf, und er stand auf" Mark.9,17.21.25.27. — (Ganz ähnliche Begebenheiten sind <strong>bei</strong> psychopathologischenForschungen durchaus nichts ungewöhnliches.)Unter <strong>den</strong> frühchristlichen Schriften fin<strong>den</strong> wir <strong>bei</strong> St. Antonius: "Wir wandelnmitten <strong>unter</strong> Dämonen, die uns böse Gedanken eingeben; aber auch mitten <strong>unter</strong>guten Engeln. Wenn uns diese letzteren besonders nahe sind, dann besteht keineUnruhe oder Streit und Lärm, sondern ein so milder Friede, daß er die Seele mitFreude erfüllt. Gott ist mein Zeuge, daß ich einst nach vielem Weinen und Fastenmich von einer Engelschar umgeben sah und voller Freu<strong>den</strong> in ihren Gesangeinstimmte." — Tertullian forderte die Hei<strong>den</strong> in aller Form zu einem Versucheheraus, wer im Dämonenaustreiben der Überlegenere wäre. Minucius Felix, einrömischer Anwalt und Verteidiger, schrieb in seinem "Octavius": "Es gibtfalsche Geister, die alle himmlischen Eigenschaften eingebüßt haben und sichüberall herumtreiben; und sie lassen nicht ab, jetzt wo sie selbst verderbt sind,auch andere zu verderben."Dr. Godfrey Raupert, London, der vor mehreren <strong>Jahre</strong>n vom Papst Pius X nur zudem Zweck abgesandt wor<strong>den</strong> war, vor katholischen Zuhörern in Amerika Vorträgeüber Spiritualismus zu halten, sagte über unseren Gegenstand im Wesentlichenfolgendes: "Es ist nicht länger möglich, das Gebiet der medialen Erscheinungen<strong>bei</strong>seite zu schieben. Die Wissenschaftler der ganzen Welt haben <strong>den</strong>Spiritismus als eine entschei<strong>den</strong>de und wirkliche Macht erkannt; und sie einfachunbeachtet zu lassen, heißt ein gefährliches Spiel treiben. Infolgedessen hat derPapst mich beauftragt, <strong>den</strong> Katholiken zu sagen, welche Haltung sie diesen Fragengegenüber einnehmen sollen Die Kirche bestreitet keineswegs die Wirklichkeitder spiritistischen Erscheinungen und der diese Erscheinungen hervorbringen<strong>den</strong>Geister. Sie hat deren Wirklichkeit vielmehr immer zugegeben. Hierhandelt es sich für uns darum, dahinterzukommen, welcher Art Geister da<strong>bei</strong> inSpiele sind. Wir befin<strong>den</strong> uns da<strong>bei</strong> jetzt im Grenzgebiet neuer Entdeckungen,welche vielleicht die Welt umgestalten wer<strong>den</strong>. Es ist jetzt nicht die Zeit, dieErscheinungen alle zu erklären. Wir müssen mit unserem Urteil zurückhalten,bis das Gebiet besser bekannt ist. Der Spiritismus ist als Forschungsgebiet nochganz neu und darum gefahrvoll … Unvollständige Kenntnis des Gebiets kannleicht schwere Gefahren heraufbeschwören" (Indem sie zu Umsessensein oderBesessenheit führen kann.)"An der Tatsache teuflischer Besessenheit im Altertume gibt es gar keinenZweifel. Und daß die kath. Kirche sie auch heute noch als möglich anerkennt, istschon daraus ersichtlich, daß sie zur Beschwörung und Austreibung böser Geis-— 31 —


ter besondere kultische Vorschriften erlassen hat." So äußert sich MonsignoreLavelle, Pfarrer an der St. Patrick Kathedrale in New York.Julian Hawthorne schrieb in einer führen<strong>den</strong> Zeitung: "Je<strong>den</strong> Tag sterben Tausendevon übelgesinnten Männern und Frauen, <strong>den</strong>en es zur Gewohnheit gewor<strong>den</strong>war, Böses zu tun. Was wird aus ihren Seelen oder Geistern? Sie strebenhierher auf die Erde zurück — die wachsende Frechheit und Häufigkeit, mit dersie die sich ihnen bieten<strong>den</strong> Gelegenheiten auszunutzen suchen, gibt sich aufvielerlei Weise kund. — Zu ihrer Abwehr stehen uns zwei Wege offen. Entwederwir bringen die Quelle zum Versiegen, aus der die unsichtbaren Besucherimmer neuen Nachschub erhalten, oder wir schließen unsere Türen vor ihnenzu!"Dr. Axel Gustafson, der die Tatsache der Geister-Besessenheit <strong>unter</strong> Anführungvon Fällen, die ihm zur Beobachtung kamen, öffentlich und unumwun<strong>den</strong> anerkannte,sagt: "Die Geister der Rachsüchtigen haben nach dem Tode die Macht,<strong>unter</strong> bestimmten Bedingungen in lebende Menschen einzudringen und siebesessen zu machen."Prof. Herbert L. Stetson von der Kalamazoo Universität in Michigan erklärte ineinem Vortrage, <strong>den</strong> er an der Universität in Chicago hielt: "Dämonische Besessenheitist nicht bloße Sage; Krankheit ist oft auf solche dämonische Besessenheitzurückzuführen … Der Glaube an Dämonen ist weit verbreitet.""Ich sehe oft die Geister, welche <strong>den</strong> Wahnsinn verursachen", erklärte Dr. E. N.Webster, einer der leiten<strong>den</strong> Köpfe von der Amerikan. Medizin. Gesellschaft. —"Zuweilen höre ich auch ihre Stimmen. Geisteskranke, die als hoffnungslos irrsinnigangesprochen wer<strong>den</strong>, sind häufig nur die Opfer des übermächtigen Einflusseseines Geistes, oder einer ganzen Schar von Geistern. Wir fin<strong>den</strong> häufig<strong>bei</strong> Untersuchungen an der Leiche, daß im Gehirn und Nervensystem solcherMenschen keinerlei organische Unordnung bestan<strong>den</strong> hat."Prof. William James schrieb in "Proceedings S: P: R.": "daß die Geistertheoriewieder zur Geltung kommen wird, ist meiner Meinung nach unbedingt sicher.Man muß in der Tat "Wissenschaftler" wer<strong>den</strong>, um blind und unwissend genugzu sein, solche Möglichkeit nicht zu sehen!"Prof. James H. Hyslop schrieb als Herausgeber der Zeitschrift der AmerikanischenGesellschaft für Mediale Forschung: "Ständig mehren sich die Beweisefür die Tatsächlichkeit von Besessenheit, welche vielen Geisteskrankheiten zuGrunde liegt und behoben wer<strong>den</strong> kann. Die Ärzte-Welt wird aufwachen unddieser Frage Beachtung schenken müssen, oder die medizinische Wissenschaftverliert je<strong>den</strong> Einfluß auf diesem Gebiete."In einem der letzten Bücher Prof. Hyslops »Berührung mit der anderen Welt«fin<strong>den</strong> wir folgendes: "Daß es böse Geister gibt, welche in die irdischen Lebensverhältnisseeingreifen, wird im Neuen Testament und ebenso im Alten Testamentso klar gelehrt, wie nur irgend eine darin dargelegte Lehre … Der Begriff"Umsessenheit" wird von Medium-Forschern benutzt, um <strong>den</strong> ordnungswidrigen— 32 —


Geistereinfluß auf die irdischen Lebensverhältnisse zu kennzeichnen … DieHeilungsversuche, die man <strong>unter</strong>nommen hat, beanspruchen viel Zeit undGeduld, und erfordern die Anwendung psychotherapeutischer Heilmaßnahmenungewöhnlicher Art, sowie die Hinzuziehung von Medien, um mit <strong>den</strong> Umsessenheits-GeisternFühlung aufzunehmen und so ihren Einfluß abzuschwächenoder dahin zu bringen, freiwillig von der Verfolgung ihrer Opfer abzustehen …In jedem einzelnen Falle von Bewußtseinsspaltung und Wahnsinn, <strong>bei</strong> dem ichauf das Kreuz Christi hinwies, verfing dieses Verfahren und bewies mir damit,daß hier fremde Wesenheiten am Werke waren und die Zeichen seelischen undkörperlichen Verfalls hervorbrachten. Es ist höchste Zeit, in großem MaßstabeVersuche anzustellen auf einem Gebiet, das ebensoviel Nutzwert verspricht, wiedie Anwendung von Messer und Mikroskop."In »Modern Psychical Phenomena« — Neue mediale Erscheinungen — erklärtDr. Hereward Carrington: "Es ist offenbar, daß Geister-Besessenheit wenigstensmöglich ist, eine Möglichkeit, welche die Wissenschaft von heute nicht längervernachlässigen kann, wo es so viele überzeugende Tatsachen gibt, die sie bestätigen.— Ja, weil dem so ist, wird ihre Erforschung zur gebieterischen Pflicht —nicht nur vom wissenschaftlichen Gesichtspunkte, sondern auch um der Tatsachewillen, daß Hunderte und vielleicht Tausende von Menschen im gegenwärtigenAugenblick in dieser Weise lei<strong>den</strong> und ihre Heilung eine sofortige Erforschungund Behandlung erheischen! Gesteht man nur erst einmal theoretisch dieMöglichkeit wirklicher Besessenheit zu, so tut sich ein ungeheuer weites Gebietfür Forschungen und Untersuchungen vor uns auf, die all die Sorgfalt, Geschicklichkeitund Geduld erfordern, welche die neuesten Erkenntnisse und seelenkundlichesVerständnis zu liefern vermögen."Niemals zuvor hat in der Geschichte der medizinischen Wissenschaft, sowohl<strong>bei</strong> der breiten Öffentlichkeit, als auch <strong>bei</strong> Ärzten und Behör<strong>den</strong>, ein so weitverbreitetes Interesse bestan<strong>den</strong> für die Frage nach Ursache, Behandlung undHeilung von Nerven- und Geisteskranken. Zahlen beweisen, daß sich die Geisteskrankheitenmit bedrohlicher Schnelligkeit überall verbreiten, doch über ihreUrsachen gehen die Meinungen der ärztlichen Sachverständigen weit auseinander,und die Wissenschaft besitzt bisher noch keine eindeutige sichere Kenntnisüber die Herkunft geistiger Störungen. "Es wird nicht mehr lange dauern, dannist die ganze Welt wahnsinnig", erklärt Dr. Winslow aus England!Die Mehrzahl der Nerven- und Irrenärzte hegt die Überzeugung, daß der tiefsteGrund der geistigen Störungen in einer Zerrüttung des Nervensystems liege;aber sehr wenig weiß man bisher von der wahren Ursache.Dr. W. M. L. Coplin, Leiter des Gesundheits- und Wohlfahrts-Amtes in Philadelphia,Pennsylvanien, sagt: "Irrsinn ist in <strong>den</strong> allermeisten Fällen von keinerleiVeränderung im Gehirngewebe begleitet. Das Gehirn des Irrsinnigen zeigt<strong>bei</strong> Untersuchung mit dem Mikroskop ganz und gar nichts, was in irgend einerWeise von dem Aussehen des Gehirns des völlig gesun<strong>den</strong> Menschen abwiche.Es ist daher offensichtlich, daß der Irrsinn auf einer Blutvergiftung beruht, her-— 33 —


vorgerufen von irgend einem winzigen bazillenartigen Lebewesen. Eine Ursachedes Irrsinns gibt es schon, aber welche sie ist, das wissen wir noch nicht."Dr. Britton D. Evans, oberster Leiter der Irrenanstalt Morris Plains, New Jersey,erklärt: "Gehirntumor oder fieberhafte Entzündung des Gehirns brauchen durchauskeine geistigen Störungen zu verursachen … Ein Mensch kann gehirnkrankund doch da<strong>bei</strong> geistig völlig normal sein."Prof. Dr. Th. Ziehen, der bekannte deutsche Nervenarzt und besonders gründlicheKenner der Hysterie, schrieb: "Für viele funktionelle Neurosen gibt es bishernoch keine genaue Umgrenzung und Erklärung. Da uns die pathologischeAnatomie da<strong>bei</strong> nicht hilft, läßt sich für Hysterie keine einheitliche und ausschließlicheUrsache nachweisen."Dr. William Hanna Thomson, Arzt am Roosevelt Krankenhaus und Professorfür praktische Medizin und Nervenlei<strong>den</strong> am Medical College der UniversitätNew York, behauptet mit bezug auf Tukes Wörterbuch der psychologischenMedizin, daß die Mitar<strong>bei</strong>ter an diesem großen Nachschlagewerk zu <strong>den</strong> hervorragendstenProfessoren, Fachleuten und Leitern von Irrenanstalten in Groß Britannien,<strong>den</strong> Ver. Staaten, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Belgien, Dänemark,der Schweiz und Rußland gehören. In <strong>den</strong> Abhandlungen über Stehlsucht,Trunksucht, chronische Manie usw. findet sich nicht ein einziges Wort über diepathologische Anatomie (einfach deshalb, weil keine anatomischen Veränderungen<strong>bei</strong> diesen Zustän<strong>den</strong> zu fin<strong>den</strong> sind). Ebenso ist es in <strong>den</strong> Abschnitten überSchwermut, Wochenbett-Irresein, Katatonie, zirkuläres Irresein, Mordwahn undEpilepsie; in keiner von diesen Abhandlungen findet sich ein Wort über pathologischeAnatomie, aus dem einfachen Grunde, weil nicht eine einzige dieser Formendes Irreseins irgend eine krankhafte Veränderung des Gehirns aufzuweisenhat, durch die sich dieses von dem gesun<strong>den</strong> Gehirn eines vernünftigen Menschen,der durch einen Unfall ums Leben kam, <strong>unter</strong>schiede.Er sagt weiter: "Es ist hohe Zeit, daß wir für diejenigen Irrsinnsformen, welcheim Gehirn keinerlei Veränderungen mit sich bringen, jetzt in der Richtung derToxämie (der Blutvergiftung) nach einer Erklärung suchen."In einer neuerlichen Veröffentlichung der Staatlichen Irrenanstalt von New Jerseyzu Trenton wurde berichtet, daß in einem großen Teil der behandelten Fälleder Zustand der Kranken günstig beeinflußt wor<strong>den</strong> sei dadurch, daß manschlechte Zähne, Mandeln oder sonstige erkrankte Organe entfernte. Über die inTrenton geübte Behandlungsweise schrieb Dr. R. S. Copeland zusammenfassend:"Dieser Behandlungsweise liegt die Annahme zu Grunde, daß Irrsinn eineToxikämie ist, oder doch eine Vergiftung, hervorgerufen durch das Eindringenvon Krankheitskeimen in irgend einen Teil des Körpers. Wenn das richtig ist,dann folgt daraus, daß das Entfernen der befallenen Gewebe, — wenn die Vergiftungnoch nicht zu weit gegangen ist, — das Verschwin<strong>den</strong> der Geistesstörungnach sich ziehen wird."Wenn die zahlenmäßigen Erfolge, die sowohl von der Regierung der Verein.Staaten als auch anderwärts angestellt wor<strong>den</strong> sind, erkennen lassen, daß die— 34 —


Zahl der Geisteskranken verhältnismäßig schneller größer wird als die allgemeineBevölkerungsziffer, so scheint es ungereimt, in hohlen Zähnen und krankenMandeln die grundlegen<strong>den</strong> Ursachen für geistige Störungen erblicken zuwollen in unserer Zeit, wo zahnärztliche und chirurgische Gesundheitsfürsorgeso allgemein ist; wohingegen die Tatsachen doch so liegen, daß früher, als zahnärztlicheBehandlung wenig bekannt und gebräuchlich war und die Menschenmit allen er<strong>den</strong>klichen Gra<strong>den</strong> von schlechten Zähnen herumliefen, Geisteskrankheitweniger verbreitet war als jetzt!Ohne die Berichte aus Trenton angreifen oder herabsetzen zu wollen, muß festgestelltwer<strong>den</strong>, daß uns die Erfahrung gelehrt hat, daß <strong>bei</strong> vielen Geisteskranken,obwohl sie arg zerfallene Zähne hatten, das geistige Gleichgewicht durchAustreibung eines Besessenheitsgeistes völlig wiederhergestellt wurde, bevor<strong>den</strong> Zähnen irgend eine Aufmerksamkeit gewor<strong>den</strong> wäre. (vgl. Kap. 5 — Patient: FrauSe.; Kap. 7 — Patient: Frau R.)Da es sich herausgestellt hat, daß Besessenheitsgeister gegen Schmerzen sehrempfindlich sind, sehe ich mich gedrungen zu behaupten, daß solche Heilerfolge,wie sie aus dem Trentoner Krankenhause berichtet wer<strong>den</strong>, wenigstensteilweise, darauf zurückzuführen sind, daß eingedrungene Geister durch diezahnärztlichen oder chirurgischen Eingriffe vertrieben wor<strong>den</strong> sind.Nach <strong>den</strong> Berichten von Dr. F. E. Williams, dem geschäftsführen<strong>den</strong> ärztlichenDirektor des National Ausschusses für Geisteshygiene in Stadt New York, gibtsich dem Forscher auf dem Gebiete krankhafter Seelenzustände, wenn er die spiritistischeHypothese gelten läßt, an vielen Erscheinungen von "Kriegsneurose"oder Granat-Schock — mit Ausnahme der Fälle erheuchelter Krankheit — dieerregende Ursache zu erkennen als Umsessensein oder Besessenheit durch Geistergefallener Soldaten, die sich ihres Hinübergangs nicht bewußt sind. Undzwar tut sich das kund durch "Irrere<strong>den</strong>, Sinnestäuschungen, Angstzustände,unregelmäßige Herztätigkeit, Lähmung, Zittern, Gehstörungen, Krämpfe,Schmerzen, Gefühllosigkeit, Überempfindlichkeit, Erblindung, Sprachstörungenusw.".Für die Berechtigung, <strong>bei</strong> der Kriegsneurose das Mitwirken von Geistern anzunehmen,spricht weiterhin deutlich die plötzliche Genesung derartiger Kranken<strong>unter</strong> kräftiger elektrischer Behandlung — (Austreibung von Besessenheits-Geistern?) —‚ "wie sie von Dr. Vincent eingeführt wurde, welcher, wie Dr. Williamsbehauptet, Kranke, die von anderen Irrenärzten monatelang erfolglosbehandelt wur<strong>den</strong>, in wenigen Stun<strong>den</strong> heile, so daß sie wieder umhergehen undLeitern klettern könnten!"Die obengenannte Anschauung findet weitere Bestätigung durch Dr. WilliamsDarlegungen: "Diese Neurose ist <strong>unter</strong> Gefangenen, die einer mechanischenErschütterung ausgesetzt waren, selten … wie auch <strong>unter</strong> Verwundeten, dieäußere Verletzungen erlitten haben … Bei schweren Verletzungen des Zentral-Nervensystems und Gehirn treten diese Erscheinungen, welche sich <strong>bei</strong>m Granat-Schockfin<strong>den</strong>, nicht auf … Erfolg versprechen <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Heilmaßnahmen— 35 —


weit eher die für die seelische Seite berechneten, als die auf das körperlicheabzielen<strong>den</strong> … Man sollte die Diagnose stellen und dann die Behandlung gleichbeginnen, bevor der Granat-Schock — (die Besessenheit!) — zur festsitzen<strong>den</strong>Psycho-Neurose wird!Kürzlich berichteten die Zeitungen <strong>den</strong> Fall eines jungen Mannes, Frank James,eines jugendlichen Raufboldes in der New Yorker City, der im Alter von 10 <strong>Jahre</strong>nvom Motorrade fiel und durch diesen Unfall aus einem fröhlichen, liebenswürdigenund folgsamen Kinde zu einem frechen und unverschämten Jungenwurde und sich zu einem unverbesserlichen Räuber und Verbrecher entwickelte.Nach mehrfachem längeren Aufenthalt in der Besserungsanstalt und 5 <strong>Jahre</strong>n imSing Sing-Gefängnis, wurde er für hoffnungslos geisteskrank erklärt und in diestaatliche Irrenanstalt gebracht. Frank James entwich von dort und <strong>bei</strong> dem Versuch,ihn wieder einzufangen, erhielt er von einem seiner Verfolger mit einemHammer einen Schlag auf <strong>den</strong> Kopf, so daß er besinnungslos niederfiel, undwurde in ein Krankenhaus gebracht.Am nächsten Morgen erwachte der junge Mann völlig verändert. Er warumgänglich und zuvorkommend, hatte fortan keine Anzeichen von geistiger Störungmehr und zeigte seitdem auch nicht <strong>den</strong> leisesten Hang mehr zu irgendwelcherArt Verbrechen! — Der Bericht schloß: "Was da<strong>bei</strong> in dem Gehirn des jungenMannes vor sich gegangen ist, das wissen auch die Ärzte nicht recht zuerklären!" —Wie will man solchen Fall aufgrund der Annahme einer Blutvergiftungerklären? Könnte ein Schlag auf <strong>den</strong> Kopf die angebliche Blutvergiftung soplötzlich und gründlich beseitigen und das geistige Gleichgewicht wiederherstellen?Von unserem Gesichtspunkte her würde sich das einfach so erklären: AlsFolge des durch <strong>den</strong> Sturz erlittenen Schocks hatte die Seele eines verstorbenenVerbrechers von dem Jungen Besitz ergriffen; und erst der Schlag mit demHammer auf <strong>den</strong> Kopf, des inzwischen zum Manne Herangewachsenen, und diedamit verbun<strong>den</strong>en Schmerzen bewirkten die Austreibung des ihn besessen halten<strong>den</strong>Geistwesens!Die Erfolge der Wasserbehandlung, wie sie in Irrenhäusern üblich ist, besonderswenn nun einen scharfen Wasserstrahl, oder ein Dauerbad in Anwendung bringt,können ebenso gut als Austreibungen von Besessenheits-Geistern gedeutet wer<strong>den</strong>,<strong>den</strong>en solche Behandlung höchst ungemütlich und zuwider war!Dr. Prince schrieb in der Zeitschrift für abnorme Psychologie: "Wenn wir unsdaran machen wollen, unseren Vorstellungen vom Mechanismus des Geistesgesunde Richtlinien zu Grunde zu legen, dann müssen wir die Ergebnisse allerForschungsweisen, der rein experimentellen sowohl als auch der klinischen, zueinander in Beziehung bringen und die Resultate aller urteilsfähigen Forschergebührend berücksichtigen."Wenn man sorgfältig alles fortläßt, was an abergläubischen und ungereimtenVorstellungen dem Wissen um die ordnungsmäßigen und regelwidrigen Seelen-Vorgänge anhaftet, und auch die fieberhaften und idiopathischen Psychosen und— 36 —


Idiosynkrasien sowohl, als auch die neuropathischen Psychosen ausscheidet, sobleibt doch in der Mehrzahl der Fälle von Geistesstörungen ein nicht zu erklärenderRest von Regelwidrigkeit! —Daß berühmte Irrenärzte und die hervorragendsten Fachwissenschaftler in ihrenAnsichten über die Ursache der Geisteskrankheiten weit auseinandergehen, istfür <strong>den</strong>kende Menschen doch wohl Grund genug, ohne Rücksicht auf persönlicheoder allgemeine Vorurteile jeder Lehrmeinung nachzuspüren, welche verspricht,zu einem brauchbaren Ergebnis zu führen. Wir befin<strong>den</strong> uns einer ernstenLage gegenüber, der wir nur mit größter Duldsamkeit und Großzügigkeit dieSpitze bieten können. — Da Irrsinn hauptsächlich eine Äußerung geistiger oderseelischer Störung ist — eine mediale Neurose — sollte die Erforschung derKrankheitszeichen einen Leitfa<strong>den</strong> zur Feststellung der Ursachen liefern könnenund auch dazu helfen, die Rätsel der Geisteskrankheiten zu lösen! — Solch einVorhaben macht aber nicht nur notwendig, sich forschend in das Gebiet der normalenund regelwidrigen Seelenvorgänge zu vertiefen, sondern schließt auch dieNotwendigkeit in sich, die Zwiespältigkeit des menschlichen Wesens als Materieund Geist, äußeren, körperlichen und inneren, geistigen Menschen, anzuerkennen,um für diese Forschungen ein vollkommenes Rüstzeug zu haben. —Irrsinn ist keine Schande; die allgemeine Haltung diesem Lei<strong>den</strong> gegenübersollte nicht so sehr auf Abscheu, sondern vielmehr auf Verständnis hinauslaufen,und man sollte daran die engen Wechselbeziehungen zwischen der sichtbarenund der unsichtbaren Welt erkennen und begreifen lernen! —Besessenheit (durch Geister) ist eine Tatsache, auf ganz natürlichen, doch ordnungswidriggebrauchten Gesetzen beruhend, und läßt sich vollauf beweisen.Und sie ist als Tatsache hunderte von Malen bewiesen wor<strong>den</strong> dadurch, daß sichdie betreffende geistige Störung oder Verwirrung zeitweilig von dem Krankenauf einen sensitiven Menschen, der dafür geschult ist, auf ein sogenanntesMedium, übertragen ließ. Auf diese Weise konnte festgestellt wer<strong>den</strong>, daß einunwissender oder boshafter Geist der Urheber der Geistesstörung war. Und ofthat sich der betreffende Geist seiner Persönlichkeit nach einwandfrei feststellenlassen! —Auf diese Weise und ohne Scha<strong>den</strong> für das Medium ist es erwiesenermaßenmöglich gewesen, sowohl <strong>den</strong> Besessenen von seinem Quälgeiste zu befreien,als auch diesem Geistwesen aus seinem Zustande geistiger Finsternis herauszuhelfen,indem man es über die für die Geisterwelt gelten<strong>den</strong> Gesetze belehrte,wie die nachfolgen<strong>den</strong> Berichte dartun. — Der wechselseitige Verkehr zwischender sichtbaren und der unsichtbaren Welt ist zwar durchaus ein natürlicher Vorgang,doch nur durch einen Menschen möglich, <strong>den</strong> eine gewisse mediale Veranlagungauszeichnet, die ihn befähigt als Vermittler zu dienen, durch welchenentkörperte Geister ohne Schwierigkeit wieder mit der irdischen Ebene in Verbindungkommen können. Von <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Abstufungen medialer Geistverbindungist für Forschungszwecke der Zustand des völlig bewußtlosenmedialen Tiefschlafs der wertvollste. Da<strong>bei</strong> ist der Verkehr mit der unsichtbaren— 37 —


Welt ein ganz unmittelbarer und bietet sich die Möglichkeit, die Gemüts- undSeelen-Verfassung Abgeschie<strong>den</strong>er zu ermitteln und festzustellen, ob sie sichweiterentwickelt haben oder unwissend geblieben sind.Von Unkundigen angestellte mediale Versuche wer<strong>den</strong> sich immer nachteiligerweisen. Denn ohne die nötigen Vorsichtsmaßregeln und ohne wirkliches Verständnisfür die hier herrschen<strong>den</strong> Gesetze in dieses Gebiet hineinzupfuschen, istebenso gefährlich, wie die vorwitzige Einmischung in irgendein Gebiet des täglichenLebens, wenn man nichts davon versteht und daher die dafür gelten<strong>den</strong>Regeln und Gesetze nicht beachten kann. Aber der Umstand, daß mit einerSache Mißbrauch getrieben wer<strong>den</strong> kann, beweist nichts gegen ihre Brauchbarkeit.Mediale Forschung gehört vornehmlich in die Hände von Wissenschaftlern. Fürjede derartige Forscherar<strong>bei</strong>t sind sowohl gesunder Menschenverstand undscharfsinniges Unterscheidungsvermögen als auch gründlichste Beherrschungder Gesetze wesentliche Voraussetzung. — Unter solchen Bedingungen wirdwissenschaftliche Forschung zum unschätzbaren Helfer <strong>bei</strong> dem Bemühen umeine Geisteswissenschaft!*— 38 —


Seelenkundliche ForschungenDie Seelenforschung umfaßt Grundlagen von höchster Bedeutung für dieMenschheit und hat bereits allenthalben in der Welt auf die Gestaltung desGemeinschaftslebens bestimmen<strong>den</strong> Einfluß erlangt. — Es besteht kein Zweifel,daß die verschie<strong>den</strong>en Forschungszweige ehrlich bemüht sind, ihre Ergebnisseauf einer streng psycho-physiologischen Grundlage zu ordnen.Der Psychoanalytiker vertritt die Ansicht, daß viele der seelischen Störungenihren Sitz und Ursprung in einer seelischen Verletzung haben, in einer Seelenwunde,die der Betreffende entweder verbirgt oder vergessen hat. — Der zergliederndeund beschreibende Seelenforscher schafft durch Prüfung und Messungdes Auffassungs- und Unterscheidungs-Vermögens die Möglichkeit, seelisch-geistigeSchwächen und Mängel nach ihren wesentlichen Merkmalen herauszuschälenund übersichtlich zu ordnen. Ebenso trachten Nerven- und Irrenärzteeifrig danach, für die verschie<strong>den</strong>en Formen von Nervenkrankheit, Geistesverwirrungund Wahnsinn die besonderen Ursachen zu ergrün<strong>den</strong> und diebesten Vorbeugungs- und Behandlungs-Weisen ausfindig zu machen.Diese Forschungszweige sind zwar nicht geneigt, die Annahme gelten zu lassen,daß körperlose Geistswesen <strong>bei</strong>m Zustandekommen vieler Seelen- und Geistesstörungenals Urheber mitbeteiligt sind. Nichtsdestoweniger leisten auch siewichtige Dienste, indem sie die überaus wandelbaren Eigenschaften des Nervenschwachen,des Hochempfindlichen (Sensitiven) und der zu Geistesstörung Veranlagtenaufdecken und ans Licht bringen.Der Forscher sieht für seine seelenkundlichen Untersuchungen zwei Hauptgebietevor sich, die gesunde und die kranke Seele.Bei der Erforschung des normalen Seelenlebens, sowohl vom Standpunkte desArztes, als auch des Seelsorgers, dreht es sich, neben manchem anderen,schließlich immer um die Endfrage: Was wird aus <strong>den</strong> Verstorbenen? — DieseFrage ist doch von allerunmittelbarster Bedeutung für je<strong>den</strong> Schwerkranken, dersich an der Grenze des Jenseits sieht, gewärtig, sie überschreiten zu müssen, vollerZweifel, ob es <strong>den</strong>n überhaupt ein zukünftiges Leben gibt, oder vielleichtvoller Angst und Bangen, welch schweres Los wohl ihn, <strong>den</strong> Sünder, nach demTode erwarte. — Wäre es angesichts solcher Lage nicht die vornehmste Aufgabedes Arztes, <strong>bei</strong> Ausübung seines Berufes aus wirklicher Kenntnis <strong>den</strong>Kranken versichern zu können, daß es in Wahrheit ja gar keinen Tod gibt, sonderndaß das, was wir Tod nennen, eine Geburt ist hinein in eine neue Welt vollerMöglichkeiten und Gelegenheiten zum Wirken und Schaffen auf höherengeistigen Ebenen?Bei der Erforschung des krankhaften Seelenlebens handelt es sich für <strong>den</strong> Arztdarum, möglichst umfassendes und gründliches Wissen zu erlangen über dasgeheimnisvolle Wirken der Geister, sowohl der entkörperten als auch der verkörperten.— Die Forschungsergebnisse im Bereiche sowohl des krankhaften als— 39 —


auch des gesun<strong>den</strong> Seelenlebens deuten nicht nur auf das tatsächliche Vorhan<strong>den</strong>sein von Geistern, sondern liefern auch unzweifelhafte Beweise dafür, daß<strong>bei</strong> <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en nervösen und seelischen Krankheitszustän<strong>den</strong> und geistigenStörungen derartige Geistwesen eine wichtige Rolle spielen.Mehr als irgend ein anderer hat zweifellos gerade der Arzt Gelegenheit, Fällevon Geistesstörungen zu sehen, die gar nicht so selten die Folge vorwitzigerspielerischer Versuche auf diesem Gebiete sind. Denn der Arzt ist gewöhnlichder erste, der in solchen Fällen um Rat gefragt wird. Von seiner Entscheidung istdaher das fernere Schicksal des unglücklichen Opfers weitgehend abhängig.Und schon deshalb — von andern Grün<strong>den</strong> ganz abgesehen — sollte es nichtnur das Vorrecht, sondern auch dringlichste Pflicht des Arztes sein, sich mit <strong>den</strong>verschie<strong>den</strong>en Zweigen seelischer Forschung gründlichst vertraut zu machenund die Gefahren genau kennen zu lernen, welche dem gedankenlos leichtfertigenLiebhaberforscher, insbesondere dem nervlich-seelisch Empfindlichen da<strong>bei</strong>drohen.Die schweren Schä<strong>den</strong>, die man so oft als Folgen psychologischer Versucheerlebt, veranlaßten mich, einmal in planmäßiger Untersuchung <strong>den</strong> grundlegen<strong>den</strong>Ursachen nachzuspüren; <strong>den</strong>n gerade auf diese kommt es für <strong>den</strong> Arztsehr an!Aufmerksam wurde ich auf diese Frage zuerst durch einige Fälle von Geistesstörung<strong>bei</strong> verschie<strong>den</strong>en Personen, die völlig unerfahren sich an psychische Versuchegewagt hatten. Die anscheinend harmlosen Übungen im automatischenSchreiben und am Skriptoskop hatten so schwere geistige Störungen zur Folge,daß die Betreffen<strong>den</strong> in Anstalten <strong>unter</strong>gebracht wer<strong>den</strong> mußten.Der erste dieser Fälle war der der Frau Bl., deren Versuche im automatischenSchreiben zu geistiger Verwirrung und einer Veränderung der Persönlichkeitführten. Normalerweise war sie eine liebenswürdige, fromme, ruhige und wohlerzogeneFrau, wurde nun aber heftig und ungebärdig, tobte umher, tanzte,gebrauchte gemeine Re<strong>den</strong>sarten, behauptete, sie sei eine Schauspielerin, undbestand darauf, für die Bühne kostümiert zu wer<strong>den</strong>; sie müsse um einebestimmte Zeit im Theater sein, wenn sie nicht ihre Stellung dort verlieren solle.— Sie wurde schließlich so unzurechnungsfähig in ihrem Benehmen, daß sie ineiner Anstalt <strong>unter</strong>gebracht wer<strong>den</strong> mußte!Ein anderer Fall war der der Frau Bn. Infolge ihrer Beschäftigung mit dem automatischenSchreiben wurde aus dieser Künstlerin und hochgebildeten Dameeine gänzlich veränderte und jähzornige Persönlichkeit. In <strong>den</strong> höchsten Tönenkreischend rieb sie sich beständig die Schläfen und rief: Herr Gott hilf mir! HerrGott hilf mir! Sie lief auf die Straße, kniete betend im Straßenkehricht, verweigerteNahrungsaufnahme mit der Begründung, wenn sie vor sechs Uhr Nachmittagsetwas äße, käme sie in die Hölle.Frau Sr., welche dieselben Versuche gemacht hatte, wurde ebenfalls geistig verwirrtund gewalttätig, so daß die Polizei eingreifen mußte. Nachts stand sie auf,behauptete, sie sei Napoleon, und stellte sich in entspreche Haltung in das Fens-— 40 —


ter ihres Mo<strong>den</strong>geschäfts. Und da sie noch viele andere Unzurechnungsfähigkeitenbeging, die ihre Festsetzung notwendig machten, wurde sie in das Arrest-Hospital gebracht.In ähnlicher Weise bekam Frau Wr. Halluzinationen, in <strong>den</strong>en Gott beständig zuihr sprach, ihr ihre Sün<strong>den</strong> vorhielt und sie dafür verdammte. Nachdem sie aufVerlangen dieses sogenannten Gottes einige Selbstmordversuche <strong>unter</strong>nommenhatte, wurde sie in eine Anstalt gebracht.Viele andere unselige Folgen, welche der Gebrauch des angeblich "harmlosen"Skriptoskops nach sich zog, kamen mir zu Ohren, und so veranlaßten michmeine Beobachtungen aus dem täglichen Leben zur Erforschung der seelischenErscheinungen, um dort vielleicht eine mögliche Erklärung für diese seltsamenBegebenheiten zu fin<strong>den</strong>.Es stellte sich heraus, daß meine Frau ein vorzügliches Medium war und leichtvon entkörperten Wesenheiten in Besitz genommen wer<strong>den</strong> konnte. Als Antwortauf ihre Zweifel, ob es auch recht sei, wenn man "die Ruhe der <strong>Toten</strong>" störe,behaupteten jene Wesen, daß wir Menschen hier noch eine völlig falsche Vorstellungvon <strong>den</strong> Zustän<strong>den</strong> nach dem Tode hätten.Sie versicherten uns, daß es in Wirklichkeit gar keinen Tod gäbe, sondern nureinen ganz natürlichen Übergang von der sichtbaren zur unsichtbaren Welt, unddaß die höher entwickelten Geister ständig nach Gelegenheit trachten, sich mituns Menschen zu verständigen, um uns darüber zu belehren, welche ungeahntenMöglichkeiten zur Aufwärtsentwicklung als Geister uns drüben erwarten! —Aber das Sterben — die Loslösung des Geistes vom Körper — vollziehe sich soeinfach und natürlich, daß die allermeisten <strong>den</strong> Wechsel kürzere oder längereZeit gar nicht gewahr wer<strong>den</strong>. Und da sie über die geistige Seite ihres Wesensnie belehrt wor<strong>den</strong> sind, halten sie sich in ihrer Unwissenheit auch als Verstorbenenoch weiter an <strong>den</strong> Stätten ihrer irdischen Wirksamkeit auf!Ferner behaupteten sie, daß viele dieser Geister von der "magnetischen Aura"der Menschen angezogen wer<strong>den</strong>, in diese eindringen und so ihre Opfer umlagern,oder besessen machen; da<strong>bei</strong> braucht weder dem Geiste noch dem davonbetroffenen Menschen von solcher Aufdringlichkeit etwas bewußt zu wer<strong>den</strong>.Und <strong>den</strong>noch wer<strong>den</strong> auf diese Weise Geister, ohne es zu wissen, — aber freilichoft auch aus feindlicher Absicht — die Urheber von unsagbarem Unheil undElend und verursachen körperliches Siechtum, moralische Minderwertigkeit,Verbrechen und scheinbares Irresein!Von dieser Seite her das Übel an der Wurzel zu fassen, sagten die Geister,bringe für <strong>den</strong> Neuling auf dem Gebiete psychischer Forschung die schwerstenGefahren mit sich; aber noch gefährlicher sei es, in Unwissenheit über diese Tatsachenzu beharren, besonders für <strong>den</strong> empfindsamen Neurotiker.Diese Geistwesen erklärten auch, daß sich durch eine planmäßige "Übertragung"—‚ d.h. indem man solche Besessenheitsgeister von ihrem Opfer ablenkt und inein Medium hineinlockt —‚ die Richtigkeit dieser Hypothese dartun und der— 41 —


Sachverhalt, wie er in Wahrheit ist, beweisen lasse. Durch solche Übertragungder seelischen Störungen auf ein Medium könnten die Kranken von ihren Quälgeisternbefreit, diese letzteren aber der Einwirkung fortgeschrittener Geisterzugänglich gemacht wer<strong>den</strong>, die dann weiter für sie sorgten und sie über diehöheren Lebensgesetze belehrten.Sie behaupteten, in meiner Frau ein geeignetes Werkzeug für derartige Versuchegefun<strong>den</strong> zu haben und schlugen vor, mir die Richtigkeit ihrer Behauptungen zubeweisen, falls ich mit ihnen zusammenar<strong>bei</strong>ten wolle. Ich solle mich da<strong>bei</strong> derunwissen<strong>den</strong> Geister annehmen und sie belehren, während ihnen gestattetwürde, für einige Zeit <strong>den</strong> Körper meiner Frau völlig in Besitz zu nehmen, ohnedaß derselben daraus eine Schädigung erwachsen solle.Eifrig darauf bedacht, festzustellen, ob diese überaus wichtigen Behauptungenauch wirklich zuträfen oder nicht, gingen wir auf ihren anscheinend so gewagtenVorschlag ein. Erwiesen sich die uns gemachten Eröffnungen als zutreffend,dann waren sie von größter Bedeutung für die Klärung vieler Rätsel, welche dasSeelenleben sowohl des Verbrechers als auch anderweitig psychisch Krankerbisher aufgab.In Ausführung ihres Vorschlages ließen die führen<strong>den</strong> Geister manche oftmalssehr unerwarteten Kundgebungen zu, deren einige schon stattfan<strong>den</strong>, als ichnoch ganz am Anfang meiner medizinischen Studien stand.Eines Tages verließ ich mein Haus, ohne selbst die Absicht zu haben, michsogleich ans Sezieren zu machen, somit konnte auch das Unterbewußtsein meinerFrau an dem, was sich später zutrug, nicht beteiligt sein.Die Stu<strong>den</strong>ten sollten die <strong>unter</strong>en Gliedmaßen eines Körpers sezieren; die erstedafür bestimmte Leiche war die eines Mannes von etwa sechzig <strong>Jahre</strong>n, und anjenem Nachmittage begann ich eins der Beine zu sezieren.Gegen fünf Uhr nachmittags kehrte ich heim und war kaum in die Tür getreten,als meine Frau sichtlich von einem ganz plötzlich einsetzen<strong>den</strong> Übelbefin<strong>den</strong>befallen wurde. Sie klagte, daß sie sich "seltsam" fühle, und schwankte hin undher, als ob sie fallen wolle. Als ich ihr meine Hand auf die Schulter legte, richtetesie sich hoch auf und wurde von einer frem<strong>den</strong> Wesenheit in Besitz genommen,welche mit einer drohen<strong>den</strong> Handbewegung sagte: "Was <strong>den</strong>ken Sie sichda<strong>bei</strong>, mich zu zerschnei<strong>den</strong>?" — Ich erwiderte, ich sei mir nicht bewußt,irgendjeman<strong>den</strong> zu zerschnei<strong>den</strong>, aber der Geist entgegnete zornig: "Aber gewißtun Sie das, Sie zerschnei<strong>den</strong> mein Bein!"Jetzt begriff ich; die Seele jenes Menschen, dessen Leiche ich zu sezierenbegonnen, war mir nach Hause gefolgt, und ich begann nun, mich mit dem Verstorbenenzu <strong>unter</strong>halten, setzte aber zunächst meine Frau in einen Sessel.Dagegen sträubte sich der Verstorbene sehr energisch und sagte, ich hätte keinRecht, ihn anzufassen. Auf meine Antwort, daß es doch mein gutes Recht sei,meine Frau anzufassen, erwiderte er: "Ihre Frau? Wovon re<strong>den</strong> Sie? Ich binkeine Frau — ich bin ein Mann!"— 42 —


Ich erklärte ihm, daß er seinen eigenen sterblichen Körper abgelegt habe undnun <strong>den</strong> Körper meiner Frau benutze. Sein "Geist" sei hier, und sein Körper lägein der Hochschule. Als er dieses endlich zu begreifen schien, sagte ich: "Gesetzt<strong>den</strong> Fall, ich würde gerade jetzt Ihren Körper in der Universität sezieren, sokönnte Sie das doch nicht töten, da Sie selber ja hier sind!"Der Geist gab zu, daß das eine ganz vernünftige Schlußfolgerung sei, und sagte:"Dann bin ich also sozusagen "tot" und werde wohl für meinen alten Körperkeine Verwendung mehr haben. Wenn Sie daran durch das Sezieren etwas lernen,dann nur zu, dann schnei<strong>den</strong> Sie nur darauf los!" — Dann fügte er plötzlichhinzu: "Hören Sie mal, Herr Doktor, geben Sie mir doch ein Priemchen Tabak!"Als ich ihm erwiderte, daß ich keinen Tabak hätte, bat er um eine Pfeife undsagte: "Ich rauche doch für mein Leben gern!" Auch dieser Wunsch wur<strong>den</strong>atürlich abgeschlagen. — (Da meine Frau von jeher vor dem Tabakkauen einenwahren Abscheu hat, ist es völlig ausgeschlossen, daß <strong>bei</strong> diesem Erlebnis ihrUnterbewußtsein eine Rolle spielte!)Nachdem ich ihm noch einmal genauer erklärt hatte, daß er tatsächlich, wie mandas nennt, "tot" sei, begriff er seine augenblickliche eigentliche Lage und verließuns.Nachträglich <strong>unter</strong>suchte ich noch die Zähne an seiner Leiche, und diese ließendeutlich erkennen, daß der Mensch sein ganzes Leben hindurch starken Tabak-Mißbrauch getrieben haben muß.Ein anderes Mal, als ich zum Lehr-Assistenten für eine Gruppe sezierender Stu<strong>den</strong>tenernannt wor<strong>den</strong> war, war uns die Leiche eines Farbigen zur Sektionzugewiesen wor<strong>den</strong>; jedoch war die Leiche noch unverletzt. Da wurde einesAbends meine Frau von einem frem<strong>den</strong> Geiste besessen, der aus ihr sprach undmich anfuhr: "Meister, Sie wer<strong>den</strong> doch <strong>den</strong> Farbigen da drüben nicht etwa zerschnei<strong>den</strong>Wollen?" Ich belehrte ihn, daß er für diese Welt doch "tot" sei undsich nicht mehr in seinem alten Körper befinde, sondern zurzeit von einem FrauenkörperBesitz ergriffen habe. Das wollte er nicht glauben. Darauf deutete ichauf die Hände meiner Frau, die er ja für die seinen hielt, und machte ihn daraufaufmerksam, daß diese doch nicht farbig, sondern weiß seien. Darauf erwiderteer: "Ich habe Tünche an meinen Hän<strong>den</strong>, — Tünchen ist mein Handwerk!"Dieser Geist zeigte sich recht störrisch brachte eine Unmenge Einwände undGegenerklärungen vor, ehe er endlich die Wahrheit annahm. Schließlich ließ ersich doch von uns überzeugen and entfernte sich.An einem andern Vorfall wird noch besser ersichtlich wer<strong>den</strong>, bis zu welchemkaum glaublichen Grade die Geister an ihrer sterblichen Hülle hängen, nur weilsie ihren Hinübergang nicht gewahr gewor<strong>den</strong> sind und nicht wissen, daß sie,wie man sagt, "tot" sind.Im Seziersaal lag die Leiche einer Frau von etwa vierzig <strong>Jahre</strong>n, welche im vergangenenJuni im Couk-Connty-Hospital, Chicago, gestorben war. Im Januar,also sieben Monate nach ihrem Tode, wurde diese Leiche einer Anzahl von Stu-— 43 —


<strong>den</strong>ten, <strong>unter</strong> <strong>den</strong>en ich selbst mich befand, zur Sektion zugewiesen. Ich konnteam ersten Abend nicht da<strong>bei</strong> sein, doch die Stu<strong>den</strong>ten begannen ihre Ar<strong>bei</strong>t. —Ich habe niemals erfahren, was sich in jenen kurzen Stun<strong>den</strong> zugetragen hat,aber aus irgendwelchen mir unbekannten Grün<strong>den</strong> haben die andern Stu<strong>den</strong>tendiese Leiche nie wieder angerührt.Am andern Tage war nachmittags kein Unterricht, daher begann ich allein zusezieren und ar<strong>bei</strong>tete an Arm und Nacken. Der Sezierraum befand sich amäußersten Ende eines langen Erdgeschosses, und es herrschte dort lautlose Stille.Da hörte ich auf einmal ganz deutlich eine Stimme sprechen: "Mor<strong>den</strong> Sie michnicht!"Die Stimme klang leise, als ob sie aus weiter Ferne käme. Da ich nun nicht imgeringsten abergläubisch und auch gar nicht geneigt bin, in jedem kleinen ungewöhnlichenVorfall gleich eine Kundgebung von Geistern zu sehen, nahm ichan, daß diese Worte wahrscheinlich von Kindern auf der Straße kämen, obgleichich keine in der Nähe hatte spielen hören.Als ich am nächsten Nachmittage wieder allein ar<strong>bei</strong>tete, erschreckte michplötzlich ein knisterndes Geräusch. Es kam von einem Stück Zeitungspapier her,welches auf dem Fußbo<strong>den</strong> lag, und es hörte sich so an, als ob jemand das Zeitungsblattzerknittere. Doch schenkte ich dem keine besondere Aufmerksamkeitund erwähnte auch meiner Frau gegenüber nichts von dieser Begebenheit.Es war einige Tage später, und dieser Vorfall war mir schon ganz aus demGedächtnis entschwun<strong>den</strong>. Wir hatten in unserer Wohnung eine mediale Sitzungabgehalten, und unsere unsichtbaren Mitar<strong>bei</strong>ter hatten uns bereits verlassen. Damerkte ich, daß meine Frau noch immer in einem halb-bewußtlosen Zustandeverharrte. Ich trat an sie heran, um nach der Ursache zu forschen. Da erhob siesich plötzlich, offenbar <strong>unter</strong> dem Einfluß eines Geistes, der jetzt zornig nachmir schlug und sagte: "Ich habe ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen!" Ich hatteMühe, <strong>den</strong> Fremdling zu bändigen, und fragte ihn, worüber er <strong>den</strong>n so aufgeregtsei? — "Warum wollen Sie mich töten?" erwiderte der Geist. "Ich töte nieman<strong>den</strong>!sagte ich. "Doch tun Sie das, Sie schnei<strong>den</strong> an meinem Arm und Nackenherum! — Ich rief Ihnen zu, Sie sollten mich nicht mor<strong>den</strong>, und ich schlug aufdas Papier am Erdbo<strong>den</strong>, um Sie zu erschrecken; aber Sie wollten ja nichthören!"Unter schallendem Gelächter und offenbar höchst belustigt, fügte er noch hinzu:"Aber die anderen Kerle (Stu<strong>den</strong>ten) habe ich tüchtig erschreckt!"Es bedurfte langer und eingehender Erklärungen, um dem Geiste seine augenblicklicheLage begreiflich zu machen. Er sagte, er heiße Minnie Morgan.* Endlichaber kam er doch zur Einsicht und verließ uns mit dem Versprechen, nacheinem höheren geistigen Leben zu trachten.Da es für die Geister sehr leicht und einfach ist, von meiner Frau als MediumBesitz zu nehmen, ist es <strong>den</strong> meisten nur sehr schwer begreiflich zu machen, daßsie verstorben sind und nur vorübergehend im Körper eines andern Menschen— 44 —


stecken. — Hat man es mit Geistern zu tun, die zu klarem und vernünftigemDenken fähig sind, dann braucht man sie nur in <strong>den</strong> Spiegel blicken zu lassenoder sie aufzufordern, sich doch einmal ihre Hände und Füße und ihre Kleidunggenauer anzusehen. Wenn sie daraufhin nun <strong>den</strong> Körper des Mediums, <strong>den</strong> siefür <strong>den</strong> ihrigen halten, aufmerksam betrachten und sich in diesem so verändertfin<strong>den</strong>, dann kommt ihnen im allgemeinen das Ungewöhnliche ihrer Lage nocham schnellsten zum Bewußtsein. Besonders wenn es sich um einen männlichenVerstorbenen handelt, weil dann die Veränderung ja sofort in die Augen springt.Erkläre ich ihnen nun, daß der Körper, in dem sie sich befin<strong>den</strong>, meiner Fraugehört, dann bekomme ich in der Regel zur Antwort: "Ich bin nicht Ihre Frau!"und nun bedarf es erst noch langer ausführlicher Erklärungen, bis sie zu der Einsichtgelangen, daß der Körper, in dem sie sich befin<strong>den</strong>, einem andern gehört,und sie ihn nur vorübergehend benutzen dürfen.Wieder andere Geister sind so starr und in eigensinniger Zweifelsucht befangen,daß sie sich hartnäckig dagegen sträuben, einzusehen, daß sie die irdische Körperweltverlassen haben und in eine andere übergetreten sind. Diese wollenkeine Vernunft annehmen, und es gelingt nicht, sie von ihrem verändertenZustand zu überzeugen, selbst wenn ihnen ein Spiegel vorgehalten wird; sieerklären dann, sie seien hypnotisiert wor<strong>den</strong>, und erweisen sich so unzugänglich,daß sie gezwungen wer<strong>den</strong> müssen, sich zu entfernen. Sie wer<strong>den</strong> dann vonunsern unsichtbaren Helfern in Obhut genommen.Die Übertragung der krankhaften Seelenzustände von einem Patienten auf dasMedium (meine Frau) wird erleichtert, wenn wir <strong>den</strong> Patienten mit Hilfe einerInfluenz-Maschine elektrisieren, was wir oft in Gegenwart des Mediums tun.Obgleich diese Elektrizität für <strong>den</strong> Patienten völlig harmlos ist, ist sie doch vonaußeror<strong>den</strong>tlich starker Wirkung, <strong>den</strong>n der Besessenheitsgeist kann dieser elektrischenBehandlung nicht lange standhalten und wird aus dem Patienten vertrieben.Der auf diese Weise ausgetriebene Geist kann nun mit Unterstützung unsererunsichtbaren Helfer Eingang in das Medium fin<strong>den</strong>. Dadurch wird es möglich,sich mit dem betreffen<strong>den</strong> Geiste ganz unmittelbar zu <strong>unter</strong>halten, und manmacht nun <strong>den</strong> Versuch, ihn zur Erkenntnis seiner wahren Lage zu bringen undihn zu belehren, daß er ja ein viel besseres Leben haben kann. Dann nehmen diehöher entwickelten Geister ihn mit und sorgen weiter für ihn, während meineFrau in ihren normalen Bewußtseinszustand zurückkehrt.Ganz im Sinne der geschilderten Erfahrungen hielten wir mit meiner Frau, alsMedium, regelmäßige Sitzungen und bekamen in vielen Fällen höchst bemerkenswerteBeweise dafür, daß entkörperte Wesen die Urheber der krankhaftenSeelenzustände waren. Auch wenn der Kranke weit entfernt von uns wohnte,gelang es häufig, die Besessenheitsgeister aus ihrem Opfer zu vertreiben und siedurch unsere unsichtbaren geistigen Helfer in unsern Zirkel zu bringen, wo sievon dem Körper des Mediums Besitz nehmen durften. Solche Geister beklagensich oft darüber, daß man sie .fortgejagt habe. Doch haben sie keine Ahnung— 45 —


davon, daß sie verstorben sind und als Geister Menschen besessen gemacht undgequält haben.Erlebt man aber nun einerseits, daß der Besessenheitsgeist, wenn er sich durchdas Medium kundtut, sich ganz ebenso gebärdet, wie er es zuvor im Krankengetan, und andererseits, daß seine Vertreibung aus dem Kranken dem letzterenBefreiung von seinen Beschwer<strong>den</strong> bringt, so beweist das doch ohne Zweifel,daß jener Geist der Urheber der krankhaften Störung war. In vielen Fällen ließsich auch zweifelsfrei feststellen, welche menschliche Persönlichkeit wir alsVerstorbenen im Medium vor uns hatten! — Mit solcher "Übertragung" auf dasMedium und der dauern<strong>den</strong> Vertreibung des Geistes bessert sich das Befin<strong>den</strong>des Kranken. — Doch kommt es oft genug vor, daß aus einem und demselbenKranken eine ganze Anzahl von Geistern zu vertreiben ist!Nun mag manch einer fragen, warum <strong>den</strong>n die fortgeschrittenen Geister nichtauch, ohne sie zuvor in ein Medium zu bringen, die erdgebun<strong>den</strong>en Seelen inihre Obhut nehmen und auf <strong>den</strong> rechten Weg bringen. Ganz einfach, weil vieledieser unwissen<strong>den</strong> Seelen für die fortgeschrittenen Geister gar nicht erreichbarsind, bevor sie nicht noch einmal in innigste und vollbewußte Berührung mit derirdisch-materiellen Körperwelt gebracht wer<strong>den</strong>. Erst wenn sie da<strong>bei</strong> durchrauhe Tatsachen gewahr wer<strong>den</strong>, daß sich doch wohl eine große Veränderung anihnen vollzogen haben muß, kommen sie zur Einsicht über ihre Lage, und lassensie sich auf <strong>den</strong> Weg einer Aufwärtsentwicklung bringen! —Bekommt solch ein unwissender Geist Gelegenheit, sich in unserm Zirkel durchdas Medium kundzutun, dann dient dieser Vorgang mehreren Zwecken.Gewöhnlich wird da<strong>bei</strong> dieser Geist zur Erkenntnis seiner Lage gebracht, undder ihn belehrende Forscher hat von jedem neuen Fall <strong>den</strong> Gewinn einer Bereicherungseiner Erfahrungen. Gleichzeitig wer<strong>den</strong> aber stets ganze Scharen andererGeister, die auch noch im Dunkel mangelnder Erkenntnis leben, um uns versammelt,damit sie aus dem Benehmen ihres Schicksalsgenossen und der ihmerteilten Belehrung auch für sich eine Lehre ziehen.Viele Geister benehmen sich da<strong>bei</strong>, als ob sie nicht recht <strong>bei</strong> Verstande wärenund es ist sehr schwer, mit ihnen ein vernünftiges Wort zu re<strong>den</strong>. Das hat seinenGrund in starren Glaubenssätzen, vorgefaßten Meinungen und irrigen Vorstellungen,die sie während ihres Er<strong>den</strong>lebens in sich aufgenommen oder gebildethaben. Sie sind oft sehr ungebärdig; und wenn man sich deswegen genötigtsieht, dem Medium die Hände zu halten, um sie auf diese Weise in Schrankenhalten zu können, dann erheben sie heftigen Widerspruch dagegen.Haben sie alsdann ihre wahre Lage erfaßt, dann überkommt viele Geister dasGefühl des Sterbens, und damit verlieren sie die Macht über das Medium.Andere Geister wiederum sind stumpf und schlaftrunken und haben keinenandern Wunsch, als daß man sie in Ruhe lasse. Bei solchen bedarf es sehr ernsthaftenZure<strong>den</strong>s, um sie wach zu bekommen, wie man aus nachstehen<strong>den</strong> Aufzeichnungenersehen wird. Darin ist auch oft von einem "Kerker" die Rede, indem widerspenstige Geister <strong>unter</strong>gebracht wer<strong>den</strong> können; und zuweilen bekla-— 46 —


gen sich Geister, wenn sie durch das Medium zu uns sprechen, daß sie imGefängnis gewesen seien!Nach geistigem Gesetz bekommen nämlich die Geister mit wachsender Einsichtund Erkenntnis die Fähigkeit, für unwissende widerstrebende Seelen eine Umgebungzu schaffen, die diesen wie ein Gefängnis vorkommt, — einen undurchdringlichenzellenartigen Raum, aus dem es kein Entrinnen gibt. Darin müssensie bleiben, bis sie sich eines besseren besonnen haben und <strong>den</strong> guten Willenzeigen, ihrer veränderten Lebenslage Rechnung zu tragen und sich <strong>den</strong> Gesetzender geistigen Entwicklung zu fügen! — Währenddessen bekommen sie nichtsanderes zu sehen, als die Fehler und Mängel ihrer eigenen Persönlichkeit, dieihnen in tausen<strong>den</strong> von Spiegelbildern vor Augen geführt wer<strong>den</strong>, wie auch ihrTun und Lassen in dem hinter ihnen liegen<strong>den</strong> Er<strong>den</strong>leben!—Wenn meine Frau sich als Medium betätigt und ihren Körper entkörpertenGeistwesen zur Benutzung überläßt, dann geschieht das stets im Zustande dersogenannten Tief-Trance. Da<strong>bei</strong> sind ihre Augen geschlossen, ihr eigenesBewußtsein gänzlich ausgeschaltet, und sie befindet sich die ganze Zeit über intiefem Schlaf. Sie selbst hat hinterher keinerlei Erinnerung an das, was währenddessengeschehen und verlautet ist. Außerhalb dieser Trance-Zustände, in derZeit zwischen unsern Sitzungen, ist sie keinerlei Beeinträchtigungen ausgesetzt.Sie ist dann jeder Zeit ganz und gar Herr ihres Bewußtseins, <strong>bei</strong> völlig klaremVerstande und bestimmt und sicher in ihrem Auftreten. — Und nach vollen <strong>30</strong><strong>Jahre</strong>n unserer Forscherar<strong>bei</strong>t ist ihre Gesundheit in keiner Weise geschwächtoder geschädigt.Sie steht beständig <strong>unter</strong> jenseitigem Schutze, über <strong>den</strong> eine Gesellschaft machtvollerGeister die Aufsicht führt. Sie nennen sich "Barmherzigkeits-Bund", undsie sind es, welche unsere Ar<strong>bei</strong>t leiten, in dem Bestreben, der Menschheitbegreiflich zu machen, daß der Tod nur ein natürlicher Übertritt in eine andereWelt ist, und wie wichtig es ist, zu wissen, was aus <strong>den</strong> Seelen der Verstorbenenwird!Der Zweck unserer Ar<strong>bei</strong>t ist, zuverlässige und unanfechtbare Beweise für dieWirklichkeit eines jenseitigen Lebens aus erster Quelle zu erbringen. Dazu sindausführliche Berichte über hunderte von Sitzungen stenographiert wor<strong>den</strong>, damitwir unsern Lesern von dem Zustande der sich kundgeben<strong>den</strong> Geister eine möglichstgetreue Schilderung übermitteln können! —*— 47 —


Unterbewußtsein und Auto-Suggestion, UnhaltbareHypothesenIn <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong>n unermüdlicher Forschung im Verkehr mit Verstorbenen haben wirso viel Aufsehenerregendes erlebt und erfahren, daß es einem geradezu unglaublicherscheint, daß vernünftig <strong>den</strong>kende Menschen, nur weil ihr Denken ganzandere Wege ging, so lange achtlos an diesen einfachen Tatsachen vorübergehen konnten, die sich doch so leicht nachprüfen und bestätigen lassen! —Täuschung oder Betrug liegen <strong>bei</strong> unsern Sitzungen außerhalb jeder Möglichkeit.Es wer<strong>den</strong> fremde Sprachen gesprochen, die meiner Frau völlig unbekanntsind. Ausdrücke und Re<strong>den</strong>sarten wer<strong>den</strong> gebraucht, die sie nie gehört hat.Dagegen ließ sich immer und immer wieder feststellen, wen wir in dem sichkundgeben<strong>den</strong> Geiste vor uns hatten, und wir haben bezüglich dieser Feststellungenunzählige Bestätigungen erhalten!Einmal hatte ich Gelegenheit, mich mit einundzwanzig verschie<strong>den</strong>en Geisternzu <strong>unter</strong>halten, welche alle durch meine Frau sprachen; die Mehrzahl gab mirbefriedigende Beweise dafür, daß sie bestimmte Freunde und Verwandte waren,die ich während ihres Er<strong>den</strong>lebens gekannt hatte. Im ganzen sprachen sie sechsverschie<strong>den</strong>e Sprachen, während meine Frau nur Schwedisch und Englischspricht.Aus einer Patientin, Frau A., welche aus Chicago zu uns gebracht wor<strong>den</strong> war,wur<strong>den</strong> dreizehn verschie<strong>den</strong>e Geister ausgetrieben und ihnen erlaubt, sichdurch meine Frau kund zu tun. Sieben von diesen wur<strong>den</strong> von der Mutter derPatientin, Frau H. W., als Verwandte und Freunde wiedererkannt, die sie <strong>bei</strong>ihren Lebzeiten gut gekannt hatte.Der eine war ein Geistlicher, früherer Pastor an der Methodistenkirche, derenMitglied Frau H.W. ist. Er war <strong>bei</strong> einem Eisenbahnunglück vor neun <strong>Jahre</strong>nums Leben gekommen, war sich dieser Tatsache aber immer noch nicht bewußt.Ein anderer Geist war ihre Schwägerin. Dann weiter noch drei ältere Frauen,langjährige Freundinnen der Familie, ferner ein Nachbarssohn und die Schwiegermutterder Patientin, alles völlig Unbekannte für meine Frau.Frau H. W. <strong>unter</strong>hielt sich lange und ausführlich mit jedem einzelnen von ihnen,während sie durch meine Frau sprachen. Unzählige Angaben und Behauptungendieser Geister konnte sie als zutreffend bestätigen und half eifrig mit, ihnenbegreiflich zu machen, welche Wandlung mit ihnen vor sich gegangen, und wiesie ihre Tochter besessen gemacht. Diese Patientin ist jetzt völlig gesund. Sietreibt Musik und kann wieder allen Anforderungen gerecht wer<strong>den</strong>, welche dasFamilien- und Gesellschaftsleben an sie stellt.Ein anderer Fall wird deutlich zeigen, daß die Psychose sich tatsächlich vonPatienten auf das Medium übertragen läßt, und die Unmöglichkeit dartun, daßda<strong>bei</strong> das "Unterbewußtsein" oder eine "Persönlichkeits-Spaltung" des Mediumseine Rolle spielen könne.— 48 —


Eines Sommerabends wur<strong>den</strong> wir in die Wohnung der Frau M., einer hochgebildetenDame gerufen. Sie war eine Musikerin ersten Ranges und mit ihrenNerven zusammengebrochen, da die an sie gestellten gesellschaftlichen Anforderungenzu groß gewor<strong>den</strong> waren. Sechs Wochen schon hatte sie unablässigTobsuchtszustände, so daß keiner mit ihr fertig wurde, und auch ihre Ärzte ihrkeine Ruhe verschaffen konnten. Sie bedurfte beständiger Aufsicht, und tags wienachts mußte eine Pflegerin <strong>bei</strong> ihr sein.Wir fan<strong>den</strong> die Patientin in ihrem Bette sitzend. Ein Weilchen weinte und jammertesie wie ein Kind, dann wieder schrie sie voll Angst: "Matilla, Matilla!" —Plötzlich schlug sie um sich und gebärdete sich, als ob sie einen Ringkampf zuführen hätte. Da<strong>bei</strong> sprach sie wild und erregt ein Gemisch von Englisch undSpanisch. (Letzteres war ihr im normalen Zustande völlig unbekannt)Meine Frau durchschaute aufgrund ihrer medialen Wahrnehmung die Sachlagesofort. Es stand für sie außer Frage, daß es sich um einen Fall von Besessenheithandle, und das fand auch unerwartet schnell seine Bestätigung. Denn als meineFrau, schon im Mantel zum Fortgehen gerüstet, noch am Fußende des Bettesstand, fiel sie plötzlich in Tiefschlaf. Wir setzten sie auf ein Sofa im Musikzimmer,wo ich dann zwei Stun<strong>den</strong> lang, der Reihe nach, mit verschie<strong>den</strong>en Geisternsprach, die sie unmittelbar von der Patientin her an sich gezogen hatte.Es waren drei Geister, — ein Mädchen namens Mary, ihr Verehrer, ein Amerikaner,und sein mexikanischer Nebenbuhler Matilla. Beide Männer waren lei<strong>den</strong>schaftlichin das Mädchen verliebt, und ebenso lei<strong>den</strong>schaftlich haßten sieeinander gegenseitig. Rasend vor Eifersucht hatte der eine das Mädchen getötet,und danach hatten die <strong>bei</strong><strong>den</strong> Rivalen in einem verzweifelten Ringen einanderumgebracht.Keinem von ihnen war es zum Bewußtsein gekommen, daß sie "tot" waren,<strong>den</strong>n Mary sagte jämmerlich weinend: "Ich dachte schon, sie wür<strong>den</strong> sichgegenseitig umbringen, aber sie leben immer noch und hören nicht auf zuraufen!"Diese Tragödie von <strong>Liebe</strong>, Haß und Eifersucht hatte also mit dem körperlichenTode durchaus noch nicht ihr Ende gefun<strong>den</strong>; sich ihres veränderten Zustandesnicht bewußt, waren die drei Verstorbenen in die seelische Atmosphäre der Patientinhineingeraten und setzten dort ihren Kampf und Streit fort. Da nun zu derZeit gerade <strong>bei</strong> der Patientin die Widerstandskraft ihrer Nerven außeror<strong>den</strong>tlichgering war, so hatten die Geister einer nach dem andern auch von ihrem KörperBesitz genommen. So war es zu <strong>den</strong> schweren Störungen gekommen, welchesich ihre Ärzte und Pflegerinnen nicht erklären konnten.Es war recht schwierig, die drei Geister davon zu überzeugen, daß sie ihren irdischenKörper verloren hätten; aber schließlich erkannten sie die Wahrheit undwur<strong>den</strong> dann von unsern unsichtbaren Mitar<strong>bei</strong>tern fortgebracht.Unterdessen war die Patientin aufgestan<strong>den</strong>, hatte sich vernünftig mit der erstauntenPflegerin <strong>unter</strong>halten und war ruhig in ihrem Zimmer umhergegangen.— 49 —


Bald aber legte sie sich wieder zu Bett und sagte: "Heute Nacht werde ich abermal gut schlafen." Sie schlief ohne ihre gewohnten Schlafmittel ein und schliefruhig die ganze Nacht hindurch.Am andern Tage wurde sie von der Pflegerin in unser Haus gebracht. Wir entließendie Pflegerin und setzten die Medikamente ab. Nach einer elektrischenBehandlung aß die Patientin zu Mittag mit <strong>den</strong> andern Kranken im gemeinsamenSpeisesaal und nahm am Abend an einer Veranstaltung teil, die in unseremGesellschaftszimmer stattfand.Am nächsten Tage wurde noch ein besonderer Geist aus ihr vertrieben, dies warein kleines Mädchen, welches <strong>bei</strong> dem Erdbeben in San Franzisko ums Lebengekommen war. Die Kleine weinte beständig, weil sie sich im "Dunkeln verlaufenhabe", wie sie sagte. Selbstverständlich wurde sie getröstet und sogleich vongeistigen Freun<strong>den</strong> in Obhut genommen, welche sie nicht hatten erreichen können,solange sie in der Aura der medial veranlagten Patientin verstrickt war.Nach einigen Monaten der Behandlung, der Ruhe und der Erholung, kehrte diePatientin in ihr Haus zurück und nahm ihr normales Leben wieder auf.Eins unserer frühesten Erlebnisse hatten wir in Chicago am 15. November 1906.Während einer unserer Sitzungen fiel meine Frau, von einer frem<strong>den</strong> Wesenheitin Besitz genommen, auf <strong>den</strong> Fußbo<strong>den</strong> und blieb einige Zeit im Zustandeschwerer Bewußtlosigkeit liegen. Der in ihr steckende Geist wurde endlich zurBesinnung gebracht und tat, als ob er große Schmerzen hätte. Immer wiedersagte er: "Warum habe ich bloß nicht mehr Karbolsäure genommen? Ich willsterben, ich habe das Leben ja so satt!"Mit schwacher Stimme beklagte der Geist sich über die tiefe Dunkelheit um ihnher; er war nicht fähig, das elektrische Licht zu sehen, welches ihm voll insGesicht schien. Der Geist flüsterte leise: "Mein armer Sohn!" und als wir in ihndrangen, uns zu sagen, wer er sei, da sagte er, er heiße Mary Rose und habe inder South Green Street Nr. 202 gewohnt, eine Straße, die uns damals völligunbekannt war.Anfangs wußte die Verstorbene sich überhaupt nicht zu entsinnen, welchesDatum wir wohl schrieben. Als man sie aber fragte: "Ist heute nicht der 15.November 1906?", erwiderte sie: "Nein, das ist erst nächste Woche." — DasLeben hatte ihr schwere Enttäuschungen gebracht, sie war beständig an einemchronischen Magenlei<strong>den</strong> krank gewesen, und hatte schließlich um ihrem trostlosenDasein ein Ende zu machen, Gift genommen.Zunächst konnte sie nicht begreifen, daß es ihr nur gelungen war, ihren irdischenKörper zur zerstören. Denn wie die meisten Selbstmörder wußte sie nicht, daßdas Leben ja doch unzerstörbar ist, und dementsprechend wußte sie auch nichtsvon der Wirklichkeit des Jenseits. Als wir zu ihr über <strong>den</strong> wahren Lebenszwecksprachen, wie doch alle Erfahrungen und auch die Lei<strong>den</strong> ihren tiefen Sinnhaben, da überkam sie ehrliche Reue, und sie bat flehentlich um Vergebung.— 50 —


Nun taten sich auch die Augen dieser Seele auf, und sie sah, wenn auch zunächstnoch undeutlich, die Gestalt ihrer Großmutter, welche gekommen war, um sie indie Geisterwelt mitzunehmen.An Hand der Angaben, die die Verstorbene uns über ihre Wohnung gemachthatte, stellten wir Nachforschungen an und fan<strong>den</strong> alles bestätigt. Eine Frau diesesNamens hatte in jenem Hause gewohnt. Auch wohnte ihr Sohn dort, und dersagte uns, daß Frau Rose in das Cook County Hospital gebracht wor<strong>den</strong> und dortin der vergangenen Woche gestorben sei.Auf unsere Nachfrage im Hospital fan<strong>den</strong> wir noch weitere Angaben als Tatsachenbestätigt. Man schickte uns eine Abschrift der Eintragung in die Krankenliste:Cook County Hospital, Chicago, Ills.Mary Rose,Aufgenommen am 7. November 1906,Gestorben am 8. November 1906,Karbolsäure-Vergiftung,Nr. 341106.Noch ein anderer Fall mag zeigen, daß es oftmals möglich ist, die Persönlichkeiteines Geistes eindeutig festzustellen.Frau FL, eine Patientin, die mehrere Ärzte als hoffnungslos irre bezeichnet hatten,war in gesun<strong>den</strong> Tagen eine gebildete Dame von angenehmem ruhigenWesen. Jetzt zeigte sie sich sehr ungebärdig und widerspenstig, fluchte beständigund schlug mit solcher Heftigkeit um sich, daß mehrere Personen nötigwaren, um sie zu bändigen. Zuweilen fiel sie in schwere Bewußtlosigkeit, dannwieder hatte sie leichtere Ohnmachtsanfälle. Sie verweigerte die Nahrungsaufnahme,behauptete, sie stehe mit himmlischen Mächten in Verbindung, underging sich in besonders gemeinen Re<strong>den</strong>sarten; diese verschie<strong>den</strong>en Zuständewechselten <strong>bei</strong> ihr beständig ab. Aber ein sicherer Beweis dafür, daß es sich umBesessenheit handle, war nicht zu erlangen gewesen, bis Frau Fl. eines Tagesdie Sprache verlor und <strong>unter</strong> sinnlosem Stammeln eine völlig Taubstummespielte.An dem Tage kam gerade ein Herr aus einem Nachbarstaate zu einem unsererKranken zu Besuch. Dieser Herr war eben angekommen, als die Pflegerin derFrau Fl. mir die Meldung machte, daß der Zustand ihrer Patientin sich ebenschon wieder verändert habe, sie spräche jetzt wie ein kleines Kind. Dieser neueWechsel war ganz verblüffend, und ich lud <strong>den</strong> Herrn ein, mitzukommen undsich die Patientin auch mal anzusehen. Er war für diese ein völlig Unbekannter,doch als er das Zimmer betrat, zeigte sie mit dem Finger auf ihn und sagte mitheller Kinderstimme: "Den Mann kenne ich, er hat mir immer Schleifchen andie Schultern gesteckt, und er zupfte immer an meinen Zuckerstangen. Er hatmich auch ins Zigeunerlager mitgenommen. Er hat uns gerade gegenüber in derselbenStraße gewohnt und nannte mich "Rosenknospchen". Ich bin vier <strong>Jahre</strong>alt!"— 51 —


Der Herr war höchst erstaunt und bestätigte alle diese Angaben. Er hatte in seinerHeimatstadt in Jowa ein solches Kind gekannt. Die Kleine war aber voreinem Jahr gestorben. Er erklärte, daß er Kinder sehr gerne habe und das Kindeinige Male in ein Zigeunerlager mitgenommen habe. Und wenn er der KleinenZuckerstangen gekauft hatte und sie daran kaute, dann habe er daran gezupftund ihr scherzend gedroht, er werde ihr die Zähne damit ausziehen.Es war klar, daß die Zuneigung zu ihrem Freunde die Meine Verstorbene angezogenhatte, und sie fand nun in Frau Fl. ein Werkzeug, durch welches sie demHerrn ihre Gegenwart kundgeben konnte.Die Patientin wurde von diesem Geiste und allmählich auch von andern Wesen,die sie besessen machten, befreit und wieder völlig gesund, so daß sie einigeMonate später auch von Gerichts wegen als völlig zurechnungsfähig anerkanntund zur verantwortlichen Unterzeichnung von Urkun<strong>den</strong> zugelassen wurde.Ein anderer Fall dieser Art war der der Frau O. — Diese war Köchin in einemGasthaus und hatte an einer ihrer Kellnerinnen ein seltsames Benehmen beobachtet.Diese Kellnerin litt offenbar <strong>unter</strong> Sinnestäuschungen und Halluzinationen,und Frau O. brachte sie zu mir in die Sprechstunde. Nach einer elektrischenBehandlung erklärte die Patientin, sich viel wohler zu fühlen, und ging wiedernach Hause. Aber in derselben Nacht wurde Frau O. von einem unerklärlichenZustand befallen, welcher sie nicht schlafen ließ. Diese Unruhe dauerte bis zumfolgen<strong>den</strong> Morgen gegen 10 Uhr. Sie befand sich schon mitten in <strong>den</strong> Vorbereitungenfür das Mittagessen, da wurde sie tobsüchtig, raufte sich das Haar unddrohte, sich ein Leid anzutun.Ich wurde gerufen, und als ich hinkam, fand ich Frau O. im Zustande des Wahnsinns.Sie beklagte sich, sie würde hin und her gejagt und könne nirgends Ruhefin<strong>den</strong>. In der Vermutung, daß ein fremdes Wesen in ihr stecke, setzte ich FrauO. auf einen Stuhl und fesselte ihr die Arme, um Tätlichkeiten vorzubeugen.Nach verschie<strong>den</strong>en Bemerkungen erklärte der Geist, er sei ein Mann; aber erwollte nichts davon wissen, daß er "tot" sei und eine Frau besessen mache.Er sagte, er heiße Jack, sei ein Onkel der zerstört gewesenen Kellnerin und imLeben ein Vagabund gewesen. Nach längeren Auseinandersetzungen begann erseine Lage zu begreifen. Er versprach, fernerhin nieman<strong>den</strong> mehr zu belästigenund entfernte sich dann. Frau O. kam darauf sofort wieder zu klarem Bewußtseinund ging wieder an ihre Ar<strong>bei</strong>t ohne jede weitere Beunruhigung.Später bestätigte die Kellnerin, daß sie einen Onkel namens Jack gehabt, der einVagabund gewesen und nun verstorben sei. — In diesem Falle hatte Frau O. alsMedium gedient; auf sie war die Besessenheit von der Kellnerin her übertragenwor<strong>den</strong>.Vor einer Reihe von <strong>Jahre</strong>n berichtete Dr. Lydston in <strong>den</strong> Chicagoer Blätternüber einen Patienten, der, obgleich er weder Kenntnis des Französischen nochder Melodie besaß, ganz richtig auf französisch die "Marseillaise" sang, sobalder ein Betäubungsmittel bekommen hatte. Dr. Lydston, welcher an ein Fortbe-— 52 —


stehen des Ichs nach dem Tode nicht glaubt, erklärte diese Erscheinung als eineÄußerung des gesteigerten Bewußtseins, oder <strong>unter</strong>bewußten Gedächtnisses! Erstellte sie in Vergleich mit dem Falle jenes gänzlich ungebildeten Dienstmädchens,das im Fieberwahn klassisches Latein sprach, so fließend, wie es ihr ehemaligerDienstherr, ein Latein-Professor, zu seinen Lebzeiten gesprochen hatte.Ich erwiderte darauf in einem Zeitungsaufsatz, daß man solchen Erscheinungen<strong>bei</strong> der Mediumforschung sehr häufig begegne, und stellte fest, daß, allen Erklärungenmaterialistischer Wissenschaftler zum Trotz, diese Fälle deutlich beweisen,daß die Verstorbenen jenseits des Grabes weiterleben und befähigt sind,sich durch Menschen medialer Veranlagung kundzutun. Ich bemerkte dazu: Werdie Wahrheit kenne, werde sie auch in diesen <strong>bei</strong><strong>den</strong> Fällen dahin bestätigt fin<strong>den</strong>,daß jener Mann medial veranlagt sei und, wenn er französisch singe, <strong>unter</strong>dem Einfluß eines frem<strong>den</strong> Wesens stehe, während aller Wahrscheinlichkeitnach das Dienstmädchen, wenn es Latein sprach, von dem Geist des verstorbenenProfessors besessen war.Kurz nachher besuchte mich der Herr, auf <strong>den</strong> sich Dr. Lydstons Veröffentlichungbezogen hatte. Er hatte nämlich meinen Zeitungsaufsatz gelesen underklärte mir: "Ich weiß nichts von Französisch, aber ich weiß, daß ich von Geisternzu Tode gequält werde!"Neuzeitliche Seelenforscher, welche Krankheitsbilder wie "Persönlichkeitsspaltung","Vervielfältigung der Persönlichkeit" oder "Bewußtseins-Zerfall" besondersstudiert haben, leugnen die Möglichkeit, daß es sich da<strong>bei</strong> um Äußerungenund Kundgaben geistiger Wesen handeln könne aus dem Grunde, weil diese Persönlichkeitenja weder übernatürliches Wissen bekundeten, noch selbst behauptetenselbständige Geistwesen im Sinne der spiritistischen Anschauung zu sein.Im Gegensatz dazu haben unsere Erfahrungen uns gelehrt, daß die aller meistendieser Wesen sich ihres Hinübergangs in die andere Welt gar nicht bewußt sind.Daher kommt ihnen gar nicht der Gedanke, daß sie Geister sein könnten, und siesind ganz und gar nicht geneigt, sich dieser Tatsache bewußt zu wer<strong>den</strong>.Im Falle des Fräulein Beauchamp handelte es sich um 4 verschie<strong>den</strong>e Persönlichkeiten,die in der Patientin abwechselnd auftraten. Dr. Morton Prince, derüber diesen Fall in seiner Ar<strong>bei</strong>t "die Spaltung einer Persönlichkeit" berichtet,erwähnt nichts davon, daß von <strong>den</strong> fachmännischen Beobachtern in Erwägunggezogen wäre, daß vielleicht irgendwelche frem<strong>den</strong> Geistwesen für diesen Persönlichkeitswechselverantwortlich zu machen seien. Und doch betonte "Sally"(Persönlichkeit Nr. 3) nachdrücklich, sie sei nicht Fräulein Beauchamp (Christine),vielmehr sei ihr Bewußtsein von dem des Fräulein Beauchamp ganz verschie<strong>den</strong>!So berichtet sie z.B. aus der Zeit, als Fräulein B. laufen und sprechenlernte: "Von damals, als sie noch ein ganz kleines Mädchen war und eben laufenlernte … erinnere ich mich sehr deutlich, wie ihr Denken ganz getrennt nebendem meinen einherging!"Ähnlich war es im Falle der Bernice Redick aus Ohio, einer jungen Schülerin, inder ihr normales Ich beständig abwechselte mit einer Persönlichkeit, die sich— 53 —


"Polly" nannte und sich als ein sehr ungezogenes Kind aufführte. Alles deutetehier auf Beeinflussung durch ein entkörpertes Geistwesen, das sich wahrscheinlichseines Hinübergangs nicht bewußt war und sich an Fräulein Redick gehängthatte.Daß diese "Persönlichkeiten" selbständige Wesen sind, ist <strong>unter</strong> geeigneten Versuchsbedingungenleicht zu beweisen, indem man sie auf ein Medium überträgt,wie das in so vielen ähnlichen Versuchen schon zur Übergenüge dargetan wor<strong>den</strong>ist.Jeder Versuch, unsere Erlebnisse nach der bekannten Lehre vom Unterbewußtseinals "Autosuggestion" oder als mehrfache "Persönlichkeits-Spaltung" zuerklären, wäre unhaltbar. Denn erstens ist es doch offenbar nicht gut möglich,daß meine Frau an die tausend Persönlichkeiten haben sollte. Und dann ist es jamit Leichtigkeit möglich, <strong>den</strong> krankhaften Seelenzustand von der angeblichgeisteskranken Person auf meine Frau zu übertragen, wodurch gleichzeitig indem Patienten die krankhaften Erscheinungen zum Verschwin<strong>den</strong> gebracht wer<strong>den</strong>.Auf diese Weise kommt ja gerade deutlich zutage, daß diese Störung vonentkörperten Geistwesen verursacht wurde, deren Persönlichkeit oft genug einwandfreifestzustellen ist.Hellhörend Veranlagte lei<strong>den</strong> oft schwer <strong>unter</strong> der andauern<strong>den</strong> Belästigungdurch Stimmen von Besessenheitsgeistern. Das sind die <strong>bei</strong> Wahnsinnigen so oftzu beobachten<strong>den</strong> "Gehörs-Halluzinationen"! Und wohnt ein Hellhörender einersolchen Sitzung <strong>bei</strong>, wo Geister ausgetrieben und auf das Medium übertragenwer<strong>den</strong>, dann kommt es zu recht lehrreichen Enthüllungen.Ein Beispiel hierzu ist der Fall der Frau Burton, einer heilhören<strong>den</strong> Patientin, diesich beständig mit Besessenheitsgeistern herumzuschlagen hatte, und die durchTeilnahme an unseren Sitzungen von ihren un<strong>willkommen</strong>en Begleitern befreitwurde. Die nachstehend mitgeteilten Gespräche, welche durch meine Frau, alsMedium, mit <strong>den</strong> Geistern geführt wer<strong>den</strong> konnten, wer<strong>den</strong> die kennzeichnen<strong>den</strong>Besonderheiten der verschie<strong>den</strong>en Wesen am besten deutlich wer<strong>den</strong> lassen.— — —Geist: Carrie Huntington. — Patient: Frau Burton.Doktor: Sagen Sie uns doch mal, wer Sie sind.Geist: Lassen Sie meine Hände los!Dr. Sie müssen aber hübsch still sitzen.G. Weshalb behandeln Sie mich so?Dr. Wer sind Sie?G. Wozu wollen Sie das wissen?Dr. Sie sind ganz fremd hier hereingekommen, da möchten wir doch gerne wissen,wer Sie sind.G. Was geht Sie <strong>den</strong>n das an?— 54 —


Dr. Wir möchten doch gern wissen, mit wem wir das Vergnügen haben. Wennzu Ihnen ein Fremder ins Haus käme, wür<strong>den</strong> Sie da nicht auch wissenwollen wie er heißt?G. Ich wollte ja gar nicht hier her, und ich kenne ja auch keinen von Ihnen.Irgend jemand stieß mich hier herein, und ich halte das gar nicht für richtig,mich so gewaltsam dazu zu zwingen. Und als ich hereinkam und mich auf<strong>den</strong> Stuhl setzte, da packten Sie gleich meine Hände, als ob ich eine"Gefangene" wäre. Wozu hat man mich <strong>den</strong>n hier hereingeschubst? (Vonführen<strong>den</strong> Geistern in das Medium hineingebracht.)Dr. Sie waren sicherlich im Dunkeln.G. Mir war, als hätte mich jemand gewaltsam mitgenommen.Dr. Weshalb <strong>den</strong>n wohl?G. Ich weiß keinen Grund, und ich sehe nicht ein, warum ich so gequältwerde.Dr. Hat man Ihnen keine Erklärung gegeben, weshalb man Sie so behandelte?G. Eine ganze Zeitlang war es fürchterlich für mich, ich wurde rein zu Todegepeinigt. Ich wurde hin und her gehetzt. Ich bin so außer mir, daß ich amliebsten alles kurz und klein schlagen möchteDr. Was hat man Ihnen <strong>den</strong>n getan?G. Alles erscheint mir so schrecklich. Wenn ich umhergehe, fühle ich mich soelend. Ich weiß nicht, was es ist. Manchmal ist es, als ob etwas auf michlosschlüge, daß mir die Sinne vergehen. Es kommt dann über mich wieDonner und Blitz. (Elektrische Behandlung der Patientin.) Das macht solcheinen Lärm. Dieser schreckliche Lärm — es ist furchtbar! Ich kann dasnicht länger ertragen und will es auch nicht mehr!Dr. Das soll uns sehr freuen, wenn Sie es nicht mehr ertragen wollen.G. Bin ich hier etwa nicht <strong>willkommen</strong>? Und wenn nicht, mich kümmert esnicht.Dr. Sie machen wenig Umstände!G. Ich habe so viel Schweres erlebt.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Was wollen Sie damit sagen? Ich bin nicht tot. Ich bin so lebendig, wie ichnur irgend sein kann, und ich fühle mich wieder ganz jung.Dr. War Ihnen nicht manchmal, als ob Sie jemand anderes wären?G. Zuweilen ist mir recht seltsam zu Mute, besonders, wenn "es" so auf michlosschlägt, daß ich bewußtlos werde. Ich fühle mich sehr schlecht, ich weißgar nicht, womit ich solche Lei<strong>den</strong> verdient habe und warum mir das sogehen muß.Dr. Es wird doch wohl notwendig sein.G. Ich meine, ich sollte wohl gehen dürfen, wohin es mir gefällt; aber dann istmir wieder so, als ob ich gar keinen eigenen Willen mehr besäße. Ich versuchees wohl, aber dann packt mich jemand und bringt mich an einen Ort,wo man mich bis zur Bewußtlosigkeit schlägt. Wenn ich nur wüßte, wie iches anstellen soll, ich würde ja niemals dort hingehen; aber da ist eine Person,die hat scheint's das Recht, mich überall hin mitzunehmen. Aber ich— 55 —


meine, ich müßte doch ebensogut das Recht haben, sie mit mir mitzunehmen.(Sie meint die Patientin.)Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n mit ihr zu tun? Können Sie <strong>den</strong>n nicht Ihr eigenesLeben für sich leben?G. Ich lebe ja mein eigenes Leben, aber sie mischt sich in meine Angelegenheiten.Ich spreche mit ihr. Sie will mich fortjagen; dann möchte aber ichsie davonjagen, und das gibt dann einen regelrechten Kampf. Ich sehe nichtein, weshalb ich nicht ebensoviel Recht haben sollte wie sie.Dr. Wahrscheinlich kommen Sie ihr ins Gehege.G. Sie will mich loswer<strong>den</strong>. Ich tue ihr doch nichts. Ich spreche nur manchmalmit ihr.Dr. Weiß sie, daß Sie mit ihr re<strong>den</strong>?G. Manchmal weiß sie es, und dann jagt sie mich regelrecht davon. Sie handeltganz vernünftig, aber sie ist dann sehr gereizt. Sie geht dann dahin, woich bis zur Besinnungslosigkeit geschlagen werde, und dann fühle ich michsehr elend. Ich habe nicht die Macht, sie von dort fortzubringen; und sobringt sie mich dazu, auf und davon zu gehen.Dr. Sie sollten sich nicht immerzu <strong>bei</strong> ihr aufhalten.G. Es ist doch mein Körper und nicht der ihrige. Sie hat doch kein Recht; ichverstehe nicht, weshalb sie mir immer in die Quere kommt.Dr. Sie steht wohl nur Ihrer Selbstsucht im Wege.G. Ich meine, ich habe auch einiges Anrecht am Leben — so <strong>den</strong>ke ichwenigstens.Dr. Sie haben Ihren irdischen Körper abgelegt, ohne sich dieser Tatsachebewußt zu wer<strong>den</strong>, und haben nun eine Dame belästigt. Sie sollten jetzt indie Geisterwelt gehen und sich nicht länger hier herumtreiben.G. Sie sagen, ich triebe mich herum. Ich treibe mich nicht herum, bin auchnicht ein Mensch, der sich in anderer Leute Angelegenheiten einmischt;aber ich muß doch wenigstens meine Meinung sagen dürfen zu dem, wasvor sich geht.Dr. Das war der Grund, weswegen Sie <strong>den</strong> "Donner" und die "Schläge" bekommenhaben.G. Für eine Weile war das alles in Ordnung, aber in letzter Zeit wurde esschlimm. Ich muß eine Erklärung dafür haben.Dr. Die sollen Sie jetzt bekommen.G. Ich will ja gerne alles tun, damit die schrecklichen Schläge aufhören.Frau Burton (erkennt <strong>den</strong> Geist als einen, der sie geplagt hatte): Ich habe Siegründlich satt! Wer sind Sie <strong>den</strong>n überhaupt?G. Ich bin eine Fremde.B. Wie heißen Sie?G. Mein Name?B. Haben Sie keinen?G. Ich heiße Carrie.B. Carrie — wie weiter?— 56 —


G. Carrie Huntington.B. Wo lebten Sie?G. In San Antonio n Texas.B. Sie waren lange <strong>bei</strong> mir, nicht wahr? (Es ist eine Reihe von <strong>Jahre</strong>n her, daßFrau B. in San Antonio war.)G. Sie waren lange <strong>bei</strong> mir. Ich möchte gerne herausfin<strong>den</strong>, weshalb Sie mirimmer in die Quere kommen. Jetzt erkenne ich Sie wieder.B. In welcher Straße haben Sie gewohnt?G. Ich habe dort verschie<strong>den</strong>e Wohnungen gehabt.Dr. Ist es Ihnen <strong>den</strong>n nicht ganz gut <strong>den</strong>kbar, daß Sie tatsächlich gestorben seinkönnten und Ihren irdischen Leib abgelegt haben? Können Sie sich nichterinnern, daß Sie krank gewesen sind?G. Das letzte, worauf ich mich besinnen kann, ist, daß ich in El Paso gewesenbin; danach erinnere ich mich an nichts mehr. Dorthin gekommen bin ich,aber ich kann mich nicht entsinnen, von dort fortgezogen zu sein. Alsomüßte ich auch jetzt noch dort sein. Dort bin ich eines Tages sehr krankgewor<strong>den</strong>.Dr. Wahrscheinlich haben Sie damals Ihren irdischen Körper verloren.G. Wohin ich von El Paso ging, weiß ich nicht. Eine Strecke lief ich, dannfuhr ich mit der Eisenbahn, und es war gerade so, als ob ich Luft wäre. Niemandkümmerte sich um mich, und ich mußte dieser Dame folgen (FrauB.), als ob ich ihre Bediente wäre, und ich bin sehr ärgerlich darüber.B. Sie haben mich ja fast zu Tode gequält durch Ihr fortwährendes Singen.G. Ich mußte doch etwas tun, um mich bemerkbar zu machen; Sie wollten jaauf keine andere Weise auf mich hören. Sie fuhren davon mit der Eisenbahn,und ich mußte mit, fort aus meiner Heimat und von meinen Angehörigen.Das muß einen doch kränken, verstehen Sie?B. Ich verstehe Sie viel besser, als Sie mich.Dr. Können Sie nicht begreifen, was mit Ihnen geschehen ist?G. Ich möchte Ihnen nur sagen, daß ich diese Schläge nicht mehr habenmöchte. Hier komme ich nicht wieder her,Dr. Begreifen Sie doch Ihre Lage, Sie sind gestorben, wahrscheinlich damals,als Sie krank waren, und haben nun keinen sterblichen Körper mehr. Undals unwissender Geist haben Sie diese Dame besessen gemacht undgequält.G. Kann man <strong>den</strong>n mit einem Geiste sprechen?Dr. Gewiß ist das möglich.G. Ich bin kein Geist. Geister können doch nicht re<strong>den</strong>. Wenn man tot ist, liegtman einfach da.Dr. Wenn der Körper stirbt, so liegt er da, aber die Seele doch nicht.G. Die geht zu Gott der sie uns gab.Dr. Wo ist er? Wo ist dieser Gott?G. Im Himmel.Dr. Wo ist der Himmel?G. Dort, wo man Jesus findet.— 57 —


Dr. Die Bibel sagt: "Gott ist die <strong>Liebe</strong>, und wer in der <strong>Liebe</strong> bleibet, der bleibtin Gott." Wo wollen Sie diesen Gott fin<strong>den</strong>?G. Ich <strong>den</strong>ke doch im Himmel. Ich kann Ihnen darüber nichts sagen. Aber ichweiß, daß ich in der schlimmsten Hölle war; die haben Sie mir nur mit diesenSchlägen geschaffen. Ich kann nicht fin<strong>den</strong>, daß sie mir zu irgendetwasgut gewesen wären. Ich mag sie gar nicht.Dr. Dann müssen Sie nun aber auch von dieser Dame fortbleiben.G. Ich sehe sie jetzt deutlich, und ich kann mich nun richtig mit ihr <strong>unter</strong>halten.Dr. Ja, aber das wird das letzte Mal sein.G. Woher wissen Sie das?Dr. Wenn Sie uns hier verlassen, wer<strong>den</strong> Sie sehen, daß Sie durch einen frem<strong>den</strong>Körper gesprochen haben. Sie stecken im Körper meiner Frau.G. Welcher Unsinn! Ich hätte Sie für gescheiter gehalten, als daß Sie einensolchen Unsinn re<strong>den</strong> könnten.Dr. Es mag Ihnen töricht scheinen, aber sehen Sie sich doch mal Ihre Hände an.Erkennen Sie die wieder?G. Die sehen nicht so aus wie meine; aber in letzter Zeit hat sich soviel ereignet,daß ich noch nicht weiß, was ich tun werde. Die Dame da drüben (FrauB.) hat sich wie eine Tobsüchtige benommen, und ich nahm die Dinge, wiees gerade kam. So werde ich nun herauszubekommen suchen, was sieeigentlich vorhat und weshalb sie mir das alles antut?Dr. Sie wäre sehr froh, wenn sie Sie los würde.B. Carrie, wie alt sind Sie?G. Sie wissen doch, daß eine Dame nicht gerne sagt, wie alt sie ist.Dr. Besonders, wenn sie unverheiratet ist.G. Entschuldigen Sie, Sie wer<strong>den</strong> sich schon darein fügen müssen. Ich wer<strong>den</strong>iemandem sagen, wie alt ich bin.Dr. Waren Sie verheiratet?G. Ja, ich war verheiratet, aber ich habe mir aus meinem Manne nicht vielgemacht.Dr. Wie hieß er <strong>den</strong>n?G. Das ist mein Geheimnis. Ich möchte um alles in der Welt seinen Namennicht nennen hören, und ich mag auch seinen Namen nicht tragen. Ichheiße Garne Huntington, das war mein Name, und ich mag seinen Namennicht tragen.Dr. Wollen Sie in die Geisterwelt gehen?G. Was für törichte Fragen Sie stellen.Dr. Ihnen mag das vielleicht töricht erscheinen, aber <strong>den</strong>noch gibt es eine Geisterwelt.Geistige Dinge erscheinen dem menschlichen Denken oft töricht.Aber Sie haben doch keinen Körper mehr!G. Ich habe doch meinen Körper noch. Ich lebe mit dieser Dame zusammen,aber sie tut etwas, was ich nicht lei<strong>den</strong> kann. Sie ißt zu viel. Sie ißt zu vielund wird zu kräftig; dann habe ich keine Macht über ihren Körper, —wenigstens nicht so viel, wie ich gerne hätte. (Zu Frau B.) Sie sollten weni-— 58 —


ger essen! Was habe ich mir schon für Mühe gegeben, daß Sie dies undjenes nicht essen sollten; aber Sie sind ja zu unvernünftig. Sie hören janicht einmal hin, wenn ich etwas sage.B. Das hier ist der Ort, wo ich Ihnen schon geraten habe hinzugehen. Aberallein wollten Sie ja nicht hergehen.G. Ich weiß wohl, aber Sie haben kein Recht, mich hierher zu bringen, wo ichdiese Schläge bekomme. Ich habe keine Lust <strong>bei</strong> Ihnen zu bleiben, wennSie sich diese fürchterlichen Schläge geben lassen.Dr. Die gibts nebenan (im Nebenzimmer). Wollen Sie welche?G. Nein, danke. Ich mag keine mehr.Dr. Hören Sie hübsch auf das, was Ihnen gesagt wird, dann wer<strong>den</strong> Sie keinemehr nötig haben. Sie sind ein unwissender Geist. Ich meine damit, Siesind in Unwissenheit über Ihre Lage. Sie haben Ihren Körper abgelegt undwissen das offenbar gar nicht.G. Wie wissen Sie das?Dr. Sie befin<strong>den</strong> sich jetzt im Körper meiner Frau.G. Ich habe Sie bisher doch noch nie gesehen. Wie, um alles in der Welt, kommenSie da auf <strong>den</strong> Gedanken, daß ich Ihre Frau sein soll! Nein niemals!Dr. Das wünschte ich mir auch gar nicht!G. Und ich auch nicht!Dr. Ich möchte aber auch nicht, daß Sie jetzt noch länger im Körper meinerFrau bleiben. Sie müssen jetzt endlich begreifen, daß Sie keinen irdischenLeib mehr haben. Erkennen Sie diese Hände? (Die Hände meiner Frau.)G. Ich habe in letzter Zeit so viele Veränderungen durchgemacht, daß michdas schon ganz verrückt macht. Ich habe es gründlich satt!Dr. Nun, Carrie, seien Sie vernünftig.G. Ich bin vernünftig, und ich bitte mir aus, daß Sie von mir nicht etwas anderesbehaupten, sonst könnten Sie etwas zu hören bekommen, was Ihnenwohl noch keiner gesagt hat!Dr. Aber Carrie!G. Ich bin Frau Carrie Huntington!B. Hören Sie doch mal zu, was Dr. Wickland Ihnen zu sagen hat.G. Ich will auf keinen mehr hören, das sage ich Ihnen ein für allemal. Ich binvon einem zum andern gegangen, und es ist mir nun schon ganz gleichgültig,was aus mir wird.Dr. Wissen Sie, daß Sie jetzt aus dem Körper meiner Frau zu uns sprechen?G. Solcher Unsinn! Ich meine, das ist das Verrückteste, was ich in meinemLeben gehört habe.Dr. Nun müssen Sie aber vernünftig sein!G. Vernünftig? Ich bin vernünftig. Sind Sie <strong>den</strong>n unfehlbar?Dr. Das bin ich nicht, aber ich kann Ihnen sagen, daß Sie ein unwissender,selbstsüchtiger Geist sind. Seit einiger Zeit belästigen Sie diese Dame, unddurch die Schläge haben wir Sie jetzt aus ihr herausgetrieben. Ob Sie nunhören wollen oder nicht, Sie sind ein unwissender Geist. Sie müssen sich— 59 —


jetzt vernünftig benehmen, sonst nehme ich Sie ins Behandlungszimmerund abreiche Ihnen noch mal solche "Schläge"!G. Ich mag diese Schläge nicht haben!Dr. Dann ändern Sie gefälligst Ihr Benehmen. Begreifen Sie doch: Es gibt keinenTod! Wenn der Mensch seinen Körper ablegt, wird er für seine aufEr<strong>den</strong> zurückbleiben<strong>den</strong> Mitmenschen nur unsichtbar. So sind auch Sie füruns nicht sichtbar.G. Ich will nichts mit Ihnen zu tun haben.Dr. Wir möchten Ihnen doch nur helfen und Ihnen Ihre Lage begreiflichmachen.G. Ich brauche keine Hilfe!Dr. Wenn Sie sich nicht bald anders benehmen, wer<strong>den</strong> Sie von höheren Geisternfortgeholt und ins Gefängnis gesperrt wer<strong>den</strong>.G. Sie wollen mir bange machen; geben Sie nur acht, daß Ihnen nicht etwasgeschieht!Dr. Sie müssen Ihren Eigensinn überwin<strong>den</strong>. Sehen Sie sich doch mal um! —Vielleicht sehen Sie jeman<strong>den</strong>, <strong>den</strong> Sie gern haben! Sie wer<strong>den</strong> vielleichtirgend jemand sehen, der Sie weinen machen wird.G. Ich mag nicht weinen. Ich singe viel lieber, anstatt zu weinen, Dr. ‘Wo istIhre Mutter?G. Ich habe sie lange nicht mehr gesehen. Meine Mutter, meine Mutter? die istim Himmel. Sie war eine gute Frau und ist <strong>bei</strong> Gott und dem heiligen Geistund all <strong>den</strong> Andern.Dr. Sehen Sie sich um, ob Ihre Mutter nicht hier ist.G. Hier ist doch nicht der Himmel — weit entfernt davon! Wenn dies derHimmel ist, dann ist er ja schlimmer als die Hölle.Dr. Sehen Sie sich nur mal nach Ihrer Mutter um! Sie wird Sie zum Errötenbringen.GIch habe nichts getan, dessen ich mich zu schämen hätte. Was hatten Siefür ein Recht, mir diese Schläge zu geben und mich ins Gefängnis steckenzu lassen? Diese Dame hatte sich doch mit mir verständigt.Dr. Die Dame hat mit uns ausgemacht, sie wollte hierher kommen, um Sie loszuwer<strong>den</strong>.Und durch Elektrizität haben wir Sie nun aus ihr herausgetrieben.Jetzt sind Sie allein!G. Ja, vor einiger Zeit haben mich alle verlassen, und ich kann sie nicht wiederfin<strong>den</strong>. (Andere Besessenheitsgeister.) Warum haben Sie eigentlich <strong>den</strong>großen Burschen fortgejagt?Dr. Die Dame möchte ihren Körper doch für sich allein haben, sie will sichnicht immerzu von erdgebun<strong>den</strong>en Geistern quälen lassen. Möchten Siewohl beständig solche Quälgeister um sich haben?G. Ich weiß nicht, was Sie meinen!Dr. Können Sie noch immer nicht begreifen? Sie haben diese Dame belästigtund ihr das Leben zur Hölle gemacht!G. (Zu Frau B.) Ich habe Sie doch nicht belästigt?— 60 —


B. Nun, heute Morgen haben Sie mich z.B. doch schon früh um 3 Uhrgeweckt!G. Stimmt, Sie müssen doch auch nicht immerzu schlafen.Dr. Sie müssen Ihr eigenes Leben leben!G. Das will ich auch.Dr. Das wird wohl in einem dunklen Kerker sein, wenn Sie sich nicht anständigbetragen.G. Woher wissen Sie das?Dr. Hier können Sie nicht bleiben. Sie sollten lieber hübsch beschei<strong>den</strong> seinund um Hilfe bitten; das ist's, was Ihnen not täte. Meine Frau und ichbetreiben unser Hilfswerk schon seit <strong>Jahre</strong>n. Sie gestattet allen möglichenGeistern, sich ihres Körpers zu bedienen, damit man ihnen auf diese Weise<strong>bei</strong>kommen und helfen kann.G. (Spöttisch.) Sehr liebenswürdig von ihr!Dr. Sie sollten sich schämen! Sehen Sie ihre Mutter?G. Ich will sie gar nicht sehen. Ich werde sie doch nicht aus dem Himmel her<strong>unter</strong>rufen.Dr. Da der Himmel ein Zustand der Seligkeit ist, so könnte sie mit einer solchenTochter wie Sie in keinem "Himmel" sein — selig wäre sie dannje<strong>den</strong>falls nicht! Gesetzt <strong>den</strong> Fall, Sie wären im Himmel und hätten eineTochter, würde Ihnen das wohl gefallen, wenn die es so machte wie Sie?G. Ich tue doch nichts unrechtes. Was ist <strong>den</strong>n mit mir los? Sagen Sie es mir.Dr. Das habe ich Ihnen doch bereits erklärt. Sie benutzen <strong>den</strong> Körper meinerFrau.G. Wie mache ich das?Dr. Aufgrund höherer Gesetze ist solches möglich, weil Sie ein Geist sind.Geist und Seele sind unsichtbar. — Sie sind nur so eigensinnig und wollendas nicht verstehen.G. Hier ist nicht der Himmel.Dr. Hier ist Los Angeles in Kalifornien.G. Um Gottes Willen! Nein! (Eine Re<strong>den</strong>sart, die meine Frau nie gebraucht.)Wie bin ich <strong>den</strong>n hierher gekommen?Dr. Indem Sie sich an diese Frau hängten. So ist das gekommen. — Und nurum Sie los zu wer<strong>den</strong>, hat sie sich diese Schläge geben lassen.G. Das war recht dumm von ihr.Dr. Sie will Sie doch loswer<strong>den</strong>, und sie wird Sie auch los!G. Ich will keine Schlage mehr haben!Dr. Wenn Sie sich nicht zu benehmen wissen, wer<strong>den</strong> Ihnen höhere Geistergleich etwas zeigen, was Sie erst recht nicht wer<strong>den</strong> haben wollen.G. (Vor irgend einer Erscheinung zurückschreckend.) Das mag ich nicht!Dr. Jetzt geht es nicht mehr darum, was Sie mögen sondern, was Sie bekommenwer<strong>den</strong>!G. Ach — so ist das!— 61 —


Da mit dieser Verstorbenen nichts anzufangen war, um sie zur Einsicht zu bringen,wurde sie von höheren Geistern fortgeholt.Bei einer späteren Gelegenheit wurde in unserm Zirkel ein anderer Geist ausFrau B. ausgetrieben. — Auch dieser nahm vom Körper meiner Frau Besitz underwies sich in seiner Unterhaltung mit uns als ein ganz eigenartiger Charakter.— — —Geist Jimmie Huntington. — Patient: Frau Burton.Der Geist schleuderte <strong>bei</strong>de Schuhe von <strong>den</strong> Füßen und schien sehr verstört zusein.Dr. Was ist Ihnen <strong>den</strong>n? Ist Ihnen etwas Besonderes zugestoßen? (Die Handdes Mediums festhaltend.) Sie haben keine Schuhe an.G. Ich habe sie ausgezogen.Dr. Sagen Sie uns, wer Sie sind.G. Ich weiß nicht, ob ich das tun soll.Dr. Dann erzählen Sie uns, wo Sie her kommen.G. Ich wüßte nicht, daß ich das nötig hätte.Dr. Wir möchten doch gerne wissen, wer Sie sind. Was ist Ihnen <strong>den</strong>n? Siescheinen sich nicht recht wohl zu fühlen?G. Ich fühle mich auch gar nicht wohl.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n in der letzten Zeit getrieben?G. Ich hatte gar nichts vor. Ich bin umhergewandert.Dr. Und was sonst noch?G. Ach, nichts Besonderes. Es war mir, ab ob ich irgendwo eingeschlossengewesen wäre. (In der Aura der Patientin.)Dr. In welcher Weise?G. Ich weiß nicht, wie es war. Aber ich ‘konnte nicht herauskommen.Dr. Wie wür<strong>den</strong> Sie sich das erklären?G. Ich kann es auf keine Weise erklären.Dr. Hörten Sie auch sprechen?G. Ja, viele Leute sprachen dort.Dr. Was sagten sie <strong>den</strong>n?G. Der eine dies, der andere das. Alle dünkten sich besonders fein zu seinDr. Hatten Sie <strong>den</strong>n Gelegenheit, manchmal auch etwas zu sagen?G. Ja, aber es war zum wild wer<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n immer war eine Frau dort, diewußte alles, was ich sagen wollte. Ich wollte doch auch mal was sagen. —Wenn einer etwas sagen wollte, sprach immer diese Frau. Wenn eine Frauerst mal zu re<strong>den</strong> anfängt, dann hat ein Mann keine Aussicht mehr, zuWorte zu kommen.Dr. Sie sind wohl verheiratet gewesen?G. Ach ja, ich war verheiratet.Dr. War das ein Glück oder ein Fehlschlag?— 62 —


G. Ich weiß nicht, was es war, ein Mißgriff je<strong>den</strong>falls! Ich war nicht sehrglücklich. Frauen re<strong>den</strong> stets zu viel. Sie können einen Mann nicht eineMinute in Ruhe lassen.Dr. Worüber sprachen die <strong>den</strong>n da?G. Es ist stets diese Frau, die immer redet und redet. (Meint die Patientin FrauB., die beständig sprach.) Sie kann niemals lange ruhig sein. Ich hatte siemanchmal tüchtig schütteln mögen. Wir haben gerade neuen Besuchbekommen, die re<strong>den</strong> und re<strong>den</strong>, sie machen mich ganz krank. Die bringenmich noch dazu, fortzulaufen. Das sind die Schlimmsten, die ich je gesehen.Dr. Ist <strong>den</strong>n etwas Besonderes geschehen?G. Blitze zuckten mir um <strong>den</strong> Kopf, bis ich nicht mehr wußte, wo ich war.(Elektrische Behandlung der Patientin.) Ich dachte erst, es sei ganz in derFerne, aber Gott im Himmel, wie mich das traf!Dr. Was hätten Sie in solchen Augenblicken wohl tun mögen?G. Ich wollte das Ding packen, aus dem die Blitze kamen, damit sie nichtmehr meinen Kopf treffen sollten, aber der Blitz trifft einen jedesmal, erschlägt nie vor<strong>bei</strong>. Das war sonst mit dem Blitz doch ganz anders. Erschlug doch nicht jedesmal ein, aber jetzt geht keiner daneben. So etwashabe ich noch nie erlebt, da tanzen einem Sterne vor <strong>den</strong> Augen, und es istein schreckliches Gefühl. Aber sogar während dieser Blitzschläge hörte dieFrau nicht auf zu re<strong>den</strong>! (Die Patientin sprach während der elektrischenBehandlung.)Dr. Wovon spricht sie <strong>den</strong>n?G. Von nichts. Sie will bestimmen, und ich will es auch. — Da haben Sie es!Dr. Was sagt sie <strong>den</strong>n?G. Sie wissen doch, wie das mit Frauen ist, sie re<strong>den</strong> und re<strong>den</strong>, aber es istdoch nichts dahinter.Dr. Spricht die Dame <strong>den</strong>n zu Ihnen?G. Sie quält mich die ganze Zeit, ich möchte sie nur so schütteln! Aber ichscheine gar keine Kräfte mehr zu haben. Dann ist da auch noch eine andereFrau, die macht's gerade so. Das macht mich krank! Was kann man miteiner Frau machen, damit sie aufhört zu re<strong>den</strong>? Wenn Sie eine Frau zumSchweigen bringen wollten, hätten Sie eine schwierige Aufgabe.Dr. Wie heißen Sie?G. Es ist lange her, daß ich meinen Namen gehört habe.Dr. Wo kommen Sie her? Sind Sie in Kalifornien?G. Nein, ich bin in Texas.Dr. Wie hat Ihre Mutter Sie <strong>den</strong>n als Jungen genannt?G. James hieß ich eigentlich, aber sie nannte mich immer Jimmie. — Himmel!Ich weiß nicht, was mit mir ist? Die Blitze trafen meine Knie und Füße,und dann gingen sie wieder vom Kopf zu <strong>den</strong> Füßen, aber ich kann nichtverstehen, daß sie niemals vor<strong>bei</strong>gingen.Dr. Wie alt sind Sie?— 63 —


G. Ich bin ein Mann von etwa fünfzig <strong>Jahre</strong>n, aber ich muß sagen, daß ich inmeinem ganzen Leben noch nie solche Blitze erlebt habe. Und ich kannnicht verstehen, daß sie niemals gezündet haben. — Himmel! Gestern kamich in eine richtige Hölle. Das war das Schlimmste, was ich je im Lebenerlebt habe. Die schienen mir allesamt richtige Teufel (Besessenheitsgeister.)Dort drüben steht einer, der kam gestern!Dr. Wie lange sind Sie schon tot, Jimmie?G. Was meinen Sie?Dr. Ich meine, wie lange ist es her, daß Sie Ihren Körper abgelegt haben?G. Den habe ich doch nicht abgelegt!Dr. Merken Sie nicht, daß Sie sich in einer ganz eigentümlichen Lage befin<strong>den</strong>?G. Das bin ich schon seit längerer Zeit.Dr. Waren Sie mal in Texas im Ölhandel beschäftigt?G. Ich weiß gar nicht wo ich ar<strong>bei</strong>tete, es ist alles so sonderbar!Dr. Wo haben Sie <strong>den</strong>n gear<strong>bei</strong>tet?G. In einer Schmiede.Dr. Wissen Sie welches Jahr wir haben?G. Nein, ich weiß es nicht.Dr. Wie wer<strong>den</strong> Sie in diesem Herbst wählen? Wem wollen Sie <strong>bei</strong> der Präsi<strong>den</strong>tenwahlIhre Stimme geben?G. Das weiß ich noch nicht.Dr. Wie gefällt Ihnen der jetzige Präsi<strong>den</strong>t?G. Ich mag ihn gern, er ist doch recht gut.Dr. Wissen Sie etwas Genaueres über ihn?G. Oh, er ist schon ganz recht, an Roosevelt ist nichts auszusetzen.Dr. Ist er jetzt Präsi<strong>den</strong>t?G. Natürlich ist er das! Er ist es doch eben erst gewor<strong>den</strong>. Mc Kinley war auchein guter Mann; aber, wissen Sie, Mark Hanna hatte eine unheimlicheGewalt über ihn. Es ist lange her, daß ich mich um Politik gekümmerthabe. Ich bin lange eingesperrt gewesen, aber, barmherziger Himmel, ichbin fast verrückt gewor<strong>den</strong> durch das fortwährende Re<strong>den</strong> dieser Frau.Dr. Was ist <strong>den</strong>n das für eine Frau, die so viel redet?G. Sehen Sie sie nicht?Dr. Sie ist doch wohl nicht hier?G. Oh doch, da ist sie ja, diese Frau dort ist es. (Deutet auf die Patientin.)Dr. Wovon spricht sie <strong>den</strong>n?G. Nichts als Unsinn, sie macht mich ganz krankDr. Was sagt sie <strong>den</strong>n im besonderen?G. Nichts! Sie hat nicht genügend Verstand. Sie macht sich immer wiederüber mich lustig. Aber ich werde sie eines Tages schon mal erwischen!Himmel! Sie ist fürchterlich!Dr. Nun, lieber Freund, möchte ich Ihnen Ihre Lage begreiflich machen. Siehaben Ihren irdischen Körper abgelegt und sind jetzt ein Geist!G. Ich habe doch einen Körper; wenn nur diese Frau <strong>den</strong> Mund halten wollte!— 64 —


Dr. Dies ist aber nicht Ihr Körper!G. Mein Himmel Wessen <strong>den</strong>n?Dr. Meiner FrauG. Alle guten Geister! Ich bin nicht Ihre Frau! Wie kann ich Ihre Frau sein, woich doch ein Mann bin! Das ist komisch!Dr. Sie sind ein unsichtbarer Geist.G. Geist? Meinen Sie ein Gespenst? Um's Himmels Willen, re<strong>den</strong> Sie vernünftig!Dr. Geister und Gespenster sind dasselbe.G. Ich kenne Geister und Gespenster.Dr. Beide Worte bedeuten dasselbe. (Ergreift die Hand des Mediums.)G. Sie, das ist nicht hübsch, wenn ein Mann dem andern die Hand hält! WennSie durchaus eine Hand halten wollen, dann nehmen Sie doch die einerDame und halten die. Männer halten sich nicht an <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong>, das ist eineigenartiges Vergnügen!Dr. Erzählen Sie uns doch mal, was diese Frau sagt.G. Ach, sie redet nur und sagt doch gar nichts.Dr. Ist sie jung oder alt?G. Sie ist nicht mehr ganz jung. Sie macht mich noch ganz verrückt!Dr. Ich sage Ihnen die Wahrheit, wenn ich behaupte, daß Sie ein Geist sind.G. Wann bin ich dann wohl gestorben?Dr. Das muß schon eine ganze Zeit her sein. Roosevelt ist schon seit vielen<strong>Jahre</strong>n nicht mehr Präsi<strong>den</strong>t. Auch er ist jetzt ein Geist wie Sie.G. Gerade so wie ich! So, dann ist er also tot?Dr. Gerade so wie Sie!G. Ich bin doch aber hier und höre Ihnen zu, da kann ich doch nicht tot sein.Dr. Sie haben ja nur Ihren irdischen Körper abgelegt.G. Hören Sie, lassen Sie nur meine Hand los, das ist doch man ein kärglichesVergnügen.Dr. Ich halte die Hand meiner Frau.G. Gut, das können Sie gerne tun, aber lassen Sie meine Hand los!Dr. Erkennen Sie <strong>den</strong>n diese hier als Ihre Hand?G. Nein, das ist nicht meine Hand.Dr. Es ist die Hand meiner Frau.G. Aber ich bin doch nicht Ihre Frau!Dr. Sie benutzen nur vorübergehend <strong>den</strong> Körper meiner Frau; Körper habenSie schon vor langer Zeit verloren.G. Wie ist <strong>den</strong>n das geschehen?Dr. Das weiß ich nicht. Wissen Sie, daß Sie in Los Angeles in Kaliforniensind?G. Potz Himmels Element! Wie bin ich <strong>den</strong>n nach Kalifornien gekommen?Ich hatte doch kein Geld! — Wissen Sie, hier sind zwei Frauen, die einespricht nicht so viel, sie sieht mir nur recht krank aus. (Ein anderer Geist,der die Patientin besessen machte.) Sie spricht nicht viel, aber ich nehmean, daß sie verärgert ist, weil die andere so unglaublich viel redet. Bitte,— 65 —


lassen Sie meine Hand los; ich möchte mich frei fühlen. Wenn ich mit einerDame allein wäre und ihre Hand halten könnte, das wäre doch eine ganzandere Sache. Haben Sie <strong>den</strong>n nicht genug, wenn Sie wenigstens nur eineHand halten?Dr. Ich muß schon <strong>bei</strong>de festhalten, weil Sie ja nicht ruhig sitzen wollen. Nunlassen Sie uns aber keine Zeit mehr verlieren.G. Ich wünschte manchmal, ich hätte nicht so viel freie Zeit.Dr. Wir wollen Ihnen schon etwas Zutun geben.G. Wenn Sie das wollen, so ist es mir recht! Wenn Sie mir irgendeine Ar<strong>bei</strong>tverschaffen können, werde ich sehr froh sein. — Soll ich Pferde beschlagen?Das habe ich viel getan.Dr. In welchem Staate?G. In Texas, das ist ein großes Land.Dr. Sie sind wohl recht viel umhergewandert?G. Ja, ein ganz bißchen. Ich war in Galveston, Dallas, San Antonio und aufvielen andern Orten. Ich reiste überall hin, wohin ich wollte. Ich ging nachHouston und in andere Städte.Dr. Sie sind jetzt ein Geist, und es ist Ihnen gestattet wor<strong>den</strong>, für eine kurzeWeile <strong>den</strong> Körper meiner Frau zu benutzen. Sehen können wir Sie nicht.G. Sehen Sie doch bloß mal diese Teufel da. Wie eine Bande Kobolde springensie da herum! (Besessenheitsgeister) Die sind alle um diese Frau.(Frau B.)Dr. Die nehmen Sie nur alle mit, wenn Sie uns verlassen.G. Ich <strong>den</strong>ke nicht dran! (Berührt die Halskette meiner Frau.) Um alles in derWelt, was ist <strong>den</strong>n das?Dr. Das ist die Halskette meiner Frau.G. Ihrer Frau?Dr. Sie sind hierher gebracht wor<strong>den</strong>, um Aufklärung zu erhalten. Aus dieserFrau dort haben wir Sie "herausgefeuert"!G. Ja, mit Blitzschlägen! Um alles in der Welt, so etwas habe ich noch nichterlebt. Wir hatten Gewitterstürme mit Blitz und Donner in Texas und inArkansas, aber die Blitze trafen doch nicht jedesmal, so wie sie mich jetzttrafen!Dr. Sie wer<strong>den</strong> keine Donner- und Blitzschläge mehr bekommen.G. Nicht? — das ist gut!Dr. Hat Ihre Mutter auch in Texas gelebt?G. Ja natürlich, aber sie ist tot. Das muß ich schon wissen, <strong>den</strong>n ich war ja <strong>bei</strong>ihrem Begräbnis.Dr. Sie waren zur Beerdigung, da hat man ihren Körper begraben, aber nichtihren Geist und ihre <strong>den</strong>kende Seele!G. Ich nehme an, sie ist in <strong>den</strong> Himmel gekommen.Dr. Sehen Sie sich doch mal um, ob Sie sie nicht hier sehen!G. Wo?Dr. Sie könnte hier sein.— 66 —


G. Was ist <strong>den</strong>n das für ein Ort hier? Wenn ich Ihre Frau sein soll, so habe ichSie doch nie gesehen!Dr. Sie sind nicht meine Frau.G. Sie nannten mich doch Ihre Frau.Dr. Ich habe nicht gesagt, daß Sie meine Frau seien, aber Sie befin<strong>den</strong> sichaugenblicklich im Körper meiner Frau.G. Um Gottes Willen, Himmel und Hölle, wie komme ich <strong>den</strong>n aus Ihrer Frauwieder heraus?Dr. Seien Sie verständig! — Was sagen <strong>den</strong>n diese Kobolde?G. Sie sagen, sie wollen hier bleiben; aber ich sage, und sage es mit Nachdruck,sie wer<strong>den</strong> auch fortgehen!Dr. Wollen Sie sie nicht mitnehmen?G. Das will ich wohl machen.Dr. Sie können ihnen viel helfen, daß sie sich ändern und ihre Lage begreifenlernen. Sie haben Hilfe sehr nötig. Sie sind alle unwissende Geister undhaben jene Dame belästigt. Ich bin derjenige, der Ihnen die Blitzschlägegegeben und Sie herausgetrieben hat. Sie können jetzt alle in die Geisterweltgehen und dort lernen, wie man sich weiter entwickelt.G. Geht die redselige Frau auch dorthin? Jetzt ist eine ganze Menge hier, einganzer Haufe, aber kennen tue ich keinen von ihnen.Dr. Sehen Sie wirklich gar nieman<strong>den</strong>, <strong>den</strong> Sie kennen? Sitzen Sie doch maleinen Augenblick ruhig und schauen Sie sich um!G. (Erregt) Oh, da kommt Nora! (Ein Geist.)Dr. Wer ist Nora?G. Nora Huntington, meine Schwester.Dr. Fragen Sie sie doch mal, ob Sie wirklich Jimmie Huntington heißen.G. Sie sagt ja, und sie hätte mich sehr lange nicht gesehen. (Plötzlich erstaunt)Aber — sie ist ja tot!Dr. Lassen Sie sich von ihr erklären, wie die Dinge liegen.G. Sie sagt: "Jimmie, komm' mit mir nach Hause!" — Wohin soll ich kommen?Dr. Was sagt sie?G. Sie sagt: "Zur Geisterwelt", — aber ich glaube ihr nicht!Dr. Hat Ihre Schwester Sie <strong>den</strong>n früher öfter belogen?G. NeinDr. Wenn sie früher nicht gelogen hat, weshalb sollte sie <strong>den</strong>n jetzt lügen?G. Sie sagt, sie sucht schon jahrelang nach mir und hat nicht gewußt, wo ichwar.Dr. Wo ist sie <strong>den</strong>n gewesen?G. Oh, sie ist tot! Ich war zu ihrer Beerdigung, und ich weiß genau, daß sienicht lebendig begraben wor<strong>den</strong> ist!Dr. Sie waren da<strong>bei</strong>, als ihr Körper begraben wurde, nicht aber ihre Seele.G. Da erscheint sie hier also als Geist?— 67 —


Dr. Sie ist wahrscheinlich ein fortgeschrittener Geist. Darüber brauchen wirnicht erst große Vermutungen anzustellen, lassen Sie sie doch selbst er-zählen.G. Sie sagt: "Laß uns gehen, Jimmie, und nehmen wir die ganze Gesellschaftmit." — Sie sagt, sie sei jetzt eine Missionarin und helfe jedem, dem sieirgend helfen kann; sie sagt, sie helfe allen Unglücklichen. Ich bin auchsehr unglücklich!Dr. Sagen Sie doch auch dieser Dame, — ich meine die andere Verstorbene,von der Sie sprachen, — sie solle mit Ihnen gehen.G. Sie meint, wenn sie hier fortginge, hätte sie keinen Körper mehr.Dr. Sagen Sie ihr, sie hätte dann einen Seelenleib, Sie braucht keinen grobstofflichenKörper mehr. Sagen Sie ihr, daß man ihr zeigen werde, wie sie dortweiterkommen könne. Und nehmen Sie alle die Quälgeister mit!G. Forttragen kann ich sie doch nicht alle; wissen Sie <strong>den</strong>n, ob sie mit mirkommen wollen?Dr. Sie wer<strong>den</strong> schon mit Ihnen gehen, wenn Sie ihnen besseres in Aussichtstellen können, als sie jetzt haben. Wahrscheinlich haben sie im Lebenkeine Gelegenheit gehabt, über das Jenseits etwas zu hören.G. Darüber habe ich noch nie nachgedacht.Dr. Wir können keinem einen Vorwurf daraus machen. Zeigen Sie ihnen nur<strong>den</strong> besseren Weg, dann wer<strong>den</strong> sie Ihnen schon nachkommen.G. Wo bin ich <strong>den</strong>n jetzt?Dr. In Kalifornien.G. Wo in Kalifornien?Dr. In Los Angeles.G. Wenn Sie in Kalifornien sind, ist noch nicht gesagt, daß ich auch dort bin.Dr. Wie könnten Sie irgendwo anders sein, da Sie doch hier sind!G. Natürlich, das ist logisch. Das Letzte, woran ich mich erinnere, war in Dallas,in Texas, und das Erste, was ich weiß, daß ich einen Schlag auf <strong>den</strong>Hinterkopf bekam. Ich hatte ein Pferd zu beschlagen, da<strong>bei</strong> bekam ich <strong>den</strong>Schlag. Hat das mich wohl getötet?Dr. Offenbar hat Sie das aus Ihrem Körper getrieben. Sterben kann überhauptniemand. Wenn Sie jetzt aber nicht bald gehen, wird es Ihrer Schwesterleid wer<strong>den</strong>, auf Sie zu warten.G. Ich will mit ihr gehen, wenn Sie mich gehen lassen; dann werde ich michnun also auf die Beine machen müssen!Dr. Wie wollen Sie <strong>den</strong>n gehen? Doch nicht mit dem Körper meiner Frau? Daswer<strong>den</strong> Sie erst neu lernen müssen. Denken Sie, Sie seien <strong>bei</strong> IhrerSchwester, dann wer<strong>den</strong> Sie auch dort sein. Im Lande der Geister bewegtman sich durch die Kraft der Gedanken.G. Himmel! Das ist eine feine Sache!Dr. Nun, lieber Freund, lassen Sie sich nicht länger aufhalten. Das ist eine netteArt mit mir zu re<strong>den</strong>!G. Ich möchte nicht, daß Sie <strong>den</strong> Körper meiner Frau noch länger in Anspruchnehmen!— 68 —


G. Was für einen Körper werde ich dann haben, wenn ich hier herausgehe?Dr. Wenn Sie diesen Körper verlassen, wer<strong>den</strong> Sie sich in Ihrem Seelenleibesehen. Der ist für uns unsichtbar.G. Kann ich von diesem Körper in einen Seelenleib hineinspringen?Dr. Ihre Schwester wird Ihnen das schon erklären. Denken Sie nur, Sie seien<strong>bei</strong> Ihrer Schwester; dann brauchen Sie keinen irdischen Körper!G. Ich fange an schläfrig zu wer<strong>den</strong>.Dr. Gehen Sie nur mit Ihrer Schwester und folgen Sie deren Weisungen. Siewer<strong>den</strong> im neuen Leben in der Geisterwelt viel zu lernen haben. NehmenSie nur die ganze andere Gesellschaft und die kleinen Kobolde mit!G. (Zu <strong>den</strong> Geistern.) Nun kommt alle mit mir, die ganze Gesellschaft!Dr. Wer<strong>den</strong> alle mit Ihnen gehen?G. Jetzt wollen wir gehen! Nun los Ihr allesamt! — Leben Sie wohl!An einem der folgen<strong>den</strong> Tage wurde ein Geist "Harry" in unseren Zirkelgebracht, um aufgeklärt zu wer<strong>den</strong>. Er nahm Besitz vom Körper meiner Frau,und wir hatten mit ihm eine äußerst interessante Unterhaltung über einen andernGeist, der Frau Burton belästigt hatte.— — —Geist: HarryDr. Wo kommen Sie her?G. Ich weiß nicht, wo ich bin, und ich weiß nicht, was mit mir los ist!Dr. Möchten Sie gerne wissen, was mit Ihnen los ist?G. Ich weiß nicht, was geschehen ist!Dr. Ist Ihnen etwas zugestoßen?G. Gerade das möchte ich gerne herausbekommen.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n in letzter Zeit gemacht?G. Ich weiß es nicht.Dr. Sagen Sie uns, wer Sie sind; das wer<strong>den</strong> Sie doch wissen!G. Nun, ich sollte meinen — ja, ich glaube, ich weiß es.Dr. Was glauben Sie, wo Sie hier sind?G. Das weiß ich nicht.Dr. Oh doch, Sie wissen es.G. Nein, ich weiß es nicht. Alles ist so sonderbar, und es ist mir gar nicht rechtklar, was geschehen ist.Dr. Können Sie zurückblicken und sehen, ob Ihnen etwas geschehen ist?G. Ich kann nicht rückwärts schauen, ich habe hinten keine Augen.Dr. Ich meine zurück <strong>den</strong>ken.G. Nach hinten <strong>den</strong>ken?Dr. Nein, <strong>den</strong>ken Sie an die Vergangenheit. Denken Sie mal or<strong>den</strong>tlich nach!G. Ich weiß gar nichts.Dr. Sie müssen nicht so <strong>den</strong>kfaul sein.G. Was kann schon einer da<strong>bei</strong> tun?Dr. Hier vor mir sitzt eine Frau. Sind Sie nun ein Mann oder eine Frau?— 69 —


G. Ich bin ein Mann, das dort ist auch ein Mann, und die andern sind Frauen.Ich bin immer ein Mann gewesen. Ich bin nie eine Frau gewesen und willauch keine sein. Sie wissen doch, daß ich ein Mann bin!Dr. Sehen Sie sich doch mal Ihre Hände an, wo haben Sie die <strong>den</strong>n her?G. Das sind nicht meine Hände.Dr. Sehen Sie sich Ihre Füße an.G. Das sind auch nicht meine. Ich bin noch nie eine Frau gewesen, und ichmag keine Frauenhände und -füße haben, und ich will auch keinen geborgtenKörper haben.Dr. Sind Sie alt?G. Nun, ich bin gerade kein Jüngling mehr.Dr. Sie sind wahrscheinlich reif an <strong>Jahre</strong>n, aber nicht an Wissen.G. Nein, ich kann nicht behaupten, daß ich sehr viel Wissen habe.Dr. Wenn Sie besser Bescheid wüßten, wären Sie nicht in Ihrer gegenwärtigenLage.G. Das hat doch mit Wissen nichts zu tun.Dr. Wissen ist gerade, was Ihnen fehlt. Sagen Sie uns, wie Sie heißen. HeißenSie Mary?G. Haben Sie je gehört, daß ein Mann Mary heißt? Das ist doch lächerlich.Dr. Dann sagen Sie uns doch, wie Sie heißen; ich kann doch nur raten!G. Du meine Güte — Mann! Es ist natürlich ein Männer- und kein Frauenname.Dr. Dann stellen Sie sich doch selbst vor.G. Wozu, zum Teufel, müssen Sie meinen Namen wissen?Dr. Sie sprechen ja recht gewandt Englisch. Haben Sie weißes Haar gehabt,wie Sie es jetzt haben? — (Bezieht sich auf das Haar das Mediums.)G. Ich habe graue Haare gehabt.Dr. Haben Sie Locken getragen, wie Sie es jetzt tun?G. Nein, ich mag sie nicht.Dr. Haben Sie einen Kamm getragen?G. Haben Sie je einen Mann einen Kamm tragen sehen?Dr. Wo haben Sie diesen Trauring her?G. Gestohlen habe ich ihn nicht! Ich will keine Frauenhand haben!Dr. John, wo kommen Sie her?G. Ich heiße nicht John!Dr. Wie hat Ihre Frau Sie genannt? — Wie rief Sie Ihre Mutter?G. Die rief mich Harry. — Verheiratet bin ich nicht gewesen.Dr. Wie heißen Sie weiter?G. Das habe ich doch nicht nötig, vor so viel Frauen meinen Namen zu nennen.Dr. Es sind auch einige Herren hier.G. Wie, um alles in der Welt, bin ich <strong>den</strong>n in diesen Haufen Frauen hineingeraten?— Ich hasse Frauen.Dr. Sie haben gewiß Unglück in der <strong>Liebe</strong> gehabt! Was haben Sie <strong>den</strong>n füreinen Kummer erlebt?— 70 —


G. Ich wäre ja schön dumm, wenn ich vor so viel Frauen meine Geheimnisseerzählen wollte.Dr. Warum hat "sie" <strong>den</strong>n <strong>den</strong> andern geheiratet?G. Wer?Dr. Nun, das Mädchen, das Ihnen untreu wurde.G. Nie in Leben hat sie — — nein!Dr. Haben Sie keine unglückliche <strong>Liebe</strong> gehabt?G. Nein.Dr. Weshalb hassen Sie dann die Frauen?G. Ich werde Ihnen hier doch meine Geheimnisse nicht erzählen, vor so vielFrauen, daß die dasitzen und mich auslachen! Ich möchte überhaupt malwissen, weshalb die Frauen mich alle so anstarren? — Was ist mit diesemMann da drüben los? (Geist) Ich meine <strong>den</strong> hinter der Dame! (Frau Burton,die im Zirkel sitzt.)B. Ich hasse Männer; er soll mir bloß vom Halse bleibenG. Weshalb ist dieser Mann <strong>den</strong>n immer <strong>bei</strong> Ihnen? Ist er Ihr Gatte, meineGnädigste? — Weshalb ist der Mann so um Sie herum? Was ist mit ihnenlos? Mögen Sie ihn so gerne, daß Sie sich ihn anleimen lassen möchten?Dr. Fragen Sie ihn doch mal, wie lange er schon tot ist!G. Oh, er ist wirklich ein häßlicher Kerl! Ich fürchte mich vor ihm! Er siehtaus, als ob er gleich Zank und Streit anfangen möchte!Dr. Fragen Sie ihn, wie lange er schon tot ist!G. Tot? Er klebt so an ihr, daß sie sich gar nicht ohne ihn bewegen kann.Wenn sie sich bewegt, so bewegt er sich auch. Er kommt mir vor, wie einAffe.B. Hören Sie, nehmen Sie ihn doch mit sich! Wollen Sie nicht?G. Weshalb sollte ich ihn mitnehmen? — Um Himmels Willen, ich kenne ihnja gar nicht! — Mögen Sie ihn nicht, Gnädigste?B. Nein, ich bin seiner überdrüssig!G. Was ist <strong>den</strong>n mit ihm los? Ist er Ihr Gatte?B. Nein, das ist er nicht, und ich begreife es selbst nicht, was er von mir will.G. Mögen Sie ihn nicht?ß. Nein, ich möchte ihn gerne los wer<strong>den</strong>.G. Wo bin ich <strong>den</strong>n Überhaupt?Dr. Sie sind in Los Angeles in Kalifornien.G. Da ist auch eine Frau <strong>bei</strong> ihr, und die klebt an ihr wie Leim!B. Sind Sie hier, um uns zu helfen? Können Sie mir diese Gesellschaft nichtvom Halse schaffen?G. Mögen Sie <strong>den</strong> Mann nicht, der <strong>bei</strong> Ihnen ist?B. Nein, ich möchte ihn brennend gern los wer<strong>den</strong>! Die Tür ist weit offen, hinauskönnte er jetzt!G. Um Gottes Willen, machen Sie bloß die Tür wieder zu! Solch einen Menschenmag ich nicht zum Begleiter haben. Warum rufen Sie nicht die Polizei?Kann die Polizei ihn nicht fortschaffen, wenn Sie ihn nicht haben wollen?— 71 —


Dr. Das sind ja alles Geister.G. Geister?Dr. Ja, wie Sie selber!G. Oh, Sie meinen, dieser Mann ist ein Geist, der dort hinter der Frau steht?Dr. Können Sie ihn sehen?G. Das ist doch kein Geist, das ist ein Mensch. Er steht dort. Er fürchtet, siewerde von ihm fortgehen und er könne ihr dann nicht folgen. Da<strong>bei</strong> sagt er,er habe sie gründlich satt.Dr. Er ist ein Geist; das begreift er aber nicht. Sie kann ihn nicht sehen, undauch wir können ihn nicht sehen. Er ist für uns unsichtbar.G. Was für eine Art Haus ist <strong>den</strong>n das, wo ich hier bin?Dr. Wir können auch Sie nicht sehen!G. Sie können mich nicht sehen? Aber sie hören mich doch!Dr. Wir hören Sie, aber sehen können wir Sie nicht!G. Sind das <strong>den</strong>n lauter Blinde? Ich kann sie alle sehen und noch eine Mengeandere mehr. Der ganze Raum ist voll von Menschen.Dr. Hören können wir Sie; das können wir, aber nur, weil Sie aus dem Körpereiner Frau heraussprechen.G. Jetzt uzen Sie mich! Sie meinen, ich — ich würde jemals aus einer Frausprechen!? Niemals! Ich würde nicht über die Straße gehen, um durch eineFrau zu re<strong>den</strong>. Wissen Sie, ich kann nicht begreifen, was das für eine merkwürdigeSache ist. Ich weiß nicht, was ich hier soll! Ich weiß nicht, was losist. Da sitzen Sie alle um mich herum und sehen mich an! Weshalb stehendort immer um einen je<strong>den</strong> so viel andere herum? Da stehen doch auchnoch andere im Kreise herum und sehen mich an! Könnte man sich mit<strong>den</strong>en wohl <strong>unter</strong>halten?Dr. Wenn ich Ihnen nun Erklärungen gebe, wollen Sie auch ernstlich versuchensie zu verstehen? — Erstens sind Sie "tot", wie man das zu nennen pflegt.G. Ich soll tot sein? Das ist ein guter Witz!Dr. Sie selber sind freilich nicht tot!G. Aber Sie sagten doch, ich sei tot!Dr. für Ihre Verwandten und Freunde sind Sie gestorben. Wir wissen, daß Siein Wirklichkeit nicht tot sind. Man legt ja nur seinen sterblichen Körper ab.Aber der Mensch hat ja auch einen Seelenleib, wenn er aus seinem physischenLeibe heraustritt. In diesem Seelenleibe findet man sich lebend wieder,doch eine nähere Erklärung gibt es dafür nicht.G. Ich weiß, daß ich sehr viel umhergewandert hin, und bin doch, wie esscheint, niemals an irgend ein Ziel gelangt. Nun sah ich hier so viel Leute,als ich in der Menge hier vorüberkam. Und ehe ich wußte, was geschah,war alles hell und ich sah Sie alle im Kreise herumsitzen und singen. Ichglaubte, es sei eine Betstunde, deshalb blieb ich hier; und ehe ich mich dessenversah, konnte ich re<strong>den</strong>. Bisher hatte ich geglaubt, ich sei wohl taubstummund blind, weil ich nichts mehr sehen konnte; — und ich bin somüde!Dr. Die meisten von <strong>den</strong>en, die Sie hier sehen, sind Geister wie Sie selbst!— 72 —


G. Weshalb sind wir <strong>den</strong>n hier?Dr. Viele sind hierher gebracht wor<strong>den</strong>, um Aufklärung zu erhalten. Sie selberstecken jetzt im Körper meiner Frau. Sie sind nicht meine Frau, aber Siebedienen sich jetzt des Körpers meiner Frau. Und wenn Ihnen das auchnoch so seltsam vorkommen mag, so wer<strong>den</strong> die Dinge deshalb doch nichtanders, sondern es ist Tatsache! Sie sind für uns unsichtbar und sprechendurch <strong>den</strong> Organismus meiner Frau! Der Mann, von dem Sie sprachen, istebenfalls ein Geist. Nehmen Sie ihn mit sich, wenn Sie gehen; auch er istfür uns unsichtbar.G. Ich möchte gern mit ihm boxen!Dr. Haben Sie die Bibel gelesen?G. Ja, vor langer Zeit. Jetzt habe ich schon lange keine mehr gesehen.Dr. Erinnern Sie sich in der Bibel von Besessenheitsgeistern gelesen zu haben,die Jesus austrieb? Das ist so einer!G. Sie sind alle um diese Frau.B. Ich habe die Tür jetzt geschlossen.G. Wenn Sie die Tür geschlossen halten, will ich diese alle mit mir nehmen.Mit diesem Burschen möchte ich aber je<strong>den</strong>falls mal boxen. — (Zu diesemanderen Geist gewendet.) Wie heißen Sie?Dr. Was sagt er?G. Er sagt, er heiße Jim Mac Donald. Kennen Sie ihn nicht, Gnädigste? Wenner doch ein Geist ist, weshalb heftet er sich <strong>den</strong>n da so an diese Frau, wennsie ihn nicht mag?Dr. Vielleicht ist es ihm so ähnlich ergangen wie Ihnen, als Sie hierher kamen.Er hat sich wahrscheinlich eines Tages <strong>bei</strong> ihr gefun<strong>den</strong>, so wie Sie sichplötzlich hier fan<strong>den</strong>. Sie erzählten uns doch eben, Sie hätten eine Menschenmengegesehen und Licht, und da seien Sie eben hier gewesen.G. Der Mann sagt, er sei im Dunkeln umhergeirrt; da habe er mit einem Maldiese Dame gesehen. — Sagen Sie mal, muß ich jetzt etwa auch für immerhier bleiben?Ein Frager: Wie heißen <strong>den</strong>n die andern alle, die hier um uns sind? (fragt einanderer Patient.)G. Da sind zwei, die zanken sich zwischendurch mal wieder miteinander. Ichsehe, wie sie sich streiten.Fr. Ich muß mich auch mit ihnen herumschlagen!Dr. Kämpfen Sie nicht mit körperlicher Gewalt gegen sie, das gibt ihnen nurneue Spannkraft. Wenn Sie in solcher Weise mit ihnen kämpfen, geben Sieihnen nur noch mehr Kräfte. Und Sie bannen sie geradezu an sich, wennSie so kämpfen, wie Sie es bisher getan haben. Bekämpfen Sie sie mit geistigenWaffen. Warum versuchen Sie nicht Schluß zu machen?G. Die werde ich auch mit mir nehmen, wenn ich es kann! Bekämpfen Sie sienicht mehr mit der Faust! —. Ich weiß gar nicht, was mir fehlt! Mir ist soseltsam!Dr. Wo waren Sie zuhause?G. In Detroit in Michigan.— 73 —


Dr. An welches Jahr erinnern Sie sich?G. Ich kann mich an gar keines erinnern.Dr. Wer ist Präsi<strong>den</strong>t?G. Ich weiß es nicht bestimmt, aber ich meine, es ist Gleveland.Dr. Der war vor langer Zeit Präsi<strong>den</strong>t.G. Ich bin so lange gewandert, daß ich mich recht müde fühle. Gibt es nichtirgendwo ein Ruheplätzchen für einen erschöpften Menschen? Haben Sienicht ein Bett, daß ich mich ein bißchen niederlegen und ruhen könnte.Dr. Wenn Sie sich umschauen, wer<strong>den</strong> Sie gute Geister sehen.G. Oh, ich sehe ein paar hübsche Mädchen. — Nein, Mädels, mit Euch geheich nicht mit. Versucht nicht mich zu betören! Ich gehe nicht mit Euch, fälltmir gar nicht ein!Dr. Die sind doch ganz anders, als die Mädchen, die Sie gekannt haben. Siehelfen <strong>den</strong> Geistern, die Hilfe nötig haben. Das sind keine sterblichen Menschen,sondern Geister.G. Mit ihrem Lächeln sind sie aber einem Manne ebenso gefährlich, wie dieanderen.Dr. Sie sind aber doch ganz anders. Sie helfen <strong>den</strong> Geistern, welche Hilfe brauchen.G. Diese Mädchen scheinen es ja gut zu meinen, aber wissen Sie, ich hasseFrauen.Dr. Sie sollten nicht alle verurteilen, weil eine Sie enttäuschte.G. Sehen Sie, ich will diese ganze Schar mit mir nehmen! Wenn ich es kann,will ich sie alle mitnehmen. Ich <strong>den</strong>ke, ich werde also doch mit diesenMädchen mitgehen. (Erstaunt.) Oh, da ist meine Mutter! Sie ist schon langetot!Dr. Sie ist nicht tot.G. Meinen Sie nicht, daß sie im Himmel ist?Dr. Fragen Sie sie, sie kann es Ihnen ja selbst erzählen.G. Sie sagt, sie sei an einem wunderschönen Ort, die Geisterwelt genannt.Dr. Die Geisterwelt umgibt die irdische Welt. — "Himmel ist ein Zustand" inIhnen selbst. Wenn Sie das erst mal begriffen haben, wer<strong>den</strong> Sie zufrie<strong>den</strong>und glücklich sein. Das ist es, was auch Jesus gelehrt hat!G. Ich möchte gern mit meiner Mutter gehen. Sie ist eine gute alte Frau. Ichmöchte auch Mac Donald mit mir nehmen. Kommen Sie hierher MacDonald! Ich will jetzt hier nicht länger bleiben und ich möchte Sie mitnehmen!Er tut, als ob es ihm recht schwer fällt, aufzuwachen. Hören Sie, MacDonald, kommen Sie mit, lassen Sie uns gute Kamera<strong>den</strong> sein und mit diesenMädchen mitgehen, <strong>den</strong>n sie scheinen es gut und ehrlich zu meinen! —Mutter, komm Du nur auch mit! Ich will jetzt gehen! Leben Sie wohl!Kommt Kinder! — Nun sagt bloß mal, warum klebt Ihr <strong>den</strong>n da so an derFrau dort? Ich würde mich schämen, mich so an sie zu hängen! Ich gehe.Leben Sie wohl!B. Geben Sie nur Acht, daß Sie auch alle mitbekommen! Dr. Wie heißen Sie?— 74 —


G. Harry! Das ist alles, dessen ich mich erinnern kann! Ich habe meinenNamen seit <strong>Jahre</strong>n nicht gehört.Dr. Machen Sie <strong>den</strong> andern klar, wie töricht es ist, hier zu bleiben!G. Ich nehme diese Burschen jetzt mit mir. Nun hört mal zu! Ihr kommt jetztalle mit mir! Und wenn einer von Euch verfluchten Kerls nicht mitkommenwill, der kriegt von mir eine Tracht Prügel! Ihr solltet Euch schämen, allesamt,daß Ihr Euch so an diese Frau hängt! Nein, kommt nur alle mit! —Sie sehen wohl, sie kommen! Ich will schon gut auf sie achtgeben! —Leben Sie wohl!Bei einer andern Sitzung wurde eines Abends ein anderer Quälgeist, namens"Frank", aus Frau B. vertrieben. Auch er nahm Besitz vom Körper des Mediums,wußte aber nicht viel zu erzählen, da er sich an nichts mehr recht erinnerte.— — —Geist: Frank. Patient: Frau BurtonDoktor: Wo kommen Sie her?Geist: Ich weiß es nicht.Dr. Kennen Sie jeman<strong>den</strong> hier?G. Ich sehe keinen, <strong>den</strong> ich kenne.Dr. Wissen Sie nicht, woher Sie kommen?G. Ich kenne mich selbst nicht! Wie kann ich Ihnen sagen, was ich nicht weiß!Dr. Wie lange sind Sie tot?G. Tot? Das ist ein Gedanke. Sagen Sie, was ist <strong>den</strong>n mit mir dos? Es kommtmir doch komisch vor, Sie alle so im Kreise sitzen zu sehen! Haben Sieeine Sitzung hier, oder wie nennt man das sonst?Dr. Ja, es ist eine Sitzung. Versuchen Sie doch mal uns zu sagen, wer Sie sind.G. Ich wußte nicht, weshalb ich Ihnen das sagen sollte.Dr. Sie sind uns doch ganz fremd.G. Ich weiß auch noch nicht, ob ich hier bleiben werde oder nicht. Ich haltemich stets abseits <strong>unter</strong> Frem<strong>den</strong>, wissen Sie.Dr. Sagen Sie uns doch, wo Sie herkommen?G. Du liebes Leben! Ich weiß es selbst nicht! Wie kann ich es Ihnen da sagen?Sagen Sie, weshalb halten Sie meinen Arm? Ich bin ein starker Mann undkann allein ruhig sitzen!Dr. Ich glaubte, Sie seien eine Frau!G. Gott im Himmel! Weshalb halten Sie mich für eine Frau? Da schauen Sienur nochmals etwas genauer her! Ich bin ein Mann, ganz gewiß, und ichbin auch immer ein Mann gewesen. Aber es ist komisch, und ich weißnicht, es war etwas Besonderes mit mir los seit einiger Zeit. Wissen Sie, ichwanderte umher und dann hörte ich singen; und da dachte ich, wirst malhineingucken. Und ehe ich mich besann, fühlte ich mich recht wohl. WissenSie, eine Zeit lang ging es mir gar nicht gut; alles kam mir sonderbarvor. (Nachdem er sich in die Aura eines Sensitiven verstrickt hatte.) Ichweiß gar nicht, was eigentlich mit mir los ist. Irgend jemand sagte mir,— 75 —


wenn ich dort hineinginge, wo gesungen wird, dann würde ich schon dahinterkommen, was mit mir los sei. Ich habe je<strong>den</strong> gefragt <strong>den</strong> ich sah; aberalle gingen an mir vorüber; sie waren so aufgeblasen, daß sie mit einemBurschen, wie mir, nicht gehen mochten. Die Leute kommen mir alle wieWachspuppen vor. Du liebes Leben! Was habe ich gefragt und gefragt, undbin von einem zum andern gegangen; aber ich habe doch keinen dazu bringenkönnen, mir zu antworten oder auch nur von mir Notiz zu nehmen.(Als Geist war er <strong>den</strong> Menschen nicht sichtbar und wurde daher von ihnennicht bemerkt.) Sie sind der erste, der mir endlich mal auf eine Frage Antwortgibt. Zuweilen kommt mir so ein eigentümliches kleines Ding in dieKehle und dann kann ich nicht sprechen; aber dann scheine ich auch wiedergesund zu wer<strong>den</strong>! Doch ich fühle mich so seltsam, so seltsam!Dr. Können Sie sich nicht erinnern, daß Ihnen irgendwann mal etwas Besondereszugestoßen wäre?G. Irgendetwas begegnet einem ja täglich. Mal erinnere ich mich deutlich andas eine und dann wieder an das andere; aber so ganz klar kann ich micheigentlich auf nichts besinnen. Ich wüßte für mein Leben nicht zu sagen,wo ich hier bin. Das ist das Seltsamste, was ich jemals erlebt habe.Dr. Wie alt sind Sie?G. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Seit einiger Zeit weiß ich nicht mehr, wiealt ich bin. Niemand hat mich danach gefragt, und die natürliche Folge ist,daß ich es vergessen habe. (Hört einen Eisenbahnzug vor<strong>bei</strong>fahren.) Oh, dakommt ein Zug! Das habe ich schon lange nicht mehr gehört. Ich bin wohlmal wieder für eine Weile am Leben. Ich weiß garnicht, was das ist.Dr. Wo haben Sie früher gewohnt? Wo, meinen Sie, sind Sie jetzt?G. Ich weiß nicht, wo ich früher gewohnt habe, aber gerade jetzt bin ich indiesem Zimmer voller Menschen.Dr. Wissen Sie, daß Sie in Kalifornien sind, in Los Angeles?G. Ums Himmels Willen, nein!Dr. Wo glaubten Sie <strong>den</strong>n zu sein?G. Ich kann mich auf gar nichts recht besinnen. Manchmal komme ich mir sovor, als ob ich eine Frau wäre, und dann gibt man mir etwas Merkwürdiges,was ich nicht lei<strong>den</strong> kann. (Elektrische Behandlung des Patienten.)Dr. Was bekommen Sie <strong>den</strong>n da?G. Wenn ich eine Frau bin, habe ich langes Haar und wenn das Haar lose her<strong>unter</strong>hängt,beginnt diese merkwürdige Geschichte. (Frau Burton truggewöhnlich während der elektrischen Behandlung das Haar offen.)Dr. Wie meinen Sie das?G. Es ist, als ob mich viele tausend Nadeln stechen. Das ist, wahrhaftiger Gott,das schlimmste, was ich in meinem ganzen Leben erlebt habe! Ich willkeine Frau sein. Diese komische Geschichte passiert immer nur, wenn icheine Frau bin. (Er sieht Frau B. im Kreise sitzen.) Die dort ist ja die mitdem langen Haar! (Zu Frau B.) Jetzt werde ich Sie schon erwischen!Dr. Kennen Sie diese Dame?G. Ja, sie wird manchmal so böse auf mich und will mich fortjagen.— 76 —


Dr. Wahrscheinlich will sie Sie nicht um sich haben. Möglich, daß Sie ihr lästigfallen.G. Sie belästigt mich auch!Dr. Versuchen Sie Ihre Lage zu begreifen. Ist es Ihnen nicht <strong>den</strong>kbar, daß Sie,wie man sagt, "tot" sein könnten? Zur Zeit sind Sie eine Frau. Sehen Siedoch Ihre Kleidung an. Sie sagten doch, Sie seien ein Mann, und da<strong>bei</strong> tragenSie Frauenkleider!G. Ums Himmels Willen! Ich will keine Frau mehr sein! Ich bin ein Mann undwill ein Mann sein. Ich bin doch sonst immer ein Mann gewesen. Aber, Duliebes Leben, ich weiß doch nicht, wie ich aus dieser Lage hier heraus kommenkann? Die Frau da sagt, ich solle gehen. Ich versuche ja auch hier fortzu kommen, aber es gelingt mir doch nicht. (Erkennt plötzlich Dr. Wickland.Sie sind ja der, der mir das "Feuer" gegeben hat! Wahrhaftigen Gott,Sie möchte ich los wer<strong>den</strong>. Ich kann Sie nicht lei<strong>den</strong> mit Ihren Feuerfunken,die Sie mir gegeben haben! Mit Ihnen will ich nichts mehr zu tunhaben!Dr. Wie lange sind Sie schon <strong>bei</strong> mir?G. Bei Ihnen? Sie jagen mich ja immer fort! Was haben Sie mit der Fraugemacht, die <strong>bei</strong> mir war? (Ein anderer Geist*, welcher die Patientin besessengemacht hatte, und vorher schon ausgetrieben wor<strong>den</strong> war. Sie sangmir so schön vor. Sie ist uns abhan<strong>den</strong> gekommen. Ich habe sie gesuchtund gesucht. Können Sie mir sagen, wo sie ist?Dr. Sie hat diese Dame verlassen und ist hier in demselben Körper gewesen, indem Sie soeben stecken. Nachher ging sie in die Geisterwelt. Dorthin wer<strong>den</strong>Sie auch gehen, wenn Sie uns verlassen.G. Die Frau da hat gar keinen Grund, so auf mich zu schelten, wie sie es tut.Ich habe ihr doch nichts getan!Dr. Angenommen, Sie wären eine Dame, und irgend ein Geist würde Sie quälen— wurde Ihnen das gefallen?G. Nein, ganz gewiß nicht!Dr. Sie haben sie belästigt, Sie sind ein Geist, und diese Frau lebt noch alsMensch im Körper. Sie will Sie los wer<strong>den</strong>!G. Sie quält mich mit all diesen "Nadeln"! Die trafen sie am Kopfe und es warmir gerade so, als ob ich sie auf meinen Kopf bekäme.Dr. "Sie lebt noch in ihrem sterblichen Körper, und Sie sind ein Geist, unsichtbarfür uns!G. Was meinen Sie damit?Dr. Genau was ich sage. Als Geist sind Sie für uns unsichtbar. Sie benutzenaugenblicklich <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Wieso? Ich habe doch Ihre Frau nie gesehen und will es auch gar nicht. Ichwill Ihnen eins sagen, ich bin ein Mann und will auch niemals etwas anderessein; und ich habe gar keine Lust mit Ihnen verheiratet zu sein!Dr. Sie mögen ja ein Mann sein, wie Sie behaupten. Ich möchte Ihnen nur dieTatsache begreiflich machen, daß Sie für uns unsichtbar sind. Dieser Körpergehört meiner Frau.— 77 —


G. Um Gottes Willen! Wahrhaftig ich bin eine Frau! (Betrachtet die Kleiderdes Mediums.) Herr Du meines Lebens, wie bin ich zu diesen Kleiderngekommen?Dr. Die haben Sie schon eine ganze Weile an. Wie sind Sie <strong>den</strong>n hierhergekommen?G. Jemand sagte zu uns: Gehen Sie nur hier hinein, da wer<strong>den</strong> Sie Aufklärungerhalten. Denn Sie brauchen doch nicht so umherzuwandern, wie Sie estun! — Und jetzt bin ich eine Frau!!Dr. Nur vorübergehend. Geben Sie sich mal ein bißchen Mühe zu begreifen,was ich Ihnen sage. Sie haben Ihren Körper verloren, vielleicht schon vorlängerer Zeit.G. Diese Frau (Frau B.) ist daran schuld!Dr. Sie haben diese Dame vermutlich schon viele <strong>Jahre</strong> belästigt und vielleichtauch andere. Wie heißen Sie?G. Ich kann mich auf nichts besinnen.Dr. Ihren Körper haben Sie verloren und sind nun in der "äußersten Finsternis",wie die Bibel das nennt, umhergeirrt! Sind Sie ein frommer Mensch gewesen?G. Mit <strong>den</strong> Kirchen will ich nichts zu tun haben, die habe ich gründlich satt.Die sagen alle, wenn Du nicht so oder so tust, dann kommst Du gera<strong>den</strong>wegsin die Hölle und in das ewige Feuer. Sie lehren und predigen immernur Verdammnis, wissen Sie!Als ich noch ein ganz junger Mensch war, da sagte mir mal ein Geistlicher,ich würde in diese schreckliche Hölle kommen, und sie mochten mich nichtmehr in der Kirche haben, weil ich nicht so tat, wie sie sagten, daß ich tunsollte, ich glaubte an das alles nicht. Ich war aber auch so kein ganzschlechter Mensch. Nachdem ich aus dieser Kirche ausgetreten war, dachteich, Du wirst es mal mit einer anderen probieren. Aber, Herr Du meinesLebens! — Ich kam in dieselbe Hölle und Verdammnis und bekam dasalles gründlich satt!Sie redeten von Gott und heiligen Dingen. Sie sagten, ich solle Gott meinGeld opfern. Sie verlangten, ich solle Gott auch meinen Tabak opfern. Ichkonnte nicht einsehen, wozu der liebe Gott meinen Tabak nötig habensollte und das bißchen Geld, das ich hatte. So konnte ich die Dinge nichtansehen, und so bin ich <strong>den</strong>n auch aus dieser Kirche ausgetreten, ich gingin eine andere Kirche; und auch da haben sie auf mich eingeredet. Nacheiner Weile sagten sie, der Teufel sei hinter mir her, weil ich mein Geldnicht der Kirche geben wollte.Mal kam ich mit Kamera<strong>den</strong> für eine Weile ins Bummeln, Ich habe niemalszuviel getrunken, aber damals trank ich gerade genug, um ein bißchen lustigzu sein. Ich dachte <strong>bei</strong> mir, wirst mal wieder in die Kirche gehen undDich ganz vorn hinsetzen; und das tat ich <strong>den</strong>n auch. Da wollten sie nunmeine Seele für Gott retten, wie sie sagten. Der Pfarrer sagte, der Teufel seimir dicht auf <strong>den</strong> Fersen, und ich bekam es or<strong>den</strong>tlich mit der Angst. Ersagte:— 78 —


"Und er wird Sie auch erwischen!" — ich dachte, ich will mich mal umsehen,vielleicht könnte ich ihn sehen; aber ich sah ihn nicht. — Er sagte:"Kommet her, kommet her, und wir wer<strong>den</strong> Eure Seele vor der Hölle retten;kommet her und laßt Euch retten. Tretet vor und laßt Euch bekehren,daß Ihr wiedergeboren werdet!"Eine Weile sträubte ich mich, aber dann stand ich auf und ging gera<strong>den</strong>wegsmit nach vorn und wollte mal sehen, was sie wohl machen wür<strong>den</strong>.Der Geistliche sagte: "Nun kniet hier nieder!" So kniete ich nieder. Er legtemir die Hand auf <strong>den</strong> Kopf und alle sangen und sangen, und beteten undbeteten für mich. Sie sagten: "Bekehre Dich!" ich fand es großartig, wiealle die Mädchen mir die Hände auf <strong>den</strong> Kopf legten und sangen und fürmich beteten! Dann kam der Geistliche wieder und sagte: "Jetzt müssen Sieimmer fleißig beten, sonst ist Ihnen der Teufel bald wieder auf <strong>den</strong>Fersen!" — ich wollte nicht heucheln und so sagte ich ihm, wenn ich einSünder wäre, dann würde ich wohl einer bleiben müssen. "Ich glaube überhauptnicht an einen persönlichen Teufel", sagte ich ihm, und da war erböse. Ich war ihm wohl eine recht bittere Pille! Sie versuchten alles, wassie konnten, um mich zu bekehren, aber es führte zu nichts. So ging ichschließlich auf und davon. Als ich von dort fortgegangen war, kameneinige Männer hinter mir her. Da lief ich davon, so schnell ich konnte.Dann schlug mich jemand auf <strong>den</strong> Kopf, und ich hatte arge Schmerzen, ichfiel hin, stand aber wieder auf. Ich wollte dem Manne einen Stoß geben,daß er bergab fallen sollte, aber statt dessen stieß er mich und ich rollte <strong>den</strong>Berg hinab. Als ich aufhörte zu rollen, befand ich mich inmitten einerMenge Menschen und plötzlich fühlte ich mich wieder ganz wohl.Dr. Das war wahrscheinlich der Zeitpunkt, wo Sie ihren sterblichen Körperverloren. Sie sind gestorben.G. Ich bin nicht gestorben!Dr. An welchem Orte war das, wo Sie <strong>den</strong> Bergabhang hin<strong>unter</strong> rollten?G. Das war da unten in Texas. Ich wanderte und lief und versuchte mit <strong>den</strong>Leuten zu re<strong>den</strong>, aber sie mochten mir nicht antworten; sie kamen mir wieStöcke vor. Mir war so seltsam im Kopf. Ich frug sie, ob sie mir sagenkönnten, wo meine Wohnung sei. Ich fühlte Schmerzen. Manchmal konnteich anderswohin gehen. Ich traf dann eine Dame und die sagte: "KommenSie mit" — und ehe ich mich's versah, hatten wir eine Menschen um uns,und sie sangen immer. (Wahrscheinlich der Geist Carrie Huntington. DiePatientin Frau B. wurde oft durch das Singen der Geister belästigt.) Ichhabe mich manchmal mit ihr <strong>unter</strong>halten, dann, aber dann war sie auf einmalverschwun<strong>den</strong>, und danach bekam ich diese Nadelstiche! (D.h. derGeist nahm stärker Besitz von der Patientin und fühlte die elektrischeBehandlung stärker.) — Die habe ich gehörig gefühlt.Dr. Sie sind ein Geist und benutzen jetzt <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Wie, in aller Welt, bin ich <strong>den</strong>n in <strong>den</strong> Körper Ihrer Frau hineingelangt? IstIhnen <strong>den</strong>n das recht, daß sich so allerhand Strolche in Ihrer Frau breitmachen?— 79 —


Dr. Ja, wenn es nur so lange ist und dazu dient, <strong>den</strong> Geistern begreiflich zumachen, daß sie in die Geisterwelt gehören.G. Sind das die Kleider Ihrer Frau? Habe ich sie für eine Weile geliehen? HatIhre Frau sie mir angezogen? Es ist mir gar nicht recht, mich hier so alsFrau zu zeigen und nicht als Mann! Was wer<strong>den</strong> diese Leute <strong>den</strong>ken, —daß ich verrückt sei? (Lacht.) Ist das nicht komisch?Dr. Sie sind ein unwissender Geist in der äußersten Finsternis! Gute Geisterhaben Sie hierher gebracht, damit Sie diesen Körper vorübergehend benutzensollten und so Ihre Lage begreifen lernen. — Die haben Sie auch vondieser Dame fortgeholt. (Frau B.)G. Wird sie diese fürchterlichen Nadelstiche noch mal wieder bekommen?Dr. Sind dort noch mehr Personen, wo Sie her kommen? Oder sind Sie derLetzte?G. Als die Frau und der andere Mann fort waren, gaben Sie mir die Nadelstiche.Ich schlug um mich wie ein Stier, um loszukommen, aber ich konntenicht fort. Das kann man von mir aber auch <strong>unter</strong> solchen Umstän<strong>den</strong> nichtanders erwarten. Ich mußte an <strong>den</strong> Geistlichen und seine Erzählungen vonder Hölle <strong>den</strong>ken!Dr. Diese Hölle war aber doch ganz was anderes. Hier sind Geister, welcheIhnen zeigen wollen, wie Sie in der Geisterwelt vorwärts kommen können;die wer<strong>den</strong> Ihnen helfen. — Lebt Ihr Vater noch?G. Ich weiß es nicht. Ich habe meinen Vater seit fünfundzwanzig oder dreißig<strong>Jahre</strong>n nicht gesehen. Meine Mutter ist tot, aber ich weiß nicht, ob meinVater auch tot ist oder nicht. Ich kenne keinen von meinen Verwandten!B. Haben wir uns nicht im letzten November getroffen?G. Ja, seitdem bin ich auch immer krank. Ich bin das aber nicht gewesen, dersich so an Sie geklammert hat, das war die junge Dame. — Mein Kopf tutmir furchtbar weh!Dr. Welches Jahr haben wir jetzt nach Ihrer Meinung?G. Ich sollte meinen 1888 oder 1891.Dr. Wir haben jetzt 1920!G. Ich glaube, es muß irgendetwas mit mir los sein!Dr. Sie sind eine Zeitlang in der äußersten Finsternis gewesen!G. Ich bin gewandert und gewandert und kam schließlich zu dieser Dame dadrüben. (Frau B.) Ich wollte auch wieder fort. — Ich schlug um mich undsie auch, und so kam es zwischen uns zu regelrechten Schlägereien. — Ohsiehe da! Sehen Sie! Meine Mutter! Oh Mutter! Kannst Du mir verzeihen?Ich wurde nicht so, wie Du mich gerne haben wolltest. Mutter, willst Dumich mit nehmen? Ich bin so müde; ich brauche Deine Fürsorge und Hilfe.Willst Du mich mitnehmen? Oh, liebe Mutter!Dr. Was sagt sie?G. Sie ruft mich. Sie sagt: "Ja, Frank, Du sollst mit mir kommen! Ich habelange nach Dir gesucht!" — Ich werde schwach; ich bin so müde Muttersagt: "Frank, wir haben vom wahren Leben nichts gewußt, <strong>den</strong>n man hatuns nicht gelehrt, was man uns hätte lehren sollen; so haben wir von Gottes— 80 —


wunderbarem Weltall nichts erfahren! Was man heute Religion nennt, hatmit wahrem Leben soviel wie nichts mehr zu tun! Die Geistlichen lehrenalle, man müsse nur "glauben", dann werde man erlöst! — Nein, nein,"Glauben“ ist nur ein "Festlegen"! — Ringet um Gotteserkenntnis! — Wirhaben es leider nicht getan!""Wir wollen Dir helfen, Frank und Dir zeigen, was für eine wundervolleWelt sich hier auf der andern Seite für uns auftut, wenn wir nur einen offenenSinn dafür haben! Du mußt Dir freilich auch selbst Mühe geben zubegreifen, was Gott uns als Sinn und Inhalt des wahren Lebens lehren will,und da<strong>bei</strong> Deinen Mitmenschen helfen und dienen!""Frank", sagt sie, "Du warst Dein lebelang ein Tunichtgut. Ich weiß, Duwarst ein guter Junge, aber Du warst ein zu großer Hitzkopf. Du wußtestnichts vom wirklichen Leben und liefst von Zuhause fort, als ich gestorbenwar. Das Heim wurde aufgelöst; jeder ging seine eigenen Wege. — Auchich habe über das Leben nach dem Tode nicht Bescheid gewußt, um somehr wünschte ich, daß alle Menschen die Wahrheit darüber erfuhren?Sie sagt: "Nun komm' mit mir in die Geisterwelt, wo man Bescheid weißund uns belehren wird. Dort herrscht <strong>Liebe</strong>, Eintracht, Friede und Seligkeit,aber wir müssen alle füreinander leben! Du mußt zunächst in eine Schulegehen und lernen! — Du darfst niemand mehr belästigen, wie Du es bishergetan hast! — Komm, Frank, wir wollen in unser hübsches Heim hier inder Geisterwelt gehen!Wir danken Ihnen, leben Sie wohl!"Einige Wochen später verließ der letzte Eindringling <strong>den</strong> Körper der Frau Burton.Er erkundigte sich durch das Medium, meine Frau, nach seinen Gefährten,welche die Patientin bereits verlassen hatten, und zeigte sich recht ungehaltendarüber, daß man ihn allein so lange festgehalten habe.— — —Geist: Maggie — Patient: Frau BurtonDoktor: Guten Abend, Freund, wer sind Sie? (Ergreift die Hand des Mediums.)Geist: Lassen Sie meine Hand los! Fassen Sie mich nicht an!Dr. Wie heißen Sie?G. Ich heiße Maggie.Dr. Maggie — und weiter?G. Maggie Wilkinson.Dr. Wissen Sie, daß Sie in Los Angeles sind? Wo kommen Sie her?G. Ich komme aus Dallas in Texas.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n nach Los Angeles gekommen?G. Ich hin nicht in Los Angeles, ich bin in Texas. — Ich habe die ganze Zeitgetobt und um mich geschlagen.Dr. Weshalb <strong>den</strong>n?G. Ich habe getobt, weil ich in einem Gefängnis war. (In der Aura der Patientin)Dort waren wir unser mehrere, aber die andern sind alle fort. (Andere— 81 —


Besessenheits-Geister, die bereits aus der Patientin vertrieben wur<strong>den</strong>.) Siesind alle fort, bis auf mich, und das gefällt mir nicht!Dr. Möchten Sie gerne auch dorthin, wo Ihre Freunde hingegangen sind?G. An <strong>den</strong>en liegt mir nichts! Die kümmern mich wirklich nicht mehr. Siewollten immer alles für sich haben und ich hatte das Nachsehen.Dr. Kommt Ihnen Ihre Lage nicht recht sonderbar vor? — Sagen Sie doch mal,wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Tot!? Weshalb ist diese Frau dort immer <strong>bei</strong> mir? (Patientin.) Sie bekommtimmer Feuer. Sie bekommt die schlimmsten Dinge. Sie steigt auf etwasherauf, legt etwas über ihren Kopf und dann kommt das "Feuer"! (WennFrau Burton sich auf die Plattform neben der Elektrisier-Maschine setzte,bedeckte sie ihren Kopf mit einem wollenen Tuch, um die Wirkung derelektrischen Kraft zu verstärken.)Dr. Fühlen Sie sich hier am rechten Ort?G. Wo sollte ich <strong>den</strong>n hin?Dr. In die Geisterweit!G. Wo ist das?Dr. Das ist dort, wo die Menschen hingehen, wenn sie wissen, daß sie ihrenirdischen Körper verlassen haben! — Merken Sie nicht, daß etwas Besonderesmit Ihnen geschehen ist?G. Wenn Sie verhindern könnten, daß mir das Tuch auf <strong>den</strong> Kopf gelegt wird,und dann das Feuer wieder kommt, wäre ich schon ganz zufrie<strong>den</strong>. Mirwar, als ob ich in Stücke zerschlagen würde! Wie, um alles in der Welt,kann ein Mensch das aushalten, wenn so nach ihm geschossen wird?Dr. Das geschah ja nur, um Sie herauszutreiben. Fühlen Sie sich jetzt nichtfrei? Was haben Sie inzwischen gemacht, seitdem Sie zuletzt diese "Feuerschüsse"bekommen haben?G. Ich bin recht froh, daß man mich herausgejagt hat, <strong>den</strong>n ich fühle mich jetztviel besser als vorher.Dr. Ist Ihnen klar, daß Sie sich im Körper meiner Frau befin<strong>den</strong>?G. Gott sei Dank — Nein!Dr. Dieser Körper, welchen Sie benutzen, gehört meiner Frau.G. Ihrer Frau, — keineswegs!Dr. Kennen Sie die Kleider, die Sie anhaben?G. Das geht mich nichts an.Dr. Wo haben Sie die <strong>den</strong>n her?G. Ich bin kein Dieb! Ich werde Sie verhaften lassen, weil Sie mich einenDieb genannt haben! Bei der nächsten Polizei-Station werde ich einenHaftbefehl gegen Sie beantragen!Dr. Maggi was hat <strong>den</strong>n Ihr Haar für eine Farbe?G. Braun — dunkelbraun!Dr. (Das Haar des Mediums berührend.) Dieses Haar ist nicht braun und dieseKleider gehören meiner Frau.G. Das kümmert mich nicht, ob dies meine Kleider sind oder nicht; ich habesie nicht haben wollen.— 82 —


Dr. Sagen Sie uns, wie lange Sie tot sindG. Ich bin nicht tot! Einmal sagen Sie so und dann wieder anders!Dr. Ich meine, wann haben Sie Ihren Körper verloren?G. Ich habe meinen Körper nicht verloren; er liegt nicht im Grabe!Dr. Waren Sie nicht mal krank und haben sich dann plötzlich wieder bessergefühlt?G. Ich bin sehr krank gewesen, und als es mir wieder besser ging, befand ichmich in einem Gefängnis. Ich ging umher und eine Frau belästigte mich.Wir waren unser eine ganze Menge dort; aber sie bekamen alle solcheAngst vor dem Feuer, daß sie ausrückten.Dr. Wann sind Sie <strong>den</strong>n nach Los Angeles gekommen?G. Ich bin nicht in Los Angeles, ich bin in Dallas in Texas. Wenn ich in LosAngeles sein soll, — wie wäre ich <strong>den</strong>n hierher gekommen?Dr. Sie sind wohl mit einer Dame, die rotes Haar hat, hergekommen. (Frau B.,die daneben saß.)G. Sie hatte kein Recht, mich hierher zu bringen.Dr. Sie kam ebenfalls aus Texas.G. Was ist aus <strong>den</strong> andern gewor<strong>den</strong>?Dr. Man hat ihnen ihre Lage zum Bewußtsein gebracht, und dann sind sie indie Geisterwelt gegangen. — Dort sollten auch Sie hin! Weshalb hängenSie sich <strong>den</strong>n so an diese Frau?G. Mich an sie hängen — kein Gedanke! Ich war in einem Gefängnis, aber ichkonnte mir nicht helfen. Ich tat, was ich konnte, um herauszukommen. DieLeute, die ich sah, sagten zwar, sie wür<strong>den</strong> mir heraushelfen, aber getanhaben sie es nicht. Ich machte Krach, und nun haben sie mich allein gelassen.Dr. Wahrscheinlich haben die Sie jetzt hierher gebracht.G. Alles, was ich sehe, sind Leute, die im Kreise sitzen.Frau B.: Sind Sie mit mir hierher gekommen? Warum belästigen Sie mich so?G. Ich habe nichts mit Ihnen zu tun! Oh, Sie sind ja diejenige, die mich gefangengehalten hat!B. Wie hieß <strong>den</strong>n Ihre Freundin, mit der Sie zusammen waren? (Bezieht sichauf einen andern Geist, der Frau B. gequält hatte.)G. Wo? In Texas?B. Ja.G. Sie hieß Mary; und dann war noch eine andere da, die hieß Carrie.B. Kam Garne mit Ihnen?G. Ja, natürlich. Sagen Sie, weshalb haben Sie mich festgehalten? Warumhaben Sie mich nicht herausgelassen?B. Ich habe Ihnen doch immer gesagt, Sie sollten machen, daß Sie fort kämen!G. Ich weiß, gesagt haben Sie das, aber Sie haben die Tür nicht aufgemacht,so daß ich gar nicht fort konnte!Dr. Alles, was Sie hätten tun sollen, war, sich von jener Dame frei zu <strong>den</strong>ken.G. Ich kann mich nicht frei <strong>den</strong>ken.— 83 —


Dr. Geister, die Bescheid wissen, können sich überall hin "<strong>den</strong>ken"; nur dieunwissen<strong>den</strong> Geister können das nicht.G. (Zu Frau B.) Sagen Sie, weshalb haben Sie mich <strong>den</strong>n eigentlich <strong>bei</strong> sichfestgehalten?Dr. Sie waren ein ungebetener Gast!B. Ich bin froh, Sie los zu wer<strong>den</strong>!G. Ich bin gleichfalls froh! Ich freue mich mächtig, aus dem Gefängnis herauszu sein. Warum haben Sie mich <strong>den</strong>n nicht herausgelassen? Ich habe dochgeklopft und geklopft; aber Sie hielten mich fest. (Zu Dr. Wickland.) Siehaben mir diese Feuer-Dinger gegeben, und da kam ich endlich frei und binfroh darüber!Dr. Sind Sie nach der letzten Behandlung freigekommen?G. Das nennen Sie "Behandlung"?Dr. Wenn Sie dadurch von dieser Dame losgekommen sind, dann möchte iches sogar eine sehr gute Behandlung nennen!G. Sie wissen gar nicht, wie ich durch dieses Feuer gelitten habe, besondersdurch die Schüssel Sie waren das, der mir das Feuer gab, und ich mag Sienicht!Dr. Ich habe der Dame diese Behandlung geben müssen, um Sie aus ihr herauszubringen!G. Sie halten wohl diese Teufels-Maschine für einen kleinen Gott. — Siewollten mich fort haben, — wohin <strong>den</strong>n?Dr. In die Geisterwelt!G. Wo ist die?Dr. Ein Ort, wo die entkörperten Geister hingehen, um weitere Erkenntnis zusammeln. Sie haben Ihren sterblichen Körper abgelegt, ohne sich dessenbewußt gewor<strong>den</strong> zu sein, und dann haben Sie diese Dame besessengemacht. (Frau B.)B. Wenn ich Sie und die andern erst einmal richtig los bin, dann werde ichaber die Tür zumachen und so fest zuhalten, daß mir keiner von Euch wiederherein kann!Dr. Denken Sie sich nur frei, dann wer<strong>den</strong> Sie auch nicht mehr im Gefängnissein! Als Menschen auf Er<strong>den</strong> können wir uns freilich nicht durch bloßesDenken von einem Ort zum andern begeben, aber Geister können das! —Sie sind für uns nicht sichtbar. Sie benutzen augenblicklich nicht Ihreneigenen, sondern <strong>den</strong> Körper eines andern Menschen, dieser Körper gehörtmeiner Frau!G. Das sagten Sie mir schon einmal.Dr. Merken Sie immer noch nicht, daß Sie sich in einer höchst seltsamen Lagebefin<strong>den</strong>?B. Kennen Sie Maggie Mackin! (Ein anderer Geist, dessen Anwesenheit FrauB. immer hellhörend wahrgenommen hatte.)G. Ja, und Mary auch.Dr. Wie alt waren Sie, als Sie Ihren Körper ablegten? Können Sie sich an einigesaus Ihrer Vergangenheit erinnern?— 84 —


G. Ich erinnere mich, daß ich ausfuhr und die Pferde mit mir durchgingen;dann wurde alles dunkel, und seitdem scheine ich mich nicht an viel mehrzu erinnern.Dr. Wissen Sie, welches Jahr wir schreiben?G. Ich habe es doch nicht nötig, Ihnen auf alle Ihre Fragen zu antworten. SindSie ein Rechtsanwalt oder ein Richter? Wer sind Sie <strong>den</strong>n?Dr. Ich bin ein "Feuer-Mann". Können Sie sich vorstellen, daß wir das Jahr1920 haben?G. Das kümmert mich nicht so viel! (Knipst mit <strong>den</strong> Fingern.) Es ist mirhöchst gleichgültig!Dr. Ich dachte, es läge Ihnen daran frei zu wer<strong>den</strong>.G. Ich wollte aus diesem Gefängnis heraus und fühle mich jetzt besser als seit<strong>Jahre</strong>n.B. Sie sollten dem Doktor dafür danken, daß er Sie befreit hat.G. Der sollte verhaftet wer<strong>den</strong> dafür, daß er mir solche Schüsse gegeben hat.Das fühlte sich ja an, als ob der ganze Kopf zum Teufel gehen sollte!Dr. Sehen Sie <strong>den</strong>n hier nicht auch welche von Ihren Freun<strong>den</strong>?G. Da sind zwei Indianer, der eine ist ein großer Bursche, und das andere istein Mädchen; und dort ist eine Dame mit lockigem Haar und hellen blauenAugen. (Geister.)Dr. Hört das Indianer-Mädchen auf <strong>den</strong> Namen "Silberstern"? (Silver-Star isteiner der Führer-Geister meiner Frau.)G. Ja.Dr. Diese Geister wer<strong>den</strong> Ihnen helfen, in der Geisterwelt vorwärts zu kommen.G. Eins ist sicher. Ich will in <strong>den</strong> Himmel und nicht an <strong>den</strong> "andern Ort"! Ichbin immer fleißig in die Kirche gegangen und bin eine fromme Frau gewesen.Dr. Jene Personen, die Sie da sehen, sind Geister, wie Sie selbst! Wir könnensie nicht scheutG. Dennoch sind sie wirklich da! Sie sagen, wenn ich mit ihnen ginge, wür<strong>den</strong>sie mich in ein hübsches Heim bringen. Das wäre schön, <strong>den</strong>n ich habeschon Lange kein Heim mehr gehabt! — Dann soll ich also auch das Feuernicht wieder zu fühlen bekommen! Ich will auch gar nicht mehr hin zu derFrau mit dem roten Haar, — Gott sei Dank!Dr. Nun, <strong>den</strong>ken Sie sich frei und gehen Sie mit diesen Freun<strong>den</strong>.G. Gut, ich werde mitgehen. — Leben Sie wohl!Als Frau Burton zu uns kam, war sie zuerst völlig außerstande, irgendeine beruflicheAr<strong>bei</strong>t zu leisten. Als sie dann aber von <strong>den</strong> Besessenheits-Geistern befreitwar, konnte sie eine Stellung als Schreiberin in einem großen Handelshauseannehmen.*— 85 —


Verhältnisse der Er<strong>den</strong>-Sphäre und magnetische AuraUnwissende Geister wandern oft viele <strong>Jahre</strong> ziellos in der Er<strong>den</strong>sphäre umher.Sie wissen nichts von einer höheren geistigen Welt, in die nur der hineingelangenkann, dessen Sinne sich ihr verstehend öffnen. So hält ihre Unwissenheit siein einem Zustand trüber Verwirrung und dumpfer Eintönigkeit und schafft ihnenLei<strong>den</strong>. Viele bleiben am Schauplatz ihres irdischen Lebens haften und setzenihre frühere Tätigkeit fort, während andere in tiefen Schlaf fallen, aus dem sienur mit Mühe geweckt wer<strong>den</strong> können.Ein Geist, welcher sich seines Hinübergangs gar nicht bewußt gewor<strong>den</strong> warund noch seiner früheren Tätigkeit nachging, nahm <strong>bei</strong> einer unserer Sitzungenin Chicago von meiner Frau Besitz."Weshalb sitzen Sie im Dunkeln?" fragte er. (Wir experimentierten damals imDunkeln.)"Ich bin Hesselroth von der Drogerie", sagte er.Herr Hesselroth, der schwedische Besitzer einer Drogerie in Chicago, war einJahr zuvor im Krankenhaus gestorben. Doch wir wußten nichts von diesemManne, weder von seinem Tode, noch von seinen sonstigen Verhältnissen; andiesem Abend war jedoch einer seiner Freunde, Herr Eckhohn, in unserem Zirkel.Der Geist war sich seines Todes nicht bewußt und behauptete, er leite noch seineDrogerie.Sein Freund im Zirkel sagte, er habe erfahren, daß die Drogerie an <strong>den</strong>Geschäftsführer verkauft wor<strong>den</strong> sei. Das berichtete er auch dem Verstorbenen.Doch dieser widersprach lebhaft und behauptete: "Abrahamson verwaltet sie nurfür mich".Der Geist erzählte von einem Einbruch, der kürzlich in seinem Hause verübtwor<strong>den</strong> sei, und beschrieb die drei Einbrecher. Er sagte, zuerst habe er Angstbekommen, als sie eindrangen. Dann habe er sich aber ein Herz gefaßt und seinenRevolver holen wollen, sei aber nicht imstande gewesen, ihn zu erfassen.Darauf hätte er auf einen der Einbrecher eingeschlagen, aber seine Hand sei mittendurch <strong>den</strong> Kerl hindurchgegangen und es sei ihm unbegreiflich, weshalb erÜberhaupt nichts habe tun können.Nachdem ihm seine Lage zum Bewußtsein gebracht wor<strong>den</strong> war, sah er vieleGeister-Freunde, die ihn in seinem neuen Heim in der Geisterwelt <strong>willkommen</strong>hießen.Spätere Nachforschungen ergaben die Richtigkeit der von dem Geiste gemachtenAussagen, daß die Drogerie nicht verkauft und tatsächlich auch ein Einbruchin dem Hause verübt wor<strong>den</strong> war.— 86 —


Hier ist die Annahme, daß das Unterbewußtsein des Mediums in diesem Falleeine Rolle gespielt habe, ebensowenig stichhaltig, wie etwa eine Erklärung mitAuto-Suggestion. Denn Herr Hesselroth war allen Anwesen<strong>den</strong>, mit Ausnahmeseines Freundes, des Herrn Eckholm, völlig unbekannt; und dieser Freund war jaüber <strong>den</strong> Verkauf des Geschäftes ganz falsch im Bilde.Viele <strong>Jahre</strong> später, als wir schon in Kalifornien wohnten, kam dieser Geist nochmalszu uns und sprach wieder durch meine Frau.— — —Sitzung am 29. September 1920Geist: Herr HesselrothGeist: Ich komme nur, um ein paar Worte zu sagen, <strong>den</strong>n hier hat man mir einstaus der Finsternis herausgeholfen, und ich bin ein Helfer im "Barmherzigkeits-Bund"gewor<strong>den</strong>.Doktor: Wer sind Sie, Freund?G. Ich bin einer Ihrer Helfer. Ich komme zuweilen in die Nähe und kommeheute Abend, um Ihnen ein paar Worte zu sagen. — Einst befand ich michin einem sehr unklaren Zustande, aber jetzt bin ich ein Mitglied Ihres Bundes.Ich dachte mir, es wird Ihnen Freude machen, das zu hören. Ohne IhreHilfe wäre ich wahrscheinlich noch immer in der Finsternis. Viele <strong>Jahre</strong>sind inzwischen vergangen. Jetzt habe ich vollkommenes Verständnis fürdas wahre Leben durch Sie und diesen kleinen Zirkel des Barmherzigkeits-Bundes! Es war nicht hier, es war in Chicago, wo mir geholfen wurde.Es ist mir eine große Freude, heute Abend hier <strong>bei</strong> Ihnen zu sein. Ich würdeIhnen gerne meinen Namen nennen, aber es scheint, ich habe ihn rein vergessen,<strong>den</strong>n ich habe ihn solange nicht gehört. Er wird mir aber wohl nochwieder einfallen, und dann werde ich ihn nennen. Erinnern Sie sich einesalten Herrn, <strong>den</strong> Sie gut kannten, — Herrn Eckholm? Er war übrigens nochgar nicht so sehr alt. Er war ein sehr lieber Freund von mir, und durch ihnkam ich zu Ihnen.Dr. Bei einer Sitzung in Chicago?G. Ja. Ich hatte eine Drogenhandlung in Chicago. Mein Name ist Hesselroth.Ich konnte im Augenblick nicht darauf kommen. Ich bin einer Ihrer Helferhier. Herr Eckholm ist auch hier <strong>bei</strong> mir, und auch er tut alles, was er kann.Er ist sehr glücklich, Ihnen <strong>bei</strong> Ihrem Werk hier helfen zu können. Er warschon während seines Er<strong>den</strong>lebens mit Herz und Seele da<strong>bei</strong>. Auch ichfühle mich gedrängt zu tun, was ich nur kann, um zu helfen, <strong>den</strong>n wenn Siemir nicht geholfen hätten, stände ich gewiß auch jetzt noch in meinem Drogengeschäftund verkaufte Medizin. Ein ganzes Jahr lang habe ich michnach meinem Tode noch um das Geschäft gekümmert, wie zu meinen Lebzeiten;nur fühlte ich mich nicht mehr krank, wie vorher. Ich war im La<strong>den</strong>plötzlich erkrankt und bin von dort ins Krankenhaus gebracht wor<strong>den</strong>, woich dann starb. Man brachte meine Leiche in die Leichenhalle und nichtnach Hause. Sie wissen, es heißt in der Bibel: "Wo Euer Schatz ist, da ist— 87 —


auch Euer Herz". — Als ich aus dem Todesschlaf erwachte, dachte ichzuerst an mein Geschäft und befand mich dann auch sogleich dort. Ich sah,daß alles seinen geregelten Gang ging, aber es kam mir doch recht seltsamvor, daß ich mit keinem meiner Kun<strong>den</strong> re<strong>den</strong> konnte. Ich glaubte schließlich,ich hätte während meiner Krankheit die Sprache verloren und dachtedaher nicht weiter darüber nach. Ich widmete mich ganz dem Geschäft undbestimmte meinen Geschäftsführer dazu, alles nach meinem Wunsch zuerledigen. Ich leitete das Geschäft, und Abrahamson führte alles für michaus. Ich wußte nicht, daß ich tot war, bis ich zu diesem Herrn (Dr. W.) inseinen kleinen Zirkel kam.Als eines Tages Einbrecher in mein Haus eindrangen, fiel mir der Revolverein, <strong>den</strong> ich stets in einer Schublade hatte. Ich ging hin, um ihn zu holen;immer wieder versuchte ich, ihn zu ergreifen, aber meine Hand ging durchalles hindurch. Da kam mir dem, doch der Gedanke, daß irgendetwas mitmir los sein müßte.Nun erlebte ich auch zum ersten Mal Erscheinungen. Ich sah meine verstorbenenEltern und glaubte, ich sei wohl nicht mehr ganz richtig imKopfe. Da hielt ich es für das Beste, meinen Freund Eckholm aufzusuchen.Ich hatte ihn immer für nicht ganz normal gehalten, weil er an Spiritismusglaubte. Ich wollte Eckholm aufsuchen und ihn fragen, ob Geister wirklichwiederkehren und sich zeigen könnten, — und da<strong>bei</strong> war ich selber einGeist!Da kam ich dann in diesen Zirkel und konnte auf einmal wieder sprechenund nach einem Weilchen öffnete sich die Pforte zu dem herrlichen Landdes Jenseits.Ich wünschte, Sie könnten sehen, wie ich da empfangen wurde. Meine Verwandtenund Freunde schlossen mich in ihre Arme und sagten: "Willkommenin unserem geistigen Heimatlande! Willkommen im ewigen Leben!Willkommen zur Gotterkenntnis!Solch ein Empfang läßt sich nicht beschreiben, bis Sie ihn selbst erlebenund selbst <strong>bei</strong> uns sind! Das ist Glückseligkeit, das ist der "Himmel"!Ich will Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen, aber es war mir eineFreude, heute Abend herankommen und mit Ihnen sprechen zu dürfen. Essind ungefähr fünfzehn <strong>Jahre</strong> her, als ich das erstemal zu Ihnen kam. Eckholmläßt sagen, er sei stolz auf dieses Werk hier, und läßt Sie alle herzlichgrüßen. — — Nun gute Nacht!In wahrhaft grausigen Trauerspielen stellen sich oft die Lei<strong>den</strong> erdgebun<strong>den</strong>erGeister dar. In <strong>den</strong> nun folgen<strong>den</strong> Berichten handelt es sich um einen Geist auseiner Kranken, die an jammervollen Weinkrämpfen mit heftigen Kopfschmerzengelitten hatte. Diese Zustände hatten sofort aufgehört, nachdem der Geist ausgetriebenwor<strong>den</strong> war.— — —Sitzung am 15. Januar 1918— 88 —


Geist: Minnie Day — Patient: Frau L. W.Geist: (Weint jämmerlich.) Oh, mein Kopf tut mir so schrecklich weh! Ich magdiese Nadeln nicht (elektrische Behandlung der Kranken), die tun ja soweh, oh, mein Kopf! Ich habe mich verlaufen, ich weiß nicht, wo ich bin!Das waren ja tausend und abertausend Nadeln; ich habe schreien müssen!Doktor: Wo wohnst du <strong>den</strong>n?G. Ich weiß nicht.Dr. Wo haben <strong>den</strong>n deine Eltern gewohnt?G. Ich weiß nicht.Dr. Bist du nicht ein kleines Kind?G. Ich bin noch klein, ich bin Minnie Day.Dr. Wo hast du <strong>den</strong>n gewohnt? Wie alt ‘bist .du?G. Ich weiß nicht. Fragen Sie Mama.Dr. Weißt du nicht, in welcher Stadt ihr gewohnt habt?G. In St. Louis. Oh, mein Vater kommt! Er hat mich so auf <strong>den</strong> Kopf geschlagen!Und da ist Willi!Dr. Wer ist Willi?G. Mein Bruder. Hier ist mein Vater, und ich habe solche Angst! Er sagt, ichsolle mit ihm gehen. Oh, Mama, der Kopf tut mir so weh! Meine Mamasagt, ich soll mit ihm mitgehen; sie hätte für mich und Willi ein neuesHeim.Dr. Du wirst in ihr Heim in der Geisterwelt gehen.G. Was ist die Geisterwelt? Was ist damit gemeint?Dr. Das ist die unsichtbare Welt rund um die Erde. — Weißt du, daß du totbist?G. Was meinen Sie damit?Dr. Ich meine, daß du deinen sterblichen Körper verloren hast. Was hast du<strong>den</strong>n zuletzt gemacht?G. Ich bin überall umhergelaufen, um irgendeinen Menschen zu fin<strong>den</strong>. Mannist schon vor langer Zeit gestorben, als ich noch ein kleines Mädchen war.Nachdem Mama gestorben war, war Papa so häßlich zu mir und Willi undhat mich so oft geschlagen. Ich fühle mich so elend, und der Kopf tut mirweh. Ich bin an so vielen Stellen gewesen, und meine Mama ist tot, ichweiß nicht, wo ich hin soll.Dr. Du bist so erregt und verwirrt gewesen, daß du gar nicht gemerkt hast, wasmit dir vorgegangen ist. Du hast deinen irdischen Körper verloren, unddeine Freunde wur<strong>den</strong> sagen, du bist gestorben.G. Bin ich wirklich gestorben? Manchmal kam es mir so vor, als wäre ich ineinem Kasten. Da waren wir ein ganzer Haufe (Besessenheitsgeister derKranken) und es gab ein ständiges Geschubse und Gestoße. Ein großerMensch war dar<strong>unter</strong>, der war so häßlich zu uns. Er jagte uns immer hinund her; doch eines Tages war er weg. (Dieser Quälgeist war zwei Tagevorher aus der Kranken vertrieben wor<strong>den</strong>.) Ich war froh, daß wir ihn los— 89 —


waren und dachte, nun würde ich Ruhe haben; aber da bekam ich all dieNadeln.Dr. Du hast eine Dame belästigt und veranlaßtest sie, immerzu zu schreien.G. Was meinen Sie damit?Dr. Du bist ein Geist und warst in die Aura dieser Dame hineingeraten. Als sieeine elektrische Behandlung bekam, hast du das gefühlt und bist aus ihrherausgegangen. Augenblicklich steckst du im Körper meiner Frau. Siehdir mal deine Hände an, gehören die <strong>den</strong>n dir?G. Oh, sieh mal! Ich habe einen Ring! Aber er gehört mir nicht; doch gestohlenhabe ich ihn nicht! (Erregt.) Nehmen Sie ihn fort! Ich habe <strong>den</strong> Ringnicht gestohlen!Dr. Dies ist gar nicht dein Körper, und das ist auch nicht dein Ring. Höchstwahrscheinlich bist du gestorben, als du <strong>den</strong> Schlag auf <strong>den</strong> Kopf bekommenhast. Der Geist aber lebt weiter, wenn auch der Körper gestorben ist!G. Aber ich bin doch ganz lebendig.Dr. Gewiß lebst du, aber ohne irdischen Körper. Du warst mit einem sensitivenMenschen, mit einer Dame, in Berührung gekommen, welche jetzt drübenim andern Hause ist. Sie benahm sich genau so, wie du es tust, und klagteüber Schmerzen im Kopfe an derselben Stelle wie du. Sie gebärdete sichwie eine Wahnsinnige, aber alles nur infolge von Geister-Einfluß.G. Der Mann, <strong>den</strong> wir <strong>bei</strong> uns hatten, war so gemein; aber jetzt ist er fort, undwir sind froh! Wir hatten alle Angst vor ihm, konnten aber nicht fortlaufen.Er war sehr gemein, er biß und kratzte und fing beständig Streit an.Dr. Er war sehr widerspenstig. Vor kurzem hat auch er, grade so wie du jetzt.in diesem Körper gesteckt. Wir halten hier Sitzungen, wie eben jetzt, woGeister kommen dürfen, um sich Hilfe zu holen.G. Geister? — Ich weiß nichts von Geistern. Ich habe Kopfschmerzen.Dr. Der Körper, in dem du dich befindest, gehört meiner Frau. Sie hat aber inihrem Kopf keine Schmerzen.G. Diese Nadeln haben mir so weh getan.Dr. Als die kranke Dame heute elektrisiert wurde, ist es dir offenbar gelungen,von ihr loszukommen. Und nun darfst du diesen Körper benutzen, damitwir dir helfen können. Vorhin sagtest du doch, dein Vater und deine Mutterwären hier. Sind sie jetzt auch noch da?G. Sehen Sie Mama <strong>den</strong>n nicht? Dort steht sie ja!Dr. Möchtest du nicht mit deiner Mutter mitgehen?G. Aber sie ist doch tot!Dr. Du bist ja auch "tot"! Aber es gibt ja in Wirklichkeit gar keinen "Tod"! Wirlegen nur unsern irdischen Körper ab und sind dann als Geister für menschlicheAugen nicht mehr sichtbar.G. Oh, bringt mich fort! Bringt mich fort! Mein Vater kommt, und ich fürchtemich so vor ihm! Er wird mich wieder schlagen! Versteckt mich!Dr. Dein Vater kommt wahrscheinlich, um Dich um Verzeihung zu bitten. Dumußt wissen, er kommt in der Geisterwelt nicht vorwärts, bevor Du ihmnicht verziehen hast. Frage ihn nur, was er Dir zu sagen hat!— 90 —


G. Er sagt gar nichts, er weint. Jetzt geht er zu Mama.Dr. Sieht er nicht sehr traurig aus?G. Er sagt, er sei so traurig über das, was er getan hat.Der Geist des Kindes entfernte sich und statt seiner nahm der unglückliche VaterBesitz von dem Medium. Er weinte ganz verzweifelt und fiel mit ausgebreitetenArmen auf die Knie.Geist: William DayG. Verzeih' mir! Verzeih' mir! Ich wußte nicht, was ich tat! Ich wollte Dichnicht töten, Minnie! Ich war sehr erregt, und die Kinder machten solchenLärm. Ich war so unglücklich über <strong>den</strong> Tod meiner Frau. Hab' Erbarmenmit mir! Ich machte ja so gern alles wieder gut machen! Ich habe zu sehrgelitten! Wenn ich doch nur noch am Leben wäre! Ich war solange im Finstern,und mir ist wohl nicht mehr zu helfen; ich kann nicht an mein Kindherankommen, es fürchtet sich so sehr vor mir. Ich habe es schon so oftversucht, und wollte sie um Verzeihung bitten; aber sie hat so große Angst,wenn ich auf sie zukomme, daß sie mich gar nicht an sich herankommenläßt.Schlagen Sie niemals ein Kind; Sie könnten viele <strong>Jahre</strong> dafür büßen müssen.Ich wollte ihr ja nichts zu Leide tun; ich hatte sie lieb, und doch ha<strong>bei</strong>ch sie getötet! Oh Gott, wenn Du wirklich bist, so nimm dieses Leid, diesennagen<strong>den</strong> Kummer von mir! Gib mir ein wenig Licht und Trost imUnglück! Ich finde keine Ruhe — keinen Frie<strong>den</strong>. Immerwährend steht mirmeine Tat vor Augen, die ich im Jähzorn begangen habe. — Seid auf derHut und nehmt Euch zusammen, wenn der Zorn in Euch aufsteigt, daß Ihrnicht etwa auch mal so zu lei<strong>den</strong> habt, wie ich! — Gott hilf mir! O Gott!Hab Erbarmen, nur ein einziges Mal noch habe Erbarmen!Dr. Sie sind sich doch darüber klar, daß Sie tot sind?G. Nein, ich bin fortgelaufen, als ich mein Kind getötet hatte, und irgendjemand kam in schnellem Laufe hinter mir her. Dann traf mich etwas an<strong>den</strong> Nacken, und ich fiel hin. (Wahrscheinlich getötet.) Ich stand wiederauf und lief weiter, und seitdem laufe ich, wie mir scheint, schon <strong>Jahre</strong>lang! Oftmals traf ich meine Frau, die mir wegen des Totschlages an meinemKinde heftige Vorwürfe machte. Ich habe es getötet! Gott helfe mir!Ich suche nach einem bißchen Trost und Licht!Dr. Sie können kein Licht fin<strong>den</strong>, bevor Sie sich über Ihre Lage klar gewor<strong>den</strong>sind.G. Gott, gib mir Licht und Einsicht. Ich sehe immer nur <strong>den</strong> Kopf des armenKindes vor mir mit der klaffen<strong>den</strong> Wunde, die ich ihm schlug! Ich habeversucht, Minnie um Verzeihung zu bitten, aber sie wich mir immer aus,und ich konnte nicht an sie herankommen; und meine Frau überhäufte michständig mit Vorwürfen für das, was ich getan!Dr. Sie wird Ihnen nun keine Vorwürfe mehr machen. Wird sie mir vergeben?G. Ja! Wie heißen Sie? William Day.Dr. Erinnern Sie sich, welches Jahr wir haben?— 91 —


G. Ich bin ganz wirr im Kopf. Ich bin solange gelaufen und gelaufen, um <strong>den</strong>vielen Menschen zu entkommen, die hinter mir her waren. Vor jedem, <strong>den</strong>ich sah, bin ich davongelaufen, <strong>den</strong>n ich wußte ja, daß jeder mich wegendes Mordes an Minnie anzeigen würde. Nachts kam meine Frau zu mir undmachte mir heftige Vorwürfe, und dann war auch das Kind da, mit der klaffen<strong>den</strong>Wunde im Kopf, blutüberströmt! Ich stecke mitten in der Hölle. Eskönnte gar nicht schlimmer sein! — Gibt es <strong>den</strong>n gar keine Hilfe für mich?Ich habe gebetet und gebetet, aber es hat nichts geholfen!Dr. Wissen Sie, daß Sie in Kalifornien sind?G. Kalifornien? Wann bin ich <strong>den</strong>n hierhergekommen? Bin ich <strong>den</strong> ganzenWeg von St. Louis nach Kalifornien zu Fuß gelaufen?Dr. Ist es Ihnen klar, daß Sie ein Geist sind und sich mit uns nur verständigenkönnen, indem Sie <strong>den</strong> Körper eines anderen Menschen benutzen?G. Wollen Sie damit sagen, daß ich gestorben sei?Dr. Sie haben je<strong>den</strong>falls Ihren irdischen Körper verloren.G. Müßte ich da aber nicht im Grabe liegen bleiben, bis die <strong>Toten</strong>auferstehen?Dr. Sie sind doch jetzt hier; wie sind Sie <strong>den</strong>n aus dem Grab herausgekommen?G. Ich habe gar keine Ruhe, ich weiß nicht, wie lange schon.Dr. Es gibt gar keinen "Tod"! Wenn man seinen irdischen Körper verläßt, dannverliert man freilich seine fünf körperlichen Sinnes-Organe. Solange nunder Verstorbene vom geistigen Leben nichts weiß, oder nichts wissen will,können sich auch die Sinnes-Organe seiner Seele nicht öffnen, und erbefindet sich im Dunkeln. Er kann dann immer nur sehen, wenn er, wie Sieeben jetzt, in Verbindung mit einem noch im Körper leben<strong>den</strong> Menschenkommt.G. Die Menschen hetzen einen ja bis zur völligen Erschöpfung.Dr. Jetzt müssen Sie zunächst mal versuchen, sich mit Ihrer Frau und IhremKinde auszusöhnen.G. Glauben Sie <strong>den</strong>n, daß die mir jemals verzeihen wer<strong>den</strong>? — Vergib mirliebe Frau! Ich war Deiner nicht wert! Du warst ein Engel, und ich war einsolch brutaler Mensch. — Willst Du mir bitte verzeihen? Wenn Du nurnoch ein einziges Mal mit mir Geduld haben wolltest, will ich mir ja alleMühe geben. Ich habe soviel gelitten, Carrie, Carrie! Ist es wirklich wahr,Du willst mir vergeben? Ist es wahr? Du bist immer so geduldig gewesenund hast Dir soviel Mühe gegeben, mir zu helfen, aber ich taugte nichts!Ich hatte meine Kinder wohl lieb, aber ich war aufbrausend und jähzornig.Ich habe meine Frau dadurch umgebracht, daß ich ihr die ganze Sorge fürdie Familie überließ. Ich verdiente ein gutes Stück Geld, aber immer ließich mich von anderen Männern verleiten, mit ihnen zu gehen, und ehe ichmich's versah, war mein ganzer Wochenlohn dahin. Dann wankte ich heimund kam mir selbst wie ein Teufel vor!Dr. An all diesem Elend haben Sie vielleicht nicht einmal allein die Schuldgehabt, <strong>den</strong>n Sie können wohl auch besessen gewesen sein. Wenn Sie— 92 —


nachher mit Ihrer Frau mitgehen, wer<strong>den</strong> Sie in eine wunderbare geistigeWelt kommen.G. Ich bin's nicht wert, mit meiner Frau mitzugehen, aber ich will versuchen,Gutes zu tun. Ach Carrie, geh nur ja niemals wieder fort von mir! — (Weinend.)Minnie, kannst Du Deinem Papa vergeben? Mein teures Kind, ichhabe dich getötet, aber ich habe es nicht gewollt. Verzeih' deinem Papa! —Träume ich auch nicht? Werde ich nicht etwa nach einer Weile erwachenund mich wieder im Dunkeln fin<strong>den</strong>? Schlafe oder träume ich? Minnie,lauf nicht fort vor deinem Papa! Bitte, verzeih mir!?Dr. Sie schlafen nicht und träumen auch nicht, sondern fangen an, Ihre Lage zubegreifen.G. Man hat mich wohl getötet, als ich diesen Schlag gegen Nacken und Kopfbekam! Man hat nach mir geschossen!Dr. Wir können es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber wahrscheinlich war esso.G. Wenn ich nur noch einmal Gelegenheit dazu hätte, würde ich ja mein Bestestun, meine Familie zu erhalten.Dr. Es wird sich Ihnen auch sonst noch Gelegenheit bieten, wo Sie Gutes tunkönnen, wenn Sie erst über sich und Ihre Lage richtig im Bilde sind. — Siekönnen es sich zur Aufgabe machen, armen unglücklichen Geistern zu helfen,welche Menschen besessen und manche geradezu zu Teufeln machen.Als Sie noch in Ihrem irdischen Körper lebten, mögen auch Sie von solchenGeistern besessen gemacht wor<strong>den</strong> sein.G. Mir lag gar nichts am Schnaps, schon sein bloßer Anblick war mir zuwider.Aber wenn ich ihn nur roch, dann kam es über mich und machte mich reinzu einem Teufel und ich konnte dann nicht widerstehen. Ich war gar nichtmehr Herr meiner selbst. — Gott hilf mir und gib mir wenigstens ein kleinweinig Linderung!Dr. Wenn Sie von hier fortgehen, wer<strong>den</strong> Sie mit Ihrer Familie wieder vereinigtsein.G. Sind Sie dessen sicher?Dr. Ganz sicher, aber Sie müssen auch tun, was die höheren Geister Ihnenanraten.G. Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, bin ich gerne dazu bereit, <strong>den</strong>n Siehaben mir meine Familie wieder gegeben. Sie können sich nicht vorstellen,wie mir zu Mute war, als ich damals betrunken nach Hause kam undgewahr wurde, daß meine Frau im Sterben lag. Ich war so betrunken, daßich anfangs gar nicht völlig begriff, wie die Dinge lagen, sondern erst amnächsten Morgen, als ich wach wurde, und da war meine Frau tot! Ichkonnte es nicht fassen. Was sollte ich tun? Was sollte ich mit <strong>den</strong> Kindernmachen? — Meine Frau tot!Meine Frau und Minnie sagen <strong>bei</strong>de, daß sie mir vergeben wollen. Jetzthabe ich meine Frau und meine <strong>bei</strong><strong>den</strong> Kinder wieder, und ich will ganzvon vorn ein neues Leben anfangen. — Gott segne Sie für alles, was Sie fürmich und meine Familie getan haben.— 93 —


Die Verwirrung und die seelischen Lei<strong>den</strong> in der Erdsphäre sind uns ungezählteMale sehr anschaulich und lebendig geschildert wor<strong>den</strong> von Geistern, welche inunseren Zirkel gebracht wur<strong>den</strong>, damit wir ihnen helfen sollten!— — —Sitzung am 9. März 1921Geist: Herr MalloryDer Geist trat in das Medium ein, während wir das Lied "Jenes herrlicheGestade" sangen und lachte unbändig.Doktor: Haben Sie das "herrliche Gestade" gefun<strong>den</strong>? Erzählen Sie uns dochmal, was Sie darüber wissen.Geist: Es ist alles Humbug!Dr. Wirklich?G. Ja! (Lacht lustig) Es ist töricht, an sowas zu glauben!Dr. Sie sind doch nun drüben auf der anderen Seite des Lebens; erzählen Sieuns mal etwas davon. Haben Sie dort gar nichts gefun<strong>den</strong>? Wenn Sie nichtan ein Leben nach dem Tode glauben, dann erklären Sie uns doch, warumnicht. Sprechen Sie sich mal aus. Wenn Sie an allem zweifeln, dann sagenSie uns mal, was Sie <strong>den</strong>n eigentlich glauben?G. Glaube? Unsinn! (Lacht)Dr. Sagen Sie uns doch wenigstens, worüber Sie lachen.G. Man könnte ebensogut weinen wie lachen, eins ist wie's andere, es kommtalles auf dasselbe hinaus. Sie haben da gesungen "Jenes herrliche Gestade"und während Sie das sangen, haben Sie doch selbst recht gut gewußt, daßSie logen!Dr. Sie behaupten also, daß das Leben überhaupt nichts wert sei?G. Es hat auch ganz gewiß keinen Wert! Es ist gar nichts daran! Es ist alleserlogen. Das Ganze ist nichts weiter als eine Kette von Lügen — <strong>bei</strong>des,Leben, wie Religion — alles Humbug; Leben, Religion und alles was dazugehört!Dr. Haben Sie sich überhaupt schon mal über Ihr Leben Gedanken gemachtund versucht, hinter sein Geheimnis zu kommen?G. Mein Leben? Humbug, nichts als Humbug! (Lacht)Dr. Woher wissen Sie <strong>den</strong>n, daß es Humbug ist? Sie lachen über Ihre eigeneUnwissenheit!G. Ich könnte ebensogut weinen wie lachen; das eine ist nicht schlechter oderbesser als das andere. Es ist alles Lüge — verd… Lüge! Ich hatte auchmeine Not!Dr. Wo? Dort oder hier?G. Überall! (Lacht)Dr. Sind Sie glücklich?G. Glücklich? So'n Unsinn! So etwas gibt's ja gar nicht; das hat's noch niegegeben und wird's auch niemals geben.— 94 —


Dr. Wissen Sie wirklich darüber so genau Bescheid? Haben Sie <strong>den</strong>n überhaupteinmal danach gefragt, was Wahrheit ist, als Sie noch am Leben waren?G. Ich habe zu Gott gebetet und all <strong>den</strong> Unsinn auch mitgemacht. — Pah!Dr. Und da haben Sie herausgefun<strong>den</strong>, daß alles Humbug war. Was hat das<strong>den</strong>n mit der Wirklichkeit des Lebens zu tun?G. Ich habe früher auch mal gedacht, daß Wunder was an mir wäre. Dann aberkam mir der Gedanke, daß doch alles nur Humbug sei, Humbug, nichts alsHumbug. Als Mann wer<strong>den</strong> Sie schon verstehen, was ich meine. Sie sprechenmit einem Mann und wissen doch selbst Bescheid.Dr. Sie sind für uns nicht sichtbar. Haben Sie jemals einen Geist gesehen?G. Was re<strong>den</strong> Sie da für Zeug zusammen? Ich glaube an solchen Unsinn nichtmehr. Sie können noch so ein gläubiger Mensch sein, wenn Sie sich abereinbil<strong>den</strong>, auf dem Wasser gehen zu können, wer<strong>den</strong> Sie ebenso schnell<strong>unter</strong>gehen wie jeder Ungläubige! Ich habe auch einmal gesagt, ich habeeinen so festen Glauben, daß ich übers Wasser gehen kann, — aber ich bindoch <strong>unter</strong>gegangen.Dr. Weil Sie die Vernunft außer Acht gelassen haben.G. Vernunft? Sie können auch mit Vernunft nicht auf dem Wasser gehen.Dr. Das Wasser ist auch gar nicht dazu bestimmt, daß wir darauf herumgehensollen. Das Wasser ist zum Trinken und Ba<strong>den</strong> da.G. Weshalb halten Sie mir <strong>den</strong>n die Hände fest?Dr. Ich halte die Hände meiner Frau.G. Sie wissen nicht, was Sie re<strong>den</strong>. Glauben Sie das?Dr. Ich weiß, daß ich die Hände meiner Frau halte.G. Solch einen Glauben habe ich auch mal gehabt.Dr. Wie ist es <strong>den</strong>n zugegangen, daß Sie Ihren Glauben verloren haben?G. Es ist alles Humbug!Dr. Mit dem Leben nimmt auch die Erkenntnis ihren Anfang.G. Ich bin bis jetzt noch zu keiner Erkenntnis gekommen.Dr. Die sollen Sie bekommen, noch bevor Sie uns verlassen.G. Ich war ein gläubiger Mensch und glaubte, und was nun?Dr. Was <strong>den</strong>n zunächst?G. Ja was zunächst? Ich habe wie ein Sklave gear<strong>bei</strong>tet für einen "Diener Gottes".Ich bin jetzt aber nicht mehr in seinem Dienst, das war einmal. Ich bindort weggegangen. Er hat mich verwünscht, und ich habe meine Sorgenund Plagen gehabt. Ich schwur <strong>bei</strong> Gott, daß es so etwas wie Gott nichtgäbe, wenn er so erbärmlich wäre, solch einen Mann seinen "Diener" zunennen. Und da habe ich meinen Glauben verloren.Dr. Was hat das <strong>den</strong>n mit der Wirklichkeit des Lebens und dem Leben nachdem Tode zu tun?G. Wenn man stirbt, ist man eben tot.Dr. Weshalb sind Sie <strong>den</strong>n nicht tot geblieben, nachdem Sie gestorben waren?G. Tot geblieben? Ich bin doch noch nicht gestorben!Dr. Aber freilich sind Sie gestorben, wenigstens ihrem Körper nach.— 95 —


G. Ich bin diesen Heuchlern davongelaufen. Zuerst haben sie mir all meinGeld abgenommen, das ich verdiente. Wenn es wirklich einen Gott gibt,wozu um Himmels Willen braucht er immerzu Geld? Sie sagen immer,man solle nur glauben; glaube nur und gib dein Geld der Kirche, dann handelstdu Gott wohlgefällig! Ich hatte schwere Ar<strong>bei</strong>t, von 6 Uhr morgensbis spät in die Nacht — alles für Gott! Ich ar<strong>bei</strong>tete für Gott und hatte oftnicht soviel, daß ich auskommen konnte.Dr. Sagen Sie uns, woher Sie kommen.G. Ich will nichts weiter als meine Freiheit.Dr. Wollen Sie uns nicht sagen, wo Sie herkommen?G. Sehen Sie doch bloß mal all diese Teufel da unten! (Unsichtbare) HörenSie, wie sie fluchen und lachen! Sie sagen: "Ich kenne dich!" Sehen Sie nurmal <strong>den</strong>, der da drüben sitzt. Sehen Sie sich die mal alle an! Hören Sie, wiesie alle lachen? Sie sagen, ich soll Sie bitten, für sie zu beten, <strong>den</strong>n siebefän<strong>den</strong> sich im Finstern.Dr. Wir wollen ihnen zu besserer Einsicht verhelfen.G. Hören Sie bloß, wie sie fluchen!Dr. Man muß Mitleid mit ihnen haben; — was Nächstenliebe ist, scheinen Sieauch noch nicht zu wissen.G. Gott, sehen Sie bloß <strong>den</strong> Mann da! Sie sagen, Almosen wollen sie nicht.Dr. Geld habe ich nicht gemeint. Man muß ihnen die Möglichkeit schaffen,sich selber weiterzuhelfen. — Wissen Sie, welches Jahr wir haben?G. Das kümmert mich nicht. Mir ist das ganz gleich, und wenn es hundert<strong>Jahre</strong> weiter wäre. Ich habe allen Glauben verloren, an Gott, an die Menschen,an alles und je<strong>den</strong>! Und ich habe doch einen so starken Glaubengehabt! Aber ein "Diener Gottes" hat mir mein Weib und meine Kindergenommen, und ich hatte doch für Gott von morgens 6 Uhr bis 12 Uhrnachts gear<strong>bei</strong>tet.Dr. Sie haben aber nie ernstlich geprüft und danach gefragt, ob das, was Sieglaubten, auch wahr sei.G. Ich glaubte an <strong>den</strong> heiligen Geist und an die Seele.Dr. Warum haben Sie sich <strong>den</strong>n nie Rechenschaft darüber gegeben, ob IhrGlaube auch einen vernünftigen Sinn hat?G. Ich hatte Glauben genug, um Berge zu versetzen. Uns war gelehrt wor<strong>den</strong>,nur an <strong>den</strong> heiligen Geist zu glauben. Sehen Sie doch mal, wie sie alle dasitzen. (Geister) Sehen Sie <strong>den</strong> einen! Du, Calango! — Er und ich, wirhaben schon manche Rauferei miteinander gehabt, aber ich habe ihn stets<strong>unter</strong>gekriegt. Ich kann jetzt viel besser re<strong>den</strong>, wie schon seit langem nicht.— Du Calango, du sitzest ja da, als ob du nicht recht gescheit wärest! Diehaben mich nämlich hier reingeschickt, und so bin ich hier hereingeraten.Ich dachte erst, Sie wür<strong>den</strong> sich vor mir fürchten, aber ich kam <strong>den</strong>nochherein.Dr. Wie haben Sie das angestellt?G. Hier herein? Wie ich hereingekommen bin? Das weiß ich nicht.Dr. Wie sind Sie zu der Hand gekommen? (Frau Wicklands Hand)— 96 —


G. Diese Hand? Das kann doch nur meine Hand sein. Einem anderen gehörtsie doch nicht! — Hallo Calango, setz dich hier her. So Kerls, nun kann ichja mit euch mal ein paar Worte re<strong>den</strong>.Dr. Jetzt hören Sie nur mal auf mit Ihrem Re<strong>den</strong>!G. Glauben Sie, Sie hätten hier zu bestimmen?Dr. Ja, allerdingsG. Ich traue weder Ihnen noch sonst jemand anderm.Dr. Ich möchte Ihnen ja nur begreiflich machen, daß Sie Ihren irdischen Körperverloren haben. Sie benützen augenblicklich <strong>den</strong> Körper meiner Frau, dochsind Sie selbst für uns nicht sichtbar. Sie haben uns gesagt, da saßen irgendwelche Männer, — auch diese können wir nicht sehen. Wir leben noch inunseren sterblichen Körpern, aber Sie haben Ihren Körper bereits verloren.G. Und Sie können mich also nicht sehen?Dr. Wir können Geister nicht sehen. Sie stecken im Körper meiner Frau. Höherentwickelte Geister haben Sie hierhergebracht.G. Man hat mich aufgefordert, hierher zu kommen. Und alle diese kamen ausdem Finstern mit herein. Man hat uns ja eingela<strong>den</strong>. (Während einer Konzentrationfür alle erdgebun<strong>den</strong>en Geister.)Dr. Ich sagte schon einmal, ihr solltet auf die höher entwickelten Geister hören,die ihr um euch seht; diese wer<strong>den</strong> euch helfen. Ihr seid alle im Finstern.G. Ja, aber Sie haben uns doch eingela<strong>den</strong>, und hier sind wir nun. Ich wollteIhnen nur sagen, wenn Sie uns nicht haben wollen, dann habe ich auchkeine Lust hier zu re<strong>den</strong>.Dr. Sie sind von höheren Geistern eingela<strong>den</strong> wor<strong>den</strong>, hierher zu kommen, unddürfen <strong>den</strong> Körper meiner Frau benutzen, damit wir Ihnen begreiflichmachen könnten, daß Sie keinen eigenen Körper mehr haben. Die Kirchehat von Gott nicht die richtige Vorstellung. Und wenn Sie in der Kirchemanchen Humbug gefun<strong>den</strong> haben, halten Sie jetzt alles für Humbug. Siehaben Ihren Körper wahrscheinlich schon vor langer Zeit verloren. —Meine Frau ist ein Medium, und Sie benützen gegenwärtig ihren Körper.Sehen Sie sich mal um, vielleicht sehen Sie jeman<strong>den</strong>, <strong>den</strong> Sie kennen!G. Ich sehe Calango.Dr. Sie müssen begreifen lernen, daß das Leben einen Sinn hat.G. Ich habe solchen starken Glauben gehabt, und zwar mehr als genug. Ichhabe mein Geld und meine Frau geopfert — und Sie sehen ja, wo ich hingekommenbin!Dr. Was hat das mit <strong>den</strong> Tatsachen des Lebens zu tun? Haben Sie jemals dieWunder der Natur beobachtet?G. Ich glaube nicht mehr an Gott, sowas gibt es nicht.Dr. Gott hat mit Humbug nichts zu tun. Haben Sie <strong>den</strong>n überhaupt die Bibelmal mit Verständnis gelesen? Die Bibel sagt doch: "Gott ist <strong>Liebe</strong>". Mit alldem Humbug, dem Sie begegnet sind, hat das allumfassende Leben nichtszu tun. Wir möchten Ihnen aber gerne helfen, die Dinge richtiger anzusehen.G. Bisher hat mir noch niemand geholfen.— 97 —


Dr. Wissen Sie, daß Sie in Los Angeles in Kalifornien sind?G. Nein.Dr. Denken Sie nur mal ein bißchen nach, was wohl das Leben für einen Sinnhaben könnte. Es hat schon einen tiefen Sinn, wenn Sie ihn auch nicht kennen.— Haben Sie jemals eine Blume geschaffen? Können Sie Gras wachsenlassen oder das Leben aufhalten? Haben Sie mal beobachtet, wie diePflanze wächst?G. Das ist Gottes Schöpfung.Dr. Kann Unwissenheit Erkenntnis zeitigen? Sind Sie jemals in die so wunderbareSchöpfung eingedrungen? Schlagen Sie ein Ei auf, und Sie sehen keinLeben darin. Nehmen Sie ein anderes Ei und halten Sie es in Brutwärme 21Tage, so schlüpft ein Küken heraus.G. Das ist alles ganz natürlich.Dr. Wodurch entsteht aber das Küken? — Wir müssen uns auch klar machenund zu verstehen suchen, was wir glauben! Die Bibel sagt: "Gott ist Geistund die ihn anbeten, müssen Ihn im Geiste und in der Wahrheit anbeten".Das fin<strong>den</strong> Sie in <strong>den</strong> Kirchen nicht. Die lehren nur <strong>den</strong> blin<strong>den</strong> Glauben.G. Ich habe ganz gewiß Glauben gehabt.Dr. Die Bibel sagt: "Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wirdEuch frei machen." Wenn man die Bibel auch nicht geradezu ein "heiligesBuch" zu nennen braucht, so enthält sie doch wunderbare Wahrheiten.G. Das glaube ich nicht (lacht).Dr. Sie lachen über Ihre eigene Unwissenheit! Meine Frau erlaubt unwissen<strong>den</strong>Geistern, ihren Körper zu benützen, damit wir ihnen ihren Zustand zumBewußtsein bringen können. Sie wünscht, daß Sie sich davon überzeugen,daß es auch jenseits des Grabes wahres Leben gibt! Wir wissen noch nichteinmal, wo Sie herkommen, erlauben Ihnen aber doch, <strong>den</strong> Körper meinerFrau zu benützen. Wo waren Sie <strong>den</strong>n zu Hause?G. Mein Zuhause? Das war in Kanada, in der Nähe von Montreal.Dr. Im <strong>Jahre</strong> 1881 bin ich auch mal dort gewesen. Sind Sie französischer Kanadier?G. Mein Urgroßvater war es.Dr. Können Sie sich nicht auf Ihren Namen besinnen?G. Ich kann mich auf gar nichts mehr richtig besinnen.Dr. Jetzt wollen wir Ihnen dazu helfen, daß Sie sich richtig klar wer<strong>den</strong>, wiedie Dinge liegen.G. Ich war ein Sklave.Dr. Das ist ja alles längst vor<strong>bei</strong>.G. Ich sehe doch aber immer nur die Vergangenheit vor mir, und das machtmich ganz verrückt. Anstatt zu weinen, wie viele es tun, habe ich mir vorgenommen,lieber über alles zu lachen. Wenn ich vor lauter Wut undEmpörung mit mir selbst nichts mehr anzufangen weiß, fange ich einfachan zu lachen. Das scheint mir bessere Erleichterung zu bringen als das Weinen.— 98 —


Ich habe schweres Herzeleid gehabt; man hat mir meine Frau genommen,mein Heim zerstört, und auch meine Kinder habe ich verloren. Meine Frauwar sehr hübsch. Als ich eines Tages von meiner schweren Ar<strong>bei</strong>t totmü<strong>den</strong>ach Hause kam, waren meine Frau und meine Kinder fort. Aber nach einigerZeit mochte der "Diener des Herrn" meine Frau nicht mehr; da kamauch sie wieder von ihm los. Doch zu der Zeit war ich schon zu sehr her<strong>unter</strong>gekommen.— Ich hatte mir gesagt, für mich gibt's keine Kirche mehr.Denn wenn das ein "Diener Gottes" fertig bringt, mir mein Heim zu zerstörenund mir Frau und Kinder fortzunehmen, dann kann es unmöglich einenGott geben. Durch diesen Menschen bin ich in eine richtige Hölle hineingeraten.— Ich sank tiefer und immer tiefer, aber selbst in der Gosse findetman Freunde und <strong>Liebe</strong> für einander. Wenn man selber verkommen ist,sind es die Freunde dort ebenfalls. Alle andern Menschen sehen auf einenherab. Aber glauben Sie mir, diese andern sind treue Freunde. Sie helfeneinem und teilen alles, was sie haben miteinander. Und mag man noch sotief gefallen sein, wenn man keinen roten Pfennig mehr hat, so wird manimmer fin<strong>den</strong>, daß diese Freunde einem helfen.Einen Tag werde ich nie vergessen, und was ich sah, — niemals! — Gott!— Wenn es einen Gott gibt — warum in des Teufels Namen, läßt er soetwas zu? — Eines Tages traf ich meine Frau. Wohin war sie gekommen?Sie war her<strong>unter</strong> in die Gosse geraten! Ich fand sie in einem jener berüchtigtenHäuser, — Sie kennen sie — wohin der gemeine Kerl sie gebrachthatte, als er ihrer überdrüssig war! — Ich sah sie an, und sie sah mich an."Du hier!?" sagte ich. Und sie erwiderte ebenfalls "Du hier!?" "Wie bist du<strong>den</strong>n hierher gekommen?" fragte ich sie. — Und "Weshalb kommst duhierher?" fragte sie zurück. Ich erwiderte: "Ich kam her — wahrscheinlichaus eigenem freien Willen." Und sie erzählte mir dann, jener ehrwürdige"Diener Gottes" habe sie hier <strong>unter</strong>gebracht, um seine eigene Schande zuverbergen. Um sein schmutziges Werk geheimzuhalten und zu verhindern,daß die Leute sie ausfragten, tat er sie in ein öffentliches Haus und ließ siedort festhalten; und sie selbst machte sich schon gar nichts mehr daraus. —So waren wir alle <strong>bei</strong>de tief gesunken, nur durch diesen Teufel.Ich bin seitdem nie wieder in die Kirche gegangen. Ich habe diesen Mannund allen religiösen Kram verflucht. Meine Frau wollte nichts mehr mit mirzu tun haben und ich nichts mit ihr. Sie lag schwer darnieder, durch unddurch krank. Kein Tier kann so tief sinken, wie ein Weib, wenn es vor dieHunde geht. Kann man da noch glauben, daß es einen Gott gibt, wenn mansieht, daß ein Mensch, wie meine Frau, ohne eigene Schuld so lei<strong>den</strong> muß?Wie ist so etwas nur möglich?Dr. Warum haben Sie <strong>den</strong>n aber nicht auch von Ihrer Vernunft Gebrauchgemacht, die der liebe Gott ihnen gegeben hat?G. Es gibt hunderte von Menschen, die tief sinken und sich keine Gedankendarüber machen, was aus ihnen wer<strong>den</strong> soll.— 99 —


Dr. Jetzt sollen Sie sich aber Gedanken darüber machen. Lassen Sie mich jetztmal re<strong>den</strong>. Sie sind also fleißig in die Kirche gegangen und haben blindlingsalles geglaubt, — das geben Sie doch zu?G. Ich wollte doch ein guter Mensch sein.Dr. Haben Sie nie nach etwas Höherem Verlangen gehabt? Sie hatten lediglichGlauben aber kein Wissen. Der liebe Gott hat Ihnen doch Ihre fünf Sinneund <strong>den</strong> Verstand gegeben zu vernunftgemäßem Erfassen, Sie aber habennur immer blindlings geglaubt und sich ohne nachzu<strong>den</strong>ken, an das gehalten,was man Ihnen vorgeredet hat. Das war nun aber gewiß nicht GottesSchuld. Zu unserem Glauben sollen wir uns Einsicht, Wissen und Erkenntniserwerben, das macht uns erst zu freien Menschen. Gott hat doch dieBibel nicht selbst geschrieben.G. Sie ist ein heiliges Buch, so wird doch wenigstens immer behauptet.Dr. Sie ist von Menschen geschrieben. — Haben Sie jemals <strong>den</strong> Versuchgemacht, <strong>den</strong> Wundern der menschlichen Seele nachzuspüren? Ich sprechejetzt von Tatsachen. Haben Sie sich jemals klar gemacht, wie wunderbarder menschliche Körper eingerichtet ist, oder danach gefragt, wie es wohlmöglich ist, daß der unsichtbare Geist <strong>den</strong> menschlichen Körper steuernund lenken kann? Haben Sie sich überhaupt schon einmal die Wunder derNatur näher angesehen?G. All das hat doch nichts mit meinem Jammer zu tun.Dr. Wenn Sie Ihren Verstand zu Rate gezogen hätten, wür<strong>den</strong> Sie sich selbstgesagt haben, daß Geist und <strong>Liebe</strong> nicht zu sehen sind.G. Hat nicht auch dieser Teufel meine Frau geliebt?Dr. Das war keine <strong>Liebe</strong>, das war Sinnengier. Sie haben von Ihren Verstandesfähigkeitenkeinen Gebrauch gemacht. Sie haben sich in blindem Glaubender Kirche anvertraut und ihre Vernunft ganz ungenützt gelassen. — Wirsehen Sie nicht, Sie sind für uns unsichtbar und benützen gegenwärtig <strong>den</strong>Körper meiner Frau. Uns ist es hier um das Schicksal der sogenannten<strong>Toten</strong> zu tun; es ist schon mancher zu uns gebracht wor<strong>den</strong>, dem wir überseinen Zustand haben Aufschluß geben und dadurch helfen können. AuchSie sind von aufgeklärten Geistern hierher gebracht wor<strong>den</strong>, um sich IhrerLage bewußt zu wer<strong>den</strong>. Sie haben Gelegenheit, in der Geisterwelt vorwärtszu kommen, aber Sie müssen Ihren Haß vergessen. Sie haben Ihrenirdischen Körper verloren. — Wissen Sie, welches Jahr wir haben? Es ist1921, und Sie sind in Kalifornien.G. Wie bin ich <strong>den</strong>n nur hierher gekommen? Ich bin doch nie in Kaliforniengewesen.Dr. Wie kann ein Geist reisen? — Sie sprachen von andern Leuten, die nochhier seien; von <strong>den</strong>en sehen wir aber nichts. Wir sehen auch Sie nicht; Siestecken im Körper meiner Frau. — Sehen Sie daraus nicht schon, wie wunderbardas Leben ist?G. Weshalb hat man uns über diese Dinge <strong>den</strong>n nie belehrt?Dr. Weil die Wahrheit nicht in <strong>den</strong> Menschen liegt. Ein jeder muß halt selbstsehen, wie er zwischen <strong>den</strong> Tatsachen des Lebens und dem Glauben der— 100 —


Kirche hindurchfindet. Kirchen sind menschliche Einrichtungen; Gott aberist Geist, und wir sollen ihn im Geiste und in der Wahrheit anbeten. — ImGeiste und in der Wahrheit! Wir haben zwar die Anwartschaft auf einhöheres Leben, aber das gibt uns so ohne weiteres noch kein Wissen. Gottist Geist, unsichtbare Intelligenz. Er offenbart sich uns in <strong>den</strong> Wundern desWeltalls.!G. Alle diese Leute hier (die Unsichtbaren) haben Enttäuschungen erlebt, wieich, aber jeder in besonderer Weise. Wir sitzen zusammen, und von Zeit zuZeit sprechen wir mit einander; jeder erzählt aus seiner Vergangenheit, allehaben sie ihre Sorgen.Dr. Gott hat damit nichts zu tun. Das Weltall ist Gottes Tempel, und unsereSeelen sind seine Offenbarungen. Denken Sie an all das Wunderbare imWeltall. — Sie sprechen immerzu von Ihren Freun<strong>den</strong> hier, — wir könnensie aber nicht sehen.G. Die möchten alle wissen, ob Sie ihnen nicht aus der Not helfen können.Dr. Ja, das können wir. Sagen Sie ihnen nur zunächst mal, daß das Leben docheinen tiefen Sinn habe; und dann schauen Sie sich mal um. Da wer<strong>den</strong> Sievermutlich höhere Geister sehen, die Ihnen helfen wollen.G. Wir sind unser sechs und haben alle ganz ähnliche Nöte und Enttäuschungenerlebt; jeder kann ein besonderes Lied davon singen.Dr. Sagen Sie ihnen nur, daß keiner von ihnen es nötig hat, in der jetzigen elen<strong>den</strong>Lage zu bleiben.G. Da gibts eine Gruppe, die nennt sich "Die lachen<strong>den</strong> Narren"; eine andereheißt "Die fluchen<strong>den</strong> Narren"; wieder eine andere "Die schwören<strong>den</strong> Narren",und noch eine andere "Die singen<strong>den</strong> Narren"! Sie singen und betenvon früh bis spät. Man wird krank und elend, wenn man das immerzu hört.Dr. In der Bibel steht, "Wie ein Mensch in seinem Herzen <strong>den</strong>kt, so ist er".Religiöse Fanatiker sind die schlimmsten. Die glauben blindlings, habenaber kein Verständnis für geistige Dinge. Da<strong>bei</strong> haben wir alle doch geistigeFähigkeiten, nur machen die wenigsten einen rechten Gebrauch davon.— Daran ist doch aber der liebe Gott nicht schuld!G. Ich habe schon lange keine Ar<strong>bei</strong>t mehr gehabt, und es ist schon oft vorgekommen,daß keiner von uns etwas zu essen hatte. Wir haben schon solcheÜbung im Fasten, daß es fast scheint, als ob wir überhaupt keine Nahrungmehr brauchten.Dr. Der Geist braucht ja auch keine Nahrung.G. Wir haben aber Hunger! Hunger!Dr. Ja, geistigen Hunger!G. Wir hungern alle nach etwas; wir wissen aber nicht, wonach. Wir sind sehrbegierig, dahinter zu kommen. Wir alle haben schon gesagt, unsere Seelenschreien nach etwas, wir wissen nur nicht, wonach! Keiner von uns magbeten. Ich für mein Teil kann es gar nicht. — Ich habe fest geglaubt undviel gebetet und sitze jetzt doch so tief in Not und Elend.Dr. Gott hat je<strong>den</strong> von Euch mit Vernunft begabt.— 101 —


G. Wür<strong>den</strong> Sie uns allen wohl helfen? Alle sagen, sie hätten solch einen Hungernach ein klein wenig Glück. — Immer steht uns nur unsere Vergangenheitvor Augen, und wir haben doch solch ein Verlangen nach etwas Höherem.Beständig sehe ich meine Frau vor mir, wie ich sie zuletzt gesehen, —elend, krank und verkommen.Dr. Es war ja aber nur der Körper Ihrer Frau, der so krank war, nicht ihr Geist.G. Als wir uns das letzte Mal sahen, kamen uns allen <strong>bei</strong><strong>den</strong> die Tränen.Dr. Wenn Ihr erst mal richtig über Euch im klaren seid, werdet Ihr alle auchGelegenheit bekommen, Euch nützlich zu machen, indem Ihr wieder anderenHilfe bringt. Hört nur gut auf die unsichtbaren Freunde, welche umEuch sind. Seid mal alle einen Augenblick ganz still, dann wer<strong>den</strong> sichEuren Augen Dinge zeigen, von <strong>den</strong>en Ihr Euch nichts habt träumen lassen!G. Glauben Sie, daß man auch meiner Frau wird helfen können? — Sie war sorein wie eine Lilie, und ich habe sie sehr geliebt.Dr. Sie können sie auch jetzt noch lieben. — Das Leben stellt einem je<strong>den</strong> vonuns die gleiche Aufgabe, — sich selbst zu erkennen. In dem Maße nun, wiewir da<strong>bei</strong> aus unserer Unwissenheit herauswachsen und zur Klarheit in undüber uns selbst gelangen, wer<strong>den</strong> wir fähig, die höheren Tatsachen undErscheinungen des Lebens, — sowohl hier, als auch in der geistigen Welt— wahrzunehmen und zu erkennen. Kämen wir in einem vollkommenenZustande zur Welt, dann wür<strong>den</strong> wir das gar nicht zu würdigen wissen. —Sie haben die Hülle erlebt, und wenn Sie jetzt in der Selbsterkenntnis guteFortschritte machen, wer<strong>den</strong> Sie bald <strong>den</strong> Himmel sehen. Sie wer<strong>den</strong> wunderbareLebensbedingungen vorfin<strong>den</strong> und wer<strong>den</strong> diese auch zu schätzenwissen. Dann wer<strong>den</strong> Sie auch begeisterte Helfer sein, voll Eifer, andern zudienen. Sie müssen nur alle Ihre Herzen für höhere Dinge öffnen.G. Ich liebe meine Frau. (Zu <strong>den</strong> Unsichtbaren) Nein, Jungens, geht nochnicht fort, wartet noch ein bißchen.Dr. In der Bibel steht: "Bittet, so wird Euch gegeben; suchet, so werdet Ihr fin<strong>den</strong>;klopfet an, so wird Euch aufgetan."G. (Mit feierlichem Ernst) Oh, Gott, wenn Du wirklich lebst, so hilf mir! Hilfauch meiner armen Frau! Wir hatten einander so lieb. Oh, Gott! Hilf unsallen! — Wir hungern nach etwas!Dr. Er wird Ihnen seine Boten zu Hilfe sen<strong>den</strong>. Sie wer<strong>den</strong> viele sehen, dieIhnen mit Freu<strong>den</strong> helfen wer<strong>den</strong>!G. Gott hilf uns allen!Dr. Wenn Sie sich umschauen, wer<strong>den</strong> Sie sicher Geister sehen, die Ihnen helfenwollen.G. Da ist mein Junge — mein kleiner Junge, Charlie! Du bist mein Junge! Dubist vor vielen <strong>Jahre</strong>n gestorben, aber Du bist mein lieber Charlie! Bist Dugekommen, um Deinem alten Vater zu helfen, mein Junge? Dein alterVater hat Höllenqualen gelitten, mein Junge; Hilf Deiner Mutter, Kind, hilfDeiner armen Mutter! (Plötzlich erstaunt) Was, das ist mein kleiner JungeCharlie, aber er ist jetzt ein Mann! Charlie, mein kleiner Junge! Kannst Du— 102 —


Deinem alten Vater vergeben? Ich hab es mir sauer wer<strong>den</strong> lassen, eingläubiger und guter Mensch zu sein.O Gott, wenn Du wirklich lebst, so öffne meine Augen! Gott hilf mir!(Starrt auf eine Erscheinung und sagt dann mit gedämpfter Stimme) Jetztkönnen wir alle die Herrlichkeit Gottes schauen und wollen mit Charliemitgehen. (Erstaunt) Du!? Bist Du auch hier, Klara? Komm zu mir, — oh,Klara! Ich verzeihe Dir! Ich verzeihe Dir Klara! Ich weiß, es war nichtDeine Schuld. Es war dieser Teufel, er hat Dich mir genommen. Ich liebeDich und hab Dich immer geliebt. Komm Klara, komm mit uns und laß unsmit Charlie gehen. Auch er wird Dir gewiß verzeihen.Dr. Was sagt er?G. Er sagt: "Komm mit mir, in mein geistiges Heim. Dort ist alles lieblich undschön, dort werdet Ihr glücklich sein! Nur Euer Kummer und Eure Lei<strong>den</strong>haben Euch das Leben so trostlos ansehen lassen."Dr. Merken Sie jetzt, daß Ihnen etwas Schönes bevorsteht?G. Ist das der Himmel? Oh, sehet da! Da ist meine Mutter und SchwesterEmma! Seid Ihr <strong>bei</strong>de auch hier? Könnt Ihr Klara und mir verzeihen? Ichdachte, Du wärest im Himmel, Mutter, Du warst so gut! Du hast michimmer lieb gehabt.Dr. Begreifen Sie nun, daß es etwas Höheres gibt als Ihre Vergangenheit?G. Ja, nun weiß ich, daß es einen Gott gibt. Jetzt glaube ich wieder an Gott,<strong>den</strong>n ich schaue seine Herrlichkeit. Ich sehe und fühle seinen Glanz.Dr. Nachdem Sie selbst geistig erwacht sind, müssen Sie nun auch <strong>den</strong> andernhelfen, von <strong>den</strong>en Sie sprachen.G. Sie kommen alle mit, ich will sie alle mitnehmen, <strong>den</strong>n ich kann sie nichtim Stich lassen — Sie haben uns allen geholfen. Nun wollen wir gehen,kommt mit, Kamera<strong>den</strong>! Wir hatten für je<strong>den</strong> einen Namen, aber es warnatürlich nicht sein richtiger. In unserem Haßgefühl und weil wir beständiglachten, hießen wir die "Lachen<strong>den</strong> Narren". Die meiste Zeit verbrachtenwir im Gespräch über unsere Vergangenheit. Nun haben wir alle Gottgefun<strong>den</strong>; wir haben Ihn gefun<strong>den</strong>, in Seiner Herrlichkeit, in Seiner Glückin der geistigen Welt! Wir brauchen nicht zu glauben, <strong>den</strong>n wir wissen! Erwird uns allen helfen. — Mutter, Vater und Schwester, alle sind sie hier.Nun kommt Freunde. — Wir alle haben gehört, was dieser Mann gesagthat, und Ihr seht nun auch, wohin uns das geführt hat. Jetzt nenne ich Sieunsern Retter, weil Sie uns aus der Finsternis errettet und zum Euchgebracht haben. Sie haben uns allen geholfen. Nicht nur mir, auch <strong>den</strong>andern sind die Augen geöffnet wor<strong>den</strong>, Gottes Herrlichkeit zu sehen, nichtaber einen Gott des Hasses und des Neides!Dr. Sie können sich <strong>bei</strong> meiner Frau bedanken, welche ihren Körper Geisternzur Verfügung stellt, damit ihnen geholfen wer<strong>den</strong> kann.G. Das werde ich Ihnen nie vergessen, — Dank Ihrer Hilfe kann ich wiederglücklich sein, was ich schon seit vielen, vielen <strong>Jahre</strong>n nicht mehr konnte.Sie sagen, es ist 1921, ist das wahr? Ich dachte es wäre 1882.Dr. Können Sie uns Ihren Namen nennen, Freund?— 103 —


G. Meinen Namen? Ja, ich heiße Mallory. Man nannte mich einen lachen<strong>den</strong>Narren. — Wir danken Ihnen allen für Ihre Geduld. Ich war so voller Haß,als ich kam, aber alles ist verflogen. Gott segne Sie alle! Ich muß Sie meinenRetter nennen, weil Sie uns alle aus der Dunkelheit befreit und nacheinem so schönen Ort gebracht haben. — Klara, komm auch mit, ich liebeDich von Herzen; Du bist jetzt gesund.Dr. Sie wer<strong>den</strong> jetzt dienstbare Geister wer<strong>den</strong>. — Vergessen Sie alles Gewesene;suchen Sie Gott durch Hilfe am Nächsten zu dienen, nur damit festigen SieIhr Glück!G. Als ich Klara zuletzt sah, war sie sehr krank und nahm immer Morphium.Komm zu mir, Klara, ich verzeihe Dir. Sieh mal, Charlie ist <strong>bei</strong> uns. Könnenwir Klara nicht helfen? — Sie scheint betäubt zu sein.Dr. Sie steht wahrscheinlich noch <strong>unter</strong> der Morphium-Wirkung. Ihre <strong>Liebe</strong>wird sie schon wieder zu sich bringen.G. Ich konnte ihr nie ernstlich böse sein, sie war so rein. Klara wach' auf! Dubist nicht tot! Vergiß alles Vergangene, und fang' jetzt ein neues Leben an!— Ich danke Ihnen allen, daß Sie mir zu solchem Glück verholfen undmich Gott nahegebracht haben. Ich hatte Ihn vorher nie richtig gekannt.Jetzt erkenne ich Ihn auch in <strong>den</strong> Wundern der Natur. Seht doch alle diesewunderbaren Blumen! — Ist das der Himmel?Dr. Es ist die geistige Welt!G. Nun will ich gehen, um mit meinen <strong>Liebe</strong>n in der Geisterwelt zu leben. Wirwollen gehen. — Lebt wohl!Eine Botschaft ganz anderer Art erhielten wir von dem Geiste eines jungenMannes, dem verstorbenen Sohne eines unserer Sitzungsteilnehmer. Der jungeMann war vor zwei Monaten gestorben, er war ganz unvoreingenommen, hatteeinen offenen Charakter, und konnte daher von seinen geistigen Freun<strong>den</strong> leichtaufgeklärt wer<strong>den</strong>.Bei seinem kurzen Besuch in unserm Zirkel gab er eine interessante Beschreibungvon <strong>den</strong> Verhältnissen, wie er solche sowohl in der Erdsphäre als auch inder geistigen Welt beobachtet hatte.— — —Sitzung am 14. April 1920Geist: W. Y.Geist: Nun, Papa, da bin ich wieder. Die geistigen Freunde haben mir erlaubt, zukommen und als erster zu sprechen. — Papa, es ist sonderbar, daß ich sorasch fortmußte, aber meine Zeit war gekommen. Ich bin froh, die Türnicht verschlossen zu fin<strong>den</strong>. Ich habe viele Geister tieftraurig gesehen,weil ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde, wenn sie zu ihrenhinterbliebenen Verwandten und Freun<strong>den</strong> kamen, um sich kundzugeben.(Wenn Hinterbliebene von der Gegenwart ihrer Verstorbenen nichts— 104 —


gewahr wer<strong>den</strong> und gar nicht an deren Weiterleben glauben, dann sehensich die Geister vor verschlossenen Türen.)Das ist recht hart für sie. Ich muß da sehr dankbar sein, <strong>den</strong>n Großpapa B.und Onkel C. stan<strong>den</strong> unmittelbar neben mir, als ich aus dem Todesschlaferwachte. Das war ganz eigenartig. Es ging wie ein elektrischer Schlagdurch meinen Körper.Das Leben ist überhaupt sonderbar. Wenn Ihr bloß sehen könntet, was dieMenschen nicht alles durchzumachen haben, nachdem sie erdseits entschlafensind.Papa, ich habe vom Weiterleben zwar nicht viel gewußt, aber doch wenigstensetwas, und schon das war mir von gutem Nutzen. Ich war doch gleichrichtig im Bilde, begriff, daß ich gestorben war, und erkannte meine Verwandtenund Freunde.Onkel F. sagt, ich soll Euch erzählen, daß ich viel besser daran gewesensei, als er selbst <strong>bei</strong> seinem Übertritt ins Jenseits, und daß seine Tätigkeitjetzt darin besteht, andern Unglücklichen zu helfen, die für das wahreLeben noch kein Verständnis hätten.Papa, war es nicht merkwürdig, daß ich gerade an meinem irdischenGeburtstag zum neuen Leben erwachte! Jetzt habe ich meinen geistigenund irdischen Geburtstag an ein und demselben Tage.Papa, es ist herrlich! Sage das E. und auch B. und Mutter; sage allen, daßich glücklich bin in dem Gedanken, daß ich zu ihnen kommen kann, unddaß die Tür für mich nicht verschlossen ist. Sage auch meinem kleinenSohn, daß ich nicht tot bin; daß ich nicht im Grabe liege, sondern <strong>bei</strong> ihmbin. — Ich will die herrschen<strong>den</strong> Gesetze kennen lernen, um ihm durchsein Leben Führer sein zu können. Macht ihm begreiflich, daß ich <strong>bei</strong> ihmbin und jetzt mehr Kraft und Macht habe, ihm zu helfen, als früher, — Gottsei Dank, daß ich soviel wußte und besonnen genug war, mich vor einemzu engen Inverbindungtreten mit meiner geliebten Frau in acht zu nehmen;andernfalls wäre ich in ihre magnetische Aura hineingeraten und hätteUnruhe gestiftet. — Meine liebe kleine Frau — ich bin so froh, daß ichkein Unheil für uns <strong>bei</strong>de angerichtet habe.Ich sehe hier viel von der Ar<strong>bei</strong>t, die es zu tun gibt <strong>unter</strong> solchen Abgeschie<strong>den</strong>en,die selbst gar nicht wissen, daß sie gestorben sind. Diese gehennach Haus zu ihren Verwandten und Freun<strong>den</strong> und möchten lieber dortbleiben, als sich hier um ihr Vorwärtskommen zu mühen. Papa, ich bin sofroh, daß Du wieder hast herkommen können, und ich freue mich so sehr,daß keine Wand zwischen uns ist.Herr Y.: (Vater des Verstorbenen.) Auch ich freue mich, daß es mir möglichwar, wieder herzukommen.G. Ich habe jetzt gar nicht das Gefühl, von Euch getrennt zu sein. Ich bin ebennur in ein anderes Land gegangen, kann aber doch <strong>bei</strong> Euch sein. Ich bin<strong>bei</strong> Euch, wenn Ihr zusammen seid und von mir redet. Es kommt mir überhauptso vor, als ob ich gar nicht fort wäre.— 105 —


Sage Mutter und meiner lieben kleinen Frau, sie möchten nicht um michtrauern, ich bin so glücklich, daß ich <strong>bei</strong> ihnen sein kann. Es war gewißsehr hart, daß wir uns trennen mußten, gerade, als es in unserem kleinenHeim so schön zu wer<strong>den</strong> versprach; aber meine Zeit war da, und wennunsere Stunde geschlagen hat, dann müssen wir von der irdischen Ebeneabtreten. Wir gehen ja nicht fort, wie so viele <strong>den</strong>ken; wir bleiben hier <strong>bei</strong>unseren <strong>Liebe</strong>n, nur unsre Körper sind für sie nicht sichtbar.Ich wünschte, Du könntest sehen, wie Onkel F. in der dunklen Erdsphärear<strong>bei</strong>tet, um <strong>den</strong> vielen Unglücklichen dort Helferdienste zu leisten und siedavon abzuhalten, andere besessen zu machen. Er gibt sich alle Mühe,einem je<strong>den</strong> klarzumachen, was hier im Jenseits wahr und wirklich ist,<strong>den</strong>n es ist ein Jammer, was für viele Glaubenssätze und Bekenntnisseda<strong>bei</strong> hindernd im Wege stehen. In der kurzen Zeit seit meinem Hinüberganghabe ich schon viel gelernt.Ich bin Dir und Mutter sehr dankbar dafür, daß Ihr mich nicht in einestrenge und kirchliche Glaubens- oder Bekenntnisform hineingezwungenund mein Gemüt damit belastet habt. So war ich frei, und dafür danke ichEuch.!Herr Y. Es ist manchmal recht schwer, <strong>bei</strong> der Kindererziehung mit der religiösenBelehrung das Richtige zu treffen.G. Ich wünschte, es wären alle so frei, wie ich es war, dann gäbe es auch nichtso viel Elend und Zweifel. Papa, ich bin so glücklich, daß ich wieder zuEuch kommen darf.Am Tage darauf gingen Onkel F., Onkel C. und ich in die Erdsphäre hinab— nicht nach unserm Heim, sondern dorthin, wo die Bedingungen der niederenEbene herrschen. Da ist es einer Hölle weit ähnlicher, als sich dasschildern läßt. Es ist schlimmer als in einer Irrenanstalt, wo jeder auf einebesondere Weise verrückt ist! — Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen wasdas für eine Hölle ist.Der eine hat diesen Glauben, der andre jenen, und alle sind im Dunkeln!Sie sind alle befangen von ihren Bekenntnis- und Glaubensformen, undman kann keine Vernunft in sie hineinbekommen. Man muß ihnen schonirgendeine handgreifliche Aufgabe vor Augen stellen, um ihre Aufmerksamkeitzu erregen. Mit<strong>unter</strong> ist es Musik, was sie zum Bewußtsein ihrerLage bringt. — Wenn es gelingt, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, ist esmanchmal möglich, ihnen wirklich <strong>bei</strong>zukommen, aber Dogmen und fanatischeGlaubensanschauungen sind so fest in ihnen verwurzelt, daß sie fürnichts andres Sinn haben.Wenn Ihr einen schwachen Begriff von <strong>den</strong> Zustän<strong>den</strong> in der Erdsphärebekommen wollt, dann begebt Euch in die Schwerkrankenabteilung einesIrrenhauses, danach könnt Ihr Euch ein ungefähres Bild davon machen, inwas für Zustände die Menschen hier geraten, wenn sie ohne Ahnung vomwirklichen Jenseitsleben hier anlangen.Stellt Euch vor, solch ein unwissender Geist gerät nun in die magnetischeAura eines Menschen und macht ihn besessen, wie das so oft der Fall ist.— 106 —


Dann nennt man solchen Menschen verrückt und bringt ihn ins Irrenhaus.Dort befin<strong>den</strong> sich zahlreiche andere Verrückte <strong>bei</strong>der Ebenen, von derErde sowohl, als auch aus der geistigen Welt. Es ist furchtbar, wenn mansolche Zustände sieht und weiß, daß nichts anderes als unduldsame Glaubenssätzeund rechthaberische Lehrmeinungen die Ursache dafür sind. Ichmuß Dir und Mutter immer und immer wieder danken dafür, daß Ihr michvor jeglichem dogmatischen Glaubenszwang bewahrt habt; das wenige,was ich an Kenntnissen besaß, waren wenigstens wirkliche Lebens-Wahrheiten.Onkel C. zeigte mir ein andres Mal wieder ganz andere Zustände. Er sagtezu mir: "Komm, wir wollen gehen, und wir gingen nach einigen Orten inder geistigen Welt. Da<strong>bei</strong> kamen wir an einen Ort, <strong>den</strong> ich gar nichtbeschreiben kann. Ich kann auch meine Empfindungen und die Zuständedort nicht beschreiben, <strong>den</strong>n die Musik dort war so unendlich zart, so ganzanders als alles, was ich je gehört hatte. Ich fühlte mich so leicht, so gehoben.— Und was für Menschen dort waren! Es laßt sich eben gar nichtbeschreiben.Stell Dir vor, wenn Du es kannst, Du hörtest die herrlichste Musik voneinem großen Orchester, das aus lauter Meister-Virtuosen besteht, invollendeter Einheitlichkeit gespielt. — Kannst Du Dir vorstellen, wie daswäre?Das war eine Freude für mich! — Aber ach, zum vollen Genuß kam ichnicht, weil ich keine rechte Ruhe fin<strong>den</strong> konnte vor dem schmerzlichenBedauern darüber, daß Ihr und meine liebe Frau das nicht mit anhörenkonntet. So allein hatte ich keinen vollen Genuß davon. Ich hätte gar zugern für Euch zuhause die Tür öffnen mögen, damit Ihr alle es auch hättethören können, erst dann wäre ich zufrie<strong>den</strong> gewesen.Ich überlegte hin und her, da kam ein alter Mann zu mir, klopfte mir auf dieSchulter und sagte: "Junger Mann, ich las Ihre Gedanken. Grämen Sie sichnicht. Bald wird die Zeit kommen, auf welche wir alle schon hin ar<strong>bei</strong>ten,wo man auf Er<strong>den</strong> ein Instrument erfin<strong>den</strong> wird, durch welches alle, die eswünschen, die großen Meister in der geistigen Welt wer<strong>den</strong> hören können.— Noch nicht gleich, aber bald!" —Papa, meine Ar<strong>bei</strong>t besteht darin, zunächst einmal zu lernen, wie ich anderen,die weniger glücklich daran sind als ich, helfen kann. Dann aber mußich auch lernen, wie ich mich zu verhalten habe, um meiner lieben Frau,meinem kleinen Jungen und Euch allen eine Hilfe zu sein, und nicht etwazu scha<strong>den</strong>! Ich bin eifrig am Lernen und wenn ich ausgelernt habe, werdeich erst recht zu Euch kommen!Denkt nun nicht etwa, ich sei jetzt nicht <strong>bei</strong> Euch, sondern <strong>den</strong>kt recht vieldann, daß ich da bin, <strong>den</strong>n gerade dadurch kann ich Euch viel naher sein;namentlich, wenn Ihr musiziert, da Musik uns die Verbindung mit unseren<strong>Liebe</strong>n sehr erleichtert.Nun lebt alle wohl und sagt meiner lieben Frau, ich lasse herzlichst grüßen!— 107 —


Mit ausgesuchter Grazie und höflichen verbindlichen Fragen kam der Geisteiner früher berühmt gewesenen Schauspielerin, deren Freunde vergebens versuchthatten, sie aus dem "Todesschlaf" zu wecken.— — —Sitzung am 7. Juli 1922Geist: Lilian R.Doktor: Guten Abend! Wo kommen Sie her?Geist: Irgend jemand hat mich aufgefordert herzukommen, aber ich weiß nicht,was ich hier soll. — Mein Zustand ist so eigenartig; ich werde nicht klugdaraus. Ich begreife gar nicht, wo ich bin.Dr. Sie sind in Los Angeles in Kalifornien.G. Nein! — Ach, da sind ja die, die mich durchaus hierher haben wollten! Ichverstehe aber nicht, warum. Ich kenne ja gar nieman<strong>den</strong> von Ihnen hier.Dr. Man hat Sie hergebracht, um Ihnen zu helfen.G. Ich wüßte nicht, daß ich Hilfe nötig hatte. Alles erscheint mir so wirr.Dr. Das kommt nur daher, weil Sie über Ihren Zustand nicht im klaren sind.Wo glauben Sie <strong>den</strong>n zu sein?G. Zu Haus.Dr. In welchem Staate haben Sie gewohnt?G. Meistens natürlich in New York, aber zeitweilig auch in London und anandern Orten.Dr. Sehen Sie gar nieman<strong>den</strong> hier, <strong>den</strong> Sie kennen; auch nicht <strong>den</strong>, der Sie hergebracht hat?G. Oh! (Stöhnt vor heftigen Schmerzen in <strong>den</strong> Gliedern.)Dr. Haben Sie einen Unfall gehabt? Waren Sie auf Reisen? Was ist das letzte,woran Sie sich erinnern können?G. Ich war sehr krank, ich hatte solche Schmerzen.Dr. Wahrscheinlich war das Ihre letzte Krankheit. Sind Sie dann plötzlich wiedergesund gewor<strong>den</strong>?G. Nein, mir scheint, ich habe bis jetzt geschlafen und bin aus irgendeinemGrunde jetzt eben erst erwacht. Alles sieht so eigentümlich aus.Dr. Sie sind sich nur über Ihren Zustand nicht klar. Sie haben es gar nichtnötig, sich von diesen Schmerzen plagen zu lassen. Wenn Sie nur sagen:Ich will diese Schmerzen nicht haben, wer<strong>den</strong> diese auch verschwin<strong>den</strong>.Wollen Sie das nicht mal versuchen?G. Ja, aber das scheint mir gar nicht so leicht. Sie sind wohl ein Anhänger derChristlichen Wissenschaft, nicht wahr? Ich habe mich auch mal etwas mitder Christlichen Wissenschaft befaßt, aber ich kann nicht sagen, daß ichmir meine Schmerzen eingebildet hätte.Dr. Sie befin<strong>den</strong> sich jetzt aber in einem völlig veränderten Zustand. Sind Sienicht mal einem Ihrer Freunde begegnet?G. Ja, ich sehe öfter mal einige von meinen besonderen Freun<strong>den</strong>, die aberschon gestorben sind, und <strong>den</strong>ke dann <strong>bei</strong> mir, ich bin wohl nicht mehr— 108 —


ganz richtig im Kopf. Sind meine Freunde <strong>bei</strong> mir, dann sagt immer einer:"Wach auf!" Aber ich kann die Augen nicht aufbekommen, will auch garniemand sehen.Dr. Das ist eben, weil Sie nicht begreifen wollen. Haben Sie sich <strong>den</strong>n vorihnen gefürchtet, als Sie noch an Leben waren?G. Nein, durchaus nicht.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n für einen Grund, sich jetzt vor ihnen zu fürchten, wosie doch bloß ihren sterblichen Körper abgelegt haben?G. Ich bin ängstlich und sehr nervös und möchte nicht, daß sie mir nahe kommen.Warum kümmern sich <strong>den</strong>n meine Angehörigen gar nicht um mich?Dr. Für Ihre irdischen Freunde sind Sie tot, aber nicht für Ihre geistigenFreunde.G. Ich war krank, doch kann ich mich nicht erinnern daß ich gestorben wäre.Ich schlief ein, aber ich kann mich nicht entsinnen, daß ich nicht wiederaufgewacht wäre. Einige meiner Freunde kamen gerade und forderten michauf, mit ihnen zu gehen.Dr. Wissen Sie, weshalb sie Ihnen immer zugerufen haben, Sie sollten aufwachen?Für Ihre geistigen Freunde schliefen Sie eben nur.G. Was wollen die <strong>den</strong>n von mir?Dr. Sie wollen Ihnen helfen und Sie über Ihren Zustand aufklären.G. Ich kenne Sie nicht.Dr. Ich bin Dr. Wickland. Wer hat Sie <strong>den</strong>n hierher gebracht?G. Anna .H. (Eine Schauspielerin, mit der die Verstorbene <strong>bei</strong> Lebzeiten gutbekannt war) sagte mir, ich sollte mitkommen.Dr. Mit der haben wir hier auch mal gerade so eine Unterhaltung gehabt wieeben jetzt mit Ihnen.G. Sie kam zu mir, aber ich wußte doch, sie ist tot und hinüber.Dr. Tot ist sie nicht. — Wir können auch Sie nicht sehen, wir hören Sie nursprechen. Sie sehen ja auch mich nicht, sondern nur meinen Körper. Geistist unsichtbar, und einen Tod gibt es nicht.G. So viele Menschen kommen zu mir und wollen mich aufwecken; ich sollmeine Ar<strong>bei</strong>t wieder aufnehmen.Dr. Wenn Sie nichts dagegen haben, möchten wir gerne wissen, wer Sie sind.G. Kennen Sie mich nicht? Ich bin Schauspielerin gewesen. Ich war bekanntals Lillian R. — Ich bin nicht tot. William Stead ist <strong>bei</strong> mir gewesen, undauch der verstorbene König Edward. Ich war seine Lieblings-Schau-spielerin— Ich kann nicht begreifen, was ich hier soll. Man sagt mir, man habemich hergebracht, damit Sie mich aufwecken sollen.Dr. Uns geht es um das Rätsel des Lebens und um die Frage: "Was wird aus<strong>den</strong> Verstorbenen?"G. Auch ich habe mich damit beschäftigt, aber ich bin mir über die Erscheinungennicht recht klar gewor<strong>den</strong>. Ich habe mich zwar damit befaßt, abergleichzeitig war mein Leben so unruhig und mit so vielem andern ausgefüllt,und ich suchte mir auch das Leben so angenehm wie möglich zumachen. Ich bin sehr müde und schläfrig.— 109 —


Dr. Was hatten Sie für eine Krankheit?G. Man gab ihr so viele Namen, daß ich zuletzt gar nicht wußte, was es war.Ich hatte so schreckliche Schmerzen hier her<strong>unter</strong> (vom Knie abwärts).Eine Zeitlang war ich bewußtlos. Ich kann mich der Dinge nicht mehr klarerinnern; mir scheint, ich habe bis zu einem gewissen Grade mein Gedächtnisverloren. Ich kann mich auf gar nichts besinnen, was geschehen ist. Ichfühle mich ganz verändert, und es ist mir so, als hätte ich von der Zukunftgar nichts mehr zu erwarten. Ich bin nicht unglücklich, aber ich fühle michdoch auch nicht glücklich.Dr. Wir wollen Ihnen die Sache gern erklären. Sie haben es gar nicht nötig,sich darüber <strong>den</strong> Kopf zu zerbrechen.G. Als meine verstorbenen Freunde zu mir kamen, wollte ich nichts mit ihnenzu tun haben. Sie forderten mich auf: "Komm mit", aber ich erwiderte:"Nein, nein, nein, ich bin noch nicht fertig und will noch nicht sterben".Dr. Und da<strong>bei</strong> waren Sie bereits gestorben, hatten es aber nicht gemerkt. Nunkamen Ihre Freunde und wollten Ihnen helfen, aber Sie verstan<strong>den</strong> dasnicht. — Wissen Sie, wo Sie jetzt sind? Dies hier ist der Körper meinerFrau, dessen Sie sich bedienen, während sie selbst schläft. Sie sprechenalso nicht durch Ihren eigenen Körper.G. (Sieht einen andern Verstorbenen, einen früheren Freund.) Da ist ja JohnJ.A.!Dr. Meine Frau ist Medium, und stellt ihren Körper Geistern zur Verfügung,damit wir Ihnen Ihre Lage begreiflich machen können. Herrn J. A., HerrnStead und Anna H. ist dies <strong>bei</strong> Ihnen bisher nicht gelungen.G. Ich fürchtete mich vor ihnen.Dr. Hier ist eine "Auskunftei" gerade für solche Fälle wie <strong>den</strong> Ihrigen. Sie sindein Geist und stecken in einem frem<strong>den</strong> menschlichen Körper. Und daherkönnen wir mit Ihnen sprechen, obwohl wir doch noch im sterblichen Körperauf Er<strong>den</strong> leben. Sie haben Ihren irdischen Körper verloren, haben abereinen geistigen Körper. Als Sie damals starben, sind Sie eingeschlafen, undsind jetzt eben da<strong>bei</strong>, wieder aufzuwachen. Wo Sie jetzt wach wer<strong>den</strong>, fin<strong>den</strong>Sie sich in diesem Dämmerzustande wieder!G. Es war mir, als ob ich einen elektrischen Schlag bekommen hätte, und darüberscheine ich wieder zum Leben erwacht zu sein, aber ich bin noch sobenommen. Das Zimmer ist ja voller Menschen, die ich zu ihren Lebzeitengut gekannt habe. Ich sehe lauter bekannte Gesichter, die sind doch aberalle schon längst tot! Die sind schon oft <strong>bei</strong> mir gewesen und haben immerwieder <strong>den</strong> Versuch gemacht, ein Gespräch mit mir anzuknüpfen, aber ichwollte nicht hören.Dr. Das war ein Fehler von Ihnen.G. Lebt der Geist <strong>den</strong>n weiter?Dr. Gewiß tut er das. Wir Sitzungsteilnehmer sind sterbliche Menschen; aberjene andern, welche Sie sehen, sind Geister.G. Die sind doch aber genau so wirklich wie Sie.— 110 —


Dr. Die sind sogar noch viel wirklicher als wir, weil sie frei sind; im Vergleichdazu befin<strong>den</strong> wir uns in einem Traumzustande.G. Ich habe das Gefühl, als wäre mein Wohlbefin<strong>den</strong> nur ein Traum und ichwerde mit Schmerzen erwachen.Dr. Wenn Sie uns verlassen, wer<strong>den</strong> Sie mit <strong>den</strong> andern mitgehen.G. Sie meinen wirklich, daß ich mit ihnen mitgehen kann?Dr. Sobald Sie Ihr Widerstreben aufgehen.G. Einer nach dem andern kommen sie zu mir und versichern mir, daß es ihrgrößter Wunsch sei, mich mitzunehmen.Dr. Erinnern Sie sich, was Longfellow gesagt hat?Das Leben ist wirklich, das Leben ist wahr,das Grab ist nicht sein Ziel;Staub Du bist, zu Staub Du wirst, —aber nicht die Seele!G. Was sehe ich für Herrlichkeiten! Ist das nicht wundervoll? Das ist keinTraum.Dr. Ihre Freunde lassen Sie einen Blick in die geistige Welt tun.G. Oh, seht diese hübschen Häuschen dort am Hügelhang! Seht die lieblichenWege, schöne Seen und Hügel, herrliche Blumen überall! Ist es nicht wunderbar!Kann ich dort hingehen?Dr. Es gibt nichts, was Sie daran hindern könnte, außer Ihrem eigenen Nichtwollenoder Widerstreben.G. Ich war im Leben Schauspielerin, doch im Herzen glaubte ich an Gott. Siewissen ja, die Kirche sieht auf Schauspieler herab. Ich habe mich immerbemüht, der Welt mein Bestes zu geben. Ich wollte zeigen, was wir tunkönnen, um die Menschen angenehm zu <strong>unter</strong>halten.Dr. Sie können dasselbe auch in Ihrem neuen Leben tun.G. In gewissem Sinne könnte man vielleicht sagen, ich sei keine Christingewesen. Doch auf meine Art hielt ich darauf, gut zu sein und andern Guteszu tun, — das war mein Glaube. Mit<strong>unter</strong> ging ich auch zur Kirche, dochfühlte ich mich in dieser Atmosphäre nicht heimisch. Ich habe stets danachgetrachtet, mein Bestes zu tun.Dr. Daß Sie sich in der Kirche nicht heimisch fühlten, lag nur daran, daß dortder Geist der Wahrheit nicht zu fin<strong>den</strong> war.G. Sehen Sie dort die Lichter? Sind sie nicht wundervoll? Sie tönen undschwingen in verschie<strong>den</strong>en Schattierungen und Tonarten. Die Farbtönesind wunderbar.Ich will versuchen, dort nachzuholen, was ich hier versäumt habe. Wie ofthabe ich gewünscht, ich hätte der Welt mehr zu geben als gute und glücklicheEinfälle. Zuweilen habe ich ganz klar gewußt, daß das Leben höherenZwecken dienen müsse, als allgemein angenommen wird. In meinem Herzenbin ich mir aber immer treu geblieben. — Ich kann so wunderbareDinge sehen! — Ist das der Himmel?Dr. "Ja, aber nicht der Himmel der "Christen" nicht der Himmel der "Seligen",sondern die Geisterwelt, welche die Erde umgibt. Jesus lehrte das Vorhan-— 111 —


<strong>den</strong>sein von Geistern und das Bestehen einer Geisterwelt, und Paulus sagt:"Ist ein natürlicher Leib, so ist auch ein geistlicher Leib, — erst der natürliche,darnach der geistliche."G. Anna H. sagt, sie sei jetzt eine ganz andere, als wie ich sie früher gekannthabe. Sie sagt, ich würde sie jetzt gar nicht wiedererkennen. Sie dient undhilft <strong>den</strong> Unglücklichen. Sie sagt, sie habe sich alle Mühe gegeben, michaufzuwecken. Darf ich fragen, was Sie hier tun?Dr. Wir betreiben hier besondere Forschungen, um zu ergrün<strong>den</strong> was aus <strong>den</strong>Verstorbenen wird, und darüber wirkliche Kenntnisse zu sammeln. Gleichzeitigsind wir hier so eine Art Auskunftei für Geister. Die Dame, durchwelche Sie sprechen, ist meine Frau; sie ist ein Medium, und Sie dürfenihren Körper und ihr Gehirn benutzen, um sich von Ihrem gegenwärtigenZustand zu überzeugen. Sie benutzen also einen Körper, der Ihnen nichtgehört, (Hebt die Hand seiner Frau hoch.) Dies ist nicht Ihre Hand!G. Nein, sie gehört nicht mir. Das ist sonderbar.Dr. Das Sonderbarste daran ist die menschliche Unwissenheit in diesen Dingen.G. Die Kirche lehrt von diesen Dingen nichts.Gr. Die Kirche beschränkt sich auf <strong>den</strong> Glauben allein und hat kein Verlangendanach, etwas anzunehmen von dem, was über das natürliche Fortleben desGeistes nach dem Tode sich hat in Erfahrung bringen Lassen. Die Bibelsagt, wir müssen zu unserm Glauben Erkenntnis hinzugewinnen, und Jesushat gelehrt: "Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wirdEuch frei machen!" — Wenn Sie um diese Wahrheit gewußt hätten, wür<strong>den</strong>Sie die Freunde, welche zu Ihnen kamen, als Sie erwachten, gewißfreudig begrüßt haben.G. Es ist alles so wundervoll, daß ich gern mit ihnen gehen möchte. Sie meinen,wenn ich erst wieder kräftiger bin, könnte ich meine Ar<strong>bei</strong>t drüben zuEnde führen. Wie wollen sie aber für mich sorgen? Ich bin doch sehrschwach.Dr. Sie wer<strong>den</strong> sich nicht mehr so schwach fühlen, wenn Sie diesen Körper erstwieder verlassen haben. — "Wie ein Mensch in seinem Herzen <strong>den</strong>kt, so ister." — Man wird Sie mit <strong>Liebe</strong> empfangen und in ein schönes Heim führen.Sie wer<strong>den</strong> sich in Ihren neuen Verhältnissen so überglücklich fühlen,daß Sie zum Schwachsein gar keine Zeit mehr haben wer<strong>den</strong>.G. Werde ich nicht wieder einschlafen?Dr. Als Sie krank waren und große Schmerzen hatten, hat man Ihnen wahrscheinlichSchlafmittel gegeben, und diese haben wohl eine so starkebetäubende Wirkung auf Sie gehabt.G. Ich danke Ihnen! Nun rufen sie mich, und ich werde nun wohl gehen müssen.Ich bin Ihnen so dankbar dafür, daß Sie mir geholfen und <strong>den</strong> rechtenWeg zur Einsicht gewiesen haben. Sie haben mir geholfen, meine Freundezu fin<strong>den</strong>, und ich weiß jetzt, wie ich zu ihnen kommen kann, anstatt vorihnen die Tür zu verschließen und selber im Dunkeln zu bleiben.— 112 —


Ich danke Ihnen allen, daß Sie mir diese Gelegenheit gegeben und mich zueinem solch schönem Leben erweckt haben, wie ich es jetzt vor mir sehe.Durch meine eigene Unwissenheit war ich im Finstern. — Sie rufen michimmer wieder, und alle versichern, daß es ihnen eine Freude sei, mich inihr Heim in der geistigen Welt einzula<strong>den</strong>.Man wünscht, daß ich Ihnen noch etwas berichte, aber ich weiß nicht, obich noch die Kraft dazu haben werde. — Hier ist ein Herr, der sagt: "Zumeinen irdischen Lebzeiten war ich König Eduard, bin aber jetzt ein einfacherMensch. — Ich habe mich bemüht, Sie aufzuwecken, weil ich selbervon dem Leben, welches ich geführt habe erweckt wor<strong>den</strong> bin. Meine Mutterwar Königin, aber jetzt ist auch sie keine Königin mehr. Sie hat andernzu dienen, aber mehr als auf Er<strong>den</strong>.""Meine Mutter wußte mit geistigen Erscheinungen und auch mit dem GeisterverkehrBescheid, aber sie wußte nicht, was ihre Pflicht war; sie ist ihrganzes Leben hindurch nur immer bedient wor<strong>den</strong> und hat niemals etwasselber tun dürfen, auch hat sie nie wirklich volle Verantwortung zu tragengehabt. — Sie hilft bald hier, bald da. — Auch ich muß jetzt dienen undhelfen, bis ich das wirkliche Leben erst richtig verstehe."Dieser Herr hat <strong>den</strong> ausdrücklichen Wunsch, Ihnen das mitzuteilen, weilSie wahrscheinlich <strong>den</strong>ken, er sei auch jetzt noch ein König. Hier ist er nurein Mensch. Er ist eifrig bemüht, Ihnen zu helfen, wie die anderen. Er istnicht mehr adligen oder königlichen Blutes. Alle meine Freunde sindgekommen, mir die Hand zu reichen; sie alle scheinen eine große Familiezu bil<strong>den</strong>.Nun möchte ich mich für heute Abend verabschie<strong>den</strong>, aber wie komme ichfort?Dr. Der Gedanke erschließt uns alle natürlichen Fragen. Denken Sie fest anIhre Freunde da drüben, und Sie wer<strong>den</strong> <strong>bei</strong> ihnen sein. Sie müssen Ihrstriktes Verlangen von hier nach dort richten. Denken Sie: "Ich bin wirklichdort!"G. Es ist mein aufrichtiges Bedürfnis, Ihnen dafür zu danken, daß ich habehierherkommen dürfen und Sie mich aufgeweckt haben, so daß ich mitmeinen Freun<strong>den</strong> da drüben zusammen sein kann.Dem Organismus eines je<strong>den</strong> Menschen entströmen fluidale Kräfte, welche <strong>den</strong>Körper mit einer Atmosphäre von lebendigen und strahlen<strong>den</strong> Feinstoffenumgeben und als "magnetische Aura" bekannt sind. Diese Aura wird <strong>den</strong> inFinsternis umherirren<strong>den</strong> erdgebun<strong>den</strong>en Geistern als Licht sichtbar und locktsie vorzugsweise zu solchen Personen hin, welche aufgrund medialer Veranlagungeinerseits besonders stark strahlen und leuchten, andererseits aber geistigerBeeinflussung besonders offen liegen und leicht besessen gemacht wen<strong>den</strong> können.Sind solche Geister erst einmal in die feinstoffliche Atmosphäre eines medialenMenschen hineingeraten, dann sind sie oft nicht fähig, dort wieder herauszukommen,so sehr sie sich auch abmühen, sich wieder frei zu machen. Sie müssen— 113 —


wohl oder übel das Leben des von ihnen Besessenen mitleben, empfin<strong>den</strong> seunausweichliche, unmittelbare und beständige Gegenwart höchst lästig, wer<strong>den</strong>durch das Gefühl der doppelten Persönlichkeit an allem irre und richten so eineheillose Verwirrung an.Nachdem wir aus einem Patienten, der anfangs sehr widerspenstig gewesen war,schon eine Anzahl Geister ausgetrieben hatten, hatten wir folgendes Erlebnis,durch welches recht anschaulich wird, was solche Geister zu lei<strong>den</strong> haben, wennsie sich in die Aura eines Menschen verstricken— — —Sitzung vom 23.Januar 1918Geist: Emily Julia Steve — Patient: Frau L. W.Doktor: Sagen Sie uns, wer Sie sind. Wir interessieren uns für alle Geister, welchein der Finsternis sind; sagen Sie uns, wie lange Sie schon tot sind,Geist: Mir muß etwas zugestoßen sein.Dr. Sind Sie sich klar darüber, daß Sie Thron eigenen Körper verloren haben!G. Bitte, lassen Sie meine Hände los. Ich bin eine vornehme Dame (ein Ausdruck<strong>den</strong> die Patientin oft gebrauchte) und darf wohl erwarten, daß manmir mit Höflichkeit und Achtung begegnet, wie sich das einer Dame gegenübergehört.Dr. Nannten Sie sich Frau oder Fräulein?G. Ich bin eine vornehme Dame und nicht gewöhnt, in dieser Weise ausgefragtzu wer<strong>den</strong>; ich sehe mich geradezu genötigt, Ihnen meine Meinung zusagen.Dr. Was scheint Ihnen <strong>den</strong>n so lästig?G. Sie scheinen mir die Gewohnheit zu haben, einem allerlei merkwürdigeDinge in <strong>den</strong> Rücken zu stechen (elektrische Behandlung der Patienten),und ich kann nicht begreifen, warum Sie das tun. Sie haben mich auchgefangen gehalten. — Sie müssen das gewesen sein, der mich ins Gefängnisgesteckt hat. Wer sind Sie überhaupt?Dr. Ich bin ein Freund und möchte mich gern mit Ihnen etwas <strong>unter</strong>halten.G. Erstens kenne ich Sie nicht, und zweitens habe ich nichts mit Ihnen zubere<strong>den</strong>. Wer sind Sie? Sagen Sie mir Ihren Namen.Dr. Ich bin Dr. Wickland.G. Ich wollte ja eigentlich Ihren Namen gar nicht wissen, der ist mir völliggleichgültig.Dr. Haben Sie <strong>den</strong>n nicht Lust, auf die andere Seite ins geistige Leben einzugehen?G. Ich höre nicht gern von solchen Dingen; ich bin kein Geist.Dr. Sehen Sie sich doch mal Ihre Hunde an, gehören die Ihnen?G. Sie sind schuld daran, daß ich so lange habe im Gefängnis sitzen müssen,und jetzt wollen Sie mir noch alles mögliche vormachen, was gar nichtwahr ist. Auf Sie höre ich gar nicht mehr hin.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n eigentlich hierher gekommen?— 114 —


G. Ich weiß es selbst nicht. Es ist komisch. Eben war ich noch im Gefängnis,und bevor ich es selbst wußte, war ich hier. Ich begreife nicht, wie ich hergekommenbin. Wir waren unser dort eine ganze Menge, aber mit einemMal war ich allein. Ich war im Gefängnis, weiß aber nicht, was ich getanhaben soll.Dr. Wo waren Sie, als Sie die andern <strong>bei</strong> sich hatten? Wo hielten Sie sich auf?(Bezieht sich auf die Besessenheitsgeister in der Aura der Patientin.)G. Ich war dort, wo ich hingehörte. Wir waren unser eine ganze Menge dort,alle zusammengepfercht, Männer und Frauen. Wir hatten ein Haus, konntenaber nicht heraus. Manchmal war es ganz schön warm in <strong>den</strong> Räumen.Seit einiger Zeit bin ich allein, und zwar in einem ganz dunklen Raume.Bevor ich ins Gefängnis kam, konnten wir re<strong>den</strong>, aber jeweils immer nureiner (der dann von der Kranken ganz und gar Besitz nahm), aber nun binich ganz allein. Sie haben kein Recht, mich mit diesen brennen<strong>den</strong> Dingernzu bear<strong>bei</strong>ten.Dr. Diese Art elektrischer Behandlung ist sehr gut für erdgebun<strong>den</strong>e Geister fürunwissende!G. Unwissend! Wie können Sie wagen, mir so etwas zu sagen? Wie könnenSie sich <strong>unter</strong>stehen?Dr. Wissen Sie <strong>den</strong>n nicht, daß Sie aus Ihrem sterblichen Körper heraus sind?Sie haben Ihren irdischen Leib abgelegt.G. Wie wissen Sie das?Dr. Weil der Körper, durch welchen Sie jetzt hier sprechen, nicht Ihnen gehört!Es ist der Körper meiner Frau.G. Ich habe Sie nie gesehen, bevor Sie mich mit diesen scharfen Dingern bear<strong>bei</strong>teten.Dr. Damals benützten Sie auch noch nicht <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Was bedeutet das alles?Dr. Es bedeutet, daß Sie <strong>den</strong> Körper eines andern Menschen benutzen.G. Nun, das erklärt allerdings vieles. Manchmal war es mir, als ob ich garnicht dorthin gehörte, wo ich war; dann, nach einer Weile war ich wiederganz ich selbst. Da war ein großer alter Mann, ein großer Narr, aber wirmußten tun, was er sagte. (Ein anderer Besessenheitsgeist, <strong>den</strong> wir bereitsvor einigen Tagen aus der Kranken herausgetrieben hatten.)Ich hatte keine Lust, zu tun, was er sagte. Ich habe soviel Geld gehabt, daßich mir dies habe leisten können, wie kam ich jetzt dazu, mich von solcheinem dummen Kerl kujonieren zu lassen? Ich merkte aber, daß ich <strong>den</strong>nochtun mußte, was er sagte, konnte jedoch nicht begreifen, warum. Ichwar nicht in meinem eigenen Hause, mußte aber doch dort bleiben. Ichhabe nie begreifen können, warum ich nicht fort konnte. Er hielt unsermehrere so fest.Dr. Hat Ihnen die E nicht geholfen fortzukommen?G. Ja, gewiß, aber es hat entsetzlich weh getan. Das war ja, als ob mir derLebensnerv herausgerissen würde.Dr. Die Elektrizität hat Sie aber trotzdem frei gemacht.— 115 —


G. Wir konnten von diesem Mann nicht fortkommen. Wir mußten tun, was ersagte. Er lief und lief, immerzu (die Kranke lief oft fort), und wir mußtenalle mitlaufen, auch ein kleines Mädchen, das da war und beständig weinte,(Besessenheitsgeist, der bereits vor einigen Tagen aus der Kranken herausgeholtwor<strong>den</strong> war.) Mit<strong>unter</strong> war ich frei, und andermal ging es mir auchwieder sehr schlecht. Manchmal konnte ich von einem Ort zum andernschweben.Dr. Da waren Sie ein freier Geist.G. Gebrauchen Sie nicht diesen Ausdruck! Wie ich das Wort hasse! Mit derartigenDingen will ich nichts zu tun haben und will auch nichts davon wissenDr. Sie lassen die Tatsache außer Acht, daß der Mensch ja doch gar nicht stirbt,wenn er seinen Körper ablegt, sondern weiterlebt und dann ein Geist ist.G. Sie wissen, daß ich nicht tot bin. Hören Sie nicht, daß ich zu Ihnen spreche?Und sehen Sie nicht, daß ich meine Hände und Arme bewegen kann?Dr. <strong>Liebe</strong> Freundin, wir hören Sie zwar sprechen, aber sehen können wir Sienicht. Wir sehen nur meine Frau hier vor uns, und Sie sprechen durch <strong>den</strong>Körper meiner Frau. Dies ist Frau Wickland, die hier sitzt. Wie heißen Sie?G. Ich bin Frau Emily Julia Steve. Ich war verheiratet, aber mein Mann ist voreinigen <strong>Jahre</strong>n gestorben.Dr. Wissen Sie, daß Sie in Kalifornien sind?G. Da bin ich niemals gewesen. Ich bin zuerst nach Chicago, und von dortnach St. Louis gezogen. (Auch die Patientin hatte in St. Louis gelebt, unddort trat <strong>bei</strong> ihr zum ersten Mal geistige Verwirrung auf.)Dr. Wo haben Sie in St. Louis gewohnt?G. Ich war nur auf Reisen mal dort und lebte für gewöhnlich nicht dort. Ichhabe mal in der La Salle Avenue in Chicago gewohnt, jedoch nur kurzeZeit. Es war in der Nähe von La Salle und Division. Von dort ging ich nachSt. Louis, und weiter, — nun ich weiß wirklich nicht mehr wohin. Ich weißnur noch, daß mein Kopf mir durch heftige Schmerzen zu schaffen machte.(Die Patientin klagte ebenso.)Dr. Erinnern Sie sich, krank gewesen zu sein?G. Ich kann mich überhaupt auf nichts mehr richtig besinnen. (Plötzlich sehrerregt) Nein! Nein! Ich glaube, es ist etwas mit mir los! Was meinen Sie,ob ich meinen Verstand verliere? Sehen Sie! Sehen Sie! Dort ist meinMann! Nein! Nein! Er ist ein Geist. Sehen Sie ihn sich nur mal an.Dr. Wir sprechen ja auch mit einem Geist, wenn wir mit Ihnen re<strong>den</strong>, und wirfürchten uns nicht.G. Da ist ja auch mein Kind! Das ist mein Kindchen! Ich glaube, ich verlieremeinen Verstand! Meine Lily, meine kleine Lily! Oh meine Lily! Hugo,mein Mann! Ich glaube, ich werde irre! Da ist auch meine Mutter! Ichglaube, mein Verstand läßt nach! Ich fürchte mich, — alle kommen aufmich zu! Hugo, mein Mann, bist Du es wirklich? Meine kleine Lily, wiehab ich Dich lieb! Ich bin so ängstlich!— 116 —


Dr. Begreifen Sie doch, daß Sie ihren irdischen Körper verloren haben undjetzt ein Geist sind. Machen Sie sich das doch nur mal klar.G. Bitte, nun sagen Sie mir doch bloß mal, was wollen <strong>den</strong>n Hugo, meineMutter und Lily <strong>bei</strong> mir? Sind sie <strong>den</strong>n im Himmel nicht glücklich? Warumbleiben sie nicht dort?Dr. Wissen Sie <strong>den</strong>n etwas vom Himmel?G. Der Himmel ist über uns, wo Christus und Gott ist.Dr. Jesus hat gesagt "Das Reich Gottes ist inwendig in Euch", die Bibel sagt:"Wisset Ihr nicht, daß Ihr Gottes Tempel seid, und der Geist Gottes in Euchwohnet?" — Und "Gott ist die <strong>Liebe</strong>, und wer in der <strong>Liebe</strong> bleibet, derbleibt in Gott, und Gott in ihm". — Gott ist oben, Gott ist unten, Gott istüberall.G. Glauben Sie nicht an einen persönlichen Gott?Dr. Gott ist Geist, er kann nicht nur an einem Ort sein.G. Ich werde so müde, daß es mir schwer fällt, zu verstehen, was Sie sagen.Wenn ich nur ein Plätzchen wüßte, wo ich einmal ein bißchen Ruhe habenkönnte, ich würde ja mit Freu<strong>den</strong> hingehen. Ich kann Ihnen gar nichtbeschreiben, wie elend ich mich fühle. — Ich habe kein Heim, wo ich hingehöre,nicht einmal ein Ruheplätzchen für meinen mü<strong>den</strong> Kopf. Ich binvon einem Ort zum andern gewandert, aber ich habe weder eine Heimstätte,noch Ruhe fin<strong>den</strong> können. Ich habe gebetet, daß ich doch wenigstensfür eine kleine Weile Ruhe fin<strong>den</strong> möge, doch immer kommt jemand undstört mich. Es waren so viele da, und einer bedrängte immer <strong>den</strong> andern.Ich bin ja wahrscheinlich auch nicht gerade sehr sanft und freundlich gewesen,aber ich konnte mir eben auch nicht helfen. Es war geradezu so, als o<strong>bei</strong>n wildes Tier in mir steckte, und ich ging auf je<strong>den</strong> los wie ein Tiger. Undwenn ich damit durch war, dann war ich für Tage und Wochen völligerschöpft. Ich habe schrecklich gelitten. Dieser entsetzliche Mensch warimmer hinter uns her, und die arme Kleine schrie die ganze Zeit, sie war soim Gedränge. Ich wünschte, ich hätte ein kleines eigenes Heim, wohin ichmich zurückziehen könnte, und brauchte diesen Menschen nicht mehr ummich zu haben. Er war gräßlich, Sie machen sich keine Vorstellung davon.Er war solch ein Grobian; aber eines Tages war er fort, und wir haben ihnschon eine ganze Zeit nicht mehr gesehen.Das kleine Mädchen, das soviel weinte, ist auch fort. Sie hatte immer Lei<strong>den</strong>mit ihrem Kopf. Ich glaube von mir behaupten zu können, daß ichdurchaus keine zänkische Frau bin, aber dieser Mensch hat uns alle derartiggequält, daß wir nicht aus noch ein wußten.Dr. Haben Sie nicht Lust, mit Ihrem Manne, Ihrer Mutter und Ihrem Töchterchenmitzugehen, die alle gern für Sie sorgen möchten, damit Sie endlicheinmal Ruhe fin<strong>den</strong>? Versuchen Sie zu begreifen, daß Sie ihren irdischenLeib abgelegt haben.G. Wann sollte das geschehen sein?Dr. Das können wir Ihnen nicht sagen.— 117 —


G. Manchmal fühlte ich mich als eine große kräftige Frau, und wäre leicht mitjedem fertig gewor<strong>den</strong>, dann kam ich mir auch wieder kleiner vor. Dasalles machte mich ganz wirr.Dr. Das wird wohl seinen Grund darin haben, daß es ganz verschie<strong>den</strong>e Menschengewesen sind, die Sie besessen gemacht haben. Sie können von diesemZustande befreit wer<strong>den</strong>.G. Dann werde ich also endlich Ruhe haben? Werde ich auch nicht etwa erwachenund merken, daß ich nur geträumt habe und dann wieder <strong>den</strong> schrecklichenMann und das weinende Kind um mich haben? Ich will <strong>den</strong> Menschennicht wieder sehen. Immer fing er mit <strong>den</strong> Frauen Zank an, als wäreer ihr Plagegeist. Er war so wütend und behandelte das kleine Mädchensehr schlecht, so daß dieses große Angst vor ihm hatte.Dr. Nun versuchen Sie zu vergessen, was geschehen ist, und <strong>den</strong>ken Sie an dieZukunft. Gehen Sie mit Ihrem Manne mit, der Ihnen die Schönheiten dergeistigen Welt zeigen wird.G. Mein Mann, Hugo! Ich hab ihn so lieb, und nachdem er gestorben war,erschien mir das Leben nicht mehr lebenswert. Mein teures Kind folgte ihmgerade einen Monat später. Sie war drei <strong>Jahre</strong> alt. Hugo, mein Mann, warmein Alles. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, was aus mirwer<strong>den</strong> solle, als er mich verlassen hatte. Wir sind viel gereist, als er nochlebte. Wir sind überall gewesen. Wir waren nach Alaska gereist, dort zog ersich eine Erkaltung zu und bekam Lungenentzündung; auch mein kleinesKind wurde sehr krank. Es ist schwer, all das noch mal zu durchleben.Dr. Warum müssen Sie <strong>den</strong>n gerade diese traurigen Erinnerungen noch maldurchgehen, wo doch die Ihrigen alle hier sind und Sie mit sich nehmenwollen!G. Ich möchte schon gern mit ihnen gehen, aber ich fürchte mich, weil siedoch tot sind. Hugo sagt, er hätte mich seit <strong>Jahre</strong>n gesucht, aber er hat michnicht fin<strong>den</strong> können, und ich kann ihm nicht sagen, wo ich gewesen bin.Als Hugo und Lily gestorben waren, wurde ich sehr krank, und die Ärztesagten, ich wäre ein nervöses Wrack. Ich wurde immer kränker, und icherinnere mich, daß sie mich nach einem Ort brachten, der Elgien hieß.(Wahrscheinlich eine Nervenheilanstalt.) Ich habe nur eben noch eine ganzschwache Erinnerung daran. Als ich gesund gewor<strong>den</strong> (vermutlich gestorben)war, ging ich nach St. Louis, weil ich dort eine Schwester hatte. Seitdemich anfing, mit Ihnen zu re<strong>den</strong>, ist mir aber ganz anders zu Mutegewor<strong>den</strong>, und jetzt bin ich entschlossen, mit <strong>den</strong> Meinigen mitzugehen.Sehen Sie nur das herrliche Bett! Nun kann ich mich ausruhen, wo ich jetzt<strong>bei</strong> Hugo bin, brauche ich ja nun auch keine Angst mehr zu haben.Gott segne Sie alle und helfe Ihnen. Hugo möchte, daß ich Ihnen noch bestelle,er wäre so glücklich, mich endlich gefun<strong>den</strong> zu haben; wir wür<strong>den</strong> nun wiedervereint und uns nie wieder trennen. — Gott segne Sie alle miteinander.*— 118 —


Quälgeister. EhestörungenEs kommt wohl auch vor, daß Besessenheitsgeister sensitive Menschen, dieihrem Einfluß hilflos preisgegeben sind, vorsätzlich aus Rache quälen, weit öfteraber tun sie das in der Absicht, sie dafür zu strafen, daß sie ihnen, wie siebehaupten, beständig in die Quere kommen.Solche Quälgeister veranlassen ihre Opfer oftmals zu Gewalttaten gegen sichselbst und scheinen von <strong>den</strong> Schmerzen, welche dem Körper des von ihnenBesessenen dadurch zugefügt wer<strong>den</strong>, nichts zu fühlen. Dennoch leben vieledieser Geister, so widerspruchsvoll das auch erscheinen mag, in der Selbsttäuschung,daß der Körper des betreffen<strong>den</strong> Menschen der ihre sei.Nach dem Tode ihres Mannes war Frau L.W. in tiefe Schwermut verfallen, inderen Gefolge <strong>bei</strong> ihr auch "Gehörs-Halluzinationen" auftraten. Beständig hörtesie Stimmen von Geistern und fühlte sich dadurch so gequält, daß sie oft lautschreiend sich das Haar raufte und wie wahnsinnig aus dem Hause stürzte.Zu solchen Zeiten sah ihre Tochter, die hellsehend war, Geister um ihre Mutter,besonders <strong>den</strong> Geist eines höhnischen Mannes; und auch die Kranke selber sahdiesen Menschen oft und rief dann: "da kommt wieder dieser schrecklicheMensch."Die Kranke war von St. Louis nach Los Angeles gebracht wor<strong>den</strong>, da mangehofft hatte, daß ein Orts- und Klimawechsel ihr gut tun würde, doch hatten dieAnfälle nur an Heftigkeit zugenommen. Sie biß sich da<strong>bei</strong> in Hände und Arme,schlug sich mit dem Pantoffel ins Gesicht und riß sich die Kleider vom Leibe.Schließlich war mit ihr überhaupt nicht mehr fertig zu wer<strong>den</strong>, so daß man sie ineine geschlossene Anstalt für unruhige Geisteskranke bringen mußte. Dortwurde sie für wahnsinnig erklärt und dann in einem Sanatorium <strong>unter</strong>gebracht,wo sie ein Jahr blieb, ohne daß ihr Zustand sich besserte. Nachdem sie dreimalvon dort entwichen war, wurde sie unserer Fürsorge übergeben, und in wenigenMonaten konnten wir die Quälgeister aus ihr vertreiben. Die Dame wurde wiedervollkommen normal, ist seitdem gesund geblieben und hilft ihrer Tochter imHaushalt.Wenige Tage nach ihrer Ankunft in unserer Heilanstalt wurde der Geist des"höhnischen Mannes", <strong>den</strong> die Tochter der Kranken so oft gesehen hatte, aus ihrvertrieben und durfte von dem Körper meiner Frau Besitz nehmen.— — —Sitzung am 13. Januar 1918Geist: John Sullivan. — Patient: Frau L.W.Der Geist war zuerst ganz ungebärdig, so daß wir das Medium festhaltenmußten.— 119 —


G. Warum in aller Welt halten Sie mich <strong>den</strong>n fest? Ich habe doch mit Ihnennichts zu tun und will auch nichts mit Ihnen Zutun haben! Ich habe Ihnendoch nichts getan und sehe nicht ein, mit welchem Recht Sie mich festhalten!Aber ich will Ihnen schon die Hölle heiß machen, wenn ich nur erstwieder frei bin.Dr. Sie kamen als Fremder hier zu uns herein und fingen gleich Streit an. Waskonnte ich da anders tun, als Sie festhalten?G. Ich lasse mich aber in dieser Weise nicht zwingen.Dr. Wer sind Sie?G. Warum sollte ich Ihnen sagen, wer ich bin? Ich kenne nieman<strong>den</strong> vonIhnen und kümmere mich ja auch nicht darum, wer Sie sind. Jetzt lassenSie mich zufrie<strong>den</strong>, damit ich gehen kann.Dr. Sagen Sie uns doch, wer Sie sind, Sie scheinen ja ein recht kräftiges Mädchenzu sein.G. Wenn Sie mich für ein Mädchen halten, dann schon Sie nur noch mal etwasgenauer hin!Dr. Sagen Sie uns doch, wo Sie herkommen und was Sie hier wollen.G. Wozu wollen Sie das wissen?Dr. Vielleicht können wir Ihnen aus Ihrer jetzigen Lage heraushelfen.G. Halten Sie mich nicht so fest, dann werde ich re<strong>den</strong>.Dr. Erzählen Sie uns doch mal etwas von sich.G. Erstens will ich diese Nadeln nicht mehr haben (gemeint ist die elektrischeBehandlung der Kranken). Dann bin ich eine Zeitlang gefangen gehaltenwur<strong>den</strong>. Wo ich nun wieder draußen bin, möchte ich mal or<strong>den</strong>tlich Krachschlagen. (Aus der Aura der Kranken und aus dem ihm von <strong>den</strong> höherenGeistern auferlegten Zwange befreit.) Wozu, um alles in der Welt, habenSie mich mit all diesen Nadeln so bear<strong>bei</strong>tet? Wenn ich hier fort kann, willich nach Hause.Dr. Wo ist Ihr Zuhause?G. Dort, wo ich hergekommen bin.Dr. Ich bin neugierig, wie <strong>den</strong>n diese Nadeln Ihrem Rücken bekommen sind?Jedesmal, wenn ich sie bekam, war es gerade so, als ob ich im Feuer wäre.Ich habe aber keine Lust, hier zu sitzen und mich festhalten zu lassen, ichwill fort.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n eigentlich dazu gekommen, die Wohltat solcher Nadelnzu genießen? Ich bin sehr neugierig, das zu erfahren.G. Ich weiß es selber nicht, aber bekommen habe ich sie.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n hierher gekommen?G. Das weiß ich nicht.Dr. Sind Sie mit jemandem mitgekommen, zu dem Sie gehören?G. Ich gehöre nur mir selber.Dr. Wo sind Sie vorher zuletzt gewesen?G. Im Dunkeln bin ich gewesen. Ich ging von Hause fort, und da konnte ichauf einmal nichts mehr sehen, als ob ich blind wäre.— 120 —


Dr. Ist Ihnen nicht schon dort, wo Sie, wie Sie sagen, zu Hause waren, manchmalrecht eigentümlich zu Mute gewesen?G. Es war nicht eigentlich mein Haus, aber ich war dort wie zu Hause.Dr. Ging Ihnen dort nicht manches sehr gegen <strong>den</strong> Strich, so daß Sie zuweilenwild wur<strong>den</strong>?G. Manchmal wußte ich gar nicht, wo ich war, und dann habe ich die ganzeZeit über getobt. Einmal hatten wir eine Zeitlang heftigen Streit. Da warenmehrere Leute da<strong>bei</strong>; aber die werde ich eines Tages schon nochmal zu fassenkriegen.Dr. Wer war das <strong>den</strong>n?G. Ach, das weiß ich nicht; alle möglichen Leute.Dr. Waren auch Frauen da<strong>bei</strong>?G. So viele, daß man gar keine Ruhe haben konnte. — Frauen! Die will ichmir eines Tages noch mal langen und ihnen gehörig eins auswischen.Dr. Ich sehe nicht ein, weshalb Sie andern gleich etwas antun wollen.G. Die eine kam mir mit diesem, eine andere mit jenem; das machte einen javerrückt; aber was kann ein Mann machen, wenn er so eine ganze ScharFrauen um sich hat? (Andere Besessenheits-Geister in der Aura der Kranken.)Dr. Was meinen Sie, wo Sie sich jetzt befin<strong>den</strong>?G. Wo? Ich kümmere mich nickt darum, wo ich bin.Dr. Wo haben Sie <strong>den</strong>n gewohnt?G. Wir haben an verschie<strong>den</strong>en Orten gewohnt und sind von einem Ort zumandern gezogen, bis ich alles satt hatte. Ich möchte am liebsten davon laufen,irgendwohin, wo mich keiner fin<strong>den</strong> kann.Dr. Sie können aber nicht vor sich selber davon laufen.G. Ich hatte nichts als Weiber um mich; Weiber, Weiber, bis ich krank warund genug von ihnen hatte. Eine Frau habe ich hingeschmissen, gebissenund geschlagen, aber sie ließ mich nicht los. (Die Kranke, Frau L.W.) Siehatte gar kein Recht, sich so an mich zu hängen, wie sie es tat. Die bringeich eines Tages noch um.Dr. Wissen Sie, was Sie getan haben?G. Ich kümmere mich nicht darum, was ich getan habe. Eines Tages habe ichihr ein Stück aus ihrem Handgelenk gerissen, aber sie klammerte sich nachwie vor an mich. Dann riß ich ihr Haare aus, so viel ich konnte, aber siehing trotzdem weiter an mir. Ich konnte sie nicht los wer<strong>den</strong>.Dr. Freund, wollen Sie wirklich nicht wissen, was Sie getan haben?G. Es liegt mir gar nichts daran, das zu wissen; aber ich bin ganz außer mir,<strong>den</strong>n seitdem ich diese Nadeln zu fühlen bekommen habe, ist mir so, als obich keine Kraft mehr hätte.Dr. Wo ist die Frau <strong>den</strong>n jetzt?G. Ich habe sie schon einige Zeit nicht mehr gesehen.Dr. Was hat sie Ihnen <strong>den</strong>n zu Leide getan?G. Sie hat kein Recht, sich so an mich zu klammert, wie sie es tut.— 121 —


Dr. Drehen wir mal <strong>den</strong> Spieß herum und sagen: Sie waren es, der sich an dieFrau gehängt hat.G. Sie hat kein Recht, mich in Weiberröcke zu stecken und mir Frauenhaareauf <strong>den</strong> Kopf zu tun.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Tot? Ich will Ihnen schon zeigen, daß ich nicht tot bin, und werde ihnenauch zeigen, daß Sie gar nicht stark genug sind, mich festzuhalten! Unddann sagen Sie, ich sei tot!? (Lacht höhnisch.)Dr. Haben Sie nicht selbst bemerkt, daß Sie sich seit einiger Zeit in einemeigenartigen Zustande befin<strong>den</strong>?G. Es ist der schlimmste, in dem ich jemals gewesen bin. Lassen Sie mich los,nehmen Sie Ihre Hände weg, die brennen ja wie Feuer, sie sind so heiß.Dr. Ist es Ihnen nie in <strong>den</strong> Sinn gekommen, sich zu fragen, wie diese Frau esüberhaupt hat fertig bringen können, Sie so "herauszuputzen"? Glauben Sienicht, daß Sie recht selbstsüchtig sind?G. Selbstsüchtig? Ich selbstsüchtig? Sie ist selbstsüchtig!Dr. Wie aber, wenn wir mal annehmen wür<strong>den</strong>, Sie seien ein unwissenderGeist, der sich an diese Frau geklammert hat?G. Ich mich an eine Frau hängen? — Ich nicht, — nein, mein Herr!Dr. So was kommt vor, sogar sehr leicht. Haben Sie jemals Ihre Bibel gelesen?Erinnern Sie sich, wie man in alten Zeiten Geister ausgetrieben hat? Siesind auch ein Geist, und zwar gerade so einer wie die, um die es sich in diesenGeschichten handelt.G. Das waren Teufel; aber ich will Ihnen schon zeigen, daß ich kein Teufelbin!Dr. Sie haben eine Frau gequält, und ich habe Sie mit Elektrizität aus ihr vertrieben.G. So! Nun habe ich Sie gefangen! (Will handgreiflich wer<strong>den</strong>) Ich wette,dann waren Sie es auch, der mich ins Gefängnis gesperrt hat. Jetzt will ichmir aber mal diese Frau langen und <strong>bei</strong>ße sie in Stücke. Dieses Weib hatsich die ganze Zeit an mich gehängt, und ich will sie los wer<strong>den</strong>.Dr. Sie hatten sich an diese Frau gehängt, aber sie ist Sie jetzt los gewor<strong>den</strong>.Begreifen Sie doch, daß Sie ein Geist sind; besinnen Sie sich! Ich sageIhnen die volle Wahrheit!G. Ich wünschte bloß, ich könnte dieses Weib zu fassen kriegen; der will ichaber eins auswischen und ihr mal wieder eins mitten ins Gesicht schlagen.Dr. Warum wollen Sie der Frau so übel zu Leibe gehen? Sie tut Ihnen dochnichts.G. Auch Ihnen möchte ich ja zu gern mal an <strong>den</strong> Kragen!Dr. Wenn Sie sich nicht anständig benehmen, dann setzen wir Sie gleich nochmal <strong>unter</strong> die Elektrisiermaschine.G. Ich würde ganz gern hier bleiben, aber Sie halten mich zu fest.Dr. Sie behaupten, Sie seien ein Mann; aber wir können Sie nicht sehen, wirsehen hier nur eine Frau vor uns.— 122 —


G. Haben Sie keine Augen? Sie wollen nicht erkennen können, daß ich einMann bin?Dr. Sie haben ja doch Frauenkleider an.G. Die habe ich mir doch r<strong>unter</strong>gerissen, aber sie zog sie mir immer wieder an,und ich riß sie wieder ab.Dr. Von der Frau, die Sie angeblich so gequält hat, sind Sie jetzt endgültig los,aber Sie stecken jetzt in einer andern Frau.G. Was meinen Sie damit?Dr. Sie sind ein erdgebun<strong>den</strong>er, unwissender Geist, der sich in der irdischenSphäre herumtreibt, und haben eine Frau belästigt. Augenblicklich benützenSie <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Ich benutze nicht anderleuts Körper, sondern nur meinen eigenen. Weshalbhat die Frau sich so an mich geklammert?Dr. Das Anklammern taten Sie. Seitdem Sie aus ihr vertrieben wor<strong>den</strong> sind,geht es der Frau sehr gut.G. Haben Sie mich in <strong>den</strong> Kerker gesperrt?Dr. Nein, das haben höhere Geister getan. — Sie sind sehr selbstsüchtig, selbstsüchtigim höchsten Grade — Meinen Sie nicht, daß Sie mal versuchensollten, sich über Ihre Lage klar zu wer<strong>den</strong>? Wenn Ihre Geschichte niedergeschriebenwürde, wäre es Ihnen wohl recht, wenn jedermann sie lesenwürde?G. Das wäre mir höchst gleichgültig. Aber ich könnte wahnsinnig wer<strong>den</strong>,wenn ich bloß daran <strong>den</strong>ke, daß sich wieder eine Frau an mich hängen undmich in Frauenkleider stecken könnte. Ich hasse die Frauen!Dr. Diese Dame ist hierher gebracht wor<strong>den</strong>, weil sie von törichten Geisternbelästigt wurde. Wir erkannten, daß es sich um "Besessenheit" handelte,und wir haben Sie durch elektrische Behandlung aus ihr herausgetrieben.Und jetzt sind wir da<strong>bei</strong> und versuchen, Sie zur Vernunft zu bringen.G. Wenn ich diese Frau bloß mal zu fassen kriegte, ich würde sie in Stücke<strong>bei</strong>ßen. Die Arme möchte ich ihr zer<strong>bei</strong>ßen!Dr. Nun seien Sie doch vernünftig, dann wer<strong>den</strong> Sie auch zu besserem Einsehenkommen und glücklich wer<strong>den</strong>.G. Glücklich wer<strong>den</strong>? So etwas gibts ja gar nicht!Dr. Haben Sie je über Gott näher nachgedacht? — oder sich gefragt, was dasLeben eigentlich für einen Sinn hat?G. Es gibt keinen Gott, sonst gäbe es nicht so viel Jammer und Elend!Dr. Wenn es kein höheres Wesen gibt, wie sind Sie <strong>den</strong>n entstan<strong>den</strong>? Wiekönnten Sie überhaupt da sein und leben? — Haben Sie eine Erklärungdafür, wie es möglich ist, daß Sie durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau mit unssprechen können?G. Ist das Ihre Frau, die sich die ganze Zeit so an mich gehängt hat?Dr. Nein! — Sie haben eine Dame belästigt, die deshalb herkam und <strong>bei</strong> unsHilfe suchte. Ich habe Sie aus ihr herausgetrieben, und dann haben höhereGeister Sie in ein Gefängnis gesperrt. Augenblicklich benutzen Sie für eineWeile <strong>den</strong> Körper meiner Frau.— 123 —


G. Um alles in der Welt, wie käme gerade ich dazu, Frauen zu belästigen, woich sie so hasse? Zerschlagen möchte ich jede, die ich zu fassen kriege.Dr. <strong>Liebe</strong>r Freund, wenn Sie jemals glücklich wer<strong>den</strong> wollen, dann müssen SieIhr Verhalten ändern. Sie haben Ihren eigenen Körper verloren, halten sichnun in der Er<strong>den</strong>sphäre auf und machen andere Leute besessen. SelbstsüchtigeGeister tun das immer. Die Irrenanstalten sind voll von Besessenen.Sie haben diese Frau drei oder vier <strong>Jahre</strong> gequält!G. Wie, zum Teufel, könnte ich diese Frau zu fassen kriegen! Ich hasse Frauenund warum, in aller Welt, sollte gerade ich so ein Weib die ganze Zeit anmir hängen haben? Ich würde mich an keine Frau hängen, weder aus <strong>Liebe</strong>noch um Geldes willen, <strong>den</strong>n ich hasse die Frauen. Ich möchte jede Frauzermalmen; sie sind allesamt falsch. Nie und nimmer ist das Weib von Gotterschaffen. Frauen sind die selbstsüchtigsten Wesen der Welt. Wenn manihnen mit allerlei angenehmen Dingen aufwartet, sind sie nett, aber wennman ihnen <strong>den</strong> Rücken kehrt, dann ziehen sie über einen her! Sie zieheneinem bloß das Geld aus der Tasche, soviel sie nur können. Ich habe allenFrauen Rache geschworen und werde meinen Vorsatz auch ausführen. Ichhätte einst ein schönes Heim haben können, wenn es nicht um eine Fraugewesen wäre. Rache ist süß, und ich will mich rächen.Dr. Jetzt wird es aber Zeit, daß Sie mit Ihrem Schimpfen aufhören und dieLebensfrage mal etwas ernsthafter ins Auge fassen. Meinen Sie nicht, daßauch Sie selber viele Fehler begangen haben? Prüfen Sie ihr vergangenesLeben und schauen Sie nach, ob Sie wohl immer alles richtig gemachthaben.G. Niemand ist vollkommen.Dr. Meinen Sie nicht, daß Sie vielleicht recht viele Fehler und Schwächengehabt haben?G. Keiner ist fehlerfrei; aber so gut wie der Durchschnitt bin ich auch.Dr. Nun bemühen Sie sich nur mal ein bißchen, hinter die Geheimnisse desLebens zu kommen. Wahrscheinlich sind Sie schon viele <strong>Jahre</strong> tot. HöhereGeister sind jetzt hier; die wollen Ihnen helfen und können Ihnen vielewunderbare Dinge zeigen. Damit wir versuchen könnten, Ihnen zu helfen,ist es Ihnen gestattet wor<strong>den</strong>, hierher zu kommen, um Gehirn und Körpermeiner Frau zu benutzen.G. Sie ist schön dumm, daß sie es gestattet.Dr. Sie erlaubt es, weil sie Mitleid hat mit solchen Unglücklichen, wie Sieeiner sind. Nicht alle Frauen sind falsch.G. Meine Mutter war eine sehr gute Frau. Wäre es nicht ihretwegen, so würdeich jede Frau umbringen, die mir in <strong>den</strong> Weg läuft. Aber sie ist nun schonvierzig oder fünfzig <strong>Jahre</strong> tot.Dr. Sie sind ja auch tot, was Ihren Körper anbelangt, und sind jetzt ein Geist.Sehen Sie sich jetzt einmal um und erzählen Sie uns, was Sie sehen, —seien Sie jetzt mal vernünftig.G. Ich sehe meine Mutter, aber ich fürchte mich vor ihr.Dr. Weshalb <strong>den</strong>n? Wir haben doch auch vor Ihnen keine Angst.— 124 —


G. Nun, meine Mutter ist doch ein Geist.Dr. Freilich ist sie ein Geist, wie Sie selber. Was sagt sie <strong>den</strong>n zu Ihnen?G. Sie sagt: "John, seit <strong>Jahre</strong>n suche ich nach Dir." — Aber ich fürchte michvor ihr.Dr. Sieht sie <strong>den</strong>n so gespensterhaft aus?G. Nein, aber ich habe doch Angst vor ihr, Oh, da ist auch mein Vater! Und daist Lizzie! Komm mir nicht zu nahe; ich will auch mit Dir nichts zu tunhaben! Komm mir ja nicht zu nahe! Ich mag Dich nicht, Lizzie, DuSchlange!Dr. Wahrscheinlich kommt sie, um Sie um Verzeihung zu bitten, für etwas,was sie getan tatG. Ich werde ihr nie, nie verzeihen!Dr. Wir Menschen irren uns doch oft. Es kann doch auch ein Mißverständnisvorliegen. Sie haben vielleicht manches als ausgemachte Tatsache hingenommen,was gar nicht gewesen ist.G. Ich kann sie nicht lei<strong>den</strong> und will sie nicht in meiner Nähe haben.Dr. Tilgen Sie <strong>den</strong> Haß aus Ihrem Herzen und seien Sie vernünftig.G. Lizzie, geh fort, oder ich bringe Dich um! Du hast Dich benommen wieeine Schlange! Ich will von Dir nichts hören! Du bist so falsch wie sie alle.Ich glaube Dir doch nicht, was Du sagst. Komm mir gar nicht erst mit allenmöglichen Entschuldigungen, ich glaube Dir doch nicht. Ich bin sehr böseauf Dich und werde es auch immer bleiben. Du bist eine große Lügnerin!Dr. Was antwortet sie Ihnen <strong>den</strong>n? Und wer ist sie eigentlich?G. Das ist Lizzie, der ich alle meine Qualen zu verdanken habe und siebehauptet, das wäre alles bloß durch Eifersucht gekommen. Aber ich bindoch gar nicht eifersüchtig gewesen!Dr. Hören Sie nur zu, was sie Ihnen zu sagen hat.G. (Horcht auf.) Das ist eine feine Geschichte! Wir wollten uns heiraten, undsie war ein hübsches Mädchen. Sie behauptet, ich hätte alles in einemfalschen Lichte gesehen und wäre eifersüchtig gewesen.Dr. Vielleicht waren Sie auch starrköpfig und ein Hitzkopf.G. (Zu Lizzie) Du lügst! Du bist mit dem andern Burschen da herumgezogen,das weißt Du doch selbst ganz genau. Sie sagt, als sie an jenem Abend nachHause ging, hätte sie <strong>den</strong> jungen Mann zufällig auf der Straßenbahn getroffen.Er hätte sie nur eben die Straße hin<strong>unter</strong> begleitet, als ich sie zufälligzusammen sah. — Und ich bin nach Hause gegangen und habe mir dasMesser ins Herz gestoßen.Dr. Das war ja wohl wirklich eine mutige Tat! Dann haben Sie also Selbstmordbegangen.G. Wenn ich nur hätte sterben können; aber ich konnte ja nicht. Da wäre ich jaweit besser daran gewesen; aber ich werde mich schon noch an <strong>den</strong> Frauenrächen.Dr. Warum wollen Sie nicht Vernunft annehmen und dem Mädchen verzeihen?— 125 —


G. Sagen Sie mir mal, glauben Sie ihr die Geschichte? Ich habe schwer zu lei<strong>den</strong>gehabt <strong>unter</strong> dem Messerstich, <strong>den</strong> ich mir selbst <strong>bei</strong>gebracht hatte undwollte doch durchaus sterben. Da rennt Lizzie nun umher und heult.Dr. Hören Sie auf das, was Ihnen Ihr eigenes Gewissen sagt.G. Ich habe das Mädchen lieb gehabt, und was hat sie mir angetan!Dr. Ich glaube, Ihre Mutter hat sie wohl als Kind recht verwöhnt.G. Meine Mutter hat Wunder was von mir gehalten und erfüllte mir je<strong>den</strong>Wunsch, so daß ich es sehr gut hatte. Jetzt sagt sie aber, sie wünschte wohl,sie wäre anders mit mir umgegangen. Nein, Mutter, komm mir nicht näher!Für mich gibts keine Hilfe!Dr. Das erste, was Sie lernen müssen, ist Selbstüberwindung! Jesus hat gesagt:"So ihr nicht werdet wie die Kindlein, könnt ihr nicht in das Himmelreichkommen." Ich glaube kaum, daß Sie wissen, was das bedeutet. Sie sindimmer nur auf Ihr eigenes Selbst bedacht gewesen, und Ihre Mutter hat Sieüberdies noch verwöhnt.G. Mutter sagt, das täte ihr jetzt sehr leid. — Da ist Lizzie wieder. Ich glau<strong>bei</strong>hr nicht, weil sie doch mit dem jungen Mann gegangen ist.Dr. Angenommen, sie hat es wirklich getan; was war <strong>den</strong>n schon da<strong>bei</strong>? Siemüssen doch wohl sehr eifersüchtig gewesen sein.G. Sie sagt, sie wäre gar nicht mit ihm gegangen, und sie hätte mir ja erzählt,wie es gewesen ist.Dr. Sind Sie sich klar darüber, daß auch sie verstorben ist?G. Sie ist doch nicht tot. Wenn sie es wirklich ist, dann wäre sie also einGeist?Dr. Sie sagen, sie stehe dort; sieht sie aus wie ein Geist?G. Nein, durchaus nicht. Meine Mutter satt: "John, sei vernünftig und verständig.Dein eigenes Gewissen klagt Dich an!" Es ist hart, wenn man ein Mädchenlieb hat und sieht sie mit einem andern gehen. Was habe ich Lizzieswegen gelitten! Nachdem ich sie mit dem andern jungen Menschen gesehenhatte, bin ich nach Hause gegangen und habe mich selbst mit einemMesser gestochen, nicht ernstlich, nur um zu versuchen, sie zu erschrecken.Ich dachte, wenn ich das täte, würde sie zu mir kommen.Dr. Sie haben Selbstmord begangen, begreifen aber nicht, daß Sie gestorbenund jetzt ein Geist sind, und daß Sie eine Dame gequält und besessengemacht haben. Diese Dame ist jetzt unsere Patientin.G. Was geht die mich an? Ich kann Frauen ganz und gar nicht lei<strong>den</strong> und dochhat sie mich nicht in Ruhe gelassen. Ich wollte nichts als Rache, und diehabe ich genommen.Dr. Diese Dame hat die tollsten Sachen angestellt, nur weil Sie sie besessengemacht hatten.G. Mutter und Lizzie stehen <strong>bei</strong>de da und weinen, aber niemand kümmert sichum mich, was hat das nun für einen Zweck?Dr. Wie hießen Sie weiter, außer John?G. John Sullivan.— 126 —


Dr. Ich sollte meinen, Sie müßten sich eigentlich schämen, die Dame so belästigtzu haben.G. Ich habe nicht mehr Grund mich zu schämen als Sie!Dr. Glauben Sie, daß Sie das Mädchen wirklich geliebt haben? Oder war esvon Ihrer Seite nur Eigenliebe? Sie wollten sie nur besitzen, das war alles.G. Sie sollte die Meine wer<strong>den</strong>, aber ich habe sie unglücklich gemacht; meine<strong>Liebe</strong> verwandelte sich in Haß. Nein, Lizzie, Du brauchst gar nicht erst zuweinen, ich werde Dir doch niemals verzeihen, und wenn Du mich hundertmal darum bittest.Dr. Wenn Ihre Mutter Sie <strong>bei</strong> guter Zeit nur öfter mal verprügelt hätte, dannwären Sie jetzt nicht in solcher unglücklichen Lage. Besinnen Sie sicheines Besseren und verzeihen Sie Lizzie, damit gewinnen Sie für sich selberdie allerbeste Hilfe.G. Ich werde ihr nie verzeihen. Die Frauen waren alle verrückt nach mir. Ichgalt als hübscher Kerl.Dr. Das war Ihr Unglück. Wenn Sie schlicht und einfach gewesen wären, hättenSie auch mehr Vernunft gehabt. Nun müssen Sie aber versuchen, verständigzu sein, weil Sie <strong>den</strong> Körper meiner Frau benutzen.G. Gut, nehmen Sie sich Ihre Frau nur wieder, ich brauche sie nicht! HöreMutter, es hat keinen Zweck, daß Du mit Lizzie dort stehst und weinst,<strong>den</strong>n ich werde ihr doch nie verzeihen.Dr. Wenn Sie jetzt die Gelegenheit nicht benutzen, ihr zu verzeihen, wer<strong>den</strong>Sie sich in einem dunklen Kerker wiederfin<strong>den</strong>, sobald Sie von hier fortgehen,und darin bleiben müssen, bis Sie Reue empfin<strong>den</strong>. Machen Sie sichklar, daß das Unrecht <strong>bei</strong> Ihnen liegt.G. Ich verzeihe ihr nicht! Meine Mutter hab ich lieb gehabt; ich hatte immerviel Geld.Dr. In welcher Stadt lebten Sie?G. In St. Louis.Dr. Wissen Sie, daß Sie jetzt in Kalifornien sind?G. Ich weiß, wo ich bin. Ich bin in St. Louis, und es ist Winter. Es sind etwaneunzehn Grad <strong>unter</strong> Null.Dr. Welches Jahr haben wir?G. 1910.Dr. Heut ist der 13. Januar 1918.G. Es ist mir schrecklich, Frauen weinen zu sehen. Mutter, höre doch auf zuweinen. Eine Frau weinen zu sehen, beunruhigt mich immer.Dr. Beunruhigt Sie Ihr Gewissen gar nicht?G. Was hat es für einen Zweck sich über alte Geschichten aufzuregen?Dr. Hören Sie auf das, was Ihre Mutter sagt, dann kann sie Ihnen helfen.G. Mutter, ich will Dir sagen, wenn Du mich öfter verhauen hättest, als ichnoch einer kleiner Junge war, und mir nicht immer meinen Willen gelassenhättest, dann wäre ich jetzt ein ganz andrer Mensch. Später im Lebenändert man sich nicht mehr, und überdies erreicht nun doch nichts, wennman sich auch ändert.— 127 —


Dr. Ihnen wird es noch mal sehr schlecht gehen, wenn Sie sich jetzt nicht baldzum Verzeihen bereit fin<strong>den</strong> lassen.G. Es ist mir höchst gleichgültig, ob ich ins Gefängnis komme, von dem Siesprechen. Warum geben Eltern ihren Kindern alles, was sie haben wollen?Da kannst Du sehen, Mutter, was Du schönes angerichtet hast. Bist Dunicht stolz auf deinen Sohn? Du hast mich so weit gebracht; das ist DeinWerk!Dr. Sie behaupten, Sie liebten Ihre Mutter? — Aber nach Ihren Worten habenSie überhaupt für niemand Mitleid oder Sympathie.G. Ich hasse das Wort Sympathie. Mein Vater sagt, ich werde mich ändernmüssen. Ich bin zu alt, um mich jetzt noch zu ändern. (Weicht erschrecktvor etwas zurück.) Bringt mich fort! Bringt mich fort! Ich bin krank!Dr. Sie müssen ernst und ehrlich sein.G. Meine Mutter sagt, sie weiß, daß sie mich falsch erzogen hat. — Lassen Siemich nicht in dies Gefängnis bringen! Ich will Lizzie ja vergeben — ichwill alles tun! Ich habe das Leben satt, ich habe alles so satt!Dr. Wenn Sie ins Geisterreich kommen, müssen Sie suchen, sich andern nützlichzu machen, anstatt Unheil zu stiften. Suchen Sie das Unrecht wiedergut zu machen, das Sie dieser Dame durch Besessenmachen angetan haben.G. Sie hat mich gequält, und ich hasse Frauen. Ich habe mich nur gerächt. Ichhabe einen Pantoffel genommen und sie damit ins Gesicht geschlagen. Dashabe ich getan, um mich an <strong>den</strong> Weibern zu rächen, <strong>den</strong>n ich hasse sie alle!Der Geist war nicht dazu zu bringen, seine Lage zu begreifen. Darum wurde erfortgebracht und in ein Gefängnis gesperrt, bis er Selbstüberwindung lernt undseinen Menschen-Haß aufgibt. —— — —Vor einigen <strong>Jahre</strong>n beklagte sich einer unserer Freunde darüber, daß seinGeschäfts-Teilhaber, Herr P., sich ganz eigenartig und ungehörig benehme. Ersei plötzlich sehr reizbar und herrisch seinen Angestellten gegenüber, stellehöchst unvernünftige Anforderungen, die unmöglich zu erfüllen seien, undbekomme heftige Anfälle, in <strong>den</strong>en er fluche und tobe.Da Besessenheit vorzuliegen schien, beschäftigten wir uns <strong>bei</strong> unseren Sitzungengedanklich öfter mit diesem Herrn, und nach einigen Wochen sprach zornigerregt ein Geist durch meine Frau und gab offen zu, Herrn P. gequält zu haben.Der Verstorbene behauptete, Herr P. mache seiner Frau <strong>den</strong> Hof, und dafür habeer Rache nehmen wollen. (Das war tatsächlich auch schon <strong>bei</strong> seinen Lebzeitender Fall gewesen; aber er hatte es erst nach seinem Tode entdeckt.)Der Verstorbene nannte seinen Namen, der in <strong>den</strong> Kaufmannskreisen des Ortesin hohem Ansehen gestan<strong>den</strong> hatte. Er war vor einiger Zeit aus dem Lebengeschie<strong>den</strong>, war sich dieser Tatsache aber nicht bewußt. Er sagte, er wäre längereZeit sehr krank gewesen, könne nun aber ohne Mühe überall hingehen,<strong>den</strong>n er wäre wieder ganz gesund gewor<strong>den</strong>.— 128 —


Er konnte nicht begreifen, weshalb seine Frau nicht mehr mit ihm sprechenwollte und warum sein Kind, das so zärtlich an ihm gehangen hatte, jetzt sogleichgültig gegen ihn sei.Er behauptete, einige seiner Freunde hintergingen ihn; sie hätten seit einiger Zeitseiner Frau Aufmerksamkeiten erwiesen, ihr Geschenke und Blumen gesandt,und er wollte deshalb auch an ihnen Rache nehmen, sobald er sein jetzigesOpfer zur Strecke gebracht hätte.Der Geist sagte, er könne nicht ganz klar <strong>den</strong>ken; er vermute, das käme voneinem Betäubungsmittel, das er kürzlich eingenommen habe. Dies verursacheauch, wie er meinte, die besondere Beweglichkeit seines Körpers und dasGefühl, kein Gewicht zu haben.In Erstaunen setzte ihn immer wieder die Tatsache, daß er, sobald er an irgendwelchePersonen dachte, sich sogleich <strong>bei</strong> ihnen und in ihre Angelegenheitenverwickelt fand. Kürzlich war er <strong>bei</strong> Herrn P. und konnte nicht wieder von diesemfortkommen; das hatte ihn außeror<strong>den</strong>tlich erregt, und er hatte "gewaltiggeflucht"; hatte <strong>den</strong> Mann nicht schlafen lassen und ihn veranlaßt, "frühzeitig"an die Ar<strong>bei</strong>t zu gehen, und ihn auf alle mögliche Weise belästigt.Nach langen Auseinandersetzungen begriff der Geist schließlich, daß er verstorbensei. Es fiel ihm zuerst recht schwer, das einzusehen, <strong>den</strong>n er hatte immergedacht, der Tod mache allem ein Ende, und dann sei eben alles aus.Nachdem ich ihm die Versicherung gegeben hatte, daß ein neues Tätigkeitsfeldund neue Entwicklungsmöglichkeiten in der Geisterwelt seiner harrten, und daßihm dort alles zur vollen Zufrie<strong>den</strong>heit erklärt wer<strong>den</strong> würde, verließ er uns. Amfolgen<strong>den</strong> Tage war eine auffallende Veränderung in dem Benehmen des HerrnP. zu verzeichnen. Sein Verhalten war vollkommen normal, so daß das ganzeBüro diese Wandlung bemerkte. Da<strong>bei</strong> ahnte Herr P. nichts von unseren Versuchenund Sitzungen, die wir seinetwegen veranstaltet hatten.Eine Kranke, Fräulein R.F., wurde von Zeit zu Zeit von dem Drang befallen,davonzulaufen. Sie wurde dann immer sehr unruhig. Doch als sie zu uns inBehandlung gekommen war, wurde sie bald von dem Urheber dieses Wanderdrangesbefreit.— — —Sitzung am 15. September 1920Geist: Edward Sterling. — Patient: Fräulein R.F.Ein Geistwesen nahm vom Medium Besitz, erhob sich und versuchte fortzulaufen,und war empört, als man es festhielt.Doktor: Wollen Sie sich nicht setzen?Geist, Nein!Dr. Wo wollen Sie hin?G. Nach Hause.Dr. Nach Hause? Wo ist Ihr Heim?— 129 —


G. Ich will es suchen gehen. (Sucht sich freizumachen.)Dr. Sie sind mir ja eine nette Dame, sich so zu benehmen!G. Dame? Dame? Ich bin keine Dame, ich bin ein Mann.Dr. Wo kommen Sie her?G. Das tut nichts zur Sache, ich will nach Hause.Dr. Wo ist Ihr Zuhause?G. Wo ich es nur fin<strong>den</strong> kann. Ich weiß bloß, daß ich hier nicht länger sitzenkann. Ich gehe, das sage ich Ihnen!Dr. (Die Sprechweise der Kranken wiedererkennend.) Warum haben Sie ihrdas Haar abgeschnitten? (Die Kranke hatte sich in einem Anfall von Verwirrungdas Haar abgeschnitten.)G. Denken Sie, ich will langes Haar tragen, wie eine Frau? Nein, mein Herr,das tue ich nicht! Ich gehe jetzt, das sage ich IhnenDr. Wo wollen Sie <strong>den</strong>n hin? Sie haben ja gar kein Heim!G. Hier bleibe ich nicht, ich gehe.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Ich bin nicht tot, ich gehe jetzt! Ich will diese schrecklichen Dinger nichtmehr in mich hinein haben, das geht ja durch <strong>den</strong> ganzen Körper. (Beziehtsich auf die elektrische Behandlung.) Das ist ja gerade so, als ob man mitscharfen Nadeln gespickt würde, mit richtigen scharfen Nadeln.Dr. Sie haben die elektrische Behandlung gefühlt, welche ich der Kranken gab.G. Zweimal habe ich versucht fortzulaufen, aber ich wurde zurückgebracht.Dr. Warum haben Sie <strong>den</strong>n die Dame veranlaßt, sich das Haar abzuschnei<strong>den</strong>?G. Ich habe nieman<strong>den</strong> veranlaßt, sich das Haar abzuschnei<strong>den</strong>. Da ist meinKörper, und ich kann mir das Haar abschnei<strong>den</strong>, wenn ich will. Ich wareingeschlafen, und als ich wieder aufwachte, war mein Haar so lang gewor<strong>den</strong>,daß ich gar nicht wußte, was ich tun sollte. Ich war eingeschlafen undmuß sehr lange geschlafen haben; und als ich dann aufwachte, merkte ich,daß ich langes Haar hatte; ich wollte aber doch nicht so herumlaufen undwie eine Frau aussehen. Zum Friseur in <strong>den</strong> La<strong>den</strong> konnte ich nicht gehen,weil ich mich schämte, mich auf der Straße sehen zu lassen, und so ha<strong>bei</strong>ch es eben selber abgeschnitten.Dr. Das war aber nicht Ihr eigenes Haar, das Sie abgeschnitten haben. Siehaben einer Dame, die Sie besessen gemacht hatten, das Haar abgeschnitten.G. Es war doch mein eigenes Haar, das ich abgeschnitten habe. Warum haltenSie mich so fest? Ich habe doch weder Ihnen noch sonst jemandem etwasgetan.Dr. Sie haben eine Dame belästigt und ihr großes Unheil gebracht. Sie behaupten,Sie seien ein Mann, und doch tragen Sie Frauenkleider. Wie erklärenSie sich das?G. Ich konnte keine Männerkleider bekommen.Dr. Sollte diese Tatsache Ihnen nicht die Augen öffnen und Ihnen beweisen,daß doch irgend etwas Besonderes los sein muß?G. Kann ich mich nicht hinsetzen?— 1<strong>30</strong> —


Dr. Ja, wenn Sie ruhig sitzen wollen. Möchten Sie nicht mal versuchen, ausfindigzu machen, was mit Ihnen los ist?G. Hier bleibe ich nicht; ich gehe nach Hause.Dr. Wenn Sie hübsch ruhig sitzen bleiben und mir zuhören wollen, dann willich Ihnen Ihre Lage erklären. Sie sind verstorben, wie man es nennt.G. Ich bin nicht tot, das will ich Ihnen zeigen. Lassen Sie mich los.Dr. Ich halte ja gar nicht Sie, sondern meine Frau. Sie müssen doch einsehen,daß Sie sich in einer recht eigenartigen Lage befin<strong>den</strong>. Sie haben nämlichIhren sterblichen Körper abgelegt, sind sich aber über diesen Wechsel IhresZustandes nicht klar.G. Lassen Sie mich gehen; ich will fort von hier Warum halten Sie mir dieHände fest?Dr. Ich halte gar nicht Ihre Hände, ich halte die Hände meiner Frau.G. Die Hände Ihrer Frau? Ich habe Sie doch noch nie gesehen, und ich binnicht Ihre Frau. Glauben Sie, ein Mann heiratet einen andern Mann? SolchenUnsinn habe ich doch noch nie gehört!Dr. Was ich Ihnen sage, ist trotzdem wahr. Sie sind ein unwissender Geist undsind sich Ihres veränderten Zustandes nicht bewußt.G. Lassen Sie mich zufrie<strong>den</strong>, ich will nach Hause gehen!Dr. Haben Sie sich jemals Gedanken darüber gemacht, was wohl aus einemMenschen wird, wenn er stirbt?G. Ich bin nicht tot, ich bin doch bloß eingeschlafen.Dr. Das war der Todesschlaf.G. Ich habe solange geschlafen, daß mein Haar schon ganz lang gewachsenwar, als ich wieder erwachte.Dr. Nicht nur Ihr Haar war gewachsen, sondern Sie hatten auch Frauenkleideran. Wo hatten Sie diese <strong>den</strong>n her?G. Und trotz alledem bin ich nicht tot!Dr. Sie haben Ihren sterblichen Körper verloren; und wenn man <strong>den</strong> verliert, sogilt man eben als tot.G. Wenn ich tot wäre, wäre ich doch ins Grab gekommen und müßte dort biszum jüngsten Tage liegen. Da bleibt man doch, bis Gabriel seine Posaunebläst!Dr. Das ist nur Aberglaube. Sie waren nur zu bequem, über die Geheimnissedes Lebens ernsthaft nachzu<strong>den</strong>ken.G. Ich war dahin belehrt wor<strong>den</strong>, daß ich nach dem Tode in <strong>den</strong> Himmelkäme, wenn ich an Gott und Christus glaubte, und daß Christus für unsereSün<strong>den</strong> gestorben sei.Dr. Warum sind Sie <strong>den</strong>n nun nicht in <strong>den</strong> "Himmel" gegangen, als Sie gestorbenwaren? Für die Er<strong>den</strong>welt sind Sie verstorben; Sie sind wohl hier, dochkönnen wir Sie nicht sehen. Ich sehe nur <strong>den</strong> Körper meiner Frau!G. Ich habe Ihre Frau nie gesehen, und ich kenne sie gar nicht.Dr. Haben Sie jemals etwas von Medien gehört?G. Ja, aber ich glaube nicht daran.— 131 —


Dr. Sie sprechen jetzt durch ein Medium. Sie behaupten doch, Sie seien einMann, und <strong>den</strong>noch sprechen Sie durch <strong>den</strong> Körper einer Frau.G. Lügen, nichts als Lügen!Dr. Es ist aber doch wahr. Sie haben ja auch Frauenkleider an und haben dochselbst schon gemerkt, daß es mit Ihrem gegenwärtigen Zustande einebesondere Bewandtnis haben muß. Wahrscheinlich wissen Sie gar nicht,daß Sie in Los Angeles in Kalifornien sind.G. Nein, da bin ich auch nicht.Dr. Wo sollten Sie <strong>den</strong>n sein?G. Ich war einige Zeit auf der Wanderschaft.Dr. Sehen Sie sich doch mal Ihre Hände an; das sind doch nicht die Ihrigen.G. Ich habe Sie mein Lebtag nie gesehen, bevor Sie mir diese Elektrizität in<strong>den</strong> Leib jagten. Ich möchte Ihnen ja am liebsten mal gehörig eine r<strong>unter</strong>hauen.Was wür<strong>den</strong> Sie wohl sagen, wenn Sie mal einer so mit Elektrizitätbear<strong>bei</strong>tete? Das geht einem ja durch und durch. Sie haben ja keineAhnung, wie das weh tut. Solchen Unsinn mache ich jetzt nicht mehr mit.Ich habe es mir lange genug gefallen lassen, dann bin ich aber auf unddavon; und als ich fortging, kriegte mich ein großer Indianer zu fassen(Geist) und sperrte mich in ein Gefängnis. Nach einer Weile kam ich wiederfrei und bin dann hierher gekommen.Dr. Sie haben eine Frau belästigt, die unsere Patientin ist. Dieser Krankenhaben wir elektrische Behandlung gegeben und Sie dadurch aus ihr vertrieben.G. Was ist <strong>den</strong>n eigentlich mit mir los, ich fühle mich so beengt.Dr. Können Sie <strong>den</strong>n immer noch nicht begreifen, daß Sie sich in einer rechteigenartigen Lage befin<strong>den</strong>? Sie sind vermutlich ein großer starker Manngewesen und fühlen sich beeng, weil Sie augenblicklich in einem Körperstecken der kleiner ist, als Ihr eigener irdischer Körper war. Weshalbgebrauchen Sie nicht Ihren Verstand und lernen aus <strong>den</strong> Tatsachen?G. Da ist nichts zu lernen.Dr. Es ist wahrscheinlich schon lange her, daß Sie Ihren Körper verlorenhaben. Welches Jahr haben wir?G. Ich habe sehr lange und gut geschlafen und kann das daher nicht wissen.Dr. Sollte Ihr sonderbarer Zustand Sie nicht veranlassen, Fragen zu stellen?Wir können Sie nicht sehen, wir können Sie nur sprechen hören.G. Was hat es für einen Sinn, mit jemandem zu sprechen, <strong>den</strong> man nicht sieht?Dr. Diese Dame ist ein Medium; und Sie sind ein Geist und sprechen durch <strong>den</strong>Körper dieser Dame.G. Das glaube ich Ihnen nicht.Dr. Das hier ist der Körper meiner Frau. Sind Sie <strong>den</strong>n meine Frau, die zu mirspricht?G. Ich bin nicht Ihre Frau, ich bin ein Mann.Dr. Ich habe Sie aus jener Frau vertrieben, die Sie besessen machten. Sie habendie Arme veranlaßt, sich wie eine Irrsinnige zu benehmen! Wie sind Sie<strong>den</strong>n hierher gekommen?— 132 —


G. Ja, das sagen Sie mir mal.Dr. Sie sind ein unsichtbarer Geist, sind sich aber gar nicht klar darüber, daßSie verstorben sind. Die Dame, welche Sie belästigt haben, war gerade ineinem nervösen Erschöpfungs-Zustande und daher für geistige Beeinflussungbesonders empfänglich. Da kamen Sie mit ihr in Berührung undmachten sie besessen. Und so haben Sie die Dame veranlaßt, viele tolleVerrücktheiten zu begehen. Was <strong>den</strong>ken Sie von solcher Handlungsweise?G. Ich möchte nicht gerade behaupten, daß das eine große Hel<strong>den</strong>tat wäre,aber ich kenne diese Dame ja nicht einmal.Dr. Sie haben sie veranlaßt, sich das Haar abzuschnei<strong>den</strong> und fortzulaufen.G. Was sollte ich mit langem Haar? Ich hatte mich schlafen gelegt, und als ichaufwachte, war mein Haar zu lang gewor<strong>den</strong>, deshalb schnitt ich es ab, dasist alles.Dr. Es war doch aber das Haar der Frau, das Sie abgeschnitten haben.G. Es war zu lang.Dr. Das ging Sie doch nichts an, sondern war doch Sache der Frau. Drehen Sie<strong>den</strong> Spieß mal um. Angenommen, Sie hätten Ihren eigenen Körper nochund jemand anders schnitte Ihnen die Haare ab, — wäre Ihnen das wohlrecht?G. Nein, ganz und gar nicht; aber sie konnte es nicht ändern.Dr. Meinen Sie nicht, daß das recht rücksichtslos von Ihnen war?G. Ich weiß nicht. Sagen Sie mal, wenn ich gestorben hin, wie Sie behaupten,wie kommt es <strong>den</strong>n, daß ich weder im Himmel noch in der Hölle bin?Dr. Solche Orte gibt es nicht.G. Ich habe weder Gott oder Christus noch <strong>den</strong> Teufel gesehen, und <strong>den</strong>nocherzählen Sie mir, ich sei gestorben.Dr. Sie sind aber nicht tot!G. Oh, vor einer Weile sagten Sie doch, ich sei tot.Dr. Sie sind tot für die Welt.G. Sie haben gesagt, ich sei tot!Dr. Ich habe gesagt, Sie seien verstorben, wie man es nennt. Sie haben Ihrenirdischen Körper abgelegt.G. Sie sagten, ich wäre tot.Dr. Jetzt nehmen Sie doch endlich Vernunft an, sonst nehme ich Sie in meinZimmer und gebe ihnen nochmal eine or<strong>den</strong>tliche elektrische Behandlung.G. Ich habe kein Verlangen danach, das fühlt sich ja an, als ob man brennt!Dr. Wir wollten Sie ja nur aus der Kranken heraus haben, und das ist unsgelungen.G. Was ging Sie <strong>den</strong>n das an, wenn ich doch dort geblieben wäre?Dr. Wir wollten die Dame von Ihnen befreien.G. Sie hatten doch gar kein Recht, mich von ihr fortzutreiben.Dr. Meinen Sie, Sie hätten das Recht gehabt, sie besessen zu machen und ihrdas Leben zu stören?G. Der Mensch muß doch einen Platz haben, um zu leben.— 133 —


Dr. Angenommen, es wäre Ihre Mutter, und ein selbstsüchtiger Geist würde siebesessen machen, so daß sie sich wie eine Irrsinnige benähme; wür<strong>den</strong> Siedas in der Ordnung fin<strong>den</strong>?G. Ich war nicht irre und habe sie auch nicht irrsinnig gemacht.Dr. Es war doch aber von ihrer Seite eine Wahnsinnstat, daß sie sich die Haareabschnitt und davonlief.G. Wie würde Ihnen das wohl behagen, wenn Sie als Mann mit langem Haarherumgehen sollten?Dr. Der Körper und auch das Haar gehörten aber doch der Dame und nichtIhnen. Jetzt sind Sie aus dem Körper der Dame vertrieben wor<strong>den</strong> undmüssen nun Ihre Haltung ändern. Wenn Sie sich jetzt nicht selbst ein bißchenMühe geben, wer<strong>den</strong> Sie in ein Gefängnis gesperrt. Sie erwähnten jaeben erst, daß ein Indianer Sie festgenommen habe; Sie sollten lieber vorsichtigsein, sonst nimmt Sie wieder ein Indianer fest.G. Ich werde mich schon zur Wehr setzen, wenn er das tut.Dr. Hören Sie jetzt mal gut zu. Meine Frau ist ein Medium und erlaubt solchenGeistern, wie Ihnen, ihren Körper zu benutzen, um ihnen ihre Lage begreiflichzu machen. Sie genießen hier ein großes Entgegenkommen und solltendas zu würdigen wissen! Tausende von Geistern wür<strong>den</strong> froh sein, wennsie in diesem Augenblick an Ihrer Stelle waren. Sie haben doch selbstgemerkt, daß Sie sich in einem recht merkwürdigen Zustande befin<strong>den</strong>.Vielleicht sind auch einige von Ihren Verwandten hier. Die wer<strong>den</strong> Siedann schon mit in die Geisterwelt nehmen. Sie müssen sich nur verständigbenehmen, gut zuhören und vernünftig sein.G. Was soll ich tun?Dr. Sie müssen begreifen, daß es eine Geisterwelt gibt, und daß Sie sich bemühenmüssen, dorthin zu gelangen.G. Sie meinen <strong>den</strong> Himmel?Dr. Das Himmelreich ist in uns selber.G. Glauben Sie nicht, daß Christus für unsere Sün<strong>den</strong> gestorben ist?Dr. Für die meinigen nicht. Merken Sie nicht, daß <strong>bei</strong> diesem Glauben etwasfehlt? Jesus hat uns gelehrt, wie wir das Leben aufzufassen haben; er istnicht für jedermanns Sün<strong>den</strong> gestorben! Diejenigen, die da glauben, Christussei für ihre Sün<strong>den</strong> gestorben, haben seine Lehren nicht richtig verstan<strong>den</strong>.Es ist geradezu eine Sünde gegen Gott, solch eine Lehre zu verbreiten.Wäre sie wahr, so hieße das doch, Gott habe einen Irrtum begangen undhabe sich nun genötigt gesehen, für einen Vermittler zu sorgen, als Sühneopferfür seinen Mißgriff. — Nun, Freund, müssen Sie meine Frau verlassenund auch die andere Dame in Ruhe lassen.G. Wovon sprechen Sie? Ich habe doch Ihre Frau noch nie gesehen.Dr. Sie benützen vorübergehend <strong>den</strong> Körper meiner Frau. Sehen können wirSie nicht. Wenn Sie jetzt aber nicht bald zur Vernunft kommen, wer<strong>den</strong> wirSie gewaltsam entfernen müssen, und dann wer<strong>den</strong> Sie in der "äußerstenFinsternis" sein, von der in der Bibel die Rede ist.— 134 —


G. Das ist aber nicht recht vom lieben Gott, mich so zu behandeln, wie er esgetan hat. Ich habe gebetet und gebetet und immer wieder gebetet. Ich binin die Kirche gegangen und habe eine Menge Geld an die Kirche bezahlt,weil man mir sagte, wenn ich kein Geld gäbe, würde ich geradewegs in dieHölle kommen nach meinem Tode. Ich habe gedacht, wo ich mein Geldbezahlt habe, würde ich dafür doch auch was bekommen.Dr. Was hat Christus gesagt? "Gott ist Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihnim Geist und in der Wahrheit anbeten." — Gott ist Geist, nicht ein Geist.Die Bibel sagt: "Gott ist <strong>Liebe</strong>, und wer in der <strong>Liebe</strong> bleibet, der bleibt inGott. — Wo wollen Sie einen solchen Gott suchen, als in Ihnen selber? —"Ihr seid Tempel Gottes, und der Geist Gottes wohnt in euch." Was ist derHimmel? Er ist ein Glückszustand Ihrer Seele, <strong>den</strong> Sie erreichen, wenn Sie<strong>den</strong> Zweck des Lebens erfaßt haben.G. Ist der Himmel nicht eine Örtlichkeit? In der Bibel wird je<strong>den</strong>falls so davongesprochen; es soll doch im Himmel goldgepflasterte Straßen geben; ist dasnicht so?Dr. Das ist, wie so viele andere Schilderungen in der Bibel, ein bildlicher Ausdruckfür die großen Lebenswahrheiten.G. Sie sagten eben, Jesus sei nicht für Ihre Sün<strong>den</strong> gestorben. Was glauben Sie<strong>den</strong>n?Dr. Ich weiß, daß wir alle geistige Wesen sind, doch in sterbliche Körpergekleidet, solange wir auf Er<strong>den</strong> leben. Sind wir uns dessen bewußt, wennwir unseren irdischen Körper verlassen, dann erwachen wir jenseits auchnicht in der Finsternis, <strong>den</strong>n dann sind unsere geistigen Augen offen, undhöhere Geister helfen uns bereitwillig, in der geistigen Welt vorwärts zukommen. Einige verstorbene gute Freunde von Ihnen sind vielleicht geradehier. — Wird Ihnen nicht allmählich klar, daß eine Veränderung mit Ihnenvorgegangen ist?G. Ich kann besser sprechen als bisher. Sie sagten, ich spräche durch IhreFrau, wie ist <strong>den</strong>n das möglich?Dr. Meine Frau ist ein Medium und darin geübt, Geister durch ihren Körpersprechen zu lassen; höhere Geister haben Ihnen gestattet, Besitz von ihr zunehmen. — Sie wer<strong>den</strong> jedoch nicht mehr lange bleiben können.G. Ich <strong>den</strong>ke doch, ich werde hier bleiben. Es geht mir ja viel besser. Ich fühlemich jetzt recht wohl.Dr. Sie wer<strong>den</strong> sich noch wohler fühlen, wenn Sie erst mal die wunderbarenZustände in der geistigen Welt kennen gelernt haben. Sie müssen wer<strong>den</strong>wie ein Kind, dann können Sie in das Himmelreich eingehen. Glauben Sienicht nur, sondern suchen Sie auch zu verstehen! — Wie heißen Sie?G. Eduard.Dr. Und Ihr anderer Name?G. Den weiß ich nicht mehr.Dr. Wo haben Sie gelebt? Wissen Sie, daß Sie in Los Angeles in Kaliforniensind? Wissen Sie, welches Jahr wir haben?G. Nein, das weiß ich nicht.— 135 —


Dr. Warum wissen Sie das nicht?G. Ich habe kein Gedächtnis; ich kann gar keinen klaren Gedanken fassen; ichweiß gar nichts mehr. (Die Beobachtung solcher Verwirrungszustände legtdie Vermutung nahe, daß der Gedächtnisschwund <strong>bei</strong> gewissen Krankenwahrscheinlich in Besessenheit durch verwirrte Geister seine Ursache hat.)Dr. Daher befan<strong>den</strong> Sie sich auch in der äußersten Finsternis, irrten umher undgerieten in die Aura jener Dame, machten sie besessen und veranlaßten siezu irrsinnigen Handlungen.G. Ich wollte ein gutes, ruhiges Heim haben.Dr. Ist das aber recht, solch ein Unglück über einen Menschen zu bringen, wieSie es getan haben?G. Wenn man lange im Dunkeln wandert und sieht endlich ein Licht, dannbleibt man gern dort.Dr. Das ist nicht die richtige Art Licht; was Ihnen not tut, ist das Licht geistigerEinsicht und Erkenntnis.G. Dann meinen Sie wohl, ich solle in die Kirche gehen und singen, zu Gottbeten und in der Bibel lesen?Dr. Haben Sie sich jemals ernsthaft mit der Entstehungsgeschichte der Bibelbeschäftigt, und wissen Sie, wer sie geschrieben hat?G. Es ist ein von Gott inspiriertes Buch.Dr. Gott hat die Bibel nicht geschrieben, sie ist Menschenwerk.G. Wer hat die Bibel <strong>den</strong>n geschrieben?Dr. Sie ist während verschie<strong>den</strong>er Zeitperio<strong>den</strong> aus vielen Quellen zusammengetragenwor<strong>den</strong>, hauptsächlich zu dem Zweck, die Menschen in Zucht zuhalten durch die Furcht vor dem Teufel und die Androhung von Höllenstrafen.Die Bibel ist eine Sammlung von Dichtungen, Geschichtsberichten,sinnbildlichen Erzählungen und Philosophie, und enthält sowohl Widersprücheals auch Wahrheiten.Aber die Menschheit glaubt, jedes Wort der Bibel sei inspiriert, und bleibtda<strong>bei</strong>, daß sie wörtlich zu nehmen sei, anstatt nur das gelten zu lassen, waseinen vernünftigen Sinn hat.Die Bibel besagt, daß der "Buchstabe töte", aber "der Geist lebendigmache", und geistige Dinge … sind nur geistig wahrnehmbar. Darum istReligion ein Vorgang geistiger Erkenntnis. Die Lehren Christi enthaltenwunderbare Wahrheiten, aber die Kirche lehrt manches als historische Tatsache,was nur als Sinnbild gemeint sein kann; und durch Glaubenssatz,Lehrmeinung und Bekenntnisformeln ist die wirkliche geistige Bedeutungvielfach verdunkelt wor<strong>den</strong>.G. Glauben Sie, daß Gott die Erde in sechs Tagen erschaffen hat und am siebentenruhte?Dr. Nein, das ist nur sinnbildlich zu verstehen. Die sieben Tage sind Symboleder natürlichen Entwicklungsperio<strong>den</strong> der Erde. — "Gott ist Schöpfer undSchöpfung zugleich", wenn Gott ruhen würde, wäre alles aus! Wir solltendas Leben zu ergrün<strong>den</strong> suchen, wie es in Wahrheit ist, und uns nicht damitbegnügen, zu glauben, was uns gesagt wird. Nun ist es schon recht spät— 136 —


gewor<strong>den</strong>, und Sie können nicht länger bleiben. Sehen sie sich mal um, objemand hier ist, <strong>den</strong> Sie kennen.G. Oh! da ist meine Mutter! Es ist lange her, seit ich sie gesehen habe. Dennsie starb, als ich noch Kind war.Dr. Hören Sie auf sie, <strong>den</strong>n sie kann Ihnen helfen.G. Oh, Mutter, willst Du mich mitnehmen? Nimm mich mit, Mutter, ich bin somüde. Oh, Mutter, nimm mich mit Dir!Dr. Natürlich wird sie Sie mitnehmen, aber Sie müssen sich lossagen von allentörichten Vorstellungen und Vernunft annehmen.G. Lassen Sie mich gehen. (Steht auf und will fortgehen.)Dr. Sie müssen sich zu Ihrer Mutter hin<strong>den</strong>ken. Sie können diesen Körper nichtmitnehmen, weil er meiner Frau gehört. Jetzt <strong>den</strong>ken Sie sich, Sie wären<strong>bei</strong> Ihrer Mutter, dann sind Sie auch im nächsten Augenblick dort.G. Ich bin so müde und erschöpft — so müde! Lassen Sie mich mit meinerMutter mitgehen. Ich sehe, sie kommt wieder; vor einer Weile war sie fortgegangen.Dr. Jetzt gehen Sie nur mit Ihrer Mutter mit. Gott hat Ihnen Verstand gegebenzum Denken, und Sie müssen nun auch vernünftig sein und sich von IhrerMutter und anderen belehren lassen.G. Mutter sagt, ich solle Sie um Verzeihung bitten, daß ich so unfreundlichgewesen bin; sie sagt auch, ich solle die Dame um Vergebung bitten dafür,daß ich sie belästigt habe.Dr. Können Sie uns sagen, woher Sie kommen?G. Ich kann mich nicht darauf besinnen.Dr. Was meinen Sie, welches Jahr wir haben?G. Es müßte 1901 sein.Dr. Das war vor neunzehn <strong>Jahre</strong>n. Wer ist Präsi<strong>den</strong>t?G. Mc Kinley.Dr. Der wurde am 6. September 1901 angeschossen und starb am 14. — Jetzthaben wir 1920.G. Wo bin ich die ganze Zeit gewesen? Habe ich geschlafen? Im Winter 1901war ich schwer krank, und es fällt mir schwer, mich danach auf irgendetwas zu besinnen. Es war um Weihnachten, ich hatte mich erkältet undwar sehr krank.Dr. Wo waren Sie, als Sie krank wur<strong>den</strong>?G. Ich ar<strong>bei</strong>tete in <strong>den</strong> Wäldern. Ich war in einer Holzfällerstadt beschäftigtund fällte Holz. Ich erinnere mich, daß mich irgend etwas heftig auf <strong>den</strong>Kopf schlug; das ist alles, worauf ich mich besinnen kann. — Meine Muttersagt, mein Name sei Sterling; ja, das stimmt!Dr. Kann Ihre Mutter Ihnen sagen, wo Sie zu Hause waren, bevor Sie Holzar<strong>bei</strong>terwur<strong>den</strong>?G. Ich bin in Iowa geboren, sagt Mutter; aber als ich verletzt wurde, ar<strong>bei</strong>teteich in <strong>den</strong> Wäldern in Nord-Wisconsin. Sonst lebte ich in Iowa.Dr. Können Sie sich auf <strong>den</strong> Namen der Stadt besinnen?G. Nein, das kann ich nicht.— 137 —


Dr. Gut, Freund, nun versuchen Sie, <strong>den</strong> Sinn des Lebens zu erfassen und IhrenMitmenschen nützlich zu sein, anstatt ihnen zu scha<strong>den</strong>. Sie haben eineDame belästigt, und sie ist immer noch nicht ganz frei von Beeinflussungen.G. Ich war nicht der einzige, der sie gequält hat, da sind noch zwei andere, dieihr gerade so übel mitspielen, wie ich es getan habe.Dr. Wenn Sie erst mal so weit sind, daß Sie richtig Bescheid wissen, dann müssenSie der Dame helfen, wieder gesund zu wer<strong>den</strong>, und die anderen Geisteraus ihr herausholen.G. Ich will es versuchen, — Ich danke Ihnen, Leben Sie wohl!— — —In Spukhäusern treiben häufig Geister ihr Unwesen, in der Absicht, sich fürUnrecht zu rächen, das ihnen während ihres Er<strong>den</strong>lebens widerfahren ist.Als meine Frau und ich einmal zu Besuch in Wisconsin waren, hielten wir <strong>bei</strong>guten Freun<strong>den</strong> eine Sitzung ab. Da<strong>bei</strong> wurde meine Frau von dem Geiste einesMannes in Besitz genommen, der behauptete, er sei von dem Besitzer eines inder Nähe gelegenen Steinbruchs ermordet wor<strong>den</strong>, lebe aber immer noch in seinemHause neben dem Steinbruch.Er lächelte hämisch und sagte: "Er hat mich ermordet, aber ich räche mich! —Ich spuke <strong>bei</strong> ihm!"Wir erklärten dem Geiste, daß es doch ein höheres Leben gäbe; doch konnte ersich durchaus noch nicht bereitfin<strong>den</strong>, das Spuken aufzugeben. Er wollte voneinem Aufwärtsstreben nichts wissen und verschwand wieder.Unsere Freunde erzählten uns sodann, daß sie diesen Menschen im Lebengekannt hätten. Der Steinbruch habe vor 10 <strong>Jahre</strong>n drei Männern gehört. Einervon ihnen, der <strong>den</strong> Steinbruch gern für sich allein haben wollte, hatte dem zweitenBesitzer seinen Anteil abgekauft; aber der dritte Mann, der in dem Hauseneben dem Steinbruch lebte, weigerte sich, seinen Anteil zu verkaufen.Einige Tage später wurde der dritte Mann tot aufgefun<strong>den</strong>, und obgleich einBeweis dafür nicht zu erbringen war, hatte man in der ganzen Nachbarschaft <strong>den</strong>dringen<strong>den</strong> Verdacht, daß der erste Partner der Mörder sei.Während der nachfolgen<strong>den</strong> Zeit zeigte der Besitzer des Steinbruchs einen seltsamenWiderwillen, dort zu ar<strong>bei</strong>ten, und es ging das Gerücht, daß er von seinemermordeten Teilhaber verfolgt werde. Es wurde allgemein behauptet, daß esin dem Hause neben dem Steinbruch spuke, und als unsere Freunde vor einemJahr dorthin gefahren waren, um Beeren zu pflücken, hatten sie etwas ganzUngewöhnliches erlebt.Nachdem sie das Pferd in <strong>den</strong> leeren Stall gestellt hatten, fan<strong>den</strong> sie im Hofeinige Beeren und gingen in <strong>den</strong> Stall zurück, um sich einen Korb zu holen. Dafing das Pferd plötzlich an, wild zu schlagen und ängstlich zu wiehern. —Unsere Freunde blieben erschrocken stehen und hörten ein heiseres Lachen; und— 138 —


als sie sich umschauten, sahen sie einen grinsen<strong>den</strong> Menschen in der Tür desverlassenen Hauses stehen. — Es war der Mann, der vor einigen <strong>Jahre</strong>n umsLeben gekommen war; sie hatten ihn zu seinen Lebzeiten gekannt und erkanntenihn wieder. — Der Mann lachte und verschwand, und unsere Freunde ranntenzum Stall, zogen das Pferd heraus und fuhren eiligst davon.— — —Wir hatten eine ganze Reihe von Briefen erhalten von einer Frau G.G., welchein einem Dorfe im Staate New York wohnte; sie war ein Medium und Hellseherin,und ihr Haus wurde von einer ganzen Schar übler Geister heimgesucht.Sie schrieb uns, sie sei völlig gesund gewesen, als sie das Haus bezogen habe;doch bald danach sei sie von einem seltsamen Lei<strong>den</strong> befallen wor<strong>den</strong>. Siewerde von heftigen Schmerzen in Beinen und Armen gequält, und kein Arztkönne ihr hellen.Geister, welche behaupteten, ihre Führer zu sein, hätten ihr geraten, je<strong>den</strong>Abend eine Sitzung zu veranstalten; sie solle täglich eine halbe Stunde "sitzen",auf diese Weise könnten sie ihr helfen. Sie hätten ihr erklärt, sie werde gequältvon dem Geiste der Frau, welche das Haus erbaut habe, doch könne sie sich vonihr befreien, wenn eine bestimmte Freundin <strong>bei</strong> der nächsten Sitzung teilnehme.Diese Freundin war auch zu der Sitzung erschienen, und die Geister hattengesagt, die Verstorbene würde mit dieser Frau fortgehen. Als die letztere wiederzu Hause angekommen war, war sie von dem gleichen Übel befallen wor<strong>den</strong>,an dem Frau G.G. gelitten hatte, während Frau G.G. davon befreit war.Aber Störungen verschie<strong>den</strong>er Art hörten im Hause nicht auf; sogar im Obstgartenging es um, und man hörte Geister sprechen. Frau G.G. könne nicht amLeben bleiben, wenn sie dort wohnen bliebe, <strong>den</strong>n sie brächten je<strong>den</strong> um, der indies Haus käme.Die G's verkauften das Haus und zogen fort, ohne <strong>den</strong> Käufern etwas von ihrenunheimlichen Erlebnissen zu erzählen. Die neuen Eigentümer nahmen Besitzvon dem Hause, und die Mutter, eine ältere Dame, ging am ersten Abend ganzwohl zu Bett; aber gleich darauf rief sie um Hilfe. Zwei Männer seien in ihrZimmer gekommen und hätten gedroht, sie zu töten; und bevor der Morgenkam, war sie tot!Frau G.G. jedoch hatte weiter ihre Sitzungen abgehalten, es war ihr aber nichtgelungen, sich von dem geistigen Einfluß freizumachen. So schrieb sie schließlichan uns und bat uns um Hilfe."Hier ist niemand, zu dem ich gehen oder an <strong>den</strong> ich mich halten könnte. Ichhabe mich schon der Neu-Geist-Gesellschaft angeschlossen, um Hilfe zu fin<strong>den</strong>.— Die behaupten ja, Wellen auszusen<strong>den</strong>, aber ich habe mich auf diese Wellennicht einstellen können. Keiner betet ernsthafter um Hilfe als ich oder versuchtgewissenhafter, das Rechte zu tun. Sagen Sie mir, wenn Sie es können, wie ichdiesen Einfluß loswer<strong>den</strong> kann!"— 139 —


Bei der nächsten Sitzung stellten wir uns mit unseren Gedanken auf die Dameund auf das Haus ein. Da wur<strong>den</strong> von <strong>bei</strong><strong>den</strong> her eine Ganze Anzahl Geister zuuns gebracht.Einer der ersten erklärte, er wisse nichts davon, daß er Frau G.G. besessenmache. Ein anderer Geist war Harry Harris, der seine Frau so brutal mißhandelthatte, daß sie sich erschoß. Wie er selbst ums Leben gekommen ist, haben wirnicht erfahren. Er behauptete steif und fest, er sei nicht tot, sondern lebe ineinem alten Hause mit einer Rotte Banditen (Geister), und sie brächten je<strong>den</strong>um, der sich erdreiste, in ihr Hans zu ziehen.An einem andern Abend wur<strong>den</strong> vier Geister aus dem Spukhause zu unsgebracht; zuerst zwei Frauen, dann "Pete", der in seinem Leben ein geschickterTaschendieb gewesen war, und eine Frau namens Käthe, die, von Pete ermordet,ihn seitdem beständig verfolgte.Um sich zu verstecken, hatte Pete sich zusammen mit andern in ein Hauszurückgezogen, das nur ihnen "gehöre", und in dem kein anderer etwas zusuchen habe. — "Wir bringen je<strong>den</strong> um, der da herein kommt", sagte er, als erdurch meine Frau sprach.Er gab zu, Frau G.G. belästigt zu haben. "Ich blieb <strong>bei</strong> ihr, um mein Essen zuhaben", sagte er.Während Pete sprach, nahm Käthe Besitz von einem andern Medium, welchesan unserer Sitzung teilnahm. Da bekam Pete einen Hei<strong>den</strong>schreck, währendKäthe ihrerseits auch vor ihm davonlaufen wollte. Jeder hielt <strong>den</strong> andern für einGespenst und keiner war sich bewußt, daß er in einem Medium stecke.Es dauerte eine ganze Weile, bis sie begriffen, daß sie ja <strong>bei</strong>de verstorben seien.— Schließlich sank Pete in die Knie und bat Käthe, ihm zu verzeihen. — Daraufversöhnten sie sich und gingen dann fort, mit dem Versprechen, sich zu bessern.Später schrieb uns Frau G.G., daß sie sich außeror<strong>den</strong>tlich erholt hätte.— — —Eine dringende Bitte um Hilfe veranlaßte meine Frau und mich, Herrn und FrauC. in ihrem Hause in Pasa<strong>den</strong>a zu besuchen, wo Klopfen und Poltern die Familieallnächtlich stun<strong>den</strong>lang wachhielt.Herr C. hatte das Haus von <strong>den</strong> Kindern einer älteren Dame gekauft, welche voreiniger Zeit gestorben war. (Eine Tatsache, die uns erst später bekannt wurde.)Das Haus war auf das Grundstück des Herrn C. versetzt und dort umgebaut wor<strong>den</strong>.Die C's hatten es dann bezogen und wur<strong>den</strong> nun durch Geräusche aller Artgestört. Jede Nacht zwischen zwölf und vier Uhr wurde die Tür eines Kabinettszwischen zwei Schlafräumen laut geschüttelt und gerüttelt, und hielt Klopfenund Krachen die Familie wach.Während wir in einem dieser Zimmer des C'schen Hauses saßen und über dieAngelegenheit sprachen, kam meine Frau ganz unerwartet <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Einfluß— 140 —


eines Geistes, welcher über starkes Rheuma klagte und die C's mit heftigen Vorwürfenbestürmt; wie sie dazu kämen, in "ihrem" Hause zu wohnen."Dies ist mein Haus", erklärte der Geist sehr bestimmt, und diese Leute habennichts darin zu suchen! Ich werde sie hinaus jagen!"Der betreffende Geist erwies sich als die frühere Besitzerin des Hauses unddurch nachträgliche Erkundigungen erhielten wir die Bestätigung, daß sie anschwerem Rheumatismus gelitten habe.Sie konnte nicht begreifen, daß sie tot sei, sondern blieb da<strong>bei</strong>, sie lebe undwohne noch in ihrem Hause, wenn auch von Eindringlingen belästigt."Wenn ich tot bin, warum bin ich dann nicht im Himmel?" fragte sie.Der Erfolg unserer vielfachen Erklärungen war dann schließlich doch der, daßsie zur Einsicht kam und reumütig das Feld räumte. — Einige Monate späterschrieb uns Herr C. und berichtete, daß alle Ruhestörungen in ihrem Hause völligaufgehört hätten.— — —Daß <strong>bei</strong> Störungen des häuslichen Frie<strong>den</strong>s oft Geister eine gewichtige Rollespielen und manches Familienleben zerrütten, dafür haben wir zahlreicheBeweise.Frau Sl. wurde als Kranke aus einem der Nord-Staaten zu uns gebracht. Sie wardie zweite Frau eines Farmers in Dakota. Nach der Geburt ihres ersten Kindeshatte sich <strong>bei</strong> ihr ein krankhafter Wandertrieb entwickelt, der sie veranlaßte, völligziellos davonzulaufen. Wenn sie dann zurückgebracht und nach Grün<strong>den</strong> fürihr Fortlaufen gefragt wurde, konnte sie nur unbestimmte Antworten geben,behauptete aber immer, ihr Gatte, ein solider, zuverlässiger Farmer, sei ihruntreu.Als der Besessenheits-Geist von dieser Kranken auf meine Frau übertragenwurde, fand es sich, daß es niemand anders war, als die erste Frau, welchehöchst aufgebracht ihren Gatten beschuldigte, ihr untreu zu sein, und sagte, siesei fest entschlossen, sich ihrer "Nebenbuhlerin" zu entledigen.Nach dem Ablegen ihres irdischen Körpers war sie weiter auf der Farm geblieben,<strong>den</strong>n sie war sich ihres Todes nicht bewußt gewor<strong>den</strong> und begriff daherauch nicht, daß ihre "Nebenbuhlerin" die zweite Frau ihres Mannes war.Nachdem wir ihr durch geeignete Erklärungen zur richtigen Einsicht verholfenhatten, verließ uns die Verstorbene, und Frau Sl., nun wieder ganz Herr ihrerselbst, konnte als genesen nach ihrem Heim in Dakota zurückkehren.— — —Ein ganz ähnliches Erlebnis hatten wir mit einem Bekannten von uns, einemHerrn, dessen erste Frau gestorben war und ihm ein Söhnchen hinterlassen hatte.Später heiratete er wieder; aber nicht lange danach bemerkten wir, daß dasFamilienleben sich unglücklich gestaltete. Und eines Sonntag-Morgens erreichte— 141 —


das Unglück seinen Höhepunkt, als die zweite Frau in heller Empörung dasHaus verließ.Der Ehemann kam ganz verzweifelt zu uns und brachte auch seinen kleinen Jungenmit. Obgleich sie uns vorher nie besucht hatten, blieben sie mehrere Stun<strong>den</strong>.Am Abend kam der Junge noch einmal zu uns, und während meine Frausich mit ihm und einigen Freun<strong>den</strong> <strong>unter</strong>hielt, kam sie <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Einfluß einesweiblichen Geistes. Diese Verstorbene sagte, sie sei die Mutter des Jungen. Siewußte nicht, daß sie gestorben war und verlangte sehnlichst, ihren kleinen Sohnzu streicheln, indem sie sagte: "Ich will meinen Jungen! — Ich will meinen Jungen!"Dann brach sie in eifersüchtige Beschuldigungen gegen ihre Nachfolgerin ausund erklärte, sie werde diese aus dem Hause jagen."Heute Morgen habe ich sie schon einmal fortgejagt" frohlockte sie.Auch ihr konnten wir schließlich ihre wahre Lage klarmachen; und in ehrlichemBedauern über das Unheil, welches sie angerichtet hatte, versprach sie, alles zutun, um die Familie schadlos zu halten.Die zweite Frau kam dann auch wieder nach Haus, und in <strong>den</strong> zehn <strong>Jahre</strong>n, dieseit dieser Besessenheit vergangen sind, sind keine weiteren Störungen in derFamilie vorgekommen.— — —Fräulein L. war die junge Braut eines Witwers, welcher früher mit einer Frau indemselben Hause gewohnt hatte, in dem die junge Dame lebte. — Die <strong>bei</strong><strong>den</strong>Damen waren eng befreundet.Die Frau war ganz plötzlich gestorben, und einige Zeit nach ihrem Tode Verlobteder Herr sich mit der jungen Dame. Bald danach traten <strong>bei</strong> letzterer geistigeStörungen auf, die sich beständig verschlimmerten.In ihrem normalen Zustande hatte sie <strong>den</strong> Mann sehr hoch geschätzt, aber als siezu uns kam, hatte sie eine lebhafte Abneigung gegen ihn und versicherte, siewolle lieber sterben, oder in eine Irrenanstalt gehen, als ihn heiraten. Sie hattemehrere Selbstmordversuche gemacht, schien aber jedesmal im letzten Augenblicknoch wieder zur Besinnung gekommen zu sein und hatte um Hilfe gerufen.Zu der Zeit, als die Kranke in unsere Heilanstalt kam, gewahrte meine Frau hellsehend<strong>bei</strong> ihr <strong>den</strong> Geist einer ausgesprochen brünetten Frau, welche dieKranke, die selbst ganz blond war, besessen machte. Dieser Geist war mit derKranken so eng verbun<strong>den</strong>, daß es infolge der Vermengung der <strong>bei</strong><strong>den</strong> Wesen,meiner Frau schwer war, zu entschei<strong>den</strong>, ob die Kranke blond oder dunkel sei.Nach dem, wie meine Frau <strong>den</strong> Geist beschrieb, erkannten die Mutter der Krankenund ihr Verlobter in ihm die verstorbene erste Gattin des Mannes.Die Kranke erwies sich als sehr halsstarrig; Schreianfälle wechselten mit hartnäckigem,stumpfem Brüten, und man durfte sie keinen Augenblick allein lassen.— 142 —


Sie erklärte selber, irre zu sein, und begegnete allen unseren Erm<strong>unter</strong>ungen undTröstungen, daß sie bald wieder gesund sein werde, mit ablehnendem Spott. Sieblieb da<strong>bei</strong>, sie wolle sterben; <strong>den</strong>n wenn sie leben bliebe, müßte sie ja "diesen"Mann heiraten.Eines Tages fiel sie während einer Behandlung in eine Art Halbschlaf, und einfremdes Geistwesen tat sich durch sie kund mit <strong>den</strong> sehr entschie<strong>den</strong> gesprochenenWorten: "Er soll sie nie heiraten! Er soll sie niemals haben! Ich will sie insIrrenhaus treiben, oder ich bringe sie um, aber er soll sie niemals haben!"Unmittelbar darauf sprach der Geist eines Kindes in der Weise, als ob es seineMutter in Schutz nehmen und verteidigen wolle. Die Schwester der Kranken,welche zugegen war, erkannte in ihm <strong>den</strong> verstorbenen dreizehn <strong>Jahre</strong> altenSohn der ersten Frau.Die Krisis trat einige wenige Tage später ein. Die Kranke war ungewöhnlicheigensinnig und widerspenstig und sehr unverschämt gegen ihren Verlobtengewesen, als er sie besucht hatte. Nach einer kräftigen elektrischen Behandlungwurde sie jedoch ruhig und schlief in der Nacht gut.In dieser Nacht wurde aber meine Frau stark beunruhigt durch einen Geist, dersie bis um vier Uhr morgens mit seiner Gegenwart belästigte, danach dann völligvon ihr Besitz nahm und sich als die erste Frau jenes Mannes zu erkennengab.Es kostete mich recht beträchtliche Anstrengung, die Verstorbene zum Re<strong>den</strong> zubringen; und nur mit großer Schwierigkeit gelang es, sie von ihrer wirklichenLage zu überzeugen, daß sie ein Geist sei und gegenwärtig im Körper meinerFrau stecke. — Sie erhob heftige Vorwürfe gegen ihren Gatten und unsereKranke, weil diese <strong>bei</strong><strong>den</strong> sie hintergingen, und wiederholte ihre Drohungengegen das Mädchen."Ins Irrenhaus soll sie, oder ich bringe sie um!" — erklärte sie.Es bedurfte ausgedehnter Beweisführung und der Aufbietung aller Überredungskunst,um die Verstorbene dahin zu bringen, daß sie ihr Verhalten bereute. Aberschließlich gelang dies doch.Auf die Frage, ob ihr Sohn <strong>bei</strong> ihr sei, sagte sie, sie sehe ihn manchmal; aber ersei doch tot, und sie wollte daher nichts mit ihm zu tun haben. Wir drangen insie, doch die junge Frau, welche sie so gequält hatte, zu verlassen, und mit anderenGeistern zu einem höheren Dasein aufzusteigen. Da<strong>bei</strong> stellte es sich heraus,daß sie gar keine Ahnung davon hatte, daß es ein höheres Dasein gebe. Obgleichvon Reue erfüllt, wollte sie doch lieber in der Er<strong>den</strong>sphäre bleiben, ließ sichaber schließlich doch zu der Zusage bewegen, fortzugehen und die Kranke nichtmehr belästigen zu wollen. Dann fühlte sie sich schließlich schwach underklärte, sie müsse sterben. (Diese Empfindung tritt häufig auf, wenn Geisterendlich ihre wirkliche Lage erkennen; manchmal machen sie auch wieder ganzdieselben körperlichen Zustände durch, <strong>unter</strong> <strong>den</strong>en sie <strong>bei</strong> ihrem Tode ihreneigenen irdischen Körper verlassen haben.)— 143 —


Kälteschauer und Hustenanfälle machten das Maß ihres Elends voll, und nacheinem qualvollen vermeintlichen Todeskampfe verließ uns die Verstorbene. Eswaren dieselben Erscheinungen, <strong>unter</strong> <strong>den</strong>en die erste Frau s. Zt. an Lungenentzündunggestorben war, wie ihr Gatte und die Mutter unserer Kranken nachihrer Beobachtung versicherten.Danach erholte die Kranke sich schnell und konnte bald aus unserer Heilanstaltentlassen wer<strong>den</strong>. Sie ist jetzt ganz gesund und glücklich verheiratet.— — —Ein ganz besonderer Fall war der des Herrn Mc., der in Chikago ein ganzbekannter Mann war und dessen Familie in der vornehmen Gesellschaft inhöchstem Ansehen steht.Dieser Mann war plötzlich in seinem Benehmen sehr eigenartig gewor<strong>den</strong>. Ermied die Familie und erklärte seiner Frau und seinen Verwandten, er habe dieAbsicht, sein Leben fernerhin auf einer höheren Ebene zu führen, und wollenichts mehr mit ihnen zu tun haben. Dann packte er eines Tages seinen Kofferund verließ das Haus, um in einem kleinen Zimmer, welches er sich im ärmstenStadtviertel gemietet hatte, zu hausen.Wir hatten diesen Herrn nie gesehen, aber eine Verwandte von ihm, die vonunserer Heilweise wußte, bat uns, wir möchten uns doch <strong>bei</strong> unserer nächstenZirkelsitzung auf ihn konzentrieren. Das taten wir <strong>den</strong>n auch, und es wurde unsein Geistwesen gebracht, das von meiner Frau Besitz nahm. Mehrmals darumgebeten, nannte es seinen vollen Namen und gab an, die erste Frau des HerrnMc. zu sein. Dann erzählte sie ihre Geschichte.Kennen gelernt hätte sie Herrn Mc. auf der Weltausstellung. Sie hätten dannzunächst eine Zeitlang zusammen gelebt, ohne in aller Form eine Ehe zu schließen,bis seine Verwandten dahintergekommen waren und darauf drangen, daßsie heirateten. Damit war das Mädchen ganz in die Gesellschaft aufgenommenwor<strong>den</strong>, hatte sich jedoch gegen <strong>den</strong> Formenzwang des gesellschaftlichenLebens aufgelehnt und <strong>bei</strong> ihrer leichtfertigen und unsteten Natur in dieser Ehekein Glück fin<strong>den</strong> können.Schließlich hatte sie ihren Mann verlassen und war nach der "West-Seite" gezogen,wo sie in ein übel berüchtigtes Haus eintrat. Obgleich sie doch manchmaldas Törichte ihres Verhaltens bedauerte, blieb sie <strong>bei</strong> ihrem Lebenswandel,wurde Morphinistin und endete zuletzt durch Selbstmord.Nach ihrem Tode war sie zu ihrem Manne zurückgekehrt; und als er wieder heiratete,fühlte sie sich tödlich gekränkt und brachte ihn durch ihren Einflußschließlich dazu, daß er Frau und Kind verließ und in das Viertel zog, wo siesich heimischer fühlte.Wir überzeugten sie davon, welch schweres Unrecht sie auf diese Weise durchBeeinflussung ihrem früheren Gatten angetan; und nachdem wir ihr hattenbegreiflich machen können, was für eine Entwicklung ihrer in der geistigen Welt— 144 —


warte, versprach sie, das Feld zu räumen, in dem Wunsche, selbst in glücklichereVerhältnisse zu gelangen.Als wir danach die Verwandte des Herrn Mc. wiedersahen, die uns darum gebetenhatte, uns seiner anzunehmen, erzählten wir die Geschichte, die uns derGeist berichtet hatte. — Sehr erstaunt gab sie zu, daß alles bis ins Einzelne wahrsei; auch der angegebene Name stimme, und Herr Mc. sei früher tatsächlichschon einmal verheiratet gewesen, doch habe man diese unglücklicheGeschichte in der Familie als peinliches Geheimnis behandelt und darum nieerwähnt.Später berichtete sie uns, daß Herr Mc. normal und gesund nach Hause zurückgekehrt sei und wieder glücklich mit Frau und Kind lebe.*— 145 —


Geister und VerbrechenSchlechte Gewohnheiten, Lei<strong>den</strong>schaften und Süchte wurzeln in der Seele undbleiben Eigentümlichkeiten jedes Einzelmenschen, auch nachdem er seinen irdischenLeib abgelegt hat, bis er sie durch eigene Willenskraft überwun<strong>den</strong> undausgemerzt hat.Die Geister vieler Verbrecher und Mörder, die hingerichtet wor<strong>den</strong> sind und sichrächen wollen, halten sich unendlich lange in der Erdsphäre auf, gewöhnlich eifrigdarauf bedacht, ihr verbrecherisches Tun fortzusetzen, indem sie Menschen,welche aufgrund einer besonders hohen Empfindlichkeit leicht ihrem Einflußerliegen, in ihre Gewalt bringen und deren Körper zum Werkzeug ihrer bösenAbsichten machen.In vielen Fällen aufsehenerregender Morde würde durch nähere Nachforschungder klare Beweis dafür zu erbringen sein, daß diese Verbrechen <strong>unter</strong> dem Einflußentkörperter Geister, von völlig unschuldigen Personen begangen wor<strong>den</strong>sind, die nur in der Besessenheit, also <strong>unter</strong> dem Zwange eines frem<strong>den</strong> Willens,zu Mördern wur<strong>den</strong>.So ist z.B. kaum ein Zweifel daran möglich, daß der Mord an Stanford Whitedurch Harry K. Thaw im <strong>Jahre</strong> 1906, im Madison Square Roof Gar<strong>den</strong> in NewYork, <strong>unter</strong> dem Einflusse von Geistern verübt wor<strong>den</strong> ist.Harry Thaw war ein Medium und hat dafür auch sein ganzes Leben hindurchzahlreiche Beweise geliefert. Was für persönliche Gründe er auch gehabt habenmag, als er Stanford White tötete, war er fraglos von rachedurstigen Geisternbesessen, die Vergeltung üben wollten für wirkliches oder angebliches Unrecht,welches ihnen selbst oder ihrer Verwandtschaft widerfahren war.Harry Thaw war schließlich nur die Mittelsperson, das körperliche Werkzeug,durch welches ein schreckliches Drama seitens der unsichtbaren Welt in Szenegesetzt wurde. Die wirklichen Täter aber waren unwissende, rachsüchtige Geister.Am 15. Juli 1906, einige Wochen nach dieser Tragödie, nahm während einerSitzung ein fremder Geist von meiner Frau Besitz und fiel gleich der Länge nachzu Bo<strong>den</strong>. Ich setzte meine Frau in einen Sessel und fing an, <strong>den</strong> in ihr stecken<strong>den</strong>Geist auszufragen. Der Fremde widerstrebte heftig und wollte sich nichtanfassen lassen. Er verlangte barsch, man solle ihn zufrie<strong>den</strong> lassen, und rief:"Heda, Kellner! Bringen Sie mir was zu trinken!""Was wünschen Sie zu trinken?“"Bringen Sie mir Whisky und Soda, aber schnell!""Wer sind Sie?""Geht Sie gar nichts an, wer ich bin!""Was glauben Sie, wo Sie sind?""Im Madison Square Roof Gar<strong>den</strong> natürlich."— 146 —


"Wie heißen Sie?""Stanford White, wenn Sie es wissen müssen."Darauf faßte er sich mit der einen Hand rechts an <strong>den</strong> Hinterkopf, griff mit derandern nach Brust und Leib, als ob er heftige Schmerzen habe, und rief:"Lassen Sie mir vom Kellner Whisky und Soda bringen!"Ich wollte gerade weitere Fragen an ihn richten, als der Geist auf einige Unsichtbareaufmerksam wurde und vor Furcht zu zittern begann."Sehen Sie Verstorbene?" fragte ich.Er nickte lebhaft mit dem Kopfe und rief; "Sie sind hinter mir her!", dann spranger vom Stuhl auf, lief in eine Ecke des Zimmers und wollte mit aller Gewaltfortlaufen.Seine Erregung war so groß, daß er die Verbindung mit dem Medium verlor undverschwand.Sofort nahm ein anderer Geist vom Medium Besitz. Dieser lief sehr erregt imZimmer hin und her und rief triumphierend:"Ich habe <strong>den</strong> Hund getötet! Ich habe <strong>den</strong> Hund getötet! Da liegt er!", da<strong>bei</strong>wies er auf die Stelle hin, wo White die Verbindung verloren hatte. — "DerHund! Schon jahrelang suchte ich nach einer Gelegenheit, ihn zu töten, undschließlich habe ich ihn doch erwischt, <strong>den</strong> Hund!"Ich nötigte <strong>den</strong> Geist, sich niederzusetzen und erfuhr, daß er Johnson heiße."Ich habe Stanford Weite getötet", rühmte er sich. — "Der hat <strong>den</strong> Tod verdient,er hat zu lange mit unsern Töchtern gespielt."Er wurde sehr deutlich in seinen Anklagen gegen Männer aus der Gesellschaft."Sie stehlen uns unsere Kinder, klei<strong>den</strong> sie elegant, und die Eltern erfahrennicht, was aus ihnen wird."Ich fragte <strong>den</strong> Geist, ob er wisse, daß er tot sei; er aber lachte auf meine Frageund sagte:"Wie könnte <strong>den</strong>n ein Toter re<strong>den</strong>? Der Doktor sagte zwar, ich hätte Auszehrungund würde bald sterben, aber ich bin doch nicht gestorben. Ich habe mich inmeinem ganzen Leben nie wohler gefühlt."Als ich ihn aufforderte, sich mal seine Hände, Füße und Kleidung recht genauzu betrachten, wollte er wissen, wie er, ein Mann, <strong>den</strong>n zu einem Frauenkörpergekommen sei. Durch längere Auseinandersetzungen konnte ich <strong>den</strong> verblüfftenGeist schließlich davon überzeugen, daß er tatsächlich verstorben sei. Daraufverließ er uns voller Reue.Ihm folgte sogleich ein dritter Geist. Aber dieser war sich bewußt, ein Geist zusein und nur vorübergehend in einem geliehenen Körper zu stecken."Ich bin Harry Thaw's Vater. Rettet meinen Sohn! — Rettet meinen Sohn!— 147 —


Er ist unschuldig! Harry wird nicht elektrisch hingerichtet wer<strong>den</strong>. (SpätereEreignisse bestätigten dies als richtig.)"Er ist Geister-Einflüssen zugänglich, schon Zeit seines Lebens. Er war immerzerfahren und so erregbar, daß wir uns immer gescheut haben, ihn zu züchtigen,weil wir fürchteten, er würde irrsinnig wer<strong>den</strong>. Aber jetzt sehe ich unsern Irrtumein! Als ich noch auf Er<strong>den</strong> lebte, habe ich die Ursache von Harrys sonderbaremBenehmen nicht begriffen; aber jetzt, von der geistigen Seite her, kann ichsehen, daß Harry die meiste Zeit seines Lebens ein Werkzeug in <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong>selbstsüchtiger, erdgebun<strong>den</strong>er Geister gewesen ist.""Er war von rachdurstigen Geistern besessen, als er Stanford ermordete. Ichhabe auf jedem möglichen Weg versucht, die Außenwelt zu erreichen, um <strong>den</strong>Leuten zu sagen, daß Harry nicht irrsinnig, sondern ein Medium ist.""Rettet meinen Jungen! Rettet meinen Jungen!", bat er wiederholt."Was wollen Sie, das wir tun sollen?""Schreiben Sie bitte an meine Frau und an meinen Rechtsanwalt Herrn Olcott."(Wir wußten damals nicht, daß Herr Olcott der Rechtsanwalt des Herrn Thawgewesen war, fan<strong>den</strong> diese Angabe später aber als Tatsache bestätigt.)"Berichten Sie ihnen, was Sie soeben erlebt haben und was ich Ihnen gesagthabe; machen Sie es ihnen zur Pflicht, diese Zusammenhänge richtig zu begreifenund Harrys Zustand verstehen zu lernen."Wir versprachen dem Geiste, ihm seinen Wunsch zu erfüllen, und dann verließer uns.Am folgen<strong>den</strong> Abend, am 16, Juli, kam ein anderer Geist; er schien sich zuerstnach jemandem umzusehen, dann fragte er:"Wo sind <strong>den</strong>n die andern hin?"Auch dieser Geist äußerte schwere Verwünschungen gegen die höhere Gesellschaftim allgemeinen und klagte besonders über die törichte Leichtfertigkeitvieler junger Mädchen."Die Reichen nehmen unsere Töchter in ihre Laster-Höhlen; sie bringen sie aufdie Bühne, und die Mädchen wollen dann von ihren Eltern nichts mehr wissen.— Sie verdienen Prügel!", erklärte er, und <strong>unter</strong>strich jedes seiner Worte mitentsprechen<strong>den</strong> Gesten.Dieser Geist geriet da<strong>bei</strong> in so heftige Erregung, daß er plötzlich die Gewaltüber das Medium verlor, noch bevor ich ihn nach Einzelheiten hätte fragen können.Am 10. Februar 1907 meldete sich der Geist des Herrn Thaw noch einmal undwiederholte seine Angabe, daß Harry ein Medium sei und häufig <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Einflußböser Geister gerate. Er wies sehr eindringlich darauf hin, daß es vongroßem Vorteil für die Menschen wäre, wenn man der Frage des Geister-Einflussesernstlich nachginge. Gründliche Kenntnis dieser Zusammenhänge würde— 148 —


sowohl <strong>den</strong> Geistern drüben als auch ihren unglücklichen Opfern hier unsagbareLei<strong>den</strong> ersparen.Daß Richard Ivens, der wegen Mordes an Frau Bessie Hollister in Chicago, im<strong>Jahre</strong> 1906 gehängt wurde, ein Opfer fremder Einflüsse gewor<strong>den</strong> ist, war soaugenscheinlich, daß Irrenärzte, Kriminalisten und Psychologen gleichlautendihre Überzeugung dahin aussprachen, daß Ivens unschuldig sei und das Verbrechen<strong>unter</strong> dem hypnotischen Zwang einer unbekannten Persönlichkeit ausgeführthabe.Ivens gab abwechselnd seine Schuld zu und bestritt sie wieder auf das entschie<strong>den</strong>ste.Er behauptete mit einem fremdartigen, abwesen<strong>den</strong> Blick, daß ein "starkerMann" ihn gezwungen habe, die Tat zu begehen.Hugo Munsterbeng, M. D., Professor der Psychologie an der Harvard Universität,schrieb im Juni 1906:"Es ist ein interessanter und doch ziemlich klarer Fall von Persönlichkeitsspaltungund Selbstsuggestion … Die Hexen des 17. Jahrhunderts wur<strong>den</strong> aufgrundsolcher Bekenntnisse verbrannt, und das allgemeine Verständnis für seelischeVerirrungen hat seit jener Zeit nicht viel Fortschritte gemacht.Professor William James von der Harvard Universität schrieb: "Ob schuldigoder nicht, Ivens muß in einem Zustande von Persönlichkeits-Spaltung gewesensein … Er war nicht sein eigenes natürliches "Selbst", während jener schicksalsschwerenTage, sondern das Opfer einer jener seltsamen Persönlichkeits-Veränderungen,von <strong>den</strong>en wir sehr wohl wissen, daß sie entweder infolge von Suggestion,oder auch ganz von selbst <strong>bei</strong> dafür veranlagten Personen auftreten."Wir führen in Nachstehendem eine Folge von Berichten zu dieser tragischenGeschichte auf.— — —Sitzung vom 7. März 1907Geist: Richard IvensAls an diesem Abend der Geist in das Medium eingetreten war, fiel letzteresanscheinend leblos zu Bo<strong>den</strong>; und erst nach einer halben Stunde angestrengtesterBemühung gelang es, <strong>den</strong> Geist ins Bewußtsein zurückzubringen."Laßt mich los", stöhnte er, "wollt Ihr mich noch einmal hängen?"Er klagte über große Schmerzen im Nacken und bat, man möchte ihn in Ruhelassen, er wolle nur schlafen."Was ist <strong>den</strong>n mit Ihrem Nacken?""Er ist gebrochen, sie haben mich gehängt, und ich bin tot. Ich will auch tot bleiben;wenn Sie mich wieder zum Leben bringen, wird man mich nochmals hängen.""Wie heißen Sie?"— 149 —


"Richard Ivens.""Waren Sie schuldig am Morde der Frau Hollister?""Ich weiß es nicht; andere behaupten es. Wenn ich es wirklich getan habe, dannhabe ich es ohne mein Wissen getan.""Weshalb haben Sie sich <strong>den</strong>n zeitweilig schuldig bekannt und dann immer wiederIhr Geständnis widerrufen?""Ich habe mich schuldig bekannt, weil die drei Kerle (Geister) mich dazu zwangen.Der starke Mann stand mit einem Messer vor mir und drohte mir, mich zuerstechen, wenn ich mich nicht schuldig bekennen würde. War der starke Mannnicht da, dann habe ich ja auch gesagt, daß ich gar nicht wisse, ob ich die Damegetötet hätte oder nicht. Das habe ich der Polizei gesagt, das habe ich demGefangenen-Aufseher gesagt und auch sonst jedem, der mich fragte; aber siehaben mir alle nicht glauben wollen, wenn ich ihnen erzählte, wie es in Wahrheitgewesen ist.""Ach, ich habe soviel durchgemacht! Warum haben Sie mich <strong>den</strong>n ins Lebenzurückgerufen, wo ich doch nun schon tot war? Warum haben Sie mich nichtschlafen lassen? — Man wird mich wieder festnehmen und noch mal hängen!"Dann rief er plötzlich voller Angst: "Sehen Sie nicht? Da ist der große Mannwieder! Er hat sein Messer mit, und die <strong>bei</strong><strong>den</strong> kleinen Kerle sind auch wieder<strong>bei</strong> ihm. — Oh!"Nun faßte er nach seinem Knie und schrie: "Mein Knie! Er hat mir mit seinemMesser durchs Knie und durch das andere Bein gestochen! Mein Bein! MeinBein! Er ist der leibhaftige Teufel! — Er hat mich gestochen!"Allmählich gelang es, dem verängstigten Geiste begreiflich zu machen, daßseine Peiniger ja Geister seien, und daß er selbst, seines irdischen Körpers ledig,dem Bereiche körperlicher Schmerzen entrückt sei."Sie stecken zwar augenblicklich in einem Körper, aber nicht in Ihrem eigenen,und müssen sich nun von allen falschen Vorstellungen frei machen. Sehen Sieaußer Ihren Fein<strong>den</strong> nicht auch andere Geister?"Wieso — ja, da sind jetzt andere; die scheinen mir freundlich gesinnt, und da— da ist Frau Hollister!""Fragen Sie <strong>den</strong> Mann mit dem Messer, warum er Sie <strong>den</strong>n so verfolgt hat",flüsterte ich ihm zu."Er grinst nur.""Fragen Sie ihn, weshalb er <strong>den</strong>n die Dame habe töten wollen.""Er sagt, weil er Frauen hasse — —", hier brach er plötzlich ab und schienatemlos einen sehr aufregen<strong>den</strong> Vorgang zu beobachten."Sie haben eben diese Teufel fortgebracht! Das gab einen heftigen Kampf, abersie haben sie doch <strong>unter</strong>gekriegt!"— 150 —


Danach beruhigte er sich und sagte: "Ich fühle mich jetzt besser. Ich bin so froh,daß der furchtbare Mann fort ist."Als wir ihn fragten, wieweit er sich der Hollister-Tragödie entsinnen könne,sagte er: "Als ich an jenem Abend die Frau sah, nahm ich auch <strong>den</strong> großenMann wahr. Mir wurde so seltsam im Kopfe; ich wurde am Halse gepackt undverlor das Bewußtsein. Als ich wieder zu mir kam, sagte der große Mann, ichhätte die Frau ermordet. — Ich kannte <strong>den</strong> Mann seit ungefähr einem Monat,wußte aber nicht, daß er ein Geist war. Er hat mich seither ständig verfolgt.""Weshalb ließ man mir nicht die Möglichkeit zu leben, und wenn es auch imGefängnis gewesen wäre? Oh, welche Schande habe ich über meine Familiegebracht! Meine arme Mutter tut mir so leid; wenn sie nur die Wahrheit erfahrenkönnte. — Wenn ich nur mal mit ihr sprechen und ihr sagen könnte, daß ichdafür nichts gekonnt habe, — daß ich es ja gar nicht getan habe! Niemand hatteMitleid mit mir, und keiner wollte mir glauben, wenn ich von dem großen Mannerzählte, der mit dem Messer über mir stand. Der hatte mich doch nur gezwungen,mich schuldig zu bekennen.""Wenn ich das Verbrechen wirklich ausgeführt haben sollte, so bedaure ich dasaufrichtig, aber ich weiß nichts davon, daß ich es getan habe. Warum hat manmich gleich mit dem Tode bestraft?"Nachdem ich ihm erklärt hatte, daß das Leben ja doch auch nach dem Tode weitergeheund der Mensch in ständiger Entwicklung zu immer höheren geistigenWelten aufsteige, fragte er eifrig:"Wenn man mich nicht hat töten können, ist <strong>den</strong>n dann die Dame nicht auchnoch am Leben?""Gewiß! Zweifellos ist sie hierher gekommen, um Ihnen zu verzeihen. Sie habenihr zwar ihren irdischen Körper zerstört, waren jedoch für die Tat nicht verantwortlich;Sie sind nur dazu mißbraucht wor<strong>den</strong> von bösen Geistern, welche Siehypnotisiert hatten!"Den so von uns belehrten und gänzlich erschöpften Geist nahmen dann unsichtbareHelfer in ihre Obhut; und diese erzählten uns, daß der "starke Mann" undseine Spießgesellen <strong>bei</strong> ihren irdischen Lebzeiten zur Bande der "Weiß-Mützen"gehört hätten, welche einige <strong>Jahre</strong> hindurch in England und Amerika weit verbreitetihr Unwesen getrieben und in ihrem verbrecherischen Wahn viele Frauenverstümmelt und gemordet hätten.Mehrere Monate später wurde der Geist des "starken Mannes" selber in unsernZirkel gebracht.— — —— 151 —


Sitzung vom 6. Juni 1907Geist: Carl der FechterDer Geist schien ganz benommen, als sei er betrunken, und als er schließlichwach wurde, war er so kampflustig, daß mehrere Menschen helfen mußten, ihnzu bändigen."Ich bin Carl der Fechter und werde Euch alle erschießen lassen!" schrie er.Dann wandte er sich an einige andere Unsichtbare mit wil<strong>den</strong> Flüchen, weil sieihn hierher gelockt hätten, und verlangte von ihnen, sie sollten ihm helfen anstattuntätig da<strong>bei</strong>zustehen.Doch endlich gelang es, ihn zu beruhigen, und dann nötigten wir ihn, sich eineErklärung über <strong>den</strong> wahren Sachverhalt seiner gegenwärtigen Lage mit anzuhören.In dem Bestreben, ihn davon zu überzeugen, daß er sich nicht in seinemeigenen, sondern in einem frem<strong>den</strong> Körper befinde, forderte ich ihn auf, sichdoch einmal seine Hände anzusehen.Als er nun daraufhin eine Hand des Mediums betrachtete und sie als Frauenhanderkannte, fuhr er, auf das heftigste erschreckt, ganz betroffen zurück und schrie:"Nehmt die Hand fort! Nehmt sie fort! Ich will sie nicht mehr sehen!"Als wir ihn fragten, was <strong>den</strong>n das mit der Hand für eine Geschichte sei, erklärteer: "Das werde ich nie erzählen! — <strong>Liebe</strong>r sterbe ich! Oh! Da ist auch ihrGesicht! Und die Hand, die ich abgeschnitten habe, um <strong>den</strong> Diamant-Ring zubekommen! Das hat mich die ganze Zeit verfolgt!"Voller Entsetzen blickte er umher und schien eine ungeheure Versammlung vonGeistern zu sehen.Seht all diese Gesichter! Habe ich diese Leute alle umgebracht? Kommen sie,um mich anzuklagen? Da! Da ist ja auch dieser Junge! Er ist damals gehängtwor<strong>den</strong>, aber auch er scheint jetzt hinter mir her zu sein. (Ivens.) Ich habe dieFrau getötet und ihn veranlaßt, sich schuldig zu bekennen, um meinen Hals zuretten. Aber warte nur, du Teufel, du! Ich werde dich schon zu fassen kriegen,wenn ich hier herauskomme. Ich hacke euch alle kurz und klein!"Aber schließlich wurde ihm doch klar, daß alles weitere Widerstreben keinenZweck habe und die Tage des Raubens und Mor<strong>den</strong>s für ihn vorüber seien. Erschilderte uns seine schauerliche Verbrecher-Laufbahn und sagte, gemordethabe er aus Rache, gestohlen habe er, um Whisky zu kaufen, und getrunken, umsein Gewissen zu betäuben und <strong>den</strong> Gespenstern zu entgehen, die ihn andauerndverfolgten.In frühester Jugend sei er <strong>unter</strong> der Obhut seiner eigenen Mutter sehr glücklichgewesen; aber nach ihrem Tode hätte seine Stiefmutter ihn so unbarmherzigmißhandelt, daß er oft schluchzend in sein Zimmer gerannt sei und auf <strong>den</strong>Knien zu seiner toten Mutter um Hilfe gebetet habe.— 152 —


Das habe die Stiefmutter erst recht in Eifersucht und Wut versetzt, und allenEinsprüchen seines schwachen Vaters zum Trotz habe sie wütend auf ihn eingeschlagenund ihm verboten, jemals <strong>den</strong> Namen seiner Mutter wieder zu erwähnen.Ihre Mißhandlungen arteten in solche grausame Tyrannei aus, daß in dem Knabenein unbezähmbarer Haß gegen sie entstand, und er voll Rachedurst gelobte,wenn er erst groß sei, möglichst viele Frauen umzubringen.Diesen seinen entsetzlichen Vorsatz hatte er dann auch wirklich ganz planmäßigin die Tat umgesetzt und sein ganzes Leben daran gegeben, Untaten und Verbrechenzu ersinnen und zu verüben, <strong>den</strong>en hauptsächlich Frauen zum Opfer fielen.Ums Leben gekommen war er selbst 1870 <strong>bei</strong> einem heftigen Streit mit seinenGenossen, war sich aber dessen nicht bewußt gewor<strong>den</strong>. Er brüstete sich damit,viele <strong>Jahre</strong> lang immer neue Verbrechen verübt zu haben und doch der Polizeiimmer entkommen zu sein."In Boston wollte ich mal einen Polizisten totschlagen; ich hatte mich hinter ihngeschlichen und schlug ihn mit einem Knüppel auf <strong>den</strong> Kopf. Aber der Knüppelfuhr gerade durch ihn hindurch und tat ihm nichts, er hat sich nicht einmal nachmir umgedreht!"Der Geist wähnte sich jetzt in <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> der Behör<strong>den</strong> und erklärte sich bereit,sich zu ergeben, um <strong>den</strong> ihn verfolgen<strong>den</strong> Gesichtern seiner vielen Opfer zu entgehen."Ich würde ja mit Freu<strong>den</strong> in die Hölle gehen, wenn ich nur diese Quälerei loswer<strong>den</strong>könnte."Daraufhin erklärte ich ihm einiges über das Gesetz von Ursache und Wirkung,und wie es sich auch in <strong>den</strong> Verhältnissen und Zustän<strong>den</strong> der geistigen Weltauswirke. Während er noch meinen Erklärungen lauschte, sah er seine rechteMutter vor sich stehen. Ihre Erscheinung machte einen überwältigen<strong>den</strong> Eindruckauf ihn. Der hartgesottene Verbrecher sank auf seinem Stuhl ganz in sichzusammen und weinte jämmerlich, während seine Mutter ihm zuredete, dochmit ihr zu kommen und sich zeigen zu lassen, wie er seine Verbrechen sühnenkönne.Ganz zerknirscht, voll Schuldbewußtsein und Reue, rief er abwehrend: "Ichkann nicht mit dir gehen! <strong>Liebe</strong> Mutter, laß mich, ich kann nicht mit dir gehen!Geh du nur zurück in <strong>den</strong> Himmel, und ich muß in die Hölle, wo ich hingehöre.Ich gehöre in Stücke gehackt und im Feuer der Hölle verbrannt!"Aber die Mutterliebe trug doch <strong>den</strong> Sieg davon, und der Geist folgte reumütigund beschei<strong>den</strong> seiner Mutter.— — —Im <strong>Jahre</strong> 1894 hatte Harry Hayward, ein hübscher aber gewissenloser Lebemannmit einer Schwäche für schöne Frauen, einen Schurken dazu gedungen, seineGeliebte in Minnesota zu ermor<strong>den</strong>. Er wurde dafür gehängt.— 153 —


Solange er im Gefängnis saß und auf seine Hinrichtung wartete, bewahrte er biszum letzten Augenblick seine unbekümmerte Haltung, spielte in größterGemütsruhe mit seinem Gefangenen-Aufseher Karten und ließ sich Eis-Creme,seine Lieblingsspeise, bringen, so oft er sie bekommen konnte."Ich gehe ja jetzt in die Hölle", sagte er zu dem Gefangenen-Aufseher, "undwenn Sie dann dorthin nachkommen, bewirte ich Sie zum Empfang mit Eis-Creme.Während dieser Zeit schickte ich ihm, ohne mich als Absender bekannt zugeben, ein Buch und verschie<strong>den</strong>e Aufsätze mit Zeitschriften über die Geisterwelt,hatte aber sonst keinerlei Beziehungen zu ihm.Am 27. Februar 1908 bat uns eine Krankenschwester, uns doch der Frau Mc A.anzunehmen, — einer Kranken, welche sie in Pflege hatte und <strong>bei</strong> der stark zuvermuten war, daß ihre anhalten<strong>den</strong> Krankheits- und Schwächezustände reinmedialen Ursprungs, d.h. auf Besessenheit zurückzuführen seien.Die Schwester war selbst medial und vermutete, daß viele der Wahnvorstellungen<strong>bei</strong> ihrer hübschen Patientin durch Besessenheit verursacht wür<strong>den</strong>. DieSchwester hatte selbst schon verschie<strong>den</strong>tlich versucht, die belästigen<strong>den</strong> Geisterzu vertreiben.Eines Tages verlangte Frau Mc A. ganz dringend nach selbstgemachter Eis-Creme, obgleich sie sich sonst nicht das geringste daraus gemacht hatte. Abersie bestand darauf, ihren Wunsch sofort erfüllt zu sehen, und machte ihren Mädchendadurch große Umstände.Als die Schwester dann mit der Eis-Creme ins Zimmer trat, hatte sie plötzlichdas Gefühl, als stürze sich jemand auf sie. Im nächsten Augenblick überkam sieein so starkes Würge- und Erstickungsgefühl, daß sie gezwungen war, das Zimmerzu verlassen. Nachdem sie sich etwas erholt hatte, kam sie ins Zimmerzurück und, fest davon überzeugt, daß hier ein Geistwesen im Spiel sei, machtesie ein Fenster weit auf und gab nur in Gedanken, ohne es auszusprechen, <strong>den</strong>Befehl, daß jedes etwa anwesende fremde Wesen sofort das Haus zu verlassenhabe.Am Abend desselben Tages nahm diese Schwester und ein Mädchen der FrauMc A. an unserer Sitzung teil, und der Geist, welcher sich da<strong>bei</strong> kundgab, klagtesogleich über Schmerzen im Nacken und erklärte ungefragt, er habe das Genickgebrochen, als er gehängt wor<strong>den</strong> sei. — Sein Name sei Harry Hayward!Könnt Ihr mir nicht etwas Eis-Creme geben? Ich habe wieder und immer wiederversucht, etwas zu bekommen, und heute habe ich es fast schon geschmeckt,aber bekommen habe ich es doch wieder nicht. Ich wurde von einer Frau fortgejagt— sie hat mich aus dem Fenster geworfen! Das ist nicht etwa ein Vergnügen,sich von einer Frau aus dem Fenster werfen zu lassen!"Hayward war sich darüber klar, daß er sich als Geist auf der Erde herumtreibe;und als wir ihn fragten, woher er <strong>den</strong>n über das Geisterleben Bescheid wisse,— 154 —


erwiderte er, er habe während seiner Haft einige Aufsätze darüber gelesen, welcheihm ein Unbekannter zugeschickt habe. Er beklagte sich jedoch darüber,daß, wohin er auch gehe, niemand Notiz von ihm nähme; selbst wenn er imEisenbahnzuge sitze, kommt bestimmt einer und setze sich ihm auf <strong>den</strong> Schoß,so daß er sich nicht rühren könne.Er war sehr froh darüber, sich endlich mal wieder mit Menschen <strong>unter</strong>halten zukönnen und stellte viele Fragen nach <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Personen, mit <strong>den</strong>en erwährend seines gerichtlichen Strafverfahrens zu tun gehabt hatte; besonderserkundigte er sich nach dem Gefangenen-Aufseher, mit dem er sich ein gut Teilseiner Zeit durch Kartenspiel vertrieben hatte.Ich hatte das Gefühl, dieser Gefangene sei vor einiger Zeit gestorben, undäußerte das auch dem Geiste gegenüber; zugleich wies ich ihn darauf hin, daß esihm vielleicht möglich wäre, diesen in der Geister-Welt aufzufin<strong>den</strong>.Darauf schwieg er einen Augenblick und bemühte sich offenbar, seinen früherenFreund aufzuspüren. Dann sagte er ganz bestimmt und mit Nachdruck: "Nein,der Mann ist nicht tot. Ich sehe ihn im Hause seines Sohnes in Minneapolis Kartenspielen."Es fiel gar nicht schwer, Hayward zu belehren und auf das höhere Leben hinzuweisen.Er verabschiedete sich schließlich von uns mit der Versicherung, daß ersich um seinen Aufstieg in der Geisterwelt alle Mühe geben wolle.Nach dieser Sitzung ließ unsere mediale Kranke in ihrem Befin<strong>den</strong> eine auffallendeWandlung zum Besseren erkennen; und auf unsere nachträgliche brieflicheAnfrage erhielten wir die Bestätigung, daß Haywards Aussagen über seinenalten Gefangenen-Aufseher richtig gewesen waren. Dieser lebte noch und hattetatsächlich an dem Abend unserer Sitzung mit Hayward im Hause seines SohnesKarten gespielt.Zehn <strong>Jahre</strong> später, nachdem sich der Geist eines anderen Mörders, der gehängtwor<strong>den</strong> war, in unserm Zirkel kundgegeben hatte, meldete sich Hayward nocheinmal wieder und erzählte uns einiges aus seinem irdischen Leben.— — —Sitzung vom 21. September 1918Geist: Harry HaywardIch habe gedacht, hier möchte ich gern mal einkehren, um etwas zu sagen, <strong>den</strong>nich merke, ich hab im selben Boot gesessen, wie der Bursche, der soeben vormir hier gewesen ist, — ich meine, auf derselben Plattform — Es geht mirjedoch nicht viel besser als ihm. Ich bin mir doch in etwas höherem Grade als erdarüber klar gewesen, daß ich Unrecht tat, und daher traf mich die Strafe auchhärter. — Ich besaß eine gute Schulbildung und hatte mein gutes wirtschaftlichesAuskommen; das war mir aber nicht genug.— 155 —


Ich möchte Ihnen auch gern erzählen, daß ich, seitdem ich mich jetzt hier auf dergeistigen Seite des Lebens befinde, an alle Straßenecken gehen und die Mütterwarnen möchte, doch ja ihre Kinder nicht so verkehrt zu erziehen.Mütter behaupten zwar immer, sie liebten ihre Kinder; sie vergöttern sie jedochund bringen sie dadurch auf schiefe Bahnen, eben weil sie zu ihren Wünschenniemals "nein" sagen können. Laßt Eure Kinder nicht ohne Zucht aufwachsen,erzieht sie, wie Ihr ja auch Eure Tiere abrichtet und Eure Blumen beschneidet.Wenn Ihr eine Blume in Euren Garten pflanzt, so laßt Ihr sie doch auch nichtwild wuchern, sondern Ihr zieht sie sorgsam, damit sie sich kräftig entwickeltund reiche Blütenpracht entfaltet. Wie wenig Bedacht haben die Menschendagegen auf die rechte Erziehung ihrer heranwachsen<strong>den</strong> Kinder; die Kinder zuBlüten am Menschheitsbaume heranzuziehen, die Mühe macht man sich nicht!Ich will meiner Mutter keineswegs Vorwürfe machen, aber ich sage Ihnen, wennsie mich sorgfältig erzogen hätte und, anstatt mich zu vergöttern, meinen maßlosenWünschen ein entschie<strong>den</strong>es "Nein" entgegengestellt und mich bestrafthätte, wenn ich Unrecht getan — ich wäre ein anderer Mensch gewor<strong>den</strong>!Nein, ich wäre nicht gehängt wor<strong>den</strong>, wenn schon meine Mutter mich gelehrthätte, für andere zu leben und meinen Nächsten zu lieben wie mich selbst.Wenn Mütter auf das Wohl ihrer Kinder recht bedacht wären, und sie in demschönen Gedanken, "für andere zu leben", erzögen, wür<strong>den</strong> sie alle bessereMenschen.Ich lebte vergnügt in <strong>den</strong> Tag hinein, niemand belehrte mich eines andern. Ichhatte gute Tage und war allen Mädchen hold. Doch dann kam eine Zeit, wo ichmehr Geld ausgab, als mein Vater mir bewilligte. — Ich war ja noch ein ganzjunger Mensch, und man hätte mich zur Ar<strong>bei</strong>t anhalten sollen. Daß Mutter undVater reich waren, war mein Unglück; Ar<strong>bei</strong>t sei eine Schande für mich, dachtensie. Es wäre viel besser gewesen, wenn sie mich zur Ar<strong>bei</strong>t angehalten hätten,anstatt mir jederzeit Geld zu geben, wenn ich darum bat.Ich fing an zu spielen. Ihr wißt, wenn man erst einmal angefangen hat zu spielen,ist es schwer, wieder davon loszukommen. Geld floß mir leicht zu. — Dalernte ich eine junge Dame kennen, die mir gefiel. Junge Mädchen waren mirstets zugetan, und ich gewann mir jede, die ich haben wollte. Die junge Dameliebte mich, und ich liebte sie um alles dessen willen, was ich von ihr bekommenkonnte. Und so beschlossen wir, daß sie sich mit $ 10,000 zu meinen Gunstenversichern lassen solle. — Ich hatte mir ausgedacht, wenn jetzt ein anderer sieumbrächte, fiele die Schuld nicht auf mich, aber ich würde das Geld bekommen.Ich faßte einen tollen Plan; ich dang mir einen Menschen, der sie ermor<strong>den</strong>sollte. Zu der Zeit, als die Tat ausgeführt wer<strong>den</strong> sollte, ging ich mit einemanderen Mädchen ins Theater, weil ich mir sagte, daß dann, was auch geschehenmöge, auf mich kein Verdacht fallen könne.Ich hatte einen Mann gedungen, der sie auf einer Wagenfahrt nach Lake Calhounmitnehmen und dort töten sollte. Als sie in die Waldungen gekommen— 156 —


waren, hat er sie ermordet und war nach Hause zurückgekehrt. Da wir zusammenim Theater gewesen waren, konnte meine Begleiterin bezeugen, daß ichnicht am Tatort gewesen war. Aber Sie wissen, ich war so versessen darauf, in<strong>den</strong> Besitz des Versicherungs-Betrages zu gelangen, daß ich gar nicht darandachte, wie sehr es auffallen mußte, wenn ich so bald nach dem Tode auf dasVersicherungs-Büro ging. Man schöpfte Verdacht und nahm mich schließlichfest.Wenn ich nur eine oder zwei Wochen gewartet hätte, würde man mich gar nichtbeargwöhnt haben. Ich wurde also verhaftet. Meine Mutter liebte mich so sehr,daß sie versuchte, die Schuld meinem Bruder zuzuschieben. Er war verheiratetund hatte zwei Kinder. Das Gerichtsverfahren kostete meine Eltern einen ganzenHaufen Geld, und es vergingen Monate über Monate, bevor man in der Sachevorankam. Man konnte sich nicht entschei<strong>den</strong>, ob nun Eddie oder ich für die Tatgehängt wer<strong>den</strong> sollte.Als ich so im Gefängnis saß, kam eines Tages eine kleine Schrift für mich an,nebst einigen Blättern, die alle über die geistige Welt handelten. — Ich wußteschon, daß meine Tage gezählt waren, <strong>den</strong>n schließlich war ich zum Tode durch<strong>den</strong> Strang verurteilt wor<strong>den</strong>. Über die Peinlichkeit meiner Lage war ich miralso völlig klar. — Die Schriften machten großen Eindruck auf mich, und ichdachte <strong>bei</strong> mir, ich möchte wohl wissen, wie das mit der Geisterwelt ist. Teilsglaubte ich daran, andernteils auch wieder nicht. Was in diesen Schriften standwar je<strong>den</strong> falls besser als das, was die Kirche über das Jenseitsleben lehrt; aberzunächst sah ich das Ganze als einen Scherz an.Ich habe mich auch mit dem Gefangenen-Aufseher des öfteren darüber <strong>unter</strong>halten,als aber der Zeitpunkt meiner Hinrichtung immer näher rückte, mochte ichnicht mehr davon hören. Es ist doch ein höchst eigenartiges Gefühl, wenn manweiß, es geht an <strong>den</strong> Galgen, und das Leben soll einem abgeschnitten wer<strong>den</strong>.— Sie können sich nicht vorstellen, was das für ein Gefühl ist.Sie können sich gar keinen rechten Begriff davon machen, was man da<strong>bei</strong> empfindet,wenn einem klar wird, daß man nur noch wenige Stun<strong>den</strong> zu leben hat.Indessen gab mir die kleine Botschaft, die mir zugesandt wor<strong>den</strong> war, doch einwenig Mut; wahrscheinlich wurde nur mein Körper zerstört wer<strong>den</strong>, und nichtmein Geist. So hielt ich bis zum letzten Augenblick meinen Mut aufrecht undwar or<strong>den</strong>tlich gespannt darauf, zu sehen, wie das Jenseits nun sein werde.Ich habe dem, der mir die Schriften zugesandt hat, viel zu danken, <strong>den</strong>n sie sindmir in meinen letzten Tagen ein tröstlicher Lichtpunkt gewesen.Als ich merkte, daß ich aus meinem Körper heraus war, war mein ersterGedanke: "Ich bin nicht tot!" Ich ging nun zu meiner Mutter und sprach zu ihr,und sie hat meine Gegenwart auch empfun<strong>den</strong>. Ich hing jedoch noch sehr anmeinem Körper und hatte das Gefühl, mich noch nicht von ihm trennen zu können.Ich war zwar schnell aus ihm heraus, kehrte aber wieder zu ihm zurück,und als mein Körper eingeäschert wurde, stand ich da<strong>bei</strong> und sah, wie er verbrannte.— 157 —


Danach bin ich umhergewandert und konnte die Geisterwelt nicht fin<strong>den</strong>. Ichbin gewandert und gewandert, von einem Ort zum andern. Und noch immer zogmich mein Gefühl zu niedlichen hübschen Frauen hin; so reiste ich umher.Einerseits wußte ich wohl, daß ich gestorben war, hatte es aber doch nicht ganzbegriffen.Einmal bekam ich große Lust, eine Reise zu machen, und wollte mit der Eisenbahnfahren. Ich ging zum Schalter, um mir eine Fahrkarte zu lösen, hatte jedochkein Geld. Ich dachte <strong>bei</strong> mir, ich wollte recht nett mit dem Beamten re<strong>den</strong>,dann würde er mir schon eine Karte geben, aber der beachtete mich überhauptnicht. "Auch gut", dachte ich, "ich werde schon irgendwie mit dem Zuge mitkommen", und stieg ein.Ich setzte mich auf einen der Plätze, und ehe ich mich dessen versah, setzte sichein großer, feister, dicker Mann gerade auf meinen Schoß. Ich wurde or<strong>den</strong>tlichwütend. Ich versuchte ihn wegzustoßen, aber es gelang mir nicht, und ich konnteauch nicht aufstehen. Ich mußte <strong>den</strong> Mann auf mir sitzen lassen, bis er vonselbst ausstieg.Ich verstand noch nicht, die Kraft der Gedanken zum Fortbewegen zu gebrauchen,ich konnte nur gehen. Ich hatte noch nicht gelernt mich in Gedankenanderswo hinzuversetzen,Nicht lange danach kam ich zu einer hübschen jungen Frau (Frau Mc A.) undmochte sie sehr gern. Ehe ich es gewahr wurde, war ich in ihre magnetischeAura hineingeraten und konnte nicht wieder heraus. Sie wollte die ganze Zeithindurch nicht aus dem Bett; da lag ich dann wohl oder übel auch im Bett.Eines Tages hörte ich jemand sagen: "Laß diese Frau in Frie<strong>den</strong> und mach, daßdu fortkommst. Wenn ein Geist hier <strong>bei</strong> ihr ist, dann heraus und fort mit ihm!"Ich blieb jedoch da.Ich bin schon immer ein großer Freund von Eis-Creme gewesen und hätte gar zugern mal wieder welche gegessen. Deshalb veranlaßte ich die junge Frau, sicheine Portion Eis-Creme zu bestellen. Als diese dann gebracht wurde, wollte ichmich gleich daranmachen. Da<strong>bei</strong> kam ich wohl in Verbindung mit der Schwester,welche die Eis-Creme brachte, und hatte das Gefühl, wenn ich sie nuror<strong>den</strong>tlich festhalten könnte, würde ich endlich auch zu meiner Eis-Creme kommen.Auf einmal aber war ich selber die Schwester, und als ich mir nun die Eis-Creme nehmen wollte, überkam mich dasselbe Erdrosselungsgefühl, das ichempfun<strong>den</strong> hatte, als ich gehängt wurde. — Doch die Schwester, welche die Eis-Creme brachte, hatte solche Kraft, daß sie mich, ehe ich mich dessen versah, ausdem Fenster geworfen hatte. — Stellen sie sich vor, handgreiflich aus dem Fenstergeworfen!Ich bin Ihnen aufrichtig dankbar dafür, daß Sie mir aus meinem unglücklichenZustand herausgeholfen haben, und möchte Ihnen auch von ganzem Herzen dan-— 158 —


ken für <strong>den</strong> geistlichen Zuspruch, <strong>den</strong> Sie mir damals sandten, der mir für dasVerständnis der herrlichen jenseitigen Welt eine große Hilfe gewesen ist.Immer wieder möchte ich mich an jede Straßenecke stellen und die Mütterermahnen, doch ja ihre Kinder zu guten Menschen zu erziehen, und sie, wenn'snötig ist, auch zu strafen, solange sie klein sind, die Rute nicht zu schonen, umdas Kind nicht zu verziehen. — Wenn Mütter ihre Kinder richtig erzögen, gäbees nicht so viel Selbstsucht, wie wir sie in der Welt sehen.Jetzt habe ich ein hübsches kleines Heim in der Geister-Welt, und ich habe vielzu tun, <strong>den</strong>n meine Aufgabe hier ist noch nicht vollbracht. Ich bin bemüht, all<strong>den</strong>en hilfreiche Hand zu bieten, die nach Hilfe verlangen.Ich danke Ihnen vor allem dafür, daß Sie mich aufgeklärt haben. — Gute Nacht!— — —Der "Car Barn Mörder" von Chicago war ein Verbrecher ganz anderer Art, einOpfer seiner Umgebung. Einige Zeit nach seiner Hinrichtung wurde dieserunserm Zirkel zugeführt, als er einem Mädchen aus einer ehemaligen Nachbarsfamilienachlief, die gerade kam und meine Frau besuchen wollte.Er kam verschie<strong>den</strong>e Male wieder, um uns seine Geschichte zu erzählen undandere erdgebun<strong>den</strong>e Geister, die ähnliches erlebt hatten, zur Einsicht zu bringen.— — —Sitzung vom 21. September 1918Geist: Pete NeidemeyerEs trieb mich heute Abend hierher, um Ihnen zu sagen, daß auch ich einer bin,der Ihnen sehr dankbar ist, obgleich Sie wahrscheinlich nicht viel danach fragen,ob ich wiederkomme oder nicht. Aber ich weiß recht gut, daß Sie mir zu soetwas wie Glück verholfen haben, an dem ich glaubte, niemals wieder teil habenzu können.Ich war im Er<strong>den</strong>leben nichts anderes als ein wildes Tier; wenn man aber auchKindern keine or<strong>den</strong>tliche Erziehung gibt, wie kann man da erwarten, daß guteMenschen aus ihnen wer<strong>den</strong>? Ich hatte überhaupt keine Erziehung! Meine Mutterwar sehr unor<strong>den</strong>tlich und kümmerte sich nicht darum, was aus ihren Kindernwurde. Sie dachte: "Laß sie nur für sich selber sorgen."So geht man <strong>den</strong>n mit andern zusammen seinen Weg und gerät erst in diese,dann in jene Gesellschaft. Man geht wohl manchmal auch in die Kirche. Ichhabe aber an die alte Geschichte von Christus nie geglaubt; ich konnte einfachnicht daran glauben. Ich konnte mir nicht <strong>den</strong>ken, daß es so etwas gäbe, was sieda über Christus lehrten; und wenn es das wirklich gab, was ging mich das an!Ich wandelte seit früher Kindheit <strong>den</strong> Pfad des Bösen, bis ich so in die Klemmegeriet, daß ich nicht mehr länger leben konnte, ob ich wollte oder nicht.— 159 —


Ich wollte Ihnen sagen, falls Sie Kinder haben, bringen Sie ihnen doch nur jagleich von klein auf <strong>bei</strong>, was Recht und was Unrecht ist. Haben Kinder jemandemetwas entwendet, so laßt sie es dorthin zurückbringen, wo sie es her haben.Laßt sie gar nicht erst auf <strong>den</strong> Gedanken kommen, daß Ihr es ihnen etwa abnehmenund selbst behalten wollt und sonst nichts da<strong>bei</strong> fändet. Hat ein Kind ersteinmal gestohlen, so wird es das immer wieder tun, wenn es nicht ernsthaft verwarntwird.Wenn ich etwas gestohlen hatte, hielt meine Mutter mich für einen fixen Jungen.Ich kam vom Bösen zu immer schlimmerem. Ich gehörte zu einer Bande vonetwa einem Dutzend Jungen. Wir wur<strong>den</strong> so frech und verwegen, daß wir garnicht darnach fragten, was aus uns wer<strong>den</strong> sollte. Wir ließen uns auf alle möglichenRäubereien ein, je tiefer wir hineingerieten, um so besser gefiel uns diesesRäuberleben. Schließlich überfielen wir gar Menschen und brachten sie einfachum. — Das Ende vom Liede war, daß wir gefaßt und gehängt wur<strong>den</strong>.Ich heiße Neidemeyer und bin jetzt hier.Vor <strong>Jahre</strong>n kam ich in diesen Zirkel durch unsere Nachbarstochter. Ich hatte dasMädchen sehr gern. Eines Tages ging sie aus dem Hause, und ich entschloßmich, mit ihr zu gehen.Ich hatte nicht begriffen, daß ich gehängt wor<strong>den</strong> war. Ich war mir nicht bewußt,verstorben zu sein. Ich war nach meiner Hinrichtung nach Hause gegangen unddort eine Zeitlang geblieben, merkte aber nicht, daß ich gestorben war.Meine Mutter war eine eigenartige Frau; aber nach allem, was ich gesehen habe,seitdem ich auf der geistigen Seite bin, ist mir heute klar, daß sie besessen war.Niemand konnte etwas mit ihr aufstellen. Mein Vater und mein Bruder warengute Menschen, aber meine Mutter und ich waren "Schwarze Schafe".Diese Nachbarstochter war ein gutes Mädel und hat immer versucht soweit siekonnte, mir zu helfen. An jenem Tage, wo ich ihr nachlief, ging sie in das Hausdieses Herrn (Dr. W.); sie ging in ein kleines Zimmer und sprach mit demMedium, durch welches ich eben jetzt rede; ich sah an diesem Tage manches,was ich bis dahin noch nie gesehen hatte. Ich kam nicht dahinter, was das allesbedeutete. Es war mir, als hielte mich dort jemand fest, und ich konnte nichtwieder fort.Ohne daß ich etwas Besonderes gemerkt hatte, saß ich mitten in einer kleinenVersammlung; ich hörte singen, und bevor ich es begreifen konnte, war ich wiederganz lebendig. Ich konnte re<strong>den</strong>, und mein Hals tat mir nicht mehr weh. Ichwunderte mich, was mit mir geschehen sei.Sie haben damals so gütig zu mir gesprochen, daß es eine wahre Wohltat fürmich war. Sie sprachen zu mir über das wahre Leben auf der andern Seite. Siehaben mir damit viel geholfen, das Leben zu verstehen, — nicht, wie es die Kircheund die Geistlichen lehren, daß wir lediglich zu Gott zu beten und an dasBlut Christi zu glauben brauchten; daß Christus für unsere Sün<strong>den</strong> gestorben seiund wir in <strong>den</strong> Himmel kämen, wenn wir nur Glauben hätten!— 160 —


Ich war nicht dazu geschaffen, solch einen ebenen Weg zu gehen, <strong>den</strong>n dasschien mir doch gar zu bequem und leicht. Ich konnte es einfach nicht für möglichhalten, daß wir sollten in <strong>den</strong> Himmel kommen können, ohne jede Anstrengungunsererseits. Ich war mir bewußt, daß ich schlecht war, doch tief im Herzenfühlte ich, daß ich mich mühen müsse, gut zu wer<strong>den</strong>, und Gutes tun müssefür all das Böse, was ich verbrochen hatte. Das schien mir vernünftiger gedacht,als zu glauben, daß ich mit einem kühnen Satz aus meinem elen<strong>den</strong> Zustandeheraus und mitten in <strong>den</strong> Himmel hinein springen könne. Ich mußte <strong>bei</strong> mir <strong>den</strong>ken,daß ich dort dann auch kein besonderes gutes Beispiel abgeben würde.Sie fingen mit mir ein Gespräch an über Gott und unsere menschliche Gotteserkenntnis,in einer Weise, wie ich es nie zuvor gehört hatte, die mir jedoch sehreinleuchtete. Ich hoffe sehr, es spricht jemand in dieser Weise auch mal zu meinenKamera<strong>den</strong>, die hier in derselben Lage sind, in der ich mich damals befand.Das würde ihnen sicher zu Herzen gehen.Es sind viele dar<strong>unter</strong>, die gar nicht schlecht sind, aber es kümmert sich keinerum sie. Die meisten von ihnen glauben das nicht, was die Bibel von Jesus Christusberichtet. — So, wie sie jetzt sind, gehen sie vor die Hunde.Seitdem ich zum ersten Mal in diesen kleinen Zirkel kam, und Sie mir die ersteHilfe geleistet haben, habe ich schwere Kämpfe durchzumachen gehabt. Es ist<strong>Jahre</strong> her, seit ich das erste Mal hier war.Ich möchte Ihnen gern erzählen, was ich zu tun habe, seitdem meine Muttergestorben ist. Ich versuche wieder und immer wieder, sie zur richtigen Einsichtzu bringen, aber sie will nicht hören. Ich hoffe, daß es mir eines Tages dochnoch gelingen wird, sie zu einem höheren Bewußtsein zu erwecken.Jenachdem wir in unserer Entwicklung fortschreiten, steigen wir von einer zurandern in immer höhere Sphären auf. Wenn ich mich einfach darauf verlassenhätte, daß Christus für meine Sün<strong>den</strong> gestorben sei, dann hatte ich mir mit solchemVerlassen auf diesen Glaubenssatz <strong>den</strong> Zugang zur höheren geistigen Weltselbst verbaut.Bald nachdem ich meinen Körper verlassen hatte, haben Sie mir damals gesagt,ich solle mich nach geistigen Freun<strong>den</strong> umsehen, die wür<strong>den</strong> mir helfen undmeine erste Aufgabe werde darin bestehen, andern zu dienen. Ich habe danachdann eine sehr schwere Zeit durchgemacht.Das erste was ich zu lernen hatte, war, mich in der Selbstüberwindung zu üben,und es ist überaus schwer, die eigene Selbstsucht zu bezwingen, wenn man bisdahin nie an etwas anderes als nur an sich selbst gedacht hat. Aber die Eigensuchtin uns müssen wir überwin<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n bevor dies nicht geschehen ist, sindwir für irgendeine Ar<strong>bei</strong>t in der Geisterwelt überhaupt nicht zu gebrauchen.Das beste Mittel ist, man wird in einen dunkeln Raum gesperrt — wir nennen esgewöhnlich <strong>den</strong> Kerker — wo man weiter nichts sieht, als sich selbst und allesdas, was man im Laufe seines Lebens getan hat. Eine nach der andern tretenunsere Taten vor uns hin. Der guten sind so wenige, daß sie kaum ins Gewicht— 161 —


fallen. — Kommt einem eine gute Tat vor Augen, dann kommt einem das vor,als ob sie einem andern gehöre. — In diesem Kerker hat man so lange zu bleiben,bis Herz und Augen sich weit aufgetan haben. Nur wenn wir ernstlich darnachtrachten, über unsere schlechten Gewohnheiten Herr zu wer<strong>den</strong>, und ganzfür andere leben wollen, kommen wir aus dem Zustand der Selbstsucht heraus!Mein Herz war sehr verhärtet, doch schließlich lernte auch ich rufen: "Nichtmehr mein, sondern nur noch Dein Wille geschehe!"Das erste, was man dann zu tun bekommt, ist, daß man helfen darf, <strong>den</strong> Allerniedrigsten,mit <strong>den</strong>en man in Berührung kommt, irgendwelche Dienste zu Leisten.Das fiel mir <strong>bei</strong> diesem oder jenem außeror<strong>den</strong>tlich schwer, aber ich mußtees. Ich mußte viel Geduld lernen. Wenn wir erst ohne Murren dienen könnenund es aus Nächstenliebe tun, dann fällt es einem auch gar nicht mehr so schwer.So bin ich immer weiter gekommen, von einer Stufe zur andern, immer lernend,und bin durch das Lernen in immer bessere Zustände gelangt. In der geistigenWelt schreitet man stufenweise vorwärts, aber nur durch Lernen.Ich möchte Ihnen heute Abend noch einmal danken für die Hilfe, welche Sie mirgeleistet haben. Ich habe jetzt ein schönes kleines Heim in der Geisterwelt undbin glücklich; aber meine Aufgabe hier ist noch nicht vollbracht. Sie bestehtauch weiter noch darin, <strong>den</strong>en zu helfen, die Hilfe brauchen, und zu versuchen,die jungen Menschen auf der Erde dahin zu beeinflussen, daß sie die Untaten,die nicht zur Ausführung bringen, sondern sich bemühen, gut zu sein und ihrenMitmenschen Gutes zu tun, wo sie nur irgend können. —Leben Sie wohl!— — —Sitzung vom <strong>30</strong>. August 1922Geist: Pete Neidemeyer. — Medium: Frau WicklandIch komme heute Abend zu Ihnen, um einige Worte zu sagen. Ich möchte Ihnendafür danken, daß Sie mir zum höheren Leben verholfen haben.Ich war tief, tief gesunken saß voller Haß, und meine Gedanken drehten sich nurum meine eigensüchtigen Wünsche. Ich war so weit her<strong>unter</strong>gekommen wie nurmöglich. Meine Mutter war besessen. Sie übte einen großen Einfluß auf michaus. Sie war mit der Welt zerfallen und stiftete mich gegen die Nachbarn zuUntaten an, die ich nie hätte tun sollen. Mein Vater und mein Bruder waren guteMenschen und stan<strong>den</strong> in gutem Ansehen.Ich bin Pete Neidemeyer. Ich möchte Ihnen dafür danken, daß Sie mir geholfenhaben, und Sie gleichzeitig bitten, meiner Mutter gute Gedanken zuzusen<strong>den</strong>.Sie ist gestorben, aber ich kann sie nicht erreichen. Sie war von einem sehrbösen Geiste besessen; sie hat mich mit ihren Gedanken sehr ungünstig beeinflußt,und ich war sehr empfänglich dafür.— 162 —


Sie haben wahrhaft christlich an mir gehandelt, wie es niemand je getan hat. Ichward von allen gemie<strong>den</strong>. Wenn man in einer großen Stadt lebt, mit all ihrenVersuchungen, und man weiß nichts von höheren Dingen, so kommt man leichtin schlechte Gesellschaft. Man verstrickt sich so sehr ins Unrecht, daß manschließlich meint, es gehörte einem alles ebenso gut, wie <strong>den</strong> andern.Neid, Selbstsucht und Unwissenheit sind drei Eigenschaften, über die wir <strong>unter</strong>allen Umstän<strong>den</strong> Herr zu wer<strong>den</strong> trachten sollten. Wer von ihnen beherrscht ist,der hat <strong>den</strong> Teufel in sich. Man ist neidisch auf je<strong>den</strong>, der mehr hat als man selber;man ist nur auf sich bedacht und will nichts hergeben, um alles für sich zubehalten. Man will immer haben, was andern gehört, und meint schließlich,wenn es einen Gott gäbe, dann hätte er einem doch sicherlich dieselben gutenMöglichkeiten gegeben wie <strong>den</strong> andern.Mit solchen Ansichten wuchs ich auf, Mutter war selbstsüchtig und neidisch. Inder ganzen Nachbarschaft konnte niemand sie lei<strong>den</strong>, sie hatte nicht einen einzigenFreund. Ich war ihr Liebling und konnte alles haben.Vater mahnte mich, nichts Unrechtes zu tun; doch Mutter sagte immer, ich brauchenicht auf ihn zu hören, ich sollte nur weiter tun, was mir gefiele. Ich gingaus und verbrachte die Nächte in schlechter Gesellschaft. Wir taten uns zu einerBande zusammen. Eigentlich hatte ich nicht mitmachen wollen, mußte esjedoch, weil ich durch <strong>den</strong> Klub dazu gezwungen wurde.Sie müssen wissen, diese Burschen haben Klubs, Geheimbünde, und gehört manerst einmal dazu, dann muß man alles tun, was sie wollen, weil man in ihrerGewalt ist. Sich zurückzuziehen ist gar nicht möglich; auch wer das versuchenwollte, <strong>den</strong> würde man durch Drohungen zwingen, mitzumachen. Er wirdbewacht, immer ist ihm einer auf <strong>den</strong> Fersen. Die Neulinge sind dazu da, dieKastanien aus dem Feuer zu holen. Die Führer sind sehr selten zu fassen.Sogar eine Schule haben sie, und die Neulinge wer<strong>den</strong> dort in allen Schlichen<strong>unter</strong>richtet. Einige Anführer gehören zur besten Gesellschaft in großen Städtenund machen die Leute ausfindig, <strong>bei</strong> <strong>den</strong>en es was zu rauben gibt. Man mag sichoft gewundert haben, daß da und dort Juwelen und Geld zu fin<strong>den</strong> waren.Unsere Führer wissen über das alles gut Bescheid. Sie verkehren ständig in <strong>den</strong>besten Kreisen. Sie haben Geld, und deshalb würde es auch zu gar nichts führen,wenn man versuchen wollte, sie zur Rechenschaft zu ziehen.Wenn ich Ihnen einige unserer Anführer, die der besten Gesellschaft Chicagosangehören, mit Namen nennen wollte, wür<strong>den</strong> Sie mir nicht glauben. Sie wür<strong>den</strong>sagen, es sei nicht wahr! Wür<strong>den</strong> Sie etwas gegen sie sagen, dann würde manSie sofort verdächtigen und behaupten, Sie hätten solchen Einbruch verübt. Waskann man <strong>den</strong>n schließlich tun? Man muß eben stillschweigen! — So geht's inder "Unterwelt" zu — Die "Oberwelt" bedient sich aber der "Unterwelt", wennes ihr für ihre Zwecke dienlich erscheint — Was wir in einer Stadt stahlen, daswurde sogleich nach einer andern in Sicherheit gebracht.— 163 —


Stets wer<strong>den</strong> Sie unsere Führer in der feinsten Gesellschaft fin<strong>den</strong>, aber wir dürfennichts verraten. Wenn man erst mal ihrem Klub angehört — ich nenne ihn<strong>den</strong> Teufels-Klub — kann man gar nichts sagen. Man ist in ihren Klauen, undunsere Anführer sind schlimmer als Teufel, so gemein sind sie! Wenn es nichtohne Mord abging, waren wir es, die dafür ihren Kopf hinhalten mußten, abersie bekamen das Geld.Ich kam heute Abend her, um Ihnen dafür zu danken, daß Sie mir geholfenhaben. Niemand hat mir je zuvor eine hilfreiche Hand gereicht.Beim "Car-Barn"-Mord habe ich keinen Menschen umgebracht. Ich bin wohlmit da<strong>bei</strong> gewesen, doch der eigentliche Täter ist nicht gehängt wor<strong>den</strong>, esgelang ihm zu entkommen. Unser vier wur<strong>den</strong> gehängt, weil wir da<strong>bei</strong> waren.Ich war unschuldig. Ich sollte Schmiere stehen, und daß habe ich auch getan,doch gemordet habe ich nicht. Und dafür wurde ich gehängt.Wenn Sie es irgend können, wirken Sie darauf hin, daß man Menschen nichtgleich aufhängt. Man sollte ihnen immer noch eine Frist geben, weil sich oftgenug noch herausstellt, daß sie unschuldig sind. Man sollte sie einsperren undihnen noch eine Gelegenheit zur Besserung geben.Wenn sie gehängt sind, wo sind sie dann? Im Herzen nichts als Haß, streben sieins Er<strong>den</strong>leben zurück und richten weiter Unheil an. Sie beeinflussen Menschen,und dann kommt es zu Besessenheit.Ich steckte voller Haß, als man mich hängte, und sagte mir, wenn es ein Weiterleben gibt, will ich mir mein Recht schon holen und b Rache nehmen.Erinnern Sie sich noch an Tillie, die neben mir wohnte? Ich erzählte Ihnen schonfrüher von ihr. Sie kam öfter zu Ihren Sitzungen. Da ging ich einmal mit ihr undkam durch sie in Ihren Kreis. Hier wurde ich andern Sinnes und gelangtedadurch zu einem höheren Leben.Tillie hat immer einen guten Einfluß auf mich ausgeübt; sie hätte gern öfter mitmir gesprochen. Doch Mutter war stets eifersüchtig und wollte das nicht. Mutterwar sehr gemein zu Tillies Angehörigen. Und zu der Zeit, als ich gehängt wurde,steigerte sich ihre Bosheit zur Raserei, so daß sie zu einem Schrecken für dieganze Nachbarschaft wurde. Sie riß alle Zäune ein und verrammelte alle Stallfenster,die zu <strong>den</strong> Nachbarn hingingen. Am liebsten hätte sie je<strong>den</strong> erschossen,der ihr in <strong>den</strong> Weg kam. Wenn mein Vater seine Flinte gela<strong>den</strong> gehabt hätte,hätte Mutter sich die größten Ungelegenheiten auf <strong>den</strong> Hals gezogen.Tillie war mein Schutzengel, und durch die Hilfe Ihres Kreises gelang es mir,über meinen Haß Herr zu wer<strong>den</strong>. Jetzt suche ich andern zu helfen, kraft derbesseren Einsicht, die Sie mir gaben. Meine Aufgabe ist, solchen Unglücklichenzu helfen, wie dem armen Kerl, der vor mir hier war.Ich suche Menschen dahin zu beeinflussen, daß sie rechtschaffener handeln. —Wenn es darum geht, ob jemand gehängt wer<strong>den</strong> müsse, sollte man das nichttun, sondern ihm eine Gelegenheit geben, sich zu bessern. Kein Mensch hat das— 164 —


Recht, einem andern das Leben zu nehmen. Niemand sollte einen andern töten.Wir sind alle Gottes Kinder! Fehler begehen wir alle, und der Starke sollte demSchwachen helfen.Hat jemand einen andern umgebracht, so hat er weder Gerechtigkeit noch Gnadezu gewärtigen. Der Richter und das Gericht — was haben sie an menschlichemMitgefühl noch übrig für einen, der zum Mörder gewor<strong>den</strong> ist? Warum müssensie ihn gleich töten, anstatt ihm eine Gelegenheit zur Besserung zu geben? Weshalbgeben sie solch armem Kerl nicht mal ein gutes Wort? Warum gehen sienicht zu <strong>den</strong> Gefangenen und belehren sie über das höhere Leben, warum hatman dort nicht mediumistische Zirkel und versucht, ihnen zu helfen?Sobald die Todesstrafe abgeschafft würde, gäbe es nicht mehr so viele Morde.Wenn Menschen gehängt wer<strong>den</strong>, so haben sie ihr Herz voller Haß und Rachegelüsteund sie haben nichts anderes im Sinn als töten, töten, töten! In diesemSinne üben sie Einfluß auf empfängliche Menschen aus und stiften diese zuallerhand Verbrechen an.Ich möchte es nochmals sagen, wenn Sie irgendeinen Einfluß geltend machenkönnen, wirken Sie darauf hin, daß die Todesstrafe abgeschafft wird. Dies isthier ein christliches Land und niemand hat ein Recht, einen andern zu töten. Wiesie Christus getötet haben, so richten sie einfach je<strong>den</strong> andern hin, der zum Mördergewor<strong>den</strong> ist, anstatt dafür Sorge zu tragen, daß die Menschen als Kinderrichtig erzogen und belehrt wer<strong>den</strong>. Wäre es nicht richtiger, diese zu belehren,besser zu wer<strong>den</strong> und ein besseres Leben zu führen.Die Zeit wird kommen, wo die Welt wird einsehen müssen, daß sie ihre Selbstsuchtüberwin<strong>den</strong> muß. Es wird zunächst noch viel Not und Unglück geben,bevor diese Zeit da ist, und gar manches wird noch zugrunde gehen, doch darnachwer<strong>den</strong> die Verhältnisse bessere wer<strong>den</strong>.Ich habe jetzt in der Geisterwelt meine Ar<strong>bei</strong>t, und ich danke Ihnen, daß Siemich zur Einsicht gebracht und wachgerüttelt haben. Ich halte hier und da kleineVersammlungen ab und suche <strong>den</strong>en, die noch im Finstern sitzen, Trost zuspen<strong>den</strong>.Ich sehe mich augenblicklich vor eine recht schwierige Aufgabe gestellt, nämlich,meine Mutter zur Vernunft zu bringen. Ich wünschte, Sie alle wür<strong>den</strong> ihrgute, liebe Gedanken sen<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n sie selbst hat nichts als Haß, Selbstsucht undNeid im Herzen. Sie hat sich in sich selbst so verbissen, daß sie jetzt auf niemandhören will. Helfen Sie mir, sie wach zu rütteln und ihr Verständnis für daswahre Leben <strong>bei</strong>zubringen.Oh, wie danke ich Ihnen, daß Sie mir geholfen haben! Im Herzen war ich keinMörder, und doch bin ich eines Mordes wegen gehängt wor<strong>den</strong>. Ich war nicht<strong>unter</strong> <strong>den</strong> Tätern, ich stand nur Wache. Ich gehörte zur Bande, und das genügtedem Gericht — ich war gezeichnet! —Jetzt bin ich bemüht, meine Pflicht zu erfüllen, aber ich habe viel zu lernen. Ichhabe vom wahren Leben recht wenig gewußt. Mein Vater wollte, daß ich in die— 165 —


Sonntagsschule ginge, Mutter meinte, das wäre nicht nötig. Doch ging ich hin,fand dort aber nichts, was mich fesselte, und so blieb ich bald wieder fort.Jetzt weiß ich, daß Gott überall ist, und daß ich ein Teil von ihm bin. Ich habeschwere Zeiten durchgemacht, bis es mir endlich gelungen ist, mich aus <strong>den</strong>Fesseln der Selbstsucht, des Neides und der Unwissenheit zu befreien; sie sinddie Wurzeln alles Übels. Sind sie aber einmal überwun<strong>den</strong>, dann treten <strong>Liebe</strong>,Güte und Einsicht an ihre Stelle. Sowie die Menschen nur Verständnis für dashöhere Leben erlangen wür<strong>den</strong>, wären sie auch glücklich. Sie alle sollten sichschon auf Er<strong>den</strong> als Brüder und Schwestern fühlen, so wie wir hier im andernLeben.In der Geisterwelt gehen uns erst die Augen richtig auf. Man kommt nicht vorwärts,bevor man nicht die Grundwahrheiten des Lebens begriffen hat. Sie wissen,daß ein Schuljunge nicht die Universität besuchen kann; er hat zunächstseine Schulbücher durchzuar<strong>bei</strong>ten. Er muß als Kind in die Schule gehen, wenner später auf die Universität will, und hat sich dort Schritt für Schritt vorwärts zuar<strong>bei</strong>ten.So ist es auch in der Geisterwelt. Sie ist die Welt der Glückseligkeit. Wir wissensie nicht zu würdigen, bis wir sie nicht vor uns haben. Ein jeder sollte über dieseDinge Bescheid wissen, bevor er das Grenzland überschreitet. Wir können garnicht hinein in die Geisterwelt, solange wir von ihr nichts wissen und verstehen.Und erst wenn wir mit Gott eins gewor<strong>den</strong> sind, haben wir die volle Glückseligkeit.Ich weiß nicht viel, und kann darum auch nicht viel sagen, weil ich erst so wenigvon der Geisterwelt gesehen habe. Ich habe noch viel zu tun, bis ich weiterkomme.Kommt man in die Geisterwelt, so ist's, als ob man in einen Garten ginge, wo esüberall die verschie<strong>den</strong>sten herrlichen Blumen zu sehen gibt. Die Blumen stehenalle so gerade und schauen einen an, als ob sie sagen wollten: "Bitte, pflück'mich!“ Eine jede hat ihren besonderen Duft, alle sind sie wunderhübsch und vonherrlichem Wohlgeruch.Die Geisterwelt gleicht einem Blumenbeet, alles ist schön und wohlgeordnetaufeinander abgestimmt — ich meine, es gibt da keine störende Eigenwilligkeit.Jenachdem einer weiter fortgeschritten ist, strahlt er stärker als der andere. Wirwer<strong>den</strong> alle dorthin kommen, müssen uns aber <strong>den</strong> Aufstieg selber erringen. Esbraucht niemand mutlos zu wer<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n schließlich wer<strong>den</strong> wir alle dorthingelangen, doch braucht es Zeit!Ich danke Ihnen, daß Sie mir zur Einsicht und zu einem Heim verholfen haben.Ohne Ihre Hilfe wäre ich noch immer ein erdgebun<strong>den</strong>er Geist, der mehr Scha<strong>den</strong>stiftete als Gutes täte, <strong>den</strong>n mein Herz war voller Haß.Ich bin sehr glücklich, aber ich bitte Sie alle, meiner Mutter gute Gedanken zusen<strong>den</strong>, so daß ich sie zum Erwachen bringen und ihr helfen kann, über ihre— 166 —


Selbstsucht, ihren Neid und ihre Unwissenheit Herr zu wer<strong>den</strong>. Ach helfen Siemir, eine Möglichkeit zu schaffen, sie wachzurütteln.Ich danke Ihnen allen!*— 167 —


Geister und SelbstmordViele überraschende Selbstmorde, die ohne ersichtlichen Anlaß begangen wer<strong>den</strong>,haben ihre Ursache in Besessenheit durch erdgebun<strong>den</strong>e Geister. Manchedieser Geister treibt lediglich die Lust, ihre Opfer zu quälen; andere wiederhaben selber Selbstmord begangen, sehen sich <strong>den</strong>noch weiter am Leben; voneiner geistigen Welt wissen sie nichts, und so leben sie <strong>unter</strong> dem bedrücken<strong>den</strong>Irrtum, daß ihnen ihr Versuch, sich umzubringen, nicht geglückt sei, undmachen immer wieder neue Selbstmordversuche.Wenn diese Geister mit medialen Menschen in enge Verbindung kommen, haltensie deren Körper fälschlich für <strong>den</strong> ihrigen, flößen diesen Medien lebensmüdeGedanken ein und veranlassen sie zu selbstmörderischen Handlungen.Das Schicksal eines Selbstmörders ist in der Regel ein äußerst jämmerliches,<strong>den</strong>n seine übereilte Tat hält ihn in der Erdsphäre so lange fest, wie sein Lebenbis zu seinem natürlichen Ende gedauert haben würde.Ein Fall von Selbstmord, mit dem wir in Verbindung kamen, betraf eine FrauX., die mich in meiner Kindheit in Europa in der Sonntagsschule <strong>unter</strong>richtethatte, von der meine Frau aber überhaupt nichts wußte. — Sie war eine klugeund geistig rege Frau gewesen und auch ein ernstes Mitglied der Kirche. Sie warglücklich verheiratet und Mutter mehrerer Kinder. Ohne irgend welche bedrohlichenVorzeichen, <strong>bei</strong> sichtlich zufrie<strong>den</strong>em und glücklichem Befin<strong>den</strong>, hatte siesich plötzlich erhängt und der zu Tode erschrockene Ehemann und ihre Kinderfan<strong>den</strong> keinerlei Erklärung für diesen unseligen Schritt.Eines Wintertags, 15 <strong>Jahre</strong> später, waren meine Frau und ich allein in unseremHeim in Chicago, als ganz unvermutet ein Geistwesen von meiner Frau Besitznahm, das nach Atem rang und zu ersticken schien. Dieser Geist war, wie soviele andere auch, sich nicht bewußt, in einem frem<strong>den</strong> Körper zu stecken, underlebte in der engen Fühlung mit der Körpermaterie noch einmal seinen letztenTodeskampf. Auf mein vieles Fragen hin wurde mir durch die erhaltenen Äußerungenzu meiner größten Überraschung klar, daß ich hier eine gute Bekannteaus längst vergangenen Tagen vor mir hatte, die ihrem Er<strong>den</strong>leben durch Erhängeneigenmächtig ein Ende gemacht hatte. Sie war noch in der Erdsphäre verhaftetund berichtete von <strong>den</strong> unbeschreiblichen Gewissensqualen, in <strong>den</strong>en sieall die <strong>Jahre</strong> gelebt."Sobald ich mich außerhalb meines Körpers befand, sah ich auch sogleich dieUrsache meiner voreiligen Tat. Böse Geister, <strong>den</strong>en mißgünstige GedankenÜbelwollender Mitmenschen <strong>den</strong> Weg zu mir gewiesen, stan<strong>den</strong> um michherum und freuten sich in teuflischer Genugtuung über ihr gelungenes Werk. Siehatten mich dahin beeinflußt, meinem Leben ein Ende zu machen. Ich hatte vonmir aus nicht <strong>den</strong> geringsten Grund, an solch eine Torheit auch nur zu <strong>den</strong>ken.Ein unwiderstehlicher Drang hatte mich plötzlich überkommen, — ich legte mir<strong>den</strong> Strick um <strong>den</strong> Hals, und erst als es zu spät war, begriff ich, was ich getan— 168 —


hatte. — Ich hätte die ganze Welt darum gegeben für die Möglichkeit, meinenKörper wieder zu bekommen. Oh, was für entsetzliche Verzweiflung undGewissensqualen habe ich durchgemacht! Unser Heim zerstört, mein Mannuntröstlich mit gebrochenem Herzen, und meine Kleinen meiner Fürsorge sobedürftig! Sie merken es nicht, wenn ich zu ihnen komme und sie zu trösten versuche,und ich sah um mich bisher nur Dunkelheit und Schwermut."Getröstet und ermutigt durch eine Belehrung über die geistige Welt war dieseVerstorbene gern bereit, mit höheren Geistern mitzugehen und sich belehren zulassen, wie sie ihren <strong>Liebe</strong>n auf Er<strong>den</strong> noch nützlich sein könne.Viele <strong>Jahre</strong> später, als wir eine Kranke im Hause hatten, die sich stark mitSelbstmordabsichten trug, kam diese Verstorbene noch einmal wieder zu uns,um unsere Kranke ernstlich zu warnen, doch ja ihre Absicht nicht auszuführen.— — —Sitzung vom 17. November 1918Geist: Frau X.Es ist lange her, seit ich hier war. Ich möchte gern der jungen Dame, die sichhier mit Selbstmordgedanken trägt, ein paar Worte sagen. — Vor vielen <strong>Jahre</strong>nwar ich eine glückliche Frau, mit zwei sehr lieben Kindern und einem sehr liebenManne. Wir lebten glücklich zusammen, <strong>den</strong>n wir waren verträgliche Naturen,und gerade um unseres Glückes willen wur<strong>den</strong> wir zur Zielscheibe vielerneidischer Gedanken. Ich wußte damals nicht, daß ich medial war; ich gehörtezur Baptistengemeinde. Ich besorgte unsere Häuslichkeit, so gut ich nur immerkonnte; aber irgendjemand ging darauf aus, uns ins Unglück zu stürzen. — Da,eines Tages, ging mein Mann wie gewöhnlich in seinen Dienst, und ich küßteihn <strong>bei</strong>m Abschied und war durchaus guter Dinge. Doch kaum war er fort, daüberfiel mich plötzlich etwas. Ich wußte nicht, was ich tat. Ich wußte überhauptnichts. Ich entsinne mich nur, daß mir ganz eigentümlich zu Mute war, als o<strong>bei</strong>n fremdes Wesen mich ganz und gar in seiner Gewalt habe; ich begriff überhauptnicht, was da vor sch ging. — Nach einem kurzen Weilchen war alles wieverwandelt. Ich sah meinen Mann zu Tode erschrocken bitterlich weinend; undals mir die Dinge allmählich klarer wur<strong>den</strong>, sah ich meinen Körper da hängen.Ach, wenn Sie doch nur recht deutlich begreifen könnten, in was für einer Lageich mich befand. Da stand mein armer Mann im Schuppen und blickte auf meinenhängen<strong>den</strong> Körper. Er weinte herzbrechend, aber ich konnte nichts tun, ihmzu helfen. Da stand ich nun neben ihm und hatte nur <strong>den</strong> einzigsten dringen<strong>den</strong>Wunsch, könnte ich doch bloß meinen Körper wiederbekommen! Aber das warnicht möglich. Da waren meine <strong>bei</strong><strong>den</strong> Kleinen und weinten um mich, und ichkonnte sie nicht trösten. — Ich wußte immer noch nicht, was eigentlich los war,bis ich sah, wie eine Anzahl böser Geister um uns herumstan<strong>den</strong> und uns auslachten.Sie hatten mich überfallen und mich dahin beeinflußt mir das Leben zunehmen in der zielbewußten Absicht, unser häusliches Glück zu zerstören. MeinMann konnte <strong>den</strong> Anblick nie vergessen, wie er meine Leiche im Schuppen hän-— 169 —


gen gesehen. Meine Kinder waren klein und hatten meine Fürsorge so nötig;doch nun war die Verantwortung für ihre Erziehung meinem Manne allein aufgebürdet.Es wäre doch meine Pflicht gewesen, diese Verantwortung mit meinemManne zu teilen. Obwohl ich doch durch frem<strong>den</strong> Einfluß dazu gedrängtwor<strong>den</strong> war, habe ich 10 lange <strong>Jahre</strong> hindurch nichts anderes vor Augen gehabt,als diese unselige Tat, ich konnte wohl sehen, wie sehr meine Kinder mich nötiggehabt hätten, aber ich konnte nichts für sie tun. Ach, was habe ich deswegenausgestan<strong>den</strong>! Meine armen, armen Kinder!!Eines Tages, es war gerade recht kalt an dem Tage, hatte ich das Gefühl, alskäme ich noch einmal ins Leben zurück. Ich fühlte mich aufs neue warm. Ichwußte zwar nicht, wo ich sei, aber ich hatte das Gefühl, wieder am Leben zusein. Ich fand mich im Gespräch mit Dr. Wickland. Er erzählte mir, was geschehensei, und erklärte mir auch, daß ich mich nur vorübergehend im Körper seinerFrau befände, und daß Freunde mich in die Geisterwelt mitnehmen wollten.— Daraufhin fühlte ich mich sogleich wohler und bin Ihnen dankbar dafür, daßSie mir zu meinem jetzt recht angenehmen Zustande verholfen haben. — Aberach, was habe ich diese langen 10 <strong>Jahre</strong> hindurch gelitten! Ich hatte nichts anderesvor Augen als immer nur meinen hängen<strong>den</strong> Körper und wie nötig mich dieKinder brauchten. Mein Mann und die Kinder! Wie sehr entbehrten sie meineFürsorge! Aber ich war völlig außerstande, ihnen zu helfen. — Ich möchte je<strong>den</strong>Menschen dringend warnen, der sich mit dem Gedanken trägt, eigenmächtig ausdem Leben zu gehen. Tut das ja nicht, <strong>unter</strong> gar keinen Umstän<strong>den</strong>! — Sie wissengar nicht und können es sich auch überhaupt gar nicht vorstellen, in was füreiner Hölle Sie sich danach dann befin<strong>den</strong>. In seinen Körper kann man nichtwieder zurück, wenn man erst einmal heraus ist; und seinen Pflichten gegenandere kann man dann nicht mehr nachkommen. Versetzen Sie sich einmal inmeine Kinder, — <strong>bei</strong> jedem Gedanken an mich müssen sie zugleich auch daran<strong>den</strong>ken, daß ihre Mutter Selbstmord begangen hat. Weder mein Mann nochmeine Kinder können mir das jemals ganz verzeihen. Obwohl ich doch besessenwar, als ich die Tat beging, habe ich so lei<strong>den</strong> müssen. Wer etwas von <strong>den</strong>Gesetzen weiß, welche für das Leben in der geistigen Welt maßgebend sind, derwürde niemals Selbstmord begehen, weil er dann auch um die schlimmen Folgenweiß. Tilgt je<strong>den</strong> Selbstmordgedanken völlig aus! Gebt euch zufrie<strong>den</strong> hierauf Er<strong>den</strong>, bis es für euch an der Zeit ist, in die geistige Welt hinüberzugehen.— Die 10 <strong>Jahre</strong> meiner Lei<strong>den</strong> war die Zeitspanne, die ich noch auf Er<strong>den</strong> hätteverleben sollen. Nach weiteren 10 Lebensjahren hätte ich also meinen Körperzwar auch verlassen, <strong>den</strong>n mein Leben wäre dann ausgelebt gewesen; aber ichhätte in dieser Zeit doch für meinen Mann und meine Kinder sorgen können. Ichwäre dann nicht vor der mir gesetzten Zeit ins geistige Leben hinübergekommen;und meine Strafe bestand darin, daß ich beständig meine hängende Leichevor Augen hatte. Und alles, was ich begreifen konnte, war nur immer das eine,daß mein Mann und meine Kinder meine Fürsorge so nötig hatten.Jetzt bin ich glücklich, soweit ich das sein kann, bis ich mit meiner Familie wiedervereinigt sein werde, und tue alles, was mir möglich ist, meinen Kindern zu— 170 —


helfen. Ich bitte Sie, meinen lieben Mann herzlich von mir zu grüßen. Er fühltsich so einsam. Ich bin wohl viel <strong>bei</strong> ihm, kann aber nichts tun, um ihn in seinerEinsamkeit zu trösten.— — —Am 20. November 1904, als meine Frau und ich <strong>bei</strong> Freun<strong>den</strong> in Chicago zuBesuch waren, veranstalteten wir eine Sitzung. Da hörte meine Frau jeman<strong>den</strong>sagen: "Ich bin im Finstern." Sie fragte, wer diese Bemerkung gemacht habe.Aber niemand im Zimmer hatte ein Wort gesprochen. Doch ein Herr, der nebenmeiner Frau saß, erklärte, er habe die Stimme auch gehört. Einen Augenblickspäter kam meine Frau in Tiefschlaf und fiel auf <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong>, während das in ihrbefindliche Geistwesen sich an die Kehle faßte und rief: "Nehmt <strong>den</strong> Strick fort!Nehmt <strong>den</strong> Strick fort! Ich bin im Finstern. Warum habe ich das getan? Ach,warum habe ich das nur getan?"Als die sehr aufgeregte Verstorbene sich etwas beruhigt hatte, berichtete sie uns,sie heiße Minnie Harmening, sei ein junges Mädchen und lebe auf einer Farm<strong>bei</strong> Palatine. Da sie, von Schluchzen <strong>unter</strong>brochen, etwas stockend sprach, wares schwierig, ihre Worte zu verstehen, und ich glaubte, sie behaupte, aus Palästinazu kommen, was mir recht befremdlich war. — Die Verstorbene war tiefunglücklich darüber, daß sie sich das Leben genommen hatte, und hielt <strong>den</strong> Körperdes Mediums für ihren eigenen; auch glaubte sie, <strong>den</strong> Strick noch um <strong>den</strong>Hals zu haben. — Sie erzählte, am 5. Oktober sei ohne ersichtliche Ursacheganz unversehens das unwiderstehliche Verlangen über sie gekommen, sich dasLeben zu nehmen; und als sie allein war, sei sie in die Scheune gegangen undhabe sich aufgehängt."Ein Mann mit schwarzem Bart hat mich dazu gedrängt. (Geist.) Ich traf ihn inder Scheune, und er hypnotisierte mich; dann veranlaßte er mich dazu, mich aneinem Balken aufzuhängen. Aber ich weiß nicht, warum ich das getan habe.Mein Bruder John fand mich und schnitt mich ab, und meine Eltern waren außersich. Aber ich bin ja gar nicht tot, ich bin die ganze Zeit zu Hause und sprechemit Vater und Mutter. Ich versuche sie zu trösten und ihnen klar zu machen, daßich ja gar nicht tot hin; aber sie sehen mich gar nicht und antworten mir nicht!Meine Leute sitzen alle um <strong>den</strong> Tisch und weinen, und mein Stuhl steht leer;aber niemand antwortet mir. Warum antworten sie mir <strong>den</strong>n nicht?"Wir konnten sie anfangs nicht davon überzeugen, daß es nicht ihr eigener, sondernein fremder Körper sei, durch <strong>den</strong> sie sich uns mitteilte. Aber nach längererUnterhaltung wurde sie einsichtiger und ließ sich trösten, und schließlich schiedsie von uns <strong>unter</strong> der Obhut von Geisterfreun<strong>den</strong>.Vor diesem eben berichteten Erlebnis hatte weder meine Frau noch ich etwasüber <strong>den</strong> geheimnisvollen Selbstmord der jungen Harmening gehört; auch wußtenwir überhaupt nicht, daß es ein Mädchen dieses Namens gab. — Einige Tagespäter kam ein Berichterstatter einer Chicagoer Tageszeitung, um sich von unsüber unsere Forscherar<strong>bei</strong>t Auskunft geben zu lassen, und ich erzählte ihm vondem kürzlich gehabten Erlebnis mit der jungen Harmening. Höchst überrascht— 171 —


erzählte er mir dagegen, daß gerade er mit der Berichterstattung über <strong>den</strong> FallHarmening beauftragt gewesen sei und das Mädchen in Palatine, Cook County,Illinois, gelebt habe. Man habe die Leiche des Mädchens in der väterlichenScheune hängend gefun<strong>den</strong>, aber kein Mensch wisse irgendeinen Grund fürihren Selbstmord; das Mädchen sei jedoch schon immer etwas sonderlich gewesen.Es entstand der Verdacht, daß es sich wohl um einen Mord handeln könne,weil ihre Kleider über der Brust zerrissen waren und am Nacken sich starkeKratzwun<strong>den</strong> fan<strong>den</strong>. Das verleitete die Behör<strong>den</strong> zu der Annahme, daß hier einVerbrechen vorliege und die Leiche hinterher nur aufgehängt wor<strong>den</strong> sei, um<strong>den</strong> Verdacht abzulenken.Am Erntedankfest, dem 24. November, kam der Geist der Minnie Harmeningnochmals wieder zu uns, noch stark bekümmert über <strong>den</strong> Schmerz der Elternund die unduldsame Haltung gegen ihre Familie von seiten der Dorfbewohnerund der Mitglieder der Kirchengemeinde, welche die Familie als verfehmt mie<strong>den</strong>.Das Mädchen war ein treues Mitglied der deutschen Lutherischen Kirchegewesen. Aber weil sie Selbstmord begangen hatte, hatte der Pastor die Erlaubnisverweigert, die Begräbnisfeier, wie sonst üblich, in der Kirche zu halten.Auch hatte die Gemeindevertretung nicht erlaubt, die Leiche auf dem geweihtenGottesacker zu beerdigen. — Minnie erzählte uns, die Begräbnisfeier habe inihrem Elternhause stattgefun<strong>den</strong>, aber der Pastor habe <strong>den</strong> Anblick ihrer Leicheals verunehrend betrachtet und sei daher draußen geblieben, wo ihr andere dieletzte Ehre erwiesen. Das habe <strong>den</strong> Kummer der ohnehin schwerbetrübten Elternnoch vermehrt. (Diese Angaben fand ich später <strong>bei</strong> Durchsicht der Zeitungenbestätigt.)Ich fragte die Verstorbene, wovon <strong>den</strong>n ihre Kleider so zerrissen gewesen seien,und sie gab zur Antwort: "Das habe ich selbst getan. Der große Mann (Geist)mit dem Bart verlangte, ich solle mich aufhängen; aber als ich die Kiste <strong>unter</strong>meinen Füßen fortgestoßen hatte, fühlte ich, wie der Strick sich um meinen Halszusammenzog und kam zum Bewußtsein. Ich krallte mich in <strong>den</strong> Strick und versuchteihn zu lockern, aber er zog sich nur immer fester zusammen und ich zerkratztemich da<strong>bei</strong>. — 14 <strong>Jahre</strong> später kam der Geist der Minnie Harmeningnoch einmal wieder und sprach zu uns.— — —Sitzung am 20. Oktober 1918Geist: Minnie HarmeningIch möchte Ihnen gern für all die Hilfe danken, die Sie mir geleistet haben. —Als ich die Tat beging und mir das Leben nahm, war ich ein junges Mädel vonkaum 16 <strong>Jahre</strong>n. Hinterher habe ich furchtbar zu lei<strong>den</strong> gehabt und war sehr,sehr elend. Ich sah Vater und Mutter am Tisch sitzen und weinen und konnteihnen nicht helfen. Als die Zeit kam, wo mein Körper beerdigt wer<strong>den</strong> sollte,wollte der Pastor die Leiche nicht in die Kirche bringen lassen und auch nichtdie Beerdigung halten, weil ich, wie er sagte, mit meinem Selbstmord eineschwere Sünde begangen hätte. Er sagte auch, meiner unseligen Tat wegen— 172 —


könne ich auch nicht auf dem Friedhof beerdigt wer<strong>den</strong>, und er würde nicht einmaleinen Blick auf <strong>den</strong> Leichenzug werfen, wenn dieser an ihm vor<strong>bei</strong>käme. —Ich habe die Tat ja gar nicht selbst begangen. Ich bin besessen gewesen. Es warfür meine Eltern und Geschwister sehr hart. Der Pastor wollte nicht einmal indas Zimmer kommen, wo die Leiche lag, sondern sprach von einem anderenZimmer her. Er war zu heilig, als daß er mit meiner Leiche in ein und demselbenZimmer hätte sein dürfen. Das alles machte es für meine Eltern noch härter. —Glaubt ja nicht etwa, daß ihr durch einen Selbstmord euch eine Zuflucht im Jenseitsschaffen könntet! Ich war besessen, als ich mir das Leben nahm, und wußtegar nicht, was ich tat, aber ich leide immer noch schwer dar<strong>unter</strong>, daß ich Vaterund Mutter um mich trauern sehe. Ich gehe sehr oft zu meiner armen alten Mutter,und sie ist jetzt schon recht alt. Ich bin das Mädchen aus Palatine. Sie entsinnensich doch wohl meiner noch, nicht wahr? Die Nachbarn machten <strong>den</strong>Schicksalsschlag für meine Leute noch härter dadurch, daß sie meiner Mutter insGesicht sagten, es sei eine große Schande für die Familie. Das macht mich allesfurchtbar unglücklich. — Ich möchte Ihnen aber gern für die Hilfe danken, dieich hier von Ihnen bekommen habe. Sie waren es, die mir ein Licht aufstecktenund mir meine Lage begreiflich machten. Seitdem bin ich in gewisser Hinsichtglücklich, aber doch nicht vollständig, weil ich <strong>unter</strong> dem Kummer meinerEltern sehr leide. — Als ich noch lebte, habe ich von Besessenheit noch nichtsgewußt. Als ich mich erhängt hatte, sah ich einen Mann neben mir, der michanstarrte. Kaum hatte ich mir <strong>den</strong> Strick um <strong>den</strong> Hals gelegt, da kam ich zu mir.Mit aller Gewalt wollte ich mir <strong>den</strong> Hals wieder freimachen, aber ich hatte dieKiste <strong>unter</strong> mir umgestoßen und hing nun mit meinem ganzen Gewicht an demStrick und konnte nichts mehr dagegen ausrichten. Ich zerkratzte mich nur <strong>bei</strong><strong>den</strong> Anstrengungen, mich freizumachen, aber es war alles vergeblich.Wer sich das Leben nimmt, der geht durch bittere Erfahrungen und leidet entsetzlich— ja ganz entsetzlich! Ich danke Ihnen herzlich für die Aufklärung undBelehrung die ich von Ihnen erhielt, <strong>den</strong>n das hat mir sehr viel geholfen.— — —In Chicago hatten wir noch ein anderes Erlebnis, welches recht deutlich erkennenläßt, welche unheimliche Gewalt bösartige, erdgebun<strong>den</strong>e Geister aufmedial veranlagte Menschen ausüben. — Meine Frau und ich hatten uns am 12.Juli 1906 auf einer Bank im Lincoln-Park niedergelassen, als ein älterer Herrsich neben uns setzte. Meine Frau sah zuerst zwei Männer, aber <strong>bei</strong> näheremZusehen war es nur einer. Wir kamen mit dem Herrn ins Gespräch und bald auf<strong>den</strong> Okkultismus zu sprechen. Und als der Fremde, Herr F., für mediale Erscheinungengutes Verständnis zeigte, lu<strong>den</strong> wir ihn ein, uns doch mal in unsererWohnung zu besuchen. Schon am nächsten Abend kam Herr F. zu uns, und baldfiel meine Frau in Tiefschlaf <strong>unter</strong> dem Einfluß eines Verstorbenen, der sichsehr aufgeregt gebärdete. Er redete Herrn F. mit Namen an und sagte, er sei seinFreund B. aus Cleveland, der sich mit ihm in der vergangenen Woche im Lincoln-Parkgetroffen und mit ihm verabredet hätte, sich dort gerade heute wiederzu treffen.— 173 —


Herr F. war durch diese Mitteilung stark betroffen, <strong>den</strong>n sein Freund B. hatte amvergangenen Sonntag in seinem Club in Cleveland Selbstmord verübt. Herr B.war in Cleveland zu Hause. In der vergangenen Woche war er nach Chicagogekommen, um ein wahrhaft riesiges Geschäft abzuschließen. Über dasWochenende war er aber nach Cleveland zurückgefahren, bevor die geschäftlichenVerhandlungen völlig hatten zu Ende geführt wer<strong>den</strong> können. In besterStimmung hatte er am Sonntag Morgen seine Wohnung verlassen, um in seinenClub zu gehen. Dort war er nach einer Unterhaltung mit einigen Freun<strong>den</strong> in einNebenzimmer gegangen, hatte sich Karbolsäure in seinen Wein gegossen, dasGlas dann ausgetrunken und war alsbald tot hingefallen. Herr B. war ein vermögenderMann und stand in gutem Ansehen. Er war in jeder Hinsicht vomGeschick begünstigt und glücklich. So bestand für seinen Selbstmord überhauptkein ersichtlicher Grund.Als Verstorbener war Herr B. jetzt sehr aufgeregt und befremdet. Er fragte seinenFreund, was <strong>den</strong>n eigentlich mit ihm los sei. "Ich gehe nach Haus zu meinerFrau und meinen Kindern, aber die sehen und hören mich nicht. Nun bin ichschon mehrere Tage <strong>bei</strong> Dir, aber auch Du sprichst nicht mit mir. Was ist <strong>den</strong>nnur los?" — Wir beruhigten ihn und konnten ihm schließlich begreiflichmachen, daß er für die Welt tot sei. Und nachdem wir ihm klar gemacht hatten,daß er ja Selbstmord begangen habe, fragten wir ihn, warum er das <strong>den</strong>n eigentlichgetan habe. "Ich habe mir doch nicht das Leben genommen. Ich ging in <strong>den</strong>Club, habe mich dort mit meinen Freun<strong>den</strong> <strong>unter</strong>halten und ging dann in einanderes Zimmer, habe aber keine Ahnung, was dann weiterhin geschehen ist.Was ich dann als nächstes in Erinnerung habe, war, daß ich meinen Körper amBo<strong>den</strong> liegen sah und einen Mann, der mir zusah und mich auslachte."Nachdem er sich über seine Lage näher hatte aufklären lassen, drang er in seinenFreund, er solle doch seiner Frau schreiben, daß er in Wirklichkeit gar nicht totsei. — Am Abend des 16. kam Herr F. wieder zu uns. Und auch der verstorbeneHerr B. kam zum zweiten Mal, immer noch sehr aufgeregt, und fragte seinenFreund, warum er <strong>den</strong>n noch nicht an seine Frau geschrieben habe, und bat ihnerneut dringend darum, das doch ja zu tun."Jetzt weiß ich, daß böse Geister mich dahin beeinflußt haben, Selbstmord zubegehen. Sie wollten durchaus nicht, daß mir das gute Geschäft gelinge. Als sieaber sahen, daß ich mein Ziel doch fast erreicht hatte, beschlossen sie, michumzubringen. Bitte berichte meiner Frau diesen wahren Sachverhalt und warnealle Welt, daß sie weiser werde."— — —Zu der Zeit, als in Waukegan, Illinois, vor Gericht gegen einen jungen Mannverhandelt wurde, welcher angeklagt war, eine Stu<strong>den</strong>tin, Marion Lambert,ermordet zu haben, wurde am 17. Juni 1916 der Geist des getöteten Mädchenszu uns gebracht und nahm vom Körper meiner Frau Besitz.Die Verstorbene weinte fassungslos und war so verzweifelt, daß sie anfangs garnicht fähig war, zu sprechen, bis sie plötzlich ausrief: "Ich habe es selbst getan!— 174 —


Ich habe es selbst getan! Niemand kann mir jetzt helfen. Wenn ich ihnen dasdoch bloß sagen und begreiflich machen könnte! Aber sie wollen nicht auf michhören. Ich bin im Finstern und kann nur sehen, was hinter mir liegt und was ichalles Törichtes getan habe. Oh, was war ich für ein törichtes Mädchen!""Wie ist <strong>den</strong>n Ihr Name?""Marion Lambert.""Wo meinen Sie <strong>den</strong>n, daß Sie jetzt sind?""Ich weiß nicht. Ich kenne nieman<strong>den</strong> hier." (Weint.) "Man spricht wohl von derHölle, aber dort kann es nicht so schlimm sein wie das, was ich durchgemachthabe, und nur wegen meiner Torheit. Was gäbe ich darum, aus diesem entsetzlichenUnglück wieder herauszukommen. Ich habe mir selbst das Leben genommen.Eigentlich wollte ich mich ja doch gar nicht umbringen; ich wollte nur einganz klein wenig Zyankali nehmen, gerade nur so viel, daß er Angst um michbekommen sollte. Und jetzt beschuldigt man ihn, mich ermordet zu haben. Ichmöchte dem Gericht so gern begreiflich machen, daß er doch unschuldig ist.Aber ach, sie wollen mir doch nicht glauben! Ich spreche im Gericht die verschie<strong>den</strong>stenMenschen an, aber die beachten mich überhaupt nicht und wollenmich nicht anhören. Alles ist so sonderbar, ich weiß gar nicht, was ich machensoll. — Ich war ja so ein törichtes Mädchen! Ach, meine armen Eltern! Ich binschon halb verrückt vor Verzweiflung und Qual. Könnte ich doch nur aufsGericht gehen und ihnen zeigen, daß ich ja gar nicht tot bin, daß ich ja dochlebe! Warum hören sie mich <strong>den</strong>n nicht an? Ich gehe ins Gerichtsgebäude, aberniemand will mit mir re<strong>den</strong>, und ich habe doch so viele Menschen angesprochen.Ich bin in richtiger Todesangst und weiß nicht, was ich tun soll. — Wennich nur ein klein bißchen vernünftiger gewesen wäre! Dann hätte ich ja dieseTorheit nicht begangen. Aber es hat ja keinen Zweck, jetzt noch darüber zure<strong>den</strong>, — es ist zu spät. Ich wünschte, ich könnte wieder in meinen Körperzurück. Ich habe eine Menge gelernt, aber davon keinen Gewinn gehabt. Ich warsehr töricht; und jetzt habe ich schwer dafür zu lei<strong>den</strong>. Alles ist so dunkel, undich bin so verzweifelt."Die Verstorbene war so sinnlos erregt, daß es überaus schwierig war, ihrbegreiflich zu machen, daß sie am besten daran täte, sich vom Gerichtsgebäudefernzuhalten und sich lieber von helfen<strong>den</strong> Geistern in die geistige Welt mitnehmenund über <strong>den</strong> tieferen Sinn des Lebens belehren zu lassen.— — —Im Juli 1919 zog ein Mordfall in Los Angeles die Aufmerksamkeit und Anteilnahmeder Öffentlichkeit ganz Amerikas auf sich. Ein junger Mann, Harry New,war angeklagt, seine Geliebte, Frieda Lesser, ermordet zu haben. Der unglücklicheVorgang hatte sich am 4. Juli im Topanga Canyon abgespielt, wohin Harryund Frieda am späteren Nachmittage eine Ausfahrt <strong>unter</strong>nommen hatten. Dichtan der Kante der Erdschlucht war ein Schuß gefallen, durch <strong>den</strong> das Mädchen zuTode kam, und Harry New wurde verhaftet und des Mordes bezichtigt. Das— 175 —


Mädchen war schwanger gewesen, und gerade diese Tatsache galt demGerichtshof als Beweggrund zur Tat. Harry New wurde als Mörder zweiten Gradesangesehen und zu 10 <strong>Jahre</strong>n San Quentin verurteilt.In der Zeit dieses Gerichtsverfahrens hatten wir eine sehr bemerkenswerte Sitzung,deren Ergebnisse <strong>den</strong> Fall auch dem Gericht in ganz anderem Licht hättenerscheinen lassen, wenn sie dort nur Aussicht gehabt hätten, als Beweise anerkanntzu wer<strong>den</strong>.— — —Sitzung vom 7. Januar 1920Geist: Frieda LesserDas sich kundgebende Geistwesen schien ganz verstört und Weinte jämmerlich.Doktor: Was ist Ihnen <strong>den</strong>n?Geist: Ach, es geht mir so schlecht!Dr. Was quält Sie <strong>den</strong>n?G. Sehr vieles.Dr. Vielleicht können wir Ihnen helfen.G. Das ist unmöglich. Ach, ich fühle mich so elend! (weint)Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Ich bin doch nicht tot. Ich bin krank und sehr niedergeschlagen.Dr. Weswegen sind Sie <strong>den</strong>n so niedergeschlagen?G. Wegen meiner eigenen Torheit.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n so törichtes getan?G. Sehr, sehr vieles!Dr. Was <strong>den</strong>n so besonders? Sind Sie nicht glücklich?G. Oh nein, glücklicht bin ich nicht. (Ringt verzweifelt die Hände.) Ichwünschte, ich wünschte, ich wünschte, ich wäre nicht so töricht gewesen.Dr. Ist ihnen <strong>den</strong>n etwas zugestoßen?G. Ja, allerhand.Dr. Wie ist <strong>den</strong>n Ihr Name? Heißen Sie John?G. Ich bin kein Mann. Oh, all diese Menschen, so eine große Menge! Und siewollen mich nicht anhören, wenn ich ihnen davon spreche.Dr. Wie heißen Sie <strong>den</strong>n?G. Ich fühle mich so elend, daß ich gar nicht <strong>den</strong>ken kann, Oh, Harry, Harry!Du bist ja nicht schuld daran! Was machen diese Menschen nur mit ihm?Er hat doch nichts getan. Es war doch meine eigene Torheit.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n getan?G. Ich habe mich mit ihm gebalgt. Ich hatte <strong>den</strong> Revolver und wollte ihmAngst machen. Er wollte mir <strong>den</strong> Revolver wegnehmen, und da<strong>bei</strong> rangenwir miteinander. Ich wollte ihm ja nur Angst machen. Ich gehe ihn besuchenund weiß nicht, was ich tun soll.Dr. Wozu nahmen Sie überhaupt <strong>den</strong> Revolver?G. Ich wollte nur sehen, ob er wohl Angst bekäme.Dr. Haben Sie <strong>den</strong> Revolver abgefeuert?— 176 —


G. Er wollte mir <strong>den</strong> Revolver fortnehmen, und da<strong>bei</strong> ging der Schuß los. Ichfühle mich so elend, und er will nicht mit mir sprechen, und all die Leutebeschuldigen ihn. Er hat doch aber gar nichts getan; es war doch nur meineeigene Dummheit. Er war immer ein guter Kerl, aber ich habe meinenUnsinn mit ihm getrieben. Wo bin ich jetzt nur?Dr. Sie sind im Hochland-Park, Los Angeles.G. Was soll ich <strong>den</strong>n hier?Dr. Gute Freunde haben Sie hergebracht.G. Ach, ich wollte doch zu Harry!Dr. Meinen Sie Harry New?G. Ja, natürlich.Dr. Haben Sie ihn <strong>den</strong>n gern?G. Mehr als je, wo ich jetzt nicht zu ihm kann. Er ist's ja gar nicht gewesen, erhat mich nicht erschossen. Ich hatte ihm gesagt, ich wolle mich erschießen,und ging und holte <strong>den</strong> Revolver. Er hat ihn nicht geholt. Ich nahm ihn ausdem Auto mit und hatte ihn <strong>bei</strong> mir. Es war mir gar nicht ernst damit, ichwollte ihm nur Angst machen. Es war nur Dummheit, Dummheit, Dummheit!Dr. Wie heißen Sie <strong>den</strong>n?G. Frieda — Frieda Lesser.Dr. Ist Ihnen klar, daß Sie nicht mehr in Ihrem Körper leben?G. Ich weiß gar nichts. Ich merke bloß, wenn ich zu meiner Mutter, oder zuHarry komme, oder auch sonstwohin, daß mich niemand beachtet. Ichmöchte ihnen doch sagen, wie sich das zugetragen hat, aber niemand willauf mich hören, nicht ein einziger. Ich bin so verzweifelt und weiß garnicht, warum man <strong>den</strong>n nicht auf mich hört, wenn ich was sage. Ich bin sounglücklich.Dr. Die Menschen, <strong>den</strong>en Sie das erzählen wollen, können Sie ja doch nichtsehen, und so wissen sie eben gar nicht, daß Sie da sind.G. Oh, und nun muß der arme Kerl für meine Dummheit büßen! Sie könnensich gar keine Vorstellung machen, in was für einer furchtbaren Lage ichbin. Niemand will darauf hören, was ich sage, auch nicht ein einziger.Dr. Die wissen eben gar nicht, daß Sie da sind, weil sie Sie nicht sehen können.Auch wir hier sehen Sie ja nicht.G. Warum können Sie mich <strong>den</strong>n nicht sehen? (weint wieder und ringt dieHände). Ich törichtes Mädchen, törichtes Mädchen!Dr. Sie müssen jetzt versuchen, sich ein bißchen zusammenzunehmen. Sie sindvon freundlichen Geistern hierher gebracht wor<strong>den</strong> und dürfen Körper undGehirn meiner Frau für kurze Zeit benutzen. Sie können nur vorübergehendin diesem Körper sein.G. Warum können <strong>den</strong>n Sie <strong>den</strong> Menschen nicht klar machen, daß es nurmeine eigene Dummheit gewesen ist?Dr. Man würde es mir ja doch nicht glauben, wenn ich es auch sagte.G. Was sagte?— 177 —


Dr. Daß Sie als Verstorbene <strong>bei</strong> uns gewesen seien und es uns selbst gesagthätten. Begreifen Sie <strong>den</strong>n nicht, daß Sie in dem Augenblick, als der Schußfiel, ihren Körper verloren haben?G. Ich dachte, ich habe mich nur angeschossen. Ich begreife auch gar nicht,wieso ich <strong>den</strong>n tot sein soll. Denn wenn man stirbt, dann fühlt man dochnichts mehr; ich habe doch aber furchtbar gelitten.Dr. In Wirklichkeit stirbt ja auch niemand; wir legen nur unseren Körper ab.Sie lei<strong>den</strong> in Ihrer Seele.G. Aber der Kopf tut mir doch so weh.Dr. Auch das ist nur ein seelischer Zustand.G. Warum kann <strong>den</strong>n Harry nicht mit mir sprechen?Dr. Er weiß ja gar nicht, daß Sie da sind, er sieht Sie doch nicht.G. Ich gehe immer dorthin, wo er jetzt ist, und versuche <strong>den</strong> Menschen dort zuerklären, daß ja alles nur durch meine Dummheit gekommen ist. Oh, wennich doch bloß was daran ändern könnte! — Ich nahm <strong>den</strong> Revolver undsagte, ich wolle mich erschießen; aber ich dachte nur, ich wollte ihm einbißchen Angst machen. Als er sah, daß ich <strong>den</strong> Revolver hatte, wollte erihn mir fortnehmen. Eigentlich wollte ich ja auch gar nichts damit tun, —ich machte nur Unsinn. Er liebt mich, und ich liebe ihn. Er wußte gar nicht,wie der Revolver in meine Hände gekommen war. Er hatte ihn im Wagenliegen gehabt. Da hatte ich ihn mir genommen und zunächst in meinemKleide versteckt. Nach einer Weile sagte ich, ich wolle mir das Leben nehmen.Dr. Hatten Sie die ernste Absicht, ihn zu heiraten?G. Ja freilich!Dr. Hatten Sie ihn wirklich so lieb, daß Sie ihn hätten heiraten können?G. Ja. Wir hatten keine ernsten Meinungsverschie<strong>den</strong>heiten. Ich habe ihm freilichAngst machen wollen, aber Sie wissen ja, Mädchen sind manchmalrecht töricht. Ich wollte ihn auf die Probe stellen, um zu sehen, ob er michauch lieb hätte. (weint)Dr. Denken Sie daran, daß Sie Gehirn und Körper meiner Frau benutzen. Siemüssen sich zu beruhigen suchen. Sehen Sie sich nur mal um, dann wer<strong>den</strong>Sie freundliche Geister sehen, die ihnen helfen wollen.G. Mir kann nie wieder geholfen wer<strong>den</strong>. Ich bin zu unglücklich.Dr. Wenn Sie nachher von uns fortgehen, wird man Sie in die Geisterwelt mitnehmen.Den Weg dorthin haben Sie bisher nicht fin<strong>den</strong> können, weil Sieüber Ihr Unglück noch zu sehr erregt sind. Freundliche Gesichter sind <strong>bei</strong>Ihnen und bereit, Ihnen zu helfen.G. Ich möchte diesen Menschen doch gern klar machen, wie sich alles Zugetragenhat, aber sie wollen ja nicht auf mich hören. Sie hören und sehenmich anscheinend überhaupt nicht. Ich gehe auch zu Harry, und weil ermanchmal merkt, daß ich da bin, halten sie ihn für verrückt.Dr. Sie sind jetzt ein entkörpertes Geistwesen und müssen auf die geistigenFreunde hören, die hier sind. Die wollen Ihnen zum rechten Verständnisverhelfen und Sie lehren, mit Ihrem Unglück fertig zu wer<strong>den</strong>.— 178 —


G. Wird man <strong>den</strong>n Harry für meine Dummheit zum Tode verurteilen?Dr. Ich glaube kaum.G. Armer Kerl! Armer Kerl! Es tut mir schrecklich leid um ihn und seine Mutter.Beide weinen, und meine Mutter auch. Wie konnte ich auch bloß soeine Dummheit machen! Es war ein Stück aus dem Tollhaus.Dr. Nun schauen Sie sich nur mal um, ob Sie nicht Freunde sehen, die Ihnenhelfen möchten.G. Da steht eine junge Dame (Geist) und sagt, ihr sei auch hier geholfen wor<strong>den</strong>,und sie sei es, die mich hierher gebracht habe. Sie sagt, sie sei in dergleichen unglücklichen Lage gewesen wie ich, und hier sei ihr aus ihrerNot geholfen wor<strong>den</strong>. Jetzt sei sie glücklich und könne mir helfen. Sie sagt,sie habe ganz dieselbe Torheit begangen wie ich. Sie habe Gift genommen,um ihrem Liebsten Angst zu machen, und habe sich dadurch ums Lebengebracht.Dr. Sagt sie Ihnen, wie sie heißt?G. Sie sagt, sie sei viel <strong>bei</strong> mir, <strong>den</strong>n sie leiste Missionsar<strong>bei</strong>t und nehme sichso Mädchen an, die in ähnlicher Not seien wie ich.Dr. Sieht sie unglücklich aus?G. Nein, sie scheint ganz vergnügt zu sein. Sie sagt, sie gehe umher und suchenach unglücklichen Mädchen, die in der gleichen Lage sind, in der sie sichselbst befun<strong>den</strong> habe, als sie ins geistige Leben getreten sei. (weint)Dr. Lassen Sie sich nicht so gehen! Sie wissen noch gar nicht, was für einenVorzug Sie genießen damit, daß Sie einen menschlichen Körper gebrauchendürfen und da<strong>bei</strong> belehrt wer<strong>den</strong>. So viele bleiben in ganz unklarenVerwirrungszustän<strong>den</strong> viele, viele <strong>Jahre</strong> hindurch.G. Die Dame hier sagt, Sie hätten ihr hier geholfen, als sie in demselbenUnglück war wie ich.Dr. Wie mag sie <strong>den</strong>n geheißen haben?G. Sie sagt, sie sei Marion Lambert. Sie sagt, sie habe schwer zu tun, unglücklichenMädchen zu helfen, die sich durch eigene Torheit in solche Notgebracht haben, und bemühe sich, ihnen aus ihrem Unglück herauszuhelfen.Sie sagt, das sei ihre besondere Aufgabe, und dazu habe sie auch michhierher gebracht. (weint)Dr. Machen Sie sich richtig klar, daß Sie <strong>den</strong> Körper dieses Mediums nur vorübergehend benutzen können. Sie dürfen ihn nicht mißbrauchen dadurch,daß Sie sich so aufregen. Das junge Mädchen, das Sie sehen, kam vor einigen<strong>Jahre</strong>n zu uns in der gleichen trostlosen Verfassung wie Sie. Jetzt kannsie Ihnen schon sagen, daß sie glücklich ist und Missionsar<strong>bei</strong>t leistet.G. Kann ich <strong>den</strong>n jemals wieder glücklich wer<strong>den</strong>?Dr. Aber natürlich! Wenn Sie auch jetzt sehr unglücklich sind, — das gehtdoch aber auch wieder vorüber. — In Wirklichkeit "stirbt" doch überhauptkein Mensch. Wir legen ja nur unseren natürlichen Leib ab. Der Geist kanngar nicht sterben.G. Das habe ich nie begriffen. Ich habe auch früher nie etwas von Geisterngehört.— 179 —


Dr. Wenn Ihnen <strong>bei</strong> Ihren Lebzeiten jemand etwas von Geistern erzählt hätte,hätten Sie wahrscheinlich darüber nur gelacht.G. Die Dame sagt, sie wolle sich meiner annehmen; sie will, daß ich michzunächst mal ausruhen soll. Ich bin müde. Sie sagt, ich solle mit ihr gehenund solle mich <strong>bei</strong> Ihnen dafür bedanken, daß ich habe herkommen dürfen.Werde ich wohl noch wieder so schrecklich viel weinen müssen?Dr. Nein. Man wird Sie mit <strong>den</strong> richtigen Lebensgesetzen bekannt machen.Das Er<strong>den</strong>leben dauert ja nur kurze Zeit und geht schnell vorüber. — JederMensch hat seinen Kummer, der eine diesen, der andere jenen; aber aus derNot lernt man.G. (schaut gespannt nach einigen Geistern und ihr Gesicht hellt sich auf; dannschüttelt sie <strong>den</strong> Kopf) Nein, nein, das geht nicht. (weint)Dr. Was sehen Sie <strong>den</strong>n?G. Ich erwartete doch ein Kind und nun kam ein Mädchen mit einem kleinenKinde und sagte, es wäre meins. Kann ich es haben?Dr. Aber gewiß!G. Ich bin's doch aber nicht wert. Man wird mich wohl auch deswegen schiefansehen.Dr. Sie sollen ja doch nicht auf der Erde bleiben.G. Ich fühle mich jetzt schon viel wohler als vorhin, wo ich kam. Wann ist<strong>den</strong>n das Kindchen gekommen?Dr. Als Sie Ihren Körper verloren, wurde auch das Kindchen frei.G. Ich sehe nur nicht recht, wie das geschehen konnte.Dr. Es geschieht gar manches, was Ihnen nicht geläufig ist. Das geheimnisvolleWunder des Lebens ist für <strong>den</strong> Verstand nicht zu fassen.G. Habe ich <strong>den</strong>n das Kindchen auch getötet, als der Revolver losging?Dr. Durch Ihren körperlichen Tod wurde auch der Geist des Kindes frei. —Wenn Sie auch durch diesen Körper mit uns sprechen können, so könnenwir Sie <strong>den</strong>noch nicht sehen. Alles eigentlich lebendige Wesen ist unsichtbar.Haben Sie jemals Musik gesehen?G. Aber gehört habe ich sie; und ich höre auch jetzt Musik.Dr. Das sind <strong>bei</strong> Ihnen die ersten Wahrnehmungen aus der Welt des wirklichenLebens.G. Da ist noch eine andere Dame; sie ist sehr hübsch und hat weißes Haar. Siesagt, sie wolle zunächst mal meine Mutter sein und sich meiner annehmen.Sie sagt, sie gehöre dem Barmherzigkeitsbund an.Dr. Der Barmherzigkeitsbund der Geister geht darauf aus, der Welt zu beweisen,daß es keinen Tod gibt, und wir ar<strong>bei</strong>ten nun schon viele <strong>Jahre</strong> mit ihmHand in Hand, indem wir unglücklichen Geistern helfen, die in der Finsternissind.G. Diese Dame ist sehr schön. Ich meine nicht die, welche zuerst hier war,auch nicht die mit dem Kindchen. Sie nennt mir ihren Namen, sie heißtFrau Case.Dr. Frau Case nahm schon zu ihren irdischen Lebzeiten lebhaften Anteil anunserem Hilfswerk.— 180 —


G. Die andere Dame sagt, sie wolle für mein Kindchen sorgen, das wäre ihreAufgabe. Sie sagt, sie heiße Abbie Judson und habe für solche kleinen Kinderzu sorgen. Zu ihren irdischen Lebzeiten sei sie Spiritistin gewesen undhabe auch geschrieben. — Oh, was bin ich unglücklich Harrys wegen!Wird er mir je verzeihen?Dr. Er kennt ja die näheren Umstände und wird Ihnen schon verzeihen.G. Ach bitte, darf ich wohl mit diesen Leuten mitgehen? — Werde ich nochwieder so sehr weinen müssen? Ich habe so viel geweint, daß mir schon dieAugen ganz weh tun.Dr. Die geistigen Freunde wer<strong>den</strong> Ihnen über alles genau Bescheid sagen, wasSie für das jenseitige Leben wissen müssen, und Sie wer<strong>den</strong> auch wiederfroh wer<strong>den</strong>.— — —Ein plötzlicher Tod, <strong>bei</strong> dem zweifellos Geistereinfluß im Spiel war, traf diebekannte Filmschauspielerin Olive T. Die Zeitungen berichteten, daß Olive T.an einem Abend im Frühherbst des <strong>Jahre</strong>s 1920 in Paris Selbstmord begangenhabe, und sechs Tage später ihre beste Freundin Anna D. ebenfalls. — KurzeZeit darauf erlebten wir Folgendes.— — —Sitzung vom 22. September 1920Geist: Olive T.Das Geistwesen wand sich in schmerzhaften Krämpfen und weinte jämmerlich.Doktor: Wer sind Sie <strong>den</strong>n, Freund? Kommen Sie, sagen Sie uns doch, wer Siesind und was Sie quält und warum Sie so weinen. Man hat Sie hergebracht,damit wir Ihnen helfen sollen.Geist: Oh, sehen Sie! Sehen Sie da!Dr. Was sehen Sie <strong>den</strong>n?G. Sehen Sie doch da! Oh, sehen Sie! Ist es nicht furchtbar, dies Gesicht?(deutet auf ein unsichtbares Wesen).Dr. Wissen Sie, wo Sie sind? Sie sind in Kalifornien.G. Helfen Sie mir! Oh, helfen Sie mir!Dr. Sie müssen aber hübsch vernünftig sein.G. Geben Sie mir was zu trinken! Champagner! Geben Sie mir ein Glas Sekt!Dr. Sie sind jetzt ein Geist und können keinen Sekt mehr gebrauchen; Siehaben Ihren Körper abgelegt. — Sie sind jetzt in Kalifornien.G. (windet sich, als ob er heftige Schmerzen habe) Oh, sehen Sie! Helfen Siemir doch!Dr. Machen Sie sich mal klar, daß Sie Ihren Körper abgelegt haben. Sie befin<strong>den</strong>sich augenblicklich im Körper meiner Frau, die ein Medium ist. ErfahreneGeister haben Sie hergebracht, damit Sie hier Hilfe fin<strong>den</strong> sollen.Lange können Sie aber nicht hier bleiben.G. Geben Sie mir was zu trinken!— 181 —


Dr. Wer sind Sie <strong>den</strong>n? Wie heißen Sie? Wir haben hier nichts zu trinken; aberwir wür<strong>den</strong> Ihnen auch nichts zu trinken geben, selbst wenn wir etwas dahätten. Machen Sie sich nur erst mal Ihre Lage klar!G. Befreien Sie mich doch hiervon.Dr. Wovon <strong>den</strong>n? Suchen Sie nur erst mal recht vernünftig zu sein! Dann könnendie erfahrenen Geister Ihnen auch <strong>bei</strong>stehen und Ihnen zu besserer Einsichtverhelfen.G. (sehr erregt) Holen Sie mir ein Glas Sekt!Dr. Sie müssen sich nicht so wild gebär<strong>den</strong>! Be<strong>den</strong>ken Sie doch, daß Sie einGeist sind! Meine Frau ist Medium und gestattet Geistern, wie Ihnen ebenjetzt, ihren Körper zu benutzen, damit ihnen geholfen wer<strong>den</strong> kann. MerkenSie <strong>den</strong>n nicht, daß Sie sich in einer recht sonderbaren Lage befin<strong>den</strong>?G. Das kümmert mich nicht.Dr. Es nutzt Ihnen doch aber gar nichts, wenn Sie sich so gehen lassen. WennSie sich so erregen, machen Sie Ihr Unglück nur größer.G. (klagt über große Schmerzen) Ich will Sekt haben! Und zwar schnell!Dr. Sie bekommen jetzt überhaupt keinen Sekt mehr zu trinken, das war einmal!Ihr Er<strong>den</strong>leben ist vorüber. Machen Sie sich doch Ihre Lage einmalrichtig klar! Erfahrene Geister wollen Ihnen helfen und Sie in die Geisterweltin bessere Verhältnisse bringen.G. Geben Sie mir eine Zigarette!Dr. Auch eine Zigarette bekommen Sie nicht mehr. Sagen Sie uns doch mal,wer Sie sind und was Sie von Ihrer gegenwärtigen Lage halten. Zuerst müssenSie mal begreifen, was eigentlich mit Ihnen los ist. Das ist das einzige,was Ihnen helfen kann. Dann wer<strong>den</strong> Sie auch alles verstehen und im geistigenLeben vorwärtskommen. — Wo kommen Sie <strong>den</strong>n her? Ihre irdischenGelüste können Sie jetzt weiterhin nicht mehr befriedigen. ErzählenSie uns doch mal, was Sie so unglücklich macht. Wissen Sie, daß Sie inKalifornien in Los Angeles sind?G. (wird sehr aufgeregt und deutet auf etwas Unsichtbares) Sehen Sie dochbloß <strong>den</strong> Mann dort drüben! Er ist schrecklich, schrecklich! Ich fürchtemich so vor ihm. Lassen Sie ihn ja nicht zu mir! Er sieht furchtbar aus. LassenSie ihn mich nicht anfassen!Dr. Hören Sie auf uns! Wir meinen es gut mit Ihnen. Wir verstehen Ihre Lage.Sagen Sie uns doch, wer Sie sind.G. Das kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen. Ich fürchte mich so sehr.Oh, ich fürchte mich so vor dem Manne dort! Der verfolgt mich schon dieganze Zeit. — Was ist <strong>den</strong>n das eigentlich hier?Dr. Das ist hier ein medialer Zirkel, durch <strong>den</strong> wir Geistern helfen, die durchihre Unwissenheit noch im Finstern sind. Wenn Sie sich nur beruhigen undrecht still verhalten wollten, dann können wir Ihnen auch helfen. GlaubenSie nur, was ich Ihnen sage, dann können wir ihnen helfen!G. Der Mann dort drüben schneidet mir so fürchterliche Gesichter, daß ichAngst bekomme.— 182 —


Dr. Suchen Sie sich nur zu beruhigen, dann können unsere geistigen FreundeIhnen helfen.G. Ich verstehe Sie nicht.Dr. Sie sind ein Geist und der Mann dort drüben auch. Ihren irdischen Leibhaben Sie verloren und haben jetzt einen geistigen Leib.G. Ich verstehe Sie nicht und habe solche Angst.Dr. Sie brauchen keine Angst zu haben. Hören Sie nur gut zu! Unsere geistigenFreunde wer<strong>den</strong> Ihnen helfen, wenn Sie nur erst ruhig sein wollten!G. (plötzlich sehr aufgem<strong>unter</strong>t durch <strong>den</strong> Anblick einer unsichtbaren Erscheinung)Oh, Anna! Anna D.! Wo kommst du <strong>den</strong>n her? — Sie fürchtet sichauch vor dem Manne dort. Der geht jetzt zu ihr hin. Lassen Sie ihn dochnicht hin zu ihr!Dr. Sagen Sie uns doch, wer Sie sind! Dann können wir Ihnen leichter helfen.G. Ich bin Olive T.Dr. Dann sind Sie also kurz vor Anna D. gestorben. Alle <strong>bei</strong>de sind Sie sichnicht klar darüber, daß Sie Ihren irdischen Leib abgelegt haben. Sie hatauch Hilfe nötig.G. Sie ist doch nicht tot.Dr. Sie hat bisher ebensowenig wie Sie begriffen, daß sie aus ihrem irdischenKörper heraus ist.G. Anna, wie kommst du <strong>den</strong>n hierher?Dr. Sie sind alle <strong>bei</strong>de Geister und können nur kurze Zeit hier bleiben. BegreifenSie <strong>den</strong>n immer noch nicht, daß Sie aus Ihrem Körper heraus sind? —daß Ihnen etwas ganz besonderes zugestoßen sein muß? — Sie waren dochin Paris und sind nun plötzlich in Kalifornien.G. Kalifornien!? — Ach, bitte, sagen Sie mir doch, wer <strong>den</strong>n die reizendeDame ist, die dort steht. (Geist)Dr. Wahrscheinlich ist sie ein Geist, der Sie hierhergebracht hat, damit Ihnengeholfen wer<strong>den</strong> könne. Fragen Sie sie doch mal, wer sie ist.G. Ach, das ist ja Anna H.!Dr. Sie leistet Helferdienste an Unglücklichen.G. Ich sehe ja nichts mehr! Was ist <strong>den</strong>n nur mit mir? Wo bin ich <strong>den</strong>n?Dr. Sie sind in Los Angeles in Kalifornien.G. Ja, aber ich bin doch nicht <strong>bei</strong> meinen Leuten. Wo sind die alle?Dr. Den Zeitungsberichten nach waren Sie in Paris. Dort sind Sie eines Abendsausgegangen und haben nach Ihrer Rückkehr dann in Ihrer WohnungSelbstmord begangen.G. Da ist ja der Mann, der mich dazu getrieben hat. — Der Mann, der da drübensteht und mir so furchtbare Grimassen schneidet. (Geist)Dr. Der wird Ihnen jetzt nichts mehr anhaben können.G. Er sagt, er sei es gewesen, der mich da hingebracht hat, wo ich an demAbend gewesen bin (weint). Warum hat er das getan? Ich bin in einenZustand geraten, daß ich dieses Kerls wegen schon gar nicht mehr schlafenkonnte; er verfolgte mich die ganze Zeit.Dr. Sie müssen medial veranlagt gewesen sein.— 183 —


G. Lassen Sie ihn bloß nicht zu mir her. Ich habe schon so viel durch ihn zulei<strong>den</strong> gehabt. Niemand weiß, wie furchtbar ich gelitten habe. Niemandkonnte sich <strong>den</strong> häufigen Stimmungswechsel <strong>bei</strong> mir erklären.Dr. Wer sollte das auch können, wo doch kaum jemand etwas davon weiß, daßMenschen von Geistern gequält wer<strong>den</strong>? Sie waren eben besessen, und esgibt wenig Menschen, die darüber Bescheid wissen.G. Ich fühle mich schwer krank, aber bitte lassen Sie mich nicht sterben, ichmöchte so gern noch leben.Dr. In Wirklichkeit stirbt doch überhaupt niemand, wir wer<strong>den</strong> nur unserenirdischen Körper los. Sie haben <strong>den</strong> Ihrigen schon abgelegt und wer<strong>den</strong>jetzt in der Geisterwelt ein neues Leben beginnen.G. Sag', Anna D., wie kommst du <strong>den</strong>n hierher?Dr. Weiß sie, daß sie verstorben ist?G. (sehr aufgeregt und ängstlich weinend) Der Kerl, der da drüben steht, ist anihrem Tode schuld, — so sagt er.Dr. Sie benutzen Gehirn und Körper meiner Frau und müssen sich zu beruhigensuchen, Anna H. hat Sie hergebracht, damit wir Ihnen helfen sollen.G. Die mag mich doch gar nicht.Dr. Hören Sie nur gut hin, was sie sagt. Seien Sie recht ruhig und hören Sie zu,dann kann man Ihnen auch helfen. Sie müssen auf die Nerven meiner Frauein bißchen Rücksicht nehmen. Sie erlaubt Geistern Ihrer Art, ihren Körperzu benutzen, und Sie dürfen ihn nun nicht mißbrauchen. Hören Sie nur gutzu, was Anna H. sagt.G. Anna H. sagt, sie diene jetzt solchen Geistern die durch ihre eigene Torheitund Eigensucht und unvernünftige Geldwirtschaft sich in der Finsternisbefin<strong>den</strong>. Sie geht umher und sucht sich ihre Ar<strong>bei</strong>t. (weint wieder) Wennich doch nur Bescheid gewußt hätte!Dr. Sie hätten wohl zu Ihren irdischen Lebzeiten gar nicht zugehört, wenn manIhnen von Geistern etwas hätte erzählen wollen.G. Ich weiß nicht, was Sie meinen.Dr. Ich meine, daß Sie Ihren eigenen Körper abgelegt haben und jetzt im Körpermeiner Frau stecken. Wir können daher zwar mit Ihnen sprechen, abersehen können wir Sie nicht.G. Wo bin ich <strong>den</strong>n?Dr. Sie sind im Hochland-Park in Los Angeles.G. Ich kann das nicht begreifen. Anna! Anna D., wie kommst du <strong>den</strong>n hierher?Bist du auch in Paris?Dr. Was sagt sie darauf?G. Sie sagt, sie weiß gar nichts. Sie fühlt sich höchst eigenartig.Dr. Sie ist auch ein Geistwesen und ist sich über ihren Zustand nicht im klaren.G. Anna H. hat auch sie hergebracht. Sie sagt, durch ihre Hilfeleistungen ananderen Unglücklichen sei sie selbst vorwärts gekommen.Dr. Vor ungefähr zwei <strong>Jahre</strong>n hat sie sich hier auch durch dies Medium kundgegeben.— 184 —


G. Sie sagt, sie wolle für uns <strong>bei</strong>de sorgen, und ich könne auch wieder Ruheund Schlaf fin<strong>den</strong>. Ich will mit ihr gehen und Anna D. auch mitnehmen,weil Anna H. uns <strong>bei</strong>de ja auch zusammen hergebracht hat. Sie sagt, AnnaD. habe auch Hilfe nötig.Dr. Sie wer<strong>den</strong> viele kundige Geister fin<strong>den</strong>, die gern bereit sind, Ihnen zu helfen.G. Und dieser schreckliche Kerl wird mich also nicht mehr quälen können,nicht wahr? Alle <strong>bei</strong>de, Anna D. und ich, haben wir große Angst vor ihmgehabt. — Wir waren ja viel zusammen.Dr. Der Mann, von dem Sie sprechen, ist auch ein Geist; aber er wird Sie jetztnicht mehr belästigenG. Ich war ja so weit, daß ich überhaupt nicht mehr schlafen konnte, undfühlte mich entsetzlich elend.Dr. Vermutlich hat dieser Geist Sie zu all dem getrieben, was Sie getan haben.G. Ja, so ist es auch.Dr. Nun gehen Sie nur mit Anna H. mit; sie und die anderen alle wer<strong>den</strong> Ihnenhelfen.G. Sie sagt, ich könne Ruhe und Schlaf fin<strong>den</strong>. — Ich sehe hier so viele Menschenund weiß gar nicht, wer sie sind. (Geister) — Ich bin so müde undmöchte schlafen. Mir ist so, als ob ich schon jahrelang zu keiner Ruhe mehrgekommen wäre; aber es ist doch wohl nur eine kurze Zeit so gewesen. —Nun will ich also mit Anna H. mitgehen. Leben Sie wohl.Kurz nach dem Tode des Filmstars Virgina R., die in San Francisco gestorbenwar, brachte Olive T. diese Verstorbene in unseren Kreis, um sie wach zumachen, und hinterher sprach Olive T. selbst durch das Medium.— — —Sitzung vom 19. April 1922Geist: Olive T.Es drängt mich, wieder einmal zu Ihnen zukommen und Ihnen zu danken für alldas Glück, das ich erleben durfte, seit ich zuletzt hier <strong>bei</strong> Ihnen war.Man sollte schon in frühester Jugend damit anfangen, die Kinder über Sinn undZweck des Lebens zu belehren. Man sollte es ihnen auch in Bildern anschaulichmachen. Es müßten auch Filme geschaffen wer<strong>den</strong>, durch welche die Menschenin richtigem Sinne über das Leben belehrt wer<strong>den</strong> könnten, um ihnen klar zumachen, daß es ja gar keinen Tod gibt. Wenn man sie auf diese Weise darüberbelehren würde, was für beglückende Zustände drüben im andern Leben ihrerwarten, wenn sich die Menschen nur in richtigem Verständnis auf dieses höhereLeben einstellen, dann würde die Welt ganz anders aussehen.Ich habe ein hohles Scheinleben geführt; und wir Filmschauspieler sehen jaunsere Aufgabe darin, die Menschen damit zu <strong>unter</strong>halten. — Mir tun die jungenMädchen so leid, die sich ausschließlich dem Sport widmen. Sie meinen selbst,es gehe ihnen doch gut da<strong>bei</strong>, — ja, eine Zeitlang wohl! Aber da ist doch immer— 185 —


die leise Stimme des Gewissens, die einen mahnt, so sehr man sich auch mühenmag, sie zu ersticken. Oh, könnte ich doch diese jungen Mädchen belehren, —und ihnen klar machen, wie töricht solch ein Leben doch ist! Wenn es mir dochmöglich wäre, ihren Blick auf das höhere Leben hinanlenken und ihnen begreiflichzu machen, daß nur dieses das wahre Leben ist. Wir sollten die Menschenlehren, für andere zu leben, nicht für sich selbst. Schon in jungen <strong>Jahre</strong>n solltendie Mädchen die grundlegen<strong>den</strong> Richtlinien des wahren Lebens kennen lernenund nicht einem hohlen Scheinleben überlassen wer<strong>den</strong>.Etwas sehr Verderbliches für die Welt ist auch der Alkohol und das Morphium.Die treiben <strong>unter</strong> <strong>den</strong> gegenwärtigen Verhältnissen die jungen Menschen <strong>bei</strong>derleiGeschlechts ins Verderben. Wirksame Abhilfe gegen diese Gefahren zuschaffen, das sind die Menschen nicht imstande, aber mit dem Verdammen sindsie schnell zur Hand. Und was ist damit gewonnen? Man treibt damit die Jugenddoch nur weiter in <strong>den</strong> Abgrund, <strong>den</strong>n das Verbotene lockt erst recht; und aufdiese oder jene Weise verschaffen sie es sich doch. Und gerade weil es verbotenist, gilt ihnen der Genuß ganz besonders begehrenswert. — Und noch etwasanderes spricht da<strong>bei</strong> mit. Man weiß doch, daß sich die Gedanken von Tausen<strong>den</strong>,ja von Millionen um <strong>den</strong> Whisky und <strong>den</strong> Alkohol allgemein drehen. Esgibt verdrehte Menschen genug, die mit ihren Gedanken ständig <strong>bei</strong>m Trinkensind, es aber streng verurteilen. Solche Gedankenströmungen können medialeMenschen, wenn sie mal ein Schlückchen Alkohol trinken, ganz wild machen.All die vielen Gedanken, die um <strong>den</strong> Alkohol kreisen, machen empfindsameMenschen verrückt und treiben sie immer tiefer und tiefer.Der Mensch sollte sein Leben dazu benutzen, Gottes wunderbare Offenbarungenkennen und verstehen zu lernen. Gott ist das Leben im All; aber der Mensch istder Teufel. Ich meine nicht etwa bloß die Männer, sondern die Menschen ganzallgemein. Gott gab uns <strong>den</strong> freien Willen, aber wir treiben Mißbrauch damit.Man sollte <strong>den</strong> Menschen die Lehren Christi richtig auslegen. Denn da sagenmanche: "Hat nicht Christus selbst Wein gemacht und ihn <strong>den</strong> Menschen zutrinken gegeben?" Sie begreifen nicht, daß der Wein des Lebens damit gemeintist. Die meisten Menschen fassen seine Worte viel zu äußerlich auf. — VerstehtGott richtig. Wir brauchen vor Ihm keine Angst zu haben. Er ist nicht ein alterMann, der auf dem Thron sitzt, sondern Er ist der Geist des Lebens im All.Alles, was wir um uns her sehen, ist ein Teilchen Seines göttlichen Lebens. DasBöse hat darin ebenso seinen Platz wie das Gute. Gäbe es das Böse nicht, dannkönnten wir gar nicht wissen was gut ist. Nur durch die Erfahrungen, die wirmachen, können wir hinter <strong>den</strong> Sinn des Lebens kommen und klug und dessengewiß wer<strong>den</strong>, daß es ein ewiges Leben gibt, dem wir alle entgegengehen.Für mich kam die Erlösung in der geistigen Welt, als ich hinter die wahren Ursachenmeines Elends gekommen war. Und nachdem ich eine Läuterung im Feuerdes Gewissens durchgemacht, war ich gereinigt. — Ich war mit ehrlichem Eiferdarauf aus, die Wahrheit zu fin<strong>den</strong>. Und als ich sie gefun<strong>den</strong>, da gab es keinenZweifel mehr. Ich wollte Frie<strong>den</strong> und Einklang und war zu allem bereit. Wennman ganz reines Gold haben will, muß es geläutert wer<strong>den</strong>. So ist auch meine— 186 —


Seele durch das läuternde Gewissensfeuer gegangen, und danach fand ich Gottin mir, nicht da draußen irgendwo.Suchet Gott und <strong>den</strong> Frie<strong>den</strong> in euch selbst zu fin<strong>den</strong>. Lernt auch zunächst euchselbst richtig kennen, bevor ihr über andere urteilen wollt. Dann hört man nämlichauf, andere zu richten. Laßt uns Gutes tun allen und überall, wo sich irgendGelegenheit dazu bietet, und uns allen Menschen freundlich erweisen. So wollenwir über unsere Selbstsucht Herr wer<strong>den</strong>.Immer wenn sich das eigene Selbst wieder in euch regt und euch plagen will undeuch drängt, der Lei<strong>den</strong>schaft Raum zu geben, zu trinken oder sonst einemGelüst nachzugehen, dann sprecht zu euch selbst: ich habe keine Lei<strong>den</strong>schaftund will von diesen Dingen nichts mehr wissen. Wenn man dann, ohne anderengegenüber auch nur ein Wort zu verlieren, einfach aufsteht und kehrt macht, soist die Regung der Lei<strong>den</strong>schaft schon überwun<strong>den</strong> allein dadurch, daß manseine Wünsche gar nicht erst hat laut wer<strong>den</strong> lassen, und oft findet man auf dieseWeise sein inneres Gleichgewicht schnell wieder.In der Lei<strong>den</strong>schaft sagt man oft manches, was man hinterher schwer bereut,und der andere einem nie wieder vergißt. So wollen wir immer auf der Hut sein,wenn wir eine Lei<strong>den</strong>schaft in uns aufsteigen fühlen, daß wir ihr nicht freienLauf lassen; wir machen einfach kehrt und sagen: "Nein, ich will Herr über michbleiben, ich habe höhere Ziele und will von diesen niederen Freu<strong>den</strong> nichts mehrwissen. Ich will Herr über mich bleiben und lasse euch nicht ein; ich lasse michnicht von euch quälen!"Ich war so tief in Lei<strong>den</strong>schaften verstrickt, daß ich durch sie <strong>den</strong> Tod fand. Wasich getan habe? Ich nahm mir selbst das Leben. Eigentlich wollte ich das garnicht, aber ich tat's aus einer lei<strong>den</strong>schaftlichen Laune. Lernt euch selbst imZaume halten, bevor es zu spät ist. Zähmt eure Lei<strong>den</strong>schaft, bevor sie zu mächtigwird. — Ich habe mich nur durch die Lei<strong>den</strong>schaft hinreißen lassen, und wasgeschah? Ich nahm mir das Leben. Als ich danach zum Bewußtsein kam undsah, was ich angerichtet hatte, war ich in heller Verzweiflung. Und das nurinfolge ungezügelter Lei<strong>den</strong>schaft — Lei<strong>den</strong>schaft und Eigensucht.Lernt Selbstbeherrschung! Und wenn die Lei<strong>den</strong>schaft sich regt, dann sprecht:"Hebe dich weg von mir, Satan!" Macht einfach kehrt, — damit verschließt ihrdie Tür vor jedem bösen Geist, der euch überfallen will. Wenn ich das sogemacht hätte, dann hätte ich auch die schreckliche Tat nicht begangen.Könnte ich doch allen Menschen sagen, wie sie richtig leben sollen, und ihnenFilme vorführen über die Vorgänge des geistigen Lebens, über Jesu Lehren undGleichnisse und ihnen zeigen, wieviel Gutes sie für ihre Mitmenschen tun könnten,— gar manche Verbrecher wür<strong>den</strong> umkehren und wieder zu guten Menschenwer<strong>den</strong>.Ich bin Olive T., gute Nacht!— — —— 187 —


Frau R. litt so schwer <strong>unter</strong> Selbstmordabsichten, daß sie schon nicht mehr essenund schlafen konnte, sich beständig das Haar raufte und zum Schatten abgemagertwar. Sie behauptete 500 Menschen umgebracht zu haben, und ihr einzigerGedanke war nur, sich das Leben zu nehmen. Bisher schien nicht die geringsteHoffnung auf Besserung zu bestehen, sie wurde in ein Sanatorium gebracht, wosie drei <strong>Jahre</strong> hindurch in fest geschlossenem Raum gehalten wer<strong>den</strong> mußte.Nachdem man sie in unsere Behandlung überwiesen hatte, machte sie noch mehrereSelbstmordversuche. Im Laufe von einigen Wochen wurde sie dann abervon einem düsteren Geiste befreit, der selber Selbstmord begangen hatte, undvon da ab bekam sie keine selbstmörderischen Neigungen mehr. Frau R. bliebnoch einige Zeit <strong>bei</strong> uns, nahm an Gewicht zu und wurde wieder kräftig undganz gesund. Ihr Geisteszustand war wieder völlig normal, so daß sie zu ihrerFamilie zurückkehren und ihre alte Tätigkeit wieder aufnehmen konnte.— — —Sitzung vom 22. Februar 1919Geist: Ralph Stevenson. — Patientin: Frau R.Doktor: Wo kommen Sie her?Geist: Ich kam zufällig vor<strong>bei</strong> und sah Licht, da kam ich eben mal herein.Dr. Können Sie uns sagen, wer Sie sind?G. Nein, das weiß ich selbst nicht.Dr. Können Sie sich nicht auf Ihren Namen besinnen?G. Ich kann mich auf gar nichts mehr besinnen. Was ist nur mit meinemKopf? Der tut mir so schrecklich weh.Dr. Was soll <strong>den</strong>n sein mit Ihrem Kopf?G. Es fällt mir so schwer zu <strong>den</strong>ken. Wozu bin ich nur hier? Wer sind Sie<strong>den</strong>n?Dr. Ich heiße Dr. Wickland.G. Welcher Art Doktor sind Sie <strong>den</strong>n?Dr. Doktor der Medizin. Und wie ist Ihr Name?G. Mein Name? Es ist sonderbar, aber ich kann mich nicht auf meinen Namenbesinnen.Dr. Wie lange sind Sie schon tot?G. Tot, sagen Sie? Wieso <strong>den</strong>n, ich bin doch nicht tot; ich wünschte, ich wär's.Dr. Macht Ihnen das Leben so wenig Spaß?G. Ja, allerdings! Wenn ich wirklich tot bin, dann ist es ein recht bitteres Ding,tot zu sein. Ich habe wieder und immer wieder versucht, aus dem Leben zugehen, aber es ist jedes Mal, als ob ich immer wieder ins Leben zurückkäme.Warum kann ich bloß nicht sterben?Dr. Es gibt doch in Wahrheit gar keinen Tod.G. Aber natürlich gibt's <strong>den</strong>.Dr. Woher wollen Sie wissen, daß es einen wirklichen Tod gibt?G. Ich weiß gar nichts. (Ganz verzweifelt.) Ich möchte gern sterben! Nur sterbenmöchte ich! Das Leben ist so düster und trostlos. Ich habe nur <strong>den</strong>— 188 —


einen Wunsch — sterben und vergessen, vergessen, vor allem vergessen.Warum kann ich bloß nicht sterben? Manchmal scheint mir's so, ich müssewohl gestorben sein; aber dann bin ich auf einmal wieder lebendig. Und ichmöchte doch all die Aufregungen und Ängste, die ich durchgemacht habe,vergessen! Wo soll ich nur hin, damit ich endlich sterben kann? — Manchmalgelingt es mir wohl, irgendwo hineinzukommen (in die Aura einesmedialen Menschen), aber immer wieder werde ich hinausgejagt in dieDunkelheit, und so gehe ich von einem Ort zum andern. Ich finde nichtmehr nach Hause und kann auch nicht sterben. Woran liegt das nur? Oh,schafft mir Vergessenheit, wenigstens für eine kleine Weile! Helft mir herausaus meinen quälen<strong>den</strong> Gedanken und aus der Finsternis! Warum kannich <strong>den</strong>n nur nicht sterben?Dr. Sie sind auf ganz falschem Wege, Freund!G. Dann sagen Sie mir doch, wo ich <strong>den</strong> richtigen finde.Dr. In sich selbst.G. Es gab eine Zeit, wo ich an einen Gott glaubte; und es gab eine Zeit, wo ichauch an Himmel und Hölle glaubte; jetzt aber schon lange nicht mehr. Esist düster und trostlos um mich, und mein Gewissen klagt mich an. —Schafft mir Vergessen! Vergessen möchte ich, ach, wie sehr wünschte ich,ich könnte vergessen!Dr. Wissen Sie, daß Sie Ihren irdischen Leib verloren haben?G. Davon weiß ich nichts.Dr. Wozu sind Sie <strong>den</strong>n wohl hier?G. Ich sehe Sie hier vor mir, aber ich kenne keinen von ihnen. Doch wenn ichSie mir so betrachte, scheinen Sie mir recht gute Menschen zu sein. WollenSie mich nicht <strong>bei</strong> sich aufnehmen und mir etwas Licht und Freude gönnen?Beides kenne ich schon seit vielen <strong>Jahre</strong>n nicht mehr.Dr. Was macht Sie <strong>den</strong>n so unglücklich?G. Ist es <strong>den</strong>n nicht gerade so, als ob es überhaupt keinen Gott gäbe? Warumläßt er mich in solcher Finsternis und Dunkelheit sitzen? Ich war doch frühergar kein schlechter Kerl, aber ich war —‚ oh, das kann ich nicht.Dr. Sagen Sie uns nur ruhig, was Sie bedrückt.G. Ich habe ein schweres Unrecht begangen; das kann mir niemals verziehenwer<strong>den</strong>. So einem Menschen, wie ich einer bin, kann Gott nicht verzeihen!Nein, nein, nein!Dr. Jetzt geben Sie mal gut Acht, damit Sie sich über Ihre Lage klar wer<strong>den</strong>,wir können Ihnen helfen. — Sie sagen, Sie seien ein Mann.G. Das bin ich auch!Dr. Aber Sie stechen im Körper einer Frau.G. Ich kann mir nicht <strong>den</strong>ken, wie ich in meinen Sorgen hätte zu einer Frauwer<strong>den</strong> sollen, und weiß davon nichts. (Blickt nach einer unsichtbarenErscheinung und wird sehr erregt.) Komm nicht her! — nein, nein, kommnicht! Geh fort! Sehen Sie! Sehen Sie doch! Sehen Sie dort drüben! Geh'fort! ich kann das nicht ertragen.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n getan?— 189 —


G. Wenn ich das sagte, würde ich gleich verhaftet wer<strong>den</strong>. Ich kann auch hierschon nicht mehr bleiben, ich muß fort! Ich muß schleunigst fort, — ichmuß. (Die Kranke, Frau B., hat wiederholt versucht, fortzulaufen.) Sie sindschon hinter mir her, und wenn ich bleibe, dann kriegen sie mich. LassenSie mich gehen! Da sind sie schon, meine Ankläger.Dr. Wo glauben Sie <strong>den</strong>n zu sein?G. In New York.Dr. New York ist sehr weit von hier. Sie sind in Los Angeles, in Kalifornien.Was meinen Sie <strong>den</strong>n, welches Jahr wir haben? Wissen Sie, daß wir 1919schreiben?G. 1919? Das kann doch nicht sein!Dr. Was meinen Sie <strong>den</strong>n, welches Jahr jetzt ist?G. 1902.Dr. Das liegt schon 17 <strong>Jahre</strong> zurück. Können Sie <strong>den</strong>n nicht begreifen, daß SieIhren sterblichen Leib verloren haben? Es gibt keinen eigentlichen Tod,sondern nur einen Hinübergang. Nur der irdische Leib fällt ab. Haben Sieüberhaupt einmal <strong>den</strong> Fragen nach Leben und Tod näher nachgeforscht?G. Ich habe nie nach etwas geforscht. Ich habe immer nur geglaubt. — Ichheiße Ralph, aber meinen Nachnamen habe ich vergessen. Mein Vater isttot.Dr. Nicht mehr als Sie.G. Natürlich, tot bin ich ja nicht. Ich wünschte, ich wär's! Ach bitte bringenSie mich doch hier fort und machen Sie mich tot, aber so, daß ich wirklichtot bin. (Frau R. hat oft gebeten, man solle sie doch töten.) Oh, da kommensie wieder! Ich will aber nicht gestehen! Wenn ich's tue, sperren sie michins Gefängnis, und ich habe es ja so schon schlimm genug.Dr. Daß Sie im Dunkeln sind, daran ist nur Ihre Unwissenheit schuld. LegenSie nur ein Geständnis ab, dann können wir Ihnen auch helfen.G. Ich kann nicht gestehen. Ich hab's schon mal versucht, aber es war mirnicht möglich. Meine Vergangenheit steht mir ständig vor Augen.Dr. Ihrer Schilderung nach haben Sie augenscheinlich Menschen besessengemacht‚ haben diese durch Ihre immer wiederholten Versuche, sich umzubringen,zum Selbstmord getrieben. Haben Sie sich nicht manchmal inrecht sonderbarer Lage gefühlt?G. Ich habe noch gar nicht versucht, mir über mich selbst klar zu wer<strong>den</strong>.(Erregt.) Oh, Alice (Geist), nein, nein, ich habe Angst! Ich habe es ja garnicht tun wollen! Nein, Alice, schieb mir nicht die Schuld zu!Dr. Wenn Sie uns nur sagen, was Sie so quält, dann können wir Ihnen helfen.G. Wir hatten miteinander ausgemacht, daß wir zusammen in <strong>den</strong> Tod gehenwollten, aber wir starben eben doch nicht. — Alice, warum hast Du nur sodarauf bestan<strong>den</strong>, daß ich dich töten sollte!? Warum hast Du das getan?Erst habe ich Dich erschossen und dann mich selbst; aber ich habe dochnicht sterben können. Oh, Alice, Alice!Dr. Die ist sich über ihre Lage besser klar als Sie.— 190 —


G. Sie sagt: "Ralph, wir waren recht töricht!" — Ich will's Ihnen erzählen,aber ich weiß, man wird mich verhaften, wenn ich alles erzählt habe. —Alice und ich waren verlobt und wollten gern heiraten, aber ihre Elternwollten uns nicht heiraten lassen, weil ich ihnen nicht paßte. Wir liebtenuns aber aufrichtig und so beschlossen wir, ich solle erst sie töten und dannmich selber. Das habe ich also getan; aber ich habe doch nicht sterben können.Und weil Alice ja auch hier ist, muß ich annehmen, daß ich auch sienicht habe töten können. Seitdem ich das damals versucht habe, kommt sieund macht mir Vorwürfe. — Alice und ich waren zusammen, und sie sagtein einem fort: "erschieß" mich! Schnell, schnell! Schieß' doch! Mach, los,los!" Ich zögerte, <strong>den</strong>n ich hatte sie doch lieb, aber sie hörte nicht auf zudrängen: "Mach zu! Schnell! Tu's!" Immer noch zögerte ich; aber Alicesagte: "Komm' jetzt und tu's, mach' schnell!" Ich konnte aber nicht. Dameinte sie, nach Hause könne sie doch nicht mehr, und heiraten könntenwir auch nicht; warum sollten wir da nicht zusammen sterben. — Selbstwollte sie sich aber nichts antun; und ich konnte es eben auch nicht. Aberunausgesetzt drängte sie mich, ich solle sie töten, so daß ich dann schließlichdoch mit geschlossenen Augen auf sie abdrückte; und bevor ich sie fallensah, richtete ich die Waffe gegen mich selbst. Dann aber sah ich sie amBo<strong>den</strong> liegen und trachtete nur danach fortzukommen, nachdem ich michwieder erhoben hatte. So bin ich geranunt, gerannt und gerannt und renneund laufe seitdem in einem fort und möchte vergessen und kann es dochnicht, — Alice kommt manchmal zu mir, aber ich sage ihr dann immer:"Nein, ich bin an deinem Tode nicht schuld, bleib' nur ja fort!" — Ich bingerannt und gerannt, um der Polizei zu entgehen und auch anderen sonst.Vor nicht allzulanger Zeit war mir so, als sei ich eine alte Frau und ichkonnte lange Zeit dies Gefühl nicht wieder los wer<strong>den</strong>. Es gelang mir wohlmal, aber nach kurzer Zeit war ich doch wieder die alte Frau.Dr. Damals haben Sie eine alte Frau besessen gemacht.G. Besessen? Was meinen Sie damit?Dr. Haben Sie <strong>den</strong>n niemals in der Bibel etwas von unreinen Geistern gelesen?G. Oh, ja doch! Aber als ich diese alte Frau war, wollte ich gern sterben,konnte aber nicht. Ich konnte auch die alte Frau nicht los wer<strong>den</strong>, die sofest an mir hing. Ich wurde sie auf keine Weise los. (Sehr erregt.) Alice,komm nicht her! — Als ich mit der alten Frau zusammen war, gab's aufeinmal so scharfe Funken, als ob mich der Blitz träfe. Ich dachte, ich würdedavon sterben, und ich wäre auch so gern gestorben. (Die Kranke hat auchöfter geäußert, sie hoffe, durch die elektrische Behandlung zu sterben.) Eswar richtig wie ein Blitzstrahl und ich war auch getroffen, aber gestorbenbin ich doch nicht davon.Dr. Diese Funken kamen von einer elektrischen Behandlung, die wir einerunserer Kranken verabreichten; diese Kranke hatten Sie offenbar besessengemacht, <strong>den</strong>n sie sprach beständig vom Sterben, gerade so wie Sie. Siehaben in ihr gesteckt und vergällten ihr das Leben. Die elektrische Behand-— 191 —


lung hat Sie dann aus dieser Kranken ausgetrieben, so kann sie jetzt wiedergesund wer<strong>den</strong>, und auch ihnen wird jetzt geholfen wer<strong>den</strong>. — Wenn Sieuns verlassen, dann gehen Sie nur mit Alice mit; die wird Ihnen helfen, sichüber Ihre Lage klar zu wer<strong>den</strong>. Bisher haben Sie immer noch nicht richtigbegriffen, daß Sie Ihren irdischen Leib verloren haben und trotzdem nochlebendig sind. Alice ist ein Geist, gerade so wie Sie selbst. Sie sind einunsichtbarer Geist und benutzen <strong>den</strong> Körper meiner Frau. Geist und Seelekönnen gar nicht sterben.G. Meinen Sie, daß ich je wieder Frie<strong>den</strong> fin<strong>den</strong> werde? Hätte ich doch nurmal bloß eine Stunde Ruhe!Dr. Dazu haben Sie doch die ganze Ewigkeit vor sich.G. Werde ich <strong>den</strong>n Vergebung fin<strong>den</strong> für meine Tat?Dr. Es genügt vollständig, wenn Sie ein Geständnis ablegen und Ihre Tat aufrichtigbereuen. Haben Sie nur etwas Geduld und lassen Sie sich willigbelehren, dann wird man Ihnen auch helfen.G. Da ist ja meine Mutter! (Geist.) Mutter Ich bin nicht wert, daß ich deinSohn heiße. Ich habe dich sehr lieb gehabt, aber ich kann es jetzt nichtertragen, daß du zu mir kommst. (Weint.) Oh, Mutter, willst du mir verzeihen?Ich liebe dich auch jetzt noch! Willst du deinen verlorenen Sohn wiederannehmen und ihm verzeihen? Willst du mich ein klein bißchen glücklichmachen? Ich habe gelitten, oh, so schwer! Bitte nimm mich mit, wenndu mir verzeihen kannst! Meine einzige, gute Mutter!Dr. Antwortet Ihre Mutter Ihnen?G. Mutter sagt: "Mein Sohn, mein Sohn! Die <strong>Liebe</strong> einer Mutter ist stärkerals alles andere. Ich habe mir so oft und so große Mühe gegeben, an dich heranzukommen,aber du bist mir immer davon gerannt."Der erste Geist verläßt uns darauf, und danach sprach seine Mutter noch durchdas Medium.— — —Geist: Frau StevensonEndlich habe ich nun meinen Sohn wieder. Schon lange versuche ich alles, mitihm in engere Fühlung zu kommen, doch ist mir das nicht gelungen. Jedes Mal,wenn ich dachte, jetzt hätte ich ihn, rannte er vor mir davon.Gesehen hat er mich öfter, er fürchtete sich aber vor mir aus der falschen Vorstellungheraus, wenn man sterbe, sei man doch eben tot; und so kommt es, daßdie Menschen sich vor <strong>den</strong> Verstorbenen fürchten.Wir sterben ja aber gar nicht; wir gehen doch nur hinüber auf die geistige Seitedes Lebens und kommen in wunderbare Lebensverhältnisse, wenn wir nur wahrhaftBescheid wissen. Drum sollten wir eben schon im Er<strong>den</strong>leben möglichstviel über das jenseitige Leben zu erfahren suchen.Trachten Sie eifrig danach, sich über Ihr eigenes Wesen und <strong>den</strong> Sinn IhresLebens klar zu wer<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n sonst geht es Ihnen wie meinem Sohn. <strong>Jahre</strong>lang— 192 —


ist er vor mir und seiner Braut davongerannt, wie auch vor jedem Polizisten, <strong>den</strong>er zu Gesicht bekam, während er sich in der Erdsphäre aufhielt.Seit einiger Zeit machte er eine Dame besessen und fand aus ihrer magnetischenAura nicht mehr heraus, weil er nicht wußte, wie er es anstellen sollte. Er war inder Hölle; diese Hölle heizte ihm kein Feuer, sondern seine Unwissenheit.Nehmt Einblick in die Verhältnisse des jenseitigen Lebens, damit Ihr bereit seid,<strong>den</strong>n der Tod kommt unerwartet. Bereitet Euch richtig darauf vor, nicht durchbloßes Glauben, sondern durch wirkliches Wissen. Forschet nach, was sich hinterdem Schleier des Todes verbirgt. Wenn dann für Euch die Stunde kommt,auf die geistige Seite des Lebens hinüberzutreten, dann werdet Ihr das mit offenenAugen tun und wissen, wohin Ihr geht, und seid nicht erdgebun<strong>den</strong>e Geister,wie mein armer Sohn.Mein armer junge! Er ist so müde und zerquält; er ist geistig krank. Ich will ihnjetzt pflegen und ihn über das ewige Leben belehren, damit auch er an <strong>den</strong> wunderbarenZustän<strong>den</strong> der geistigen Welt bewußt Anteil nehmen kann.Begnügt Euch nicht mit dem bloßen Glauben; wer nur glaubt, der bleibt dort stehen,wo er sich gerade befindet. Und in die Tat umsetzen müssen wir alle dasGol<strong>den</strong>e Gesetz — für andere zu leben und anderen zu dienen; dann wer<strong>den</strong> wirauch selig wer<strong>den</strong>, wenn wir ins geistige Leben hinübergehen.Ich danke Ihnen, daß Sie meinem Sohne geholfen haben. Die <strong>Liebe</strong> einer Muttervermag viel; und wenn Sie meinen Jungen wiedersehen, dann wird er ein ganzanderer sein, <strong>den</strong>n dann wird er keinen Zweifel mehr haben. Der Zweifel ist einWall. Er ist ein Wall, <strong>den</strong> wir uns selbst zwischen dem Leben und dem Todeauftürmen, und dieser Zweifel läßt nicht einmal Mutter und Sohn zu einander.Er rannte davon, sobald er mich sah, und weder Alice noch ich konnte ihm <strong>bei</strong>kommen.Denn er glaubte, er sei noch am Leben und es sei ihm nicht gelungen,sich das Leben zu nehmen. Als er dann eines Tages mit einer medial veranlagtenFrau Berührung kam, machte er diese besessen, glaubte aber, er sei im Gefängnis.Ich danke Ihnen allen für die Hilfe, die Sie meinem Sohne heute Abend geleistethaben. Gott segne Sie und Ihr Werk!Leben Sie wohl!*— 193 —


Geister und Rauschgifte, Trunksucht, GedächtnisverlustSo unbarmherzig der Griff ist, mit dem die Rauschgiftsucht ihre Opfer das ganzeLeben hindurch in ihren Klauen festhält, — noch weit grausamer entfalten dieRauschgifte ihre Macht jenseits des Grabes. Denn jede Sucht hat ja ihre Wurzelngerade tief in der Seele, und die Qualen erdgebun<strong>den</strong>er Geister, deren verzehrendesVerlangen nach Ablegung des Körpers keine Befriedigung mehr fin<strong>den</strong>kann, sind ganz unbeschreiblich.Solche Geister verschaffen sich oft eine teilweise Befriedigung, indem sie vondem Körper medial veranlagter Menschen Besitz ergreifen und diese zwingen,sich an <strong>den</strong> Genuß eines Rauschgiftes zu gewöhnen. Häufig bekun<strong>den</strong> sich inunseren Sitzungen Geister, die schwer <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Folgen des Rauschgiftmißbrauchszu lei<strong>den</strong> haben; und viele eindringliche Warnungen haben wir zu hörenbekommen von Abgeschie<strong>den</strong>en, die früher selbst einmal Sklaven dieser Lei<strong>den</strong>schaftgewesen waren.Fünfundzwanzig <strong>Jahre</strong> war es schon her, daß wir, zur Zeit meines Anatomiestudiums,unsere erste Sitzung mit Minnie Morgan gehabt hatten. Da stellte sie, diezu ihren Lebzeiten Morphinistin gewesen war, sich wieder einmal <strong>bei</strong> uns einund berichtete uns einiges über die Verhältnisse in der Erdsphäre und auf <strong>den</strong>höheren Ebenen der Geisterwelt.— — —Sitzung vom 26. Juli 1922Geist: Minnie Morgan. — Medium: Frau WicklandIch fühle mich zu Ihnen gehörig; ich weiß zwar nicht, wer Sie sind, Sie habenmir aber geholfen. Das war wahrlich wunderbare Hilfe, als mir zum Bewußtseingebracht wurde: es gibt tatsächlich ein Weiterleben.In der geistigen Welt kennt man einander, wie man sich kennen soll, und nicht,wie auf Er<strong>den</strong>, mit allerlei Hintergedanken.Wie eine verwilderte Viehherde zieht die Menschheit über das Schlachtfeld derSelbstsucht und Eifersucht. Für <strong>Liebe</strong> haben sie so wenig Verständnis. Sie wissengar nicht, was wahre <strong>Liebe</strong> ist, weil sie Gott, der die <strong>Liebe</strong> ist und in der<strong>Liebe</strong> wohnt, nicht kennen! Der größte Teil der Menschheit gibt sich mit bloßenGlaubenssätzen zufrie<strong>den</strong> und <strong>den</strong>kt sich <strong>den</strong> Himmel als einen Platz über <strong>den</strong>Wolken, in <strong>den</strong> man ganz einfach hineingeht, wenn man stirbt.Immer, wenn ich über solche Fragen nachdachte, nahm ich mir vor, ich wolltemir das Leben, so lange wie irgend möglich, recht angenehm machen; und wennes dann einmal zum Sterben ginge, wäre ich ja schnell gerüstet abzutreten, weilich im letzten Augenblick ja nur alle meine Sün<strong>den</strong> auf Jesus zu werfen brauchteund dann reingewaschen, weiß wie Schnee, dastünde. Mit solchem Glaubenging ich ins Leben hinaus. Ich sagte mir: "Weshalb soll ich es nicht ebensohaben wie die andern? Die Zukunft mag für sich selber sorgen."— 194 —


Mit solchen Vorstellungen und Vorsätzen ziehen viele Menschen aus, ihren wil<strong>den</strong>Hafer zu säen, in der Meinung, wenn ihr letztes Stündlein komme, werdeman schon für sie beten, und dann wür<strong>den</strong> sie schon in die himmlische Herrlichkeiteinziehen können.Das war auch meine Auffassung. Ich sehnte mich nach einem Leben vollerGlanz und Glück — oder vielmehr, was ich dafür hielt. Und was meint mandamit? Man möchte sich alles leisten können, unbekümmert in <strong>den</strong> Tag hineinlebenund sich nur ja keine Gedanken darüber machen, was aus seiner Seele wer<strong>den</strong>soll.Ich sagte mir: "Machen wir uns das Leben nur recht angenehm, solange wir können!",und mit solchem Vorsatz trat ich ins Leben. Mal ging es mir schlecht, unddann war ich auch wieder sehr glücklich. Doch was ich so nannte, das war keinGlück. Wir können uns nun mal nicht einen Augenblick über die Naturgesetzehinwegsetzen, ohne auf die eine oder andere Weise dafür zu lei<strong>den</strong>. JeglicheÜbertreibung haben wir sowohl seelisch als auch körperlich durch Lei<strong>den</strong> zubüßen. Und doch machen wir wieder und immer wieder dieselben Fehler; so istunser Lebensglück mal mehr mal weniger fragwürdig.Ich führte ein sehr flottes Leben und nannte das meine glückliche Zeit. DochKummer und Sorge blieben nicht aus. Im weltlichen Sinne führte ich ein sehrflottes Leben. Ich ging wohl auch ab und zu mal in die Kirche, um sicherheitshalberauch etwas für mein Seelenheil zu sorgen. Ich stiftete der Kirche auchGeld und glaubte so alles aufs beste geordnet, um dann unbesorgt wieder in <strong>den</strong>Vergnügungen der Welt <strong>unter</strong>zutauchen.Eine Zeitlang ging immer alles ganz gut. Doch jedesmal, wenn ich besonderesGlück hatte, wie ich es nannte, hatte ich körperlich und seelisch zu lei<strong>den</strong>. Ichversuchte es abzuschütteln und wollte mein Glück immer noch ein bißchen weiterauskosten. Aber schließlich blieb ich am Wegrande liegen. Nach einiger Zeitwaren die Kräfte meines Körpers verbraucht, und ich wurde elend und krank.Einst galt ich für ein sehr hübsches Mädchen. Ich hatte meine Liebhaber, undalles ging eine Zeitlang ganz gut, aber allmählich sank ich tiefer und immertiefer, und verkam schließlich vollständig. Ich war körperlich ein Wrack, aberich war doch immer noch am Leben.Lassen Sie sich niemals, von wem es auch sei, auch nur das geringste BißchenMorphium geben. Wenn man erst einmal auf diesen Weg gerät, dann ist manverloren. Nicht etwa, daß eine Seele jemals ganz verloren gehen könne; aberman ist verloren für die Zeit, die man diesem schlimmen Gifte frönt. Man wirdsterbenselend. Es gibt nichts schlimmeres, als nach Morphium süchtig zu seinund keines bekommen zu können. Jeder Nerv scheint einem im Körper vor Verlangenzu zittern.Ich wurde ganz rasend, als ich keins mehr bekommen konnte. Ich hatte fürnichts anderes mehr Sinn. Ich hätte sogar meine eigene Seele als Kaufpreis hingebenmögen, wenn ich dafür nur Morphium hätte bekommen können. Ich ver-— 195 —


lor allen Anstand; ich verlor restlos je<strong>den</strong> Halt. — Ich hatte nur noch ein Ziel:Morphium!Es war fürchterlich! Das Verlangen brannte mir bis tief ins Herz hinein. Ichfühlte es in jedem Nerv, ich fühlte mich wie im Feuer. Wenn mir doch irgendjemand Morphium besorgt hätte! Nur ganz wenig! Nur ein ganz kleines Bißchen!Ein winziges Bißchen!Ich hatte das Gefühl, es einfach nicht mehr ertragen zu können. Ich wollte nurein wenig, ein kleines Bißchen! Nur ein wenig! (Der Geist schien alle dieseQualen, die er auf Er<strong>den</strong> durchgemacht hatte, noch einmal zu durchleben. Eswar auch ganz augenscheinlich, daß die Verstorbene nicht nur zu dem Kreiseder sichtbaren Sitzungsteilnehmer sprach, sondern auch zu einer unsichtbarenZuhörerschaft von erdgebun<strong>den</strong>en Geistern.)In diesem schrecklichen Zustande bin ich gestorben. Meinen irdischen Körperwar ich also los. Ich hatte ihn verbraucht, vollständig zerrüttet. Dann sezierteman ihn, — nach meinem Tode —‚ doch ich lebte ja noch! So wollte ich meinenKörper wieder haben.Man hantierte an mir herum, und nach einer Weile spürte ich, daß man mich inStücke schnitt (sezierte). Ich schrie und wehrte mich, <strong>den</strong>n ich wollte meinenKörper wieder haben, um mein verzehrendes Verlangen stillen zu können. Ichbrannte vor Begierde!Man zerschnitt je<strong>den</strong> Nerv; man <strong>unter</strong>suchte mein Herz, <strong>den</strong> ganzen Körper vonder Schulter herab bis zum Bein —‚ immerzu ging es pick, pick, pick!In meiner Verzweiflung wehrte ich mich mit all meinen Kräften, und schließlichgelang es mir, einige der Quäler von meinem Körper zu verscheuchen. Diesehaben ihn dann nicht wieder angerührt. Es waren fünf oder sechs Männer mitMessern, die es alle auf meinen Körper abgesehen hatten — pick, pick, pick!Aber dann kam ein anderer; der betrachtete mich wieder und immer wieder, undschnitt und schnipselte an mir herum und machte mich ganz rasend. Ich dachte,wenn ich ihn nur zu fassen kriegte, würde ich ihm schon eins auswischen. Erschenkte mir aber gar keine Beachtung. Ich versuchte, ihn zu erschrecken, wieich es <strong>bei</strong> <strong>den</strong> andern gemacht hatte, aber ich konnte ihn nicht fortbringen. Erwich keinen Zoll von meinem Körper.Dann ging ich ihm nach, um ihm auch zu Hause noch weiter zuzusetzen. Dafühlte ich mich mit einem Mal wieder ganz wohl (nahm Besitz vom Medium)und ging mit aller Kraft auf ihn los, um ihm für das Zerschnei<strong>den</strong> meines Körperseins auszuwischen.Zu meiner größten Überraschung mußte ich nach kurzem Wortwechsel mit diesemHerrn (Dr. Wickland) mich davon überzeugen, daß ich gestorben war. Ichhatte bis dahin nicht begriffen, daß ich meinen Körper verlassen hatte, <strong>den</strong>n"tot" war ich ja ganz und gar nicht. Dieser Herr erzählte mir, jene Leute, die sichda über meinen Körper hergemacht hätten, seien Stu<strong>den</strong>ten gewesen, die durch— 196 —


Zergliedern von Leichen <strong>den</strong> menschlichen Körper genau kennenlernen müßten,bevor sie ins Examen gingen. Fünf von ihnen hatte ich verscheucht, und diesehaben mich auch nicht wieder angerührt, aber diesen einen konnte ich nicht fortkriegen.(Zu Dr. Wickland) Doch heute komme ich, um Ihnen zu danken. Sie waren es,der mich aufgeklärt und mir einen richtigen Begriff vom Jenseitsleben <strong>bei</strong>gebrachthat. Ich begriff, daß ich meine Sün<strong>den</strong> nicht einfach auf Christus werfenkonnte. Er war unser Lehrer, aber wir müssen ein jeder sein eigenes Lebenleben, wie Er es uns gelehrt hat, und nicht unsere Sün<strong>den</strong> und Irrtümer auf Ihnwerfen wollen.Das ist eine Irrlehre! Er ist das Leben, das Licht und der Weg! Er hat gesagt:"Ich bin das Licht der Welt, wer Mir nachfolgt, wird nicht im Finsternwandeln!" Viele vor Ihm haben ähnliches gelehrt. Ich erkannte, daß es in früherenZeiten viele Lehrer wie Christus gegeben hat. Konfuzius war ein solcher. Erhat ähnliches wie Christus gelehrt. Im Alten Testament fin<strong>den</strong> wir dieselbenGrundlehren, wie Christus sie uns gegeben hat; im Alten wie im Neuen Testamentstehen die gleichen Sprüche.Laßt uns alles tun, was wir können, um Gott in uns zu fin<strong>den</strong>. Lernet nachChristi Lehren leben: "<strong>Liebe</strong> <strong>den</strong> Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen unddeinen Nächsten wie dich selbst!“Ich hätte auch bis heute mein hübsches Heim in der Geisterwelt noch nicht,wenn man mich nicht wachgerüttelt und mir einen richtigen Begriff vom Leben<strong>bei</strong>gebracht hätte.Ich war tief gesunken, und Sie wissen ja, welch unbändiges Verlangen ich nachMorphium hatte. Dieses Verlangen blieb mir auch, nachdem ich meinen irdischenKörper verlassen hatte. Denn jegliches Begehren hat seinen Sitz in derSeele, und nicht im Körper. Der Körper ist nur der Mantel, das Kleid der Seele.Alle Wünsche im Leben, alle Fähigkeiten der Seele gehen mit einem ins Grabund über das Grab hinaus.Was wäre aus mir gewor<strong>den</strong>, wenn man mir nicht Mittel und Wege gezeigthätte, meiner Begier<strong>den</strong> Herr zu wer<strong>den</strong>? Ich wäre heute noch erdgebun<strong>den</strong>erGeist und in die magnetische Aura irgendeines sensitiven Menschen hineingeraten.Diesen armen Menschen hätte ich zu einem Morphinisten gemacht, nur ummeine Begierde zu befriedigen; aber das Leben des Sensitiven wäre ruiniertgewesen. Erst einmal in eine solche Lage hineingeraten, hätte ich viele <strong>Jahre</strong> inder Erdsphäre zubringen müssen, und sicherlich einen nach dem andernzugrunde gerichtet, und da<strong>bei</strong> wäre ich geblieben.Macht Euch klar, was zur Seele und was zum Körper gehört. Wenn das jedermanntäte, gäbe es nicht so viel Leid und Verbrechen, und auch nicht so vieleKrankheiten. Wir hätten mehr <strong>Liebe</strong> und <strong>den</strong> Himmel auf Er<strong>den</strong>, wen wir Mitleidhätten mit <strong>den</strong> Unglücklichen, die nur ihren Begier<strong>den</strong> leben.— 197 —


In der Bibel steht: "Prüfer alles, und das Beste behaltet." Das soll heißen, mansoll nicht alles mit einem Mal haben wollen. Wenn man hier im Er<strong>den</strong>leben vonirgendetwas, wie z.B. Morphium, Whisky, oder Tabak, des Guten zuviel nimmt,dann ist man bald Sklave seiner Lei<strong>den</strong>schaft und muß unbedingt Einhalt tun.Viele Menschen verurteilen manches grundsätzlich, und für einen empfindsamenMenschen ist der Gedanke, im Urteil seiner Mitmenschen so abgetan zuwer<strong>den</strong>, schwer zu ertragen. Denn alles hier auf Er<strong>den</strong> ist zu unserm Gebrauchbestimmt, wir sollen nur keinen Mißbrauch damit treiben.Viele Leute verurteilen je<strong>den</strong> Genuß von Alkohol, Tabak, Morphium undOpium, aber es ist doch nur deren Mißbrauch, was zu verurteilen ist. Alles hatsein Gates und ist nützlich, wenn es nur richtig angewandt wird. Ist Morphiumnicht etwas sehr Gutes, wenn man sich einer Operation <strong>unter</strong>ziehen muß? OhneBetäubungsmittel operiert zu wer<strong>den</strong>, wäre eine schmerzliche Sache; dieSchmerzen wären doch gar zu groß. Morphium nimmt die Schmerzen.Diese Mittel wer<strong>den</strong> aber von vielen Menschen gebraucht, eben, weil sie verbotensind. Sie sagen sich: "Verbotene Frucht schmeckt doppelt süß!" Gerade,wenn etwas verboten ist, möchte jeder es gern mal probieren. Gar leichtgewöhnt man sich an <strong>den</strong> Genuß und richtet sich damit zugrunde.Ich habe mein Leben in <strong>den</strong> niederen Volksschichten verbracht, in der Unterwelt,und ich kenne diese Verhältnisse, von <strong>den</strong>en ich hier spreche, sehr genau.Ich habe selbst nach allem gegriffen, nur um meine Nerven zu beruhigen.Mit Maßen und vernünftig angewandt, hat alles sein Gutes. Wenn ein Mann, derkörperlich oder geistig hart ar<strong>bei</strong>ten muß, sich zum Ausruhen niedersetzt, ist ermüde und abgespannt. Dann gebt ihm eine gute Zigarre und laßt ihn sich erholen.Seine Abgespanntheit wird weichen und er wird sich bald wieder kräftigerfühlen. Hier greift eine völlige Entspannung Platz, er raucht und fühlt sich wohler.Mit dieser völligen Entspannung kommt die Ruhe; der Mann schläft undruht aus für die Ar<strong>bei</strong>t des nächsten Tages.Wenn die Menschen mehr <strong>Liebe</strong> für einander hätten und weniger lieblos überihre Mitmenschen richteten, dann wären sie mehr wie Brüder und Schwesternzueinander. — So ist das Leben in <strong>den</strong> höheren Welten!Auf diese Stufe können wir aber nicht gelangen, bis wir nicht selber alle Begier<strong>den</strong>,allen Haß, alle Selbstsucht, Neid und Eifersucht in uns überwun<strong>den</strong> haben.Wir kommen nicht vorwärts, bevor wir nicht dies alles abgelegt haben undsagen können: "Gott helfe mir, daß ich meine Feinde und Freunde mehr liebenkann als mich selber." — Erst dann tut sich der Weg zu höheren Ebenen für unsauf!Manche Leute meinen, wenn sie die großen Wahrheitslehren kennengelernthaben, dann wären sie reif für die Seligkeit des Himmels. Sie wissen aber nicht,daß der Himmel ein innerer Zustand ist.— 198 —


Im Kampfe gegen meine Morphiumsucht kam ich nur sehr langsam Schritt fürSchritt voran, bis ich endlich sagen konnte: "Niemals wieder Morphium fürmich!"Und erst, als ich soweit wieder Herr über mich selbst war, kamen meine Freundeund Verwandten zu mir und sagten: "Nun kannst Du mit uns kommen in dasHeim, welches für Dich bereitet ist!" — Vorher war ich ganz allein, Ich warnicht gerade in einem finstern Kerker wie so manche, aber ich war mutterseelenallein und mußte in völliger Einsamkeit ringen und Selbstüberwindung lernen.Im Großen Buche steht geschrieben, daß Christus in die Unterwelt hinabgestiegensei, um zu helfen und zu lehren. Wir alle müssen die Gefallenen belehren,ihnen helfen und sie stützen und stärken zur Überwindung ihrer Begier<strong>den</strong>.Ich wünschte, ich könnte Sie für einige Augenblicke mit mir nehmen, damit Siedie Zustände in der <strong>unter</strong>sten Sphäre — ich meine die sogenannte Erdsphäre —einmal sehen könnten. — Hier ist das Bereich des Whiskys, dort das des Morphiums,dann das Reich des Opium-Teufels sowie der Selbstsucht und des Geizes.Von all diesen Zustän<strong>den</strong> ist wohl derjenige des Geizhalses am schlimmsten.Dieser opfert alles für Geld! Er will nicht essen, weil er meint, daß er es sichnicht leisten könne. Er läßt seine Seele hungern, weil er Geld und immer nurwieder Geld haben will, — und was ist die Folge? In der Erdsphäre befindet ersich im Finstern, doch kann und muß er mit ansehen, wie sein Geld von <strong>den</strong>Erben vertan wird, und er leidet dadurch entsetzliche Höllenqualen.Er sieht, wie seine Verwandten sich sein Geld nehmen; es wird geteilt und gehtteils hierhin, teils dorthin. Wenn alles an einem Ort <strong>bei</strong>sammen bliebe, könnte eres überzählen, und dann wäre für ihn alles in Ordnung; aber von seinen Verwandtenwill jeder seinen Teil für sich haben, um ihn ausgeben zu können.Nun stellen Sie sich vor, dieses Geld war sein Schatz. Jeder Pfennig, der davonausgegeben wird, ist für ihn, als schnitte man ihm Stücke von seinem Körper ab,<strong>den</strong>n mit Herz und Seele hing er fest an diesem Gelde. Nun zu sehen, wie es verteiltund ausgegeben wird, ist für ihn eine Höllenqual. Be<strong>den</strong>ken Sie, was das fürihn bedeutet.Ihm ist nicht eher zu helfen, als bis ihm sein Verlangen nach dem Gelde vergangenist; dann erst öffnet sich seine Seele, oder sein innerer besserer Mensch, undihm kann geholfen wer<strong>den</strong>. Er kommt dann <strong>unter</strong> die Führung eines Lehrers undmuß lernen, daß Geld lediglich zum Er<strong>den</strong>leben, nicht aber zum geistigen Lebengehört. — Und dann hat er Gutes zu tun!Ein Geizhals erwirbt sein Geld niemals auf rechtlichem Wege. Er braucht keinDieb zu sein, aber, wenn er Geld verleiht, dann verlangt er Wucherzinsen. Fürje<strong>den</strong> Pfennig, <strong>den</strong> er auf unrechtmäßige Weise an sich gebracht hat, muß erGutes tun. Er muß irgend ein gutes Werk tun und armen Leuten <strong>bei</strong> ihrer Ar<strong>bei</strong>thelfen.— 199 —


Er muß sich ganz und gar aufopfern und mühselig sich alles selbst verdienen,bevor er sein Glück in der geistigen Welt fin<strong>den</strong> kann. Er muß erst dienen lernenund <strong>den</strong>jenigen helfen ihr Geld wiederzubekommen, <strong>den</strong>en er es abgenommenhat. Sie wissen ja, eine "Sünde wider <strong>den</strong> Heiligen Geist" kann nicht vergebenwer<strong>den</strong>; sie muß gesühnt wer<strong>den</strong>. Und das ist Sinn und Inhalt seines Lebens inder Geisterwelt!Einen Mörder müssen wir anders betrachten. Es gibt zehn verschie<strong>den</strong>e Artenvon Mord. Es gibt <strong>den</strong> sogenannten Affekt-Mord. Das ist kein wirklicher Morder ist begangen <strong>unter</strong> der Wucht eines Jähzorn-Ausbruchs. In seinem Herzen istsolch ein Mensch kein Mörder; er verlor nur die Herrschaft über sich selber.Natürlich hat auch er dar<strong>unter</strong> zu lei<strong>den</strong> und muß Gutes tun, wo er Unrechtgetan hat.Seine Lei<strong>den</strong>schaften zu zügeln, ist eine recht schwere Aufgabe, aber sie mußbewältigt wer<strong>den</strong>, weil sonst die Lei<strong>den</strong>schaften unser besseres Selbst erstickenund uns zu rücksichtslosem oder gar verbrecherischem Handeln hinreißen.Dann haben wir <strong>den</strong> listigen Mörder, der mit Vorbedacht handelt. Er schmiedetRänke und Pläne; er will einem Manne Geld rauben. Nach außen ist er nett undfreundlich und geht auch zur Kirche. In seinem Innern <strong>den</strong>kt er an nichts anderesals an sein Vorhaben, wie er <strong>den</strong> Mann wohl am besten umbringen könne; aberer geht behutsam zu Werke. Ein solcher Mensch hat in der geistigen Welt vielzu lei<strong>den</strong>. Er muß seine Untaten sühnen bis hinauf zu dem Zeitpunkt, wo in ihmzum ersten Mal der Mordplan aufstieg, und er der Vorsatz dazu faßte.Ferner gibt es <strong>den</strong> medial veranlagten Menschen, dem alles gleichgültig ist. Erhält sich gewöhnlich zu keiner Kirche und nimmt alle Dinge auf die leichteSchulter. Was heute nicht getan wird, kann ja morgen wer<strong>den</strong> oder auch übermorgen. Von seinem eigenen Willen macht er überhaupt keinen Gebrauch. Garleicht stiehlt sich ein getriebener Geist in seine magnetische Aura und macht ihnbesessen. Der Unglückliche begeht nun irgendein Verbrechen und wird für seineUntat, die doch er in Wirklichkeit gar nicht begangen hat, gehängt. Wahrscheinlichwird er behaupten, er wisse gar nicht, daß er etwas Unrechtes begangenhabe. Oder er sagt vielleicht: "Ich muß betrunken gewesen sein, als ich es tat,<strong>den</strong>n ich habe nicht die leiseste Erinnerung daran."Aber Alkohol war gar nicht der wahre Urheber. Alkohol tut das niemals. Wennein Mensch betrunken ist, dann befindet sich sein Geist in dumpfer Betäubung.Es ist allemal ein fremdes Geistwesen, das aus dem Betrunkenen heraus handelt.Und ist solchem erdgebun<strong>den</strong>en Geiste im Leben Unrecht geschehen, so ist seinganzes Verlangen darauf gerichtet, sich dafür zu rächen. Das Gericht findet aberniemals wirklich heraus, ob der betreffende Mensch schuldig ist oder nicht, erwird einfach gehängt.Die Mehrzahl aller Morde und Verbrechen wird verübt von solchen erdgebun<strong>den</strong>enGeistern, deren ganzes Sinnen und Trachten noch darauf aus ist, schlimmePläne und Ränke zu schmie<strong>den</strong>. Für deren Verwirklichung machen sie dann— 200 —


Menschen zu ihren Werkzeugen, bis sie endlich aus ihrem Wahne erwachen undihnen zum Bewußtsein kommt, was für Unrecht sie begangen haben.Wie oft wer<strong>den</strong> Redlichkeit und Sittsamkeit im Menschen völlig verschüttet. AlsKind war ich sehr sittsam; als ich aber meine Keuschheit verloren hatte, war ichsehr bald ganz und gar verdorben. Dann scheute ich vor nichts mehr zurück.Ehrlichkeit ist eine Tugend, auf die wir alle recht bedacht sein sollten. Richtern,Rechtsanwälten und Geistlichen ist es meistens nicht so sehr um die Gerechtigkeitzu tun, sie haben vielmehr ihren eigenen Vorteil im Auge. Sie tun derGerechtigkeit, Ehrlichkeit und Wahrheit grobe Gewalt an. Laßt uns alles tun,diese drei Tugen<strong>den</strong> hochzuhalten. Nur durch Ehrlichkeit und Wahrheit kann dieWelt zur Umkehr gebracht wer<strong>den</strong>; durch Verdammen kann man sie nichtbekehren. Die Menschen erfahren nur leider die Wahrheit nicht.Seid weise, verständnisvoll und gütig gegenüber Euren Mitmenschen, und Ihrwerdet sehen, daß Ihr damit weit mehr erreicht. Lehrt Weisheit und laßt einjeder <strong>den</strong> Geist Christi in Euch wohnen. Lebt so, wie Er es gelehrt; für all EuerTun nehmt Euch Ihn zum Vorbild, dann wird schon auf Er<strong>den</strong> Glückseligkeitherrschen.Es tut mir leid, Ihre Zeit so lange in Anspruch zu nehmen, aber ich wußte nicht,daß ich solange zu re<strong>den</strong> hätte. Ich hätte auch jetzt noch viel zu sagen, doch mußich nun schließen.Als ich in Chicago lebte, hieß ich Minnie Morgan; aber diesen Namen trage ichjetzt nicht mehr, und ich mag ihn auch gar nicht mehr. Er hat etwas ganzSchreckliches für mich. Schon wenn ich ihn bloß wieder mal ausspreche, packtmich Entsetzen. Meinen eigentlichen Namen kann ich heute noch nicht nennen.Wir müssen uns unsere Namen erst verdienen, und ich habe noch keines, bevorich mir nicht einen verdient habe.Nach all <strong>den</strong> fünfundzwanzig <strong>Jahre</strong>n, es war im <strong>Jahre</strong> 1897 als ich starb, bin ichnoch immer nicht soweit, daß ich einen Namen trage. Ich bin glücklich und willmir einen Namen verdienen, <strong>bei</strong> dem man mich dann nennen wird. Ich hattemeinen Namen in die allertiefste Schande gebracht. Wenn einer von Ihnen sterbensollte, würde er einen guten und ehrlichen Namen haben. Ihr Name folgtIhnen, und so wer<strong>den</strong> Sie es auch wünschen. Ich hänge an meinem nicht, <strong>den</strong>nmit ihm verknüpfen sich für mich zuviel schreckliche Erinnerungen. Sie wer<strong>den</strong><strong>den</strong> Unterschied ermessen können.Wenn man im Er<strong>den</strong>leben, so gut man irgend kann, sein Bestes tut, dann ist manauf dem rechten Wege. Und kommt man dann hinüber in die geistige Welt, wirdman von Verwandten und Freun<strong>den</strong> in Empfang genommen. Mir kam nieman<strong>den</strong>tgegen, keiner kam, mich zu empfangen; ich war zu tief gesunken. — Meineinziger Freund war das Morphium; — ist das nicht entsetzlich?Sie wissen ja, wenn ich wieder Morphium brauchte, habe ich es mir nicht immerauf rechtlichem Wege verschafft; ich habe während meines Er<strong>den</strong>lebens häufigGeld gestohlen, um mir dafür Morphium zu kaufen.— 201 —


Jetzt muß ich Schritt für Schritt alles wieder gutmachen. Ich ar<strong>bei</strong>te in <strong>den</strong> Spelunken,um ähnlich Unglücklichen, wie ich es war, zu helfen. Einst habe ich mitten<strong>unter</strong> solchen Morphinisten gelebt. Jetzt bin ich in der Lage, ihnen zu helfenüber ihre Morphiumsucht Herr zu wer<strong>den</strong>.Das ist also meine Ar<strong>bei</strong>t. Sie ist nicht erfreulich, aber sie ist mir eben aufgetragen.Und einer muß sie doch tun, weshalb also nicht ich? Ich leide mit ihnen undkann sie am besten verstehen, <strong>den</strong>n auch ich habe <strong>unter</strong> dieser Sucht gelitten.Schenken auch Sie diesen Unglücklichen Ihre Anteilnahme und ge<strong>den</strong>ken Sieihrer in <strong>Liebe</strong>, <strong>den</strong>n damit helfen Sie ihnen. Sie leben in ganz andern Verhältnissenals diese Bedauernswerten und können sich deren schlimme Lage daher garnicht vorstellen. Ein jeder, dem ich auf <strong>den</strong> rechten Weg helfe, ist mir himmlischesGlück! Be<strong>den</strong>ken Sie, jeder Gerettete ist mir himmlische Glückseligkeit.Je mehr ich helfen kann, desto mehr Befriedigung finde ich. Eines Tages jedochwerde ich dieser Erdsphäre Lebewohl sagen und dann in die eigentliche geistigeWelt aufsteigen.Verdammt nicht, die gefallen sind; be<strong>den</strong>kt, daß sie keinen eigenen Willenhaben. Sendet ihnen Gedanken der <strong>Liebe</strong> zu und betet für sie, "Gott, hilf ihnenzu einem eigenen Willen, damit sie über ihre Sucht Herr wer<strong>den</strong> können."Sendet ihnen Gedanken zu, die ihnen zur Selbstüberwindung helfen können;schickt ihnen keine unfreundlichen, lieblosen Gedanken!Das nächste Mal, wenn ich komme, sollen Sie auch meinen Namen erfahren,<strong>den</strong>n bis dahin werde ich mir einen verdient haben.Ich danke Ihnen, daß Sie mich auf <strong>den</strong> rechten Weg gebracht haben, <strong>den</strong>n nunbin ich glücklich durch die Hilfe, die ich andern leisten kann; doch wird es michnoch harte Anstrengungen kosten, um zur wahren Seligkeit zu gelangen.Gute Nacht, und nochmals herzlichen Dank, daß Sie mir geholfen haben!— — —Am Tage darauf wur<strong>den</strong> wir aus einer Nachbar-Stadt angerufen und gebeten,uns auf einen morphiumsüchtigen Apotheker zu konzentrieren, der offenbarbesessen war. Der Geist einer Morphinistin wurde aus ihm entfernt und zu unsin die Sitzung gebracht, ein Wesen voller Qual, das sich vor Begierde nach Morphiumwand und ungestüm um "nur ein Körnchen" bettelte. —Sitzung vom 21. März1923Geist: Elisabeth NobleGeist: Quält mich doch nicht so! Ich brauche Ruhe.Doktor: Haben Sie nicht lange genug Ruhe gehabt? Wollen Sie <strong>den</strong>n ewigruhen?G. Ich bin überhaupt noch nicht zum Ruhen gekommen, ich bin in einem fortgelaufen.— 202 —


Dr. Wovor sind Sie <strong>den</strong>n davongelaufen, etwa vor der Polizei? (Der Geist fingan heftig zu husten.)Dr. Denken Sie doch bloß nicht immer an Ihr altes Lei<strong>den</strong>; das ist ja alles vor<strong>bei</strong>.Sagen Sie uns lieber, wer Sie sind und woher Sie kommen.G. Ich bin so krank. (Hustet noch heftiger.)Dr. Verkrampfen Sie sich doch nicht immer in ihren alten Zustand, das ist dochvor<strong>bei</strong>! Sie haben ihren irdischen Körper abgelegt, wahrscheinlich schonvor langer Zeit. Wissen Sie, daß Sie jetzt ein Geist sind? Was fehlt Ihnen<strong>den</strong>n?G. Ich weiß es nicht. (Abermals ein Hustenanfall)Dr. Sie sollten es aber wissen. Dieser Körper gehört Ihnen nicht; Sie sind nichtmehr krank. Sie sind von Ihrem irdischen Körper befreit, <strong>den</strong>ken Sie sichnur gesund, dann wer<strong>den</strong> Sie sich auch gesund fühlen.G. Ich bin krank; Sie wissen das doch nicht. Wer sind Sie <strong>den</strong>n?Dr. Ich bin ein Doktor, und wenn Sie tun, was man Ihnen sagt, dann wer<strong>den</strong>Sie sehr schnell gesund wer<strong>den</strong>. Dies ist nicht Ihr Körper. Sie sind jetzt einunsichtbarer Geist.G. Ich bin krank.Dr. Das ist nur eine falsche Idee von Ihnen. Dieser Körper gehört gar nichtIhnen, Sie sind auch nicht krank.G. Das verstehen Sie nicht.Dr. Sie sind sich über Ihre Lage gar nicht klar und haben noch nicht begriffen,daß Sie Ihren irdischen Körper abgelegt haben.G. Ich bin krank.Dr. Lediglich in Ihrer Einbildung; Sie fühlen sich nur krank aus alter Ge-wohnheit.G. Ich sterbe, ich möchte mich hinlegen. (Hustet)Dr. Sie benutzen diesen Körper nur vorübergehend. Ihr hustender alter Körperliegt im Grabe. Sie müssen jetzt aufhören zu husten.G. Ich habe keinen husten<strong>den</strong> Körper. Dieses ist mein Körper. Ich kann mirnicht helfen, ich muß eben husten.Dr. Wo kommen Sie her?G. Ich weiß es nicht. Warum sagen Sie mir, daß ich nicht husten soll?Dr. Weil Sie es nicht nötig haben.G. Davon verstehen Sie nichts.Dr. Der Körper, <strong>den</strong> Sie augenblicklich benutzen, ist nicht krank.G. Ich bin krank. Geben Sie mir Medizin, aber recht schnell! Geben Sie miretwas bevor ich noch kranker werde!Dr. Sie sind anscheinend recht gerne krank. Möchten Sie nicht lieber gesundsein?G. Ich hin krank und sollte im Bett liegen. Be<strong>den</strong>ken Sie doch, eine altekranke Frau und muß hier sitzen. (Hustet)Dr. Denken Sie nur mal mit aller Entschie<strong>den</strong>heit, Sie seien gar nicht krank,dann wer<strong>den</strong> Sie es auch nicht mehr sein!— 203 —


G. Geben Sie mir Medizin! Ich möchte ein wenig Morphium; mein Herz ist soschwach!Dr. Sie haben Ihren irdischen Leib verlassen und sind jetzt ein Geist.G. Geben Sie mir Medizin, dann werde ich mich wohler fühlen. Geben Sie mir15 Körner. Mein Husten ist so schlimm! Geben Sie mir doch etwas! GebenSie mir Morphium; nur ein kleines bißchen, — ein Körnchen! Oder spritzenSie es mir in <strong>den</strong> Arm; das habe ich am liebsten!Dr. Sie müssen mit diesem törichten Gerede aufhören.G. (Wild aufkreischend) Sie müssen mir etwas geben, schnell! Ich kann esnicht mehr aushalten! Ich sage, geben Sie mir etwas! Ein Körnchen, nur eineinziges Körnchen! Ich muß es haben! (Verzerrt das Gesicht und schlägtmit <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> wütend in die Luft)Dr. Ich dächte, Sie sagten, Sie seien krank!G. Ich bin auch krank!Dr. Aus Eigensinn Versuchen Sie lieber, sich über Ihre Lage klar zu wer<strong>den</strong>.G. Geben Sie mir doch etwas Morphium, bevor ich sterbe!Dr. Sie müssen sich jetzt hübsch ruhig verhalten, dann können wir Ihnen auchhelfen. Wo kommen Sie her?G. O mein Gott! Geben Sie mir etwas Morphium! Ich brauche Medizin. Bitte,bitte, geben Sie mir nur ein Körnchen!Dr. Wie heißen Sie?G. (Mit gekrallten Fingern wild umherfuchtelnd) Mein Gott, geben Sie mirdoch ein Körnchen, nur ein einziges Korn!Dr. Wissen Sie, daß Sie in Kalifornien sind?G. Nein.Dr. Sie sind in Los Angeles in Kalifornien. Was dachten Sie <strong>den</strong>n, wo Siewären?G. Das kümmert mich nicht. Geben Sie mir doch ein kleines Körnchen! Ichmuß es haben!Dr. Vergessen Sie das und <strong>den</strong>ken Sie an etwas anderes. Sie haben Ihren irdischenLeib abgelegt.G. Ich habe solch schlimmen Husten und mein Herz ist so krank! Ich sterbe!Dr. Wie können Sie sterben, wenn Sie Ihren irdischen Körper bereits abgelegthaben?G. Wenn ich einen anderen Körper habe, so bin ich doch genau dieselbe, dieich vorher war!Dr. Vergessen Sie nur Ihre alten Angelegenheiten, und Sie wer<strong>den</strong> sich wohlerfühlen.G. Ich brauche Morphium! Wenn man es braucht, dann muß man es ebenhaben! (Rechts und links um sich schlagend) Ich ertrage es nicht länger!Geben Sie mir etwas!Dr. Wenn Sie auf uns hören, dann können wir Ihnen aus Ihrer jetzigen Lageheraushelfen. Auch höhere Geister sind bereit, Ihnen zu helfen. Wenn Sieaber nicht hören wollen, dann müssen wir Sie fortschicken! Sie müssen— 204 —


Ihre alten Gewohnheiten ablegen; die gehörten zu ihrem irdischen Körper,<strong>den</strong> Sie doch abgelegt haben!G. Bitte, geben Sie mir fünfzehn Körnchen!Dr. Ich werde Ihnen gar nichts geben! Sie haben ja selbst gar keinen irdischenKörper mehr, der nach Morphium Verlangen haben könnte. Hier bietet sichIhnen jetzt eine Gelegenheit, sich helfen zu lassen.G. Geben Sie mir doch etwas, geben Sie mir ein kleines bißchen! Wenn Siemir nur ein klein wenig Morphium geben, bin ich gesund! (Beunruhigt)Dr. Wenn Sie sich nicht beruhigen, dann müssen Sie gehen!G. Das ist ja nett! Ich bin krank! Ich bitte nur um etwas Morphium!Dr. Sie sind sehr eigensinnig!G. Ich bin umhergerannt, um mir etwas Morphium zu verschaffen. Warumwollen Sie mir keins geben?Dr. Jetzt seien Sie still davon. Sie haben Ihren eigenen Körper verloren undbenutzen jetzt <strong>den</strong> Körper meiner Frau. Geholfen kann Ihnen nur wer<strong>den</strong>,wenn Sie zuhören, was wir Ihnen zu sagen haben. Begreifen Sie doch, Siesind jetzt ein Geist!G. Ich habe solch einen schlimmen Husten; ich brauche Morphium!Dr. Zweifellos befin<strong>den</strong> Sie sich schon ziemlich lange hier in der Erdsphäre imDunkeln Sie haben keinen eigenen irdischen Körper mehr!G. Ich habe doch meinen eigenen Körper noch!Dr. Der Körper, mit dem Sie sich hier abzappeln, ist nicht Ihr eigener. WollenSie nicht mal versuchen, das zu begreifen?G. Ja, aber ich bin sehr krank.Dr. Sie sind gar nicht krank; Sie sind nur sehr eigensinnig. Weshalb geben Siegar keine Acht auf das, was wir Ihnen sagen, und warum geben Sie sichnicht mal ein bißchen Mühe, zu begreifen, daß Sie ein Geist sind?G. Das ist ja alles schön und gut, ich brauche doch aber Morphium!Dr. Schlagen Sie sich diesen Gedanken nur aus dem Sinn. Sie sind nur in IhrerEinbildung krank. Erzählten Sie uns nicht, daß Sie umhergelaufen sind?G. Ja, ich war in allen Drogenhandlungen der Stadt, um mir Morphium zubesorgen. Das gelang mir mal eine Zeitlang (durch eine sensitive Person),aber es hält nicht lange vor.Dr. Sie bekommen es, indem Sie irgend jemand besessen machen; Sie habenjetzt selbst keinen irdischen Körper mehr.G. Ich habe doch einen Körper.Dr. Aber keinen stofflichen Körper. Gegenwärtig benutzen Sie <strong>den</strong> Körpermeiner Frau. Höhere Geister haben Sie hierher gebracht, damit ihnengeholfen werde.G. Das einzige, was mir helfen kann, ist Morphium. Wenn ich bloß daran<strong>den</strong>ke, daß ich keins mehr bekommen kann, macht mich das ganz krank.Dr. Das kommt nur davon, daß Sie sich so fest an diesen Gedanken klammern.Nun sagen Sie uns doch mal, wo Sie herkommen.G. Ich weiß es nicht.Dr. Das scheint Ihnen alles recht gleichgültig zu sein.— 205 —


G. Nein; ich muß Morphium haben.Dr. Wissen Sie, welches Jahr wir haben?G. Das kümmert mich nicht; alles was ich brauche, ist Morphium. Ich war inallen Lä<strong>den</strong> der Stadt.Dr. Welcher Stadt?G. Das weiß ich nicht; ich kann mich auf <strong>den</strong> Namen nicht mehr besinnen. Ichbin nie lange an einem Ort geblieben, weil ich die Welt kennen lernenwollte.Dr. Welches ist der letzte Ort, dessen Sie sich erinnern?G. Ich weiß es nicht mehr.Dr. Wie heißen Sie <strong>den</strong>n eigentlich?G. Ich habe meinen Namen so viele <strong>Jahre</strong> nicht gehört, daß ich gar nicht weiß,wie man mich jetzt nennen würde.Dr. Versuchen Sie sich mal zu erinnern, welches Jahr wir haben.G. Ich habe solches Verlangen nach Morphium, daß ich an nichts anderes <strong>den</strong>kenund von nichts anderem re<strong>den</strong> kann!Dr. Wie hieß <strong>den</strong>n Ihre Mutter?G. Meine Mutter?Dr. Hieß sie Frau Braun, Frau Grün oder Frau Weiß?G. Nein, überhaupt kein Farbenname. Wenn Sie mir ein Körnchen geben wür<strong>den</strong>,wäre alles wunderschön. Wenn Sie wirklich ein Arzt sind, dann gebenSie mir doch was. Die Ärzte tun das doch immer.Dr. Diesmal wer<strong>den</strong> Sie aber keins bekommen.G. Dann sind Sie auch kein Doktor.Dr. Sie befin<strong>den</strong> sich augenblicklich im Körper meiner Frau; Sie sind doch einGeist!G. Das kümmert mich alles gar nicht!Dr. Wenn Sie nicht anständig sein können, dann müssen Sie fort gehen. Überwin<strong>den</strong>Sie Ihre alten Gewohnheiten, wir können Ihnen dann helfen!G. Ich bin eine kranke Frau!Dr. Waren Sie verheiratet?G. Ja.Dr. Wie hieß Ihr Mann?G. Frank Noble.Dr. Wie nannte Frank Sie?G. Elisabeth.Dr. Was für einen Beruf hatte Ihr Gatte?G. Irgendeinen.Dr. Wie alt sind Sie?G. Ich bin zweiundvierzig <strong>Jahre</strong> alt.Dr. Wie heißt <strong>den</strong>n der jetzige Präsi<strong>den</strong>t?G. Ich weiß es nicht, es interessiert mich auch gar nicht. Ich habe mich nie umPolitik gekümmert. Mein Mann war ganz verrückt darnach. Ich beschäftigtemich damit, mein Haus in Ordnung zu halten. Mein Mann nanntemich "Betty". Er pflegte immerzu sagen; "Betty, Du bist ein gutes Mädel!"— 206 —


Dr. Wo ist Frank?G. Ich habe ihn endlos lange nicht gesehen. Er war ein sehr guter Mensch.Dr. Wo ist <strong>den</strong>n Ihre Mutter?G. Meine Mutter ist tot.Dr. Wo sind Sie <strong>den</strong>n eigentlich hergekommen?G. Ich kam von — von — El Paso in Texas.Dr. Sind Sie dort geboren?G. Fragen Sie meinen Mann. (Stöhnend.) Ich bin zu krank.Dr. Können Sie nicht begreifen, daß Sie keinen physischen Körper mehr haben,und daß Sie ein Geist sind?G. Dann kann ich ja in <strong>den</strong> Himmel gehen und singen. Ich bin regelmäßig indie Kirche gegangen.Dr. In welche Kirche gingen Sie?G. In die Methodisten-Kirche.Dr. Ging Ihr Gatte auch in die Kirche?G. Frank war ein sehr guter Mensch. Ich habe ihn lange nicht gesehen. Erhatte mich sehr lieb, und ich habe auch ihn sehr gern gehabt. (Mit schrillerStimme.) Frank, ich möchte Dich gerne sehen! Frankie, Frankie, willst Dumir nicht helfen? Bist Du hier Frankie?Dr. Re<strong>den</strong> Sie nicht in dieser Weise!G. Wollen Sie mir nicht etwas Morphium geben? Frankie hat mir immer etwasgegeben. Dr. Russell sagte immer, ich sollte es meines Herzens wegen nehmen.(Aufgeregt.) Frankie! FrankielDr. Warum schreien Sie so nach Frankie?G. Oh, ich rufe ihn immer so zur Essenszeit. Ich habe ihn immer gerufen, er istein lieber kleiner Kerl.Dr. Seien Sie nicht so närrisch; seien Sie doch vernünftig!G. Oh, ich bin vernünftig, wenn ich Frankie rufe. Ich <strong>den</strong>ke an Frankie, ichliebe ihn. Aber ich liebe auch Morphium. — Oh, dort steht ja Frankie! (AlsGeist.) Wann bist Du <strong>den</strong>n gekommen, Frankie? Gib mir etwas Morphium!Dr. Antwortet er Ihnen?G. Er sagt, er will mir keins mehr geben. Frankie, Du bist doch immer fürmich in die Drogerie gegangen. Sei mal gut zu mir. Gib mir nur eineSpritze, Frankie, und ich werde Dich nie wieder darum bitten. Du weißt ja,ich bin sehr krank. Du hast mich doch noch lieb, nicht wahr, Frankie? Danngib mir doch ein bißchen, und wir wer<strong>den</strong> glücklich miteinander sein.Der Geist wurde fortgebracht und ihr Gatte nahm vom Medium Besitz.— — —Geist: Frank NobleGeist: Ich bin Frank Noble. Ich gebe mir schon seit einiger Zeit große Mühe,meine Frau hierher zu bringen, damit ihr geholfen werde.Doktor: Das muß Sie aber ein gut Teil Geduld gekostet haben.G. Ich danke Ihnen sehr, daß Sie sie zu mir gebracht haben.— 207 —


Dr. Wir freuen uns, wenn wir Ihnen haben behilflich sein können.G. Meine Frau war schwer erkrankt. Da gab ihr der Arzt einmal Morphium,um ihre Schmerzen zu stillen; und seit der Zeit hatte sie so schwereAnfälle, daß wir uns nicht anders zu helfen wußten, als <strong>den</strong> Arzt zu rufen,um ihr eine Morphiumspritze geben zu lassen. Es war eine schrecklicheGewohnheit, in welche sie da hineingeriet. Ungezählte Male hat sie, wieich heute weiß, die Kranke gespielt, wenn sie Morphium haben wollte. Sietrieb dieses Spiel so lange, daß es ihr schließlich eine Leichtigkeit wurde,sich krank zu stellen, um uns alle ängstlich zu machen, und dann nach einerSpritze Morphium zu verlangen. Was konnte man da machen? Nachdemsie es bekommen hatte, war sie ganze Wochen, ja manchmal einen Monat,wohlauf. Die Anfälle, die sie hatte, waren sehr arg.Dr. Wo lebten Sie?G. Wir kamen von El Paso in Texas.Dr. Wissen Sie, wann Sie gestorben sind?G. Nein, das kann ich Ihnen nicht sagen. Mir ist es recht sonderbar ergangen.Ich habe Schweres durchgemacht. Natürlich war ich kein reicher Mann, ichmußte mir meinen Lebens<strong>unter</strong>halt verdienen durch Ar<strong>bei</strong>t, wie sie sich mireben bot.Dr. Das ist keine Schande.G. Eine Ausbildung hatte ich nicht genossen, und so mußte ich zufassen, woich nur mittun konnte. Manchmal ar<strong>bei</strong>tete ich in <strong>den</strong> Minen, dann wiederin <strong>den</strong> Wäldern, und zuweilen ar<strong>bei</strong>tete ich als Zimmermann. Ich tat alles,um mir mein Heim zu erhalten.Elisabeth war einst ein sehr braves Mädchen. Nach einer Entbindung warsie sehr krank gewor<strong>den</strong> und hatte heftige Schmerzen. Der Arzt verordneteihr Pillen und sehr bald wollte sie mehr und immer mehr davon haben, undschließlich bekam sie eine ganz wahnsinnige Sucht nach Morphium.Es war sehr schwer mit ihr auszukommen, bis sie endlich ihr Morphiumbekam; nachher war sie zufrie<strong>den</strong> und hatte auch eine ganze Weile keinenneuen Anfall. Aber die Sucht wurde immer stärker in ihr. Sie hatteschlimme Hustenanfälle und starb in einem solchen. Sie nahm eine Pilleein und ist auf irgendeine Weise daran erstickt. Sie hat ihre Todesstundehier heute Abend nochmals durchlebt.Dr. Sie würde noch viel mehr gehustet haben, wenn ich sie nicht daran gehinderthätte.G. Ich habe lange nach ihr gesucht, aber als ich sie endlich gefun<strong>den</strong> hatte undmich ihr näherte, rannte sie fort und schrie immer nur nach Morphium.Manchmal verlor ich sie völlig aus <strong>den</strong> Augen und wußte nicht, wo sie war.Es ist ganz merkwürdig, wenn man an jeman<strong>den</strong> <strong>den</strong>kt, ist man auch schon<strong>bei</strong> ihm. Schließlich war ich immer in der Lage, meine Frau zu fin<strong>den</strong>,wenn ich sie verloren hatte. Mit<strong>unter</strong> geriet sie in andere Personen hinein.Ich fand sie zwar wieder, aber sie fürchtete sich vor mir. Ich bin nämlichvor ihr gestorben.Dr. Haben Sie schon vor Ihrem Tode etwas über die Geisterwelt gewußt?— 208 —


G. Meine Mutter ist ein Medium gewesen und von ihr habe ich die Wahrheiterfahren. Elisabeth wollte es nie glauben, weil sie Methodistin war. Siemeinte, ich käme in die Hölle, weil ich an Spiritualismus glaubte. Schautder Wahrheit nur tief ins Auge, man steht sich viel besser da<strong>bei</strong>. Nur keinestarren Glaubenssätze und vorgefaßte Meinungen, oder grundsätzlicheZweifel hegen!Ich danke Ihnen für die Hilfe, die Sie uns geleistet haben; <strong>den</strong>n meine Frauwird sich schon viel wohler fühlen, wenn sie aus ihrer Betäubung erwacht,in der sie sich jetzt noch befindet. Man hat sie damals im Krankenhausdurch Morphium zum Einschlafen gebracht. Nun wird sie niemand mehrbelästigen, und wir bleiben <strong>bei</strong>de zusammen.Vielen Dank für Ihre Hilfe! Gute Nacht!— — —Olive T. die sich als Geist schon verschie<strong>den</strong>tlich durch unser Medium kundgegebenhatte, kehrte eines Abends wieder einmal in unserm Zirkel ein, Sie sprachzunächst von dem wahren Glück der Liebtätigkeit und drang vor allem darauf,alle diejenigen vor dem Genuß von Rauschgiften zu warnen, die <strong>den</strong> Versuchungendes gesellschaftlichen Lebens sowie <strong>den</strong> Aufregungen der Filmwelt ausgesetztseien. Sie fragte uns gleichzeitig, ob sie uns einen Geist bringen dürfe, derin großer Not sei und aufgeweckt wer<strong>den</strong> müsse.Darauf nahm dann ein Geist, der in einer Art Halbschlaf befangen zu seinschien, vom Medium Besitz und brach vor Schwäche zusammen. Aber als wirihn anredeten, wurde er sehr erregt und machte ganz verzweifelte Gebär<strong>den</strong> derAbwehr, als ob er heftige Schmerzen habe und mit dem Tode ringe. Es dauertegeraume Zeit, bis wir ihn beruhigen konnten.Sitzung vom 9. Oktober 1923Geist: Wallace R.Doktor: Sagen Sie uns, wer Sie sind. Wissen Sie, daß Sie Ihren irdischen Körperverloren haben?(Der Geist schien nichts zu hören, er stöhnte aber un<strong>unter</strong>brochen undwand sich, als ob ihn heftige Schmerzen quälten.)Dr. Können Sie nicht re<strong>den</strong>? Begreifen Sie doch, daß Sie jetzt ein Geist sind!(Noch immer keine Antwort; der Körper windet sich weiter.)Dr. Versuchen Sie doch zu sprechen. Wer sind Sie?G. (Mit schwacher Stimme.) Wally.Dr. Wally? Wie weiter?G. Wally R.Dr. Geben Sie sich mal ein bißchen Mühe zu sprechen; nehmen Sie all IhreWillenskraft zusammen und zeigen Sie mal, daß Sie ein vernunftbegabtesWesen sind. Suchen Sie Ihre Lage zu begreifen, dann können wir Ihnen— 209 —


auch helfen. (Der Geist macht weiter heftige Abwehrbewegungen undstöhnt.)Dr. Versuchen Sie nur zu re<strong>den</strong>; Sie können es doch. Vergessen Sie Ihren altenZustand und Ihre alte Sucht. Sie haben Ihren alten irdischen Körper nunnicht mehr. Sie stecken gegenwärtig in einem frem<strong>den</strong> Körper. Jetzt gebenSie sich doch mal etwas Mühe und re<strong>den</strong> Sie! Wachen Sie auf!G. (Keine Antwort.)Dr. Lassen Sie doch Ihre alten Niste und fangen Sie mal ganz von neuem an.Kennen Sie Olive T.? (Die diesen Geist hergebracht hatte.)G. (Der Geist stöhnt und hebt flehend die Hände. Mit schwacher Stimme.)Meine Frau!Dr. Ihre Frau ist nicht hier.G. Wo ist sie?Dr. Sie ist nicht hier. Freunde haben Sie hergebracht. Versuchen Sie doch malsich aufzuraffen. Wenn Menschen aus dem Er<strong>den</strong>leben schei<strong>den</strong> <strong>unter</strong>Umstän<strong>den</strong>, wie sie <strong>bei</strong> Ihnen bestan<strong>den</strong> (nämlich <strong>unter</strong> der Wirkung einesBetäubungsmittels), dann bleiben sie oft noch eine ganze Zeit in einemBetäubungszustande. Aber es ist jetzt Zeit für Sie, daß Sie aufwachen.Können Sie Olive T. hier sehen?G. (Flüsternd.) Ich hin krank.Dr. Sie müssen das vergessen; Ihre Krankheit ist vorüber. Sie haben bereits voreiner ganzen Zeit Ihren irdischen Körper verlassen. Begreifen Sie das? —Sie sind, wie die Menschen es nennen, tot. Doch sind Sie ja nicht wirklichtot. Sie haben nur Ihren irdischen Körper abgelegt. Sie selber leben noch.Sie benutzen gegenwärtig einen andern Körper. Olive T. und andere brachtenSie hierher, damit Ihnen geholfen werde. Sie sind lange Zeit in einemZustande der Betäubung gewesen. Jetzt Fühlen Sie sich schon viel besser,nicht wahr?G. (Der Geist macht eine matte Bewegung, als ob er eine Gruppe Unsichtbarergewahr würde.)Dr. Wen sehen Sie? Bemühen Sie sich doch mal zu re<strong>den</strong>. Verstehen Sie doch,Sie haben selbst keinen irdischen Körper mehr; Sie sind hier als Geist undbenutzen nur leihweise diesen Körper, der meiner Frau gehört. Sie sind hierher gebracht wor<strong>den</strong>, damit man Ihnen helfe. Ermannen Sie sich und kommenSie zu sich! Wir haben Ihre Bilder stets geschätzt. Wachen Sie auf undkommen Sie zu sich! Glauben Sie nicht etwa, daß Sie träumen; Sie träumennicht!G. (Der Geist streckt wieder seine Hände aus.)Dr. Sehen Sie Freunde?G. Ich sterbe.Dr. Das haben Sie bereits getan, so weit man das überhaupt kann. Sie habennur Ihren irdischen Körper verloren. Sehen Sie jetzt Freunde?G. Ja, aber ich sterbe.Dr. Sie können nicht nochmals sterben.G. Ich sehe so viele, die gestorben sind.— 210 —


Dr. Die sind in Wirklichkeit gar nicht gestorben; durchaus nicht! Das sindGeister, wie Sie selbst. Auch Sie sind bereits aus Ihrem sterblichen Körperheraus und sind ein Geist; nur haben Sie diese Tatsache noch gar nichtbegriffen. Dieser Körper, welchen Sie jetzt benutzen, ist nicht der Ihrige.Sie haben Ihren irdischen Körper abgelegt, sind aber noch nicht wiederwach gewor<strong>den</strong> und wissen noch gar nicht, was eigentlich mit Ihnen vorgegangenist. Freunde haben Sie hergebracht, damit wir Ihnen helfen sollen.G. (Doch der Geist war nicht wach zu bekommen und wurde wieder fortgebracht.)Darnach trat einer der führen<strong>den</strong> Geister in das Medium ein und sagte:"Der Geist eben war so müde, daß wir ihn nicht wach bekommen konnten, aberjetzt ist es uns wenigstens möglich, ihn in unsere Fürsorge zu nehmen. Er istsehr schwach und hat seine alte Lei<strong>den</strong>schaft noch nicht überwun<strong>den</strong>. Wir habenihn hergebracht, um ihn dann in die geistige Welt mitnehmen zu können.Olive T. und andere widmen ihre tatkräftige Hilfe gerade diesen ganz besondersUnglücklichen — erdgebun<strong>den</strong>en Geistern, welche der Morphiumsucht verfallensind. Oft sind Menschen, die dem Morphiumgenuß frönen, gar nicht eigentlichmorphiumsüchtig, sondern wer<strong>den</strong> nur von morphiumsüchtigen Geisterndahin beeinflußt, die in ihre magnetische Aura eingedrungen sind.Viele Menschen sind sehr leicht zu beeinflussen, weil sie so nervös und hochempfindlich veranlagt sind, daß sie schon halb in der geistigen Welt leben. Dieseerliegen dann dem Einfluß erdgebun<strong>den</strong>er Geister, die noch so sehr am irdischenLeben hängen, daß sie Menschen besessen machen.Wir wollen diesem jungen Menschen weiter unsere Hilfe angedeihen lassen, undin einiger Zeit, wenn er erst kräftiger gewor<strong>den</strong> ist, wird er dann wieder kommenund seine Erlebnisse erzählen, wozu er heute Abend nicht in der Lage war.Er ist seit einiger Zeit im Erwachen, allmählich Schritt um Schritt, ist aber nochganz verstört und nicht fähig, bewußt am höheren Leben teilzunehmen. Er istschon an vielen Orten gewesen, meistens zusammen mit seiner Frau. Sie hat sichalle Mühe gegeben, ihm <strong>bei</strong> der Bekämpfung seiner Lei<strong>den</strong>schaft zu helfen, aberer ist zu sehr geschwächt, um ihrer guten Absicht Verständnis entgegenzubringen.Er hat gar keine Widerstandskraft mehr.Nach ihrem Abschei<strong>den</strong> verblieb seine Seele infolge der Morphiumwirkung ineiner Art Schlaf. Dennoch ist er in seinem Dämmerzustand auf dem Er<strong>den</strong>planeumhergewandert, um sein Heim und seine Familie zu suchen und festzustellen,wo er eigentlich sei. Er dachte, er habe sich verlaufen.Wir haben von unserer Seite her versucht, an ihn heranzukommen, aber es warsehr schwierig. Doch jetzt wer<strong>den</strong> wir uns seiner annehmen."Nach einer Woche kam der Geist des Wallace R. wieder. Er war einigermaßengekräftigt und erzählte uns von seinen Lei<strong>den</strong>. Da<strong>bei</strong> richtete er an andere einedringliche warnende Mahnung, doch ja ihre Morphiumsucht zu überwin<strong>den</strong>.— 211 —


Sitzung vom 17. Oktober 1923Geist: Wallace R.Der Geist schien sehr schwach zu sein und war anfangs nicht in der Lage zusprechen.Dr. Wen haben wir hier? Erm<strong>unter</strong>n Sie sich und re<strong>den</strong> Sie. Denken Sie nichtan Kranksein. Sprechen Sie nur, wie Sie es gewohnt sind.G. (Kraftlos.) Das ist leicht gesagt.Dr. Geben Sie sich nur ein bißchen Mühe; dann wird es Ihnen auch ganz leichtwer<strong>den</strong>.G. Ich wollte doch gern nochmals kommen, um mehr zu hören. Voriges Malhabe ich nicht viel begriffen. Ich bin im Dunkeln. Ich bin in der Finsternisund muß meine irdische Lei<strong>den</strong>schaft, die meiner Seele noch anhängt,überwin<strong>den</strong> lernen.Dr. Sind Sie <strong>den</strong>n schon einmal hier gewesen?G. Ja, vor gar nicht langer Zeit; und ich danke Ihnen, daß Sie mir geholfenhaben, aber ich bedarf noch weiterer Hilfe. Bitte, geben Sie mir Kraft, überdie Gier meiner Sinne nach dem Morphium Herr zu wer<strong>den</strong>. Ich hattewenig Ahnung vom Leben nach dem Tode. Ich lebte in <strong>den</strong> Tag hinein, einrichtiges Weltleben. Ich habe mir niemals ernstlich klargemacht, was daseigentlich bedeutet, jenseits weiterzuleben.Dr. So wenig Menschen halten es der Mühe wert, sich um höhere Dinge zukümmern.G. Ich möchte Ihnen auch danken für Ihre Hilfe während der Zeit, wo ich sokrank war. Ich habe damals deutlich gespürt, wie ein starker Krafteinflußmir zu helfen suchte, wieder über mich selbst Herr zu wer<strong>den</strong>, und michstärken wollte. Ich fühlte mich irgendwohin gezogen, aber ich war viel zuschwach, um die Kraft, die mir da zu Hilfe geschickt wurde, auch in Tatenumzusetzen.Dr. Wir haben uns in der Zeit, als Sie krank waren, regelmäßig auf Sie gedanklicheingestellt, da wir uns dachten, daß wohl Besessenheit <strong>bei</strong> Ihnen imSpiele sein könnte.G. Ich war zu schwach, um das zu begreifen.Dr. Natürlich konnten Sie das nicht verstehen.G. Ich hatte keine Kraft mehr, und es gab hier auf Er<strong>den</strong> kein Mittel, das mirbitte Hilfe bringen können. Meine einzige Hoffnung war ein Entwöhnungsversuch.Ich war so elend und hilflos, daß mein Bewußtsein nicht immerHerr im eigenen Hause war und dul<strong>den</strong> mußte, daß viele Geister sich durchmich kundgaben. Und ich hatte nieman<strong>den</strong>, der es verstan<strong>den</strong> hätte, mir inmeinem Kampf gegen die Morphiumsucht zu helfen.(Der Geist hält die Hände über der Brust gefaltet mit fest verflochtenenFingern.)Die Menschen meinen, wenn sie sich an Betäubungsmittel gewöhnt haben,dann würde ihr Verlangen danach mit ihrem Tode sein Ende nehmen; ichhabe auf Er<strong>den</strong> schon versucht, mich zu entwöhnen, aber als ich dann mei-— 212 —


nen irdischen Körper verlassen hatte und meine liebe gute Frau mir in demharten Kampfe nicht mehr <strong>bei</strong>stehen konnte, kam ich mir ganz hilflos vor.Sie ist eine liebe edle Seele —‚ sie hat mir treu zur Seite gestan<strong>den</strong> undgeholfen, aber doch hatte ich nicht die Kraft, von meiner Sucht loszukommen.Nachdem ich jegliche Verbindung mit der Erde verloren hatte, fiel ich füreinige Zeit in eine Art Schlaf. Aber darnach, oh, wie verlangte mich nachmeiner Frau und nach meinen Kindern! Und wie sehnlich wünschte ichmeine quälende Sucht los zu wer<strong>den</strong>; aber es gelang mir nicht! Ich habefurchtbar gelitten (windet sich in Qual), oh, wie habe ich gelitten! Ich bingegangen und habe immer wieder <strong>den</strong> Versuch gemacht, Hilfe zu fin<strong>den</strong>,Hilfe, meiner Sucht nach Morphium Herr zu wer<strong>den</strong>; aber Ihnen bin ich zuDank verpflichtet, Sie haben mir Kraft und Stärke gegeben. Ich wünschtenur, ich hätte durch Ihre guten Gedanken noch mehr Kraft gewinnen können.Seit ich letzthin hier war, habe ich viel gewonnen. Ich bin zwar noch nichtrecht <strong>bei</strong> Kräften, aber ich bin doch wenigstens schon fähig, zu sehen undmir klar zu machen, wie ich in meinem Kampfe Sieger wer<strong>den</strong> kann. Ausdem wenigen, was ich von der geistigen Welt, seit ich letzthin hier war,gesehen habe, kann ich mir schon einen Begriff machen, wie wundervoll esdort ist.(Sehr ernst.) Ich wollte, ich könnte recht viele meiner Bekannten warnenund ihnen sagen, daß sie doch ja nie mit Rauschmitteln spielen sollten.Anfangs halten sie es nur für einen Spaß, aber wie schwer wer<strong>den</strong> sieschließlich zu lei<strong>den</strong> haben. Denn auch die Seele brennt vor Begierde. Siesollten alles aufbieten, um ihrer Lei<strong>den</strong>schaft Herr zu wer<strong>den</strong>!Sie lei<strong>den</strong> nicht nur hier, sie lei<strong>den</strong> auch schrecklich, nachdem sie ihrenKörper verlassen haben; dann brennt die Seele lichterloh! (Mit gequältemAusdruck ar<strong>bei</strong>tet er nervös mit Hän<strong>den</strong> und Fingern.)Viele, ja sehr viele kehren zurück zum Schauplatz ihres Er<strong>den</strong>lebens undsuchen sich Morphium zu verschaffen. Sie versuchen alles, und sei es umein winziges Bißchen, und reißen dadurch andere gegen deren Willen mitins Unglück. Ich wußte oft sehr wohl, daß ich selbst es gar nicht habenwollte, aber es stand solch eine zwingende Macht hinter mir. (Besessenheit.)Wenn doch die Welt nur Bescheid wüßte!Meine liebe, edle Frau ist eifrig bemüht, andere zu warnen, um sie vor solchemSchicksal und einem Tode, wie ich ihn gehabt, zu bewahren. Es warfurchtbar! (Nach dem Tode von Wallace R. spielte seine Frau eine derHauptrollen in einem Film, welcher die schrecklichen Folgen der Rauschgiftsuchtsehr lebendig zur Anschauung brachte.)Dank Ihrer Bemühungen habe ich Erleichterung gefun<strong>den</strong>; ich fühle michbesser und werde jetzt vorankommen. Meiner Seele sind die Augen aufgegangen,und ich sehe große Möglichkeiten für mich; mit der Zeit werde ichauch weitere Erleichterung fin<strong>den</strong>.— 213 —


Oh, wenn ich nur andere warnen und ihnen helfen könnte! So viele nehmendas tödliche Gift. Sie meinen, sie könnten dadurch ihren Kummer vergessenund obendrein noch Kraft daraus gewinnen. Das gelingt ihnen wohl fürein Weilchen. Aber es dauert nicht lange, dann ist es schlimmer als zuvor.Sie nehmen es ein zweites Mal, und es wird hinterher noch schlimmer,nach dem dritten Mal noch viel schlimmer, und so weiter.Wenn Menschen Whisky trinken, wer<strong>den</strong> sie schließlich betrunken, dochnach einem guten Schlaf sind sie wieder nüchtern und haben doch nicht dieso schreckliche Gier, wie das Morphium sie macht.Die ganze Welt wird noch zum Irrenhaus wer<strong>den</strong>, wenn dem Rauschgiftmißbrauchnicht bald Einhalt geboten wird. Das Alkoholverbot hat großenScha<strong>den</strong> angerichtet, weil die Menschen irgendein Reizmittel haben müssen.Sie ar<strong>bei</strong>ten schwer, sehr schwer, gerade <strong>bei</strong>m Film, und es ist einenervenzerrüttende Ar<strong>bei</strong>t. Wie gesagt, irgendein Reizmittel für ihre Nervenmüssen sie haben, damit sie immer wieder weiterar<strong>bei</strong>ten können.Wenn sie ein Glas Wein oder Bier, oder auch einen Schluck Whisky nehmenwür<strong>den</strong>, um ihre Nerven zu beruhigen, so würde ihnen das nicht sogroßen Scha<strong>den</strong> tun wie Morphium.Die meisten Filmschauspieler nehmen Morphium und, oh (stöhnt gequält),wenn ich nur zurückkommen und sie warnen könnte! Wenn sie mir nurglauben wür<strong>den</strong>! Ich würde ihnen sagen, sie sollten es sich doch ja wiederabgewöhnen, — ich würde ihnen schildern, was für ein furchtbares Los esist, Sklave eines Rauschmittels zu sein. Wenn sie nur begreifen wür<strong>den</strong>,was ihrer nach dem Tode wartet, wür<strong>den</strong> sie nie wieder zu diesen Giftengreifen.Dr. Der Zustand solcher Geister, die zu ihren irdischen Lebzeiten Morphinistenwaren, muß ja im Jenseits ein furchtbarer sein.G. (Schaudernd.) Ich möchte nicht wieder dorthin. (in die Erdsphäre) Ich habeeben nur mal einen Blick da hinein geworfen. — Ich danke Ihnen, daß Sie<strong>bei</strong> Ihren Sitzungen sich meiner angenommen haben; das war eine großeHilfe. Ich war sehr schwach, aber dadurch, daß Sie sich gedanklich aufmich einstellten, bekam man hier auf der Jenseitsebene erst die Möglichkeit,mir zu helfen. Nun geben mir die helfen<strong>den</strong> Geister Kraft, auch versenkensie mich in Schlaf, so daß ich nach und nach meine Kräfte wiedergewinnen kann.Ich habe immer wieder versucht, mich irgendwo (in einem medialen Zirkel)kundzugeben, um mir helfen zu lassen, aber ich konnte nicht viel ausrichten.Ich wußte damals noch nicht Bescheid. Seitdem ich das letzte Malhier war und Sie mit mir gesprochen haben, fühle ich mich kräftiger; undich komme heute, um Ihnen zu danken und mitzuteilen, daß ich auf dembesten Wege bin, gesund und glücklich zu wer<strong>den</strong>.Ich wollte, ich hätte von Ihnen gewußt, als ich das erste Mal zusammenbrach;dann hätte ich mir wahrscheinlich das Morphium abgewöhnen könnenund wäre über meine Sucht Herr gewor<strong>den</strong>.— 214 —


Wenn ich nur mit meiner lieben, guten Frau sprechen und ihr dankenkönnte für ihre Hilfe und alle Mühe, die sie sich macht, um andere zu warnen,die auf demselben Wege sind, auf <strong>den</strong> ich geraten war.Jetzt will ich erst einmal meiner Lei<strong>den</strong>schaft ganz Herr wer<strong>den</strong> und danndie Welt or<strong>den</strong>tlich aufklären. Warnen möchte ich alle, die Erwachsenen,die Kinder, die jungen Männer und Frauen, daß sie nie — niemals anfangensollten, diese tödlichen Mittel zu nehmen. Ich würde lieber Schmerzenertragen als dies Gift einnehmen. Für eine Zeitlang nimmt es wohl dieSchmerzen, aber hinterher reißt es die Wun<strong>den</strong> auf, schlimmer als zuvor.Sie glauben gar nicht, wie entsetzlich die Qual ist, ich kann es Ihnen garnicht beschreiben. Wenn ich mitten im höllischen Feuer säße, könnte esnicht schlimmer sein als dieser Zustand, wo jeder Nerv im Körper brennt.Es treibt einen zum Wahnsinn. Niemand kann das ganz begreifen, der esnicht selber durchgemacht hat.Dr. Unsere geistigen Freunde können Ihnen helfen.G. Ich habe jetzt Hilfe und bin Ihnen sehr dankbar. Nächstes Mal, wenn ichwiederkommen darf, werde ich wohl imstande sein, Ihnen von meinemFortschritt in der andern Welt zu berichten. Ich habe zwar erst wenig davongesehen, aber ich werde eifrig lernen. Ich bin in einer Schule, einer Heilanstalt,wo ich lernen muß meiner Sucht Herr zu wer<strong>den</strong>.Die Menschen <strong>den</strong>ken, mit ihrem Tode fän<strong>den</strong> auch all ihre Lei<strong>den</strong> undNöte ein Ende. Da<strong>bei</strong> ist das das erste Mal, daß man wirklich "lebt", undalle Begier<strong>den</strong> und Gelüste sind in einem lebendig, weil sie zur Seele gehörenund nicht zum Körper; der Körper ist nur das Kleid!Nun bin ich in der Schule, um das Leben vom wahren Standpunkt aus kennenund verstehen zu lernen, und ich lerne eifrig.Ich danke Ihnen allen, daß Sie mir geholfen haben und mir die Gelegenheitverschafften, das Leben in seinem wahren Sinn erkennen zu lernen. Ichwünschte, es wären vielerorts solche Zirkel, um Geistern, die sich im Dunkelnbefin<strong>den</strong>, zu helfen.Ich bitte Sie, <strong>bei</strong> Gelegenheit meiner lieben, guten Frau meine Grüße zubestellen. Wenn ich erst kräftiger bin, will ich versuchen, mich ihr fühlbarzu machen.Dr. Nun seien Sie guten Mutes und vergessen Sie alle Ihre Sorgen. Lassen Siesich nur von <strong>den</strong> geistigen Kräften des "Barmherzigkeits-Bundes" helfen,dann wer<strong>den</strong> Sie allmählich alles überwin<strong>den</strong> lernen.G. Ja, das will ich auch. Ich danke Ihnen. Leben Sie wohl!— — —Wieviele Geister ehemaliger Trinker, die nun nicht mehr in der Lage sind, ihreSucht nach Alkohol auf dem gewöhnlichen Wege zu befriedigen, mögen sich ansensitive Menschen heften und diese beeinflussen, für sie zu trinken!Opfer solcher Besessenheit sind uns mehrfach vorgekommen. Der letzte Fallwar der einer Frau V., welche zeitweise immer wieder dem Trunk verfiel. Sie— 215 —


hatte vor einiger Zeit schon vergebliche Anstrengungen gemacht, ihrer Neigungzum Trunk Herr zu wer<strong>den</strong>.Als ihr ein erneuter Versuch, diesen unwiderstehlichen Zwang zu brechen, wiederummißlungen war, kam sie eines Abends zu uns; sie stand noch stark <strong>unter</strong>der Wirkung des Alkohols und bat uns, sie in Behandlung zu nehmen. Nachdemsie fortgegangen war, hielten wir eine Sitzung ab, in welcher der Geist einesTrinkers, der durch elektrische Behandlung aus Frau V. vertrieben wor<strong>den</strong> war,vom Medium Frau Wickland Besitz nahm.— — —Sitzung vom 4. April 1923Geist: Paul Hopkins. — Patientin: Frau V.Doktor: Sind Sie für uns ein Fremder? Wo kommen Sie her?Geist: (Versucht zu schlagen) Es ist zu warm! Weshalb haben Sie mich fortgejagt,gerade wo ich endlich mal wieder etwas zu trinken bekam und esmir hätte wohl sein lassen können?Dr. Schämen Sie sich nicht vor sich selbst? Meinen Sie wirklich, daß es einguter Zeitvertreib ist, wenn Sie eine Dame besessen machen und ihrdadurch das ganze Leben vergällen?G. Was soll man <strong>den</strong>n machen, wenn man so durstig ist?Dr. Sie müssen Ihre alten Angewohnheiten zu überwin<strong>den</strong> suchen!G. Mir ist so warm, mir ist schrecklich heiß!Dr. Wo kommen Sie her?G. Geben Sie mir etwas zu trinken, schnell! Ich bin ganz verdurstet!Dr. Sie haben schon mehr als genug gehabt!G. Ich verbrenne!Dr. Sie haben eine Dame veranlaßt, für Sie zu trinken! Wissen Sie gar nicht,daß Sie tot und jetzt ein Geist sind?G. Ich weiß bloß, daß mir sehr heiß ist! Ich bin ja ganz mit Feuer überschüttetwor<strong>den</strong>. (Elektrische Behandlung der Patientin.)Dr. Das war Ihnen auch sehr dienlich!G. Als all das Feuer auf mich niederkam, bin ich fortgelaufen. Es war das ersteMal, daß ich so etwas erlebt habe. Es war so heiß, daß ich dachte, ich säßein einem Ofen. Das muß wohl die allerneueste Erfindung sein.Dr. Was meinen Sie damit?G. Das Feuer — das mir über <strong>den</strong> Rücken lief. Ich bin ganz ausgetrocknet; ichbin schrecklich durstig! Geben Sie mir etwas — nur ein paar Tropfen!Dr. Können Sie <strong>den</strong>n gar nicht begreifen, daß Sie Ihren sterblichen Körper verlorenhaben und jetzt ein Geist sind? Verstehen Sie, was ich damit meine?G. Nein, ich kenne Sie ja gar nicht.Dr. Aber Sie verstehen mich doch, nicht wahr? — Sie sind jetzt ein Geist!G. Geben Sie mir was zu trinken! Ich bin schrecklich ausgedörrt! Geben Siemir etwas, sage ich Ihnen! Ich hatte gerade erst ein paar Tropfen bekommen,als Sie mich wegjagten!— 216 —


Dr. Warum benehmen Sie sich <strong>den</strong>n auch nicht besser?G. Ich halte es nicht länger aus! Geben Sie mir doch einen kleinen Schluck,nur ein paar Tropfen!Dr. Wenn Sie sich nicht zusammennehmen, wer<strong>den</strong> Sie sieh bald im Finsternwiederfin<strong>den</strong>!G. Hören Sie, wollen Sie dem Drogisten nicht mal sagen, daß er mir <strong>den</strong>Whisky nicht stark genug gemischt hat? Sagen Sie ihm das bitte!Dr. Sie haben doch jetzt nichts mehr mit Drogisten zu schaffen!G. Ich möchte aber etwas zu trinken haben!Dr. Halten Sie das wirklich für anständig, eine Dame zu beeinflussen und siezum Trinken anzustiften, nur damit Sie Befriedigung fin<strong>den</strong>?G. Irgendwie mußte ich es mir doch verschaffen.Dr. Durften Sie <strong>den</strong>n die Dame so beeinflussen, daß sie Whisky für Sie trank?G. Eine Dame? Ich habe ihn doch selber getrunken! Keine Dame hat etwasdavon abbekommen, <strong>den</strong> wollte ich ganz allein für mich haben. Heutzutagekriegt man sowieso kaum noch was; und hat man glücklich mal wasbekommen, gibt man's doch nicht weg! Das will man dann doch für sichallein behalten!Dr. Begreifen Sie nicht, daß Sie <strong>den</strong> Whisky ja nur durch Vermittlung dieserDame haben genießen können?G. Geben Sie mir doch was, aber schnell!Dr. Ich möchte Ihnen Ihre gegenwärtige Lage begreiflich machen.G. Ich bin immer ein guter Kerl!Dr. Ein Nichtsnutz!G. Nein!Dr. Doch, es stimmt wortwörtlich — zu nichts nutz! Was hatten Sie <strong>den</strong>nzuletzt für Ar<strong>bei</strong>t?G. Ich habe schon einige Zeit keine Ar<strong>bei</strong>t mehr gehabt.Dr. Wissen Sie, welches Jahr wir haben?G. Das interessiert mich gar nicht!Dr. Sie haben in das Leben einer Frau eingegriffen. — Dieses ist nicht Ihr eigenerKörper; können Sie das begreifen? Es ist der Körper einer Frau!G. Der Körper einer Frau?Dr. Ja, sehen Sie sich doch mal Ihre Kleider an.G. Ich trage keine Kleider. Aber mal bin ich eine Zeitlang doch eine Fraugewesen.Dr. Und durch diese Frau haben Sie Ihren Whisky bekommen. Sie sollten sichvor sich selber schämen! Nicht genug, daß Sie sich selber Scha<strong>den</strong> tun, Siemußten obendrein noch eine Frau besessen machen!G. Warum sollte ich mich schämen? Ich habe doch nichts weiter getan alsunschuldigen Whisky getrunken.Dr. Sie müssen doch gemerkt haben, daß Sie sich in einer recht ungewöhnlichenLage befin<strong>den</strong>!G. Ich weiß wohl, daß ich mich zeitweilig recht eigenartig fühle.— 217 —


Dr. Man hat Sie hierher gebracht und Ihnen gestattet, vorübergehend <strong>den</strong> Körpermeiner Frau zu benutzen, damit wir Ihnen begreiflich machen können,daß Sie diese Dame in Frie<strong>den</strong> lassen müssen! Sie heißt Frau V., kennenSie sie?G. Ich heiße nicht so. Ich habe meinen Namen schon lange nicht mehr gehört.Zuweilen fühle ich mich recht sonderbar. Ich bin auch nicht mehr so sorgfältigmit meinen Sachen, wie ich es gewohnt war.Dr. Sollten Sie nicht einmal nach der Ursache forschen? Tatsache ist, daß SieIhren physischen Körper nicht mehr besitzen!G. Was ist <strong>den</strong>n mit mir los?Dr. Sie sind ein Geist und sind für uns unsichtbar. Wir können Sie nicht sehen.G. Sie können mich nicht sehen?Dr. Nein.G. Sie sehen mich nicht? Ich bin doch ein großer Kerl. Sehen Sie mich wirklichnicht? Warum <strong>den</strong>n nicht? Sie haben wahrscheinlich auch zu trinkengehabt! Hören Sie, geben Sie mir was zu trinken, wollen Sie nicht? Wirwollen gute Freunde sein. Ich wäre glücklich, wenn Sie mir etwas Whiskygäben.Dr. Dann müssen Sie in einer netten Verfassung sein.G. Wenn Sie mir Whisky geben, werde ich Sie in meinem Testament be<strong>den</strong>ken.Sie geben mir Whisky, und dann wer<strong>den</strong> wir gute Freunde sein.Dr. Ich werde nichts dergleichen tun!G. Wollen Sie <strong>den</strong>n einem armen Kerl, der am Verdursten ist, nicht helfen?Dr. Gewiß wollen wir Ihnen helfen, aber nicht auf diese Weise.G. Warum haben Sie das schreckliche Feuer auf mich losgelassen?Dr. Ich habe ja nur der Dame eine elektrische Behandlung gegeben, aber Ihnendoch nicht. Die Dame hatte mich darum gebeten, dadurch haben wir Sieaus ihr herausgetrieben, aber das interessiert Sie anscheinend gar nicht,nicht wahr?G. Wie hätte Ihnen das wohl gefallen?Dr. Sie hatten es verdient!G. Hören Sie, können Sie mir <strong>den</strong>n nicht einen Schluck Whisky geben?Dr. Sie vergeu<strong>den</strong> nur Zeit mit solchen Re<strong>den</strong>. Uns geht es hier lediglichdarum, Ihnen Ihre Lage begreiflich zu machen. Sie sind ein Geist und füruns unsichtbar und stecken augenblicklich im Körper dieser Frau!G. Was ist <strong>den</strong>n eigentlich mit der andern Frau los? Weshalb muß ich immermit der mitgehen?Dr. Das ist Ihre eigene Schuld; die Frau kann nichts dafür. Sie haben sie besessengemacht. Sie sind sehr selbstsüchtig, haben die Frau besessen gemachtund sie beeinflußt. — Haben Sie jemals die Bibel gelesen?G. Die Bibel?Dr. Erinnern Sie sich, wie Jesus die unsauberen Geister ausgetrieben hat? Siesind solch ein unreiner Geist!G. (Betrachtet die Hände.) Diese Ringe gehören mir nicht, aber wem könntensie <strong>den</strong>n sonst gehören?— 218 —


Dr. Erkennen Sie überhaupt diese Hände?G. Nein. Ich muß doch etwas zu viel getrunken haben. Ich komme mir aberdoch gar nicht so sehr betrunken vor. Ein klein bißchen zu viel muß esdoch wohl gewesen sein anscheinend. Man kann ja Menschen auch aufmancherlei Art hypnotisieren, vielleicht ist es das. Vielleicht habe ich aberauch zu wenig gehabt, und es wäre besser, <strong>den</strong>ke ich, Sie gäben mir nocheinen Schluck Whisky, — nur ein paar Tropfen. Ich bin blind. Geben Siemir nur noch was, und seien Sie mal recht nett. Geben Sie mir noch einGlas voll, dann bin ich wieder in Ordnung, wollen Sie das nicht?Dr. Wir wer<strong>den</strong> Sie fortschicken müssen, wenn Sie nicht vernünftig sind!G. Sie können mich ja gar nicht rauswerfen, es gibt überhaupt nicht viele, diedas fertig brächten. Ich habe ganz gehörige Kräfte, das können Sie mirdoch ansehen!Dr. Wir können Sie überhaupt nicht sehen.G. Ich könnte Sie alle niederschlagen; ich habe es schon mit andern Leuten sogemacht. (Streift sich die Ärmel auf.) Nehmen Sie sich nur in Acht!Dr. Weshalb hören Sie nicht auf das, was ich Ihnen sage? Sie sind unsichtbarfür uns!G. Können Sie mich <strong>den</strong>n wirklich nicht sehen?Dr. Nein. Sie haben Ihren eigenen Körper verloren. Dieser Körper gehört Ihnennicht!G. Gehört mir nicht? (Versucht zu schlagen.) Geben Sie mir etwas zu trinken!Dr. Schämen Sie sich nicht?G. Weshalb sollte ich mich schämen? Ich hatte doch nur ein Gläschen ge-trunken.Dr. Sie begreifen Ihre Lage immer noch nicht.G. Warum haben Sie nicht der Frau gesagt, sie sollte eine Minute warten? (DiePatientin war gleich nach ihrer Behandlung fortgegangen.) Nun ist siedavon gelaufen, warum <strong>den</strong>n? Rufen Sie ihr doch nach, sie möchte einenAugenblick warten.Dr. Man wird Sie gut verwahren, und Sie wer<strong>den</strong> keinen Menschen mehrbelästigen!G. Sie ist eine nette, gute Frau. Wenn ich Whisky haben will, hat sie stets Geldbereit und gibt es mir.Dr. Das wird nie wieder geschehen.G. Ich bin nicht allein, es sind viele andere <strong>bei</strong> mir.Dr. Wollten die auch alle trinken?G. Ja.Dr. Ihr habt einer Frau ihr ganzes Leben zerstört. Durch diese Frau habt IhrEure Trunksucht befriedigt, habt sie besessen gemacht, so daß sie Euretwegenzur Trinkerin wurde!G. Meinen Sie die dicke, fette Frau? Ich muß sagen, die ist recht gutmütig undwar jederzeit bereit, mich zu bewirten. Wir haben einen guten Tag gelebtmiteinander — das waren herrliche Zeiten! (Lacht.)— 219 —


Dr. Diese herrlichen Zeiten haben Sie gehabt, die kommen nicht wieder. HaltenSie das wirklich für eine ehrbare Handlungsweise, wenn Sie eine Frau völligaus dem Geleise bringen, indem Sie sie zur Trinkerin machen?G. Ich bin kein Trunkenbold. Ich kann noch genauso gerade und schnell gehenwie irgendein anderer und habe doch noch ganz klaren Verstand. Wir <strong>bei</strong>dehaben recht gemütlich zusammen getrunken.Dr. Sie haben überhaupt kein Schamgefühl mehr in sich! Versuchen Sie dochmal zu begreifen, daß Sie ein unsichtbarer Geist sind und ihren eigenenirdischen Körper verloren haben! Wir schreiben jetzt 1923; wissen Sie, daßSie sich gegenwärtig in Los Angeles in Kalifornien befin<strong>den</strong>? Sie sindwahrscheinlich schon vor vielen <strong>Jahre</strong>n gestorben und haben sich seitdemin der Erdsphäre herumgetrieben!G. Ich muß jetzt aber wirklich etwas zu trinken haben!Dr. Ist es das, was Sie "herrliche Zeiten" nennen?G. Das ist es doch auch für eine Weile.Dr. Sie haben einer Dame das Leben vergällt!G. Das habe ich nicht getan!Dr. Wenn Sie danach Verlangen hatten, haben Sie die Dame veranlaßt, für SieWhisky zu trinken.G. Das hab ich nicht getan; ich habe ihn immer selber getrunken.Dr. Ja, aber durch diese Dame! Tun Sie doch nicht so unschuldig! Sie habendie Dame dazu genötigt, für Sie Whisky zu nehmen!G. Nun ja, sie hat ja auch das Geld dazu. Ich verdiene doch nichts mehr.Dr. Ist das recht, die Frau so zu beeinflussen, nur damit Sie Ihre Befriedigungfin<strong>den</strong>? Hat Ihre Mutter Sie so etwas gelehrt?G. Meine Mutter ist schon lange tot.Dr. Gesetzt, Ihre Mutter lebte noch, wür<strong>den</strong> Sie es wohl gern sehen, daß sie dieSklavin eines erdgebun<strong>den</strong>en Geistes wäre?G. Ich bin kein erdgebun<strong>den</strong>er Geist!Dr. Wäre Ihnen das wohl lieb, Ihre Mutter von einer Horde erdgebun<strong>den</strong>erGeister umringt zu sehen, die sie beständig zum Trinken veranlaßten?Würde Sie das glücklich machen?G. Das würde meine Mutter gar nicht tun. Diese Frau ist gut genug für mich,sie braucht nur Whisky zu kaufen.Dr. Ja, und Sie trinken ihn durch sie!G. Ich trinke ihn selber.Dr. Indem Sie von dem Körper der Frau V. Besitz nehmen, genau so, wie Sieaugenblicklich vom Körper dieser Dame Besitz genommen haben.G. Ich nehme von niemandem Besitz, ich habe nur getrunken.Dr. Seien Sie doch vernünftig; dieser Körper gehört Ihnen nicht.G. Wem gehört er <strong>den</strong>n?Dr. Er gehört meiner Frau. Sie ist ein Medium, durch welches Geister sprechenkönnen.G. Wird sie mit mir trinken wollen? Möchten Sie das?Dr. Nein.— 220 —


G. Ich will die ganze Gesellschaft freihalten.Dr. Ich dachte, Sie hätten kein Geld.G. Ich bekomme ja immer etwas Geld von der Dame.Dr. Sie ist aber nicht hier.G. Sie bekommen es dann von ihr wieder, und ich werde die ganze Gesellschaftfreihalten. Kommt alle mit mir, ich will für Euch alle einen ausgebenDr. Bezahlt die Dame die Rechnungen mit Ihrem Gelde?G. Sie ist sehr freigebig, da ist ein anderer Mann, der ihre Sachen bezahlt.Dr. Das ist ihr Ehemann.G. Ihr Ehemann?Dr. Ja, ihr Ehemann. Sie machen aus der Frau eine Sklavin und obendrein nocheine Trinkerin! Gesetzt, es wäre Ihre Mutter, die so gequält würde?G. Meine Mutter?Dr. Ja, darüber <strong>den</strong>ken Sie einmal gründlich nach. Nehmen Sie an, irgendjemand würde aus ihrer Mutter eine Trinkerin machen, wie wäre Ihnenda<strong>bei</strong> zu Mute? Oder aus Ihrer Schwester?G. Die wären gescheiter.Dr. Halten Sie Ihr Betragen <strong>den</strong>n eigentlich für ehrenhaft?G. Ich bin ein guter Kerl und habe mich immer bemüht, mit <strong>den</strong> Frauen aufgutem Fuße zu stehen. Frauen sind immer meine besten Freunde. Sie habenimmer Geld und sind gern bereit, es auszugeben.Dr. Nun hören Sie mal zu. Sie haben tatsächlich Ihren irdischen Körper verloren,wahrscheinlich schon vor vielen <strong>Jahre</strong>n. — Wie heißt der Präsi<strong>den</strong>t?G. Ich weiß es nicht, ich kann mich auf keinen mehr besinnen.Dr. Ist Lincoln der Präsi<strong>den</strong>t?G. Nein, das war vor langer Zeit.Dr. Cleveland?G. Nein.Dr. Mc Kinley? Arthur?G. Der war vor langer Zeit Präsi<strong>den</strong>t.Dr. Erinnern Sie sich an Wilson?G. Wilson? Den Mann kenne ich gar nicht.Dr. Wissen Sie etwas über <strong>den</strong> großen Krieg in Europa, in welchem dreiundzwanzigNationen kämpften?G. Das interessiert mich alles gar nicht; alles was ich wünsche, ist trinken. Ichhabe solchen Durst. Was schert mich der Krieg? Wenn sie sich durchausgegenseitig totschießen wollen, was kümmert mich das? Es ist für sie besser,wenn sie verschwin<strong>den</strong>. Wenn sie nun mal nichts besseres wissen, alssich gegenseitig totzuschlagen, so laßt sie nur machen.Dr. Wie hat Ihre Mutter Sie genannt?G. Sie nannte mich Paul.Dr. Wie war <strong>den</strong>n Ihr Familienname?G. Es ist lange her, daß ich ihn gehört habe.Dr. Wie nannte man <strong>den</strong>n Ihren Vater?G. Man nannte ihn John Hopkins.— 221 —


Dr. Dann heißen Sie also Paul Hopkins. In welchem Staate sind Sie geboren?G. Das habe ich vergessen. O doch, ich weiß es, in Yuma im Territorium Arizona.Dr. Sind Sie schon mal in Los Angeles gewesen?G. Ja, mal eine Zeitlang. Man hatte da recht nette Trinkstuben in der Hauptstraße;ich nehme an, daß es die auch jetzt noch dort gibt.Dr. Nein, die sind alle verschwun<strong>den</strong>.G. Dann weiß ich nicht, was aus ihnen gewor<strong>den</strong> ist.Dr. Man hat sie forträumen lassen.G. Sie befan<strong>den</strong> sich alle in der Hauptstraße, zwischen der zweiten und drittenQuerstraße.Dr. Was würde Ihre Mutter wohl <strong>den</strong>ken, wenn sie Sie in Ihrem gegenwärtigenZustande sehen würde?G. Meine Mutter ist doch tot!Dr. Ihre Seele ist aber nicht gestorben! Sie wurde recht traurig sein, Sie in diesemZustande zu fin<strong>den</strong>.G. Wieso <strong>den</strong>n, ich bin doch in sehr guter Verfassung! Ich fühle mich tip-top!Ich kriege mein Glas Whisky, wenn ich es haben will, und das macht michwohl und glücklich.Dr. Macht es Sie wirklich glücklich, einen Menschen betrunken im Rinnsteinliegen zu sehen?G. Das habe ich nie gesehen! Aber Schnaps ist gut! — Oho! Wer ist <strong>den</strong>n das?(Er sieht einen Geist.)Dr. Wer ist es <strong>den</strong>n?G. Ich will mal aufstehen und nachsehen. Es ist eine nette Dame. (Zum Geist.)Wer sind Sie?Dr. Vielleicht ist es gar Ihre Mutter?G. Die war eine alte Frau. Diese Dame behauptet, sie kenne meine Mutter.Meine Mutter war eine gute Christin. Ich nehme an, sie ist <strong>bei</strong>m lieben Gottim Himmel und sitzt in der Nähe seines Thrones.Dr. Jesus lehrte doch, daß Gott Geist und <strong>Liebe</strong> sei. Sie können sich doch solchenGott nicht auf einem Throne sitzend vorstellen?G. Wo sitzt Er <strong>den</strong>n?Dr. Gott ist Geist und befindet sich nicht an einem bestimmten Platze. DasLeben der ganzen Natur ist von Ihm durchdrungen. Alles ist aus Ihm erschaffen, auch Sie sind ein Ausdruck Seines Schöpferwillens. BegreifenSie doch, daß Sie ein gänzlich unwissender Geist sind, daß Sie ihre altenGewohnheiten ablegen müssen und sodann erst Ihren Aufstieg in der geistigenWelt beginnen können.G. Diese Dame sagt, wenn ich mich verständig benähme, könnte ich mich insBett legen und ausruhen. Ich bin furchtbar müde. Ich bin ein schrecklichmüder Mensch. Wird man mich jetzt ausruhen lassen?Dr. Gewiß, und wenn Sie erwachen, wird Ihnen klar wer<strong>den</strong>, daß Sie ein Geistsind, daß Sie Ihre alten irdischen Gewohnheiten ablegen müssen, um sichin der Geisterwelt weiter fortentwickeln zu können.— 222 —


G. Diese Dame ist eine Krankenpflegerin.Dr. Wir können sie nicht sehen, wie Sie es können. Wir können auch Sie nichtsehen. Sie benutzen gegenwärtig <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Ich verstehe das alles nicht. Ich möchte mich in das Bett dort legen.Dr. Sie müssen aber Sinn und Zweck des Lebens verstehen lernen.G. Man sagt mir, wenn ich erst in dem Bett dort liegen werde, bekäme ich keinenWhisky mehr.Dr. Man wird Sie belehren, wie Sie sich höher entwickeln können.G. Kann ich dann auch noch Whisky bekommen?Dr. Nein.G. Gut, das ist mir <strong>den</strong>n auch egal. Ich bin müde und fühle mich auch sozufrie<strong>den</strong>. Was kann man <strong>den</strong>n anderes tun? Ich habe kein Heim und keineBleibe, wo ich <strong>unter</strong>kommen könnte. Ab und zu muß man sich's aber maldoch gut gehen lassen und sich einen vergnügten Tag machen.Dr. Sie haben Ihre Lage immer noch nicht begriffen.G. Die Dame sagt, ich würde <strong>bei</strong> meiner Mutter ein Heim fin<strong>den</strong>. Ich werde zumeiner Mutter gehen. Ob sie mich wohl auch wird haben wollen?Dr. Mutterliebe stirbt nie. Wenn Sie dann erst mal richtig im Bilde sind, müssenSie der armen Dame helfen, die Sie so lange gequält haben. Sie habendie arme Frau zu einer Trinkerin gemacht!G. Habe ich das? Das wußte ich gar nicht! Ich wollte doch nur etwas zu trinkenhaben und wußte nicht, daß ich damit Scha<strong>den</strong> anrichtete.Dr. Als sie heute Abend zu uns kam, war sie betrunken, und ich habe ihr eineelektrische Behandlung gegeben.G. Die habe aber ich zu spüren bekommen!Dr. Sie haben sie ja auch betrunken gemacht; sie selbst will ja gar nicht trinkenund hat auch versucht, das Verlangen zu <strong>unter</strong>drücken; sie ist aber medialveranlagt, und so haben Sie sie hypnotisiert und genötigt, zu trinken.G. Es ist sehr schwer für einen Menschen, das Trinken wieder aufzugeben.Dr. Es wird jetzt Ihre Pflicht sein, ihr zu helfen.G. Ich bin recht müde, ich möchte mich gern in das Bett dort legen.Dr. Denken Sie nur, Sie lägen schon drin, dann wer<strong>den</strong> Sie auch gleich darinliegen.G. Das soll so einfach möglich sein? Bloß durch Denken?Dr. Ja, verhalten Sie sich vollkommen ruhig und <strong>den</strong>ken Sie sich in das Betthinein.G. Vergessen Sie mich nicht. Ich bin ein guter Kerl und mag Sie wohl lei<strong>den</strong>,wenn Sie mir auch das Feuer gegeben haben. Ich meine es gut!Dr. Die Dame, welche Sie sehen, wird Ihre Pflegerin sein, sie wird auf Sie achtgehen.G. Meine Mutter ist hier! Oh, meine liebe, gute Mutter, willst Du mir vergeben?Ich war kein guter Mensch. Ich werde nie wieder Whisky trinken! —Mutter sagt, sie will mir helfen. — Gott segne Sie für das gute Werk, dasSie an mir vollbracht haben!— 223 —


Nach dieser eben geschilderten Sitzung berichtete uns ein Freund, daß <strong>bei</strong> FrauV. eine merkliche Besserung eingetreten sei, insofern als sich <strong>bei</strong> ihr kein weiteresVerlangen nach Alkohol mehr gezeigt hätte. — Frau V. selber bestätigtediese Wandlung und sprach uns ihren Dank für die ihr gewor<strong>den</strong>e Hilfe aus.— — —Gar nicht so selten sind die Fälle von Gedächtnisverlust, wo völliges Versagendes Erinnerungsvermögens auftritt, jeglicher Sinn für die eigene Persönlichkeitverloren geht, der Betreffende nach frem<strong>den</strong> Orten wandert und schließlich,wenn das eigene Bewußtsein zurückkehrt, dasteht und nicht weiß, was er inzwischenalles angestellt hat.Wir haben unzählige Beweise dafür, daß dieser Zustand — des vorübergehen<strong>den</strong>Gedächtnisverlustes — häufig auf <strong>den</strong> Einfluß von Besessenheitsgeisternzurückzuführen ist. Folgender Fall sei hier erwähnt: Ein junger Mann C.B., dervor kurzem in das Geschäft seines Vaters eingetreten war, stand eines Morgensganz früh auf und verließ das Haus ohne Wissen seiner Eltern. Er war verschwun<strong>den</strong>und keine Spur von ihm zu fin<strong>den</strong>. Nach mehreren Wochen angstvollerSorge wur<strong>den</strong> wir von <strong>den</strong> Eltern gebeten, uns auf <strong>den</strong> verschwun<strong>den</strong>enSohn gedanklich einzustellen.Wir taten dies und legten es besonders darauf an, daß der junge Mann keineRuhe fände, bis er an seine Eltern geschrieben hätte. Am folgen<strong>den</strong> Morgenschrieb er an sie und teilte mit, daß er sich an Bord eines US-Kriegsschiffes inSan Francisco befände, sich in die Marine-Liste habe eintragen lassen und mehrere<strong>Jahre</strong> abwesend sein werde.Seine Eltern wollten ihn natürlich gern wieder nach Hause haben; sie schriebenihm das und bemerkten dazu, daß sie alles aufbieten wür<strong>den</strong>, um ihn wieder freizubekommen.Einen Tag vor unserer nächsten Sitzung schrieb C. an seine Eltern, sie möchtenbetreffs seiner Wiederfreilassung nichts <strong>unter</strong>nehmen, er wäre gewillt, die Zeit,für die er sich verpflichtet habe, abzudienen.Am folgen<strong>den</strong> Abend stellten wir uns wiederum auf C.B. ein, und ein Geistbekundete sich durch Frau Wickland, wie in Folgendem berichtet wird. Hier<strong>bei</strong>ergab sich der klare Beweis, daß dieser Geist die Ursache für die Handlungsweisedes jungen Mannes in der letzten Zeit gewesen war.—Sitzung vom 13. Dezember 1923Geist: John Edwards. Patient: C.B.Während unseres Gesanges "Werfet aus die Rettungsleine" erlebten wir einenbelustigen<strong>den</strong> Vorfall. Als der Geist vom Medium Frau Wickland Besitzgenommen hatte, schien er sich an irgendetwas entlang zu ziehen. Hand vorHand, wie an einem Tau, und dann machte er Schwimmbewegungen.— 224 —


Doktor: Haben Sie sich an der Rettungsleine festgehalten? Sind Sie verschlagenwor<strong>den</strong>? Wo kommen Sie her? Sie brauchen doch auf dem trockenenLande nicht zu schwimmen! Was ist <strong>den</strong>n mit Ihnen los?Geist: Das möchte ich selbst gerne wissen, was mit mir los ist.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. (Zu der Zuhörerschaft.) Er nennt mich tot! Ich bin doch nicht tot — aberauch nicht allzu lebendig.Dr. Wo kommen Sie <strong>den</strong>n her?G. Eine Menge Menschen haben mich hergebracht.Dr. Wer brachte Sie her?G. Eine ganze Menge Leute.Dr. Ich sehe aber nieman<strong>den</strong>.G. Ich weiß nicht, was sie von mir wollten; ich wäre auch lieber auf Seegeblieben.Dr. Sind Sie auch früher schon auf See gewesen?G. Ja.Dr. Weshalb möchten Sie <strong>den</strong>n wieder zur See gehen? Waren Sie schon öftersdraußen?G. Ja, ein ganz bißchen.Dr. Sind Sie nicht gern an Land?G. Nein, ich mag keine Landratte sein. Ich war schon im Begriff abzufahren,aber man zog mich zurück an Land. Ich verstehe gar nicht, weshalb manmich wieder an Land gebracht hat.Dr. Sind Sie auf See ertrunken?G. Wenn ich ertrunken wäre, wie könnte ich dann hier sein? Ihr Geist könntedoch hier sein.Dr. Sie meinen die Seele?G. Die sollte <strong>den</strong>n doch <strong>bei</strong> Gott sein.Dr. Wo ist Gott?G. Wenn Sie das nicht wissen, dann sollten Sie mal in die Sonntagsschulegehen.Dr. Da bin ich hingegangen, konnte Ihn aber auch dort nicht fin<strong>den</strong>.G. Dann sind Sie nicht in der richtigen Schule gewesen.Dr. In welche hätte ich <strong>den</strong>n gehen sollen?G. Es gibt allerhand Sekten; sie sind nicht alle gleich, aber alle wissen vonGott.Dr. In welche Kirche sind Sie gegangen?G. Die Kirche, in welche ich gehe, ist dort, wo ich völlig allein sein kann. Ichgehe da aber nicht allzu häufig hin. Ich kann jeder Sekte angehören. Wennman auf See ist, kann man nicht in die Kirche gehen, da hat man seinenDienst.Dr. Welche Kirche gefiel Ihnen <strong>den</strong>n am besten?G. Sie sind alle gleich; es ist doch alles nur Formsache. Alle gehören zu einemGott und lehren ein Jenseits, einen Himmel und eine Hölle, und daß Christusfür unsere Sün<strong>den</strong> gestorben ist. Sehen Sie, so <strong>den</strong>k' ich halt, man kann— 225 —


daher gerade so gut zu der einen, wie zu einer andern Sekte gehören. Alleloben sie Gott, und so macht es keinen Unterschied.Dr. Sie waren demnach ein frei <strong>den</strong>kender Mensch.G. Ich weiß nicht, ob ich das war. Ich weiß überhaupt nicht, was für eine ArtMensch ich gewesen bin. Ich hatte in gewissem Sinne meine eigene Religion.Dazwischen ging ich ab und an mal in die Kirche, um dem Kapitänzu zeigen, daß ich das könne.Dr. Auf welchem Schiff sind Sie gewesen?G. Ich war auf allen möglichen Schiffen.Dr. Waren Sie nur einfacher Matrose?G. Ich war <strong>bei</strong> der Marine.Dr. Wissen Sie, welches Jahr wir schreiben?G. Ich weiß nicht einmal, welchen Monat wir haben.Dr. Wissen Sie nicht das Jahr?G. Nein.Dr. Ist es 1922?G. Nein, das kann nicht sein.Dr. Welches Jahr sollte es <strong>den</strong>n sein?G. 1912.Dr. Wohin fuhren Sie?G. Eine Zeit kreuzten wir umher mit dem Schlachtschiff "Cincinnati".Dr. Wohin fuhr das Schiff?G. Einmal rund um die Küste.Dr. Sind Sie auch mal durch <strong>den</strong> Panama-Kanal gefahren?G. Nein, wir waren wohl in der Nähe, fuhren aber nicht hindurch.Dr. Was hatten Sie auf dem Schiff zu tun?G. Ich mußte alles tun, was gerade vorkam.Dr. Wie alt waren Sie?G. Ich kann mich anscheinend nicht mehr erinnern.Dr. Und jetzt möchten Sie wieder zur See gehen?G. Ja, ich möchte nicht am Lande bleiben, weil ich mich da gar nicht amPlatze fühle. Es ist etwas Besonderes am Leben auf dem Ozean — etwasganz Besonderes. Man hat regelmäßig Mahlzeiten und keine Sorgen, wennman seine Ar<strong>bei</strong>t or<strong>den</strong>tlich ausgeführt hat.Dr. Gibt's dort viel Ar<strong>bei</strong>t?G. O ja, es gibt viel zu putzen; da ist immer was zu tun. Der Kapitän leidetnicht, daß seine Mannschaft faulenzt. Wenn wir uns selber überlassenwären, dann wür<strong>den</strong> wir schon gute Tage haben. Wenn weiter nichts zu tunist, dann müssen wir immer wieder reinmachen.Davon weiß ich ein Lied zu singen! Wir hatten die Treppenstufen zu putzen,die Maschinen mit all <strong>den</strong> Zieraten, alles mußte immer blitzblankgeputzt sein. Je<strong>den</strong> Tag hatten wir mit Putzen zu tun, alles blinkte undglänzte, es ist ein großes Schiff.Dr. Waren Sie auf einem Schlachtschiff?G. Ich war auf verschie<strong>den</strong>en Schlachtschiffen— 226 —


Dr. Waren Sie auch in irgendeinem Feuergefecht?G. Nein, wir haben keine Feuergefechte mitgemacht; der kubanische Kriegwar eigentlich kein Krieg, die Philippinen machten uns schon mehr zuschaffen.Dr. Waren Sie auch da<strong>bei</strong>?G. Nein, wir blieben auf offener See und sind gar nicht in die Bucht hineingekommen, nicht alle, nur wenige von uns. Admiral Dewey ging hinein,ich war aber nicht auf seinem Schiff.Wir blieben draußen und kreuzten umher. Einige Schiffe mußten ja aufpassenund Wache halten; wären wir alle hineingegangen, so wären wir in dieFalle geraten, <strong>den</strong>n es waren feindliche Schiffe dort in der Nähe.Dr. Wie ist eigentlich Ihr Name?G. Mein Name? Es ist lange her, daß ich ihn gehört habe, ich habe ihn ganzvergessen. Ich heiße John.Dr. John — wie weiter?G. John Edwards.Dr. Waren Sie auch mal an der Pazifik-Küste?G. Ja, wir sind einmal rundherum gefahren. Ich war mehr an der Ostküste.Dr. Haben Sie <strong>den</strong> Dienst quittiert, als Sie das Schiff verließen?G. (Zögernd) Das Schiff verließ?Dr. Haben Sie das Schiff nicht verlassen? Oder haben Sie irgendeinen Unfallerlitten?G. Ich weiß nicht.Dr. Sind Sie vielleicht krank gewesen?G. Ich weiß nicht.Dr. Ist die Manila-Bay das Letzte, woran Sie sich erinnern?G. Nein, das war lange vorher.Dr. Wohin gingen Sie von dort aus?G. Ich war ganz jung, als wir in der Manila-Bay waren.Dr. Das muß also 1898 gewesen sein. Wie lange waren Sie auf See?G. Das weiß ich nicht; das Letzte, worauf ich mich besinnen kann, ist 1912.Dr. Was ist <strong>den</strong>n mit Ihnen im <strong>Jahre</strong> 1912 geschehen? Waren Sie krank?G. Ich scheine ganz verwirrt zu sein. Mir ist so, als wären wir — ich erinneremich nicht genau — als wären wir da<strong>bei</strong> gewesen, das Schiff frisch zustreichen. Ich weiß nicht, an welchem Platze es war, ich kann gar nicht<strong>den</strong>ken. Wir lagen nicht im Schiffsdock, es war etwas außerhalb. Wirwaren auf einem Gerüst an der Schiffsseite beschäftigt.Dr. Ist Ihnen dort etwas zugestoßen?G. Mir wurde im Kopfe so sonderbar; ich <strong>den</strong>ke, ich muß wohl eine ArtSchwindelanfall gehabt haben. Mir war ganz seltsam zu Mute. Es war mir,als ob sich mir im Kopfe alles drehte.Dr. Waren Sie da<strong>bei</strong>, das Schiff anzustreichen?G. Wir waren da<strong>bei</strong>, es zu reinigen und in Ordnung zu bringen.Dr. Lagen Sie im Trockendock?— 227 —


G. Ich kann mich nicht besinnen, was es war. Irgend etwas passierte, und ichfiel ins Wasser.Dr. Wahrscheinlich stürzten Sie vom Gerüst herab.G. Ich weiß es nicht, aber ich kam von dort fort.Dr. Es ist möglich, daß Sie damals Ihren Körper verloren haben und ein Geistwur<strong>den</strong>.G. Ein Geist? — Was meinen Sie damit?Dr. Ich meine, daß Sie Ihren irdischen Körper verloren haben. Sie sind unsichtbarfür uns!G. Ich bin aber doch wieder zur See gegangen. Es kam mir vor, als ob ein Teilvon mir Matrose wäre, gleichzeitig war mir aber auch wieder, als müßte icheinen andern Matrosen anlernen. (indem er von C.B. Besitz genommenhatte) Ich konnte die Seeluft um ihn her riechen.Seeleute haben immer eine besondere Atmosphäre um sich, wenn man siesieht. Ich wollte wieder zurückgehen zur See, man fühlt sich so eigenartig,wenn man am Lande ist. Man merkt, daß man da nicht hingehört. Das Landist so starr und steif, man fühlt sich dort nicht wohl. Ich finde, der Ozean istwie die Brust einer Mutter, man wird in <strong>den</strong> Schlaf gewiegt. Man fühlt sichso wohl, wenn die Wellen einen in <strong>den</strong> Schlaf wiegen.Dr. Als Sie vom Gerüst herabstürzten, haben Sie wahrscheinlich Ihren irdischenKörper verloren und sind seitdem ein Geist. Dies hier ist nicht IhrKörper, sehen Sie sich einmal diese Hände an!G. (Betrachtet die Hände des Mediums.) Dies ist nicht meine Hand. (Lacht.)Nein, nein, das sollte ich meinen! Ich hatte große, große Hände. DieseHand hat bestimmt noch keine Taue gezogen. Das ist doch seltsam, solcheine Hand habe ich jetzt! (Lacht belustigt)Dr. Und ein Kleid haben Sie und langes Haar. Sind das die Füße eines Seemannes?G. Nein, die gehören mir nicht. — Oh, jetzt weiß ich es! Einmal vor langerZeit, wissen Sie, fuhren wir von Stadt zu Stadt. Ich war nicht immer aufKriegsschiffen. Mein Vater war See-Kapitän, und natürlich waren wirimmer auf dem Wasser. Er segelte von New York nach Indien und dortumher.Dr. Auf einem Segelschiff?G. Ja, erst hatte er ein Segelschiff, als ich noch ein kleiner Junge war. Dannhatte er einen Dampfer. Er fuhr zwischen Kalkutta, New York und England.Dr. Mit einem Handelsschiff?G. Ja, er führte eine Menge Waren. Dann fuhr er eine Zeitlang nach Australien,er handelte mit Baumwolle und Wolle. Als ich heranwuchs, hatte ich<strong>den</strong> Wunsch, in <strong>den</strong> Staatsdienst zu treten und ging gegen <strong>den</strong> Willen meinesVaters zur Marine. — Er sah das nicht gern, aber er meinte doch, ichwäre ein geborener Seemann. Ich glaube, ich bin auf dem Wasser geboren,ich kenne ein Leben auf dem Lande gar nicht. Meine Mutter hat mich lesen— 228 —


und schreiben gelehrt, und das war alles, was ich an Schulbildung erhielt.Wir waren immer auf dem Wasser. Meine Mutter war eine sehr gute Frau.Dr. Ist Ihre Mutter schon gestorben?G. Meine Mutter lebt nicht mehr, und mein Vater ist auch tot. Beide starbenvor einigen <strong>Jahre</strong>n. Aber das war es nicht, wovon ich re<strong>den</strong> wollte.Dr. Sie sprachen von diesen Hän<strong>den</strong> und diesem Kleid.G. Ich begreife nicht, wie ich zu Frauenhän<strong>den</strong> und diesem Kleide gekommenbin. Das war es, worüber ich re<strong>den</strong> wollte, als ich hiervon abschweifte. Ichweiß es nicht bestimmt, aber ich schätze, ich war ungefähr 18 oder 19 <strong>Jahre</strong>alt, als wir in Kalkutta waren.Ich gehe gern überall herum, um mir alles anzusehen, und ich <strong>unter</strong>haltemich auch gern. Einmal geriet ich in eine Versammlung. Kalkutta in Indienist eine recht hübsche Stadt und hat auch ein angenehmes Klima. Dortgeriet ich in diese Versammlung und bekam eine ganze Menge Bücher mit.Die Gesellschaft nannte sich: "Theosophische Vereinigung." Es warenliebe Menschen, aber eigenartig. Wenn sie so re<strong>den</strong>, glaubt man an eineleibliche Wiederverkörperung, ehe man sich's versieht.Ist dies Kleid hier etwa meine Wiederverkörperung? Sie behaupteten doch,ich sei tot; ist das nun so, oder wie können Sie mir das in anderer Weiseerklären? Es muß also doch eine Wiedergeburt geben, weil ich als Frauwiedergekommen bin!Dr. In gewissem Sinne können Sie es eine Wiederverkörperung nennen. Wennman stirbt, verläßt man seinen irdischen Körper und wird ein Geist.G. Wissen Sie, dann geht man ins Geisterland, in die sogenannte DevachanEbene, aber dorthin ist es ein weiter Weg. Madame Blavatsky war einegroße Rednerin. Ich hörte sie in Kalkutta, auch Leadbeater war da.Ich war ja noch ein kleiner Junge, aber was man als Kind lernt, das bleibthaften.Mein Vater sagte zu mir: "John, glaub' das nicht, sonst wirst Du noch verrückt!"Ich sagte aber: "Es ist besser als nichts, man hört dort nur Gutes.Die Lehre von der Erlösung ist nicht richtig!"Mein Herz wurde so weit, als ich das sagte. Es schien sich zu weiten, alsich jene Bücher bekam. Es ist doch wohl möglich, daß ich als Frau zurückgekommenbin. Ich hätte nie geglaubt, daß ich eine Frau sein würde. Ichwäre viel lieber wieder ein Seemann.Dr. Sie benutzen augenblicklich nur vorübergehend <strong>den</strong> Körper einer Frau.G. So bin ich also nur vorübergehend eine Frau! (Lacht)Dr. Sie sind ein Geist, und wahrscheinlich schon seit 1912. Jetzt haben wir1922. Sie haben Ihren irdischen Körper schon vor zehn <strong>Jahre</strong>n verlassen.G. Woher wissen Sie, daß ich damals gestorben bin?Dr. Sie sagten doch, das wäre das letzte Jahr, dessen Sie sich erinnerten.G. Gehen Sie darnach? Dann bin ich also im Devachan gewesen? Mag sein,daß Matrosen dort nicht so lange bleiben; vielleicht sind ihre Schwingungenzu fein. Ich glaube, auf einem Dampfer sind die Schwingungen stärker,— 229 —


namentlich wenn Sturm ist. (Lacht) Wirklich und wahrhaftig, bin ich wiederverkörpert?Dr. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Sie Ihren Körper verloren haben zu derZeit, von der Sie erzählen. Seitdem sind Sie ein Geist, waren sich IhresZustandes jedoch nicht bewußt.G. So bin ich also ganz unwissend?Dr. Wie immer Ihre Lage auch gewesen sein mag, Sie sind heute Abend hierhergebracht wor<strong>den</strong>, um über Ihren Zustand aufgeklärt zu wer<strong>den</strong>. Wirsind Forscher für psychische Phänomene und geistige Besessenheit.Manchmal nehmen Geister Besitz von <strong>den</strong> Körpern lebender Menschenund veranlassen diese zu ganz absonderlichen Handlungen.Sie fühlten sich hierher gezogen und haben jetzt von diesem Körper Besitzgenommen, welcher meiner Frau gehört. Sie benutzen ihn nur vorübergehend.Sehen können wir Sie nicht, wir hören Sie nur re<strong>den</strong>.G. Dann stecke ich also tatsächlich in einer Frau? Ich halte Sie dann aber dochzum Besten?Dr. Meine Frau ist so veranlagt, daß Geister ihren Körper vorübergehendbenutzen können. Haben Sie mal was von Medien gehört?G. Ja, ich war <strong>bei</strong> Medien, um mir mein Schicksal vorher sagen zu lassen.Wissen Sie, durch die sprechen nur Indianer.Dr. Indianer sind ausgezeichnete "Hüter der Schwelle". Sie sind gute Beschützerder Medien.G. Weshalb hat man mich hierher gebracht?Dr. Sie sollen aufgeklärt wer<strong>den</strong>. Sie haben wahrscheinlich unbewußt Scha<strong>den</strong>angerichtet. Sie befin<strong>den</strong> sich in Los Angeles in Kalifornien.G. Ich weiß, ich war mal in San Franziskoa; ich war aber nicht lange dort. Eswar 1894.Dr. Sie haben wahrscheinlich einen jungen Mann veranlaßt, ohne ersichtlichenGrund sein Haus und seine Eltern zu verlassen und sich als Matrose <strong>bei</strong> derMarine anwerben zu lassen.G. Das hätte er wirklich nicht nötig gehabt.Dr. Er hat einen ganz anderen Beruf. Er ist scheinbar verwirrt wor<strong>den</strong> und hatsich <strong>bei</strong> der Marine einschreiben lassen. Er ist jetzt in San Franzisko. Esliegen Beweise dafür vor, daß ein Geist sich da eingemischt hat, und ichvermute, daß Sie derjenige sind.G. Um alles in der Welt, das wollte ich nicht tun! Ich erwachte eines Morgensund merkte, daß ich aus irgendeinem Grunde an Land war, ich wollte aberwieder auf See.Dr. Sie streiften ziellos umher und kamen da<strong>bei</strong> mit diesem jungen Manne inBerührung. Der ist für geistigen Einfluß sehr empfänglich. Er hat zuvielstudiert und ist dadurch so hochempfindlich gewor<strong>den</strong>. Sie gelangten inseine magnetische Aura, handelten durch ihn und veranlaßten ihn zu Handlungen,die er gar nicht wollte. Haben Sie sich nicht erst kürzlich anwerbenlassen, um wieder zur See zu gehen?— 2<strong>30</strong> —


G. Mir ist so, als wäre ich eines Morgens frühzeitig aufgewacht und wolltegleich wieder zurück aufs Wasser, <strong>den</strong>n ich kam mir vor, als hätte ich michverlaufen.Dr. Haben Sie nicht gemerkt, daß Sie keine volle Gewalt mehr über sich besaßen?G. Ich fühlte mich so eigenartig. Gewissermaßen war ich in einem traumartigenZustande. Glauben Sie mir, ich habe nicht die Absicht, irgendeinUnrecht zu begehen.Dr. Wir haben volles Verständnis für Ihre Lage und wissen auch, daß Sie einguter Mensch sind. Wir machen Ihnen auch keine Vorwürfe!G. Wer ist <strong>den</strong>n dieser junge Mann?Dr. Sein Name ist B.; er ist 17 <strong>Jahre</strong> alt.G. Er behauptete, er sei 21 <strong>Jahre</strong> alt; sonst wäre er nicht angenommen wor<strong>den</strong>.Dr. Er ist groß und sieht älter aus, als er ist. Wir haben uns gedanklich auf ihneingestellt und Sie dadurch vermutlich an Land gezogen.G. Ich hatte das Gefühl, als zöge mich jemand, und dann merkte ich, daß ichim Wasser war. Ich erinnere mich — wir waren in New York, oder dort inder Nähe, und es war entsetzlich stürmisch und eisig. Ich war irgendwiebeschäftigt und fiel da<strong>bei</strong> ins Wasser. Um mich herum war Eis. Wir warendort eine Zeitlang gewesen, aber mehr weiß ich nicht. — Wie bin ich <strong>den</strong>nin diesen jungen Menschen hineingeraten?Dr. Sie sind ganz einfach <strong>bei</strong> Ihrem Umherstreifen in seine Aura gekommen.G. Oh, da kommt meine Mütter! Ich habe sie schon so lange nicht mehr gesehen.Sie starb in New York. Sie sagt: "Oh, John, ich habe so lange nach Dirgesucht. — Das habe ich gar nicht gewußt; wenn ich schon tot bin, warumbin ich dann eigentlich nicht gleich zu ihr gegangen?Dr. Viele fallen nach ihrem irdischen Tode in einen tiefen Schlaf und verbleibenlängere Zeit in diesem Zustande.G. Oh, ich war im Devachan! Dort war es, wo ich geschlafen habe, um michwiederzuverkörpern!Dr. Jetzt müssen Sie mit Ihrer Mutter mitgehen, sie wird Sie mit in ihr Heimnehmen.G. Ich werde zu meiner Mutter gehen und zu meinem Vater — zu meinemalten Vater.Dr. Ist der <strong>den</strong>n schon richtig im Bilde?G. Mutter sagt ja, aber sie eine schwere Zeit mit ihm durchgemacht. Er wollte<strong>den</strong> Erlöser sehen. Ich habe niemals ganz an diese Geschichte geglaubt undwollte mir gern mal volle Klarheit darüber verschaffen, doch ist mir das niegelungen. Ich halte doch die Theosophie für das Beste, weil man da mit derFrage der Sün<strong>den</strong>vergebung durch das Blut am Kreuze gar nichts zu schaffenhat. Ich glaube nicht an einen Erlöser, der für andere gestorben ist.Wenn ich etwas Unrechtes getan habe, weshalb sollte ich nicht selber dafürbußen müssen? Gott ist doch <strong>Liebe</strong> und hat gewiß nicht gewollt, daß einerzu Tode gequält wird, um andere zu erlösen. So ein verdammter Unsinn!— 231 —


Die Kirchenleute bekämpfen die Ju<strong>den</strong> so sehr, und da<strong>bei</strong> war Jesus dochein Jude!Dr. Jetzt müssen Sie aber mit Ihrem Vater und Ihrer Mutter mitgehen.G. Ich bin in angenehmer Gesellschaft gewesen; das war ein schöner Abend!Ich fühle mich recht wohl. Es war ein schöner Abend, sich mal wieder mitangenehmen Menschen <strong>unter</strong>halten zu können und ein paar gemütlicheStun<strong>den</strong> zu verleben. Sie behaupten, Sie können die anderen hier nichtsehen; da<strong>bei</strong> sind es gar nicht wenige.Jetzt sagt Mutter — meine liebe kleine Mutter — sie sagt, ich muß gehen.Sie hat ihren Sohn schon so lange nicht mehr gesehen. Wir haben uns soviel zu erzählen. Ich habe Ihnen ja schon erzählt, was ich für eine guteMutter habe. Ich muß Ihnen allen jetzt Lebewohl sagen. (Versucht aufzustehen,ist aber nicht dazu imstande.) Nanu, was ist <strong>den</strong>n mit meinen Beinenlos? Ich kann gar nicht darauf stehen!Dr. Sie haben nur <strong>den</strong> Oberkörper richtig in der Gewalt.G. Dann bin ich also nur ein halber Mann! (Lacht herzlich) Schlimm, sehrschlimm! Halb Frau, halb Seemann! Nun muß ich aber mit meiner lieben,kleinen Mutter geben.Dr. Sie müssen lernen richtig zu <strong>den</strong>ken.G. Denken! Habe ich <strong>den</strong>n nicht auch vorher schon gedacht? (Lacht) Ich bitteum Verzeihung, aber es kommt mir alles so spaßig vor.Dr. Schon gut! Sie können sich aber nur durch Denken fortbewegen.G. Nicht mit <strong>den</strong> Beinen? Werde ich meine Beine nicht mehr nötig haben?Ach, ich habe ja keine; Sie wissen doch, ich bin nur ein halber Mann.Dr. Jetzt <strong>den</strong>ken Sie sich nur zu Ihrer Mutter hin, und Sie wer<strong>den</strong> auch sogleich dort sein.G. Ich soll mich zu meiner Mutter hin<strong>den</strong>ken und werde dann gleich <strong>bei</strong> ihrsein? Ich gehe jetzt also. Aber Sie sind hier so freundliche Menschen, daßich glaube, ich werde eines schönen Tages mal wiederkommen. Sie habendoch nichts dagegen, nicht wahr? — Übrigens wollen Sie bitte dem jungenManne sagen, daß es mir sehr leid tut, wenn er durch meine Schuld Unannehmlichkeitengehabt hat!Dr. Wollen Sie nicht versuchen, ihm zu helfen? Sie können es.G. Ich kann es? Wie <strong>den</strong>n?Dr. Indem Sie ihn beeinflussen, wieder nach Hause zu kommen. Ihre Mutterwird es Ihnen schon erklären.G. Ich soll Ihnen von meiner Mutter einen herzlichen Dank bestellen dafür,daß sie mich durch Ihre Hilfe endlich gefun<strong>den</strong> hat. — Aber sie fand ihrenSohn in einer Frau! Sie hat mich in der Frau gar nicht wiedererkannt, dochmüssen wir die Dinge so nehmen, wie sie kommen. Jetzt will ich gehen —Gute Nacht!Einen Tag nach dieser Sitzung änderte C.B. sein Verhalten vollkommen. Erschrieb an seine Eltern und drängte sie, doch ja alles zu tun, um seine Freilassungzu erwirken, da er wieder nach Hause kommen und seine frühere Tätigkeit— 232 —


wieder aufnehmen wolle. Er fügte hinzu, er könne nicht begreifen, weshalb ersich habe anmustern lassen, es schiene ihm, er wäre gänzlich verwirrt gewesen.Da der junge Mann sich als volljährig hatte einschreiben lassen, obwohl er erst17 <strong>Jahre</strong> alt war, wurde er, <strong>unter</strong> vielen Schwierigkeiten und Verzögerungen,schließlich aus dem Dienst entlassen. Er kehrte als ganz normaler Mensch nachHause zurück.*— 233 —


Körperliche Gebrechen aus seelischer UrsacheAbgeschie<strong>den</strong>e, die noch nicht wissen, daß sie ihren sterblichen Körper verlorenhaben, sind häufig in ihrer Vorstellung der festen Überzeugung, sie lebten nochin ihren einstigen natürlichen Verhältnissen und Zustän<strong>den</strong>, und lei<strong>den</strong> daherauch weiter Schmerzen. Dieser Irrtum beherrscht ihre Vorstellung solange, bissie sich endlich ihres Hinübergangs bewußt wer<strong>den</strong> und die für ihr neues Lebengelten<strong>den</strong> geistigen Gesetze begreifen. Erst dann kommen sie auch von der Vorstellunglos, noch mit dem schwerfälligen irdischen Körper und seinenBeschwer<strong>den</strong> behaftet zu sein.In solcher Täuschung befangene Geister geraten gar leicht in die Aura empfindsamerMenschen, <strong>den</strong>en sie ihren ganzen Zustand übertragen und damit chronischeSchwäche-zustände, Pseudo-Krankheiten und alle möglichen Gebrechenverursachen.Die von solchen Geistern besessenen Menschen lei<strong>den</strong> <strong>unter</strong> <strong>den</strong>selben Krankheits-erscheinungen,mit <strong>den</strong>en jene zu ihren Lebzeiten behaftet waren, undgewöhnliche Heilweisen versagen in solchen Fällen vollkommen.Wirkliche Heilungkann nur die Austreibung der unwissen<strong>den</strong> Besessenheitsgeister bringen.— — —Während unseres Aufenthalts in Chicago bat uns unsere Freundin Fräulein F.W.um Hilfe für ihre Mitar<strong>bei</strong>terin Frau McA., eine bekannte Modistin der Stadt;wir sollten uns doch mal auf diese gedanklich einstellen, da sie beständig krankund ar<strong>bei</strong>tsunfähig darniederliege. Dieser Dame war von ihren Ärzten eineLiege-Kur verordnet wor<strong>den</strong>, und sie war nun nicht zu bewegen, wieder aufzustehen.Sie litt an heftigen Kopfschmerzen und war einem häufigen Stimmungswechsel<strong>unter</strong>worfen.Fräulein F.W. und auch die Masseuse von Frau Mc A., waren während der folgen<strong>den</strong>Sitzung anwesend.— — —Sitzung vom 2. April 1908Geist: Grace Brusted. — Patientin Frau Mc A.Die sich kundgebende Verstorbene konnte anfangs nur mit großer Mühe sprechen,jammerte, sie sei sehr krank, und war nicht fähig, aufrecht zu sitzen. Siebestand darauf, sie sei zu krank, um aufbleiben zu können, und wollte durchauswieder zu Bett gehen.Als man sie fragte, ob sie einen der Anwesen<strong>den</strong> kenne, wandte sie sich sofortan Frau Mc A.'s Masseuse und verlangte von ihr, sie sollte sie sogleich ins Bettbringen, sie bedienen und die Vorhänge herablassen; <strong>den</strong>n für einen Kranken seidas Licht viel zu grell.— 234 —


Sie nannte sich Grace Brusted aus Boston, gab an, sie wäre eine Universalistin,und wir befan<strong>den</strong> uns im <strong>Jahre</strong> 1898.Sie sei lange Zeit krank gewesen; es sei ihr manchmal, als wäre sie eine Doppel-Persönlichkeit; zeitweilig fühle sie sich ganz als ihr eigenes Ich, zu anderer Zeitaber als einen ganz anderen Menschen.Sie wurde oft Frau Mc A. genannt, sei es aber leid, auf diesen Namen zu hören,<strong>den</strong>n sie könne Frau Mc A. durchaus nicht lei<strong>den</strong>. Kürzlich habe sie viel zu tungehabt und <strong>den</strong> Näherinnen die nötigen Anweisungen geben müssen; in Zukunftmüsse Fräulein F.W. diese Ar<strong>bei</strong>t an ihrer Statt übernehmen, sonst würde sieentlassen wer<strong>den</strong>.Die Verstorbene äußerte wiederholt, sie habe dies Doppelleben gründlich satt,könne gar nicht klug daraus wer<strong>den</strong> und wolle lieber heute als morgen sterben.Es wurde ihr dann erklärt, wie der Mensch sich aufwärts entwickeln solle; aucherschienen ihr die Geister ihrer Großmutter und Mutter und erzählten, daß ihreTochter bzw. Enkelin schon immer ein recht verwöhntes Kind gewesen sei; jetztwerde sie aber lernen müssen, andern zu dienen und zu helfen.Fräulein F.W. und auch die Masseuse erklärten, daß Frau Mc A. sich genausobenommen hatte, wie der Geist der Grace Brusted und auch dieselben Ausdrückegebraucht habe wie letztere. Später berichteten sie, daß Frau Mc A.bereits am nächsten Morgen viel besserer Stimmung gewesen sei und erklärthabe, es wäre seit vielen Monaten das erste Mal, daß sie ohne Kopfschmerzenerwacht sei.Danach besserte sich ihr Zustand zusehends, sie verließ das Bett und konnte ihregewohnte Tätigkeit wieder aufnehmen.— — —Ein uns befreundeter, 84 <strong>Jahre</strong> alter Herr wurde schon 6 <strong>Jahre</strong> lang von unerklärlichenSchmerzen gequält, welche hinten im Nacken auftraten, von eigenartigenSchwindel-anfällen begleitet waren und sich immer häufiger einstellten.Wenn diese Anfälle kamen, hatte er das Empfin<strong>den</strong>, als ob Mauern und Gebäudeüber ihm zusammenstürzen und ihn zermalmen wür<strong>den</strong>. Eine entsetzliche Übelkeitbegleitete diese Empfindungen; und wenn er saß, fiel er nach vorne mit demKopf <strong>unter</strong> die Knie und war dann für einige Zeit unfähig, sich ohne Hilfe wiederaufzurichten.Da eine körperliche Ursache für dieses Lei<strong>den</strong> nicht zu ergrün<strong>den</strong> war, lag dieVermutung nahe, daß Geistereinfluß da<strong>bei</strong> im Spiel sein könne; wir stellten unsdaher eines Tages in unserm Zirkel gedanklich auf ihn ein.Da nahm ein Geist von Frau Wickland Besitz, der sogleich in sich zusammenfiel, mit dem Kopfe nach vorne, zwischen die Knie. Wir bemühten uns einigeZeit um dieses Wesen, bis es schließlich fähig war, uns zu sagen, es heiße JackFinch; er sei etwa 65 <strong>Jahre</strong> alt und ein Insasse einer Anstalt in der Nähe vonMadison in Wisconsin.— 235 —


Er erzählte, als er noch ganz klein gewesen, habe irgend jemand, wahrscheinlichseine Schwester ihn <strong>bei</strong>m Tragen zu Bo<strong>den</strong> fallen lassen, und durch diesen Fallsei ihm das Rückgrat verletzt und er hilflos gewor<strong>den</strong>.Als er heranwuchs, wurde er eine große Last für die andern; seine Mutter vernachlässigteihn, und schließlich wurde er in eine Anstalt gebracht. Er erinnertesich, daß er einmal einen Zyklon erlebt habe, und daß ihm da<strong>bei</strong> irgend etwashinten in <strong>den</strong> Nacken gefallen sei, wodurch sein Lei<strong>den</strong> sich noch verschlimmerthabe.Er habe immer große Schmerzen gehabt, und sein gebrochenes Kreuz und derverletzte Nacken hätten Schwindelanfälle verursacht, die ihn zwangen, sichzusammenzuziehen und in dieser verkrampften Lage zu verharren, bis ihm Hilfegeleistet wurde. Wenn diese Anfälle aufträten, hätte er das Empfin<strong>den</strong>, als ob ervon einem Dache herabglitte, oder als ob er von Mauern erdrückt würde; dannwieder sei ihm oft gewesen, als wenn das Bett auf ihn fallen wolle und alles umihn herum sich drehe.Er beklagte sich darüber, daß sich wegen seiner gänzlichen Hilflosigkeit niemalsjemand recht um ihn gekümmert habe, mit Ausnahme einer Pflegerin namens"Anasteena", die dort in der Anstalt sehr gut zu ihm gewesen sei und ihn immergefüttert habe."Doch nun hat sich alles geändert. Manchmal fühle ich mich als einen kleinenMann; und dann ist mir wieder, als sei ich eine Frau oder ein großer Mann."(Empfindungen, die auftreten, wenn der Geist verschie<strong>den</strong>e Menschen besessenmacht.)Als dem Geiste klargemacht wor<strong>den</strong> war, daß er seinen sterblichen Körper abgelegthabe und daher doch überhaupt keine körperlichen Schmerzen mehr empfin<strong>den</strong>könne, fragte er: "Wenn ich meinen Körper verloren habe und tot bin,warum habe ich dann <strong>den</strong> lieben Gott noch nicht gesehen? Wo ist er <strong>den</strong>n?"Das gab Anlaß zu einer Auseinandersetzung über die wahre Natur Gottes, SeineOffenbarung in allen Dingen, sowie das Bestehen einer geistigen Welt.Als ihm gesagt wurde, er solle sich doch mal umschauen, ob er hier nicht jeman<strong>den</strong>sehe, <strong>den</strong> er auf Er<strong>den</strong> gekannt habe, erwiderte er: "Oh, da ist ja meine Mutter!Sie möchte, daß ich mit ihr in ihr Heim gehe, sie wolle jetzt auch für michsorgen. Sie meint, infolge meiner Verkrüppelung hätte ich nie gewußt, wasLeben eigentlich heiße; aber jetzt würde ich anfangen, wirklich zu leben."Während er noch sprach, sah er einen andern Geist von fernher auf sich zu kommenund rief voller Freude: "Das ist Anasteena! Kann ich auch mit ihr mitgehen?"Als ihm versichert wurde, daß er mit seiner Mutter und seiner Freundin mitgehenkönne und fortan ein neues Leben voll Glück führen dürfe, sagte er vollerInbrunst: "Gott segne Sie!" und wurde dann fortgeführt.— 236 —


Am nächsten Tage fühlte unser Freund, der so lange <strong>unter</strong> Schwindelanfällen zulei<strong>den</strong> gehabt hatte, sich vollkommen frei von seinen peinvollen Beschwer<strong>den</strong>;er meinte, er habe einen solchen Überschuß an Lebenskraft, daß er sich fühle,als sei er erst 48 <strong>Jahre</strong> alt, anstatt 84. — Er hat auch nie einen Rückfall in seinaltes Lei<strong>den</strong> bekommen.Herr Z. aus unserer Nachbarstadt Burbank litt seit 25 <strong>Jahre</strong>n an Schlaflosigkeitund starker Übelkeit und hatte nirgends Hilfe fin<strong>den</strong> können. Schließlich wurdeer von einem Arzte, der hinter diesem Fall eine Besessenheit vermutete, zu unsgebracht.Schon gleich während der ersten Beratung sah Frau Wickland hinter dem Kranken<strong>den</strong> Geist eines Mannes stehen; und als sie diesen Geist seinem Aussehennach beschrieb, erkannte der Kranke in ihm einen alten Bekannten, der schonvor einer Reihe von <strong>Jahre</strong>n aus dem Leben geschie<strong>den</strong> war.Nachdem der Kranke eine elektrische Behandlung bekommen hatte, verließ ihndieser Geist. Er nahm darauf aber von Frau Wickland Besitz, sprach mit seinemFreunde und erinnerte ihn an verschie<strong>den</strong>e Erlebnisse aus ihrer früherenBekanntschaft.Herr Z. war eine Zeitlang mit der Tochter dieses Verstorbenen verlobt gewesen,doch war die Verlobung aus religiösen Grün<strong>den</strong> wieder auseinander gegangen.Die <strong>bei</strong><strong>den</strong> Männer hatten gleichwohl ihre freundschaftlichen Beziehungenzueinander aufrecht erhalten; und als der Vater in geldliche Schwierigkeitengeraten war, hatte Herr Z. ihm aus seiner mißlichen geschäftlichen Lage geholfen.Als nun der Vater späterhin an Magenkrebs starb, fühlte er sich aufgrund seinerBeziehungen zu Herrn Z. zu diesem hingezogen, geriet in seine Aura und warnicht fähig, sich daraus zu befreien. So hatte der Vater volle fünfundzwanzig<strong>Jahre</strong> in seinem Freunde gesteckt, ihn besessen gemacht und ihm natürlich alleErscheinungen seiner Krankheit, an der er zu seinen irdischen Lebzeiten gelittenhatte, übertragen.Nachdem der Geist über die für das jenseitige Leben gelten<strong>den</strong> Gesetze belehrtwor<strong>den</strong> war, verließ er uns von Reue erfüllt, und Herr Z. ist fernerhin nie wiedervon Übelkeit geplagt wor<strong>den</strong>.— — —Ein ungewöhnlicher Fall von Gemütslei<strong>den</strong> infolge Geistereinflusses war derder Frau G., welche mehrere <strong>Jahre</strong> hindurch schwer zu lei<strong>den</strong> gehabt hatte <strong>unter</strong>einem eigenartigen Rückenmarkslei<strong>den</strong>, das, alle Kunst der Ärzte zu Schan<strong>den</strong>machte.Nachdem Frau G. einige Zeit in unserer Pflege gewesen war, wurde ein Geistaus ihr vertrieben, der an Wirbelbrüchen im Genick und Rücken gestorben war.Er gab sich durch Frau Wickland kund.— 237 —


Dazu erklärten uns die Schutzgeister, daß dieser Geist bereits in die Aura derKranken gelangt sei, als sie noch Kind gewesen. Er habe sich tief in ihr Nervensystemverstrickt gehabt und dadurch seinem Opfer <strong>den</strong> körperlichen Zustandübertragen, an dem er gestorben war, und <strong>unter</strong> dem er selber immer noch zu lei<strong>den</strong>wähnte.Mit der Vertreibung dieses ungebetenen Gastes bekam die Kranke sofortErleichterung und hatte keine Rückenschmerzen mehr.— — —Sitzung vom 4. Juli 1923Geist: James Hoxen. — Patientin: Frau G.Der sich kundgebende Geist schien gelähmt zu sein und ließ seinen Kopf auf dieSchulter hängen. Anfänglich unfähig zu sprechen, deutete er auf seinen Nackenund stöhnte beständig, als ob er heftige Schmerzen habe.Dies merkwürdige Benehmen des Geistes erregte lebhafte Aufmerksamkeit <strong>bei</strong>Herrn und Frau G., die an der Sitzung teilnahmen.Doktor: Nun lieber Freund, machen Sie sich doch mal von Ihren alten Angewohnheitenfrei; vergessen Sie Ihre Schmerzen! (Der Doktor bewegt Händeund Arme des Mediums.) Sehen Sie, Ihre Arme sind gar nicht mehr steif.Richten Sie sich nur ruhig auf, Sie sind gar nicht gelähmt. Wir wer<strong>den</strong>Ihnen helfen. Machen Sie sich mal richtig klar, daß Sie Ihren alten Körperverloren haben. Sie sind jetzt ein Geist und dürfen sich nicht länger hier inder Erdsphäre aufhalten und Unheil stiften! Re<strong>den</strong> Sie und sagen Sie uns,wer Sie sind. Wo sind Sie hergekommen?Geist: Oh (Macht verzweifelte Anstrengungen, zu Frau G. zu gelangen undstreckt ihr flehentlich <strong>bei</strong>de Hände entgegen.)Frau G.: Nein, Sie dürfen nicht wieder zu mir zurück. Ich kann Sie gar nichtgebrauchenG. Oh! (Fängt an zu weinen und wiederholt seine Versuche zu Frau G. zugelangen.)Dr. Sie dürfen jetzt nicht länger nur an sich selbst <strong>den</strong>ken; Sie müssen jetzt aufdie höheren Geister hören, die Ihnen doch helfen wollen. Sie können nurdann froh und glücklich wer<strong>den</strong>, wenn Sie endlich mal aufhören, beständigan ihren augenblick-lichen Zustand zu <strong>den</strong>ken. Unsere geistigen Freundewer<strong>den</strong> Sie in die Geisterwelt mitnehmen. Ihr Stöhnen und Weinen hilftIhnen gar nichts!Fr.G. Der Herr, der mit Ihnen spricht, ist ein Doktor, er wird Ihnen helfen.Dr. Versuchen Sie doch mal zu re<strong>den</strong>.G. Ich will kein Feuer mehr haben! (Elektrische Behandlung der Patientin.)Dr. Sie wer<strong>den</strong> bestimmt noch mehr kriegen, wenn Sie sich hier noch längerherumdrücken!G. Ich will aber keins mehr haben! (Schüttelt sich.) Oh, dies Feuer!— 238 —


Dr. Nun hören Sie mal gut zu. Es muß Ihnen doch schon vor langer Zeit etwasSchlimmes passiert sein; können Sie sich nicht erinnern, was das gewesenist?Fr.G. Antworten Sie doch dem Doktor!Dr. Machen Sie sich doch mal Ihre gegenwärtige Lage klar. Sie sind wahrscheinlichschon vor langer Zeit gestorben.G. Oh, mein Rücken, mein Rücken!Dr. Was ist <strong>den</strong>n los mit Ihrem Rücken?G. Er ist gebrochen.Dr. Wie ist <strong>den</strong>n das gekommen?G. Ich bin vom Pferd gefallen.Dr. Wo haben Sie <strong>den</strong>n gelebt?G. Das kann ich augenblicklich nicht sagen. Ich habe schon manchmalgedacht, ich müsse wohl gestorben sein, doch jetzt fühle ich mich ganz undgar nicht so. Mein Rücken, Kopf und Genick ist alles in Stücke zerbrochen.Mein Kopf ist ab vom Rückgrat. (Die Kranke hat ständig <strong>unter</strong> dem Gefühlgelitten, ihr Kopf sei vom Rückgrat getrennt.)Dr. Wann war <strong>den</strong>n dieser Unfall?G. Ich weiß es nicht. Gerade hier bin ich aufgeschlagen. (Deutet auf die linkeSeite des Nackens.)Dr. Jetzt <strong>den</strong>ken Sie mal nicht immerzu daran; Sie haben es ja gar nicht nötig,sich beständig von diesem Gefühl quälen zu lassen. Der Körper, in dem Sieaugenblicklich stecken, ist ganz gesund. Wissen Sie übrigens, daß Sie füruns gar nicht sichtbar sind?G. Ich will kein Feuer mehr haben, es greift meinen Nacken zu sehr an.Dr. Es war aber nötig, um Sie herauszutreiben. Warum haben Sie diese Damebeeinflußt und belästigt?G. Mein Nacken, mein Nacken und mein Kopf! Sie tun mir so weh, daß ich esnicht langer aushalten kann!Dr. Wie lange haben Sie diese Schmerzen schon?G. Viele <strong>Jahre</strong> — eine lange, lange Zeit!Fr.G. Waren Sie schon erwachsen oder noch klein, als Sie vom Pferde fielen?Sind Sie ein Junge oder ein Mädchen?G. Ich bin ein Junge. Es ist schon lange her, daß ich mir das Genick gebrochenhabe, aber es tut mir immer noch weh.Fr.G. Wo passierte der Unfall? War es in Kalifornien?G. Nein, weit, weit entfernt davon. Ich weiß nicht, wo es war.Dr. Denken Sie mal nach, dann wird Ihnen die Erinnerung schon wieder kommen.Fr.G. War es in Illinois oder in Iowa?G. Ich habe geschlafen, und Sie müssen mir daher schon ein Weilchen Zeitlassen. Mein Kopf und mein Nacken tun mir so weh. Mein Genick istgebrochen und mein Kopf ist ganz ab vom Rückgrat.Fr.G. Sie haben doch gar keinen körperlichen Kopf mehr.G. Aber das Feuer kam mir doch mitten darauf.— 239 —


Fr.G. Das ist gut für Sie gewesen und wird Ihnen helfen.G. Es ist Feuer — Feuer!Fr.G. Ihr Nacken schmerzt Sie doch überhaupt nicht mehr.G. Ja, doch.Dr. Nein, er tut nicht mehr weh.G. Ich bin doch gelähmt. Mein Rückgrat! Ich kann mich nicht bewegen, und,oh mein Genick! Ich kann mich gar nicht rühren! Mein Genick ist gebrochen!Dr. Können Sie <strong>den</strong>n gar nicht begreifen, daß Ihr gebrochenes Genick ins Grabgewandert ist? Ihr eigener irdischer Körper ist doch fort! Dieser Körperhier ist ganz in Ordnung, Sie dürfen ihn aber nur für eine kleine Weilebenutzen.G. Sie wissen gar nicht, wie mir alles weh tut.Dr. Aber nur, weil Sie <strong>den</strong> Gedanken daran in Ihrer Vorstellung festhalten. Wiekönnen Sie an Ihrem Körper Schmerzen haben, wenn der doch im Grabeliegt?G. Woher wissen Sie <strong>den</strong>n, daß es so ist?Dr. Nun, dies hier ist nicht Ihr Körper.G. Woher wissen Sie, daß mein Körper im Grabe liegt?Dr. Weil Sie selber doch hier sind. Dieser Körper, durch <strong>den</strong> Sie hier sprechen,ist nicht der IhrigeG. Woher wissen Sie das?Dr. Sie wollen nur nicht verstehen. Sie sind ein sehr eigensinniger Geist. Siewissen recht gut, daß das wahr ist.G. Ich bin zur Kirche gegangen und glaube an Jesus Christus.Fr.G. In welche Kirche gingen Sie?G. In die Mennoniten-Kirche. (Frau G. ist <strong>unter</strong> Mennoniten aufgewachsen.)Fr.G. Wo ist das gewesen?G. In Kansas, vor langer Zeit. (Frau G. hatte einige <strong>Jahre</strong> in Kansas gelebt.)Fr.G. In welcher Stadt?G. N.Fr.G. Wie ist Ihr Name?G. Ich habe ihn vergessen. Mein Nacken ist so schlimm.Fr.G. Haben Sie in einer Stadt gewohnt?G. Nein, auf einer Farm, ungefähr eine Meile nördlich von der Universität.Fr.G. Wie heißen Sie <strong>den</strong>n?G. Ich hatte natürlich einen Namen, aber es ist solange her, daß ich ihn hörte.Fr.G. Wie kam es, daß Sie vom Pferde fielen?G. Wir ritten bergan und mein Pferd scheute vor einigen Kaninchen. Dannging es durch. Ich faßte nicht schnell genug nach <strong>den</strong> Zügeln.Fr.G. Sie waren kein guter ReiterG. Ich hatte keinen Sattel, wie konnte ich mich da festhalten.Fr.G. Offenbar war es kein Herren-Reitpferd.G. Ich war nur ein Stallbursche.Fr.G. Wie alt waren Sie?— 240 —


G. Ich glaube, ich war ungefähr 16 oder 17 <strong>Jahre</strong> alt.Fr.G. Wie rief Ihre Mutter Sie?G. Ich weiß es nicht.Dr. Nannte sie Sie Mabel?G. So nennt man doch niemals einen Jungen. Meine Schulter und meinRücken sind gebrochen. Mein Genick ist seit vielen <strong>Jahre</strong>n gebrochen.Dr. Wer<strong>den</strong> Sie jetzt begreifen, daß Sie Ihren irdischen Körper verloren haben?Wie ist <strong>den</strong>n Ihr Name?G. Ich heiße James.Dr. War das Ihr ganzer Name? Ist dieses übrigens Ihre Hand? (Auf die Handdes Mediums deutend.)G. Nein, Jimmy hat niemals einen Ring gehabt.Dr. Sie gebrauchen diese Hand nur vorübergehend, sie gehört Ihnen nicht. Siegehört meiner Frau.G. Ich habe schon vor längerer Zeit bemerkt, daß meine Hände kleiner gewor<strong>den</strong>sind. — Ich heiße James Hoxen.Dr. Sie wer<strong>den</strong> Ihren Körper wohl nach diesem Unfall verloren haben.G. Mein Kopf wird r<strong>unter</strong>fallen!Dr. Dann wer<strong>den</strong> wir ihn eben wieder aufheben müssen; Sie sind ein ganzunwissender Geist und haben diese Dame hier fortgesetzt belästigt.G. Was ist ein Geist?Dr. Ein Geist sind Sie, mit dem ich spreche.G. Ich bin James.Dr. Wenn ich diesen Körper anblicke, sehe ich meine Frau. Fragen Sie einenvon diesen Leuten, durch wessen Körper Sie hier sprechen.G. Dann gehöre ich also zu irgendjemand anderem.Dr. Zu wem?G. (Seine Arme nach Frau G. ausstreckend.) Ich möchte wieder zu Ihnenzurück, Sie gefallen mir.Fr.G. Sie wer<strong>den</strong> niemals wieder zu mir kommen dürfen. Sie müssen in dieGeisterwelt gehen.G. Wo ist die?Dr. Es ist die unsichtbare Welt um die Erde herum.G. (Affektiert.) Ich möchte Jesus Christus sehen.Dr. Weshalb weinen Sie?G. Das ist meine Art zu sprechen. Wollen Sie mir nicht meinen Nacken heilen?Dr. Ja, indem ich Ihnen ihre wahre Lage klar mache. Als unwissender Geisthaben Sie eine Dame besessen gemacht und fortgesetzt belustigt. DurchAnwendung des "Feuers wie Sie es nennen, haben wir Sie ausgetrieben. Siebefin<strong>den</strong> sich augenblicklich im Körper meiner Frau. Ihren eigenen irdischenKörper haben Sie verloren und müssen sich nun vertraut machen mit<strong>den</strong> Verhältnissen des Jenseitslebens, in dem Sie sich jetzt befin<strong>den</strong>.Fr.G. Kennen Sie meinen Namen? Kennen Sie irgendjemand mit dem NamenG.?— 241 —


G. Die wohnten weit weg.Fr.G. Kannten Sie jemand mit Namen K.? (Frau G.'s Mädchenname.)G. Die waren in einer andern Stadt.Fr.G. Sind Sie in dem Ort geboren, wo Sie <strong>den</strong> Unfall hatten?G. Ich bin weit draußen auf dem Lande geboren.Fr.G. Was meinen Sie, welches Jahr wir haben?G. Das weiß ich nicht.Dr. Wer ist jetzt Präsi<strong>den</strong>t?G. Ich habe nie viel über diese Sachen gelesen. Ich lebte auf einer Farm undmachte dort die kleinen Hausar<strong>bei</strong>ten. Das ist aber lange her. Kürzlich gabes so viel Feuer.Dr. Das "Feuer" gab ich Ihnen; es ist Elektrizität.G. Ich sah Feuer; es war keine Elektrizität. Sie halten Elektrizität in IhrerHand und dann schlägt es.Dr. Ich habe das Feuer gemacht.G. Sie! Schämen Sie sich! Schämen Sie sich! Sie! Einem unschuldigen kleinenKerl, wie mir, so etwas anzutun! Schämen Sie sich!Dr. Sie haben diese Dame hier lange genug gequält, so daß sie nie hat nachihrem eigenen freien Willen leben können. Ich habe nun das Feuer auf Sielosgelassen, und da sind Sie endlich aus ihr rausgekommen. — Sehen Siesich mal um, da wer<strong>den</strong> Sie höhere Geister sehen, die Ihnen helfen wer<strong>den</strong>.G. Hier sind eine Menge Leute. (Er wird plötzlich sehr erregt und fängt an zuschreien.) Mutter! Oh! Oh! Mutter!Dr. Sie ist gekommen, um Ihnen zu hellen.G. Oh, Mutter, warum bist Du gestorben? Ich war noch ein kleiner Junge, undals Du starbst, ging alles in die Brüche, und ich mußte mir meinen Lebens<strong>unter</strong>halt schon selber verdienen.Dr. Was sagt ihre Mutter?G. Sie sagt: "Oh, Jimmie, wo bist Du <strong>den</strong>n gewesen?" Sie hat nach mirgesucht, hat mich aber nicht fin<strong>den</strong> können.Dr. Das kommt daher weil Sie in dieser Dame steckten, der Sie so übel mitgespielt haben. Jetzt können Sie mit Ihrer Mutter mitgehen.G. Es ist lange her, daß ich meine Mutter gesehen habe.Dr. Wir haben jetzt 1923.G. Nein!Dr. Heute ist der 4. Juli 1923, und Sie sind in Los Angeles in Kalifornien.G. Nein, es muß 1893 sein!Dr. Das war vor <strong>30</strong> <strong>Jahre</strong>n.G. Aber 1896 lebte ich noch; nach dem Unfall war ich jahrelang ein Krüppel.Das letzte, worauf ich mich besinnen kann, war 1896.Dr. Das war vor 27 <strong>Jahre</strong>n.G. Wie können all diese <strong>Jahre</strong> vergangen sein? Habe ich <strong>den</strong>n geschlafen?Dr. Wohl nur zeitweilig. Sie haben andere Menschen besessen gemacht.G. Ich bin eingeschlossen gewesen, <strong>Jahre</strong> und <strong>Jahre</strong>. (In der Aura der Kranken.)Einmal schien es mir so, als läge ich im Sterben, aber nachdem ich— 242 —


dann eine Weile eingesperrt gewesen war, fühlte ich mich ganz anders. Ichhatte Frauenkleider an und fühlte mich wie eine Frau; aber mein Nacken tatmir so weh, und mein Kopf war so, als ob er mir vom Halse fallen wolle.Dr. Sie sind in die magnetische Aura dieser Dame hier geraten und haben siebelästigt. Als Sie Ihren Körper verloren, hielten Sie an dem Gedanken fest,daß Sie sich ja <strong>den</strong> Nacken gebrochen hatten; aber Ihr irdischer Körperwurde doch ins Grab gelegt.G. Aber ich hatte doch einen Nacken, der mir immerzu weh tat.Dr. Nur weil Sie <strong>den</strong> Gedanken, daß Sie noch immer einen gebrochenenNacken hätten, in Ihrer Vorstellung festgehalten haben. "Wie ein Menschin seinem Herzen <strong>den</strong>kt, so ist er." Sie sind eben mit allen Ihren Gedanken<strong>bei</strong> Ihrem gebrochenen Nacken gewesen und haben darüber gar nichtgemerkt, was für eine große Veränderung mit Ihnen vorgegangen war. DieserKörper, der meiner Frau gehört, hat keinen gebrochenen Hals.G. Ihre Frau! Wo ist sie?Dr. Sie schläft. Betrachten Sie mal Ihre Füße; das sind doch in Wirklichkeitnicht Ihre.G. Bin ich eine Frau?Dr. Nur zeitweilig; jetzt müssen Sie mit Ihrer Mutter mitgehen.G. Mutter, willst Du mich mit Dir nehmen?Dr. Was sagt sie?G. Sie sagt "ja", aber ich soll erst diese Dame um Verzeihung bitten. Ichkonnte doch aber auch nicht dafür. Ich konnte ja gar nicht heraus. Ich warso lange eingeschlossen und habe das jetzt satt. Nun will ich mit meinerMutter mitgehen. Oh Mutter, komm und nimm mich mit. Ich will auch einguter Junge sein.Dr. Nun wer<strong>den</strong> Sie sich auch besser zurecht fin<strong>den</strong>.G. Ich fühle, ich muß sterben; mein Kopf ist wieder ab.Dr. Das ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Wenn Sie uns verlassen,dann mag Ihnen vielleicht so sein, als ob Sie sterben müßten; das ist abernur, weil Sie die Herrschaft über das Medium verlieren. Sie können garnicht sterben, auch wenn Sie es versuchen wür<strong>den</strong>. Niemand stirbt jemalswirklich. Der Geist stirbt nie!G. Werde ich dann einen besseren Körper haben?Dr. Ja, vergessen Sie nur Ihren gebrochenen Nacken und Ihre Schmerzen.G. Ich gehe nun mit meiner Mutter. Bitte, verzeihen Sie mir, Frau G.Fr.G. Ist schon gut, James. Vergessen Sie nur das Vergangene.Dr. Höhere Geister wer<strong>den</strong> Ihnen helfen und Sie wundervolle Dinge lehren.Denken Sie sich nur zu Ihrer Mutter hin und zu <strong>den</strong> Geistern des Barmherzigkeits-Bundes.— Leben Sie wohl!G. Leben Sie wohl!— — —Im Sommer 1923 fragte uns ein Herr I. um Rat wegen seiner Frau, die seit neunMonaten mit heftigen Kopfschmerzen fest zu Bett lag. Von anderer Seite wurde— 243 —


eine Gehirngeschwulst dahinter vermutet; auch litt sie an einer Lähmung einesArmes, der völlig bewegungslos war.Wir besuchten die Kranke mehrmals in ihrer Wohnung und verabreichten ihrelektrische Behandlungen, die sie auch kräftigten. Frau Wickland gewahrtejedoch hellseherisch <strong>den</strong> Geist eines Mannes mit einer schrecklichen Kopfwundeund eine Frau mit einem verkrüppelten Arm, die sich <strong>bei</strong>de in nächsterNähe der Kranken aufhielten.Bei unserer nächsten Zirkelsitzung nahm dieser männliche Geist von Frau WicklandBesitz, und wir erfuhren von ihm, daß er in seinem Leben Hausanstreichergewesen und vom Gerüst gestürzt sei. Da<strong>bei</strong> habe er sich, wie er sagte, <strong>den</strong> Kopfaufgeschlagen.Er wußte gar nicht, daß er gestorben sei, und erklärte, er leide an qualvollenSchmerzen im Kopfe; aber seit kurzem habe er wenigstens ein sehr bequemesBett zum Ausruhen. Nachdem er von uns über seine wahre Lage aufgeklärt wor<strong>den</strong>war, wurde er fortgebracht, und seitdem hatte Frau I. keine Kopfschmerzenmehr.Sie blieb aber noch im Bett, <strong>den</strong>n sie fühlte sich schwach und litt an einer Lähmungdes einen Armes. Wir erteilten ihr nochmals eine elektrische Behandlungund gingen wieder nach Haus, lu<strong>den</strong> aber Herrn I. ein, diesen Abend an unsererZirkelsitzung teilzunehmen.Als er kam, erzählte er uns, daß seine Frau sich nach unserm Fortgang so vielbesser gefühlt habe, daß sie aufgestan<strong>den</strong> sei, und seit neun Monaten zum erstenMale <strong>den</strong> Tag außer Bett verbracht habe.Die Ereignisse des Abends waren für Herrn I. insofern von großem Interesse, alsder sich kundgebende Geist über genau dieselben Schmerzen klagte, von <strong>den</strong>enseine Frau befallen war.— — —Sitzung vom 17. Juli 1923Geist: Frau Lizzie Davidson. — Patientin: Frau I.Der Geist hielt einen Arm fest an <strong>den</strong> Körper gepreßt und stöhnte beständig.Doktor: Guten Abend. Haben wir jeman<strong>den</strong> hier, der krank ist? Ist das wohljemand, der mit einer Krankheit hinüberging und seine Beschwer<strong>den</strong> auchdrüben noch in der Vorstellung festhält? Was fehlt Ihnen?Geist: (Ächzend.) Mein Arm Mein Arm!Dr. Was ist <strong>den</strong>n los mit ihm?G. Er schmerzt mich so sehr.Dr. Was ist mit ihm geschehen?G. Wo ist mein Bett? Ich bin krank.Dr. Sind Sie <strong>den</strong>n müde?G. Ich bin krank und muß zu Bett.Dr. Haben Sie nicht lange genug im Bett gelegen?— 244 —


G. Ich hin sehr krank.Dr. Wie viel <strong>Jahre</strong> sind Sie schon krank?G. Eine lange, lange Zeit.Dr. Wie lange ist es her, seitdem Sie gestorben sind?G. Gestorben? Ich bin krank, sagte ich doch! Ich bin nicht tot. Ich sagte"krank"! Sie wissen ja noch gar nichts von mir. Ich bin so krank!Dr. Ich weiß, daß Sie in Ihrer Einbildung krank sind. Sonst aber sind Siegesund.G. Oh! Oh! Ich bin eine schwer kranke Frau. Fassen Sie mich nicht an! MeinArm! Mein Arm!Dr. Ist er verletzt?G. Warum haben Sie mich fortgeholt, als ich gerade so schön bequem im Bettlag? Oh, das schöne bequeme Bett! (Zu Herrn I.) Er (Dr. W.) hat mich fortgeholt,gerade als ich mich hinlegen und schlafen wollte.Herr.I.: Ich freue mich sehr, Sie hier zu sehen.G. Er hat mich mit hierher genommen, und ich wollte gerne schlafen. Ich bineine schwer kranke Frau.Dr. Wir wer<strong>den</strong> Ihren Arm heilen.G. Oh, ich möchte wieder in mein Bett; es ist so schön und bequem. Es ist einso schönes Bett, und da ist ein so netter Herr, der mich pflegt.Dr. Sie wer<strong>den</strong> aber nie wieder in dies Bett kommen.G. Ich bin doch aber eine schwer kranke Frau. Sie sollten lieber einen Arztrufen.H.I. Dieser Herr ist ja ein Doktor.Dr. Wie lange sind Sie schon krank?G. (Dr. W. erkennend.) Aha! Sie sind derjenige, welcher mir die Funken gab!Bringt mich bloß fort von ihm!H.I. Das war eine elektrische Behandlung.G. Er hat mich mitgehen heißen. Er sagte: "Wer hier <strong>bei</strong> dieser Dame ist, hatjetzt mit mir zu kommen", und da ging ich mit. Warum haben Sie mirbefohlen, mit Ihnen zu gehen, und dann halten Sie mich hier fest? (ZuHerrn I.) Können Sie nicht etwas tun, um mich zu schützen?H.I. Für Sie ist das schon der richtige Platz.G. Das meinen Sie! Warum haben Sie es zugelassen, daß dieser Mann michhierher brachte?H.I. Er wollte nicht, daß Sie noch länger aus seiner Frau eine Kranke machen!G. Können Sie diesem Mann nicht sagen, daß er mich in Ruhe lassen soll? (ZuHerrn I.)H.I. Nein; ich glaube, Sie sind in guten Hän<strong>den</strong>.G. Nein! Nein! Nein! Ich will nicht hier bleiben! (Stampft wütend mit <strong>den</strong>Füßen.)Dr. Wollen Sie <strong>den</strong>n immer um die Frau dieses Herrn herumlungern und ihrdas Leben vergällen?G. Er kann uns so nett pflegen. Ich mag ihn gerne und möchte dort bleiben.(Ärgerlich mit <strong>den</strong> Füßen stampfend.)— 245 —


H.I. Man wird hier sehr gut für Sie sorgen.Dr. Sie sind gar nicht krank, aber Sie haben schlechte Laune.G. Ich leide an meinem Arm.Dr. Lediglich in Ihrer Einbildung.G. Kann ich nicht zurück in das schöne Bett? (Zu Herrn I.) Sie sind ein so netterKrankenpfleger.Dr. Sie haben seine Frau gequält, indem Sie ständig um sie herum gewesensind. Dieser Herr hat seine Frau gepflegt und, ohne es zu wissen, auch fürSie mit gesorgt. Sie sind ein Geist; er will Sie gar nicht mehr dort haben.G. (Schmeichelnd zu Herrn I.) Wollen Sie <strong>den</strong>n nicht mehr für mich sorgen?H.I. Nein!G. Sie gemeiner Mensch, Sie! (Weint.)Dr. Sie müssen jetzt aber Vernunft annehmen. Oder sind Sie ein kleines Kind,das noch nichts anderes zu tun weiß, als zu schreien?G. Nein! (Wieder mit <strong>den</strong> Füßen stampfend.)Dr. Dann ist es wirklich nur Ihre üble Laune. Jetzt nehmen Sie sich aber malzusammen und machen Sie sich klar, daß Sie Ihren irdischen Körper verlorenhaben!G. Ich habe meinen Körper nicht verloren!Dr. Ihren eigenen sterblichen Körper haben Sie verloren; der liegt im Grabe.G. Ich bin nicht im Grabe!Dr. Aber Ihr Körper.G. Mein Körper bin ich doch selbst. Nein, ich bin nicht im Grabe, dies ist jamein Körper.Dr. Sehen Sie sich mal Ihre Hände an; die gehören Ihnen doch gar nicht!G. Wie bin ich <strong>den</strong>n zu diesen Ringen gekommen? Ich hatte doch mehr Steinein meinen Ringen, nicht wahr? (Zu Herrn I. gewendet.)H.I. Die gehörten meiner Frau.G. Sie haben mir doch einen hübschen Ring geschenkt.H.I. Nein, meiner Frau habe ich <strong>den</strong> geschenkt.G. Jawohl, Sie haben mir einen Ring geschenkt.H.I. Nein, ganz bestimmt nicht.Dr. Sie sind ein ganz selbstsüchtiger, erdgebun<strong>den</strong>er GeistG. Geist! Ich bin kein Geist! Ich bin eine gute Frau, eine gute, fromme Frau!Ich liebe Jesus!Dr. Weshalb sind Sie <strong>den</strong>n nicht <strong>bei</strong> Ihm? Sie sind offenbar schon lange tot.G. Ich sage Ihnen doch, ich hin nicht tot! Oh! Mein Arm, mein Arm!H.I. Sie haben nicht daran gedacht, daß Sie einen verkrüppelten Arm haben. Siehaben ihn soeben bewegt!G. Ja, das hatte ich ganz vergessen; aber ich weiß genau, wo meine Schmerzensitzen! (Trampelt mit <strong>den</strong> Füßen.)Dr. Wenn Sie wütend wer<strong>den</strong>, dann vergessen Sie also Ihre Schmerzen.G. Das kann man gar nicht! Ich habe noch genau dieselben Schmerzen. WissenSie das nicht?Dr. Ich weiß nur, daß Sie sehr schlechter Laune sind.— 246 —


G. Ich bin eine gute, christliche Frau. Ich liebe Jesus von ganzem Herzen undvon ganzer Seele. Er ist mein Erlöser.H.I. Wovon soll er Sie erlösen?G. Von der Sünde.Dr. Dann können Sie aber doch nicht so gut sein, wenn Sie Sün<strong>den</strong> haben!G. Ist das so? Sagen Sie mal, sind wir hier eigentlich in der Kirche? Sehen Siedoch nur all die Leute! Haben Sie mich in die Kirche mitgenommen?Dr. Dies ist ein Ort, wo wir erdgebun<strong>den</strong>e Geister freimachen!G. Erdgebun<strong>den</strong>e Geister? Wovon re<strong>den</strong> Sie eigentlich? Wollen Sie beten undsingen "Jesus, der Du meine Seele liebst"?Dr. Nein, wir haben nicht die Absicht. Wo sind Sie <strong>den</strong>n eigentlich hergekommen?G. Ich werde ganz verrückt, wenn ich an das schöne Bett <strong>den</strong>ke. Weshalbhaben Sie mich <strong>den</strong>n aus diesem schönen Bett rausgeholt? Ich bin sounglücklich darüber. Mein Rücken und mein Arm schmerzen mich so sehr.Mein Arm ist gelähmt. Ich habe einen Schuß in <strong>den</strong> Arm bekommen.Dr. Wer hat <strong>den</strong>n auf Sie geschossen?G. Fragen Sie mal!Dr. Hat man Ihnen eine Einspritzung gemacht?G. Ja, das ist es, was ich meine. Ich hätte gern noch so einen Schuß. WollenSie mir nicht einen kleinen geben? Oh, bitte nur ein kleines bißchen! GebenSie mir doch nur einen ganz kleinen Schuß in <strong>den</strong> Arm.Dr. Waren Sie morphiumsüchtig?G. Ich war lange Zeit krank und konnte nicht schlafen. Da gab man mir eineEinspritzung in <strong>den</strong> Arm. Und dann hat man mir soviel Spritzen gegeben,daß mein Arm ganz schlimm wurde und schließlich gelähmt schien. Manhat mir zuviel eingespritzt.Dr. So, jetzt müssen wir uns aber beeilen, es ist schon spät gewor<strong>den</strong>.G. Weshalb diese Eile? Wollen Sie ausgehen?Dr. Wir wollen darangehen, Ihnen Ihre Lage klar zu machen. Sie haben keinenirdischen Körper mehr und sind ein Geist. Dies ist nicht Ihr Körper.G. Ist das wirklich so? Das <strong>den</strong>ken Sie vielleicht nur!Dr. Dies ist ganz gewiß nicht Ihr Körper; er ist Ihnen nur für eine kurze Weilegeliehen.G. Wie können Sie das wissen?Dr. Es ist doch der Körper meiner Frau.G. Ich habe Sie doch nie geheiratet.Dr. Das habe ich auch gar nicht behauptet.G. Sie sagten doch, ich wäre Ihre Frau. Ja, das haben Sie gesagt! Ich habe esselber gehört!Dr. Ich sagte, Sie sprächen durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Haben Sie jemals gehört, daß man durch <strong>den</strong> Körper eines andern Menschensprechen kann?Dr. Sagen Sie uns doch mal, wer Sie sind.G. Fassen Sie mich <strong>bei</strong> der Hand, aber nicht am Arm.— 247 —


Dr. Wir wollen Ihren Arm behandeln, dann wird er wieder heil. (Macht Bewegungenmit dem Arm.)G. Oh, dieser elektrische Mann!Dr. Jetzt ist Ihr Arm gar nicht gelähmt. Sehen Sie sich doch mal Ihr Kleid an;gehört das Ihnen? Wo haben Sie das her?G. Haben Sie dies Kleid gekauft?Dr. Nein, meine Frau. Wie heißen Sie eigentlich?G. Lizzie!Dr. Lizzie — wie weiter?G. Frau Lizzie Davidson; ich möchte aber nicht Lizzie genannt wer<strong>den</strong>! WennSie mit mir re<strong>den</strong>, müssen Sie mich Frau Davidson nennen.Dr. Nun hören Sie mal gut zu. Es ist tatsächlich wahr, was ich Ihnen sage: Siehaben ihren eigenen irdischen Körper verloren, sind sich aber dieser Veränderunggar nicht bewußt gewor<strong>den</strong>. Sie haben die Frau dieses Herrn hier(Herr I.) lange Zeit besessen gemacht und gequält. Sie haben sie zu einerInvalidin gemacht!G. Ich bin nicht seine Frau.Dr. Nein, aber Sie haben seine Frau gequält!G. (Kokett zu Herrn I.) Sie sind so ein netter Krankenpfleger, und ich habe Siesehr gerne. Mögen Sie mich nicht auch ganz gerne?H.I. Nein!G. Ich will nicht, daß Ihre Frau schläft; <strong>den</strong>n wenn sie schläft, kann ich nichtbleiben; ich möchte aber gern in dem herrlichen Bett schlafen und vonIhnen gepflegt wer<strong>den</strong>.Dr. Sie haben also die Dame nachts immer wachgehalten!G. Weil ich doch fort mußte, wenn sie schlief.Dr. Das ist Selbstsucht im höchsten Grade!G. Ich habe kein Heim und mußte mir daher ein Heim <strong>bei</strong> ihr einrichten, sie isteine furchtbar nette Dame.Dr. Jetzt wer<strong>den</strong> Sie sich in der Geisterwelt ein Heim suchen müssen!G. Wo ist das?Dr. Es ist die unsichtbare Welt um unsern Er<strong>den</strong>plan herum. Glauben Sie aneinen Himmel?G. Ja, wo Gott ist und Jesus Christus und der Heilige Geist. Ich gehe jetzt in<strong>den</strong> Himmel.Dr. Seien Sie vernünftig. Es ist schon lange her, daß Sie Ihren Körper verlorenhaben.G. Wo habe ich ihn <strong>den</strong>n verloren?Dr. Das können wir Ihnen nicht sagen.G. Wie haben Sie das <strong>den</strong>n herausgefun<strong>den</strong>?Dr. Sie selber liefern uns doch <strong>den</strong> besten Beweis dafür. Es ist Ihnen doch klar,daß diese Hand, die ich hier halte, meiner Frau gehört?G. Sie halten doch meine Hand, und ich bin doch nicht Ihre Frau! (Stampft mitdem Fuß.)Dr. Ich halte hier die Hände meiner Frau, und Sie sprechen durch ihren Körper.— 248 —


G. Sie wer<strong>den</strong> mich jetzt nicht länger halten!Dr. Sie re<strong>den</strong> mit uns, doch sehen können wir Sie nicht. Sie sind für unsunsichtbar. Jeder hier sieht, daß dies der Körper meiner Frau ist.H.I. Sind Sie Herrn Wickland heute Morgen hierher gefolgt?G. Er hat doch die schreckliche Dinger auf mich losgelassen. (Elektrizität.)Dann sagte er: "Jetzt kommt alle mit mir!" (Zu Dr. W.) Warum haben Siedas getan und mich veranlaßt, von dort fortzugehen? Und dies Indianer-Mädchen! (Silber-Stern, einer von Frau Wicklands Führer-Geistern, hattesich am Morgen kurze Zeit kundgegeben und lustige Geschichten erzählt,um die Aufmerksamkeit des Geistes auf sich zu lenken.)Sie brachte mich derart zum Lachen, daß ich ganz schwach und krankwurde, bevor ich merkte, daß ich von der Dame weg war. Ich bin sowütend! Wenn ich diese Indianerin bloß zu fassen kriegen könnte, ichwürde ihr das Genick umdrehen!Dr. Ich dächte, Sie sagten doch eben, Sie seien eine Christin?G. Das bin ich auch. Gott verzeihe mir, daß ich das sagte! Lassen Sie michbeten! Ich habe Unrecht getan.H.I. Sie sagten, der Doktor habe Sie hierher gebracht.G. Er hat mich aber nicht in diesem Körper hergebracht.H.I. Dieser Körper ist alle Tage hier; Sie sind heute früh zusammen mit demDoktor und seiner Frau in ihrem Auto hierher gekommen.G. Was meinen Sie mit Auto?Dr. Wissen Sie nicht, was ein Automobil ist?G. Nein, was ist das?Dr. Das ist ein Wagen, der von selber läuft. Es sind jetzt Millionen davon inGebrauch. Sie haben Ihren irdischen Körper offenbar schon vor langer Zeitabgelegt.G. Sind Sie dessen so sicher? Wann habe ich ihn <strong>den</strong>n verloren?Dr. Das weiß ich freilich nicht; wir kennen Sie ja gar nicht.G. Ich habe Ihnen doch gesagt, ich bin Linie Davidson. Lassen Sie uns beten!Dr. Ich glaube, Sie sind ein Doppel-Wesen.G. Das <strong>den</strong>ke ich manchmal auch. Manchmal habe ich dunkles Haar und dannwieder mal helles. (Die Patientin hatte dunkles Haar.)Dr. Wie erklären Sie sich das?G. Ich weiß es nicht, und es ist mir auch gleichgültig. Ich liebe nur Jesus.Dr. Wo sind Sie eigentlich hergekommen? Wissen Sie überhaupt, wo Sie sind?Sie befin<strong>den</strong> sich in Los Angeles in Kalifornien.G. Nein, da bin ich nicht und war auch noch nie dort, ich bin niemals dortgewesen. Ich hatte gar kein Geld, dahin zu fahren.Dr. Wo lebten Sie <strong>den</strong>n?G. In New York.H.I. War es unten in der 27. Straße?G. Nein.Dr. Es muß doch schon sehr lange her sein, daß Sie auf Er<strong>den</strong> lebten, weil Siedie Automobile, die ohne Pferde fahren, gar nicht mehr gesehen haben.— 249 —


G. Bringt der Teufel die in Bewegung?Dr. Nein, innere Zündung.G. Dummes Geschwätz! Innere Zündung!Dr. Was meinen Sie, welches Jahr schreiben wir jetzt? Es ist 1923!G. Dann sind Sie verkehrt; es ist 1883.Dr. Wer ist <strong>den</strong>n jetzt Präsi<strong>den</strong>t?G. Wissen Sie es nicht?H.I. Ja, wir wissen es, aber wir möchten gern hören, ob Sie es auch wissen.Dr. Ich glaube es ist Harding.G. Warten Sie einen Augenblick, ich muß mal nach<strong>den</strong>ken. Es ist Arthur. Garfieldwurde 1881 erschossen, im Juli.Dr. Ist das der letzte, auf <strong>den</strong> Sie sich besinnen können? Können Sie sich nichtnoch eines späteren erinnern?G. Nein, gerade nur Arthur. Er wurde Präsi<strong>den</strong>t, nachdem Garfield erschossenwar.Dr. Wir haben seitdem schon verschie<strong>den</strong>e Präsi<strong>den</strong>ten gehabt — Cleveland,Harrison, Taft und viele andere.G. Ich hatte einen Schwager, der hieß Cleveland.Dr. War er der Präsi<strong>den</strong>t?G. Durchaus nicht! Der verstand von all dem nicht viel. — Was sind Sie hier<strong>den</strong>n für eine Art Leute?Dr. Wir sind alle Forscher. Wissen Sie, was aus <strong>den</strong> <strong>Toten</strong> wird?G. Sie gehen in <strong>den</strong> Himmel, sehen Christus und <strong>den</strong> Heiligen Geist und Gott-Vater auf dem Throne sitzen, und zu Seinen Füßen das Volk. Ich liebeJesus! Ich habe niemals jeman<strong>den</strong> so sehr geliebt wie Jesus!Dr. Sie sagen, es wäre 1883, das war vor vierzig <strong>Jahre</strong>n. Jetzt haben wir 1923!— Warum sind Sie nicht im "Himmel wenn Sie schon so lange tot sind?G. Ich war aber nicht tot!Dr. Tot sind Sie nur für die Welt; Sie haben Ihren irdischen Körper vor vierzig<strong>Jahre</strong>n verloren!G. Wie wissen Sie das?Dr. Aus Ihren eigenen Worten. Wir hören jetzt jemandem zu, <strong>den</strong> die Menschen"tot" nennen wür<strong>den</strong>. Sie sprechen zu uns durch <strong>den</strong> Körper meinerFrau.G. (Gewahrt einen Geist.) Wer ist das dort drüben?Dr. Fragen Sie sie nur, wer sie sind?G. Da ist Cleveland, mein Schwager! Zum Teufel! Was willst Du hier?H.I. Hallo, Cleveland! Wie geht es Ihnen jetzt?G. (Ärgerlich zu Herrn I.) Seien Sie doch still! Sie kennen ihn ja gar nicht!H.I. Was war er von Beruf?G. Er war Schuhmacher.H.I. Und wahrscheinlich ein guter.G. Er war nicht gut zu meiner Schwester. Ich mag Dich nicht, Cleveland! Duhast mir immer Ärger bereitet.Dr. Hören Sie zu, was er sagt.— 250 —


G. (Zum Geist Cleveland) Du Teufel Du!Dr. Das ist eine nette Redeweise für eine Christin.G. Gott verzeihe mir! Gott verzeihe mir!Dr. Seien Sie doch vernünftig und verzeihen Sie Cleveland.G. Ich werde ihm nie verzeihen! — Niemals! Er ging auf und davon und nahmmeine Schwester mit. (Zum Geist.) Du Teufel! Du bist mit meiner Schwesterauf und davon gegangen, und mir ist das Herz gebrochen, als Du sie fortnahmst. — Weder jetzt, noch im künftigen Leben werde ich Dir das verzeihen,— nein, niemals! — Scher Dich fort!Dr. Ist das christliche <strong>Liebe</strong>? Ist das die Lehre Christi?G. Der Mensch vergißt sich manchmal.Dr. Sie wer<strong>den</strong> ihm schon verzeihen müssen und ihn bitten, auch Ihnen zu verzeihenG. Ich will Christus um Vergebung bitten, doch niemals Cleveland.Dr. Jesus hat gesagt: "Vergebet, so wird Euch vergeben wer<strong>den</strong>."G. Ja, aber keiner befolgt es. Ich werde beten und das wird helfen.Dr. Nein, beten wird Ihnen in diesem Falle gar nichts helfen. Vierzig <strong>Jahre</strong>haben Sie in der Finsternis gesessen!G. Manchmal war ich ein Mann und manchmal eine Frau.Dr. Sie haben Menschen besessen gemacht!G. Hier, Du, Cleveland, Du hast doch hier gar nichts zu suchen; kommst Dumich wieder quälen? Was hast Du mit meiner Schwester gemacht, Du Teufel,Du!Dr. Ich dachte, Sie gehörten zu <strong>den</strong> Heiligsten der Heiligen?G. Cora! (Geist.) Meine Schwester! Weshalb bist Du mit diesem Manne mitgegangen? Ich werde ihm das nie verzeihen; ich habe zu sehr dar<strong>unter</strong>gelitten. Ich habe doch gedacht, Du würdest für <strong>den</strong> Rest Deines Lebens<strong>bei</strong> mir bleiben. Ich habe Mutter versprochen, Zeit meines Lebens für Dichzu sorgen; und dann bist Du mit diesem Kerl davon gelaufen; Du hast mirdas Herz gebrochen!Dr. Was sagt sie?G. Nein — sie sagt, sie hätte ihn geliebt. So etwas gibt es ja gar nicht, einenMann lieben. Nun sag einer, da ist ja auch David! Ich vermute, Du <strong>den</strong>kst,Ihr werdet Euch jetzt mit mir versöhnen. Ich <strong>den</strong>ke gar nicht daran, dasbringt Ihr nicht fertig! Das werde ich keinem von Euch verzeihen!Dr. Wer ist David?G. Mein Mann.Dr. Was war <strong>den</strong>n mit ihm los?G. Er war ein Narr.Dr. Weil er Sie geheiratet hat?G. Die Welt geht zugrunde! Die Menschen sind so voller Sün<strong>den</strong>, daß derliebe Gott nicht weiß, was er mit ihnen anfangen soll. Er wird sie in irgendeinerWeise belehren müssen, drum laßt uns beten. Ich möchte in <strong>den</strong> Himmelgehen.Dr. Meinen Sie, daß Sie große Aussicht haben, dorthinein zu kommen?— 251 —


G. Ich will für sie beten. Du weißt, David, Du hast nichts getaugt. Ich habeviel Ärger mit Dir gehabt.Dr. Hatten Sie selbst <strong>den</strong>n gar keine Fehler?G. Nein, ich habe immer gebetet.Dr. Haben Sie <strong>den</strong>n gar keine Gewissensbisse?G. Gewissensbisse?Dr. Ja. Fühlen Sie sich vor Ihrem Gewissen in keiner Weise schuldig?G. Cora, Du hast mich doch immer lieb gehabt und hast gesagt, Du wolltestfür <strong>den</strong> Rest Deines Lebens immer <strong>bei</strong> mir bleiben. Und doch bist Du mitdiesem Kerl davongelaufen.Dr. Was sagt sie?G. Cora sagt: "Du hast mich nirgendwo hingehen lassen. Es ging immer nur indie Kirche — in die Kirche; und Du wolltest, ich sollte immerzu beten. Dashatte ich satt bekommen; und dann kam Cleveland und stellte mir ein eigenesHeim in Aussicht. Er war sehr gut zu mir!" — Aber ich will ihm <strong>den</strong>nochnicht verzeihen.Dr. Sie waren eine religiöse Fanatikerin, und Ihre Schwester konnte das nichtertragen.G. Sie sollte Jesus lieben.Dr. Sie selber haben Jesus nicht gefun<strong>den</strong>.G. Ich habe Jesus nicht gefun<strong>den</strong>, weil ich noch nicht gestorben bin!Dr. Wollen Sie nicht wahr haben, was Ihre Schwester Ihnen sagt?Wo lebte sie?G. Sie lebte in New York und zog dann nach Chicago.Dr. Fragen Sie sie mal, ob sie ein Geist ist.G. Sie sagt, sie sei verstorben. (Zur Schwester.) Du bist tot und Du verdienstes auch, weil Du zuletzt Spiritistin gewor<strong>den</strong> bist, Du verrücktes Ding Du!Ich wurde wütend auf Dich, weil Du immerfort zu <strong>den</strong> spiritistischen Sitzungenliefst. — Dieser Cleveland hat Dich ja bloß genommen, weil er selberauch dazu gehörte und an Geister glaubte!Dr. Ich sitze hier <strong>bei</strong> meiner Frau und Sie, ein unsichtbarer Geist, sprechen mituns durch sie. Sagt Ihre Schwester sonst noch etwas?G. Sie sagt: "Lizzie, komm doch zu Vernunft Das brauchst Du mir nicht zusagen! Höre nur auf damit! Ihr habt mich immer nur <strong>unter</strong>drücken wollen.Dr. Waren Sie immer so eigensinnig?G. Nein. David war zeitweilig ein guter Mensch. Er ar<strong>bei</strong>tete immer undsorgte auch für mich. Ich hatte ein schönes Heim, aber er wollte nicht, daßich so viel in die Kirche ging. Er wollte sein Geld nicht der Kirche geben,da wurde ich wütend und nannte ihn einen geizigen Narren. Ich sagte ihm,wenn er nicht in die Kirche ginge und dem Herrgott kein Geld opfernwollte, dann würde er in die Hölle kommen. — Und da ist er nun auch!Dr. Er ist nicht in der Hölle.G. Doch, — aber ich begreife nicht, wie er dort entwischen konnte. — David,Du bist vor langer Zeit gestorben, und ich habe für Dich gebetet, weil ich— 252 —


dachte, Du seist in der Hölle und müßtest dort bleiben, weil Du für <strong>den</strong>Herrgott gar kein Geld hergegeben hast!Dr. Fragen Sie ihn doch mal, ob er in der Hölle gewesen ist.G. Er sagt: "Nein, es gibt hier keinen solchen Ort." — Du großer Narr, Du bistdoch in der Hölle!Dr. Sie selber sind in der Hölle der Unwissenheit. Sie sind gebun<strong>den</strong> durchEigenliebe und Unwissenheit.G. Nun David, quäle mich nicht. Geh nur zur Hölle, <strong>den</strong>n dort gehörst Du hin.Du bist ja nie in die Kirche gegangen.Dr. Jesus hat gesagt: "Richtet nicht, auf daß Ihr nicht gerichtet werdet!"G. Ich bin wiedergeboren im Blute Jesu. Ich habe alles Geld, soviel ich nurkonnte, der Kirche gegeben.Dr. Und blieben selber in Unwissenheit.G. Ich bin wiedergetauft, <strong>unter</strong>getaucht, und bin eine der Heiligsten. Ich warein gutes Mitglied der Kirche. Ich habe schwer gear<strong>bei</strong>tet f mein Geld undhabe viel gelitten, und so werde ich auch in <strong>den</strong> Himmel kommen, wennich sterbe.Dr. Sie wer<strong>den</strong> niemals wirklich sterben.G. David ist doch gestorben!Dr. Wenn er selber wirklich "tot" wäre, könnte er doch nicht mit Ihnen re<strong>den</strong>.G. Cora starb in Chicago.Dr. Wenn sie alle tot sind, wie können sie <strong>den</strong>n mit Ihnen sprechen?G. (Erschrocken.) Ach ja — sie sind ja Geister! Ich vergaß ganz, daß sie ja totsind.Dr. Geister wie Sie selber. Sie sind doch auch ein Geist!G. Aber sie sind doch tot!Dr. Sehen sie aus, als ob sie tot wären?G. Nein, sie sehen alle viel hübscher aus als früher. Ich nehme an, sie sind imHimmel. (Zu <strong>den</strong> Geistern.) Hört mal, Leute. Habt Ihr Christus gesehenund <strong>den</strong> lieben Gott? Seid Ihr <strong>bei</strong> ihnen im Himmel gewesen?Dr. Was sagen sie?G. Sie sagen "Nein". Also dann seid Ihr — ich dachte es mir schon — dannseid Ihr also in der Hölle gewesen. Nicht wahr? Sie sagen: "Nein".Dr. Fragen Sie sie, ob der Körper, <strong>den</strong> Sie benutzen, Ihnen gehört.G. (Zu <strong>den</strong> Unsichtbaren.) Nun, was schaut Ihr mich <strong>den</strong>n so an? Kennt Ihrmich nicht? Sie sagen, nicht so, wie ich jetzt aussehe, — was heißt das?Dr. Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß Sie für uns unsichtbar sind und gegenwärtig<strong>den</strong> Körper meiner Frau benutzen?G. Wieso?Dr. Geister können vom Körper irdischer Personen Besitz nehmen, wie Sie esjetzt tun. Jesus hat doch auch unreine Geister ausgetrieben.G. Unrein! Ich bin nicht unrein. Sie beleidigen mich wieder.Dr. Sie haben die Gattin dieses Herrn beeinflußt, haben ihr das Leben vergälltund sie zur Invalidin gemacht.H.I. Erkennen Sie mich nicht?— 253 —


G. Gewiß, Sie sind ein sehr guter Krankenpfleger, und ich möchte mich sogerne wieder von Ihnen pflegen lassen.Dr. Er hat Sie ja gar nicht gepflegt sondern seine Frau.G. Wir hatten solch wunderschönes Bett; ich liebe es geradezu. Sagen Siedoch Ihrer Frau, sie soll nicht aufstehen, <strong>den</strong>n, wenn sie das tut, kann ichnicht bleiben.Dr. Dort wer<strong>den</strong> Sie niemals wieder hinkommen.H.I. Meine Frau ist jetzt auf; sie ist <strong>den</strong> ganzen Tag aufgewesen.G. Ich will aber, daß sie sich wieder ins Bett legt.H.I. Sie ist auf, seit der Doktor heute Morgen fortgegangen ist. Neun Monatehat sie zu Bett liegen müssen.G. Dies Indianer hat mich so furchtbar zum Lachen gebracht, daß ich nicht <strong>bei</strong>der netten Dame bleiben konnte. Es macht mich rasend! Ich habe demIndianer-Mädchen zugehört, was sie erzählte, und mußte so furchtbarlachen, daß ich darüber ganz und gar die Gewalt über die Dame verlor. (ZuHerrn I.) Weshalb kamen Sie <strong>den</strong>n eigentlich hierher?Dr. Er wollte Sie los sein.H.I. Ich kam her, um Sie heute Abend zu sehen.G. (Schüchtern.) Hatten Sie Sehnsucht nach mir?Dr. (Mit Nachdruck.) Nein!G. Ich möchte gern mit Ihnen zurückkehren, darf ich?H.I. Nein, das dürfen Sie nicht!Dr. Sie waren sehr selbstsüchtig, wollen das aber nicht zugeben.G. Da ist meine Schwester Cora und ihr Mann Cleveland, und mein GatteDavid. Nein — nein! Oh, da ist meine Mutter! Kommst Du aus dem Himmel,Mutter? Bist Du glücklich im Himmel, Mutter, mit Jesus und mitGott?Dr. Was sagt sie?G. Sie sagt: "Lizzie, betrage Dich vernünftig". — Nun, Mutter, ich war Dirdoch immer eine gute Tochter. Mutter sagt: "Du warst immer sehr selbstsüchtig,Lizzie."Dr. Das sagt nun Ihre eigene Mutter. Ihr Gewissen sagt Ihnen genau dasselbe.Sie hatten eine niedrige Charakteranlage — fragen Sie nur Ihre Mutter!G. Mutter, kommst Du aus dem Himmel? Mutter, ich bin noch nicht tot, undkann deshalb nicht in <strong>den</strong> Himmel gehen. Ich muß erst sterben, bevor ichdorthin kommen kann.Dr. Die Bibel sagt: "Wisset Ihr nicht, daß Ihr Gottes Tempel seid, und daß derGeist Gottes in euch wohnt?" — Wo wollen Sie diesen Gott außerhalbIhrer selbst fin<strong>den</strong>?G. Es steht doch in der Bibel, daß Gott auf einem Throne sitzt und Christus zuSeiner Rechten.Dr. Die Bibel sagt: "Gott ist die <strong>Liebe</strong>, und wer in der <strong>Liebe</strong> bleibet, der bleibtin Gott." — Wo wollen Sie solch einen Gott fin<strong>den</strong>?G. Im Himmel!— 254 —


Dr. Jesus hat gesagt: "Gott ist Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihn im Geisteund in Wahrheit anbeten." — Haben Sie das getan? Nein, Sie haben sicheinfach auf ein Dogma versteift und heuchelten, Sie wären heilig; aber IhrGewissen verdammte Sie die ganze Zeit; war es nicht so?G. Ich war nicht glücklich.Dr. Ihr Gewissen sagt Ihnen, daß Sie eine Heuchlerin waren.G. Woher wissen Sie das?Dr. Ihre Handlungen beweisen es. Sagt Ihre Mutter noch etwas?G. Sie sagt: "Linie, betrage Dich anständig." Weshalb sagt sie das? Sie warimmer hinter mir her; sie sagte, ich hätte solch scharfe Zunge.Dr. Sie müssen Ihr Verhalten gänzlich ändern, oder geistige Kräfte führen Siefort und sperren Sie in einen dunklen Kerker!G. Gott vergib mir! Ich will beten.Dr. Sie sind nicht aufrichtig.G. (Zu Herrn I.) Wollen Sie mir verzeihen?Dr. Wenn Sie es aufrichtig meinen, wird er es gewiß tun.G. David Du warst immer gut zu mir, aber ich war nicht allemal gut zu Dir.Ich habe Dich immer für einen Teufel gehalten, und ich sprach immer soüber Dich — ja, leider! — (Weinend.)Dr. Jammern hilft Ihnen nicht.G. David — ich hatte Dich aber doch lieb! Liebst Du mich auch, David? Ich,ich war doch Deine liebe kleine Frau! Er sagt: "Schäme Dich", und ich seinur lieb zu ihm gewesen, wenn ich keine schlechte Laune hatte.Dr. "Nun müssen Sie sich beeilen und gehen.G. Ich möchte diesen netten Herrn noch bitten, mir zu verzeihen. (Zu Herrn I.)Wollen Sie?H.I. Ja.G. Cleveland, ich war sehr böse auf Dich. Du warst gut zu meiner Schwester,aber warum gingt Ihr fort? Warum gingst Du nach Chicago und nahmst siemir fort? Er sagt, sein Geschäft wäre doch dort gewesen.(Zu Herrn I.) Wollen Sie mir verzeihen? Ich meine es — ich meine es diesmalwirklich so — wollen Sie? Wenn ich es auch niemals vorher in meinemLeben ehrlich meinte, so tue ich es doch jetzt. Mutter, willst Du mirverzeihen? Willst Du? Ich liebe Dich. Ich war sehr selbstsüchtig, das weißich jetzt. Ich kann es jetzt sehen; ich erkenne jetzt alles. Mir sind die Augengeöffnet wor<strong>den</strong>. — Oh! Oh! (Weinend.)Dr. Weinen hilft Ihnen nicht. Hören Sie lieber zu, was Ihre Verwandten sagen.G. Kann ich mit ihnen in <strong>den</strong> Himmel gehen?Dr. Vergessen Sie <strong>den</strong> "Himmel" und seien Sie verständig. In der Weise, wieSie sich das eingebildet haben, wer<strong>den</strong> Sie Gott niemals fin<strong>den</strong>. Sie müssenvor allem mit sich selber ehrlich sein.G. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so gedemütigt wor<strong>den</strong> wie heuteAbend. — Verzeih mir, David, willst Du? Und Du, Cora, und auch Du,Cleveland.Dr. Wissen Sie, daß Sie sich in Kalifornien befin<strong>den</strong>?— 255 —


G. Wie bin ich dorthin gekommen?Dr. Vermutlich sind Sie schon einige vierzig <strong>Jahre</strong> tot. In Wirklichkeit stirbtman ja überhaupt nicht; nur der irdische Körper fällt von uns ab, und dieMenschen nennen das "Tod".G. Einen Teil der Zeit bin ich umher gewandert, aber nun habe ich schonlange Zeit ein recht angenehmes Leben gehabt in dem schönen Bett dort.Dr. Ja, und damit haben Sie der Gattin dieses Herrn das Leben vergällt.G. Aber er war doch so gut zu mir, er ist so nett!Dr. Schäme Sie sich <strong>den</strong>n gar nicht — aus einem armen Menschenkinde eineKranke gemacht zu haben?G. David, willst Du mich mitnehmen?Dr. Jetzt müssen Sie aber gehen!G. Ich gehe schon. (Erhebt sich.)Dr. Auf diese Weise können Sie aber nicht gehen.G. Wie um alles in der Welt, kann ich <strong>den</strong>n gehen? Dies Indianer-Mädchenwird mich doch nicht wegbringen, nicht wahr?Dr. Sie wird Sie wunderbare Wahrheiten lehren.G. Aber sie lacht mich aus.Dr. Nun <strong>den</strong>ken Sie sich nur zu Ihren Verwandten hin, dann wer<strong>den</strong> Sie auchgleich <strong>bei</strong> ihnen sein.G. Jetzt will ich gehen; werde ich Gott schauen?Dr. Vergessen Sie das; Sie haben gar keinen richtigen Begriff von Gott.G. Leben Sie wohl!—Hiernach erlangte Frau I. ihre Kräfte wieder und konnte bald wieder umhergehen und fahren.*— 256 —


WaisenVerschie<strong>den</strong>tlich sind uns, zur Hilfeleistung an ihnen, Geister zugeführt wor<strong>den</strong>,die im Er<strong>den</strong>leben als Waisen gar keine Familienbande kennen gelernt hatten.Diese waren gewöhnlich sehr wißbegierig und gern bereit, Belehrung über dashöhere Leben anzunehmen.So kam eines Abends der Geist eines verlassenen Waisenkindes zu uns, ein vereinsamtesWesen, doch ehrerbietig, aufmerksam und eifrig nach Aufklärungverlangend.— — —Sitzung vom 25. Mai 1921Geist: Minnie von der TreppeDoktor: Wo kommen Sie her?Geist: Das weiß ich nicht.Dr. Was treiben Sie <strong>den</strong>n?G. Das weiß ich auch nicht.Dr. Sollten Sie das nicht doch herausbekommen können?G. Was <strong>den</strong>n?Dr. Wo Sie sind und wo Sie herkommen.G. Ich weiß es nicht.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Tot? Ich weiß nicht. Ich weiß gar nichts.Dr. Ist <strong>den</strong>n nicht mal jemand zu Ihnen gekommen, der Sie darauf hingewiesenhätte, daß Sie Ihren Körper verloren haben?G. Nein, ich bin überall umhergegangen und habe geredet.Dr. Mit wem <strong>den</strong>n?G. Mit jedem, mit dem ich re<strong>den</strong> konnte. Aber aus irgendeinem Grundescheint mir keiner Beachtung zu schenken. Ich gehe manchmal in einegroße Versammlung und <strong>den</strong>ke, ich werde alle aufmerksam machen;manchmal steige ich auch auf die Rednerbühne und fange an, die Menschenzu fragen, was <strong>den</strong>n eigentlich mit mir los ist; aber es ist gerade so,als ob ich ein "Nichts" bin; ich <strong>den</strong>ke aber doch, daß ich jemand bin. Ichglaube, ich bin kein schlechter Mensch, doch niemand will etwas mit mirzu tun haben.Dr. Woran können Sie sich aus der Zeit davor erinnern?G. Vor dieser Zeit? Da war ich Jemand. Aber jetzt bin ich anscheinend einNiemand.Dr. Wo wohnten Sie, als Sie noch ein Jemand waren?G. Immer am selben Ort. Manchmal werde ich so müde, dann gehe ich undlege mich hin und schlafe, schlafe; und wenn ich dann geschlafen habe,mache ich mich, scheints, wieder auf und gehe umher. Manchmal gehe ichimmer im Kreise herum und komme gar nicht von der Stelle.— 257 —


Dr. Ist <strong>den</strong>n niemals jemand zu ihnen gekommen?G. Ich sehe Leute, doch die meinen, ich wäre nichts. Sie nehmen keine Notizvon mir und <strong>den</strong>ken auch nicht an mich. Oft fühle ich mich unglücklich,manchmal auch nicht.Dr. Wo ist Ihre Mutter?G. Das weiß ich nicht. — Manchmal bekomme ich Hunger, und manchmalhungert mich so sehr, daß ich Leute anbettele. Mit<strong>unter</strong> bekomme ichetwas, oft auch nicht. Wenn es mir gelingt, in die Küche zu kommen,kriege ich auch was zu essen; dann esse ich viel und gehe nachher wiederfort, und dann bin ich, scheints, auch wieder draußen.Dr. Wo draußen?G. Überall.Dr. Wenn Sie etwas zu essen bekommen, fühlen Sie sich dann wie jemandanderes?G. Ich kriege Hunger und muß dann doch was zu essen haben.Dr. Wo kriegen Sie <strong>den</strong>n was zu essen?G. Das ist das Spaßigste <strong>bei</strong> der Sache. Immer bezahlt ein anderer die Rechnung,und ich brauche nichts zu bezahlen — das ist das Allerspaßigste. Ichbezahle nie etwas.Manchmal bekomme ich nicht das, was ich gern haben möchte, muß esaber essen. Mit<strong>unter</strong> ist mir nach dem Essen so schlecht, daß ich richtigkrank bin. Wenn mir etwas nicht schmeckt, schneide ich Gesichter. Manchmalesse ich eine ganze Menge und dann wieder nur wenig.Mit<strong>unter</strong> bin ich ein Mann und dann wieder ein Mädchen. (Indem sie verschie<strong>den</strong>ePersonen besessen macht.) Ich weiß gar nicht, was mit mir losist. Weshalb ist alles so seltsam? Ich kenne mich selbst nicht mehr.Ich gehe umher und wandere, und möchte gern, daß die Leute mit mirre<strong>den</strong>. Aber immer muß ich re<strong>den</strong>, und höre auch immer nur mich selberre<strong>den</strong>. Mit<strong>unter</strong> komme ich irgendwo hin, wo andere sprechen, ich kannmich dann hinsetzen und fühle mich manchmal — ach, ich weiß gar nicht,wie! Ich fühle mich nur als halben Menschen — als ob ich jemand andereswäre.Dr. Wie alt sind Sie?G. Wie alt ich bin? Das weiß ich nicht.Dr. Wissen Sie gar nicht, wie alt Sie sind?G. An meinem letzten Geburtstag war ich neunzehn.Dr. Haben Sie noch einen Vater, eine Mutter oder Schwester?G. Nein.Dr. Wo lebten Ihre Eltern?G. Ich habe weder Vater noch Mutter gekannt.Dr. Wo haben Sie <strong>den</strong>n gelebt?G. Ich weiß nicht, ob Vater und Mutter tot sind, oder wo sie sind. Das habe ichnie erfahren.Dr. Lebten Sie in einer Anstalt?G. Ich bin in einem Heim erzogen, zusammen mit vielen andern Kindern.— 258 —


Dr. Haben Sie von <strong>den</strong> Kindern viele gekannt?G. Es waren sehr viele da.Dr. An welchem Orte war es?G. Ich weiß es nicht genau. Es ist alles so seltsam. Was ist eigentlich los? Ichfühle mich so eigenartig.Dr. Es muß schon eine sonderbare Lage sein.G. Dies ist das erste Mal, daß überhaupt jemand mit mir spricht. Ich kam hierher, als Sie von dem wundervollen Gestade sangen. Ich dachte <strong>bei</strong> mir, damöchte ich auch mal hin, und sah mich gerade darnach um, wo es wohlsein könnteDr. Wir wollen Ihnen helfen, dies herrliche Gestade zu erreichen.G. Und ehe ich mich's versah, konnte ich re<strong>den</strong>, und Sie sprachen mit mir.(Indem sie vom Medium Besitz nahm.) Ich kann bloß sagen — schon ewiglange hat niemand richtig mit mir gesprochen, und wenn ich jemandansprach, antwortete mir immer ein anderer.Ich habe anscheinend überhaupt nicht mehr mitzure<strong>den</strong>. Keiner hörte nachmir hin, wenn ich was sagte. Das ist das Merkwürdigste von allem. Das istdoch sehr komisch. — Aus dem Hause, wo ich ar<strong>bei</strong>tete, habe ich michdavon gemacht, weil man so schrecklich gemein zu mir war.Dr. Was hat man Ihnen <strong>den</strong>n getan? Hat man Sie geschlagen?G. Das gerade nicht, ich ar<strong>bei</strong>tete irgendwo <strong>bei</strong> einer Familie. Im Waisenhaushatte ich immer großen Hunger und habe mich natürlich auch nicht immerso benommen, wie ich es sollte. Da kam eine Dame und sagte, sie wolltemich aus dem Heim herausnehmen. Ich wollte, Sie hätte es nicht getan.Im Heim war es ganz nett. Natürlich hatten wir dort kein leichtes Leben,aber es ist schließlich doch besser, als wenn man in einem fort nur gescholtenwird. Es gab im Heim sehr vieles, was uns gar nicht paßte, aber wir hattendoch auch wieder gute Tage.Diese Frau nahm mich also mit, und sagte mir gleich als erstes, ich müssevon morgens bis abends die Bibel lesen. Davon wurde ich ganz krank undbekam die Bibel gründlich satt.Dann mußte ich auch beten; meine Knie wur<strong>den</strong> ganz wund, so daß ichkaum gehen konnte. Ich mußte nämlich die ganze Zeit über, während ichlas und betete, auf <strong>den</strong> Knien liegen. Sie verlangte von mir, ich sollte auf<strong>den</strong> Knien rutschen, anstatt auf <strong>den</strong> Füßen zu gehen.Sie gab sich alle Mühe, mich zu retten. Sie meinte, ich wäre nie ein bravesMädchen gewesen, und wenn ich nicht täte, was sie sagte, würde ich aneinen sehr heißen Ort (Hölle) kommen. — Im Heim beteten wir auch, unddie Anstaltsmutter war furchtbar nett. Wir beteten und glaubten an Gott.Als die Frau mich zu sich nahm, war ich vierzehn <strong>Jahre</strong> alt. Das war meinUnglückstag. Ich mußte ar<strong>bei</strong>ten und schaffen, und verdiente etwas, abersie schalt mich und sagte, ich täte nicht nach ihrem Willen. Und immerzubeten und Bibel lesen. Ich fand aber keinen Gefallen daran, ich betete nicht.Ich mußte immer hinknien, doch von dem, was sie sagte, nahm ich nichtsin mich auf, weil mir meine Knie so weh taten. Sie wurde furchtbar— 259 —


wütend, wenn ich mich hinsetzte und riß mich an <strong>den</strong> Haaren. Sie hatte einKissen <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Knien, und so konnte sie es stun<strong>den</strong>lang aushalten. Siemeinte, ich wäre eine Sünderin, weil ich müde wurde.Ist man <strong>den</strong>n ein Sünder, wenn man nicht so lange knien kann? Ich warnoch ganz unerfahren, aber ich dachte oft, wirklich und wahrhaftig, —sagen Sie es aber niemandem (vertraulich flüsternd) —‚ ich dachte, derliebe Gott wird es wohl furchtbar satt kriegen, das immerzu mit anzuhören!Ich war oft so müde, daß ich da<strong>bei</strong> einschlief. Dann zog sie mich am Haarund haute mir eine r<strong>unter</strong>. Sie betete zwar zu Gott, aber ihr Tun war rechtböse. Sie sagte, wenn ich nicht gut wäre, wird mich der Teufel holen. Da<strong>bei</strong>dachte ich oft, sie ist doch selber ein richtiger Teufel.Wenn ich über dem langen Knien einschlief, dann kam sie und betete:"<strong>Liebe</strong>r Gott, hilf mir heraus aus diesem Elend! Du weißt doch, lieber Gott,wie ich Dich liebe!"Zuerst betete sie immer für sich, dann für ihre Schwester, ihre Mutter, ihrenBruder und für ihre Freunde, und zuletzt auch für Minnie. Meinen andernNamen wußte ja niemand.Ich habe keine Ahnung, wer <strong>den</strong>n eigentlich mein Vater und meine Mutterwaren. Ich habe das nie erfahren. So erfuhr ich also nie etwas über meineHerkunft; man erzählte sich nur, man hätte mich auf der Treppe gefun<strong>den</strong>.Darum nannten sie mich oft "Minnie von der Treppe". Ich wurde dann sehrböse auf sie. Man hätte mich doch auf der Treppe gefun<strong>den</strong>, sagten siedann. Man gab mir <strong>den</strong> Namen "Minnie".Dr. Machen Sie sich mal klar, daß Sie Ihren Körper verloren haben und jetztein Geist sind.G. Was ist das? Ich bin doch ein Mädchen.Dr. Sie wandern als Geist umher.G. Wie meinen Sie das?Dr. Sie haben Ihren irdischen Körper verloren.G. Bin ich <strong>den</strong>n gestorben? Ich habe allerdings schon lange kein Geschirrmehr gewaschen. Auch hat mich schon lange keiner mehr am Haar gezogen.Ich lief fort, weil die Dame so gemein zu mir war. Ich bin ihr davongelaufen.Dann hatte ich so wenig zu essen. Ich rannte weg und war sohungrig, und Geld hatte ich keins.Dr. Was geschah darnach?G. Ich lief weit, weit weg und verirrte mich. Ich war sehr hungrig und legtemich schlafen. Es wurde so dunkel, und ich war tief im Walde. Ich mußtein die Wälder laufen, damit man mich nicht fin<strong>den</strong> sollte. Ich lief und lief,und dachte, ich würde schon jeman<strong>den</strong> fin<strong>den</strong> der mir etwas zu essen gäbe.In das erste Haus ging ich nicht. Ich ging hungrig vor<strong>bei</strong> und wanderteeinen ganzen Tag und eine Nacht; und wie es schien, gab es überall weiternichts als große Bäume und Wald. Dann legte ich mich schlafen und weißvon diesem Tage nichts weiter. (Sie starb.)Am nächsten Tage fühlte ich mich wohler, machte mich wieder auf <strong>den</strong>Weg und kam in die Stadt. Ich ging immer und immer weiter und sah eine— 260 —


Menge Leute, aber sie beachteten mich nicht. Ich wurde hungrig und da sahich, wie eine Frau in ein Restaurant ging; ich ging mit, und wir aßen zuMittag. Die Frau aß alles auf, und ich bekam nur wenig. Sie sprach auchnicht mit mir. Dann ging ich wieder hinaus und lief immer weiter; nacheiniger Zeit sah ich jemand anders in ein Gasthaus gehen — auch andereLeute. Wir aßen, aber nur die anderen bezahlten.Dr. Wissen Sie, was Sie getan haben?G. Nein.Dr. Sie haben andere Menschen besessen gemacht. Als Geist haben Sie sich aneinen Menschen angeschlossen und versucht, durch ihn Ihren Hunger zustillen. Ihren irdischen Körper haben Sie wahrscheinlich dort im Waldeverloren.G. Ich war so durstig, feste Nahrung vermißte ich weniger; aber mir war, alsob mir alles im Halse eintrocknete. Ich hätte ein ganzes Faß Wasser austrinken können.Dr. Es war Ihnen eben nicht bewußt gewor<strong>den</strong>, daß Sie Ihren Körper verlorenhatten; und so trugen Sie Ihre letzten irdischen Empfindungen noch mitsich herum.G. Habe ich meinen Körper wirklich verloren? Wann war das? Kennen Siemich <strong>den</strong>n nicht? Wie bin ich hierher gekommen?Dr. Wir können Sie nicht sehen.G. Können Sie <strong>den</strong>n meine Bekannten sehen?Dr. Nein.G. Können Sie mich auch nicht sehen?Dr. Nein.G. Was ist <strong>den</strong>n eigentlich mit mir los?Dr. Sie sind als Geist für uns unsichtbar.G. Hören Sie mich <strong>den</strong>n re<strong>den</strong>?Dr. Ja.G. Sie hören mich sprechen, können mich aber nicht sehen?Dr. Sie sprechen nicht durch Ihren eigenen Körper.G. Nein.Dr. Sehen Sie sich doch mal Ihre Hände an. Erkennen Sie die?G. Nein.Dr. Kennen Sie dieses Kleid?G. So eins habe ich mein Lebtag nicht gehabt.Dr. Sie benutzen eben <strong>den</strong> Körper eines anderen Menschen.G. Dann hat mir vermutlich jemand ein Kleid geschenkt. Ich habe ja aucheinen Ring.Dr. Weder der Ring noch die Hand gehören Ihnen.G. Ich fange an, wieder schläfrig zu wer<strong>den</strong>.Dr. Es wurde Ihnen gestattet, hierher zu kommen und diesen Körper zu benutzen,damit Sie sich mit uns verständigen könnten.G. Oh! Sehen Sie doch da!Dr. Was sehen Sie <strong>den</strong>n?— 261 —


G. Ich weiß es selber nicht. Da ist eine Dame und sie weint (Geist.)Dr. Fragen Sie sie doch, wer sie ist.G. (Nachdem sie mit Erstaunen zugehört.) O nein! O nein!Dr. Was sagt sie?G. Weint doch nicht so sehr, liebe Frau. Ich sehe nicht gern weinende Gesichterund, wenn sie so weint, fange ich auch noch an zu weinen.Dr. Was sagt sie <strong>den</strong>n?G. Sie sagt, ich sei ihr Kind. Es tat ihr vermutlich leid, daß sie mich verlassenhat. Ob sie wirklich meine richtige Mutter ist? Sie sagt: "O mein teuresKind!" Sie sagt, sie hätte mit allen Kräften nach mir gesucht, hätte michaber nicht fin<strong>den</strong> können und nicht gewußt, was sie tun sollte.Dr. Sie sind alle <strong>bei</strong>de Geister und wer<strong>den</strong> hier höhere Geister fin<strong>den</strong>, die Ihnenhelfen wer<strong>den</strong>.G. Sie sagt, sie wäre ein braves Mädchen gewesen, aber ein Mann habe sie inSchande gebracht. Sie sei auch in die Kirche gegangen, und der Mann habesie auch heiraten wollen. Er ging aber auf und davon und ließ sie sitzen,nachdem er sie in Unehre gebracht hatte, und sie hatte keinen Menschen,der ihr helfen konnte. Sie war so krank; sie fühlte sich so elend und deshalblegte sie mich auf die Treppe von jenem großen Heim. Seit der Zeit wäresie nie wieder glücklich gewesen. Dann ist sie krank gewor<strong>den</strong> und gestorben.Dr. Machen Sie ihr begreiflich, daß sie, ebenso wie Sie, ein Geist ist. Sie wer<strong>den</strong>hier höhere Geister fin<strong>den</strong>, die Ihnen helfen wer<strong>den</strong>.G. <strong>Liebe</strong> Mutter! Ich möchte <strong>bei</strong> Dir sein. Ich vergebe Dir, Mutter! Weinenicht. Ich habe nie eine Mutter gehabt, und Du willst jetzt meine Muttersein. — Sie sagt, sie habe lange nach mir gesucht, und eben sagte jemand,man habe uns hierher gebracht, damit wir uns treffen könnten. Sie sagt:Man hat mir gesagt, ich würde hier mein Kind fin<strong>den</strong>. Und nun hat siemich gefun<strong>den</strong>, nicht wahr? Darf ich vor Freude weinen? Ich täte es gerne.Ich bin so glücklich, daß ich jetzt eine Mutter habe.Dr. Sie wer<strong>den</strong> alle <strong>bei</strong>de ein Heim in der Geisterwelt fin<strong>den</strong>.G. Sie sagt, mein Name wäre Gladys, w sie hieße Clara Watsman.Dr. Wo hat sie gelebt?G. Sie sagt in St. Louis.Dr. Sie wer<strong>den</strong> hier noch andere Geister fin<strong>den</strong>, die Sie in die Geisterwelt bringenwer<strong>den</strong>.G. Was ist das? Oh, hier kommt ein kleines Indianermädchen! (Geist.) Sie istein niedliches kleines Mädchen.Dr. Sie wird Sie <strong>bei</strong>de viele wundervolle Dinge lehren.G. Oh, ich möchte nicht, daß Du so alt aussiehst, Mutter! Vor einer kleinenWeile sah sie doch noch ganz jung aus.Dr. Das geht alles wieder vorüber; das kommt nur von der innerlichen Betrübnis.G. Das kleine Indianermädchen, Silberstern, legte ihr die Hand auf <strong>den</strong> Kopfund sagte: "Denk Dich jung und Du wirst jung sein". — Und sie ist es! Sie— 262 —


ist es! Sie soll sich jung <strong>den</strong>ken und wird jung wer<strong>den</strong>, sagt sie. Jetzt gehenwir mit ihr. Vergessen Sie nicht — mein Name ist Gladys. Das ist hübscherals "Minnie von der Treppe". — Gehen wir in <strong>den</strong> Himmel zum liebenGott?Dr. Sie gehen jetzt in die Geisterwelt und wer<strong>den</strong> dort Verständnis für allehöheren Dinge des Lebens erlangen.G. Die böse Frau sagte immer: "Gott ist Geist, Gott ist <strong>Liebe</strong>, Gott ist überall".Silberstern sagt, wir sollten uns <strong>bei</strong> dem Doktor bedanken. — Bei welchemDoktor?Dr. Doktor Wickland! Sie haben vom Körper meiner Frau Besitz genommenund sprechen durch diesen.G. Meine Mutter ist jetzt jung und hübsch. "Denke Dich jung, und Du wirst essein", hat Silberstern gesagt, darf ich hier mal wieder herkommen?Dr. Gewiß, von mir aus gern.G. Denken Sie nicht an mich als "Minnie von der Treppe", wollen Sie dasbitte tun? Ge<strong>den</strong>ken Sie meiner als "Gladys Watsman"! Ich danke Ihnenallen. Jetzt bin ich doch wieder Jemand, ich habe einen Namen erhalten.Das ist viel wert. Möchten Sie nicht mein Großvater sein?Dr. Das wäre wohl möglich.G. Ich danke Ihnen allen, daß Sie solche Geduld mit mir gehabt haben. LebenSie wohl!Minnie von der Treppe wurde eine eifrige Helferin an heimatlosen Wandergeistern.Sie brachte davon eine ganze Anzahl in unsern Zirkel zwecks Belehrungund Aufklärung, <strong>den</strong> ersten bereits wenige Wochen, nachdem sie selber aufgeklärtwor<strong>den</strong> war.— — —Sitzung vom 13. Juli 1921Geist: Anna MaryDoktor: Guten Abend! Kennen Sie hier jeman<strong>den</strong>?Geist: Jemand sagte mir, wenn ich hierher käme, würde ich etwas zu essenbekommen.Dr. Sie sind geistig hungrig.G. Ist das was zu Essen?Dr. Nein, ist etwas für Ihren Geist.G. Ich wüßte nicht, daß ich etwas für meinen Geist nötig hätte; ich möchteetwas für meinen Magen haben. Ich habe schon lange nichts zu essengehabt. Ist das nicht seltsam? Sobald Sie mit mir re<strong>den</strong>, bin ich nicht mehrhungrig. Ich war furchtbar hungrig, bin es jetzt aber gar nicht mehr.Dr. Was treiben Sie?G. Gar nichts. Aber ich habe das Nichtstun jetzt so satt, daß ich gar nicht weiß,was ich anfangen soll. Es ist höchst langweilig, wenn man so gar nichts zutun hat — wenn man gar kein Lebensziel hat. Man weiß nicht, was man mit— 263 —


sich anfangen soll. Ich möchte etwas zu tun haben, man wird so nervös,wenn man nichts tut.Ich weiß nicht, was ich mit mir anfangen soll. Ich möchte hierhin und dorthin, überall hin; und wenn ich glücklich dort bin, möchte ich wiederanderswo sein. Dies Suchen nach Beschäftigung habe ich ja so über. DerWeg ist immer auf der andern Seite besser.Dr. Wie heißen Sie?G. Man rief mich Mary, aber mein wirklicher Name ist Anna Mary. Einigeriefen mich Mary und andere nannten mich Anna.Dr. Wo lebten Ihr Vater und Ihre Mutter?G. Ich kenne weder meinen Vater noch meine Mutter.Dr. Wie alt sind Sie?G. Ich weiß es nicht.Dr. Waren Sie jemals in Kalifornien?G. Nein, noch nie in meinem ganzen Leben. So weit bin ich nie gekommen,ich hatte auch kein Geld zum Reisen. Wir hatten heiße Sommer und kalteWinter.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n hierher gekommen?G. Ja, wer weiß, wie ich hergekommen bin?Dr. Wer hat Sie <strong>den</strong>n hergebracht?G. Minnie von der Treppe.Dr. Ist sie mit hier?G. Ja.Dr. Lebten Sie <strong>bei</strong>de am selben Orte?G. Ja.Dr. Ist es Ihnen ganz ebenso ergangen wie der Minnie von der Treppe?G. Sie war ein nettes kleines Mädel. Ich bin von dort weggelaufen. Ich wolltedie Welt sehen. Das war nichts für mich, immer nur an ein und demselbenOrt zu bleiben.Ich war in einem Heim, wo viele Kinder waren, und Minnie war auch da;dort waren wir zuhause. Ich hatte schrecklich schwere Ar<strong>bei</strong>t und mußtescheuern und immer wieder scheuern und Wasser schleppen; das bekamich satt und lief deshalb fort. Es hieß immer, ich sei dumm, aber ich hieltmich selbst nicht dafür.Dr. Fragen Sie Minnie doch mal, ob sie Sie hergebracht hat.G. Sie sagt ja, sie hat nach mir gesucht, mich gefun<strong>den</strong> und mich dann hierhergebracht. Sie sagt, sie hätte ein Heim. (Mit Erstaunen blickend.) Um allesin der Welt! Ich habe noch nie solch einen schönen Ort gesehen! Sehen Siedoch nur dies Haus, es ist Minni's Heim! Es ist wundervoll! Sie sagt, esgehöre ihr. — Oh, um alles im Himmel!Dr.Fragen Sie sie, wie sie dazu gekommen ist.G. (Zu Minnie von der Treppe.) Wie bist Du dazu gekommen? Sie sagt, daßSie (Dr. W.) und Sie und Sie und Sie (auf die Anwesen<strong>den</strong> zeigend) ihrdazu verholfen hätten. Sie sagt, ihr Haus solle dazu dienen, alle Kinder, die— 264 —


sie aus dem Heim her kennt und die sie ausfindig machen kann, aufzunehmen.Sie ist glücklich. Ich wußte gar nicht, daß sie mich gern hatte, weil sieetwas besser war als ich. Um des Himmels Willen, ist das ein schönesHeim!Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n gestorben?G. Ich bin nicht tot. Hören Sie mich nicht sprechen? Oh, da ist Mary Bloomund Charlie Hoffmann! Ich mag Charlie Hoffmann nicht! Er war so eingebildet.Sie neckten mich immer. Er holte immer andere Jungs, und dannjagten sie mich umher; sie meinten, ich wäre ein Pferd. Sie rissen michimmer an <strong>den</strong> Haaren. Sie taten mir immer weh, diese Jungs, und CharlieHoffmann holte sie her<strong>bei</strong>. Sie nannten mich immer Flachskopf, aber wennich böse wurde, kriegten sie Angst. Dann liefen sie fort, und ich hinterihnen her. Dann kam die Anstaltsmutter. Sie packte mich fest und zerrtemich tüchtig an <strong>den</strong> Haaren. Sie war furchtbar wütend, wenn sie mich wiederzurückbrachten.Mary Bloom und ich haben immer zusammen gescheuert. — Sie sagt, siebraucht jetzt nicht mehr zu scheuern. Mary Bloom ist in Minnie's Heim.Esther Bloom, Mary's Schwester ist auch da. Minnie meint, ich müßte jetztaber ein braves Mädel sein, dann würde sie auch nach mir sehen. Ich werdeein angenehmes Heim haben und auch was zu tun bekommen.Dr. Wissen Sie, wer Ihre Mutter gewesen ist?G. Mir wurde immer gesagt meine Mutter sei eine vornehme Dame. Ich weiß,daß sie in einem vornehmen Hause lebte, doch mochte sie mich nicht, weilich närrisch war.Dr. Schämte sie sich Ihrer?G. Sie beachtete mich überhaupt nicht. Man sagte, sie war wunderschön.Dr. Möchten Sie mit Minnie von der Treppe gehen?G. Sie ist jetzt eine Dame! Sie sieht nicht mehr so aus wie früher. Sie ist jetztwunderschön.Dr. Was sagt sie?G. Sie sagt, ich müsse begreifen, daß ich jetzt in der Geisterwelt sei. — Oh,sehen Sie doch die schöne Dame dort!Dr. Was sagt diese?G. Sie sagt, sie habe ein Heim, in welchem sie kleine Heimatlose aus der Geisterweltbehüte und sie gleichzeitig über die höhere göttliche Wahrheit<strong>unter</strong>richte. — Sie ist schön — wunderschön! Solch hübsches weißes Haar!Es ist so weiß wie Silber, und wenn sie lächelt, ist es wie Sonnenschein.Nun sagt sie: "Komm mit mir, mein liebes Kind. Du hast in Deinem Er<strong>den</strong>lebenkein Glück gehabt, aber Du wirst es jetzt im geistigen Leben <strong>bei</strong> mirhaben. Siehe, ich hole mir lauter kleine Kinder zusammen, wie Dich, undbelehre sie über <strong>den</strong> wahren Sinn und Zweck des Lebens.Dr. Fragen Sie die Dame mal nach ihrem Namen.G. Sie sagt, ihr Name ist Abbie Judson. Meine Dame, Sie wer<strong>den</strong> mich dochnicht dumm nennen, nicht wahr? Wollen Sie meine Mutter sein? Darf ichSie Mutter nennen? Ich habe nie eine Mutter gehabt.— 265 —


Wollen Sie mich einmal in Ihre Arme nehmen und mich lieb haben, damitich fühlen lerne, was Mutterliebe ist? Wollen Sie mir einen mütterlichenKuß geben? Wollen Sie das? Ich weiß ja gar nicht, wie das ist.Sie sagt: "Ja, Kind, ich will Deine Mutter sein. Ich will Dich behüten undDich leiten. Du wirst ein Heim <strong>bei</strong> mir fin<strong>den</strong> in dem wunderschönenLande im Jenseits."Sie küßt mich! Ist sie nicht lieblich! Bitte, meine Dame, streicheln Sie michnoch ein wenig. Gottlob, nun bin ich glücklich, <strong>den</strong>n ich habe eine Muttergefun<strong>den</strong>! Ich werde mich bemühen, gut zu ihr zu sein, dann wird sie mireine Mutter sein. Ich habe <strong>den</strong> lieben Gott schon so oft um eine Muttergebeten, und jetzt habe ich eine.(Zu einem Unsichtbaren.) Bitte, willst Du mir vergeben, daß ich Dich einmalgeschlagen habe? Es tut mir leid, daß ich Dich gestoßen habe, aber ichwar so wütend auf Dich. — Ich bin so froh, daß Minnie von der Treppemich hierher gebracht hat, weil ich nun eine Mutter habe.Dr. Jetzt wer<strong>den</strong> Sie in die Geisterwelt gehen, wo der Himmel Glückseligkeitbedeutet und wo überall Harmonie herrscht. Himmel ist ein Gemütszustand.G. Die Dame sagt, ich müsse jetzt mit ihr gehen.Dr. Wir kennen die Dame, von der Sie sprechen. Sie hat auch schon andere zurHilfeleistung zu uns gebracht. In ihrem Er<strong>den</strong>leben war sie Lehrerin.G. Sie sagt, sie hätte ein wundervolles Heim. Nicht ein Heim im irdischenSinne, sondern eine Stätte, wo wir belehrt wer<strong>den</strong>, Gott zu preisen in jeglicherWeise.Dr. Denken Sie sich zu jener Dame hin, dann wer<strong>den</strong> Sie auch sogleich vondiesem Körper loskommen.G. Gloria-Halleluja! — Minnie meint, wenn ich zu jener Dame käme, dürfteich diese Worte nicht gebrauchen, <strong>den</strong>n sie wären töricht. Aber das ist someine Art zu sprechen, wenn ich froh und glücklich bin.Mary Bloom und Minnie sagen, ich solle Ihnen danken dafür, daß Sie michbelehrt und mir geraten haben, mit ihnen zu gehen. Sie können mich auchAnna Mary nennen.Wird meine neue Mutter sich meiner auch nicht schämen? Ich kann nichtlesen, weil ich nie Zeit zum lernen gehabt habe. Die große Anstalt, in derich war, gab mich zu einer Dame, und diese ließ mich sehr angestrengtar<strong>bei</strong>ten. Ich wurde krank und hatte einen bösen Husten, mußte aber trotzdemweiter schwer ar<strong>bei</strong>ten. Dadurch wurde ich ganz furchtbar krank underinnere mich darnach an nichts mehr.Ich danke Ihnen, daß Sie mir geholfen haben. Leben Sie wohl!— — —Wir stellten uns schon eine Zeitlang gedanklich auf ein kleines Mädchen ein,mit Namen R.G., das für seelische Beeinflussung sehr empfänglich war undständig von Geistern geplagt wurde.— 266 —


Während der Wochen, die der folgen<strong>den</strong> Sitzung vorangingen, war das Kindsehr ungehorsam, es zeigte eine starke Abneigung gegen seine Rechenaufgabenund war besonders ungezogen, wenn es in die Stadt in die Kauflä<strong>den</strong> mitgenommenwurde.Die Mutter, welche wußte, daß ein Geist das Kind besessen machte, hatte demMädchen schon verschie<strong>den</strong>e Male mit ausgezeichnetem Erfolge einen kaltenWasserguß gegeben.— — —Sitzung vom 2. August 1922Geist: Li1y. — Patientin: R.G.Der sich kundgebende Geist stampfte wütend mit <strong>den</strong> Füßen und sprach ärgerlichmit erregter Kinderstimme.Geist: Nein, fassen Sie mich nicht an! Nein, nein! Ich mag Ihre Hände nicht anmir haben. Ich kann Sie nicht lei<strong>den</strong>! Sie haben soviel Feuer. Ich fürchtemich vor dem Feuer! (Elektrische Behandlung der Patientin.)Doktor: Sag uns, wer Du bist.G. Ich weiß es nicht.Dr. Wo kommst Du <strong>den</strong>n her? Du mußt doch von irgendwo hergekommensein. — Bezahlst Du etwas für Deine Verpflegung?G. Ich zahle nichts dafür, aber ich bekomme immer etwas zu essen. Ich habekein Geld.Dr. Wer bist Du <strong>den</strong>n eigentlich?G. Ich sagte doch schon, ich weiß es nicht.Dr. Rief Deine Mutter Dich Jim?G. Ich bin kein Junge! — Können Sie das nicht sehen? Ich will das Feuernicht mehr auf meinen Rücken — nein, ich will es nicht! (Stampft mit <strong>den</strong>Füßen.)Dr. Hast Du Dich schon immer so rüpelhaft benommen?G. Weshalb haben Sie mich von dort fortgeholt, wo ich war? Ich weiß jetztnicht, wo ich hin soll. Sie haben mich da fortgejagt durch Feuer, Feuer,Feuer! (Mit <strong>den</strong> Füßen stampfend.) Ich möchte <strong>bei</strong> dem kleinen Mädchenbleiben (Zeigt auf G.R.) Sie gehört zu mir!Dr. Wie kommst Du dazu, dies kleine Mädchen zu quälen? Sie gehört doch garnicht zu Dir, sie ist nicht mit Dir verwandt.G. (Weinend.) Ich will sie aber habenDr. Wo kommst Du <strong>den</strong>n her? Kannst Du nicht begreifen, daß Du gestorbenbist?G. Ich will <strong>bei</strong> dem kleinen Mädchen bleiben. Ich will sie haben! Ich will siehaben! (Weinend.) Sie haben mich von ihr weggejagt; Sie — Sie — Siegemeiner Kerl! (Mit <strong>den</strong> Füßen stampfend.)Dr. Ich bin sehr froh darüber. Mit welchem Rechte willst Du <strong>den</strong>n durchaus <strong>bei</strong>dem kleinen Mädchen sein?G. Ich habe kein Heim.— 267 —


Dr. Kannst Du gar nicht begreifen, daß Du ein Geist bist? Du bist für unsunsichtbar!G. Ich bin so gern in dem Auto gefahren. Wir haben solch schöne Zeiten verlebt.Dr. Du wirst nie wieder in dem Auto fahren. Du kommst jetzt in die Geisterweit.G. (Zur Mutter der R.G.) Ich mag Sie nicht! Sie haben mich ins Wassergesteckt. Sie häßliches böses Mensch! Ich fahr gern im Auto, habe aber garkeine Lust in jedes Warenhaus zu gehen. Ich bin außer mir. Ich will wiederzu dem kleinen Mädchen! Ich will sie haben! Ich habe mich in diesemgroßen Warenhaus nur verlaufen, als Sie mit uns dort hinein gingen. Siehatten doch dort gar nichts zu besorgen!Dr. Du hast doch aber kein Recht, andere Menschen zu quälen und zu belästigen.Du bist sehr selbstsüchtig!G. Ich habe Feuer auf meinen Rücken bekommen.Dr. Du wirst gleich noch mehr kriegen, wenn Du Dich nicht anständigbenimmst.G. Schämen Sie sich nicht, einem kleinen Mädchen so viel Feuer zu geben?Dr. Gerade das hast Du sehr nötig gehabt.G. Sie haben mir soviel gegeben, daß mir der Rücken jetzt noch brennt. Ichhabe eine or<strong>den</strong>tliche Wut auf Sie! (Zu Frau G.) Sie haben mich ins Wassergeschickt. Ich war schön böse auf Sie! Ich mag Wasser gar nicht. Und indem Warenhause hat sie mich bald hierhin bald dorthin geschleppt.Dr. Du wirst das kleine Mädchen nie wieder belästigen. — Wie heißt Du?G. Mein Name ist Lily. Ich bin eine weiße Lilie.Dr. Du darfst doch nicht so selbstsüchtig sein, sonst findest Du ja auch keinHeim in der Geisterwelt.Frau G.: Wo hast Du eigentlich meine kleine Tochter gefun<strong>den</strong>?G. Ich habe das kleine Mädchen gesehen und mich an sie herangemacht. Wirhaben so vergnügte Zeiten miteinander verlebt. Sie hatte doch so vielSachen, womit wir spielen konnten.Dr. Du mußt Dir jetzt klarmachen, daß Du keinen irdischen Körper mehr hast.Weißt Du überhaupt, daß Du in Kalifornien bist?G. Ich weiß gar nichts.Dr. Was hatte <strong>den</strong>n Dein Vater für einen Beruf?G. Ich habe über meinen Vater überhaupt nicht viel erfahren.Dr. Wo ist <strong>den</strong>n Deine Mutter?G. Ich weiß es nicht. Ich bin davongelaufen, als Mutter mich gehauen hatte.Ich wurde so wütend auf meine Mutter und rannte weg. Da brachten Vaterund Mutter mich in ein Haus, wo noch viele andere Kinder waren; aber ichlief auch von da weg. Man tat mich in ein ganz großes Haus; dort waren sieganz gemein zu mir, und ich war es auch. Sie neckten mich immerzu, undich wurde so böse auf sie. Schließlich habe ich mich mit ihnen geprügelt,und dann bin ich fortgelaufen.Dr. Wo bist Du hingelaufen, als Du ausrücktest?— 268 —


G. Ich fiel hin und kann mich an nichts mehr erinnern, was dann weitergeschah. (Starb.) Manchmal ist mir so, als ob ich ein ganz kleines Mädelwäre, doch war es verschie<strong>den</strong>. Ich war elf oder zwölf <strong>Jahre</strong> alt, und nacheiner Weile war ich wieder ein ganz kleines Mädchen. Dann ist mir, alswäre ich fünf <strong>Jahre</strong> alt.Dr. Wie rief man Dich, als Du wieder ein kleines Mädchen warst?G. Sie riefen mich R., aber das war nicht mein richtiger Name. Nachdem ichhingefallen war, war es lange Zeit um mich her dunkel, aber dann konnteich plötzlich wieder gehen und mit dem kleinen Mädchen spielen.Dr. Da muß Dir wohl irgendein Unfall zugestoßen sein, als Du davonliefst.Da<strong>bei</strong> hast Du Deinen irdischen Körper verloren und wurdest ein Geist.Wir sehen Dich nicht.G. Ich kann Sie auch nicht sehen.Dr. Du bist ein kleiner Tollkopf.G. Und Sie sind ein richtiges Schreckgespenst! Ich bin ein kleines Mädchenund kann nicht allein für mich sorgen. Lassen Sie meine Hände los!Dr. Ich halte ja gar nicht Deine Hände, ich halte die Hände meiner Frau.G. Ich kann Sie nicht lei<strong>den</strong>!Dr. Du benutzest augenblicklich <strong>den</strong> Körper meiner Frau, aber nur für einekurze Weile. Du bist ein völlig unwissender Geist, hast Dich immer an daskleine Mädchen gehängt, und bist jetzt von ihr getrennt wor<strong>den</strong>.G. Sie ist mein kleines Mädchen.Dr. Nun laß Dir mal von mir etwas sagen. Du kannst kein Heim in der Geisterwelthaben, wenn Du Dich nicht or<strong>den</strong>tlich benimmst. Höhere Geisterhaben Dich hergebracht und Dir gestattet, <strong>den</strong> Körper meiner Frau zubenutzen, damit wir Dir helfen können.Du wirst hier freundliche Geister fin<strong>den</strong>, die Dir helfen und die Wunder dergeistigen Welt zeigen wer<strong>den</strong>. Nur dort wirst Du Zufrie<strong>den</strong>heit und Glückfin<strong>den</strong>, nicht aber, wenn Du Dich noch weiter hier auf dem Er<strong>den</strong>plan herumtreibst.Vor allein aber mußt Du Deinen Eigensinn bekämpfen.G. Wer<strong>den</strong> sie dort auch nicht wieder häßlich zu mir sein? Mich hat jedergeschubst, einer hierhin, der andere dorthin. Die Jungs haben mich so vielgeneckt; dann wurde ich wütend und habe mich mit ihnen geprügelt.Dr. Nun mußt Du mit "Silberstern" gehen, einem kleinen Indianer-Mädchen;sie wird Dir die beste Freundin sein, die Du je gehabt hast. Vergiß, washinter Dir liegt und sei nicht unartig. Dann wirst Du nur Güte und Freundlichkeiterfahren, und niemand wird Dich necken.G. Ich habe immer soviel Schläge bekommen.Dr. Die höheren Geister wer<strong>den</strong> Dir helfen weiterzukommen.G. Oh, da kommt das lustige Gänseblümchen! — "Die lustige Daisy"!Dr. Sieht sie aus, als ob sie Dich ausheißen wollte?G. Nein. Die Jungens haben mich immer "Rotkopf" und "Sommersprößling"genannt, und ich ging dann gewöhnlich auf sie los. Dürfte ich wohl mit derhübschen Dame mitgehen, die dort steht?Dr. Gewiß, und Du wirst auch nie mehr "Feuer" oder "Funken" bekommen.— 269 —


G. Ist das sicher, und re<strong>den</strong> Sie mir da auch nichts vor? Die lustige Daisy sagtmir eben, ich soll mit ihr gehen, und sie würde mich in ein schönes Heimführen. Wird das wohl der Himmel sein? Sie sagt, ich müsse jetzt lernen,Gutes zu tun und gut zu sein, und nachdem ich das gelernt hätte, könnte ichwieder herkommen und diesem kleinen Mädchen helfen. Ich werde ihrdann auch in der Schule helfen.Fr.G. Rechnest Du gerne?G. Ich liebe die Schule überhaupt nicht. Jetzt will ich gehen. Eben sagte manmir, ich käme in eine Schule — ich liebe aber die Schule nicht.Dr. Du kommst in eine ganz andere Schule — in die Lebensschule!G. Kann ich nicht blaue Augen und helles lockiges Haar haben? Ist das nichtmöglich? Ich möchte gerne schön sein.Dr. Schön kannst Du nur dadurch wer<strong>den</strong>, daß Du andern hilfst. Richte DeineGedanken immer nur auf Schönes und tue Gutes, dann wirst Du selbst auchschön. Du gewinnst dann geistige Schönheit. Nun geht nur mit, mit diesenFreun<strong>den</strong>, und wenn Du erst gelernt hast, wie Du ihr dienstbar sein kannst,wirst Du auch der kleinen R. helfen dürfen. Denke Dich bloß hin zu <strong>den</strong>Andern, dann bist Du gleich <strong>bei</strong> ihnen. Nimm Dir aber fest vor, ein ganzneues Leben anzufangen.G. Ich werde diesem kleinen Mädchen helfen. Leben Sie wohl!— — —Eine Woche nach dieser Unterredung mit "Lily kam ein anderer heimatloserWandergeist in unsern Zirkel, ein seltsamer fragelustiger Philosoph, der von derAura der Frau G., der Mutter der kleinen R.G. angezogen wor<strong>den</strong> war.Dieser Geist war eine Waise und hatte Frau G. in ihrer Kindheit gekannt. Siehatte damals eine lebhafte Zuneigung zu ihr entfaltet, und diese <strong>Liebe</strong> hatte sienun als Geist wieder zu Frau G. hingezogen, obgleich sie in der erwachsenenFrau die Freundin ihrer Kindheit nicht wieder erkannt hatte.—Sitzung vom 9. August 1922Geist: Lachende Ella. — Patientin: Frau G.Doktor: Weshalb singen Sie nicht mit?Geist: Ich kenne keinen von <strong>den</strong> Leuten hier, weshalb sollte ich da mitsingen?Dr. Wo kommen Sie her?G. Ich weiß es nicht.Dr. Wir möchten gern etwas mehr über Sie wissen. Ist es nicht eigenartig, daßSie sich hier befin<strong>den</strong>?G. Darüber weiß ich nichts; das werde ich noch herausfin<strong>den</strong> müssen.Dr. Sagen Sie uns doch, wer Sie sind und wie Sie heißen.G. Jemand sagte mir, wenn ich hierher käme, würde ich ein Unterkommenfin<strong>den</strong>.Dr. Das wer<strong>den</strong> Sie ganz gewiß.— 270 —


G. Ich habe schon lange kein Zuhause mehr.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n bisher getrieben?G. Ich bin überall umhergewandert; und geschlafen habe ich, wo ich gerademeinen Kopf hinlegen konnte.Dr. Sind Sie ein Mädchen, ein Mann, eine Frau oder ein Junge?G. Sehen Sie nicht, daß ich ein Mädchen bin?Dr. Wie alt sind Sie?G. Wahrscheinlich — doch bin ich nicht ganz sicher — aber ich <strong>den</strong>ke, ich binsechzehn oder siebzehn.Dr. Wo haben Sie sich <strong>den</strong>n aufgehalten?G. Ich weiß es nicht.Dr. Denken Sie mal nach; vielleicht entsinnen Sie sich.G. Ich war an so vielen Orten, ich hätte gern ein Zuhause.Dr. Haben Sie keinen Vater und keine Mutter?G. Nein.Dr. Wo waren Sie als Kind?G. Ich war immer in einem großen Hause, wo sich viele Kinder befan<strong>den</strong>. Wirwaren alle zusammen. Gewöhnlich prügelten wir uns immer und tobtenherum. Ich glaube, ich habe nie eine Mutter gehabt; ich bin, glaube ich, indiesem großen Hause geboren. Ich war wenigstens dort, solange ich <strong>den</strong>kenkann.Es war ein großes Haus mit vielen Knaben und Mädchen. Die einen warengutartig, andere wieder ruppig, alle verschie<strong>den</strong>. Ich tat alles, was ich nurtun konnte. Ich verrichtete alles, was mir aufgetragen wurde, und sie hattenimmer Ar<strong>bei</strong>t für mich. Ich ar<strong>bei</strong>tete in einem fort, wie eine Maschine. —Es hieß immer: "Jetzt, Ella, hierher und, Ella, dorthin", und nach einemkleinen Weilchen wieder; überall sollte Ella sein. Ich hatte soviele kleineJungs und Mädels zu betreuen, daß ich mir schließlich vorkam, als wäre ichdie Mutter von ihnen allen.Dr. Hatten die Kinder Sie gern?G. Sie waren alle um mich herum, und ich hatte alles für sie zu tun. Das warmeine Ar<strong>bei</strong>t, und ich half ihnen, so gut ich konnte. Aber es war nichtimmer leicht, ein Dutzend kleiner Kinder zu ba<strong>den</strong> und anzuziehen. Siewaren recht laut, so daß ich ihnen oft sagen mußte, sie sollten ruhig sein.Manchmal war es zum verrückt wer<strong>den</strong>. Sie können mir glauben, ichsuchte mein Bestes zu tun, doch wenn sie mir auf die Zehen traten, dannwurde ich ärgerlich.Dr. Wie lange ist das wohl her?G. Das kann noch gar nicht so lange her sein. Wissen Sie, ich hab mich verirrt.Ich wollte nur einen Spaziergang machen und konnte nicht wieder zurückfin<strong>den</strong>.Dr. Was geschah darauf?G. Gar nichts, ich bin nur dauernd umhergelaufen, um mein Kinderheim wiederzu fin<strong>den</strong>.Dr. Haben Sie etwa einen Unfall gehabt?— 271 —


G. Nein; aber ich werde halt solange herumlaufen müssen, bis ich mein Heimwiedergefun<strong>den</strong> habe.Dr. Möchten Sie nicht gern wissen, warum Sie so herumlaufen und nicht nachHause fin<strong>den</strong>?G. Jemand sagte mir, wenn ich hierher käme, würde ich wieder ein Heimhaben, und man schob mich hier herein; und ehe ich mich dessen versah,saß ich hier und Sie sangen. Ich weinte; und da erzählte mir ein Mädchen,Sie hätten ihr geholfen, und wenn ich hier hereinginge, dann würde auchich wieder froh und glücklich wer<strong>den</strong>. Als ich so umherlief, war es halbdunkelund halbhell; ich hin beständig auf der Suche nach einem Unterkommen.Als ich noch in dem Kinderheim war, hatte ich gewiß keine leichte Ar<strong>bei</strong>t,aber das ist immerhin besser, als wenn man gar nichts zu tun hat. Ichmöchte lieber meine Kinder wieder haben.Dr. Waren das Waisen wie Sie?G. Man hielt mich für nicht ganz richtig im Kopf, doch war ich ebenso gut <strong>bei</strong>Sinnen wie irgendeins von ihnen.Dr. Sie sprechen mit uns, aber sehen können wir Sie nicht. Ich sehe nur meineFrau, doch nicht Sie.G. Ihre Frau Um alles in der Welt (<strong>Herzlich</strong> lachend.) Wissen Sie, ich habimmer gern gelacht, und wenn alle Kinder anfingen zu weinen, dann fingich an zu lachen und lachte und lachte, bis ich sie wieder still gekriegthatte. Das war der beste Weg, sie zu beruhigen, wenn sie weinten. Dannwur<strong>den</strong> sie wieder gut gelaunt und vergnügt.Lacht man recht herzhaft, wenn jemand weint, dann hört der bald auf zuweinen und fängt mit an zu lachen. — Sie nannten mich auch manchmaldie "Lachende Ella".Dr. Wo haben Sie diesen Ring her?G. Ich habe bisher noch nie einen Ring gehabt. (Höchst belustigt und wiederlachend.)Dr. Dies ist ja auch nicht Ihre Hand, und dies ist auch nicht Ihr Körper.G. Wovon re<strong>den</strong> Sie eigentlich? (Lacht.)Dr. Es mag Ihnen närrisch vorkommen, aber es ist die Wahrheit. Sie habendoch sicher schon gehört: "Wer zuletzt lacht, lacht am besten!" Fragen Siemal die Anwesen<strong>den</strong>, wessen Körper das hier ist?G. (Zu <strong>den</strong> Teilnehmern.) Ist dies nicht mein Körper?Antwort: Nein, ganz bestimmt nicht.G. Er ist es aber doch!Dr. Dieser Körper gehört Frau Wickland.G. Frau Wickland! (Lacht.)Dr. Sie lachen über Ihre eigene Unwissenheit. Sie stecken augenblicklich imKörper meiner Frau.G. So was Konisches habe ich noch nie gehört.— 272 —


Dr. Was ich Ihnen erzähle, ist gar nicht so töricht, wie es scheint. Sie habenIhren irdischen Körper verloren. Wahrscheinlich sind Sie krank gewesen.Sie sind aber zu einem neuen Leben erwacht.G. Wie konnte ich erwachen, wenn ich keinen Körper mehr habe?Dr. Sie haben jetzt einen geistigen Körper.G. Wenn Sie behaupten, ich hätte meinen Körper verloren, meinen Sie damit,ich sei tot?Dr. Für die Welt ja. Die Welt weiß nichts von einem Fortleben nach dem leiblichenTode. Wenn ein Mensch stirbt, also seinen physischen Körper verliert,dann sagen die Leute, er sei "tot". Das ist aber nicht richtig, <strong>den</strong>n der unsterblicheGeist hat nur <strong>den</strong> irdischen Leib verlassen. Der Geist ist der wahreMensch; der Körper ist nur die irdische Hülle. Kein Mensch stirbt, — esscheint nur so.G. Ja, die Menschen sterben doch! Ich habe schon tote Menschen gesehen. Ichhabe ein kleines Mädchen gekannt, das ist gestorben und in <strong>den</strong> Himmelgekommen.Dr. Sie haben nur die toten Körper gesehen. Übrigens können Sie nur nochkurze Zeit hier bleiben, Sie müssen uns dann wieder verlassen.G. Wo soll ich dann hin?Dr. In die Geisterwelt.G. Nun sagen Sie bloß mal, — ich bin ja eine ganz richtige Dame! Sogar eineKette habe ich um <strong>den</strong> Hals.Dr. Die gehört meiner Frau. Sie sind für uns ein unsichtbarer Geist und sind inder äußersten Finsternis umhergewandert. Wenn Sie ein Heim haben wollen,so können Sie eins bekommen.G. Meinen Sie im Himmel?Dr. Jesus hat gesagt: "Das Reich Gottes ist inwendig in Euch."G. Jesus ist für unsere Sün<strong>den</strong> gestorben; und sind wir gut, dann kommen wirin <strong>den</strong> Himmel, wenn wir sterben, und sind mit <strong>den</strong> Engeln zusammen. Wirhaben im Heim auch immer gebetet. (Wird der kleinen R.G. ansichtig, die<strong>bei</strong> ihrer Mutter sitzt.) Das kleine Mädchen da drüben gefällt mir, ich habesie früher schon mal gesehen.Fr.G. Kennen Sie Lily? Sie ist auch ein Geist und war letzte Woche hier.G. (Zu R.G.) Du warst neulich sehr unartig, als wir Gesellschaft hatten. Weshalbwarst Du <strong>den</strong>n so ungezogen?Fr.G. Dies andere Mädchen eben, die Lily, hat sie veranlaßt, sich so schlecht zubetragen.G. Die war auch furchtbar gemein. Ich hätte sie am liebsten verhauen. Wenndie sich ihr bloß näherte, bekam die Kleine (R.G.) schon einen ganz verändertenGesichtsausdruck.Dr. Sie ist ein Geist und hat das kleine Mädchen beeinflußt. Sie sind ebenfallsein Geist und sprechen jetzt durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau. In ganz derselbenWeise hat Lilys Geist in diesem Kinde seine Unarten ausgetobt.— 273 —


G. Irgend jemand hat mir gesagt, ich solle nur hier mit hereinkommen, dawürde ich ein Unterkommen fin<strong>den</strong> und einen besonderen Auftrag bekommen.Was ist damit gemeint?Dr. Wahrscheinlich können Sie dieses kleine Mädchen beschützen.G. Man sagt mir eben, ich solle Wächterin wer<strong>den</strong>; ich hätte darauf zu achten,daß sich nicht wieder jemand des Kindes bemächtige. Ich weiß nicht, wasdas bedeutet.Dr. Das wird Ihnen alles noch erklärt wer<strong>den</strong>. Hören Sie nur auf ein kleinesIndianermädchen, welches Sie hier sehen wer<strong>den</strong>. Das wird Sie auch in einHeim bringen.G. Wird nun mich dort auch haben wollen? In dem großen Heim hatten michalle Kinder gern, weil ich sie immer zum Lachen brachte. Man sagt mir, ichmüsse <strong>bei</strong> diesem Kinde bleiben, und es vor frem<strong>den</strong> Einflüssen beschützen.Dr. Damit ist Beeinflussung durch niedere Geister gemeint.G. Ich werde mich näher danach umtun, wie ich das zu machen habe.Dr. Zunächst müssen Sie sich über ihren eigenen Zustand klar wer<strong>den</strong>. SehenSie noch andere hier im Zimmer?G. Ich sehe viele Mädel, die springen umher und sind sehr vergnügt. Aucheine hübsche Dame ist hier und sie sagt, sie heiße "Pretty Girl". Sie istaußeror<strong>den</strong>tlich schön. Ein junges Mädchen sagt mir, ich könne mit ihr mitkommen.Sie behauptet, sie hätte mich hergebracht. Man sagt mir eben, ichhätte mich stets bemüht, andern zu helfen, und deshalb wolle man sich jetztauch meiner annehmen. — Oftmals, wenn ich Hiebe gekriegt hatte, dachteich: "Gut, Du hast es wohl verdient". Ich heulte dann ein paar Minuten,kroch in mein Eckchen und sagte mir: "Nun, Ella, Du bist ungezogengewesen und hast die Prügel verdient." So dachte ich eine Weile darübernach und fing dann an zu lachen, und bald fühlte ich von <strong>den</strong> Schlägenüberhaupt nichts mehr. Wenn man innerlich gut gestimmt wird durchLachen, dann empfindet man die äußeren Dinge nicht mehr so schlimm.Versuchen Sie es nur.Dr. Jetzt müssen Sie aber mit diesen Freun<strong>den</strong> mitgehen.G. Die sagen, wenn ich meine Lage erst begriffen hätte, würde ich eine kleineHelferin wer<strong>den</strong>. (Zu R.G.) Denk' auch Du daran, — wenn Du merkst, daßDu ungezogen wirst, fange an zu lachen, dann wirst du gar nicht erst böse.— Wenn ich erst seine Pflegerin bin, werde ich nieman<strong>den</strong> an dies Kindheranlassen. Ich werde schon sehen, daß sie fortbleiben — und werde esIhnen auch beweisen.Dr. Wo lebten Sie eigentlich?G. In Kansas. (Frau G. hatte früher in Kansas gelebt.) Ich hatte zehn oderzwölf Kinder anzuklei<strong>den</strong>, zu waschen und auch ins Bett zu bringen. Einigegingen in die Schule und andere zum Spielen.Fr.G. In welcher Stadt lebten Sie?G. Oh, in der Nähe von H. (Später bestätigt.)Fr.G. Erinnern Sie sich des Namens K.? (Inspektor des Waisenhauses zu H.)— 274 —


G. Oh ja!Fr.G. Kennen Sie M,? (Assistentin der Anstalts-Mutter, die die Mädchen inObhut hatte.)G. Ja, sie war in einem andern Raum und hatte immer einige ungezogeneMädchen in ihrem Zimmer. Mit einigen von diesen Mädels konnte sogardie Anstalts-Mutter manchmal nicht fertig wer<strong>den</strong>, auch nicht, wenn sie sieverhaute. Dann mußte ich zu ihnen gehen. Sie wissen doch, daß Prügelnicht allemal gut sind.Wenn die Kleinen Hiebe bekommen hatten und heulten, ging ich, wenn dieMutter fort war, zu ihnen und brachte sie zum Lachen. Ein herzhaftesLachen ließ sie die Schläge bald vergessen.Fr.G. Erinnern Sie sich, mich als kleines Mädchen gesehen zu haben?G. (Frau G. anstarrend, dann erregt.) Ja! Oh, ja! Ich erinnere mich Ihrer jetzt!Aber Sie waren nicht immer dort. (Frau G. kam nur gelegentlich besuchsweisein das Waisenhaus.) Sie kamen immer nur zu Besuch und gingendann wieder fort. Sie hatten so schönes Haar und immer so hübsche Kleideran. Wissen Sie noch, Sie hatten auch einen Sonnenschirm und kamen daherwie eine vornehme Dame?Fr.G. Können Sie sich auch noch darauf besinnen, wie ich einmal ins Wassergefallen bin?G. Oh, ja, und alle waren so aufgeregt. Sie waren patschnaß, und Ihre Großmutterschalt Sie aus. Ich gewann Sie lieb. Als Sie ins Wasser fielen, tatenSie mir so leid. Sie verdarben sich Ihr hübsches Kleid. — Das war vor langer— langer Zeit. — Jetzt fällt mir auch noch vieles andere ein, als ob mirdie Augen jetzt erst wieder aufgingen. — Ich hatte mich furchtbar erkältetund bekam einen schlimmen Hals und entsinne mich noch, daß ich danneinschlief.Ich habe Sie immer gern gemocht, und nun habe ich Sie wiedergefun<strong>den</strong>.Ich will jetzt helfen und nicht mehr nach dem Heim suchen.Fr.G. Ich bin jetzt erwachsen und verheiratet; dies kleine Mädchen ist meineTochter. Seit einiger Zeit beunruhigen sie Geister.G. Ich werde Ihnen helfen. Ich habe Sie wiedergefun<strong>den</strong>, und wir wer<strong>den</strong> nunmehr wieder <strong>bei</strong>sammen sein. Silberstern, das kleine Indianermädchen,sagt, ich muß lernen, wie ich Ihr kleines Mädchen beschützen könne.Dr. Zuallererst müssen Sie nun in die Geisterwelt gehen und sich dort über ihreneuen Lebensbedingungen belehren lassen, dann wer<strong>den</strong> Sie auch baldBescheid wissen, wie Sie andern helfen können.G. Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht. — Jetzt will ich GuteNacht sagen, ich komme aber wieder. — Vergessen Sie die "LachendeElla" nicht!*— 275 —


Materialismus und Gleichgültigkeit gegenüber geistigenDingenZweifelsucht, geistige Trägheit, Unwissenheit und Gleichgültigkeit gegenüberFragen, die das höhere Leben betreffen, üben einen so mächtigen, lähmen<strong>den</strong>Einfluß aus, daß viele Menschen nach ihrem Tode dadurch in einen Zustandhilfloser Verzweiflung geraten und aus Dunkelheit, Verwirrung und inneremAufruhr gar nicht mehr herausfin<strong>den</strong>. Oft klammern sie sich dann an Menschen,da sie keinen anderen Weg sehen, ihrer Not Ausdruck zu geben.Vor <strong>Jahre</strong>n lebte in New York eine Freundin von uns, Frau F.W. Sie war sehrglücklich verheiratet und führte in der allgemein üblichen Weise ein rühriges,geschäftiges Leben. Sie hatte auch Verständnis für die höheren Lebensgesetze;aber ihr Gatte, obgleich ihr sehr zugetan, beharrte auf seinem Standpunkte alsMaterialist und Fatalist.Herr F.W. war völlig ungläubig und fest überzeugt, daß mit dem Tode alles aussei. Er hatte schon oft erklärt, wenn seine Frau vor ihm sterben sollte, würde erSelbstmord begehen; er hatte sie auch des öfteren gedrängt, ihm das Versprechenzu geben, daß auch sie sich das Leben nehmen würde, falls er früher sterbensollte. Hierauf wollte sie jedoch nicht eingehen.Dieser Herr verschied nun plötzlich nach einer kurzen Krankheit; aber seineFrau konnte ihn noch deutlich wahrnehmen, namentlich des Nachts, wo er siewiederholt weckte und derart erschreckt, daß sie nicht wieder einschlafenkonnte.Obwohl über seine wirkliche Lage völlig im Unklaren, empfand er <strong>den</strong>noch, daßetwas ganz Ungewöhnliches mit ihm geschehen war. Er war bestrebt, dieSchranke, die ihn von seiner Frau trennte, hinwegzuräumen, und drängte siebeständig, doch zu ihm zu kommen! Unablässig rief er: "Nimm Dir das Leben.— Du mußt zu mir kommen! Ich brauche Dich und werde Dich schließlich auchkriegen; so nimmt Dir doch jetzt das Leben!"Der unaufhörliche Ruf "Nimm Dir das Leben" klang der Frau F.W. Tag undNacht in <strong>den</strong> Ohren, und schließlich fürchtete sie selbst für ihre Sicherheit. Umnur ja nicht etwa ihrerseits eine voreilige Tat zu begehen, verließ sie New York,kam zu uns nach Chikago und bat uns um Hilfe.Gelegentlich einer Aussprache mit ihr wurde dem Geiste des Herrn F.W. gestattet,von dem Körper meiner Frau Besitz zu nehmen; und als er gewahr wurde,daß er neben seiner Frau saß, faßte er ihre Hand, küßte ihren Trauring, undfragte sie, ob sie ihm böse sei, da sie ihm gar nicht antworte, wenn er mit ihrspräche. Dann schloß er sie in seine Arme, küßte sie lei<strong>den</strong>schaftlich, unddrückte sie so fest an sich, daß sie sich allein gar nicht mehr freimachen konnteund um Hilfe rief.— 276 —


Ich erklärte dem Geiste, daß er zwar in einem Körper stecke, doch nicht in seinemeigenen, und aus dem Er<strong>den</strong>leben geschie<strong>den</strong> sei. Als er schließlich seineLage erfaßt hatte, bedauerte er aufs Tiefste, seine Frau unbeabsichtigt gequält zuhaben; er war voller Eifer und gern bereit, sich mit <strong>den</strong> Gesetzen der höherenDaseinsebene vertraut zu machen, um zu lernen, wie er seiner Frau am bestenhelfen könne.Frau F.W. fuhr darauf zurück nach New York und erfuhr weiterhin keine Belästigungenmehr.F.W. wurde ein treues Mitglied des Barmherzigkeitsbundes in mehreren der vielenKundgebungen, die wir bisher von ihm erhielten, hat er uns das Befrem<strong>den</strong>und Erstaunen geschildert, das jeder erlebt, der, ohne vom Jenseits eine Ahnungzu haben, sich plötzlich drüben wiederfindet.— — —Sitzung vom 22. November 1920Geist: F.W.So, da bin ich wieder. Ich wollte doch kommen und Ihnen sagen, daß ich ja nichtverschwun<strong>den</strong> bin. Ich habe durch dieses Werkzeug hier (Frau Wickland) etwaszu sagen; doch andrerseits bin ich da, um Ihnen allen <strong>bei</strong> dem guten Werk, dasSie vorhaben, zu helfen. Sie wissen ja, ich bin stets bereit, nach besten KräftenIhnen <strong>bei</strong>zustehen und allen <strong>den</strong>en, die in Not sind, zu helfen.Ich möchte Ihnen meinen Dank abstatten dafür, daß Sie mir geholfen habensonst wären meine Frau und ich gewiß jetzt noch in Not, und zwar nur durchmeine Schuld. Ich habe ja von <strong>den</strong> großen Wundern der jenseitigen Welt nieetwas hören wollen.Als ich noch in ihrem Hause lebte, waren meine Eltern so streng rechtgläubigund so starr in ihrem Glauben, daß sie je<strong>den</strong> verdammten, der ihre Anschauungennicht teilte. Sie redeten es sich förmlich ein, daß alle anderen Glaubensrichtungenverkehrt seien. Nur das, was sie selber glaubten, hielten sie für unbedingtrichtig.Ich konnte es in dieser Atmosphäre aber nicht aushalten und lief davon. Ich warja noch ein Junge, als ich das Elternhaus verließ, und warum ging ich fort? Weildie Atmosphäre dort so furchtbar orthodox war, daß es mich forttrieb! Ichkonnte mich der Glaubensrichtung meiner Eltern nicht anschließen, und sieerklärten, wenn ich das nicht täte, wäre ich ein Sünder.Ich war aber kein Sünder und konnte einfach nicht so glauben wie sie, und deshalblief ich von Hause fort. Das tut mir aber ganz und gar nicht leid, <strong>den</strong>n aufdiese Weise habe ich doch einiges von der Welt da draußen kennen gelernt.Ich lernte die Verhältnisse außerhalb der Kirche kennen und habe auch gelerntfür mich selber einzustehen; aber ich war so verbittert und so verhärtet gegen dieKirche, daß ich mit Religion überhaupt nichts zu tun haben wollte. Meine ganze— 277 —


Kindheit hindurch hatte ich soviel davon gehört und zuviel gesehen von dem,was in <strong>den</strong> Kirchen alles vor sich geht.Ich will damit nicht behaupten, daß alle Kirchen gleich seien; aber wo gar zustarre Rechtgläubigkeit herrscht, wird man fin<strong>den</strong>, daß die Menschen völligunzugänglich sind und sich für ganz unfehlbar halten, als könnten sie überhauptnicht mehr irren. Und so halten sie alles, was sie tun, für richtig. Sie sind so"heilig", daß sie sogar das Unrecht, das sie tun, für Recht halten.Ich bin umher gezogen und habe die Welt gesehen, aber ich hatte große Sehnsuchtnach Hause. Nachdem ich genug von der Welt gesehen hatte, kam ich wiederheim und dachte, ich wollte nun <strong>bei</strong> meinen Eltern bleiben. Dort herrschtenaber noch ganz dieselben Verhältnisse; ich wäre gern zu Hause geblieben, umbrav und fleißig zu ar<strong>bei</strong>ten. Doch ich konnte es dort nicht aushalten. Mir war,als würde ich von der strengen Rechtgläubigkeit erdrückt und ging daher wiederauf und davon.Ich reiste noch weiter umher und sammelte neue Erfahrungen. Ich öffnete meinHerz voller Verlangen, dem Leben die helleren und glücklicheren Seiten abzugewinnen.Später traf ich eine Frau, die mich liebte, — eine Frau, die mir ein Heim schuf.Das war das erste Mal in meinem Leben, daß ich glücklich war.Wir <strong>bei</strong>de hatten miteinander nur ein paar kurze <strong>Jahre</strong> des Glücks auf Er<strong>den</strong>,aber diese wenigen <strong>Jahre</strong> wer<strong>den</strong> mir unvergeßlich bleiben.Ich glaubte nicht an ein Weiterleben nach dem Tode, ich glaubte überhauptnichts. Ich hatte genug von der strengen Rechtgläubigkeit und allem anderenDrum und Dran. Ich dachte, wenn ich erst mal gestorben bin, dann ist alles aus,und darnach gibt es nichts mehr. Doch das war alles nicht richtig. Laßt uns nichtimmer bloß auf der einen oder der anderen Seite des Weges gehen, sondernhübsch in der Mitte bleiben und alles prüfen. Forschet nach der Wahrheit undbleibt auf dem engen Pfade — dem Wege der Vernunft und des rechten Verständnissesfür Gottes wunderbare Offenbarungen.Ich trat hinüber ins jenseitige Leben mit der Vorstellung, daß es nach dem To<strong>den</strong>ichts weiter gäbe. Ich starb sehr plötzlich; als der Tod kam, war es nicht anders,als ob ich einschliefe. Ich wurde dann wieder wach und sah meine liebe kleineFrau weinen; sie war sehr traurig, aber ich selbst wurde gar nicht gewahr, daßsich an mir der Übertritt ins andere Leben vollzogen hatte.Sie hörte nicht, was ich sagte, — sie schien überhaupt nicht zu hören. Ich rief siean und fragte, was <strong>den</strong>n eigentlich los sei, doch sie gab mir keine Antwort.Ich fragte mich verwundert, was wohl geschehen sei, <strong>den</strong>n wir hatten uns <strong>bei</strong>desehr lieb. Allmählich fühlte ich mich kräftiger wer<strong>den</strong> und wollte nicht fort vonihr. Schließlich kam ich in unmittelbarste Verbindung mit ihr und meinte, nunmüsse sie doch aber zu mir kommen und wieder <strong>bei</strong> mir sein; wir hatten uns niegetrennt.— 278 —


Durch ihre Trauer wurde ich zu ihr hingezogen und meinte, sie müsse doch zumir kommen. Ich hatte gar nicht begriffen, was für eine Veränderung sich an mirvollzogen hatte; ich wußte nur, sie wollte dort sein, wo ich war, und so legte ichalles darauf an, daß sie zu mir kommen sollte. Ehe ich mich dessen versah, warich in ihrer magnetischen Aura und blieb darin, weil ich gar nicht wieder herauskonnte.Ich war unglücklich und sie ebenfalls.Doch Gott sei Dank wußte sie über das jenseitige Leben Bescheid und kannte<strong>den</strong> Zustand, in dem ich mich befand; sie wollte sich befreien von dem Einfluß,mit dem ich sie so schwer bedrückte, und so kam sie zu diesen lieben Leuten.(Dr. W's)Mir ward geholfen und ihr ebenfalls. Wir wür<strong>den</strong> <strong>bei</strong>de auch jetzt noch unglücklichsein, wenn sie nicht Bescheid gewußt hätte; <strong>den</strong>n ich hatte gar keineAhnung vom Jenseitsleben und hatte auch nie etwas davon wissen wollen.Ich möchte Euch alle hier eindringlich warnen — zweifelt niemals am jenseitigenFortleben. Eines Tages werdet Ihr alle <strong>den</strong>selben Weg gehen müssen. Drumlaßt uns forschen und prüfen, um dahinter zu kommen, was Wahres daran ist,bevor wir in das große Jenseits übertreten. So können wir diesen Schritt mitoffenen Augen tun, mit sicherem und klarem Wissen, wohin wir gehen.Wenn meine liebe Frau dieses Wissen nicht schon in sich getragen hätte, dannhätte ich sie wohl noch dazu gedrängt, sich das Leben zu nehmen — und waswäre dann wohl aus uns gewor<strong>den</strong>?Es schei<strong>den</strong> viele aus dem Er<strong>den</strong>leben, die sich in ganz ähnlicher Lage befin<strong>den</strong>.Sie fin<strong>den</strong> sich in der magnetischen Aura irgend jemandes wieder und könnennicht heraus, dann machen sie die betreffende Person besessen.Ich wollte gern aus meinem Elend heraus, doch wußte ich nicht wie; und dieeinzige Möglichkeit schien mir die, daß meine Frau zu mir käme.Wenn man über das Jenseitsleben Bescheid weiß, dann kann man <strong>bei</strong>m Übertrittauf die geistige Seite des Lebens niemals in eine solche Lage geraten, wie ich.Ich möchte Ihnen allen dafür danken, daß Sie mir geholfen haben. Seitdem ichanderen unglückseligen Geistern helfen kann, die nicht sehen können und nichtsvom höheren Leben wissen, bin ich glücklich. So ar<strong>bei</strong>te ich und kann jetzt auchwieder <strong>bei</strong> meiner lieben Frau sein, um ihr zu helfen und sie zu führen.Sucht über das wunderbare jenseitige Leben in Erfahrung zu bringen soviel Ihrkönnt. Ich wünschte wohl, daß ein jeder, der hier Anwesen<strong>den</strong> sein Teil dazu<strong>bei</strong>trüge, die Wahrheit zu verbreiten, daß es nach dem Leben hier auf Er<strong>den</strong> einWeiterleben gibt, und daß wir uns schon jetzt darauf vorbereiten müssen.Wenn wir das nicht schon zu unseren irdischen Lebzeiten tun, so müssen wir esnachholen, wenn wir auf die andere Seite kommen. Wieder und immer wiederüberkommt uns dann ein tiefes Bedauern darüber, daß wir in diese Wahrheitnicht schon Einblick getan, bevor wir aus dem Er<strong>den</strong>leben schie<strong>den</strong>.— 279 —


Ich möchte noch ein paar Worte an die <strong>bei</strong><strong>den</strong> jungen Mädchen richten, die imBegriff stehen, abzureisen. (Die eine war eine Kranke, die andre ihre Begleiterin.)Wenn Sie uns verlassen, bewahren Sie in Ihren Herzen, was Sie hier gelernthaben. Vergessen Sie es nicht und lernen Sie noch mehr dazu, <strong>den</strong>n es ist zuIhrem eigenen Schutze notwendig. Lernen Sie alles, was Sie nur können. HelfenSie auch anderen, die in ähnlicher Not sind, dadurch helfen Sie sich selber undgewinnen auch an Kraft.Nachdem Sie jetzt die Wahrheit gehört haben, stellen Sie Ihr Licht nicht <strong>unter</strong><strong>den</strong> Scheffel; indem Sie anderen helfen und sie belehren, gewinnen Sie selber anKraft. Daraus kommt Ihnen auch die Kraft und Stärke, gesund zu bleiben, undSie wer<strong>den</strong> nie wieder besessen wer<strong>den</strong>.Jedermann sollte seinen Stolz darein setzen, die Wahrheit verbreiten zu helfen,<strong>den</strong>n die Wogen der Besessenheit gehen hoch nach allen Seiten. Lassen Sie unsalle unser Teil dazu <strong>bei</strong>tragen und unser Aufklärungswerk fördern, indem wirsoviel an Kenntnissen über das jenseitige Leben sammeln wie nur möglich,solange wir hier auf Er<strong>den</strong> sind.Ich bin F.W. — Leben Sie wohl.— — —Sitzung vom 18. Januar 1922Geist: F.W.Wie geht es Ihnen? Kennen Sie mich nicht? Ich <strong>den</strong>ke doch, — ich bin F.W. DieZeit muß kommen, wo Sitzungen dieser Art in jeder kleinen Gemeinde, in jederKirche gehalten wer<strong>den</strong>. Dann wird man auch keine Menschen mehr in Irrenhäusersperren — man wird ihnen wirklich helfen.Viele der armen Erkrankten, die sich in <strong>den</strong> Irrenanstalten befin<strong>den</strong>, sind vonGeistern besessen, und man könnte ihnen helfen. Aber die meisten Menschen<strong>den</strong>ken ja, diese Kranken seien nicht wert, daß man sich ihretwegen Umständemache. Sie ziehen es vor, solche Leute in das Irrenhaus zu schicken und sie dortzu lassen.Wir dürfen aber auch die Besessenheitsgeister nicht verdammen, weil sie jawährend ihres Er<strong>den</strong>daseins über das höhere Leben nicht belehrt wor<strong>den</strong> sind,und somit nichts davon wissen.Viele glauben, nach ihrem Tode kämen sie gera<strong>den</strong>wegs in <strong>den</strong> "Himmel" undwür<strong>den</strong> <strong>den</strong> lieben Gott auf einem Throne sitzen sehen; sie setzten sich danndazu, sängen, äßen Feigen und dergleichen mehr.Als ich noch ein Junge war, waren meine Eltern sehr fromm. Mein Vaterbehauptete, "heilig" zu sein, und die ganze Umgebung zerrte derartig an mir,daß mir oft zu Mute war, als sollte ich in Stücke gehen. Ich konnte die Stimmungzu Hause nicht ertragen.— 280 —


Mein Vater und meine Mutter waren gute Menschen, sie hatten aber einen soeng beschränkten Gesichtskreis, daß ich mir vorkam wie in einem Käfig, unddeshalb lief ich schon fort, als ich eigentlich noch ein Kind war.Ich hatte viele Kämpfe und Mühseligkeiten zu bestehen, aber ich danke heutedem lieben Gott, daß ich damals fortgelaufen bin. Das Leben hat mir manchebittere Lehre erteilt, ich habe aber auch gelernt, daß man nicht einfach blindglauben darf. Als ich auf der geistigen Seite des Lebens angelangt und übermeine veränderte Lage aufgeklärt wor<strong>den</strong> war, bin ich von keinen engen Glaubenssätzenund Kirchenlehren aufgehalten wor<strong>den</strong>. — Als ich auf Er<strong>den</strong> lebte,tat ich das Beste, was ich <strong>den</strong> Umstän<strong>den</strong> nach tun konnte; soweit es sich jedochum religiöse Fragen handelte, glaubte ich gar nichts. Für mein Gefühl bedeuteteder Tod alles, und danach gab es nichts mehr.Ich wollte und konnte nicht so glauben wie meine Eltern. Mir galt Gott als dasLeben in allen Dingen, nicht als ein zorniger Gott, der mit Hölle und Verdammnisdroht, wie die Kirchen lehren.Ich hatte das Gefühl, nach dem Leben hier auf Er<strong>den</strong> käme nichts mehr, und mitdem Tode sei alles zu Ende. Ich war bestrebt, immer mein Bestes zu tun,solange ich auf Er<strong>den</strong> lebte. Ich ging auch manchmal in die Kirche. Ich bin vielumhergereist und besah mir die Welt und sammelte Erfahrungen, die mir gradejetzt viel wert sind.Nachdem ich geheiratet hatte, hat meine Frau mich ein wenig über das Jenseitslebenbelehrt — aber in freundlicherer Auffassung, als die rechtgläubige Kirchenlehresie hat, und doch konnte ich auch ihr nicht glauben. Aber es war dochein kleiner Lichtblick beginnen<strong>den</strong> Verstehens, der haften blieb.Ich wollte, meine Frau sollte mir versprechen, falls ich zuerst stürbe, werde siemir nachkommen und falls sie zuerst sterben sollte, wollte ich ihr freiwillig folgen.Sie wollte mir aber dies Versprechen nicht geben, eben, weil sie vom jenseitigenLeben mehr wußte als ich.Da kam der Augenblick, wo ich die Erde verlassen mußte, und zwar ganz plötzlich.Mir war, als sänke ich in einen erquicken<strong>den</strong> Schlaf, und ich erwachte —wo?Es heißt in der Bibel: "Wo Euer Schatz ist, da ist auch Euer Herz". Mein Schatzwar meine liebe kleine Frau, und als ich aufwachte, befand ich mich in ihrermagnetischen Aura. Sie schenkte mir gar keine Beachtung, und ich fragte michverwundert, was <strong>den</strong>n eigentlich los sei, warum sie mir nicht antwortete, wennich mit ihr sprach. Ich fühlte mich so eigenartig und wußte gar nicht, wo ichwar.Der Tod ist ja nur ein Schlaf, ein so natürlicher Schlaf, wie wir ihn jede Nachtauf der Erde erleben. Wenn man aus dem Todesschlaf erwacht, dann ist alles sonatürlich, daß man meint, man sei noch <strong>bei</strong> <strong>den</strong> Seinen. Und wenn man dann indie magnetische Aura eines Menschen gerät, so lebt man richtig mit ihm, manist ganz und gar <strong>bei</strong> ihm.— 281 —


Ich war in der Aura meiner Frau und konnte nicht begreifen, warum ich überallhinmitgehen mußte, wo sie hinging, und nicht mehr ein unabhängiger Menschwar, wie ich es doch gewohnt gewesen; und das war mir höchst unbequem. Ichgeriet darüber in Verzweiflung. Ich meinte, meine Frau müsse doch zu mir kommen;ich wußte zwar nicht wohin, aber haben wollte ich sie. Meine <strong>Liebe</strong> zu ihrwar so stark, daß ich sie gegen meinen Willen quälte, eben, weil ich vom wahrenLeben auf der anderen Seite keine Ahnung hatte.Ich liebte meine Frau zärtlich und <strong>den</strong>noch belästigte ich sie, ich wußte es janicht besser. Sie wurde gequält — gequält von dem Einen, der sie liebte undvergötterte. Aber schließlich kam sie zu diesen gütigen Menschen (Dr. W's) undwurde von ihrem Quälgeist befreit; ich danke Ihnen immer wieder, daß Sie uns<strong>bei</strong><strong>den</strong> geholfen haben.Ich habe erst durch eigenes Erleben klug wer<strong>den</strong> müssen, aber wenn wir überdas jenseitige Leben Bescheid wissen, dann gehen wir gern und freuen uns aufdas Wiedersehen mit unseren <strong>Liebe</strong>n, die schon hinübergegangen sind. DieseWahrheit zu kennen, tut jedem not, weil wir alle diese Reise einmal antretenmüssen.Ich weiß jetzt, daß Gott die <strong>Liebe</strong> ist — Gott ist überall. Weil Er <strong>Liebe</strong> undWeisheit ist, kennt er auch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wiekönnte Er dann wohl eine Welt erschaffen haben, über die er die Macht verlorenhaben sollte? Denn wenn er später die Menschheit tief in Sün<strong>den</strong> wiederfand,muß er doch die Herrschaft über seine Schöpfung verloren haben. Doch die Kirchenlehren das: Gott habe die Herrschaft über die Welt verloren und deshal<strong>bei</strong>nen Menschen in die Welt gesandt, einzig zu dem Zweck, sich für sie opfernzu lassen, und alle, die an ihn glauben, gewännen eine gol<strong>den</strong>e Krone.Wir wollen uns aber vom lieben Gott keine falsche Vorstellung machen. Gottweiß alles, und Er offenbart sich — Sich selber. Alles lebt in der Natur. Wokämen wir wohl hin, ohne Leben, — ohne Gott? Er ist in jedem Ding. DieMenschheit sollte wissen, daß alles und jedes ein Teil dieses wunderbarenLebens ist.Nichts sollte verurteilt wer<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n alles in der Natur ist vollkommen. ScheinbareUnstimmigkeiten in der Natur sind nur zum Zwecke der Entwicklung da.Sobald man Sorgen hat, oder einen etwas beunruhigt, regt sich die Sehnsuchtnach einem besseren Leben, man möchte dahin, und beginnt, danach zu streben.Das Leben geht auf der anderen Seite weiter und ist in steter Weiterentwicklungbegriffen. Macht auch die Kinder schon mit dieser Wahrheit bekannt. Lehrt siedie höheren Dinge des Lebens. — Alles ist Gott!Jetzt muß ich gehen. Gute Nacht.— — —Im folgen<strong>den</strong> Falle wurde der Verstorbene an seiner Teilnahmslosigkeit undanderen kennzeichnen<strong>den</strong> Eigentümlichkeiten von Frau H.W., der Mutter der— 282 —


Kranken, wiedererkannt. Sie hatte ihn zur Zeit seines Er<strong>den</strong>lebens gut gekannt.Er war ein Nachbarssohn und seine Behauptungen wur<strong>den</strong> von der Kranken undihrer Mutter bestätigt. Beide waren aus Chicago und nahmen an der Sitzung teil.— — —Sitzung vom 2. Dezember 1919.Geist: Frank Bergquist. — Patientin: Frau A.Doktor: Wer sind Sie, Freund? Sie schlafen wohl? Wachen Sie auf und sagenSie uns, wer Sie sind. Fühlen Sie sich glücklich oder nicht?Geist: Nein.Dr. Warum <strong>den</strong>n nicht?G. Ich weiß es nicht.Dr. Woran hapert's <strong>den</strong>n? Haben Sie zu viel oder zu wenig geglaubt?G. Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist.Dr. Wissen Sie, wer Sie sind?G. Nein.Dr. Können Sie sich auf Ihren Namen nicht mehr besinnen, oder wissen Siesonst etwas von sich? Wissen Sie, wie lange Sie tot sind?G. Ich weiß nicht.Dr. Was meinen Sie <strong>den</strong>n, wo Sie hier sind?G. Ich weiß nicht.Dr. Sie schlafen wohl schon mehrere <strong>Jahre</strong>?G. Noch nicht gar so lange. Ich fühle mich in gar keinem natürlichenZustande.Dr. Ist Ihnen daran gelegen, <strong>den</strong> Grund zu erfahren?G. Ich kann ihn nicht herausbekommen. Ich habe schon so viele gefragt, aberdie hören gar nicht hin und wissen's auch nicht. Sie konnten mir nichtssagen.Dr. Die waren ebenso im Dunkeln wie Sie selber. Was haben Sie <strong>den</strong>n in letzterZeit getrieben?G. Gar nichts.Dr. Haben Sie das Nichtstun noch nicht satt?G. Gewiß, es ist sehr eintönig, aber was kann man machen?Dr. Vernunft annehmen.G. Wie soll ich das machen?Dr. Sie müssen versuchen, Ihre geistigen Sinne zu öffnen, und sich über Ihrenjetzigen Zustand klar wer<strong>den</strong>. Sehen Sie mal, Sie stecken jetzt in einemweiblichen Körper und behaupten wahrscheinlich, ein Mann zu sein. SindSie ein Mann oder eine Frau?G. Ich bin ein Mann, bin aber jetzt schon lange eine Frau; ich kenne michnicht aus. (Er verwechselt sich mit der Kranken, Frau A.)Dr. Sie sind schon lange eine Frau? Haben Sie Unheil angerichtet?G. Nicht, daß ich wüßte.Dr. Meinen Sie nicht auch, daß da wohl etwas nicht recht stimmt?— 283 —


G. Es war höchst eigenartig, das sagte ich Ihnen ja schon.Dr. Hat Sie etwas aufgestört?G. Eine ganze Menge.Dr. Was hat Sie <strong>den</strong>n gestört und wach gemacht? Und was hat Sie veranlaßt,hierher zu kommen?G. Das weiß ich nicht.Dr. Sind Sie überhaupt gestört wor<strong>den</strong>? Haben Sie kürzlich irgendwas besondereserlebt?G. Ja.Dr. Inwiefern?G. In mehrfacher Hinsicht. Ich kann nicht so sprechen, wie ich möchte, undich kann überhaupt nicht so tun, wie ich will.Dr. Was möchten Sie <strong>den</strong>n gern?G. Ich möchte re<strong>den</strong> und singen.Dr. Wären Sie <strong>den</strong>n dazu imstande?G. Nein.Dr. Wie ist Ihr Name, wenn ich fragen darf?G. Das weiß ich nicht.Dr. Sicher wissen Sie das.G. Mir scheint, ich habe reinweg alles vergessen, was ich früher mal gewußthabe.Dr. Wahrscheinlich war auch nicht viel zum Vergessen da, das ist nämlich oftder Fall. Was haben Sie <strong>den</strong>n in Ihrem Leben gear<strong>bei</strong>tet?G. Allerhand kleine Ar<strong>bei</strong>ten, mal hier, mal da.Dr. Hielten Sie sich zu irgendeiner religiösen Glaubensgemeinschaft?G. (Gähnt und reckt sich träge.) Oh, ja.Dr. Was glaubten Sie <strong>den</strong>n?G. Ich glaubte an Gott, an Christus und <strong>den</strong> Teufel und an all das andre.Dr. Haben Sie nun einen von ihnen gesehen? Sie sind doch wahrscheinlichschon ziemlich lange tot.G. Ich weiß nicht, ich fühle mich doch aber gar nicht tot.Frau H.W.: Waren Sie Baptist, Methodist oder was sonst?G. Ich war von allem etwas.H.W. Wo lebten Sie eigentlich?G. Das weiß ich nicht; ich bin so müde.Dr. Sie haben lange genug geschlafen, was haben Sie <strong>den</strong>n sonst getan?G. Nichts.Dr. Ist Ihnen das nicht bald über?G. Man kann das Nichtstun gehörig satt kriegen, es ist gar zu eintönig. Undda<strong>bei</strong> auch noch die ganze Zeit über eine törichte Frau sein müssen! Ichhabe nichts weiter zu sehen gekriegt, als Frauen, Frauen, Frauen und nochmalFrauen! (Andere Geister, welche die Patientin besessen hatten.) Ichhab nichts anderes zu sehen bekommen.Dr. Da haben Sie wohl jetzt von Frauen genug?G. Sie wer<strong>den</strong> einem reichlich langweilig.— 284 —


Dr. Wissen die, daß Sie da sind?G. Ich weiß nicht, ich rede, aber sie antworten nicht.Dr. Das ist recht töricht.G. Das scheint mir auch so.Dr. Haben Sie nicht selbst das Gefühl, daß Sie sich in einer recht seltsamenLage befin<strong>den</strong>?G. Ich kann nicht sagen, was es ist, aber mir ist recht merkwürdig.Dr. Das scheint Ihnen aber nicht viel auszumachen.G. Nein, ich achte kaum darauf.Dr. Ist das aber nicht ein recht unglücklicher Zustand, in dem Sie sind?G. Ich bin von einem Ort zum anderen gewandert.Dr. Warum <strong>den</strong>n?G. Ich hatte doch sonst nichts zu tun.Dr. Konnten Sie <strong>den</strong>n keine Beschäftigung fin<strong>den</strong>?G. Es wollte mich ja niemand haben.Dr. Was konnten Sie <strong>den</strong>n, was war Ihr Beruf?G. Allerlei, aber nichts besonderes.Dr. Wo lebten Sie?G. Zu Zeiten in Chicago.Dr. Sind Sie von einer Stadt zur anderen gezogen?G. Ich bin in Rockford und in Galesburg gewesen. Ich war überall, gleichvielwo. Es ist eine langweilige Sache.Dr. Sie müssen wohl schon so müde zur Welt gekommen sein, Sie sind jaschrecklich gleichgültig.G. Wie meinen Sie das?Dr. Haben Sie jemals versucht, die Wunder des Lebens zu begreifen?G. Des Lebens? Nein.Dr. Vermutlich haben Sie nur geglaubt, daß Christus für Ihre Sün<strong>den</strong> gestorbensei. Das ist so recht was für Faulpelze. Das ist aber nicht genug.G. Für mich ist das gut genug; es war gut genug für meinen Vater und meineMutter, und ist auch gut genug für mich.Dr. Sind Ihre Eltern noch am Leben?G. O ja, ich glaube wohl, weiß es aber nicht bestimmt.Dr. Wo lebten sie? In Chicago?G. In der Nähe vom Bethanien-Haus, <strong>bei</strong> der Methodisten-Kirche.Dr. Gehörten Ihr Vater und Ihre Mutter zu dieser Kirche?G. Ja.Dr. Wie hieß ihr Vater?G. Das weiß ich nicht.Dr. Wie hießen Sie <strong>den</strong>n?G. Es ist lange her, daß ich meinen Namen gehört habe, und ich weiß ihn nichtmehr.H.W. (die aus dem Vorangegangenen Charakterzüge eines ehemaligen Nachbarnerkannte.) Hießen Sie nicht Frank?— 285 —


G. Es ist mir höchst gleichgültig, wie Sie mich nennen; nennen Sie michirgendwie.Dr. Das wollen wir aber nicht.G. Mir ist es ganz gleich, nennen Sie mich wie Sie wollen. Ich bin mit allemzufrie<strong>den</strong>.Dr. Sie sind geistig träge!G. Was meinen Sie damit?H.W. Kennen Sie jemand, namens B.?G. Ja, vor langer Zeit.H.W. Wer war das?G. Irgend jemand!H.W. Waren Sie nicht mit ihm durch Heirat verwandt? Wen hat er <strong>den</strong>n geheiratet?G. Er heiratete eine Frau, die ich gut kannte.Dr. Wie hieß sie <strong>den</strong>n?G. Namen sind mir sämtlich aus dem Gedächtnis entschwun<strong>den</strong>. Doch ichweiß jetzt, es war meine Schwester. Hören Sie, ich weiß gar nicht, was mitmir los ist!Dr. Sie sind "tot"!G. Tot? Dann bin ich gestorben?Dr. Erinnern Sie sich nicht, wie Sie gestorben sind?G. Das habe ich gar nicht gewußt, daß ich tot bin. Wie kann ich mich daranerinnern, wie ich gestorben bin?Dr. Nun, Sie sind aber "tot".G. Also wirklich? Das ist ja höchst spaßig — ist mir aber ganz gleichgültig.Dr. Sie benützen augenblicklich <strong>den</strong> Körper einer Dame.G. Ich habe von Damen genug. Ich bin gewandert und gewandert, immer zwischenDamen, bis ich ganz krank wurde und genug davon hatte.Dr. Ich glaube, Sie sind schon mit dieser Müdigkeit geboren.G. Das glaube ich selbst, weil ich immer müde war. Ich habe auch nie vielnach Ar<strong>bei</strong>t gefragt. Es war mir ganz lieb, nicht ar<strong>bei</strong>ten zu brauchen. Ichbin ein geborener Reiseonkel, <strong>den</strong>n ich habe mich nie lange an einem Ortewohl fühlen können und habe mir gern die Welt angesehen. Ich habe niegern viel tun mögen, nur eben, was mir gerade in <strong>den</strong> Weg kam, genug, ummein Auskommen zu haben.Dr. Waren Sie so eine Art Landstreicher?G. Ich war etwas Besseres als ein Landstreicher, doch so was ähnliches. H.W.Erinnern Sie sich, daß Sie einen Zwillingsbruder hatten?G. So ähnlich war es — doch was ist eigentlich mit mir los? Ich kann michüberhaupt an nichts mehr erinnern, alles ist mir entschwun<strong>den</strong>. Ich weißwahrhaftig nicht mal mehr, wie ich heiße.Dr. Sitzen Sie mal ruhig, und <strong>den</strong>ken Sie nach.G. (Nach einem Augenblick.) Ich heiße Bergquist. Ich glaube, mein Vornameist Frank — ja, ja, Frank. Aber es ist <strong>Jahre</strong> her, daß ich ihn gehört habe. Esist schrecklich lange her, seitdem ich ihn zuletzt hörte. Es scheint mir so— 286 —


fern zu sein, als lägen zwischen diesem Namen und mir viele, viele Meilen.Es kommt mir so vor, als hatte ich mich durch meine Wanderwege vonmeinem Namen weit entfernt. — Je weiter ich wanderte, desto mehr vergaßich. Nach einiger Zeit war ich soweit gewandert, daß ich vergessen hatte,wer ich eigentlich war. Ich wanderte mit Frauen, Frauen, immer nur mitFrauen, bis ich schließlich dachte, ich wäre selber eine, das habe ich wahrhaftigmanchmal gedacht. Und vielleicht bin ich auch wirklich eine Frau,nach allem, was ich weiß. Was hat das alles nur für einen Sinn?H.W. Haben Sie nicht in der Paulina-Straße in Ravenswood gewohnt? (Chicago)G. Ja. Chicago, das stimmt, dort war ich einige Zeit.Dr. Wissen Sie, wo Sie jetzt sind?G. In Chicago.Dr. Sie sind in Kalifornien.G. In Kalifornien!? Na, bin ich nun nicht richtig hinter diesen Frauen hergelaufen,bis nach Kalifornien! Das war ein or<strong>den</strong>tlicher Marsch! Ich weißgenau, gefahren bin ich nicht. Ich bin Meile für Meile gelaufen undschließlich nach Kalifornien gekommen. Das war ein anständiger Marsch.Ich bin so müde; warum erzählen Sie mir auch, daß ich so weit gewandertbin? Das macht mich erst recht müde, und nun fühle ich das Bedürfnis auszuruhen.H.W. Das ist doch ganz natürlich für Sie. Kennen Sie mich?G. Ich dachte gleich, als ich Sie sah, dieses Gesicht muß ich doch schon malgesehen haben. Gingen Sie nicht in die Methodisten-Kirche? Ich dächte,dort habe ich Sie gesehen.MW. Erinnern Sie sich der Bäckerei in der W. Avenue? (Gegenüber demHause, wo der junge Mann wohnte.)G. Das ist schon einige Zeit her.H.W. Schauen Sie mich nochmal genau an und sehen Sie mal zu, ob ich dasnicht bin, die <strong>den</strong> La<strong>den</strong> hatte.G. Ja, und Sie hatten zwei Mädels.H.W. Ja, die habe ich. Wür<strong>den</strong> Sie eine von ihnen wiedererkennen, wenn Sie siesehen wür<strong>den</strong>? Wür<strong>den</strong> Sie L. wiedererkennen?G. Ich kannte sie zu wenig. L. hat mir immer gut gefallen, aber nach IhrenMädels durfte man ja immer nur höchstens mal mit einem Auge hinsehen.NW.Andere haben sie aber mit <strong>bei</strong><strong>den</strong> Augen angeschaut. Sie sind alle <strong>bei</strong>deverheiratet.G. Ich hab' immer nur mit einem Viertel Auge nach ihnen hingeschielt; solchenBurschen wie mich haben die ja gar nicht angesehen.Dr. Haben <strong>den</strong>n andere Sie angeschaut?G. Das weiß ich nicht. Frauen, Frauen, Frauen — ich immer mitten <strong>unter</strong>ihnen. Es ist doch eine komische Welt.Dr. Wie nannte man Sie, als Sie sich wie eine Frau vorkamen?G. Ich hörte gar nicht hin. Natürlich habe ich einen weiten Weg gehabt, wennich bis nach Kalifornien gelaufen bin. Manchmal habe ich or<strong>den</strong>tlich het-— 287 —


zen müssen, wenn ich etwas zurückgeblieben war; dann lief ich, so schnellich konnte, daß ich dann manchmal sogar an die Spitze kam.Dr. An die Spitze wovon?G. An die Spitze all der Leute; oder meinen Sie, ich wäre <strong>den</strong> weiten Wegallein gelaufen? Ich zog mit einer großen Menschenmenge mit. (Geister,von <strong>den</strong>en die Kranke besessen war.) Mal war ich vorne und dann wiederhinten. Aber was sollte das? Wir sprachen immer dasselbe.Dr. Woher bekamen Sie <strong>den</strong>n zu essen, wenn Sie auf der Wanderschaft waren?G. Ich habe anscheinend nicht viel gebraucht; ich hatte zu fasten gelernt.Dr. Gingen Sie nicht manchmal in die Häuser, um Essen bitten?G. Manchmal ja, aber das ist lange her. Irgend jemand hat behauptet, wennman 3 oder 4 Tage faste, dann fühle man seinen Magen gar nicht mehr. —Es war aber eine schöne Quälerei, zu hungern und nichts zu essen zuhaben. Ich habe viel gefastet, und das ist sehr gut für mich gewesen.H.W. Wohnten ihre Eltern im obersten Stockwerk?G. Nein, im Erdgeschoß.Dr. (Zu Frau H.W.) ist das richtig?H.W. Ja, es stimmt. Ich glaube, seine Eltern sind jetzt tot.G. So, sind sie tot? Wann sind sie <strong>den</strong>n gestorben?H,W. Vor nicht allzulanger Zeit. Ihre Mutter starb vor einem Jahr und Ihr Vatervor wenigen Monaten.G. Woher wissen Sie das?H.W. Von ihrer Schwester.G. Warum hat sie mir das nicht gesagt?H.W. Sie sind doch tot.G. Tot? Ich bin tot? Ich fühle mich doch aber ganz lebendig.H.W. Sind Sie nicht immer gern ins Wirtshaus gegangen?G. Oh, re<strong>den</strong> Sie nicht davon in Gesellschaft.H.W. Wir haben hier keine Gesellschaft.G. Na ja, ich ging wohl hin, aber erzählen Sie das nicht meinen Eltern.H.W. Warum sollen sie das nicht wissen?G. Weil sie es nicht gern sahen. Mutter hatte es gar nicht gern, wenn ich dahinging.H.W. Sie hatten einen guten Vater und eine gute Mutter.G. Ich wollte doch leben, wie es mir gefiel, aber sie wollten, ich sollte meinLeben so einrichten, wie sie es haben wollten.H.W. Was taten Sie, als Sie <strong>bei</strong> Ihren Eltern zu Hause waren?G. Gar nichts.H.W. Haben Sie nicht in der Küche geholfen?G. Mutter wollte das immer, aber ich habe nicht viel getan. Ich habe ihrgewöhnlich das Geschirr abgewaschen, doch hatte ich keine Lust dazu.H.W. Sie hat Sie dazu rangeholt.G. Ja, sie meinte, "Wer essen will, muß auch ar<strong>bei</strong>ten", das ist doch nicht richtig.Ich zog es vor, mich zu drücken, so oft ich irgend konnte; das ist dochnatürlich.— 288 —


Dr. Nein, das ist es nicht. Für manchen ja, für andere aber nicht.G. Jeder geht doch gern mal aus und faulenzt mal ein bißchen rum. Manmöchte doch auch ein bißchen Freiheit haben.H.W. Sie wollten eben ganz ungebun<strong>den</strong> sein und immer nur herumbummeln.G. Ich habe zwischendurch auch immer wieder mal gear<strong>bei</strong>tet — zeitweilig.Ich habe meiner Mutter mit<strong>unter</strong> auch Geld gegeben, doch kam es nicht oftvor, daß ich welches hatte.H.W. Am liebsten gingen Sie von Haus zu Haus und bettelten um Essen undsuchten auch ein paar Dollar zu bekommen, wo Sie nur konnten.G. Was hat das alles für einen Wert gehabt?Dr. Wir möchten Ihnen begreiflich machen, daß Sie Ihren irdischen Körperabgelegt haben. Sie sind schon vor langer Zeit gestorben. Diese Dame(Frau H.W.) scheint zu wissen, wer Sie sind.G. Sie buk gute Kuchen, ich habe mir manchmal einen gewünscht.H.W. Haben Sie mal von meinen Pfeffernüssen gekostet?G. Ja, Sie haben mir manchmal welche gegeben. Ich sollte mich nach Ar<strong>bei</strong>tumsehen, aber bald aus diesem, bald aus jenem Grunde ar<strong>bei</strong>tete ich haltdoch nicht, hatte auch keine große Lust dazu.Dr. Nun aber, lieber Freund, begreifen Sie, daß Sie, wie man so sagt, "gestorben"sind. Sie sind nun lange genug unwissender Geist in der äußerstenFinsternis gewesen, von der die Bibel spricht. Dieser Körper gehört ihnennicht.G. Ja, er gehört mir doch.Dr. Nein, er gehört meiner Frau.G. Wie könnte ich Ihre Frau sein, wenn ich ein Mann bin?Dr. Sie sind ein unsichtbarer Geist. Wir können Sie nicht sehen; wir hören Sienur sprechen. Erkennen Sie diese Hände? (Zeigt auf die Hände des Mediums.)G. Mir ist schon lange so seltsam zu Mute, was ist das bloß, in aller Welt? Eswar manchmal ganz sonderbar. Blitz und Donner prasselten auf mich los(elektrische Behandlung der Kranken) und haben mir schrecklich zugesetzt.Man hat mich nicht eine Minute in Ruhe gelassen; es war ganz gewaltig,dies Donnern und Blitzen. Der Blitz ist das schlimmste, der Donner istnicht so schlimm. Das Blitzen war so schlimm, daß ich hinterher dachte,ich könnte überhaupt nichts mehr sehen. Ich möchte sagen, es kam in ganzenStrömen auf mich herab, es war, als ob man einen Schlag auf <strong>den</strong> Kopfkriegte, der sich in einem fort immer und immer wiederholte. Es war zumStaunen, wie das ging, aber es war ein richtiges Wunder, <strong>den</strong>n es hat michwach gemacht. Das hat mich so gut und gründlich wachgerüttelt, daß ichnicht länger widerstehen konnte.H.W. Das freut mich sehrG. Ich wußte nicht, was Sie sich darüber zu freuen hätten.H.W. Ich will Ihnen mal erzählen, warum ich mich darüber freue. Sie habenlange Zeit hindurch meine Tochter durch Besessenheit belästigt.G. Woher wollen Sie das wissen?— 289 —


H.W. Das ist ja auch der Grund, weshalb Sie die ganze Zeit immer mit Frauenzusammen waren. Sie sind gänzlich unwissend und haben meine Tochterbesessen gemacht. Dafür sind Sie auch mit "Donner und Blitz" bear<strong>bei</strong>tetwor<strong>den</strong>; meine Tochter wurde nämlich elektrisch behandelt, und Sie sinddadurch aus ihr herausgetrieben wor<strong>den</strong>. Sehen Sie, darüber bin ich rechtfroh.Dr. Und ich bin derjenige, der Ihnen die elektrischen Schläge verabfolgt hat.Damit treiben wir unwissende Geister aus.G. Ich meine, Sie sollten ein bißchen zarter vorgehen.Dr. Ich tue es überhaupt nicht gern, aber oftmals ist es unbedingt notwendig.G. Ich verstehe nur nicht, warum ich soviel davon haben mußte, daß es wieDonner und Blitz auf mich r<strong>unter</strong>prasselte. Das haut einem ja auf <strong>den</strong> Kopfwie mit einem Schmiedehammer.Dr. Aber wir hatten Erfolg, indem wir Sie aus der Dame herausgetriebenhaben.G. Ich habe doch keine Dame gequält, dazu hatte ich ja gar keine Gelegenheit.Ich bin nur immer hinter <strong>den</strong> Frauen hergegangen, aber damit kann ich siedoch nicht belästigt haben, sollte ich meinen.H.W. Gewiß haben Sie meine Tochter belästigt.Dr. Deshalb haben wir Ihnen doch die elektrischen Schläge verabreichen müssen.Waren da noch andere <strong>bei</strong> Ihnen?G. Ja, es sind unser eine ganze Menge.Dr. Sind auch jetzt immer noch welche drin?G. Ich weiß nicht, manche kommen und gehen.Dr. Die wer<strong>den</strong> jedesmal, wenn sie kommen, elektrische Schläge kriegen!G. Ich werde mir keine mehr holen, ich <strong>den</strong>ke, ich brauche keine mehr.Dr. Wenn Sie sich noch länger hier herumdrücken, wer<strong>den</strong> Sie schon noch wasabbekommen.G. Ich hab' kein Verlangen danach.Dr. Hat man Sie nicht mal Frau A. genannt?G. Nein, ich bin nie eine Frau gewesen und konnte daher auch nie so heißen.Ich war nur immer mit Frauen zusammen.Dr. Haben Sie diesen Namen überhaupt mal gehört?G. Nein.NW.Das ist der Name meiner Tochter, und Sie haben die elektrischen Schlägenur deshalb bekommen, weil Sie sich immer <strong>bei</strong> ihr aufhielten.G. Haben Sie mir das eingebrockt?H.W. Allerdings.G. Dann sind Sie ein böses Weib, wenn Sie das getan haben.H.W. Ich wollte doch, daß Sie endlich meine Tochter in Ruhe lassen sollten.G. Ich sagte Ihnen doch schon, ich habe Ihre Tochter niemals belästigt. Ich bindoch nur hinter <strong>den</strong> Frauen hergegangen.Dr. Sie sind ein bißchen zu dicht hinter ihnen hergegangen. Waren Sie der einzigeMann zwischen soviel Frauen?— 290 —


G. Es gibt da etwas, was man eine Grenze nennen könnte, und innerhalb dieserGrenze hat man zu gehen und kann nicht darüber hinaus. Ich hatte keineLust zu ar<strong>bei</strong>ten. (Die Patientin litt an schwerer Apathie.)H.W. Sie waren faul.G. Was hätte <strong>den</strong>n das für einen Sinn gehabt, wenn man sein Essen so bekommenkonnte? Es ist doch besser, man nimmt die Dinge so, als daß man sichtot ar<strong>bei</strong>tet.Dr. Das ist ein recht armseliger Grund. Menschen, die etwas leisten, sindimmer glücklich.G. Ich mache mir nichts daraus; wenn Menschen durchaus wie Sklaven schuftenwollen, so mögen sie es meinethalben gern tun. Ich bin nicht fürsAr<strong>bei</strong>ten.Dr. (Zu Frau H.W.) War dieser Mensch so?H.W. Ja, in jedem Zoll, er heißt Bergquist.G. Woher wissen Sie das?MW. Ihre Wesensart und Ihr Verhalten sind mir doch ganz geläufig.G. Können Sie <strong>den</strong>n wissen, wie ein Mensch heißt, bevor Sie wissen, wer erist?H.W. Ich erkenne Sie an Ihrem ganzen Verhalten. Ich habe Sie doch sehr gutgekannt. Ich kannte auch Ihren Bruder, der nach Kuba in <strong>den</strong> Krieg ging.Er kam mit Schwindsucht zurück und starb.G. Ich hatte noch einen anderen Bruder, der auch gestorben ist.Dr. Nun, alter Freund, ich möchte, daß Sie endlich begreifen lernen.H.W. Hören Sie auf <strong>den</strong> Doktor.G. Doktor? Ich bin doch nicht krank.MW. Sie brauchen aber <strong>den</strong> Rat des Doktors.G. Rat? Dann muß ich zu einem Anwalt gehen. Wenn ich krank war, ging ichzum Doktor, und wenn ich Rat brauchte, dann ging ich zum Rechtsanwalt.Dr. Sie sind geistig krank.G. Ich kann nicht sagen, daß ich krank bin; ich fühle mich recht gesund. Ichfühle mich wohler als seit vielen <strong>Jahre</strong>n.Dr. Sie wer<strong>den</strong> sich aber nicht sehr lange mehr wohl fühlen, wenn Sie nichtbald Ihr Verhalten ändern. Sie stecken augenblicklich im Körper meinerFrau.G. In dieser Hinsicht kann ich doch wohl tun, was mir gefällt.Dr. In diesem Falle können Sie das aber nicht! — Glauben Sie, mir wäre esrecht, daß Sie hier endlos sitzen bleiben und <strong>den</strong> Körper meiner Frau fürsich behalten? Seiten Sie sich mal diese Hände an, sind das Ihre? WachenSie doch endlich auf und seien Sie nicht so verschlafen! Kennen Sie dieseHand?G. Wie bin ich <strong>den</strong>n zu der gekommen? Ich bin soviel mit Frauen zusammengewesen, daß ich jetzt Frauenhände habe.Dr. Sie müssen jetzt richtig aufwachen und zuhören. Tatsache ist, daß Sie einganz unwissender Geist sind. Wir haben Sie jetzt aus der Dame vertrieben,— 291 —


die Sie so lange Zeit gequält haben. Ihren eigenen Körper haben Sie schonvor vielen <strong>Jahre</strong>n verloren.G. Das kümmert mich alles gar nicht.Dr. Sie wer<strong>den</strong> sich aber darum kümmern müssen, Sie sind schon vor längererZeit gestorben und sind ein unsichtbarer Geist. Sie haben sich beständig inder Nähe dieser Dame herumgedrückt und sie arg belästigt. Sie ist deshalbnach Kalifornien gebracht wor<strong>den</strong>, um sich von ihren Geistern, — zu <strong>den</strong>enauch Sie gehören — befreien zu lassen. Ich habe ihr die elektrischeBehandlung geben müssen, damit sie Sie los wurde. Sie sind also nun ausihr vertrieben und haben die Erlaubnis erhalten, vorübergehend vom Körpermeiner Frau Besitz zu nehmen, damit wir uns mit Ihnen verständigenkönnen. Sie wer<strong>den</strong> diesen Körper wieder verlassen und vor allein Vernunftannehmen müssen.G. Da möchte ich Sie doch mal was fragen — wenn ich nun aber keine Vernunftannehme, was wollen Sie dann machen? Mutter hat schon immergesagt, ich wäre nicht recht <strong>bei</strong> Verstand.Dr. Sie sind träge und <strong>den</strong>kfaul. Sie wer<strong>den</strong> jetzt aber mal Ihr bißchen Verstand,das Gott Ihnen gegeben, zusammennehmen müssen, und wenn'sauch noch so wenig ist. Sie dürfen nicht länger mehr so faul und gleichgültigsein!G. Ich will aber nicht ar<strong>bei</strong>ten.Dr. Das wer<strong>den</strong> Sie in der Geisterwelt aber müssen.G. Woher wissen Sie das? Wie können Sie wissen, daß man mich zur Ar<strong>bei</strong>tzwingen wird?Dr. Sie wer<strong>den</strong> noch froh sein, ar<strong>bei</strong>ten zu dürfen. Sie dürfen jetzt keine Menschenmehr quälen.G. Was meinen Sie damit?Dr. Unwissende Geister treiben sich in der Er<strong>den</strong>sphäre herum und gesellensich zu Menschen, die sie dann besessen machen und veranlassen, sich wieIrrsinnige zu benehmen.G. Was soll <strong>den</strong>n so'n armer Kerl auch machen?Dr. Den Verstand gebrauchen, <strong>den</strong> der liebe Gott ihm gegeben hat!G. Ich habe keinen. Was soll ich machen? Sie sagen, ich stecke in einem Körper,der mir nicht gehört?Dr. Ja, und aus diesem Körper müssen Sie auch wieder heraus und auf diehöheren Geister hören, die Ihnen helfen wollen. Meine Frau erlaubt Ihnen,ihren Körper zu benützen, damit die andere Dame Sie los wird.G. Was ist sie <strong>den</strong>n für eine Frau?Dr. Sie ist ein Medium, die unwissende Geister, wie Sie z.B., ihren Körperbenutzen läßt, damit wir uns mit ihnen verständigen können. Wenn Sie sichumschauen, wer<strong>den</strong> Sie Geister sehen, die Ihnen helfen wollen.G. Geister?Dr. Sie wer<strong>den</strong> Geister fin<strong>den</strong>, die Ihnen helfen und zeigen wollen, wie Sie ambesten vorwärts kommen können. Auch Sie können Ihr Glück fin<strong>den</strong>.G. Meine Beine wer<strong>den</strong> ganz taub.— 292 —


Dr. Dieser Körper gehört Ihnen ja gar nicht. Wir können Sie nicht sehen.G. Nein?Dr. Sie sind für uns nicht sichtbar, können Sie das nicht verstehen?G. Das will mir anscheinend gar nicht in <strong>den</strong> Kopf.Dr. Sehen Sie sich doch mal um, Sie wer<strong>den</strong> Geister gleich Ihnen fin<strong>den</strong>, dieIhnen helfen wollen.G. Ich brauche keine Hilfe.Dr. O doch, die haben Sie sehr nötig. Sie brauchen schon Hilfe, um überhauptin die geistige Welt hineinzufin<strong>den</strong>.G. Wo ist das?Dr. Es ist eine uns Menschen nicht sichtbare Ebene um die Erde herum; Siewer<strong>den</strong> sie schon fin<strong>den</strong>, wenn Sie nur erst mal danach suchen. Da wer<strong>den</strong>Sie erst erkennen, welch großen Wert das Leben hat.G. Mir ist, als könnte ich einschlafen.Dr. Wenn Sie das tun, dann werde ich Ihnen noch mehr elektrische Schlägegeben.H.W. Denken Sie doch mal an <strong>den</strong> Kummer, <strong>den</strong> Sie Ihrer Mutter bereitethaben.G. Ich war ein Dummkopf.Dr. Das waren Sie garnicht, Sie haben sich nur so gehen lassen und waren faulund träge.G. Mutter ist hier. (Als Geist.) Aber ich weiß nicht, was sie von mir will.Dr. Hören Sie zu, was sie Ihnen sagt.G. Sie sagt: "Du warst ein sehr eigenwilliger Junge. Nun gib Dir mal Mühe,aufzuwachen und ein anderer zu wer<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n hier drüben ist das Lebenganz anders, und Du wirst Dir Dein Glück verdienen müssen."Dr. Dann wer<strong>den</strong> Sie auch <strong>den</strong> Wert des Lebens erst schätzen lernen.G. Mutter scheint sehr glücklich zu sein.Dr. Sie wird Ihnen helfen, wenn Sie es ernst meinen.G. Ich möchte mit ihr gehen. — Ich muß lernen.Dr. Sie müssen vor allem gehorchen.G. Mutter sagt, sie ist glücklich darüber, daß es ihr jetzt endlich gelungen ist,meiner habhaft zu wer<strong>den</strong>. Ich bin in meiner Art glücklich, sie zu sehen.Dr. Geben Sie sich mal ernstlich Mühe zu begreifen, daß das Leben einen Sinnhat.G. Ich will also mit ihr gehen; sie sagt, ich dürfe die Dame nicht mehr belästigen.Nach dem letzten Donnerwetter, das ich bekommen habe, will ich diesenKörper auch gern in Ruhe lassen. Ich dachte ja, ich sollte meinen Kopfverlieren, ich hab's gehörig bekommen.H.W. Das haben Sie bestimmt. Können Sie nicht Ihre Schwester F. als Geist hiersehen?G. Ja, sie ist hier, mit einer ganzen Menge Menschen. Ich <strong>den</strong>ke, ich will jetztgehen.Dr. Wie wollen Sie das machen? Ich will's Ihnen erklären.G. Nein, ich geh' schon.— 293 —


Dr. Wie <strong>den</strong>n?G. Ich stehe eben auf und gehe los. (Versucht vergebens, sich zu erheben.) Ichkann mich nicht bewegen.Dr. Sie haben diesen Körper augenblicklich nur teilweise in der Gewalt. Siemüssen sich zu Ihrer Mutter hin<strong>den</strong>ken.G. Mich hin<strong>den</strong>ken?Dr. Sie müssen sich mit Ihren Gedanken fortbewegen.G. Komm doch rüber, Mutter (zeigt), dann will ich in Gedanken zu Dir hinüberspringen. (Sitzt einen Augenblick still und lacht dann herzhaft.) Ichkann nicht springen, das wäre schon ein Sprung!Dr. Sie sind jetzt in Kalifornien; wie lange wür<strong>den</strong> Sie brauchen, um sich nachChicago hinzu<strong>den</strong>ken. Sie können in Gedanken doch sofort dort sein, daSie keinen physischen Körper mehr haben, <strong>den</strong> Sie mitnehmen müßten. Inder geistigen Welt ist der Gedanke die bewegende Kraft.G. Nun will ich schnell <strong>den</strong>ken und springen. Aber ich komme immer nochnicht hin.Dr. Sie müssen sich mal ganz entspannen, und sich ruhig zu Ihrer Mutter hin<strong>den</strong>ken, dann wer<strong>den</strong> Sie auch gleich von diesem Körper loskommen.H.W. Können Sie Ihre Schwester F. sehen?G. Ja, und Vater auch. Sie kommen mich holen. Sie sagen, sie möchten, daßich mich bessere und ein anständiger Kerl werde. Ja, ich glaube schon, daswerde ich wohl müssen.Dr. Sie müssen jetzt aber gehen, Ihre erste Aufgabe im Geisterlande ist, richtig<strong>den</strong>ken zu lernen.G. Mir kommt das so dumm vor, wenn ich <strong>den</strong>ken soll. Meine Mutter danktIhnen herzlich, und ich bitte Sie sehr um Entschuldigung wegen meinerUnwissenheit. Leben Sie wohl!— — —Viele erdgebun<strong>den</strong>e Geister sind sich wohl bewußt, daß sie Menschen beeinflussen;aber sie freuen sich ihrer Macht, scheinbar ohne jegliche Gewissensbisse.Diese haben sich häufig während ihres Er<strong>den</strong>lebens von jedem Kirchenglaubenabgewandt und gegen höhere Ethik und alle Ideale verhärtet.Ein Geist dieser Art wurde aus Herrn G. ausgetrieben, der von Kindheit an <strong>unter</strong>heftigen Wutanfällen gelitten hatte.Während der Wochen, wo dieser Geist an die Oberfläche gebracht wurde, zurVorbereitung für seine Austreibung, war Herr G. sehr reizbar, besonders wenner sein Auto lenkte. Es traten <strong>bei</strong> ihm Gemütszustände auf, in <strong>den</strong>en er sich vonaller Welt fortwünschte. Nachdem der Geist dann ausgetrieben wor<strong>den</strong> war,änderte sich das Wesen dieses Herrn vollkommen, und er wurde wieder ganznatürlich.Herr und Frau G. waren <strong>bei</strong>de anwesend, als dieser Geist sich durch meine Fraukundgab.— — —— 294 —


Sitzung vom 21. September 1922Geist: Fred Haupt. — Patient: Herr G.Der Geist versuchte mit aller Gewalt auszurücken, und als man dem Medium dieHände festhielt, wehrte er sich wütend dagegen.Doktor: Wer sind Sie? Kommen Sie, seien Sie vernünftig. Es hilft Ihnen ja dochnichts. Ihr Sträuben hat gar keinen Sinn. Wer sind Sie <strong>den</strong>n?Geist: Das geht Sie gar nichts an, wer ich bin! Ich verzichte gern auf Ihre Gesellschaft.Ich wollte ja gar nicht hierher. Ich komme auch nie wieder. Ihr solltmich nicht wieder einfangen!Dr. Mit wem sind Sie <strong>den</strong>n hergekommen?G. Das geht Sie doch gar nichts an, mit wem ich hergekommen bin.Dr. Wie lange sind Sie schon tot?G. Ich bin nicht tot. Sie wer<strong>den</strong> schon merken, ich komme für nichts mehr auf.(Zu Frau G.) Sie machen sich nichts mehr aus mir?Dr. Ich soll mir nichts aus Ihnen machen?G. Ich meine Sie ja gar nicht. Ich werde aber gleich mit Ihnen abrechnen. Siehaben diese schrecklichen Blitzstrahlen auf mich losgelassen, auf Kopf undRücken. (Elektrische Behandlung des Patienten.)Dr. Das war Elektrizität und hat anscheinend Leben in Sie gebracht.G. Ich habe Ihnen schon mehrmals gesagt, daß ich hier nie wieder herkomme.Dr. Wie lange sind Sie schon tot?G. Tot? Ich hin nicht tot, und es wird Ihnen nicht gelingen, mich noch einmalhierherzubringen. Sie glauben, diesmal haben Sie mich gefaßt, aber ichzeig's Ihnen schon. Sie wer<strong>den</strong> mich nicht wieder überlisten. Ich bin schönwütend auf Sie!Dr. Worüber sind Sie <strong>den</strong>n so ärgerlich?G. Auf alle Welt!Dr. Wenn Sie einen Groll haben, können wir Ihnen vielleicht helfen, ihn loszuwer<strong>den</strong>.G. Geben Sie nur Ihres Weges, und ich gehe <strong>den</strong> meinigen! Ich hab' genug!Gehen Sie doch, wohin Sie wollen! Sie <strong>den</strong>ken, Sie haben mich nun inIhrer Gewalt, aber Sie wer<strong>den</strong> es ja sehen, Sie wer<strong>den</strong> sich schön schnei<strong>den</strong>.Ich erzähle Ihnen doch nichts, Sie brauchen mich also gar nicht erst zufragenDr. Wir möchten gern wissen, wer Sie sind?G. Das ist mir doch höchst gleichgültig. Sie meinen, Sie haben mich in IhrenKlauen, da wer<strong>den</strong> Sie sich aber bös schnei<strong>den</strong>.Dr. Wollen Sie uns nicht wenigstens sagen, wer Sie sind?G. Ich habe nicht die geringste Lust, mit Ihnen bekannt zu wer<strong>den</strong>; und es istauch ganz und gar nicht nötig, daß Sie mit mir Bekanntschaft machen. Ichwill für mich allein sein und gehe jetzt fort. Ich will nieman<strong>den</strong> um michhaben, ich möchte allein bleiben. Ich fühle mich in meiner eigenen Gesellschaftan wohlsten.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n für Erfahrungen gemacht?— 295 —


G. Ich rede nicht mehr mit Ihnen.Dr. Wie kommt es <strong>den</strong>n, daß Sie hier sind?G. Sie haben mich ja hergeholt, durch diese komischen Blitze (Elektrizität).Dr. Es würde Sie sicherlich erleichtern, wenn Sie uns erzählen was Siebedrückt; <strong>den</strong>n wir können Ihnen helfen. Wo haben Sie <strong>den</strong>n diesen Ringher, <strong>den</strong> Sie da tragen? (Gemeint ist ein Ring an der Hand des Mediums.)G. Das gebt Sie doch gar nichts an. Sie brauchen sich wirklich nicht <strong>den</strong> Kopfdarüber zu zerbrechen, wo ich <strong>den</strong> herhabe.Dr. Waren Sie schon immer so spöttisch?G. Bleiben Sie mir mit Ihren Hän<strong>den</strong> vom Leibe, ich will fort.Dr. Wo wollen Sie <strong>den</strong>n hin?G. Das kann Ihnen doch ganz gleich sein, wo ich hin will; ich kümmere michja auch nicht darum, wo Sie hinwollen.Dr. Sie haben doch gar keinen Ort, wo Sie hingehen könnten.G. (Ärgerlich) Glauben Sie etwa, ich bin ein Vagabund? Ich habe noch immerGeld genug gehabt, meine Wohnung zu bezahlen. Ich kann gehen, wohinich will.Dr. Dann sind Sie wohl so etwas wie ein Gentleman?G. Wenn ich in Gesellschaft von Gentlemen bin, dann bin ich auch einer. Siebrauchen gar nicht mehr mit mir zu re<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n von Ihnen mit Ihren elektrischenFunken will ich gar nichts mehr wissen.Dr. Sind Sie so niedergeschlagen?G. Nein, ich bin wütend.Dr. Sagen Sie uns doch, wer Sie sind.G. Ich bin doch ganz bedeutungslos für Sie. Sobald Sie Ihre Hände von mirlassen, werde ich schon selber für mich sorgen.Dr. Was wollen Sie <strong>den</strong>n tun?G. Das geht Sie doch nichts an.Dr. Sagen Sie uns, wie lange Sie schon tot sind.G. Ich bin nicht tot und bin es auch nie gewesen.Dr. Was wür<strong>den</strong> Sie davon halten, wenn ich Ihnen sage, daß wir jetzt 1922schreiben? Ist Ihnen das glaubhaft?G. Ich will mit Ihnen nichts zu tun haben. Ich habe hier nichts zu schaffen, ichwerde auch hier nie wieder herkommen.Dr. Wir haben Sie ja gar nicht gebeten, herzukommen.G. Sie haben mich in ein Gefängnis gesteckt.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n in das Gefängnis gekommen? Wer hat sie da hineingebracht?G. Nun, Sie haben mich doch gestern eingesperrt.Dr. Wirklich?G. Ich werde Sie verfolgen, bis Sie nicht mehr wissen, woran Sie sind.Dr. An sowas bin ich gewöhnt.G. Meine Angelegenheiten besorge ich mir selbst. Und Sie kümmern sichgefälligst um Ihre eigenen. Hier wollen wir mal ganz reinlich schei<strong>den</strong>. Ich— 296 —


will nichts mehr mit Ihnen zu tun haben. Ich gehe meinen Weg und Sie <strong>den</strong>Ihren.Dr. Wenn wir Sie aber nun nicht fortlassen? Machen Sie sich Ihre Lage docherst richtig klar. Sie sind ein Geist und haben Ihren sterblichen Körper verloren.G. Das ist mir höchst gleichgültig, und wenn ich meinen sterblichen Körperzehntausendmal verloren haben sollte. Was ist da<strong>bei</strong>? Ich lebe doch genauso, als ob ich meinen Körper noch hätte. Was kümmert's mich!Dr. Durch wessen Körper sprechen Sie <strong>den</strong>n hier?G. Ich habe verschie<strong>den</strong>e Körper, ich gehe von einem Ort zum anderen. Malkann ich 'ne Dame sein und andermal ein Herr. Mich kriegt keiner zu fassen.Dr. Jetzt hat Sie aber doch jemand zu fassen gekriegt, und nun ist Schlußdamit, sich in das Leben anderer einzumischen.G. Ich habe mich lange <strong>Jahre</strong> nur um meine eigenen Sachen gekümmert.Dr. Sagten Sie nicht, Sie wären im Gefängnis?G. Das wird nicht lange dauern.Dr. Wenn Sie Ihr Benehmen nicht ändern, kommen Sie in einen dunklen KerkerG. Sie wer<strong>den</strong> sich sehr täuschen! Ich bin schon oft in der Klemme gewesenund hab' immer wieder herausgefun<strong>den</strong>.Dr. Haben Sie einen Fordwagen besessen?G. Nein, hab ich nicht gehabt — was soll das?Dr. Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen. — Ein Mann, der eine FordMaschine besaß, starb; und sein letzter Wunsch war, man sollte ihm seinenFord mit ins Grab legen.G. Wozu?Dr. Er sagte, sein Ford hätte ihm oft aus der Klemme geholfen.G. Hat man das nun getan?Dr. Ja, ich nehme es an.G. Ha, ha! Solche Dummköpfe! Man kann sich doch keinen Wagen mitnehmen,wenn man tot ist!Dr. Wissen Sie nicht, daß es tatsächlich keinen Tod gibt? In Wirklichkeit stirbtkein Mensch!G. Sie wollen damit sagen, ich sei nicht tot?Dr. Nur Ihr Körper ist tot.G. Nun ich kann je<strong>den</strong>falls sein, was ich möchte; bald ein Mann und dann maleine Frau.Dr. Nein, das können Sie nicht! Sie können nur Männer und Frauen besessenmachen.G. Nein, das tue ich nicht. Wenn ich will, kann ich die ganze Familie nachmeiner Pfeife tanzen lassen. Ich hab' ein herrliches Leben. Ich gehe, wohinich will und bin immer mein eigener Herr. Bin ich hungrig, dann esse ichmanchmal, mit<strong>unter</strong> aber auch nicht. Das beste Mittel, <strong>den</strong> Appetit anzuregen,ist hungern. Dann ißt man alles, und es schmeckt einem auch gut.— 297 —


Wenn man keinen Hunger hat, schmeckt einem auch nichts. Ich versteheSie ja, da bin ich doch kein Geist.Dr. Sie sprechen aber doch durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Wir verschwen<strong>den</strong> nur nutzlos Zeit, darum will ich nur lieber gehen.Dr. Ich hoffe, wir wer<strong>den</strong> schon noch <strong>bei</strong>de gute Freunde wer<strong>den</strong>.G. Ich will aber nichts mit Ihnen zu tun haben.Dr. Kommen Sie, lieber Freund, lassen Sie uns noch mal in Ruhe über dieDinge re<strong>den</strong>. Das Leben ist voller Wunder. Wir können <strong>den</strong>ken und handelnund wissen doch nicht einmal über uns selber richtig Bescheid.G. Sie wissen nicht, wer Sie sind? Nun, das ist allerdings sehr schlimm fürSie.Dr. Haben Sie jemals darüber nachgedacht, was für ein Wunder doch derKlang der Töne ist?G. Der ist nicht wunderbarer als alles andre. Nun lassen Sie mich aber gehen,ich habe keine Lust, mich noch länger von Ihnen festhalten zu lassen.Dr. Nein, ich kann Sie nicht eher gehen lassen, als bis Sie Vernunft angenommenhaben.G. Wenn Sie mich nicht festhielten, würde ich Sie ja wie der Blitz zu Bo<strong>den</strong>schlagen! Ich kann rasend wer<strong>den</strong>, ich kriege Wutanfälle!Dr. Nun, Johnnie, hören Sie doch mal, was ich ihnen zu sagen habe.G. Johnnie? So heiße ich nicht. Ich sag's Ihnen auch nicht, wie ich heiße.Dr. Sind Sie ein Mörder, und deshalb so voller Haß?G. Nein, ich bin ein ehrbarer Mensch. Ich möchte aber meinen eigenen Willenhaben, und setze mich auch immer durch. Sonst werde ich wütend!Dr. Zu welcher Kirche haben Sie gehört?G. Das geht Sie gar nichts an.Dr. Waren Sie ein Priester oder ein Diakon?G. Nein, ich erzähle Ihnen doch nichts. Seien Sie doch still! (Schließt die Lippenfest.)Dr. Weshalb sitzen Sie so still da?G. Halten Sie <strong>den</strong> Mund! Ich <strong>den</strong>ke nach, ich will allein sein.Dr. Was führen Sie <strong>den</strong>n jetzt Böses im Schilde?G. Nehmen Sie sich nur in acht, mir solche Fragen zu stellen! Wenn ich erstwütend werde, schlage ich Ihnen in einem Augenblick das ganze Hauszusammen. Ich könnte je<strong>den</strong> zu Bo<strong>den</strong> schlagen.Dr. Re<strong>den</strong> ist leicht.G. Man kann in Worten ebenso leicht dick tun, wie beschei<strong>den</strong> sein.Dr. Sagen Sie uns doch, wer Sie sind und wie lange Sie schon tot sind.G. (Stampft heftig mit <strong>den</strong> Füßen und versucht sich mit Gewalt frei zumachen.) Wenn ich bloß erst freikommen könnte, werde ich Ihnen schonzeigen, daß ich nicht tot bin! Ich habe Ihnen das schon mal gesagt — jetztseien Sie still!Dr. Sie sprechen aber doch durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Lassen Sie mich doch mal los, dann werde ich Ihnen schon was zeigen.— 298 —


Dr. Das ist ja schwulstiges Gerede und führt zu nichts. Sie sprechen dochimmerzu durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Ich höre gar nicht länger mehr hin nach Ihnen. Ich bedeute Ihnen ja dochnichts. Und wenn diese verdammte Elektrizität nicht gewesen wäre, dannhätten Sie mich nicht herausgebracht und ins Gefängnis stecken können.Ich schlage Sie nieder, wenn ich bloß erst loskomme. Wir können uns dochhier gleich trennen. Sie gehen Ihren Weg und ich meinen. Das würde mirgerade passen.Dr. Aber wir wollen uns doch als Freunde trennen.G. Sie sagen Freunde? Sie wer<strong>den</strong> niemals in mir einen Freund fin<strong>den</strong>, wennSie mich so mit Elektrizität bear<strong>bei</strong>ten, wie Sie das getan haben.Dr. Das waren doch nur ein paar freundliche Klapse. Das war das Beste, wasIhnen überhaupt geschehen konnte.G. (Spöttisch.) Das meinen Sie!Dr. Machen Sie sich doch mal ernstlich klar, daß Sie hier durch <strong>den</strong> Körpermeiner Frau sprechen.G. Ich mag gar nichts mit Ihrer Frau zu tun haben. Die Frauen können allesamtihrer Wege gehen, und ich gehe meinen. Ich will nichts mit Frauen zutun haben; mit Ihrer Frau ebensowenig wie mit allen anderen. Ich habe IhreFrau ja nie kennen gelernt, die behalten Sie sich nur selber!Dr. Sie sprechen mit uns durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau. Sie können Ihrengegenwärtigen Zustand nicht begreifen, weil Sie so wenig Bescheid wissen.G. Sie wissen doch auch nicht besser Bescheid als ich.Dr. Seien Sie nur frei und offen. Machen Sie sich klar, daß Sie ein Geist sind.Sie sind ein tanz dummer und törichter Geist und wissen das gar nicht!G. Ein feiner Herr, der einen dumm und töricht nennt.Dr. Sie sind doch nun mal ein törichter, eigensüchtiger Geist! Wenn Sie nichtso töricht wären, wür<strong>den</strong> Sie auf mich hören!G. Das kümmert mich nicht, nun lassen Sie meine Hände los!Dr. Ich halte ja gar nicht Ihre Hände; ich halte die Hände meiner Frau.G. Um alles in der Welt, können Sie <strong>den</strong>n nicht sehen? Ich bin ein Mann! VerwechselnSie mich doch nicht mit Ihrer Frau, die nehmen Sie sich nur hin,ich will sie ganz gewiß nicht haben.Dr. Wenn Sie nicht so eigensinnig wären, wür<strong>den</strong> Sie begreifen, daß etwasBesonderes mit Ihnen los ist. Sehen Sie sich doch mal Ihre Hände an.G. (Weigert sich, hinzusehen) Es sind meine. Wenn ich nur loskäme, dannwürde ich Ihnen schon dieses oder jenes zeigen! Ich habe augenblicklichmehr Kräfte als je zuvor. Jetzt kann ich auch wieder re<strong>den</strong>. Vorher mischtesich immer jemand hinein. Jetzt bin ich wieder frei, kann re<strong>den</strong> und meinenMann stehen.Dr. Sie sprechen aber immer durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Ich haue Ihnen eins auf <strong>den</strong> Kopf, wenn Sie nicht von Ihrer Frau auf hören!Dr. Meine Frau ist ein Medium.G. Nun, was macht das? Was geht mich das an! Das ist mir doch ganz egal.und wenn ihre Frau tausendmal ein Medium ist!— 299 —


Dr. Höhere Geister haben Sie hergebracht, um ihnen helfen zu lassen. WennSie keine Vernunft annehmen wollen, kommen Sie wieder ins Gefängnis.G. Man kann doch tun, was man will.Dr. Was haben Sie aber für einen Gewinn davon, wenn Sie so eigensinnig bleiben?Wir versuchen doch nur, Ihnen einen richtigen Begriff von Ihrer Lage<strong>bei</strong>zubringen.G. Ich bin mal von einem Schurken von Geistlichen bekehrt wor<strong>den</strong>, der hatmir all mein Geld abgenommen und mich dann rausgeschmissen.Dr. Das war vermutlich ganz gut für Sie.G. Was, mich rausschmeißen? Ich hab' ihm nur ein paar Fragen über dasLeben vorgelegt, und darauf sagte er: Du großer Sünder, mach, daß Durauskommst! Er wollte nur mein Geld.Dr. Das gab Ihnen doch aber keinen Aufschluß über das Rätsel des Lebens.G. Lebensrätsel? Leben ist eben Leben, das ist alles. Wir wer<strong>den</strong> hier geboren,wir bleiben eine Weile und gehen dann wieder.Dr. Wo war die Kirche, von der Sie sprachen? Zu welcher Sekte gehörte sie?G. Meine Geheimnisse verrate ich Ihnen nicht. Ich mag überhaupt nichts vonmir erzählen und werde Ihnen weder meinen noch <strong>den</strong> Namen des Geistlichennennen.Dr. Sie erkennen immer noch nicht, daß Sie sich hier <strong>unter</strong> Freun<strong>den</strong> befin<strong>den</strong>.Wir können Ihnen helfen. Sie wer<strong>den</strong> bald merken, daß wir Ihnen helfenkönnen, manches zu verstehen, wovon Sie jetzt noch keine Ahnung haben.Ich habe Ihnen schon mehrmals gesagt, daß Sie Ihren irdischen Körper verlorenhaben und jetzt ein Geist sind, das begreifen Sie aber nicht.G. Ich habe meinen Körper doch nicht verloren, <strong>den</strong>n ich besitze ja eine ganzeAnzahl davon.Herr G.: Wie können Sie <strong>den</strong>n mehr als einen Körper besitzen?G. Wie das zugeht, weiß ich zwar nicht, ich habe aber tatsächlich andere Körperzur Verfügung gehabt.Frau G.: Wie kamen Sie <strong>den</strong>n zu diesen anderen Körpern?G. Das weiß ich nicht, aber das stört mich auch nicht im geringsten.HG. Wie konnten Sie einmal ein Mann und dann mal wieder eine Frau sein?G. Darüber hab ich mir niemals Gedanken gemacht. Ich weiß es selber nicht.HG. Wer hat Sie <strong>den</strong>n hergebracht?G. Sie brachten mich einfach her.HG. Wer <strong>den</strong>n?G. Ich weiß nicht, ich wollte ja gar nicht hierher, aber sie brachten mich einfachhier rein. Ich hab' ja auch schon gesagt, ich komme nie wieder.HG. Sind Sie <strong>den</strong>n schon mal hier gewesen?G. Ja, schon einige Male.HG. Wer hat Sie <strong>den</strong>n hierhergebracht?G. Ich sagte doch schon, ich weiß es nicht.HG. Sehen Sie mal näher hin, können Sie <strong>den</strong> nicht erkennen, der Sie hergebrachthat?G. Ich weiß nicht, und kümmert mich auch nicht.— <strong>30</strong>0 —


HG. Haben wir <strong>den</strong>n früher schon mal mit Ihnen gesprochen?G. Das scheint mir so.Dr. Kennen Sie <strong>den</strong> Mann nicht wieder, der eben mit Ihnen sprach? Vielleichtwaren Sie gute Freunde.HG. Ist hier nicht jemand, <strong>den</strong> Sie früher schon mal gesehen haben?G. Ich weiß nicht. Mir brummt der Schädel von all der Elektrizität, die ich daraufbekommen habe. Am liebsten schlüge ich ja einen zu Bo<strong>den</strong>.Fr.G: Wie sind Sie <strong>den</strong>n hierhergekommen?G. Das geht niemand etwas an. Ich bin so jähzornig, daß keiner dagegenankann. Mit Blitzesschnelle werde ich wütend, und es kommt dann wie einDonnerwetter.Fr.G. Haben Sie solche Wutanfälle auch, wenn Sie in einen anderen Körperübergehen?G. Ja, dann bin ich schlechter Laune. Ich weiß nicht, weshalb ich manchmal sowütend werde; aber ich werde dann rasend wie eine Furie, über jede Kleinigkeit.Ich werde hin und hergetrieben.Fr.G. Können Sie nicht an einem bestimmten Ort bleiben, wenn Sie wollen?G. Nein, ich muß dann weitergehen, und das macht mich so wütend.HG. Dann sind Sie also nicht unabhängig?G. Ich weiß nicht. Ich kriege so eine Wut, wenn ich gehen muß, wohin ich garnicht will. Ich werde schrecklich wütend.HG. Möchten Sie diese Wutanfälle nicht gern los wer<strong>den</strong>? (Zeigt auf Dr.W.)Dieser Herr hier kann Ihnen über Ihren Zustand genau Bescheid sagen,<strong>den</strong>n er ist Arzt.Dr. Wenn Sie vernünftig sein wollen, können wir Ihnen helfen.G. Manchmal bebe ich vor Wut über Dinge, die nicht eine Prise Schnupftabakwert sind, und ich weiß gar nicht, warum ich das tue.Dr. Sie lassen sich zu sehr gehen, so daß Sie wegen nichts vor Wut zerplatzenmöchten.G. Es geht nicht immer nach meinem Willen, und das ist mir dann gar nichtrecht. Manchmal habe ich das Gefühl, als hätte ich nicht die volle Gewaltüber mich; ich bin dann nur so halb und halb und werde dann wütend.Dr. Sie hängen sich an andere Menschen und benützen ihre Körper. Sie sind jain Wirklichkeit nicht tot. Der Geist und der Körper sind jeder ein Ding fürsich. Sie haben Ihren sterblichen Körper verloren, und Ihr geistiger Leibsieht grade so aus, wie der abgelegte irdische Körper. Sie sind sich überIhren Zustand nicht klar und kommen in zu enge Berührung mit Menschen,die noch im Körper leben und medial veranlagt sind. In <strong>den</strong>en soll es dannganz nach Ihrem Kopfe gehen, aber diese Menschen haben ja auch ihreneigenen Willen!G. Ich werde immer rasend über diese verdammte Maschine.Fr.G. <strong>Liebe</strong>n Sie Maschinen nicht?G. Nein, ich könnte manchmal alle in Stücke schlagen, so wütend macht siemich.G. Wer?— <strong>30</strong>1 —


Fr.G. Meinen Sie das Auto?G. Ich weiß nicht, was meinen Sie damit? Ist das der Wagen, der ohne Pferdeläuft?Dr. Sie haben nie ein Automobil gesehen, nicht wahr?G. Ist das die Maschine, die immer "Whz-z-z" macht? (Mit <strong>den</strong> Armen wildum sich schlagend)Dr. Haben Sie noch nie so eine Maschine gesehen? Wer ist gegenwärtig Präsi<strong>den</strong>t?G. Das weiß ich nicht, ich habe seit <strong>Jahre</strong>n keine Zeitung mehr gelesen.Dr. War Mc Kinley Präsi<strong>den</strong>t?G. Nein — Cleveland.Dr. Erinnern Sie sich der Chikagoer Weltausstellung?G. Nein.Dr. Wo lebten Sie eigentlich?G. In Kansas.H.G.(Welcher seine Jugendjahre in Kansas verlebte) In H. oder N.?Dr. Sie re<strong>den</strong> über diese Dinge am besten mit dem Herrn dort (Herrn G.).H.G.Kannten Sie dort eine Familie, namens G.?G. Ja, sie wohnten in dem hübschen Hause, es war ein großes Haus.HG. Lebten Sie in N.?G. Nein, ein bißchen weiter draußen. Ich half mal hier und mal dort. Ich bliebniemals lange an einem Platze.H.G.Lebten Sie auf Farmen?G. Ja, wo sie Pferde hatten. Ich fahre gar nicht gern in diesen "Ch-ch-ch!" Ichwerde so wütend, wenn es nicht nach meinem Wunsch geht.HG. Man kann aber mit so einem Auto viel weiter fahren als mit Pfer<strong>den</strong>.G. Ich liebe frische Luft und man kann in dieser Maschine die Fenster nichtimmer offen haben, man ist ja ganz drin eingeschlossen!HG. Sind Sie mal krank gewesen, oder haben Sie einen Unfall gehabt?G. Ich bin mir nicht sicher, aber mir scheint ich hab' irgend etwas mit meinemKopfe. Ich weiß gar nicht recht, was eigentlich geschehen ist. Ich verliereso oft die Ruhe, daß ich glaube, es ist was mit mir los.HG. Erinnern Sie sich an einen von <strong>den</strong> G.'schen Jungens?G. Ich hatte von ihnen gehört.HG. Wie alt waren Sie? Ungefähr so alt wie R.?G. Das war dieser stramme Bursche.HG. Waren Sie ebenso alt wie er?G. Nein, nein. Er war lebhafter als sein Bruder und machte sich gern mal einpaar lustige Tage. Der andere (Herr G.) studierte, er wollte aus eigenerKraft vorwärts kommen. Ich glaube, er wollte Geistlicher, Rechtsanwaltoder sonstwas wer<strong>den</strong>, weil er immer ein Buch <strong>bei</strong> sich hatte. (Das warrichtig.)HG. Sang er nicht manchmal?HG. Nun dieser andere.— <strong>30</strong>2 —


G. Ich weiß nicht viel von ihm. Ich war nur ein Gelegenheitsar<strong>bei</strong>ter, der überallzu tun hatte.H.G.Haben Sie in der Nähe ihres Hauses gear<strong>bei</strong>tet?G. Nein, ich wohnte südwestlich davon. Die Farm lag in der Senke, weiter ab.Man ging <strong>den</strong> Hügel hinauf und dann hin<strong>unter</strong> ins Tal — da ist die Farm.HG. Hin<strong>unter</strong> nach W. zu?G. Ja.HG. Hatten Sie dort einen Unfall gehabt?G. Ich kann mich nicht entsinnen. Ich weiß, ich hatte irgend etwas mit meinemKopf. Da war eine Anzahl Leute draußen mit der Dreschmaschine die Dreschergruppe.H.G.Sie müssen damals sehr schwer verletzt wor<strong>den</strong> sein.G. Meinen Sie, als sie auf der Farm <strong>bei</strong>m Dreschen waren? Was ist bloß mitmeinem Kopf los?HG. Sie müssen sich so schwer verletzt haben, daß Sie gestorben sind.Dr. Möglich, daß es Ihnen nur so vorgekommen ist, als ob Sie einschliefen.Je<strong>den</strong>falls haben Sie Ihren irdischen Körper verloren. Die meisten Menschenwür<strong>den</strong> sagen, Sie sind tot, aber in Wirklichkeit sind Sie gar nichttot.HG. Kannten Sie Tom? (Ein anderer Geist, der bereits vor einiger Zeit ausHerrn G. ausgetrieben wor<strong>den</strong> war.) Er ist ein guter Freund von mir.G. Ja, und er ist hier. Er sagt, er sei hergekommen, um Ihnen zu helfen. Aberwie wird er Ihnen wohl helfen können?HG. Fragen Sie Tom doch mal.Dr. Fragen Sie ihn, weshalb er diesem Herrn helfen will, und warum er Hilfebraucht.G. Tom sagt mir: "Du kommst jetzt fort!"Dr. Hören Sie ihm nur zu, er wird Ihnen schon die Wahrheit sagen.G. Wenn er mir etwas sagt, was nicht wahr ist, hau' ich ihm <strong>den</strong> Kopf ab. Tomsagt, daß ich — um Gotteswillen, nein! (Erregt) Tom sagt, daß ich — ersagt, ich hatte diesen Mann hier (Herrn G.) seit <strong>Jahre</strong>n ausgesaugt!Dr. Das klingt seltsam, aber es ist wahr.HG. Tom hat das auch getan und hat mich sehr gequält. Aber jetzt ist er einguter Freund von mir, gerade so, wie Sie es wer<strong>den</strong> sollen. Sie und ich, wirwer<strong>den</strong> noch gute Freunde, nicht wahr?G. Weshalb bin ich <strong>den</strong>n bloß immer gleich über je<strong>den</strong> Quark so wütendgewor<strong>den</strong>?Dr. Durch Ihre Kopf-Verletzung hat vielleicht Ihr Verstand gelitten.G. Tom sagt, er sucht Ihnen zu helfen, mich los zu wer<strong>den</strong> — das sagt er, erwird sich aber schön schnei<strong>den</strong>! Weshalb will er mich <strong>den</strong>n loswer<strong>den</strong>?HG. Dann wer<strong>den</strong> Sie selbst ja auch frei. Er ist ein guter Freund von uns. Wirwollen zusammen ar<strong>bei</strong>ten. Sie wer<strong>den</strong> wieder einen eigenen Körperhaben, und dann wird man Sie nie wieder aus jemand anderem herauszutreibenbrauchen.G. Ich verstehe nicht, was Sie hier meinen.— <strong>30</strong>3 —


Dr. Das will ich Ihnen erklären. Unterbrechen Sie mich aber nicht, so töricht esIhnen auch erscheinen mag. Ich will Ihnen nur die nackte Wahrheit sagen.G. Wenn Sie es nicht tun, dann nehmen Sie sich in Acht!Dr. Sie haben Ihren sterblichen Körper vor langer Zeit verloren. Wir schreibenjetzt 1922.G. Sie meinen 1892.Dr. Das war, als Cleveland zum zweiten Mal Präsi<strong>den</strong>t war. Sie sind also alldie langen <strong>Jahre</strong> schon tot, wie man zu sagen pflegt. Es gibt aber in Wirklichkeitkeinen Tod. Geist und Körper sind zweierlei. Das, was stirbt, istlediglich der irdische Körper, doch nicht der Geist. Sie sprechen jetzt nichtdurch Ihren eigenen Körper!G. Nicht?Dr. Nein, Sie sprechen durch meine Frau. Diese ist so veranlagt, daß Geistervon ihr Besitz nehmen und durch sie sprechen können, und wir halten hierdiese Sitzungen zu Forschungszwecken, um uns mit Geistern ihrer Art inVerbindung setzen und verständigen zu können. Unwissende Geister beeinflussensehr oft die Menschen und bringen sie seelisch und körperlich ausdem Gleichgewicht. So haben Sie Ihren Jähzorn auf diesen Herrn (HerrnG.) übertragen und waren daran Schuld, daß er sich oft wie ein Tobsüchtigergebärdete.G. Das hab' ich getan?HG. Sind Sie nicht einmal in dem Auto gefahren?G. Ja, aber ich hasse es.Dr. Ich will Ihnen mal etwas über diese Maschine erzählen. Um 1896 ist daserste Automobil gebaut wor<strong>den</strong>; diese Maschinen sind ohne Pferde, <strong>den</strong>nsie fahren mit eigener Kraft. Wir haben jetzt Millionen davon in Gebrauch.G. Was hat man <strong>den</strong>n mit <strong>den</strong> schönen Pfer<strong>den</strong> gemacht?Dr. Man braucht sie jetzt nicht mehr soviel. Autos sind sehr bequem; man kannhundert Meilen in der Stunde damit fahren, durchschnittlich fährt man abernur zwanzig bis fünfundzwanzig Meilen in der Stunde.G. Ich fahre nicht gern in einem, das so schnell rast.Dr. Man kann zwei- bis dreihundert Meilen an einem Tage damit zurücklegen.Diese Maschinen sind inzwischen erfun<strong>den</strong> wor<strong>den</strong>, seitdem Sie Ihren Körperverloren haben. Wir haben jetzt auch Flugmaschinen, die durch die Luftfliegen, und können auch ohne Draht telegraphieren. Wir können sogarohne Draht über <strong>den</strong> Ozean sprechen.Sie können sich gar nicht vorstellen, was für wunderbare Erfindungengemacht wor<strong>den</strong> sind, seit Sie aus der Welt schie<strong>den</strong>. Wissen Sie, daß Siesich jetzt in Kalifornien befin<strong>den</strong>?G. Ich fühle mich so schwach.Dr. Verlieren Sie nicht die Herrschaft über das Medium, lieber Freund, bevorSie uns nicht Ihren Namen genannt haben.G. Ich weiß ihn nicht mehr, mein Kopf ist ganz verwirrt. Quälen Sie michnicht, ich will ihn Ihnen nach einer kleinen Weile schon sagen. Seit langem— <strong>30</strong>4 —


habe ich soviel verschie<strong>den</strong>e Namen, daß ich mich auf meinen wirklichenNamen überhaupt nicht mehr besinnen kann.Dr. Sehen Sie sich mal um, vielleicht ist Ihre Mutter hier.G. Einmal habe ich gehört, wie meine Mutter mich rief. Manchmal bin ichCharlie, dann wieder Henry; manchmal bin ich Mann, dann wieder Frau;deshalb weiß ich gar nicht, welchen Namen ich Ihnen nennen soll. Es istsehr lange her, daß ich meinen eigenen Namen gehört habe, und ich ha<strong>bei</strong>hn scheinbar vergessen.HG. Fragen Sie doch mal Tom, wie Sie heißen.G. Er sagt, mein Name sei Fred. Ja, das ist richtig — Fred.HG. Fred, wie weiter? Fragen Sie Tom.G. Wie kann ein Mensch bloß seinen eigenen Namen vergessen? Da muß dochirgendwas mit ihm los sein.Dr. Wie nannte man Ihren Vater? Was trieb Ihr Vater?HG. War er ein Farmer?G. Nein, er war kein Farmer, doch hatte er etwas Land. Wir wohnten weiter<strong>unter</strong>halb der Schule, wo die Kirche war. Mein Vater war ein Deutscher.HG. War er Mennonit?G. Nein, mein Vater war wohl in die Gegend gekommen, wo die waren, gingaber weiter ins Hinterland. Was ist nur mit mir? Weshalb kann ich michnicht auf meinen Namen besinnen?HG. Tom wird es Ihnen sagen, wenn Sie ihn fragen.G. Ich kann mich gewisser Orte und Dinge erinnern, dann geht es aber einfachnicht weiter. Ich entsinne mich meines Vornamens Fred, weil mich jeder sonannte.Dr. Nun, ich würde mich darüber weiter nicht aufregen. Ihr Gedächtnis wirdschon wiederkommen. Sie sind ein Geist, und wenn Sie uns verlassen, wer<strong>den</strong>höhere Geister Sie in ihre Obhut nehmen.G. Tom sagt, er will mich in ein Erholungsheim bringen. Mich hat das alles somitgenommen, und ich bin so müde gewor<strong>den</strong>, daß ich über jede Kleinigkeitwild wer<strong>den</strong> möchte. Ich will aber nicht mehr so wütend wer<strong>den</strong>. Jedesmal, wenn ich so einen Wutanfall gehabt hatte, hatte ich hinterher schrecklichzu lei<strong>den</strong>. Ich kam mir dann immer so schlecht vor, weil ich mich wiedernicht hatte beherrschen können. Es tat mir hinterher immer so leid,wenn ich so gemein geschimpft hatte, aber ich war zu stolz, um mir daseinzugestehen; nichtsdestoweniger aber war ich mir dessen bewußt. Tomsagt: "Komm mit, wir müssen gehen." Ich möchte jetzt gehen. (Zu HerrnG.) Tom sagt, ich müßte Sie um Verzeihung bitten, weil ich Ihnen sovielUnannehmlichkeiten bereitet hätte.HG. Wir wer<strong>den</strong> Ihnen helfen und wollen alles Vergangene vergessen.G. Sie sind nicht mehr böse auf mich, nicht wahr?HG. Nein, gar nicht.G. Ich fühle mich so schwach, was soll ich tun? Ich bin zu schwach, mit Tommitzugehen.— <strong>30</strong>5 —


Dr. Diese Schwäche erleben ziemlich alle Geister, wenn sie zu begreifen beginnen,was eigentlich mit ihnen los ist. Es ist nur eine vorübergehendeErscheinung; Sie verlieren nur die Herrschaft über das Medium. DenkenSie sich nur hin zu Tom und <strong>den</strong> Geistern des Barmherzigkeits-Bundes.G. Mir ist so seltsam im Kopfe! Werde ich verrückt? Man sollte lieber einenDoktor holen, ich glaube, ich sterbe.Dr. Sie wer<strong>den</strong> sich wieder ganz wohl fühlen, sobald Sie aus diesem Körperheraus sind.G. Ich brauche einen Doktor, <strong>den</strong>n das Blut steigt mir in die Kehle, und ichkann nicht atmen. Mir ist, als müßte ich ersticken. Mag sein, daß ich schlafenkann. Die Ärzte sagen ja immer, wenn man sich schwach fühlt, wäre esbesser, man schiefe. Ich sterbe doch nicht, nicht wahr?Dr. Sie müssen sich klar machen, daß Sie doch ein Geist sind, aber in einemsterblichen Körper stecken.G. Fred Haupt ist mein Name. Tom meint, ich solle Sie um Entschuldigungbitten, weil ich Ihnen soviel Ungelegenheiten bereitet habe durch die Wutanfälle,die ich Ihnen verursacht habe.HG. Aber gewiß verzeihe ich Ihnen. Sagen Sie Tom recht schönen Dank, daß erIhnen und auch mir geholfen hat.G. Leben Sie wohl!Dann trat Silber-Stern, ihre indianische Führerin, in <strong>den</strong> Körper meiner Frau einund sagte zu Herrn G.: "Den Mann hätten wir! Jetzt bringen wir ihn in ein Krankenhaus.Es hat uns viel Mühe gekostet, seiner habhaft zu wer<strong>den</strong>, er steckte sofest in Ihrer magnetischen Aura, daß es so schien, als müßten wir ein Stück ausIhrem Körper mit herausreißen, um ihn überhaupt aus Ihnen herauszubekommen.Er ist sehr lange Zeit <strong>bei</strong> Ihnen gewesen; er war schon <strong>bei</strong> Ihnen, als Sie nochKind waren. Wenn etwas nicht nach seinem Willen gehen wollte, dann geriet erin Wut. Es wird für Sie eine große Erleichterung bedeuten, daß Sie ihn los sind;Sie wer<strong>den</strong> sich wie ein ganz neuer Mensch fühlen und nicht mehr so reizbarsein. Er hat Sie fast Ihr ganzes Leben lang beeinflußt, seit einiger Zeit wurde erimmer stärker und stärker, so daß er Sie <strong>bei</strong>nahe ganz in seiner Gewalt hatte.Aber jetzt haben wir ihn, und er wird Sie nie wieder quälen. Er ist sehr schwachund bedarf der Krankenhauspflege; er kann kaum gehen. Er wird gut gepflegtwer<strong>den</strong> müssen. Er hat ständig an Ihnen gezehrt, und seitdem ihm diese Kraftquellegenommen ist, ist er sehr schwach; doch es wird für ihn gesorgt wer<strong>den</strong>."*— <strong>30</strong>6 —


EigensuchtMenschen, welche hier auf Er<strong>den</strong> sehr oberflächlich waren, deren Wesen vonStolz, Eitelkeit, Ehrgeiz und Selbstsucht beherrscht ist, bleiben nach ihremAbschei<strong>den</strong> in der Erdsphäre, bis sie diese Neigungen überwun<strong>den</strong> und durchDienst an anderen ihr Mitgefühl und ihre <strong>Liebe</strong> zur Entfaltung gebracht haben.Häufig ist Verstorbenen, welche ihre Er<strong>den</strong>tage mit der Jagd nach Vergnügungenund in <strong>den</strong> Zerstreuungen der besser gestellten Gesellschaft vergeudet hatten,durch unseren Zirkel der erste Begriff eines höheren Lebens vermittelt wor<strong>den</strong>.Unter ihnen war einer, der 1912 mit der Titanic <strong>unter</strong>gegangen ist.— — —Sitzung vom 22. Oktober 1916Geist John J.A.Nachdem uns der verstorbene W. T. Stead einen kurzen Besuch abgestattethatte, trat ein anderer Geist in das Medium ein, ar<strong>bei</strong>tete verzweifelt mitSchwimmbewegungen und rief laut um Hilfe.Geist: Hilfe! Hilfe!Doktor? Wo kommen Sie <strong>den</strong>n her?G. Der Mann, der eben hier war, hat mir gesagt, ich solle hier herein kommen.Dr. Sind Sie <strong>den</strong>n im Wasser?G. Ich bin ertrunken, aber wieder lebendig gewor<strong>den</strong>. — Ich sehe jetzt <strong>den</strong>Mann ja gar nicht, aber ich hörte ihn sprechen, und er sagte mir, ich solltenur hineingehen. Er meinte, Sie wüßten <strong>den</strong> Weg und wür<strong>den</strong> mir Bescheidsagen, und dann könnte ich mit ihm mitgehen. Aber jetzt sehe ich ihn ja garnicht. — Ich bin blind! Ich bin blind! Ich weiß nicht, hat mich das Wasserblind gemacht oder nicht? Je<strong>den</strong>falls bin ich blind.Dr. Das ist nur seelische Blindheit. Wenn jemand stirbt, ohne etwas von <strong>den</strong>Gesetzen des höheren Lebens zu wissen, dann findet er sich in Finsternis.Das ist die Finsternis der Unwissenheit.G. Dann brauche ich also nicht für immer blind zu bleiben?Dr. Sie brauchen sich nur darüber klar zu wer<strong>den</strong>, daß Sie in der geistigen Weltsind, wo befreundete Geister gern bereit sind, Ihnen zu zeigen, wie Sie ausder Finsternis herauskommen können.G. Jetzt eben sehe ich ein bißchen. Einen Augenblick konnte ich sehen, aberdie Tür ging wieder zu, und ich kann nicht hindurchsehen. — Vorhin warich <strong>bei</strong> meiner Frau und meinem Kinde, aber sie haben mich gar nichtbeachtet. Aber jetzt ist die Tür zu, und ich bin draußen in der Kälte. Ich bineinsam und verlassen, auch wenn ich nach Haus in meine Wohnungkomme. Es muß mit mir doch eine Veränderung vorgegangen sein. Ichweiß gar nicht, was ich machen soll.Dr. Sie sind sich über Ihre Lage noch nicht klar gewor<strong>den</strong>.— <strong>30</strong>7 —


G. Was ist <strong>den</strong>n eigentlich los? Woher kommt <strong>den</strong>n diese Finsternis? Waskann ich tun, um da herauszukommen? So hilflos und ratlos wie eben jetzt,bin ich ja noch nie gewesen. Eben vorhin war mal alles schön und gut. —Ich höre doch jeman<strong>den</strong> sprechen. Da, jetzt sehe ich ihn auch wieder. Daswar doch Herr Stead!?Dr. Herr Stead hat unmittelbar vor Ihnen durch dieses Medium mit uns gesprochen.Herr Stead hat Sie wahrscheinlich hergebracht, damit wir Ihnen helfensollen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, erdgebun<strong>den</strong>e Geister,die sich im Finstern befin<strong>den</strong>, aufzuwecken.G. Diese Finsternis ist schrecklich. Ich bin schon lange so im Finstern.Dr. Begreifen Sie doch: Es gibt keinen Tod. Das Leben geht in der geistigenWelt weiter, wo alle einander zu dienen haben, um vorwärts zu kommen.G. Ich war wirklich nicht so, wie ich hätte sein sollen. Ich habe nur für michselbst gelebt. Ich hatte nichts anderes im Sinn als Vergnügungen und Geldausgeben. Jetzt sehe ich nichts anderes als meine Vergangenheit und bin imFinstern, und das ist schrecklich. — Alles, was ich jemals getan, steht mirvor Augen. Ich möchte davonlaufen, kann aber nicht. Immer steht es vormir und klagt mich an, <strong>den</strong>n ich hätte ganz gut anders handeln können; aberjetzt ist's zu spät.Dr. Wenn ein Mensch immer nur für sein eigenes Ich lebt, findet er sichgewöhnlich im Finstern wieder, wenn er auf die andere Seite des Lebenshinüber tritt. Sie müssen die Herrlichkeit der geistigen Welt begreifen lernenund sich klar machen, daß Leben heißt: anderen dienen. Das ist derwahre "Himmel" — er ist ein Gemütszustand.G. Warum lehrt man die Menschen das nicht auf Er<strong>den</strong>?Dr. Wür<strong>den</strong> sie <strong>den</strong>n darauf hören? Die Menschheit im ganzen richtet ihrenBlick ja doch nicht auf die geistige Seite des Lebens, sondern sieht nachganz anderen Dingen aus. Die Welt hascht nach Vergnügungen und selbstsüchtigemGewinn, aber nicht nach Wahrheit.G. Mir wird so sonderbar. Mutter! Mutter! Meine liebe Mutter (zu einem Geistgewandt) Ich bin ein Mann, aber mir ist, als wäre ich wieder ein Kind indeinen Armen. Ich habe solche Sehnsucht nach dir, bin aber ganz allein inder schrecklichen Finsternis. Warum bin ich <strong>den</strong>n nur so im Finstern? Könnenmeine Augen nicht wieder gesund wer<strong>den</strong>? Werde ich für immer blindbleiben? Ist es nicht sonderbar, daß ich dich sehen kann, obwohl ich mirwie ein Blinder vorkomme?Dr. Sie haben jetzt einen seelischen Körper, und wenn Ihre seelischen Augenerst geöffnet sind, wer<strong>den</strong> Sie auch die Schönheiten der geistigen Weltsehen.G. Ich sehe dort Herrn Stead. Wir waren <strong>bei</strong>de auf demselben Schiff, aber erscheint nicht im Finstern zu sein.Dr. Er wußte schon im Er<strong>den</strong>leben Bescheid über die Wahrheit des Geisterverkehrsund des Jenseitslebens. Das Leben ist eine Schule, und wir sollen hierauf Er<strong>den</strong> schon so viel wie irgend möglich über das geistige Leben inErfahrung zu bringen suchen; <strong>den</strong>n wenn wir auf die andere Seite hinüber-— <strong>30</strong>8 —


kommen, dann ist die Erkenntnis über Lebensfragen, die wir uns hiererworben haben, das einzige Licht, das uns leuchtet.G. Warum hat mir niemals jemand etwas davon gesagt?Dr. Hätten Sie <strong>den</strong>n wohl hingehört, wenn jemand Ihnen von diesen Dingenetwas hätte erzählen wollen?G. Mit solchen Ideen ist mir noch nie ein Mensch begegnet.Dr. Was meinen Sie <strong>den</strong>n, welches Jahr wir haben?G. 1912.Dr. Es ist 1916.G. Wo bin ich <strong>den</strong>n so lange gewesen? — Ich habe großen Hunger und michfriert. Ich hatte doch ein ganz hübsches Stückchen Geld, aber wenn ich inletzter Zeit etwas brauchte, um mir was zu kaufen, kam ich nicht heran.Manchmal kam ich mir vor wie in einen dunklen Raum eingesperrt, wo ichimmer nur mein ganzes Leben an mir vorüberziehen sah. — Ich war keinschlechter Mensch. Aber Sie wissen ja, wie so die Menschen der Gesellschaftsind. Bisher hatte ich keine Ahnung davon, was es heißt, arm zusein. Das war für mich jetzt eine ganz neue Erfahrung. Warum belehrt mandie Menschen nicht besser, bevor sie sterben? Dann gäbe es doch nichtsolch ein Elend, wie ich es jetzt erlebe.Dr. Wenn Sie mit Ihrer Mutter und anderen befreundeten Geistern mitgehenund versuchen wollen, zu begreifen, was sie Ihnen erklären, wird es Ihnenbald sehr viel besser gehen.G. Ich sehe Herrn Stead. Ich traf ihn auf dem Schiff, aber mit seinen Lehrenwußte ich nichts anzufangen. Ich sagte mir, er ist halt alt und hat einenFimmel. Man weiß doch, wenn die Menschen alt wer<strong>den</strong>, dann wer<strong>den</strong> siewunderlich. — Ich hatte für so etwas nie Zeit, <strong>den</strong>n ich hatte immer nur anmein Geld und meine gesellschaftlichen Verpflichtungen zu <strong>den</strong>ken. Wirbekommen die Armen gar nicht zu Gesicht und haben auch gar kein Verlangen,sie zu sehen. — Jetzt tun sich so ganz andere Möglichkeiten fürmich auf, aber Geld hat keinen Wert mehr für mich.— Meine Mutter wartetauf mich, und ich möchte gern mit ihr gehen; <strong>den</strong>n ich habe sie seit <strong>Jahre</strong>nnicht mehr gesehen, und das Wiedersehen ist so schön. Sie sagt, sie habemich nicht erreichen können, weil ich mich wie ein Verrückter benommenhätte und nicht auf sie hören wollte. — Gott segne Sie alle dafür, daß Siemir zu Hilfe gekommen sind und mir die Augen geöffnet haben. Es ist einElend, blind zu sein. Immer sieht man nur sein Leben an sich vorüber ziehenund ist unfähig, etwas anderes zu sehen oder zu hören.Dr. Wir wüßten noch gern, wie Sie heißen.G. Ich bin John J. A. und freue mich, Sie alle kennen gelernt zu haben. Ich binIhnen für Ihre Belehrungen sehr dankbar. Jetzt kann ich wieder sehen undhören und begreife Dinge von deren Dasein ich gar nichts gewußt habe. —Meine Mutter und Freunde kommen mich holen, und ich gehe jetzt durchdie schöne Pforte hinein in ein Leben, das für mich der Himmel sein wird.— Ich danke Ihnen allen nochmals und hoffe, eines Tages kommen zu können,um Sie wiederzusehen. Leben Sie wohl!— <strong>30</strong>9 —


Einige Wochen später brachte uns dieser Verstorbene einen Freund, der auch einMitglied der New Yorker vornehmen Gesellschaft gewesen und <strong>bei</strong>m Untergangder Lusitania ums Leben gekommen war.— — —Sitzung vom 5. November 1916Geist: Alfred V.Geist: Jemand hat mir gesagt, ich solle hier hereinkommen und könne mich hieraufwärmen.Doktor: Wie heißen Sie?G. Alfred V. Ich war auf einem Schiff. John J. A. kam zu mir und sagte, erwolle mir helfen, hier hereinzukommen. Er sagte, wenn ich hier hereinginge,würde mir geholfen wer<strong>den</strong>. — Nun sagen Sie bloß mal, — noch nieim Leben habe ich gehungert; aber jetzt habe ich Hunger und friere, undmeine Kleider sind ganz naß.Dr. Das ist nur in Ihrer Vorstellung so. Sie haben Ihren irdischen Körper verlorenund sollten überhaupt kein Bedürfnis nach Essen haben.G. Ich weiß, ich bin ertrunken, und seitdem geht es mir sehr schlecht.Dr. Wenn Sie gewußt hätten, daß es ein Weiterleben gibt, und wie Sie im geistigenLeben vorwärtskommen können, dann hätten Sie bald Ihr Glückgefun<strong>den</strong>, indem Sie anderen dienten.G. Ich bin nie glücklich gewesen. Ich vermute, ich habe viel zu sehr immernur nach meinem eigenen Kopf gelebt. Ich habe wohl manchmal gemerkt,wohin das führt. Aber dann dachte ich <strong>bei</strong> mir: "Jetzt werde ich mir abergerade keine Gedanken darüber machen und es mir gut gehen lassen." —Wenn einem auch das gesellschaftliche Leben an und für sich recht gleichgültigist, man kann doch aber in <strong>den</strong> Vergnügungen <strong>unter</strong>tauchen. Ichmachte mir wirklich nichts aus dem Gesellschaftsleben. Ich suchte Vergessenheitmeiner Sorgen <strong>bei</strong> meinen Pfer<strong>den</strong>. Hat man ein schönes Pferd, soist das einem treu durchs ganze Leben. Aber wenn man ins Gesellschaftslebenhineingerät, dann zeigen sich einem die Frauen immer nur von einerSeite; sie lächeln einen an, oder sie hassen einen manchmal auch. — Ichverstehe mich am besten auf die <strong>Liebe</strong> eines schönen, treuen Pferdes.Pferde waren meine ganze Freude. Und ich war sicher, daß sie mich liebten.Frauen liebten mich doch nur wegen der Vorteile, die ich ihnen zu bietenhatte. Sie wollten nur Geld und ihr Vergnügen. Frauen wollten bloßGeld, soviel sie nur von mir kriegen konnten. Ich ließ <strong>den</strong> Dingen ihrenLauf und suchte mich in Vergnügungen zu verlieren; aber glücklich war ichnicht. — In der Gesellschaft weiß man nichts von Ehrenhaftigkeit und Ehrbarkeit.Wenn ich dort Menschen gefun<strong>den</strong> hätte so treu und ehrlich wiemein Pferd, ich sage Ihnen, ich wäre dankbar gewesen für diese Gesellschaft,Aber gehen Sie doch mal in diese Art Gesellschaft, wie ich siekenne, da taugen Männer wie Frauen nichts. Ich war Sportsmann. Aber esgab Dinge, deretwegen ich die unscheinbare Stimme in mir, das Gewissen,— 310 —


zum Schweigen bringen wollte. Ich sehnte mich nach einem wirklich gutenWesen, aber wo sollte man das fin<strong>den</strong>? — Nicht in der Gesellschaft, aber<strong>unter</strong> <strong>den</strong> Pfer<strong>den</strong>. Gesellschaft ist ja recht schön für <strong>den</strong>, der Freude andieser Art Leben hat. — Sie wer<strong>den</strong> vermutlich selbst schon erkannt haben,daß ich ein gut Teil Eigenwillen entfaltet habe.Dr. Sie müssen jetzt Ihr vergangenes Leben mit all seinen Sorgen und Bitterkeitenzu vergessen suchen. Schauen Sie nach höheren Dingen aus, Dannwer<strong>den</strong> Ihnen Ihre geistigen Augen aufgehen.G. Freunde, die es gut mit mir meinen, haben mich hierher gebracht, und seitich hier bin, sind mir die Augen aufgegangen. Es ist mir wahrscheinlich, aberdoch noch nicht ganz sicher, daß doch mal eine Zeit kommen könnte, wo ichwirklich glücklich sein werde. Ich bin nie wirklich glücklich gewesen; <strong>den</strong>n vonKind auf bin ich viel zu sehr meine eigenen Wege gegangen. — Ich dankeIhnen, daß ich habe herkommen dürfen. Wenn ich einmal wirklich glücklich bin,komme ich wieder und erzähle es Ihnen.— — —Ein Gegenstück zu dem vorstehend geschilderten Erlebnis hatten wir einige<strong>Jahre</strong> später, als John J.A. und Alfred V. ihre Freundin, Anna H., eine berühmteSchauspielerin, in unseren Zirkel brachten.— — —Sitzung vom 8. September 1918Geist: Anna H.Geist: Wasser! Bitte Wasser! (Es wird ein Glas Wasser gereicht und hastiggetrunken.) — Recht schönen Dank! Ich war sehr krank und bin noch sehrschwach. Die Ärzte wissen tatsächlich nicht, was mir fehlt. Sie sagen, ichmüsse ganz ruhig liegen. Arme und Beine tun mir so weh.Doktor: Wir wer<strong>den</strong> Sie von Ihren Schmerzen befreien. (Bewegt die Arme desMediums)G. Seien Sie vorsichtig mit meinen Knochen! Ich wollte meine gute Figur wiederhaben. Ich möchte gesund wer<strong>den</strong> und meine Ar<strong>bei</strong>t wieder aufnehmen.Ich war schwer krank und bin noch recht schwach.Dr. Wie heißen Sie?G. Anna H.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n nach Los Angeles gekommen?G. Ich bin doch nicht in Los Angeles! Ich bin doch in New York!Dr. Wer hat Sie <strong>den</strong>n wohl hergebracht?G. Ich meine, ich habe geträumt, Alfred V. kam zu mir und sprach mit mir. Erhat mich immer gern gehabt, aber er ist ja gestorben. Nun sagt er, ichmüsse aufwachen. — Ich bin so krank. Meine Knochen! Meine Knochen!Ich möchte doch meine gute Figur nicht verlieren. Ich merke, daß es miranfängt besser zu gehen und daß ich kräftiger werde. Werde ich leben blei-— 311 —


en? Und werde ich wieder üben und auftreten können? Ich möchte dochmeine gute Figur nicht verlieren.Dr. Sie wer<strong>den</strong> auf einer irdischen Bühne nie wieder auftreten.G. Ich hoffe doch. Alfred V. hat mich so bedrängt, aber er ist doch tot.Dr. Sieht er <strong>den</strong>n so aus, als ob er tot wäre?G. Er scheint recht m<strong>unter</strong> zu sein; aber ich <strong>den</strong>ke, ich träume. Ach, da ist jaauch John J.A.! Die sind doch alle <strong>bei</strong>de tot.Dr. Sie selbst ja auch.G. Wann wäre ich <strong>den</strong>n gestorben?Dr. Vor kurzem.G. Alfred sagt, sie hätten die Aufgabe, Geister aufzuwecken. — Aber dieglauben doch alle <strong>bei</strong>de gar nicht an sowas wie Geister. — Ich will dochnoch nicht sterben!Dr. In Wirklichkeit stirbt ja auch niemand.G. Natürlich stirbt man doch. Die Ärzte hatten gesagt, ich könnte nie wiedergesund wer<strong>den</strong>. Ich habe gerungen und gekämpft, um leben zu bleiben. Ichwollte durchaus leben. Ich wollte meine Krankheit überwin<strong>den</strong> und wiedergesund wer<strong>den</strong> und wollte meine gute Figur wieder haben.Dr. Von jetzt ab müssen Sie nach geistiger Schönheit trachten.G. Die <strong>bei</strong><strong>den</strong> Männer wollen, daß ich mit ihnen gehe, um mich aufklären zulassen.Dr. Die <strong>bei</strong><strong>den</strong> haben durch unseren kleinen Kreis die Wahrheit erfahren undwaren geistig sehr arm, bevor sie zu uns kamen. Aber sie sind reich gewor<strong>den</strong>,indem sie erfuhren, daß es ein weit schöneres Leben gibt, als sie hierauf Er<strong>den</strong> gehabt.G. Was ist das hier für ein Ort? — Sie sagen, es ist das Tor der Erkenntnis deswahren Lebens — das Eingangstor. — (betrachtet das Kleid) Das Kleidsitzt nicht gut. (betastet Nacken und Schultern) Das ist nicht mein Nacken,auch nicht mein Gesicht und nicht meine Figur. — Sie sagen, ich sei jetztnoch schwach, aber ich solle mit ihnen gehen, und sie wollen mir <strong>den</strong> Wegzeigen; aber ich hätte noch viel zu lernen.Dr. Haben Sie sich jemals selbst die Frage vorgelegt: "Was ist Geist?"G. Nein. Mir war es immer nur um meine gute Figur zu tun. Hätte ich meingutes Aussehen und mein Spiel nicht gehabt, dann hätte ich ja auch für dieMenschen keine Anziehungskraft gehabt und nichts verdienen können. —Es sind eine ganze Menge Menschen hier. (Geister.) Alfred hat mir gesagt,wenn ich mit hierher ginge, würde er mich nachher zu meinen Angehörigenbringen und in ein schönes Heim jenseits des Grabes.Dr. Wie nennen sie diesen Ort?G. Mir will der Name gar nicht gefallen, aber sie sagen: die Geisterwelt. Siesagen, das sei die Heimat jenseits des Grabes. Sie sagen, ich muß meineirdischen Gewohnheiten und Vorstellungen abtun, bevor sich die Augenmeiner Seele auftun können. Ich verstehe gar nicht, was sie damit meinen.— Sie sagen, wenn ich mit ihnen ginge und erst zur Einsicht gekommenwäre, würde ich in angenehme und schöne Verhältnisse kommen. Aber ich— 312 —


müsse noch ein gut Teil Selbstsucht überwin<strong>den</strong> und für andere leben. —Alfred sagt, wir hätten nur für die Gesellschaft und uns selbst gelebt, unddafür hätten wir zu lei<strong>den</strong>. Er sagt, ich müsse jetzt gehen; aber ich kanndoch nicht, ich bin schwer krank.Dr. Ihr Körper war krank, aber <strong>den</strong> haben Sie ja abgelegt. Der liegt dort imOsten begraben.G Es geht mir jetzt etwas besser als vor einer Weile.Dr. Meine Frau ist ein Medium, und Sie sprechen durch ihren Körper. AlfredV. und John J.A. haben auch mal in diesem Körper gesteckt wie Sie ebenjetzt.G. Mir sind die Knochen wie wund.Dr. Das liegt nur in Ihrem seelischen Gefühl. Seele und Körper sind aber zweierlei.Die Seele ist unsichtbar. Wir sehen Sie ja auch nicht. Sie sind für unsvöllig unsichtbar.G. (betastet das Gesicht) Das ist nicht mein Gesicht, und diesen Körper willich nicht. Ich will meine gute Figur wieder haben.Dr. Es wird jetzt Ihre Aufgabe sein, in der geistigen Welt anderen zu dienen.G. Diese Leute wollen, ich soll mit ihnen gehen; sie hatten mich und meinSpiel sehr gern. — Meine Schmerzen scheinen jetzt zu verschwin<strong>den</strong>. —Wollen Sie mir bitte mal sagen, wie ich hierher kommen konnte, wo Siemir doch alle ganz fremd sind? Ich weiß gar nicht, warum ich heute Abendhier bin. — Ich fühle mich jetzt recht wohl.Dr. Wir halten hier regelmäßig Sitzungen, um zu erforschen, was aus <strong>den</strong> Verstorbenenwird. Meine Frau ist ein Medium, und Sie stecken in ihrem Körper.G. Alfred sagt, ich müsse jetzt gehen. — Ich glaubte, ich läge im Sterben undträume; aber ich habe lange mit Gewalt dagegen angekämpft. Ich wolltedurchaus nicht sterben, und so nahm ich alle meine Willenskraft zusammen,um am Leben zu bleiben, so lange ich irgend konnte. — Eines Tagesfühlte ich mich sehr schwach und schlief für eine ganze Weile ein; aber ichwachte wieder auf, ich wollte weiterleben. Man hielt mich für tot, aber ichwar es nicht. Ich war nur eingeschlafen. Ich wollte leben, weil ich dasLeben so liebe. Aber ich war sehr lange krank und habe schwer gelitten. —Ich schlief wieder ein und habe dann lange geschlafen. Als ich dann wiedererwachte, war es ganz dunkel, und ich konnte überhaupt nichts sehen. Alleswar dunkel, dunkel, dunkel. Ich konnte nicht <strong>den</strong> geringsten Lichtscheinentdecken, und es war so finster. Ich fühlte mich sehr unglücklich — allesfinster. — Ich bin dann, glaube ich, wieder eingeschlafen, und da<strong>bei</strong>träumte ich, Alfred V. und John J.A. kamen zu mir und sagten: "Anna,wach auf! Wir sind hier, um dir zu helfen. Komm mit uns, komm!" Daglaubte ich aufzuwachen, aber ich war so krank, so krank, daß ich nichtmitgehen konnte. Mein siecher Körper war so krank. — Da sagten sie:"Wir wollen dich mitnehmen an einen Ort, wo du einen neuen Körperbekommen sollst. Dann wirst du wieder ganz gesund und m<strong>unter</strong> sein.Komm, geh mit uns in eine schönere Welt als diese hier! — Hier bin ich— 313 —


nun, ganz wohl und kräftig. Wer<strong>den</strong> diese schrecklichen Schmerzen auchnicht wieder kommen? Die setzen mir doch so schrecklich zu. — Ichmeinte, ich dürfe nicht zu viel essen und trinken, sonst könne ich meinegute Figur nicht wiederbekommen. Ich wollte kein Fleisch essen, weil ichdavon zu dick gewor<strong>den</strong> wäre, ich durfte gerade nur soviel essen, daß dieRundung der Figur erhalten blieb. — Was habe ich nun? Warum habe ichmir nicht besser zu helfen gewußt? Das Leben war so süß. Ich hatte es sehrgern, wenn man mich umschmeichelte und bewunderte. Es trifft einen dochhart, wenn man seine Anbeter und Bewunderer alle verliert.Dr. Schmeicheln Alfred V. und John J.A. Ihnen jetzt auch noch?G. Nein, sie sehen ganz anders aus als früher. Sie haben so etwas Ernstes ansich. Sie sehen so ernst aus, daß sie mir ganz fremd vorkommen. Da<strong>bei</strong>sehen sie viel jünger aus; ich kenne sie doch viel älter. Sie sagen auch nichtmehr wie früher zu mir: "Komm mit, wir wollen zusammen lustig sein." —Das Leben war so schön, solange ich Bewunderer hatte. Aber aus Eitelkeitschuf ich mir selber Lei<strong>den</strong>. Die Ärzte sagten, wenn ich mich nicht so sehrgeschnürt hätte, wäre ich nicht so krank gewor<strong>den</strong>. Aber ich wollte auf dieÄrzte nicht hören. Die wollten, ich sollte essen, um kräftiger zu wer<strong>den</strong>.Aber ich fürchtete, wenn ich zu Bett läge und äße, meine regelmäßigenMassagen und Bäder nicht bekäme, dann kann ich meine gute Figur nichterhalten. Und so hungerte ich eben. — Als ich so im Dunkeln lag, kamAlfred zu mir und sagte: "Komm — ich will dir etwas viel schöneres zeigenals eine gute Figur, Selbstgefälligkeit und Eitelkeit; das sind doch nurSchatten. Jetzt komm, wir wollen dir zeigen, warum wir für andere lebensollen. Du wirst auch wieder schön wer<strong>den</strong>, wenn du anderen gedient hast.Aber du mußt dich selbst vergessen und alle Selbstgefälligkeit ablegen." —Jetzt muß ich dienen und helfen.Plötzlich verlor der Geist die Herrschaft über das Medium und war fort.— — —Zwei <strong>Jahre</strong> später brachte Anna H. die Geister der Olive T. und Anna D. inunseren Zirkel und sprach dann hinterher noch einmal wieder zu uns.— — —Sitzung vom 22. September 1920Geist: Anna H.Guten Abend! Ich komme heute Abend, um Ihnen zu danken für das, was Siefür mich getan haben. Ich bin jetzt sehr glücklich. Ich hatte immer nur für michselbst gelebt, für meinen Körper, für mein gutes Aussehen. Ich lebte nur meinemVergnügen.Wenn man nur seinem Vergnügen lebt, ist man nicht wirklich glücklich. Man istimmer in Sorge, eine andere könne noch mehr glänzen als man selbst oder eineandere könne einem <strong>den</strong> Rang ablaufen und die Bewunderer abspenstig machen.— 314 —


Hier in diesem Zimmer habe ich damals mein inneres Gleichgewicht gefun<strong>den</strong>,als ich in so tiefer Dunkelheit saß. Ich sah gar nichts weiter als all die Versprechungen,die ich gemacht und nicht gehalten, und war sehr unglücklich darüber.Jetzt weiß ich, was das Leben wirklich ist. Das wahre Leben besteht im Dienstan unseren Mitmenschen, anderen Gutes tun, anderen helfen. Dann wird aucheinem selbst geholfen. Das bringt einem das Glück, das der Himmel ist — <strong>den</strong>Himmel der innerlichen Befriedigung.Als ich das erste Mal hier war, da war ich trübsinnig und unglücklich. Ich ha<strong>bei</strong>mmer nur an mich selbst gedacht, hatte nie einen Gedanken für Gott, unserenSchöpfer, übrig. Wir sollen aber alle an IHN <strong>den</strong>ken und IHN zu erkennentrachten. Er ist der EINE, zu dem wir beten sollen. Und wir sollen zu begreifensuchen, was Leben eigentlich ist. — Wir sollen nach Erkenntnis streben und unsnicht mit blindem Glauben begnügen, — Gott erkennen lernen im wahrstenSinne.Einst war ich eine eifrige Kirchgängerin. Ich war strenggläubig und verdammtealle Andersgesinnten und dachte, wenn man nicht so und so handele, wäre manverloren. Das ist der Grund, weshalb so mancher am Wegesrande liegen bleibt.Die Menschen haben immer nur Zeit für ihr Vergnügen. In die Kirche gehen sienicht. Warum haben sie nicht gelernt, <strong>den</strong> wahren Christusgeist zu begreifen?Man sollte ihnen unschuldige Vergnügungen irgendwelcher Art verschaffen,aber sie nicht in einem Dämmerlicht halten und die ganze Zeit beten und immerwieder beten lassen. Sie straucheln. Es ist schon gut, wenn sie zur Kirche gehen,aber sie brauchen auch ein bißchen Lebensfreude. Nun wird ihnen aber gesagt,wenn sie nicht zur Kirche gingen und beteten, wür<strong>den</strong> sie tiefer und tiefer fallenund verdammt wer<strong>den</strong>, — zwar nicht von Gott, aber von <strong>den</strong> Menschen.Wenn ein Mädchen fällt, wer hilft ihr wieder auf? Nimmt sich die Kirche ihrerwohl an? Nein, die Kirchen wollen nichts mit ihr zu tun haben, weil es heißt, sietauge nichts. Man sagt: "Wir möchten nicht, daß unsere Töchter mit ihr verkehrenoder in ihrer Gesellschaft gesehen wer<strong>den</strong>, weil sie die auch verderbenwird."Wo doch die Kirchen das Evangelium Christi lehren, — warum helfen sie danicht solcher Seele, wieder hochzukommen? Christus hat die große Sünderinnicht verdammt. Er sagte, wer da ohne Sünde sei, der solle <strong>den</strong> ersten Stein werfen.Weil ein Weib gefallen war, stan<strong>den</strong> die Ankläger bereit, sie zu steinigen.Als Christus gesprochen hatte, verschwan<strong>den</strong> die Ankläger. Was tat Christus da?Er nahm sie <strong>bei</strong> der Hand, hob sie auf und sagte: "Wo sind sie, die dich anklagten?Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr!" Er meinte damit, sie solle sehen,ein neues Leben anzufangen und sich zu bessern. Aber die Gesellschaft will sienicht haben. Sie ist unten durch. Wo will sie hin? Wo kann sie hin? — Sie hatmit ihrer Sünde niemandem geschadet als sich selbst. Ihr eigenes Ich klagt sie anwegen ihres Tuns. Wie kann sie da wieder hochkommen? Wenn sie zur Kircheginge, fände sie dort auch keine Hilfe. So bleiben ihr nur die niedrigsten Gesell-— 315 —


schaftskreise, wo man es sich gut gehen läßt und das Gewissen in Champagnerzu ertränken sucht. — Angenommen, wir erzählten <strong>den</strong> Menschen dort, diesunglückliche Mädchen sei gefallen und habe nur darum in die Unterwelt flüchtenmüssen; sie sei verdorben, habe keine Aussicht gehabt, wieder emporzukommen,und so sei sie ganz charakterlos gewor<strong>den</strong> — würde ihr wohl jemand helfen?Wenn Menschen zusammengebrochen sind, sollten wir sie wieder aufrichtenmit Nein, das fällt niemandem ein.Wir sollten immer anderen zu helfen suchen, besonders <strong>den</strong> Schwachen undGefallenen, und sie wieder aufzurichten suchen, wie Christus es uns gelehrt hat.Verdammet nicht, sondern helft ihnen wieder hinauf in ihren Verkehrskreis undhelft ihnen, ehrbare und ernste Menschen zu wer<strong>den</strong>. Dann wer<strong>den</strong> wir der Männerweltund auch <strong>den</strong> Frauen eine andere Auffassung <strong>bei</strong>bringen.Die Männer trifft der Vorwurf, daß sie die Schuld daran haben, daß so manchesarme, unschuldige, junge Mädchen verdorben wird. Die Männer sollten ein jungesMädchen gerade nicht besonders auszeichnen und ihm nicht schmeicheln,nur weil es ein niedliches Gesicht und anmutiges Wesen hat. Sie verderben dasMädchen damit. Der Mann verliert sein Ansehen in der Gesellschaft deswegennicht, aber das Mädchen sinkt tiefer und tiefer. Dann kann sie nicht wiederzurück in ihren früheren Verkehrskreis, sondern muß bleiben, wo sie ist.Wenn Sie das Leben in der Pariser Unterwelt sehen könnten, würde Sie einSchauder packen, und Sie wür<strong>den</strong> gewahr wer<strong>den</strong>, daß das die Hölle ist. DieMenschen, die dort hineingeraten, haben je<strong>den</strong> Stolz, ja jede Vernunft verloren.Die Frauen dort sind ohne jedes Schamgefühl.Sie glauben nicht mehr an Gott und halten nichts mehr von der christlichen Religion,weil die Menschen, welche sich Christen nennen, sie dorthin getriebenhaben, wo sie sich befin<strong>den</strong>. Sie <strong>den</strong>ken, es gibt keinen Gott, und so können sietun, was sie wollen.Laßt uns nach Möglichkeit diesen Unglücklichen helfen! Ich ar<strong>bei</strong>te jetzt in <strong>den</strong>Lasterhöhlen der erdgebun<strong>den</strong>en Geister. Dort diene ich ihnen. Es gab mal eineZeit, da mochte ich mir die Hände nicht beschmutzen, um anderen zu helfen,weil ich mich selbst von allen Seiten bedienen lassen konnte. Ich hatte eineZofe, und wenn ich nicht sofort bekam, was ich gerade haben wollte, dannschimpfte ich und war sehr gereizt.Jetzt diene ich <strong>den</strong> Allerniedrigsten im wahren Geiste Christi, der uns gelehrthat, anderen zu dienen und unsere Nächsten zu lieben, wie uns selbst und Gottüber alle Dinge.Wenn man einem Menschen, der am Wegesrande zu Fall gekommen ist, nur zurrechten Einsicht verhilft, dann wird diese Seele schnell dienst- und hilfsbereit,und ihre <strong>Liebe</strong> zu ihren Lei<strong>den</strong>sgefährten wird größer sein als <strong>bei</strong> einem Menschen,der das Verständnis nicht hat. Wer immer ein geordnetes Zuhause gehabthat, zur Kirche gegangen und brav und gut geblieben ist, der weiß nichts vomElend.— 316 —


Laßt uns alle unsern Schöpfer recht verstehen, er ist unser Gott. Unser Schöpferist der Gott des Gestrauchelten gerade so gut wie des Gerechten. Und Gott istdie <strong>Liebe</strong>.Wenn in eines Menschen Herzen jenes <strong>Liebe</strong>slicht leuchtet, welches die Gotteslie<strong>bei</strong>st, — nicht <strong>Liebe</strong>, wie die Menschen sie gewöhnlich verstehen, lauwarme,sentimentale <strong>Liebe</strong>, sondern eine <strong>Liebe</strong>, die Lei<strong>den</strong> auf sich genommen und füralles Verständnis hat, die nach nichts fragt, die zu Opfern bereit ist und demGeringsten wie dem Höchsten gleich gern dient, — das ist die richtige, wahre<strong>Liebe</strong>.<strong>Liebe</strong> und Mitleid. Dann könnten wir auch nie jeman<strong>den</strong> verdammen. Gott verdammtnieman<strong>den</strong>. Mit welchem Recht dürften wir Menschen es tun? Gott liebtalle seine Kinder. Er hat ihnen allen einen freien Willen gegeben und läßt je<strong>den</strong>sich seinen Weg suchen, bis sie schließlich bereit sind zu sagen: "Nicht mein,sondern DEIN Wille geschehe!"Jeder von uns macht seine Erfahrungen nach dieser oder jener Richtung. Aberschauen wir nur alle auf Gott, und lassen wir die <strong>Liebe</strong> zu Gott und die Erkenntnisin unseren Seelen so hell leuchten, daß jeder ein Teil des göttlichen Geisteswird.Kein Geistlicher, niemand kann einen innerlich reich machen, sondern selbstmuß man sehen und erfühlen, was Gott wirklich ist. Dann sündigt man auchnicht mehr.Das ist der Himmel, das ist Seligkeit. Das ist schön, das ist wohltuend. Wennjeder <strong>den</strong> anderen in Gottes <strong>Liebe</strong> versteht, dann herrscht Friede und Eintracht.Aber diesen herrlichen Zustand, <strong>den</strong> wir Himmel nennen, muß man in sichselbst erleben.In diesem herrlichen Zustand kann man gar keine Befriedigung fühlen, ohne daßman anderen hilft. Wir stehen unseren Brüdern und Schwestern <strong>bei</strong>; — so nennenwir sie aus <strong>Liebe</strong> zu Gott.Sagt zu <strong>den</strong>en, die in Not sind: "Laß mich dir meine Hand reichen, und ich willdir helfen, die wahre <strong>Liebe</strong> Gottes zu erkennen; dann wirst auch du in diesemHimmel der <strong>Liebe</strong> leuchten."Von seinem Heim in der geistigen Welt kann man zu <strong>den</strong> niederen Ebenengelangen, und dort findet man bald hier, bald dort Unglückliche in allen möglichenArten des Todeskampfes. Manche haben sich aus <strong>Liebe</strong>skummer dasLeben genommen. Andere sind durch schwere Krankheit zugrunde gegangen.Wieder andere ganz entstellt. Andere wer<strong>den</strong> von ihrem Gewissen gepeinigt. Dasie es nicht besser verstehen, beten und singen sie in einem fort. Sie sind nurunwissend. Sie beten zu dem persönlichen Gott, an <strong>den</strong> sie glauben. Aber diearmen Dinger wissen nicht, was wahr ist.Andere sind erdgebun<strong>den</strong> durch ihre Glaubenssätze. Sie wollen sich nicht einmalin ein Gespräch mit einem einlassen, wenn man nicht zu ihrer Kirche— 317 —


gehört. Sie sagen: "Ich will gar nichts mit Ihnen zu tun haben. Sie haben jenen,ich habe diesen Standpunkt." Und dann beten und singen sie weiter.Sie wissen gar nicht, daß sie abgeschie<strong>den</strong> sind, auch haben sie von einer Gotterkenntniskeine Ahnung. Wenn man nur offenen Sinnes ist, dann erleuchtet dieErkenntnis Gottes einem das Herz.Ich bin jetzt in der Geisterwelt, und dort ist alles so schön; aber ich hätte all dasGlück nicht so bald erlebt, wenn ich nicht hierher gekommen und aufgeklärtwor<strong>den</strong> wäre. Und ich wäre auch dann noch nicht zu diesem Glück gelangt,wenn ich nicht gedient hätte. Ich habe viele hergebracht, die infolge ihrer Uneinsichtigkeitganz entstellt waren, und sie sind hier zur Einsicht gebracht wor<strong>den</strong>.Diese <strong>bei</strong><strong>den</strong> jungen Mädchen, Olive T. und ihre kleine Freundin Anna D., diesich <strong>bei</strong>de das Leben genommen haben, gehören zu meinen Schützlingen. Ichkonnte <strong>bei</strong> ihnen nichts erreichen, weil sie wußten, daß ich gestorben bin. Siefürchteten sich vor mir und ließen mich gar nicht herankommen. Sie hatten eineunheimliche Angst vor mir, und ich konnte ihnen nicht <strong>bei</strong>kommen. Ich wolltenicht, daß sie woandershin gingen. Ich wollte nicht, daß sie auf die irdischeEbene zurückgehen, oder gar jeman<strong>den</strong> besessen machen sollten.Heute Abend habe ich alle <strong>bei</strong>de hergebracht und nehme sie jetzt mit in meinHeim in der Geisterwelt. Ich werde für sie sorgen und ihnen zur Einsicht verhelfen.Und eines Tages wer<strong>den</strong> sie kommen und sich <strong>bei</strong> Ihnen bedanken, wie ichheute gekommen bin, um Ihnen meinen Dank zu sagen.Halten wir uns alle für die Erkenntnis der Wahrheit offen und begnügen wir unsnicht mit dem bloßen Glauben. Glaube ist schon gut, aber zum Glauben mußnoch das Wissen und die Erkenntnis von der wunderbaren <strong>Liebe</strong> Gottes hinzukommenLaßt auch nicht vorre<strong>den</strong>, jemand anderes könne euch erlösen, <strong>den</strong>n das kannniemand. Den Geist der Erlösung muß man in sich selber fin<strong>den</strong>. Wenn <strong>Liebe</strong>und Einsicht euer Herz erhellen, dann werdet ihr auch von Gottes Weisheiteinen Begriff bekommen.Dann braucht ihr euch Gott nicht im Himmel zu <strong>den</strong>ken. ER ist hier und dortund überall gegenwärtig. ER ist in jedem Wassertropfen. ER ist in jeder Blume.Alles sind Teile SEINER wunderbaren Schöpfung. Laßt uns IHN anbeten undmit offenen Augen nach IHM ausschauen, dann wer<strong>den</strong> wir glücklich sein.<strong>Herzlich</strong>en Dank, daß ich kommen durfte! Leben Sie wohl!— — —In Chicago waren wir mit zwei jüdischen Damen, Frau Sr. und Frau Simonsbekannt, die besonders eng miteinander befreundet waren, obwohl letztere einetwas herrisches Wesen an <strong>den</strong> Tag legte.Im besonderen war sie eine Gegnerin des automatischen Schreibens, worin ihreFreundin Versuche machte, und erklärte, der Spiritismus sei eine Täuschung,<strong>den</strong>n nach dem Tode würde jeder eine Blume, ein Vogel oder ein Baum.— 318 —


Frau Simons war nun im Beisein ihrer Freundin gestorben; sie hatte an Wassersuchtund heftigen Kreuzschmerzen gelitten. Einige <strong>Jahre</strong> später war Frau Sr. inKalifornien. Dort verfiel sie in Schwermut und bekam heftige Rückenschmerzen,so daß sie nicht aufrecht gehen konnte.Nachdem sie 3 Wochen ohne die geringste Besserung im Krankenhaus zugebrachthatte, kam sie zu uns und war nach einer Sitzung in unserem Kreise, dersie persönlich <strong>bei</strong>wohnte, wieder völlig gesund. Nachstehend der Bericht überdiese.— — —Sitzung vom 27. Oktober 1919Geist: Frau Simons. — Patientin: Frau Sr.Das sich kundgebende Wesen stöhnte und griff sogleich mit <strong>bei</strong><strong>den</strong> Hän<strong>den</strong>nach dem Rücken wo es offenbar heftige Schmerzen hatte.Doktor: Sind Sie lei<strong>den</strong>d? Haben Sie Ihren Körper abgelegt, ohne es gewahr zuwer<strong>den</strong>?Geist: Ich weiß nicht.Dr. Wir können Sie von Ihren Schmerzen befreien. Sagen Sie uns, wer Siesind.G. Ich weiß nicht.Dr. Sie wer<strong>den</strong> doch sicherlich Ihren Namen wissen.G. Ich kann gar nicht <strong>den</strong>ken.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Ich weiß nicht, ob ich gestorben bin.Dr. Wie nannten <strong>den</strong>n Ihre Freunde Sie?G. Frau Simons.Dr. Wo lebten Sie?G. Chicago.Dr. Wo wohnten Sie in Chicago?G. Das ist längst her, und ich weiß es nicht mehr. Ich fühle mich gar nichtbehaglich.Dr. Inwiefern <strong>den</strong>n?G. Ich fühlte mich so eingeengt, und es war so unbequem.Dr. Merken Sie nicht, daß Sie beständig jemandem ins Gehege kommen?G. Ich weiß nur, daß ich ganz dösig bin. Ich fühle mich gar nicht natürlich.Dr. Und Sie wissen nicht warum?G. Nein.Dr. Sie haben nicht an Geister geglaubt, nicht wahr?G. Nein, und ich glaube auch jetzt noch nicht daran.Dr. Dann glauben Sie also auch nicht an sich selbst, nicht wahr? Sie dachten,wer an Geister glaubt, ist ein Narr. Ist es aber nicht närrisch, ein erdgebun<strong>den</strong>erGeist zu sein? Begreifen Sie, daß Sie solch einer sind?Fr.Sr. Kennen Sie mich?G. Die Stimme kenne ich. Das ist die Stimme meiner Freundin.— 319 —


Dr. Wo ist die?G. In Chicago.Dr. Was tut sie da?G. Ich weiß nicht. Alles ist so dunkel, und ich kann mich auf nichts besinnen.Die Stimme kenne ich. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wessen Stimme esist. Ich kann mich auf ihren Namen nicht besinnen, aber ich kenne sie ausChicago. Sie besuchte mich regelmäßig. Meine Freundin war mein Sonnenschein.Sie hat mir sehr geholfen.Dr. Wie tat sie das?G. Sie kam immer mit einer so heiteren glücklichen Stimmung. Aber dannbefaßte sie sich mit Spiritismus. Ich sagte ihr, sie solle sich damit nichtabquälen, weil doch nichts daran ist. Ich wollte nichts damit zu tun haben.— Sie fehlt mir sehr. Ich sehe sie nur selten mal. Ich komme mir so kleinvor und fühle mich recht unbequem. Und wenn es um mein Leben ginge,ich kann mich auf ihren Namen nicht besinnen.Dr. Wie war <strong>den</strong>n ihr Vorname?G. Jetzt fällt er mir ein. Sie hieß R. Irgendwas beeinträchtigt mein Gedächtnis,und es kommt mir alles so komisch vor. Zuweilen habe ich mal einen lichtenAugenblick, und dann ist es mir, als sei ich in einem ganz enger Raumeeingesperrt. Sie wissen doch, ich bin eine große Frau, und in dem kleinenRaume (Aura der Kranken) war es für mich so eng, daß ich gar kein Gefühlmehr hatte.Dr. Ist Ihnen gelegentlich nicht auch eingeheizt wor<strong>den</strong>?G. Ja, vor kurzem erst. Ich weiß nicht, was das ist, aber es brennt mich manchmal etwas (elektrische Behandlung der Kranken). Jetzt ist alles dunkel,dunkel. Ich sehe rein gar nichts. Ich weiß nicht, was besser ist, — das Feueroder das Eingeengtsein, daß man nicht atmen kann. Ich konnte keine Luftkriegen. Ich weiß nicht, warum das ist. Aber ich muß wohl einen heftigenScheck bekommen haben.Dr. Sind Sie <strong>den</strong>n vor Schreck gestorben?G. Ich kann nicht sagen, daß ich gestorben bin, weil ich mich nicht tot fühle.Ich habe eben Feuer bekommen, und manchmal kommt es wie ein Donnerund macht schießende Schmerzen.Sr. Können Sie sich auf Dr. Wickland besinnen?G. Ja.Sr. Entsinnen Sie sich ob der Maschine, die er hat?G. Die so Feuer schoß!?Sr. Ja, und das ist auch das Feuer, das Sie zu fühlen bekommen haben.G. Wieso <strong>den</strong>n, ich bin doch gar nicht in seiner Behandlung.Sr. Sie haben mich in die <strong>Jahre</strong> gequält.G. Wieso hätte ich Sie gequält?Sr. Lassen Sie sich das von ihm selbst erklären.Dr. Das ist nicht schwer zu erklären. Sie sind jetzt ein Geist und haben IhreFreundin besessen gemacht. Das ist der Grund, weshalb Ihnen alles so— 320 —


ungemütlich war. Sie sind jetzt nicht in Chicago, Sie sind in Kalifornien.Sie sind in Los Angeles, Kalifornien. Entsinnen Sie sich nicht der Frau Sr.?G. Ja, sie war in Chicago.Dr. Sie sind jetzt <strong>bei</strong>de in Los Angeles.G. Ich war doch in Chicago. Ich hatte immer Schmerzen in meinen Beinen,und sehr oft tat mir auch der Kopf so weh.Sr. Diese Schmerzen haben Sie mir übertragen.G. Nein, da sind Sie sehr im Irrtum.Sr. Entsinnen Sie sich noch der Frau Wickland in Chicago — Dr. WicklandsGattin? Erinnern Sie sich, daß sie ein Medium war?G. Ich kann mich anscheinend nicht erinnern. Es ist sonderbar, ich weiß garnichts.Sr. Sie meinten doch immer, so viel zu wissen.G. Das nahm ich auch an. Sie haben sich mit diesem Quatsch, dem Spiritismus,eingelassen, und ich wollte nichts damit zu tun haben. Betreiben Sie<strong>den</strong> Unsinn noch weiter?Sr. Nein, Sie haben Unsinn mit mir getrieben.G. Nein, ich habe gar nichts damit zu tun haben wollen, es ist nichts daran. —Das Feuer kann ich nicht leidet. — Das ist ja nicht auszuhalten. Das hatmich fortgetrieben. Ich habe schrecklich gelitten. Als ich rausgetriebenwor<strong>den</strong> war, wurde ich in einen neuen Raum eingeschlossen.Dr. Sie waren im Gefängnis der Unwissenheit.Sr. Es ist schon lange her, daß Sie gestorben sind.G. Ich hin doch nicht rot.Dr. Sehen Sie sich doch mal diese Hand an, ist das Ihre? — Sie stecken ineinem frem<strong>den</strong> Körper. Sie selbst liefern eben jetzt <strong>den</strong> besten Beweisdafür, daß das, was Sie für Humbug halten, doch wahr ist.St. Wissen Sie, welches Jahr wir haben, Frau Simons?G. Ich weiß gar nichts, Wo ist meine Wohnung? Wo ist nein Mann?Sr. Ihr Mann ist nicht hier. Sie sind jetzt in Los Angeles, Kalifornien.G. Nein, Sie sind wohl nicht mehr recht gescheit? Frau Sr., wissen Sie <strong>den</strong>nnicht, daß wir in Chicago sind?Sr. Ich bin schon 6½ <strong>Jahre</strong> hier in Kalifornien.G. Wir sind doch in Chicago. So eine törichte Frage. Sie ist hypnotisiert undwill mir so was Dummes einre<strong>den</strong>.Dr. Liegt Ihnen gar nichts daran, zu erfahren, wie die Dinge wirklich liegen?Sie sind schon eine ganze Reihe von <strong>Jahre</strong>n tot und haben Ihre Freundin,Fr. St., besessen gemacht. Durch Elektrizität sind Sie aus ihr vertriebenwor<strong>den</strong>. Jetzt dürfen Sie vorübergehend <strong>den</strong> Körper meiner Frau benutzenund hätten so Gelegenheit, sich über Ihre Lage klar zu wer<strong>den</strong>.Wissen Sie etwas über <strong>den</strong> Sinn und Zweck des Lebens? Haben Sie jeeinen Gedanken darauf gerichtet? Nein, statt dessen <strong>den</strong>ken Sie, ein höheresLeben könne es nicht geben.Sie behaupten selbst, Frau Simons zu sein. Dieser Körper gehört aber FrauWickland, und sie ist in Los Angeles, Kalifornien. Sie behaupten, Sie seien— 321 —


in Chicago, und wir können Sie von <strong>den</strong> Tatsachen nicht überzeugen. —Sie haben Frau Sr. besessen gemacht.G. Ich kam zu ihr, weil es so finster war. Ich habe anscheinend eine Weilegeschlafen, und dann wachte ich auf. Ich sah ein Licht, und dann war ichhier. Wem ich <strong>bei</strong> ihr war, konnte ich wenigstens ein bißchen was sehen.Dr. Sie sind in ihre magnetische Aura hineingeraten und haben ihr großeBeschwer<strong>den</strong> gemacht. Um Sie wieder herauszubekommen, gab ich ihreine elektrische Behandlung.Sr.Wissen Sie, was ich dem Doktor gesagt habe? Ich habe ihm gesagt, er solleihnen mal tüchtig eins aufbrennen.G. Sie haben aber auch gar kein Mitleid mit einer armen alten Frau wie mir.Dr. Hätten Sie wohl gern einen erdgebun<strong>den</strong>en Geist in ihrem Körper habenwollen?G. Auf Sie höre ich gar nicht mehr hin.Dr. Sie wollen also Ihre Freundin weiter quälen?G. Ich wußte nicht, daß ich sie gequält hätte. Ich war doch nur <strong>bei</strong> ihr, um wassehen zu können.Dr. Wie war es dann aber möglich, daß Sie die Elektrizität fühlten, als ich FrauSr. behandelte? Ich habe Sie doch niemals behandelt.Sr.Von rechtswegen müßten Sie Herrn Dr. Wickland eigentlich die Behandlungbezahlen, Frau Simons.G. Sagen Sie mir nur eins. Wie bin ich <strong>den</strong>n hierher gekommen? Ich kann mirnicht <strong>den</strong>ken, daß Sie Recht haben, Fr. Sr. Aber wenn das wirklich stimmt,wie sind Sie <strong>den</strong>n nach Kalifornien gekommen?Sr.Ich habe mir eine Fahrkarte gekauft und bin hergefahren. Haben Sie etwasbezahlt?G. Ich habe nie etwas bezahlt. Wie bin ich dann hergekommen? Ich kann esauch immer noch nicht glauben. Das können Sie mir doch nicht weismachen.Ich bin in Chicago. Und Frau Sr. ist doch noch nie in Kaliforniengewesen.Dr. Hören Sie dies Rollen? Das ist der Zug, der eben von Los Angeles nachChicago abfährt.G. Nein, das ist der Nord-West-Expreß.Dr. Von hier aus gibt's keinen Nord-Wester. — Was versprechen Sie sicheigentlich von Ihrer Rechthaberei? Wenn Sie Ihre Lage erst mal begriffenhaben, wür<strong>den</strong> Sie zu schätzen wissen, was ich Ihnen klar zu machensuche. Was hielten Sie wohl von einem Menschen, der sich sträubt einzusehen,wie das mit dem Leben ist, der schon 7-8 <strong>Jahre</strong> tot ist, dessen Körperim Grabe liegt, der aber gar nicht weiß, daß er ein Geist ist, und dann auchnoch einer ehemaligen guten Freundin das Leben schwer macht?G. Ich kann nicht begreifen, wie das möglich sein soll.Dr. Aber wir sprechen von Tatsachen.Sr. Ihr Körper ist vor 78 <strong>Jahre</strong>n auf dem Waltheim-Friedhof beerdigt wor<strong>den</strong>.G. Ich habe geschlafen. Dann wachte ich mit heftigen Schmerzen auf undkonnte mich gar nicht recht bewegen. Ich fühlte mich so eingeengt.— 322 —


Dr. Das kam davon, daß Frau Sr.'s Körper kleiner ist als der Ihrige, und Siehaben sie besessen gemacht.G. Wie bin ich <strong>den</strong>n aber in ihren Körper hineingekommen? Mir war, alskönne ich mich kaum rühren. Ich muß doch herausbringen, wovon Sieeigentlich sprechen. Ich glaube nicht daran. Ich möchte wohl mal wissen,was Sie für einen Grund haben, so etwas zu behaupten.Dr. Haben Sie jemals ernstlich danach gefragt, was das Leben eigentlich ist?G. Ich habe mich mit Baumkunde beschäftigt und die Natur beobachtet.Dr. Haben Sie jemals beobachtet, wie der Baum wächst? Das ist doch ein richtigesWunder. Gott legt Leben in ihn hinein und er wächst. — Was istLeben?G. Gott, — <strong>den</strong>ke ich.Dr. Haben Sie schon mal Geist gesehen?G. Geist ist Geist.Dr. Haben Sie Geist jemals gesehen?G. Nein, aber wenn man keinen Geist hat, dann kann man überhaupt nichtsprechen.Dr. Geist ist unsichtbar, nicht wahr?G. Ich habe ihn noch nicht gesehen.Dr. Was nun, wenn wir Ihnen sagen, daß auch Sie für uns nicht sichtbar sind!Wenn ich auch mit Ihnen spreche, so kann ich Sie doch nicht sehen. Ichsehe nur <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Den Körper Ihrer Frau? — Frau Sr., was soll das heißen? Habe ich meinenKörper verloren?Sr. Ja freilich!Dr. Nur durch Ihre Halsstarrigkeit bleiben Sie im Dunkeln.G. Ich habe nichts gesehen und gehört. Es gab eine Zeit, sage ich Ihnen, da binich gelaufen und gelaufen, aber immer, immer im Dunkeln, und es war mir,als käme ich nie ans Ziel. Ich ruhte mich mal aus, aber dann lief ich wiederweiter. Da sah ich zum ersten Mal einen kleinen Lichtschimmer, und dablitzte plötzlich der Gedanke in mir auf — "Frau Sr.!" Ich dachte: "Ja richtig,sie war ja meine gute Freundin", und da konnte ich sie auch sehen.Dr. Da hatten Sie sich gedanklich in sie hineinversetzt.G. Dann bekam ich furchtbare Schmerzen. Ich hatte gedacht, ich wäre meineSchmerzen vor einer ganzen Weile losgewor<strong>den</strong>. Als ich aufwachte, hatteich zuerst keine Schmerzen, aber als ich zudem Licht hinkam, kamen allemeine Schmerzen wieder.Dr. Sie hatten Schmerzen, als Sie Ihren Körper noch hatten. Sie müssen begreifen,daß Sie jetzt ein Geist sind. Sie sind unsichtbar für uns. Wenn ein erdgebun<strong>den</strong>erGeist dann wieder mit einem irdischen Körper in enge Fühlungkommt, fühlt er sogleich wieder die Schmerzen, <strong>unter</strong> <strong>den</strong>en er gestorbenist. Sie kamen mit Frau Sr. in Fühlung und hatten sofort Ihre körperlichenSchmerzen wieder.Sie haben viel Unheil angerichtet. Sie waren recht selbstsüchtig und habendadurch doch gar nichts gewonnen. In der Geisterwelt wer<strong>den</strong> Sie anderen— 323 —


Sr.dienen müssen. Machen Sie sich zunächst einmal klar, daß Sie ein Geistsind. Sie haben keinen irdischen Körper mehr. Warum sind Sie <strong>den</strong>n nunnicht ein Baum gewor<strong>den</strong>, wie Sie das doch erwartet haben?Ihr Körper liegt auf dem Waltheim-Friedhof in Chicago begraben. GehenSie doch mal hin auf <strong>den</strong> Friedhof und sehen Sie mal nach, ob Sie dortnicht Ihren Grabstein fin<strong>den</strong>?G. Ich habe aber gar keine Lust, mir meinen Grabstein auf dem Friedhof anzusehen.Dr. Gingen Sie zur Kirche?G. Ich glaubte, wenn ich gestorben sei, dann gäbe es hinterher nichts mehr. —Ich wollte mich nicht mit so dummen Gedanken plagen, wie Sie, Frau Sr.!Ich hatte meine eigenen Ideen und hatte die Ihrigen nicht nötig.Dr. Gott hat die Welt geschaffen. Aber Sie haben sich ja um nichts gekümmert.G. (sehr erregt) Mein Gott! Mein Gott! Ich sehe meine Mutter! (Geist.) Abernein, sie liegt doch im Grabe — ja, schon seit vielen <strong>Jahre</strong>n! Sie muß einGeist sein. Sie sieht so schön aus.Dr. Sie hatte sich auch keine Scheuklappen vorgebun<strong>den</strong> wie Sie und wollteauch kein Baum wer<strong>den</strong>. — Sie müssen sich belehren lassen, Jesus hatgesagt: "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreichkommen."G. (Ist Jüdin.) Ich glaube nicht an Jesus.Dr. Was Sie glauben oder nicht glauben, das hindert an <strong>den</strong> Lebenswahrheitennichts.G. Mutter, bist du es wirklich? Ach sehen Sie nur diesen hübschen Weg mitschönen Bäumen und Blumen. Sehen Sie diesen herrlichen Garten unddiese netten Häuschen, und meine Mutter geht dort umher.Dr. Ihre Mutter ist doch kein Baum, nicht wahr?G. Jetzt kommt sie <strong>den</strong> hübschen Weg entlang. Sie sagt: "Komm, dies ist meinHaus." — Ihr Heim, aber nicht meins. Kann ich nicht zu meiner Muttergehen?Dr. Mit Unwissenheit kommt man nicht ins Himmelreich.G. Sehen Sie nur! Diesen steilen Berg soll ich hinauf! Mit diesem schwerenKörper hier komme ich auf diesen Berg nicht hinauf. Mutter sagt: Nein, mitdeinem Körper kannst du nicht aufsteigen; aber du mußt <strong>den</strong> Berg derErkenntnis ersteigen und dich selbst vergessen. Vergiß, daß du in deinerSelbstsucht gelebt hast. Du mußt dienen. — Ich weiß, ich weiß. Ja, ich warselbstsüchtig, Mutter. Ich will mir ja alle Mühe geben, aber hilf mir! Hilfmir dort hinauf! Ich kann es nicht allein. (Weint.) Ich halte es in diesemElend nicht mehr lange aus. Nimm mich mit, Mutter! Nimm mich mit!Nimm mich mit und zeige mir, was ich tun muß. — Sie sagt, ich müssear<strong>bei</strong>ten und dürfe nicht so träge sein wie in meinen Lebzeiten, wo icherwartete, daß jeder mich bediente. Und wenn sie nicht taten, was ichwollte, wurde ich ärgerlich. — Meine Mutter sagt: "Jetzt hast du zu dienen.Du mußt ar<strong>bei</strong>ten um diesen Berg der Erkenntnis des höheren Lebens zuersteigen. Jetzt hast du zunächst mal das ABC der Lebensschule zu lernen— 324 —


und mußt zur Einsicht kommen. Und du wirst so lange <strong>den</strong> Berg hinauf zusteigen haben, bis du all deine Selbstsucht, Eifersucht und allen Neid losgewor<strong>den</strong> bist. Darum kommst du nicht herum. — Du mußt auch deine alteFreundin um Verzeihung bitten für das, was du ihr angetan hast. Das mußtdu tun", sagt Mutter. "Du mußt dir verzeihen lassen. (Weint.) Nein, dumußt um Verzeihung bitten, weil du selbstsüchtig, sehr, sehr selbstsüchtiggewesen bist. Alles Denken an dich selbst mußt du abtun und mußt fürandere leben. — Ich bin deine Mutter, aber ich kann dich jetzt noch nichtmit mir nach Hause nehmen, weil du zunächst noch viel zu lernen hast."(Zweifelnd.) Sie sagt, sie sei meine Mutter — aber ich weiß ja nicht. Ja, —ich glaube schon, es muß so sein. Aber sie ist so sehr schön.Dr. Das ist, weil sie voll des Geistes der Wahrheit ist.G. Frau Sr., ich bitte Sie um Verzeihung. Wollen Sie mir verzeihen?Sr. Gewiß, gern. Sie haben es ja nicht besser gewußt.G. Sie haben mir zum Licht verholfen. Nur durch Sie bin ich zu dieser Einsichtgekommen.Sr. Dafür müssen Sie Herrn Dr. Wickland danken.G. Ich habe gar keine Lust, mich <strong>bei</strong> ihm zu bedanken. — Mutter sagt, ichmüsse es aber tun, weil ich meine fürchterlichen Schmerzen und Lei<strong>den</strong>noch haben würde, wenn Sie nicht gewesen wären. — Sie sagt, ich sei inIhre magnetische Aura hineingeraten mit meiner Seele, die voller Schmerzen,Selbstsucht und Neid war. <strong>Liebe</strong> war nicht in mir außer Selbstliebe.Und sie sagt, jetzt müsse ich <strong>Liebe</strong> für andere haben und nicht für mich.Mich selbst vergessen und für andere ar<strong>bei</strong>ten, dann, sagt sie, würde ichglücklich wer<strong>den</strong>.Dr. "Die <strong>Liebe</strong> ist des Gesetzes Erfüllung."G. Ich weiß nicht, ich habe mich um diese Dinge nicht viel gekümmert. Jetztsehe ich mich, wie ich gewesen bin. Ich war ein Bündel Selbstsucht. FrauSr., ich muß Sie auch um Verzeihung bitten, weil ich Sie oft so grob angefahrenhabe und so selbstsüchtig war. Ich meinte immer, die Menschen hättenzu mir zu kommen, und das sei ihre Pflicht. Jetzt sehe ich meine Selbstsuchtein. — Frau Sr., bitte verzeihen Sie mir! Ich bitte Sie jetzt aus ehrlichemHerzen darum. Ich sehe jetzt, aber bisher wollte ich nicht sehen, weilich mir damit mein vergangenes Leben vor Augen gestellt hätte, wie ichnur für mein Selbst gelebt habe. — Diesen abscheulichen, häßlichen Körper,<strong>den</strong> sie (führende Geister) mir da als <strong>den</strong> meinen zeigen, <strong>den</strong> will ichnicht. Das ist nicht mein Körper.Dr. Das ist Ihr Seelenleib. Sie haben sich keinen besseren geschaffen. Siehaben sich Ihren geistigen Leib nur aus Selbstsucht und Eifersucht aufgebaut.G. Der ist ja ganz verkrüppelt und verunstaltet.Dr. Sie müssen ihn verbessern dadurch, daß Sie anderen Gutes tun. DasGewand das Sie sich geschaffen haben, müssen Sie nun schon tragen, bisSie ein besseres verdienen.— 325 —


G. Dieser Gedanke, — ich soll solch ein abscheuliches, gräßliches, altes, dummesDing tragen! Das — das ist mein geistiger Leib — und nur, weil ichnieman<strong>den</strong> Gutes getan habe!?Dr. Sie wer<strong>den</strong> ihn halt tragen und sich mit ihm zufrie<strong>den</strong> geben müssen, bisSie gelernt haben, wie Sie sich einen besseren verdienen und auf <strong>den</strong> Bergder Erkenntnis und Weisheit hinaufkommen können.G. So muß ich also in diesem meinem häßlichen Körper leben. Dann muß icheben hinein.Dr. Dienen — dem Nächsten dienen!G. Ich will tapfer sein und mir alle Mühe geben, <strong>den</strong>n ich sehe jetzt, was ichhätte tun sollen und nicht getan habe. — Sie sagen mir, es sei nicht zu spät,und ich will ihn zu tragen suchen, diesen ganz verschrumpelten und häßlichenKörper. Sie sagen mir, ich könne ihn durch Gutestun bald abgetragenhaben. Und jedes Mal, wenn ich eine solche Tat vollbracht, verschwän<strong>den</strong>einige Runzeln, und es würde allmählich besser. Ich will mir Mühe geben,glücklich zu wer<strong>den</strong>. Es ist aber recht schwer. Frau Sr., helfen Sie mir!Dr. Wir alle wollen Ihnen helfen.G. Schenken Sie mir Ihre Teilnahme, weil ich in diesem schrecklichen, gräßlichenKörper leben muß, <strong>den</strong> ich mir aus lauter Selbstsucht und Haßgeschaffen habe. Ich will ihn tragen, bis ich's besser kann. Ich braucheHilfe und Kraft, um das auszuhalten. Frau St., verzeihen Sie mir! Man sagtmir, ich hätte Ihnen viel Leid angetan und müsse jetzt diesen häßlichenKörper tragen und Ihnen dienen. Das will ich gern tun und Ihnen helfen.Als erstes muß ich lernen, freundlich zu sein. Ich will, ich will!Dr. Sie wer<strong>den</strong> viele gute Freunde fin<strong>den</strong>, die Ihnen helfen wer<strong>den</strong>. Bitten Sienur die höheren Geister um Hilfe. Wollen Sie das tun?G. Ja, ich will. Man sagt mir, ich solle mich auch für diese Blitzschläge bedanken.Dr. Glauben Sie jetzt an Geister?G. Ich muß wohl, wie mir scheint. — Seid nicht selbstsüchtig, wie ich esgewesen, sondern tut, was ihr könnt, sodaß ihr nicht auch so einen entstelltenKörper bekommt wie ich. Man sagt mir, um seine Erlösung müsse jederselbst ringen, und diese Ar<strong>bei</strong>t könne uns niemand abnehmen. Schafft eucheinen schöneren geistigen Körper als ich. — Jetzt will ich gehen und michan meine Ar<strong>bei</strong>t machen. — Leben Sie wohl!— — —Fräulein F.H., eine zart veranlagte, junge Musikerin, war Studierende an derHochschule, als sie plötzlich gewalttätig wurde und alles zerschlug. Sie riß sichdie Kleider in Fetzen und schlug je<strong>den</strong>, der ihr nahe kam. Schließlich wurde siein ein Sanatorium gebracht und sogar einige Zeit in der geschlossenen Abteilunggehalten. Ihr Fall wurde als Dementia praecox diagnostiziert. — Als sie inunsere Anstalt gebracht wurde, war sie fast zum Skelett abgemagert.Zu dieser Zeit erklärte sie beharrlich, sie heiße nicht Fräulein F.H., sondern seiMargarete Jung aus England und habe zwei Kinder.— 326 —


Eines Abends, als Fräulein P.H. <strong>bei</strong> Tisch saß, sah Frau Wickland hellsehend,wie ein Zeitungsjunge von der Kranken Besitz nahm, gierig nach dem Essengriff und rief: "Her damit! Ich bin hungrig. Ich habe schon lange nichts zu essenbekommen." Nachdem er seinen Hunger gestillt hatte, verschwand der Zeitungsjungewieder, und seit diesem Vorfall wurde die Kranke auch von der MargareteJung nicht mehr belästigt.Fräulein F.H. hatte ihre jüngere Schwester, Fräulein C.H., zur Gesellschaft <strong>bei</strong>sich, die über Besessenheit Bescheid wußte und ihr viel Erleichterung verschaffte.— Eines Nachmittags, als Fräulein F.H. am Klavier saß, nahm plötzlichein fremdes Wesen von ihr Besitz. Aber ihre Schwester befahl dem Eindringlingmit scharfen Worten, zu verschwin<strong>den</strong>, und die Kranke wurde wiederganz sie selbst. Dieser Geist bekundete sich am selben Abend in unserer Sitzungdurch Frau Wickland, und danach besserte sich das Befin<strong>den</strong> der Krankenschnell. Vier Monate später konnte sie nach Hause zurückkehren, war völliggesund, bestand ihre Prüfungen an der Hochschule und nahm ihren Beruf alsMusikerin auf.— — —Sitzung vom 6. Oktober 1920Geist: Alice. — Patientin: Fräulein F.H.Doktor: Wo kommen Sie her?Geist: Ich kam zu Besuch.Dr. Wollen Sie sich nicht bitte vorstellen?G. Ich muß erst mal feststellen, wo ich eigentlich bin. Ich kenne doch nieman<strong>den</strong>von Ihnen.Dr. Bitte sagen Sie uns doch, wer Sie sind.G. Ich weiß noch gar nicht, ob ich Ihnen sagen soll, wer ich bin.Dr. Dann sagen Sie uns wenigstens, wie lange Sie schon tot sind.G. Tot?Dr. Sind Sie sich über Ihre Lage klar? Wozu sind Sie hier?G. Ich weiß selbst nicht, wozu ich hergekommen bin. Jemand sagte mir, ichsolle nur hier hereinkommen, aber ich sehe keinen Grund weshalb.Dr. Vielleicht sollen wir von Ihnen etwas lernen. Sie könnten uns doch mal wasaus Ihrem Leben erzählen, und von Ihrer augenblicklichen Lage. Sagen Sieuns, wer Sie sind. Stellen Sie sich uns doch vor.G. Oh, ich weiß nicht.Dr. Wer hat Sie <strong>den</strong>n hier hereingeschickt? Kennen Sie die Gesellschaft?G. Nein. Ich ging umher und suchte ein Unterkommen. Alles war so dunkel,und ich bin lange umhergewandert und bin sehr müde. Ich habe gar keineLust, mich zu <strong>unter</strong>halten. Ich will mich ausruhen.Dr. Das können Sie hier aber nicht, weil Sie ja ganz fremd sind. — Sind Sie einMann oder eine Frau?G. Das ist aber eine recht komische Art zu fragen.Dr. Das mag Ihnen wohl so vorkommen.— 327 —


G. Können Sie <strong>den</strong>n nicht sehen, ob ich Mann oder Frau bin? Sieht man dasnicht schon an der Kleidung?Dr. Hier in diesem Sessel sitzt der Körper einer Dame. Sind Sie eine Dame?G. Ein Mann bin ich ganz gewiß nicht.Dr. Waren Sie eine Frau oder ein Mädchen?G. In einen Mann habe ich mich je<strong>den</strong>falls nicht verwandelt, sage ich Ihnen.Dr. Aber Ihre körperliche Gestalt hat sich offenbar sehr verändert. Wenn ichIhnen sage, daß dies hier der Körper meiner Frau ist, wird Sie das vermutlichsehr überraschen. Anscheinend schlafen Sie noch.G. Schlafen — zu dieser Tageszeit?Dr. Warum bemühen Sie sich dann nicht, sich klar zu machen, wie die Dingeliegen? Sie müssen doch gemerkt haben, daß Sie in einer ganz sonderbarenLage sind. Versuchen Sie nur mal, darüber ins Klare zu kommen und <strong>den</strong>Grund dafür einzusehen. — Dies hier ist nicht Ihr eigener Körper.G. Was Sie re<strong>den</strong> Ich bin hier ins Zimmer gekommen, und das habe ich dochgewiß nicht ohne Körper tun können. Ich bin doch nicht wie eine Federdurch die Luft geflogen gekommen.Dr. Erkennen Sie diese Hände?G. Nun, die gehören doch mir.Dr. Ich möchte Ihnen gern begreiflich machen, daß Sie vorübergehend ineinen, frem<strong>den</strong> Körper stecken. Diese Hände können Sie gar nicht kennen.G. Solche Behandlung bin ich nicht gewöhnt. (Von oben herab.) Ich gehörezur vornehmen Gesellschaft. (Allgemeines Gelächter.) Ach du meine Güte!Nun lachen mich auch noch alle aus! Ich weiß gar nicht, was ich tun soll.Das ist ja empörend.Dr. Waren Sie sehr vermögend, als Sie noch in Ihrem Körper lebten?G. Wie käme ich dazu, Ihnen meine Verhältnisse darzulegen?Dr. Geben Sie sich etwa nur für ein Mitglied der vornehmen Gesellschaft aus?G. Sowas hat mir aber noch keiner gesagt!Dr. Sie sind ein Geist, sind sich aber darüber noch gar nicht klar.G. Ich kann nicht begreifen, wie ich hier hereingeraten konnte. (Will durchausauf und davongehen.)Dr. Sie müssen jetzt verständig sein und Vernunft annehmen.G. Ach du meine Güte! Was soll ich <strong>den</strong>n machen? Warum halten Sie mir<strong>den</strong>n die Hände fest?Dr. Ich halte gar nicht Ihre Hände. Ich halte die Hände meiner Frau.G. Ich bin nicht Ihre Frau.Dr. Fragen Sie doch mal die Anwesen<strong>den</strong> hier, ob das nicht meine Frau ist.G. Ich kenne diese Menschen ja gar nicht, und mir ist auch gar nichts darangelegen.Dr. Wenn Sie sich ausgesprochen haben, wollen wir mal vernünftig miteinanderre<strong>den</strong>.G. Sie haben mir keine Vorschriften zu machen.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Tot? Wovon re<strong>den</strong> Sie eigentlich? Ich hin doch niemals gestorben.— 328 —


Dr. Sie haben Ihren irdischen Körper verloren und irren offenbar schon rechtlange umher. Sie dürfen eben jetzt <strong>den</strong> Körper meiner Frau benutzen undmüssen sich vernünftig benehmen.G. Das Mädchen mit der gelben Weste dort kann ich nicht lei<strong>den</strong>. (FräuleinC.H., die Schwester der Kranken.) Die ist so häßlich zu mir gewesen. Siehat mich regelrecht davongejagt, als ich es mir gerade so nett gemütlichmachen wollte. (Zu Fräulein C.H. gewendet.) Wie kommen Sie dazu, michso zu behandeln? Ich kann Sie gar nicht lei<strong>den</strong>.Dr. Sie hat vermutlich einen erdgebun<strong>den</strong>en Geist vertrieben. Sie sind sich nurüber Ihre Lage noch nicht klar.G. Sie hat mich davongejagt, und ich kann sie nicht lei<strong>den</strong>.Dr. Sie haben ihre Schwester besessen gemacht, und das paßte ihr natürlichnicht. Sie sind ein erdgebun<strong>den</strong>er Geist.G. So was bin ich nicht! (Stampft mit dem Fuß.)Dr. Sie sind ein Geist, sind sich aber über Ihre wahre Lage gar nicht klar.G. Sie brauchen mir gar nicht erst noch was zu erzählen. Nach Ihnen höre ichgar nicht mehr hin.Dr. Merken Sie <strong>den</strong>n nicht, daß Sie in einem frem<strong>den</strong> Körper stecken?G. Sie sind gewiß verrückt.Dr. Wollen Sie sich nicht helfen lassen?G. Denken Sie, ich brauche Ihre Hilfe? Wieso, — ich kam doch nur mal herein,um zu sehen, was hier los ist. Ich wandere schon so lange, und da sahich ein kleines Licht (Aura der medial veranlagten Kranken) und gleichsprach das Mädel in der gelben Weste mit mir in einem Ton, als ob dieganze Welt ihr allein gehöre. Solch eine Art mit mir zu re<strong>den</strong>!Dr. Befremdet es Sie <strong>den</strong>n nicht, daß Sie so im Dunkeln sind?G. Ich hatte mich verlaufen und irre schon lange umher. Es war sehr finster,und ich fühlte mich recht elend. Ich konnte nichts sehen.Dr. Geben Sie sich doch mal Mühe, zu begreifen, weshalb Sie im Finstern sind.G. Ich hörte Musik (die Kranke am Klavier) und da dachte ich, ich wollte malzuhören. Dann plötzlich war es hell, und da kam dies freche Ding (FräuleinC.H.) auf mich zu und herrschte mich an, als ob ihr die Welt gehörte.Dr. Ich will Ihnen mal was sagen. Die Schwester dieses jungen Mädchens istein Medium und war von verschie<strong>den</strong>en Geistern besessen, die ihr dasLeben vergällt haben. Heute spielte sie Klavier. Sie hörten es und kamen inFühlung mit ihrer magnetischen Aura. Dadurch bekamen Sie etwas Lichtund nahmen dann von dem Körper des Mädchens Besitz.G. (zu Fräulein F.H. gewendet) Ich sehe Sie doch aber heute zum ersten Mal,liebes Fräulein!Dr. Augenblicklich stecken Sie im Körper meiner Frau.G. Ich hin schon ganz krank davon und habe es wirklich satt, das immerfort zuhören.Dr. Können Sie <strong>den</strong>n nicht begreifen, was ich Ihnen sage?— 329 —


G. Ich verstehe auch nicht eine Silbe davon, was Sie damit meinen. Wie kannich <strong>den</strong>n in dem Körper eines anderen Menschen stecken? Das ist dochsolch ein Unsinn!Dr. Meine Frau ist ein Medium und gestattet Geistern, von ihrem Körper vorübergehendBesitz zu nehmen.G. Sind Sie <strong>den</strong>n Spiritisten? Sie sind vermutlich alle Spiritisten! Ich seheschon! Ich sehe schon! Lauter Verrückte! Alles VerrückteDr. Sie liefern im gegenwärtigen Augenblick selbst <strong>den</strong> Beweis, daß IhreAnsicht falsch ist. Sie sind ein Geist und stecken im Körper meiner Frau.G. Nun hören Sie mir bloß auf mit dem Gerede von Ihrer Frau. Ich bin nie verheiratetgewesen, und Sie werde ich ganz gewiß nicht heiraten.Dr. Ich habe doch nur gesagt, dieser Körper gehört meiner Frau.G. Sie fangen ja schon wieder davon an und wollen mir was vorre<strong>den</strong> vonIhrer Frau. Das ist mein Körper.Dr. Nur für eine kleine Weile.G. Haben Sie je gesehen, daß ein Mensch seinen Körper auswechseln kann?Wovon re<strong>den</strong> Sie eigentlich?Dr. Haben Sie jemals ernstlich darüber nachgedacht, was Geist ist?G. Das gehört ins Gebiet der Seele, und die Seele ist ein Teil der ewigen Gottheit.Dr. Das klingt ja recht schön. Wissen Sie aber, was Gott ist? Ich möchte Ihnengern zu einem besseren Verständnis verhelfen. Sie haben Ihren Körper verloren,sind jetzt ein Geist und daher für uns unsichtbar.G. Verrückt, verrückt, verrückt! Sie sind der verrückteste Mensch, <strong>den</strong> ich jegesehen habe.Dr. Wie wollen Sie sich <strong>den</strong>n ihre Lage erklären?G. Dies Mädchen kam nie solchem Ungestüm auf mich los und sagte, ich sollemachen, daß ich fortkäme. Und ehe ich wußte, wie mir geschah, war ichwieder draußen. Ich blieb aber ganz in der Nähe und versuchte immer wiederund wieder, noch einmal reinzukommen, weil ich mich nicht so einfachfortjagen lassen wollte, wie sie sich das gedacht hatte. Ich wartete auf eineandere Gelegenheit, wieder hineinzukommen, — und da bin ich nun. Jetztkönnen Sie mich nicht wieder rauswerfen.Dr. Sollte Ihnen solch ein Erlebnis nicht zu <strong>den</strong>ken geben?G. Wieso <strong>den</strong>n?Dr. Sie merken doch, daß Sie sich in einer ganz sonderbaren Lage befin<strong>den</strong>. —Sie sind sehr eigensinnig und wissen recht gut, daß ich die Wahrheit sage.G. Bisher haben Sie mir noch keine Wahrheit gesagt.Dr. Fragen Sie doch mal jeman<strong>den</strong> von diesen Herrschaften, wessen Hand ichhier halte.Antwort: Herr Doktor hält die Hände seiner Frau.Dr. Sie sind ein Geist und sind für uns nicht sichtbar. Ich halte die Hände meinerFrau.G. Wie in aller Welt hin ich <strong>den</strong>n Frau Wickland!?Dr. Sie sind nicht Frau Wickland. Sie benutzen nur ihren Körper.— 3<strong>30</strong> —


G. Jetzt wissen Sie doch, daß wir unsere Körper nicht austauschen können. Ichweiß das.Dr. Ihren eigenen Körper haben Sie verloren und sind jetzt ein Geist.G. Wieso hätte ich <strong>den</strong>n meinen Körper verloren? Wenn ich gestorben wäreund meinen Körper verloren hätte, wie in aller Welt hätte ich dann so herumlaufenkönnen, wie ich es getan habe? Eine Zeitlang war ich sehr hungrigund wollte gern etwas zu essen haben, aber dies Ding (auf Fräulein C.H.zeigend) warf mich hinaus. Ich habe mich zur Wehr gesetzt, weil ich sohungrig war.Dr. Es ist doch nur Ihr Körper, der gestorben ist. Den haben Sie verloren. AberSie selbst sind ja nicht tot. Paulus sagt: "Es gibt einen natürlichen Leib, undes gibt einen geistigen Leib." Ihren natürlichen Leib haben Sie verloren.G. Wann ist <strong>den</strong>n das geschehen?Dr. Das weiß ich nicht. — Aber nachdem Sie Ihren natürlichen Leib abgelegthatten, haben Sie in Ihrem geistigen Leibe weitergelebt. Man hat Sie jetzthierhergebracht, damit Sie sich über Ihre Lage Klarheit verschaffen sollen.Wenn Sie die haben, brauchen Sie nicht mehr im Finstern herumzuirren.Dann wer<strong>den</strong> Sie auch über das geistige Leben Bescheid wissen.G. Ich bin umhergelaufen, aber ich bin auf der Erde und nicht im Himmel.Dr. Was verstehen Sie <strong>unter</strong> Himmel?G. Der ist, wo Gott ist.Dr. Die Bibel sagt: "Gott ist <strong>Liebe</strong>" und Ihr seid der Tempel Gottes und derGeist Gottes wohnt in euch. — Soweit ein Mensch <strong>Liebe</strong> im Herzen hat, ister ein Teil Gottes.G. Ich habe immer mein Bestes getan.Dr. Wissen Sie, welches Jahr wir haben? — Es ist 1920. Ist Ihnen klar, daß Sieeine ganze Zeit im Dunkeln gewesen sind?G. Ich war im Finstern und kann mich auf nichts richtig besinnen.Dr. Das kommt daher, weil Sie die Fühlung mit dem natürlichen Leben verlorenhatten und von einem höheren Leben noch nichts wußten. Jetzt hat manSie hierher gebracht, damit Sie Hilfe bekämen. Aber lange können Sie hiernicht bleiben.G. Aber wo soll ich hin?Dr. In die Geisterwelt. — Wie heißen Sie?G. Ich weiß nicht.Frl.C.H.: Sie haben mir doch aber heute nachmittag Ihren Namen genannt undgesagt, Sie hießen Marie Bulwer und seien aus Deutschland.G. Das habe ich nicht gesagt, sondern dann haben Sie mit meiner Freundingesprochen (ein anderer Besessenheitsgeist).Dr. Wissen Sie, wo Sie jetzt sind? Wissen Sie, daß Sie in Los Angeles in Kaliforniensind?G. Nein.Dr. Wo glauben Sie <strong>den</strong>n zu sein?G. Meine Freundin und ich waren auf der Reise auf der Eisenbahn.Dr. Ist da was passiert?— 331 —


G. Wir fuhren nach — jetzt kann ich mich wieder nicht besinnen, wohin. Oh,Marie! (zu einem Geist) Geh' nicht fort! Du weißt doch, du warst doch mit,warst meine Reisegefährtin. Ich habe dir doch die Reise bezahlt, und dadarfst du mir jetzt nicht davonlaufen.Dr. Was sagt sie <strong>den</strong>n, was sie vorhat?G. Marie, sag mir doch bitte mal, wie ich heiße, Sieh', sieh', das Feuer! Allessteht in Flammen.!Dr. Sie durchleben noch einmal die Vorgänge, <strong>bei</strong> <strong>den</strong>en Sie ums Lebenkamen.G. Marie, Marie! Sieh' doch das Feuer!Dr. Hatten Sie ein Eisenbahnunglück?G. Ja, ja!Dr. Das ist jetzt alles vorüber.G. Sehen Sie Marie! Sie ist tot! Sie ist zerquetscht!Dr. Man ruft Ihnen die Erinnerung wach an die Vorgänge, <strong>bei</strong> <strong>den</strong>en Sie umsLeben gekommen sind. Das liegt alles längst hinter Ihnen! Sie müssen sichjetzt beruhigen.G. Ich bekam das eben nur für eine kurze Minute zu sehen.Dr. Was sagt <strong>den</strong>n Marie? Weiß sie, daß sie gestorben ist?G. Sie hat sich verlaufen und ich auch. Beide haben wir uns verirrt und sindvon unserem Wege abgekommen.Dr. Das kommt davon, daß Sie über das Leben nicht wirklich Bescheid wissen.Hätten Sie schon <strong>bei</strong> Lebzeiten Bescheid gewußt, hätten Sie sich auch nichtverirrt.G. Ich bin umhergelaufen, und Marie ist tot.Dr. Sie ist in Wirklichkeit ja gar nicht tot. Sie hat nur ihren natürlichen Körperverloren. Marie ist ebensowenig tot wie Sie. Sie sind alle <strong>bei</strong>de Geister.Geister.G. Ich bin in diesem schrecklichen Feuer gestorben. Sehen Sie nur, all die vielenMenschen verbrennen ja (sehr erregt)Dr. Denken Sie jetzt nicht mehr an das Unglück! Fassen Sie sich! BeruhigenSie sich nur und suchen Sie das Vergangene zu vergessen!G. (durch <strong>den</strong> Anblick mehrerer Geister sehr erregt). Die will ich nicht sehen!!— Keinen von ihnen! Sehen Sie nur <strong>den</strong> einen da! Er kommt — er kommt?— Ich mag Sie nicht sehen!! Ich mag Sie nicht und habe Ihnen dochgesagt, daß ich Sie nicht lei<strong>den</strong> kann.Dr. Vermutlich haben Sie diesen Menschen im Leben Unrecht getan und müssenjetzt die Folgen tragen.G. Wir sind ja recht vergnügt zusammen gewesen, aber ich liebe Sie dochnicht. Ich wollte nur mal sehen, wie sehr Sie mich wohl liebten, — aber ichhabe Sie nicht geliebt. — Jetzt sagen sie, sie kommen mich anzuklagen. Ichmag aber keinen von ihnen. Es sind ihrer drei.Dr. Männer oder Frauen?G. Ich liebe doch keine Frau! Warum kommen die her?Dr. Was sagt <strong>den</strong>n Ihr Gewissen dazu?— 332 —


G. (mit spöttischem Lächeln) Er nahm sich das Leben, nur weil ich ihn nichtheiraten wollte. — Der Tor!Dr. Haben <strong>den</strong>n Sie nicht vielleicht zuerst <strong>den</strong> Vampir an ihm gespielt?G. Das ist meine Sache.Dr. Da wer<strong>den</strong> Sie sich jetzt alle Mühe geben müssen, das wieder gut zumachen.G. Laßt mich nur in meiner Finsternis — die ist weit besser als diese Quälerei!Da bin ich immer geradezu gelaufen. Ich habe nichts gesehen, — aber dasLaufen habe ich auch satt.Dr. Was sagt <strong>den</strong>n ihr Gewissen dazu?G. Re<strong>den</strong> Sie mir nicht von Gewissen!Dr. Jesus hat gesagt: "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht indas Himmelreich kommen." Sie wer<strong>den</strong> ein neues Leben anfangen und einegeistige Erneuerung vornehmen müssen. Opfern Sie sich selbst, Sie wer<strong>den</strong>sich selbst aufgeben und wieder wie ein Kind wer<strong>den</strong> müssen, Sie müssenalle Ihre Fehlgriffe wieder gutmachen.G. (zu einem anderen Geist) Was wollen Sie jetzt von mir? — habe ichgesagt? Nein, ich habe ihr mein Kleid nicht bezahlt. Mir Vorwürfe machen,weil ich nicht bezahlt habe!Dr. War das wohl recht? Ihr Gewissen hat Ihnen wohl gesagt, was Sie hättentun sollen. Jetzt wer<strong>den</strong> Sie anderen dienen müssen. Selbstsucht ist dieWurzel allen Übels.G. Ich habe nichts weiter gelernt, als mich zu amüsieren und Geld auszugeben.Von Kind auf habe ich gelernt, gerade auf das Geld mir etwas einzubil<strong>den</strong>.Nicht ein ernster Gedanke, <strong>den</strong> ich an einen Menschen verschwendet hätte,der <strong>unter</strong> meinem Stande war! Warum hat man mich so verkehrt erzogen,daß ich jetzt dafür so lei<strong>den</strong> muß?Dr. Waren Sie wahrhaftig in Ihrem Herzen?G. Man hat mich gelehrt, stets daran zu <strong>den</strong>ken, daß ich reich sei, mir allesleisten könne, was die Welt zu bieten hat, und andere zu mir aufzusehenhätten. Mir lag nur an Geld und wenn ich ein Herz gebrochen hatte, machtemir das großen Spaß. — (Zu Geistern gewendet) Ich habe euch dochgesagt, ihr sollt nicht herkommen, bleibt da!Dr. Man hat Sie hierher gebracht, damit Ihnen geholfen wer<strong>den</strong> kann. Seien Siejetzt mal ruhig und hören Sie gut zu. Sie müssen sich jetzt alle Mühegehen, Ihre Untaten wieder gut zu machen.G. Das werde ich niemals fertig bringen.Dr. Das können und wer<strong>den</strong> Sie doch. Hier sind andere Geister, die Ihnen helfenwollen und Ihnen einen besseren Weg zeigen wer<strong>den</strong>. Seien Sie jetztnicht eigensinnig.G. Ich bin sehr eigensinnig und bin es immer gewesen. Man hat •midi nichtanders erzogen. Meine Mutter war eine sehr stolze Frau, und sie war sehrhübsch.— 333 —


Dr. Zu ihrem Unglück. Jetzt müssen Sie sich beruhigen! Sie haben hierherkommen dürfen, damit Ihnen geholfen wer<strong>den</strong> kann. Sehen Sie nicht sonstjemand Bekanntes.G. Ich habe gar keine Lust, mich noch mehr umzusehen. Ich sehe nur die,<strong>den</strong>en ich übel mitgespielt habe. Die stehen alle hier! Oh! (zurückschreckend)Warum muß ich so lei<strong>den</strong>?!Dr. Diese Lei<strong>den</strong> haben Sie sich selbst geschaffen. Es gibt aber Hilfe für Sie,wenn Sie diese nur ernstlich wollen. Höhere Geister wer<strong>den</strong> Ihnen helfen.G. Ich meinte, ich könnte so zu meinem Vergnügen drauflos leben. Ich reiste,wohin ich wollte. Ich sah alles und hatte alles, was ich wünschte und wasfür Geld zu kaufen war. Jeder Wunsch, <strong>den</strong> ich hatte, wurde mir erfüllt.Dr. Sie haben Ihre Seele völlig abgestumpft. Jetzt wer<strong>den</strong> Sie Ihre Torheitendurch Freundlichkeit wieder gut machen müssen, und müssen anderen dienen.G. Ich kann niemandem dienen. Die anderen haben mir zu dienen. Ich habenoch nie in meinem Leben selbst etwas tun müssen. Ich bin immer bedientwor<strong>den</strong>.Dr. Begreifen Sie doch: Wenn Sie diesen Geistern nicht helfen, müssen Sieselbst weiter lei<strong>den</strong>. Sie wer<strong>den</strong> nichts weiter haben, als die Qual IhresGewissens, bis Sie um Gnade flehen und sagen: "Ich will dienen."G. Ich kann doch niemals jeman<strong>den</strong> bedienen, da müßte ich ja herabsteigen.Was würde meine Mutter wohl sagen, wenn ich jemandem diente, der <strong>unter</strong>mir steht?Dr. Niemand steht <strong>unter</strong> Ihnen. Geld gibt weder Einsicht noch sonst ein Verdienst.G. Niemand <strong>unter</strong> mir? Sollte ich etwa mit meiner Schneiderin verkehren?Dr. Wenn Sie jetzt in die Geisterwelt kommen, wer<strong>den</strong> Sie vermutlich erleben,daß Ihre niedrigste Dienerin höher steht als Sie. Sie wer<strong>den</strong> oft fin<strong>den</strong>, daßMenschen, die Sie für tief <strong>unter</strong> Ihnen stehend hielten, in der Geisterweltdie schönsten Heimstätten haben. — Sie haben viel zu tun, um sich ausIhrer Lage emporzuar<strong>bei</strong>ten. Es sind viele höhere Geister hier, die Ihnenhelfen wollen. Sehen Sie sich einmal um, dann wer<strong>den</strong> Sie Geister sehen,die Ihnen helfen wollen.G. Oh, Rudolf! (Geist) Dich habe ich geliebt, aber du weißt, mein Stolz undmeine Mutter ließen unsere Heirat nicht zu. Ich weiß, du hast sehr dar<strong>unter</strong>gelitten. Aber du hast nicht gewußt, daß auch ich gelitten habe. Du weißt,du konntest mir die gesellschaftliche Stellung nicht geben, an die ichgewöhnt war. Ich habe dich lieb gehabt und liebe dich noch. Rudolf, willstdu mir verzeihen? Ich hätte dich ja gern geheiratet, Rudolf, aber ich konntedoch nicht.Dr. Wie können Stolz und Geld Hindernisse für die <strong>Liebe</strong> bil<strong>den</strong>!?G. Ich war nicht glücklich, aber ich mußte meine Neigung vergewaltigen. Ichhatte nicht <strong>den</strong> Mut, gegen <strong>den</strong> Willen meiner Mutter zu handeln. Ichmußte mit gebrochenem Herzen in der Gesellschaft glänzen und all diesendummen Menschen zulächeln. — Ich hätte ein ganz anderer Mensch wer-— 334 —


<strong>den</strong> müssen, als mein Herz und meine <strong>Liebe</strong> dir gehörten, Rudolf. Aberverzeih mir! Ich weiß, du hast sehr gelitten. — Ich bin auch zu deiner Beerdigunggewesen, aber Mutter durfte das nicht wissen. Ich habe mirgewünscht, zu sterben und mit dir zu gehen. Aber ich mußte der <strong>Liebe</strong> dieTür verschließen. Von dem Augenblick an, als du gestorben warst, habe ichmir vorgenommen, <strong>Liebe</strong> und Mitgefühl zu <strong>unter</strong>drücken und vor ihnenmein Herz zu verschließen. Ich wollte von nun ab nur meinem Eigenwillenleben, und andere lei<strong>den</strong> machen, wie ich gelitten hatte um der <strong>Liebe</strong> willen,der ich mein Herz hatte verschließen müssen. — Rudolf, verzeihe mirund hilf mir! Du warst ein so guter Mensch, aber Religion, Geld und meineMutter stan<strong>den</strong> hindernd zwischen uns und unserer <strong>Liebe</strong>. Du warst armaber gut. — Er sagt, wenn er hätte mit mir leben können, hätte er michschon gelehrt, eine gute Frau zu wer<strong>den</strong>. — Ja, Rudolf, aber der gute Einfluß,der von dir ausging, war mir versagt. Und dann war es mir ganzgleichgültig, was aus mir würde. Ich stürzte mich ins Gesellschaftslebenund amüsierte mich, um meinen Kummer zu ersticken. Ich suchte je<strong>den</strong>Mann für mich zu entflammen, so daß ich ihn zu meinen Füßen sehenkonnte. Es machte mir gar nichts aus, wenn ich die Männer völlig zumZusammenbruch brachte. Ich wollte, andere sollten auch so lei<strong>den</strong> wie ich.Dr. Das war recht eigensüchtig.G. Man hat mich ja nichts anderes gelehrt als Eigensucht.Dr. Was sagt Rudolf dazu?G. Er sagt: "Alice, komm mit mir in die Geisterwelt!" (weint) Er sagt, imHimmel gibt es keinen Stolz, der hindern könne; alles sei <strong>Liebe</strong> und Eintracht.Dr. Wir können Ihnen helfen. Geben Sie sich Mühe zu begreifen! Wenn Siedas bessere Leben erst kennen, wer<strong>den</strong> Sie noch viel zu tun haben damit,Ihre Untaten wieder gut zu machen. Das können Sie durch Güte gegenandere. So wer<strong>den</strong> Sie an Ihrer Erlösung zu ar<strong>bei</strong>ten haben.G. (sich nach vorn beugend) Carl, geh' nicht fort! Ich weiß, du hast es gutgemeint, aber ich konnte dich nicht lieben, wo mein Herz einem anderengehörte. Ich habe wohl gewußt, daß ich daran schuld war, als du dir dasLeben nahmst. Sehen Sie — da liegt er nun! (Weint.)Dr. Auch er wird zur rechten Einsicht kommen. Andere wer<strong>den</strong> ihm helfen.Geist ist unzerstörbar.G. Sehen Sie doch da! Das kann doch nicht sein! Meine Mutter! Sehen Sie,sehen Sie, wie runzelig und häßlich sie ist! Das kann doch nicht meineMutter sein! — Sie sagt, sie sei es, — aber das kann doch gar nicht sein.Oh, sie ist so häßlich! Und sie war doch anmutig und schön. Das kann dochMutter nicht sein! Sie ist so häßlich, so häßlich! Mutter, was ist <strong>den</strong>n nurmit dir los? Du hattest doch solch hübsche Figur! Und jetzt bist du ganzentstellt.Dr. Das ist ihre geistige Gestalt, die sie sich durch ihr eigensüchtiges Wesenselbst geschaffen hat. Ihr geistiger Leib ist ihr eigenes Werk. "Wie einMensch <strong>den</strong>kt in seinem Herzen, so ist er."— 335 —


G. Mutter, Mutter, was ist <strong>den</strong>n mit dir los? — Sie sagt: "Alice, ich habe dichganz falsch erzogen. Es ist die Schuld meiner verkehrten Erziehung, daß dunicht ein besserer Mensch gewor<strong>den</strong> bist, als du warst. Es war sehr unrechtvon mir, die echte <strong>Liebe</strong> zwischen dir und Rudolf zu stören. Er hätte vermutlichdie bessere Seite deines Wesens zur Entfaltung gebracht." Sie sagt,sie habe die Tür verschlossen und in ihrem Leben keinerlei gute Taten vollbracht,und so sei ihr geistiger Leib ganz verunstaltet infolge ihrer schlimmenHandlungsweise. Sie sagt, jetzt leiste sie anderen Dienste, und jedesMal, wenn sie etwas Gutes getan habe, verschwinde etwas von der Häßlichkeit,die sie so entstelle. — Sie ist ganz verkrüppelt und hat zerlumpteKleider an. Sie sagt, sie diene jetzt mit dem häßlichen Körper, <strong>den</strong> sie sichwährend des Er<strong>den</strong>lebens verdient habe. Jetzt zeigt sie mir <strong>den</strong> Körper, <strong>den</strong>sie sich im geistigen Leben bisher verdient hat. Er ist schon besser als derandere, aber ihr Gesicht ist noch ganz runzelig.Dr. Ihr Gesicht war ihr Stolz.G. Sie sagt, sie habe zu dienen und all <strong>den</strong>en zu helfen, <strong>den</strong>en sie irgend einUnrecht getan habe, und sie müsse noch sehr viele gute Taten tun, bevor ihrGesicht wieder hübsch wer<strong>den</strong> kann. Sie sagt: "Alice, gib dir alle Mühe,anders zu wer<strong>den</strong>. Hier ist dein geistiger Leib, Alice!" — Oh nein! Nicht<strong>den</strong>! Rudolf, komm und hilf mir! Du weißt wie mir zu Mute ist.Dr. Wie ist Ihr Name? Fragen Sie doch mal Ihre Mutter danach.G. Meine Mutter kann ihn mir auch nicht sagen, sie kann sich nicht daraufbesinnen.Dr. Erinnern Sie sich, wer Präsi<strong>den</strong>t ist?G. Mc Kinley.Dr. Der ist schon 1901 ermordet wor<strong>den</strong>. Haben Sie gewußt, daß er tot ist? Erwurde 1901 in Buffalo erschossen. Sie müssen also schon vor 20 <strong>Jahre</strong>noder noch früher gestorben sein.G. Bin ich die ganze Zeit hindurch umhergeirrt?Dr. Das müssen Sie wohl.G. Ich bin in Milwaukee geboren. Ich möchte Ihnen gern mehr erzählen, aberich kann nicht. Die Tür ist einfach zu, und ich kann eben nicht <strong>den</strong>ken.Warum kann ich <strong>den</strong>n nur auf meinen Namen nicht kommen? MeinGedächtnis ist weg. Bitte <strong>den</strong>ken Sie an Alice.Dr. Ihr Gedächtnis wird wiederkommen. Lernen Sie nur erst mal, was dasLeben in Wirklichkeit ist. Und jetzt <strong>den</strong>ken Sie sich zu Rudolf hin.G. Das will ich tun, und ich möchte Ihnen auch danken. Leben Sie wohl.— — —Das hoheitsvolle Bewußtsein ihrer fürstlichen Herkunft und Standesdünkel hatten<strong>den</strong> Geist einer feingebildeten englischen Dame lange in der Erdsphäre festgehalten.Aber mit dem Augenblick, wo sie begriff, daß das Leben einen höherenSinn hat, wurde ihr geistiges Urteilsvermögen wach, und sie kam sehrschnell vorwärts.— — —— 336 —


Sitzung vom 4. Oktober 1922Geist: Esther SutherhandDas sich kundgebende Wesen war sehr hochfahrend und sah sich mit verächtlichprüfendem Blick im Kreise um.Dr. Ihre Lage kommt Ihnen wohl recht sonderbar vor? Was ist Ihnen <strong>den</strong>nzugestoßen?G. Mir ist manches begegnet, aber das ist nicht weiter befremdlich.Dr. Wir hätten gern gehört, wer Sie sind und wo Sie herkommen. Sie sind hierganz fremd.G. (herablassend mit ausgesprochen englischem Akzent) Mir scheint, Sie kennenmich nicht.Dr. Darf ich fragen, welcher Adelsschicht Sie angehören?G. Was für eine Art feiner Herr sind Sie dann, daß Sie solche persönlichenFragen stellen?Dr. Gefällt Ihnen unsere Gesellschaft hier nicht?G. (sehr ungnädig) Ich weiß von Ihnen doch gar nichts.Dr. Gehören Sie dem Königshause an?G. Warum sehen mich hier <strong>den</strong>n so viele Menschen so an? Manche stehen,manche sitzen.Dr. Einige müssen Geister sein.G. Geister!? Ich meine, das ist doch nur Einbildung. Ich sehe hier doch Menschensitzen und stehen. Sie haben vielleicht nicht die rechte Brille auf, umdas sehen zu können. Mir scheint, Sie gehören wohl zum einfachen Volk.Dr. Wir haben nicht <strong>den</strong> Vorzug, hochgeboren zu sein. Sie haben sich uns abernoch gar nicht vorgestellt.G. Es liegt mir gar nichts daran, mich mit einem von Ihnen bekannt zumachen. (sehr von oben herab) Sie sehen mir gar nicht so aus, als ob Sie zuder Gesellschaftsschicht gehörten, mit der ich zu verkehren gewöhnt bin.Dr. Wir sind nicht sonderlich erpicht darauf, zu dieser Klasse Menschen zugehören. Aber solange wir nicht wissen, wer Sie sind, können wir Ihnendoch nicht die gebührende Ehre erweisen.G. Ich wüßte nicht, daß mir besonders daran gelegen wäre, von Ihnen großgeehrt zu wer<strong>den</strong>.Dr. Wir wür<strong>den</strong> Ihnen doch aber gern die gebührende Achtung erweisen.G. Sie haben sich recht derbe Scherze erlaubt.Dr. Gnädige Frau, nennen Sie uns doch wenigstens Ihren Namen.G. Ich weiß nicht, ob ich das tun soll. (mustert <strong>den</strong> Frager von Kopf bis zu Fußdurch eine eingebildete Lorgnette)Dr. Damit wür<strong>den</strong> Sie sich doch nichts vergeben, nicht wahr?G. (zeigt auf das Empfangszimmer) Wer steht <strong>den</strong>n da? (Unsichtbare) Da sinddoch eine ganze Menge Menschen. Das sieht doch wie eine Art Versammlungaus. Ich weiß gar nicht, wozu ich herkommen sollte.— 337 —


Dr. Wollen Sie nicht bitte mal die Leute im anderen Zimmer fragen, wer siesind? Die kann ich nämlich nicht sehen. Fragen Sie sie doch mal, wozu siehier sind.G. Ich sehe nicht ein, warum ich sie danach fragen soll.Dr. Dann stellen Sie sich ihnen doch wenigstens vor.G. Das paßt mir gar nicht, mich vorzustellen. In unseren Kreisen ist das nichtSitte.Dr. Sie sind uns doch vollständig fremd; Sie könnten doch eine Betrügerinsein.G. (kehrt Dr. Wickland kühl <strong>den</strong> Rücken und wendet sich an <strong>den</strong> Herrn zuihrer Rechten) In letzter Zeit habe ich meine Gedanken nicht so gut ausdrückenkönnen, wie ich gern wollte.Dr. Fragen Sie doch eben mal die Leute, wer sie sind.G. Ich sagte Ihnen doch schon, ich habe gar keine Lust, sie zu fragen. WennIhnen gar so viel daran gelegen ist, von diesen Leuten etwas zu erfahren,können Sie ja gern selbst hingehen und mit ihnen sprechen.Dr. Aber wir können dort doch niemand sehen. Wie können wir sie dann fragen?G. Da kann ich Ihnen nicht helfen. Da kann ich Ihnen nicht helfen.Dr. Fragen Sie sie mal, ob sie Geister sind. Was machen sie, wenn ich sage, sieseien Geister? (sich an die unsichtbaren Zuhörer wen<strong>den</strong>d) Sind Sie alleGeister? (zu dem Geist im Medium) Was sagen sie darauf?G. Einige nicken zustimmend mit <strong>den</strong> Köpfen. Manche antworten gar nicht,aber ich kann nicht sehen, warum. Die Mehrzahl antwortet zustimmend.Ich sehe einen Soldaten da<strong>bei</strong> in Uniform.Dr. Das ist vielleicht ein Verwandter von Ihnen. Sie sind doch englischer Herkunft?G. Ja, ich bin Engländerin.Dr. Wissen Sie, daß Königin Viktoria gestorben ist?G. Königin Viktoria war die englische Königin. Sie war eine ganz, ganz wunderbareFrau. Sie ist schon lange tot.Dr. Ich dächte 1901 ist sie gestorben.G. Ja, Ich <strong>den</strong>ke, so war es wohl, nicht wahr?Dr. König Eduard ist auch schon tot.G. Man sagt von ihm, er sei ein wunderbarer König gewesen. Er war allgemeinverehrt und beliebt. Er hatte ein Herz für jedermann. Er verkehrtegleich Freundlich mit dem einfachen Volk, wie mit der vornehmen Gesellschaft.Dr. Insofern ist er ein gutes Vorbild für Sie. Sie sollten sich <strong>bei</strong> dem einfachenVolk heimisch fühlen. Erinnern Sie sich des großen Krieges?G. Was für ein großer Krieg?Dr. Kennen Sie Lord Kitchener? Er ist im großen Kriege gefallen.G. Er hat <strong>den</strong> Krieg gegen die Euren geführt.Dr. Das war um 1898. Haben Sie Lord Kitchener gekannt?— 338 —


G. Er war ein guter Mensch, aber im Kriege hat er nicht viel geleistet. Vondem großen Kriege, von dem Sie sprechen, weiß ich nichts.Dr. 23 oder 24 Völker führten Krieg miteinander. England kämpfte gegenDeutschland.G. Das kommt mir doch recht merkwürdig vor. Davon weiß ich ja überhauptnichts. Und ich habe doch immer viel gelesen.Dr. Wissen Sie, daß der Deutsche Kaiser abgesetzt ist? Und wissen Sie, daß derrussische Zar mitsamt seiner Familie ermordet wor<strong>den</strong> ist?G. Wie <strong>den</strong>n?Dr. Durch die Bolschewisten.G. Was? Wer ist <strong>den</strong>n das?Dr. Das sind die, die die Monarchie in Rußland beseitigt haben.G. Nein, die nannte man doch anders. Sie hießen — wie war doch das Wort,das ich sagen wollte!?Frager: Nihilisten?G. Ja, so war's, man schickte sie nach Sibirien.Dr. Dort hatten sie jetzt <strong>den</strong> Zaren hingeschickt und dann ermordet.G. Man stelle sich das vor!Dr. Entsinnen Sie sich des Kaisers von Osterreich? Der ist gestorben.G. Wo bin ich <strong>den</strong>n bloß gewesen, daß ich von all dem nichts weiß, was Siehier erwähnen?Dr. Das Haus Habsburg ist nicht mehr an der Macht.G. Nein, wo ist die Welt hingekommen?Dr. Die Demokratie ist am Ruder.G. Alle Monarchien beseitigt. Dann wird es im Volke schön dr<strong>unter</strong> und drübergehen.Dr. Heute gibt es keine Aristokratie mehr.G. Wir haben edles Blut in <strong>den</strong> Adern.Dr. Gesetzt <strong>den</strong> Fall, ein Mann aus dem Volke würde König; würde das wohlsein Blut ändern? Erinnern Sie sich, daß der König doch auch Napoleonalle Ehre erwies und ihn <strong>bei</strong> seinem Titel nannte? Das machte ihm aberdoch sein Blut nicht blau?G. Ich bin mit edlem Blut geboren und gehöre nun mal mein Leben lang dazu.Dr. Wie ist <strong>den</strong>n Ihr Name? Waren Sie ein Mitglied der englischen Königsfamilie?G. Mein Name war einmal — nun, ich habe meinen Namen so lange nichtmehr gehört. Mir ist so ja, mein Name war Esther Sutherland.Frager: Waren Sie die Herzogin von Sutherland?G. (unwillig) Nein, ich war nicht die Herzogin, aber eine entfernte Verwandte.Die hatten alle mehr Geld, während ich nur <strong>den</strong> Titel hatte. Der hat immerhinauch einigen Wert.Frager: Wissen Sie, daß Sie in Amerika sind?G. Ich bin noch in England.Frager: Sehen Sie jeman<strong>den</strong> von Ihren alten Freun<strong>den</strong> hier?— 339 —


Dr. Sehen Sie doch mal nach der Versammlung hinüber, von der Sie vorhinsprachen. Können Sie dar<strong>unter</strong> einen Bekannten entdecken?G. Das hatte ich bisher noch nicht erfahren, daß Kitchener gestorben ist, wieSie behaupten.Dr. Er ist mit einem Kriegsschiff <strong>unter</strong>gegangen, das an der schottischen Küstetorpediert wurde. Kennen Sie ihn?G. Ja, er ist hier und sagt, ich müsse suchen, mir über meine Lage klar zu wer<strong>den</strong>.Dr. Dazu hat man Sie hierher gebracht.G. (deutet nach der anderen Seite des Saales) Ach, da ist ein alter Herr (Geist)und hält einen Vortrag. Den habe ich vor vielen <strong>Jahre</strong>n einmal sprechenhören. Nun <strong>den</strong>k mal einer an! Ich hätte doch nie gedacht, daß ich ihn jewieder hören würde. Er spricht zu einer großen Versammlung (von Geistern).Anscheinend sind viele nur hier, um festzustellen, was für eine ArtVersammlung das hier ist und was hier vorgeht. Sie alle scheinen sichgroße Mühe zu geben, herauszubekommen, was mit ihnen eigentlich los ist.— Er steht jetzt dort auf der Plattform. Er hält einen Vortrag, gerade so wieer es vor einigen <strong>Jahre</strong>n in England getan hat. Ich bin damals auch hingegangen,um ihn zu hören, aber er sprach nur über Spiritismus. Ich habenicht richtig verstan<strong>den</strong>, was er eigentlich gemeint hat. Er sprach recht gut.— Er sagt, er sei Dr. Peebles (ein bekannter spiritistischer Redner). Er hatmir gesagt: "Gehen Sie nur hier hinein!", und so bin ich hier. — Er sagt:"Ich wollte Ihnen gern zur Einsicht verhelfen und möchte nicht — nein,nein, was meint er nur? Er sagt, er möchte nicht, daß ich in der Erdsphärebliebe, sondern meine Seele zu Gott erhöbe und einen richtigen BegriffSEINES wahren geistigen Wesens bekäme. — Er hat eine riesige Mengeum sich geschart. Manche sucht er für höhere Dinge zu begeistern, anderesucht er wach zu machen, — so erklärt er mir wenigstens. — Aber dieschlafen doch gar nicht, oder etwa doch?Dr. Ja, geistig. Die Bibel sagt: "Selig ist, wer da teilhat an der ersten Auferstehung;über diese hat der zweite Tod keine Macht."G. Was heißt das?Dr. Das heißt, für diejenigen, die schon <strong>bei</strong> Leibesleben über das GeistigeBescheid wissen, gibt es überhaupt keinen Tod.G. Aber natürlich, — jeder Mensch muß doch sterben.Dr. In Wahrheit stirbt überhaupt niemand. Der Geist oder die Seele ist dochnicht gleichbedeutend mit dem Körper.G. Nein.Dr. Für die Welt und Ihre Angehörigen sind Sie tot und sind offenbar schon vorvielen <strong>Jahre</strong>n gestorben; aber wir sehen hier doch, daß Sie in Wirklichkeitgar nicht tot sind.G. Ich bin viel umhergelaufen und bin angestrengt gewandert, aber mir warrecht sonderbar zu Mute. Wenn ich irgendwohin wollte, brauchte ich dasnur zu <strong>den</strong>ken. Ich schien weder einen Zug noch sonst eine Fahrgelegenheitnötig zu haben, sondern ich war einfach da. Manchmal kam es mir so vor,— 340 —


als wäre ich in Amerika, weil ich doch immer gehört habe, daß dort dieZüge viel schneller fahren als in England.Dr. Sie sind in Los Angeles in Kalifornien.G. Kalifornien? Wie bin ich <strong>den</strong>n bloß hierher gekommen? — Der alte Herrspricht zu einer gewaltigen Menge. Er sagt, er müsse sie herbringen, um sieaufzuklären und ihnen die geistigen Augen zu öffnen.Dr. Sie haben Ihre Augen jetzt offen.G. Wozu sollte ich herkommen und re<strong>den</strong>? Warum sprechen die anderennicht? Der Redner sagt, er habe mich leichter gewinnen können als einenvon <strong>den</strong> anderen. Ich sehe doch aber nicht anders aus als die. Er sagt, erhabe mich leichter in ein Medium hineinbringen können.Dr. Er hat schon recht.G. Was meint er <strong>den</strong>n damit? — Er sagt, es wäre nötig gewesen, diese Scharenherzubringen. Die Mehrzahl von ihnen habe er in England kennen gelernt,als er dort vor <strong>Jahre</strong>n seine Vorträge hielt. Er sagt, manche hörten ihm gutzu; aber an manche könne er nicht herankommen, darum habe er sie hierhergebracht. — Er sagt, mich habe er nicht hergebracht, um mich aufzuwecken,sondern ich sei mit anderen in das andere Zimmer dort gekommen.Dort sind sehr viele. Manche sind ganz entstellt, und manche können nichtsprechen. Es hat <strong>den</strong> Anschein, als wenn er sie durch sein Sprechen emporhöbe,und dann wer<strong>den</strong> sie wach. Er hat eine wunderbare Heilkraft.Dr. Er erhebt sie durch seine Gedanken. Er macht ihnen begreiflich, daß ihregebrechlichen Körper im Grabe liegen.G. Jetzt sagt er, ich solle Ihnen danken für <strong>den</strong> Vorzug, Sie kennen gelernt undgesprochen zu haben. Ich sehe nicht recht ein, warum. Er sagt auch, ichmüsse all meinen Stolz ablegen. Ja, aber die anderen sind doch ebenso wieich.Dr. Vielleicht sehen Sie die Königin Viktoria, oder König Eduard in derMenge. Man hat mir versichert, man finde sie dort jetzt als ganz einfacheMenschen.G. Von der Königin Viktoria hieß es immer, sie rede mit Geistern, und sie galtdeswegen allgemein für ein bißchen verdreht.Dr. Sie war nur ohne Vorurteil.G. Sie hielt häufig Sitzungen, um mit Geistern zu sprechen.Dr. Sie ist jetzt keine Königin mehr.G. Man erzählte sich, sie habe meistens ein Medium in erreichbarer Nähegehabt, um Geister danach fragen zu können, was sie tun oder lassen solle.Ich dächte, es war ein Mann namens Braun.Dr. Ja, Johann Braun.G. Sie selbst hat erklärt, sie habe ihren Gatten manches zu fragen.Dr. Was sagt <strong>den</strong>n Dr. Peebles noch?G. Er sagt, ich solle Ihnen jetzt lieber gute Nacht sagen, und meint auch, erwerde diese ganze große Gesellschaft mitnehmen. Er wolle ihnen die Geisterweltzeigen und gebe sich alle Mühe, ihnen zu helfen. Das sei seine Aufgabe.— 341 —


Dr. Er ist erst vor 6 Monaten gestorben und ist jetzt auf der anderen Seite eifrigtätig.G. Mir wird ganz schwach, wie mir scheint; mir ist so sonderbar zu Mute.Dr. Sie verlieren die Fühlung mit dem Körper, der ja nicht Ihnen gehört. Dergehört meiner Frau.G. Was meinen Sie damit?Dr. Meine Frau ist ein Medium, und Sie sprechen augenblicklich durch sie.Was Sie jetzt fühlen ist nur eine vorübergehende Empfindung.G. Da ist meine Mutter! (Geist) ich habe sie seit vielen <strong>Jahre</strong>n nicht gesehen.Dr. Wie sieht sie aus?G. Sie sieht sehr jung aus.Dr. Fragen Sie sie doch mal, ob sie Bescheid wisse.G. Sie sagt ja. Sie hat großes Interesse für Dr. Peebles Vorträge gehabt undging auch immer hin, wenn Frau Britton Vorträge hielt.Dr. Das war eine wunderbare Frau. Sie gibt jetzt im geistigen Leben Anschauungs<strong>unter</strong>richt.G. Mutter sagt, sie sei sehr oft zu ihren Vorträgen gegangen und auch zueinem Manne, der Vorträge hielt.Dr. War das Herr Wallis?G. Ja, er war damals noch sehr jung.Dr. Der ist auch schon hinübergegangen; sie alle gingen hinüber ins bessereLand.G. (mit ganz verändertem Gesichtsausdruck, wie gebannt auf irgendeineErscheinung blickend) Sehen Sie das offene Tor? Es ist ganz prächtig verziert.Es trägt die Inschrift:Das Tor des LebensErkenntnis des LebensWahrhafte Gotteserkenntnis.Das Tor öffnet sich ganz langsam, und wir können hineinsehen. Was für einprächtiger Saal! Der Altar vor uns ist so herrlich, so herrlich! Mitten auf demAltar steht ein wunderbares Standbild, das die Weisheit darstellt. Dann folgendie Standbilder der Wahrheit, der <strong>Liebe</strong>, der Erkenntnis, der Rechtschaffenheit,des Lebens und der Demut. Das Standbild der Weisheit steht in der Mitte. Essind insgesamt 7 Standbilder; ein jedes trägt ein Licht in einer der 7 Farben.Immer drei zu <strong>bei</strong><strong>den</strong> Seiten der Weisheit, jedes mit einem Licht, deren verschie<strong>den</strong>eFarben in das Licht der Weisheit zusammenfließen, in ein herrlichesweißes Licht.WeisheitWahrheit Rechtschaffenheit<strong>Liebe</strong>LebenErkenntnis DemutVon diesen Farben gehen 7 Töne aus. Jeder Ton entspricht einer Farbe; unddann gehen sie nach der Mitte zusammen und mün<strong>den</strong> in der Weisheit.— 342 —


Hier gehen einem die wirkliche Lebenswahrheit und die Erkenntnis Gottes auf.Dr. Die Bibel sagt: "Gott ist de <strong>Liebe</strong>" und "Gott ist Geist und die IHN anbeten,müssen IHN im Geist und in der Wahrheit anbeten."G. Das ist schön! Wie diese Farben leuchten! Sie strömen aus in einem fort,mischen sich in der verschie<strong>den</strong>sten Weise zu allen möglichen Formen undbil<strong>den</strong> Gestalten, Sterne und Blumen und wer<strong>den</strong> zu Musik. Jetzt formensie sich zu Blättern, Knospen, Blüten — Musik nimmt Form und Farbe an.Die Musik selbst — noch nie hörte ich so herrliche Musik! Ist das der Himmel?Dr. Das kann man wohl <strong>den</strong> Himmel nennen, oder die geistige Welt. Himmelist ein Gemütszustand. Die Bibel sagt: "Ihr seid der Tempel Gottes und derGeist Gottes wohnet in euch." Gott ist <strong>Liebe</strong> und Weisheit.G. Man sagt mir soeben: "Das ist das Eingangstor zum höheren Leben. Duhast einen Blick hineintun dürfen, aber du kannst noch nicht hinein kommen."Warum darf ich <strong>den</strong>n noch nicht hinein?Dr. Sie tragen noch eine Last mit sich, die Sie erst los wer<strong>den</strong> müssen, — IhrenStolz und Ihre Unkenntnis der geistigen Gesetze.G. Da ist einer, der sagt: "Wir müssen erst lernen, demütig und hilfsbereit zuwer<strong>den</strong> und zu dienen. Erst werdet rechtschaffen und ernst, dann dürft auchihr in diesen prächtigen Saal. Nehmt euer Kreuz auf euch und folget mir.Das Kreuz deutet an, daß der Mensch sein Eigenes kreuzigen muß, Eigensucht,Eifersucht, Neid, Frömmelei, Starrgläubigkeit, Rechthaberei, falscheVorstellungen and Hochmut. Nehmt euer Kreuz auf euch und folget mir!"Das heißt also, ich muß mich selbst kreuzigen, dienen lernen, das Lebenkennen lernen, andere lieben lernen mehr als mich selbst. "Eigensucht istdie Wurzel alles Leides". Oh, davon habe ich viel! Ich habe viel zu kreuzigen.Ich muß mein Kreuz auf mich nehmen und noch viel lernen hier unten.(Deutet nach unten.)Dr. Jesus sagt: "So ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreichkommen."G. (mit sanfter Demut und einem schönen Ausdruck der Ergebung die Händeerhebend) Nimm mich hin — ich bin bereit zu dienen, und auch nachWahrheit zu suchen. Ich will hier sofort beginnen, <strong>den</strong> Willen des Himmelszu tun. — Was auch Gottes Wille sein möge, er wird mich bereit fin<strong>den</strong>,ihn zu erfüllen. Ich brauche nicht in die Kirche zu gehen, um Gott zu fin<strong>den</strong>.In meinem Innern muß ich IHN suchen, wenn sich das Tor mir öffnensoll, das in <strong>den</strong> prächtigen Saal der Erkenntnis, Weisheit und Herrlichkeitführt. — Nun muß ich von Grund auf, vom allertiefsten Grund auf, neuanfangen zu dienen. Das ist doch jetzt meine Aufgabe, nicht wahr?G. Mitten <strong>unter</strong> all diesen verunstalteten und blin<strong>den</strong> Leuten — ich habe ihnen<strong>den</strong> Weg zu zeigen. Das Tor wurde vor mir geöffnet, damit ich einen Blickhinein tun könne, um zu sehen, wofür ich ar<strong>bei</strong>te. Aber es schloß sich wieder,und ich — ich habe zu dienen. Ich habe bisher niemals gedient. Eswird mich hart ankommen, <strong>den</strong>n ich bin stets bedient wor<strong>den</strong>. Ich habe— 343 —


mich niemals allein angezogen, oder mir mein Haar gemacht. In meinemganzen Leben habe ich das nicht nötig gehabt. — Jetzt muß ich dienen unddas struppige Haar dieser Krüppel dort unten — ich — aber ich muß.Dr. Jesus sagt: "Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht."G. (sehr ernst) Aber es lohnt sich, die Krone der Weisheit zu erringen. Alles,was ich durchzumachen habe, um in <strong>den</strong> prächtigen Saal kommen zu könnenund die Wunder dort zu sehen und zu hören, alles ist der Mühe wert.Ich will dienen. Ja, ich will ehrlich! Ich will es tun und mehr, für alle. Gotthelfe mir in meiner großen Bedrängnis! Ja, ich verspreche, ich will dienenund alles tun, was in meiner Macht steht.Ich muß gehen. Gute Nacht!*— 344 —


RechtgläubigkeitEs wäre Aufgabe der Religions-Wissenschaft, das Wesen Gottes und des Jenseitsin verständlichen Begriffen darzulegen und zu lehren.Statt dessen wird die Menschheit immer noch durch Furcht, Aberglauben, Glaubenssätzeund verschie<strong>den</strong>erlei Bekenntnisformen in Abhängigkeit gehalten undist bisher noch zu keiner Freiheit gelangt, weil sie noch keine Klarheit darüberhat, was aus <strong>den</strong> Verstorbenen wird.Die meisten Menschen erleben <strong>den</strong> Wechsel, <strong>den</strong> wir "Tod" nennen, ohne sichdessen bewußt zu wer<strong>den</strong>, und wissen hinterher überhaupt nicht, daß sie gestorbensind. In gänzlicher Unwissenheit über ihre veränderten Lebensverhältnissewer<strong>den</strong> sie lange Zeit durch ihre verkehrten Anschauungen auf der irdischenEbene festgehalten. Solche unwissen<strong>den</strong> Geister halten sehr zähe an ihren Glaubensvorstellungenund beeinflussen häufig die noch im Körper Leben<strong>den</strong>. DieMassenpsychose, die häufig im Gefolge von religiösen Erweckungsbewegungenauftreten, sind Beispiele solcher Besessenheiten, deren äußere Anzeichen als"Zungenre<strong>den</strong>" und "Verzückungen" bekannt und <strong>bei</strong> vielen Erweckungen vorgekommensind.Religiöse Bußpredigten lösen leicht geistige Verirrungen aus, weil jederzeitunsichtbare, religiöse Fanatiker bereit stehen. Sie wissen selbst noch gar nicht,daß sie gestorben sind und haben ein höheres Leben nicht gefun<strong>den</strong>. Daher bleibensie in ihren menschlich engen und starren Glaubensvorstellungen befangenund schüren durch ihre Gegenwart <strong>den</strong> Eifer ihrer Glaubensbrüder bis zu Wahnsinnsausbrüchen.Diese Geister machen sich oftmals dem Ohre erregter, sensitiver Menschen vernehmbar,<strong>den</strong>n <strong>bei</strong> derartigen Versammlungen erleben viele Teilnehmer, daß sieaufgefordert wer<strong>den</strong>, auf die "leise zarte Stimme" zu hören, die angeblich vonGott komme. — Im Zustande religiöser Ergriffenheit ist die mediale Fähigkeitbesonders gesteigert und gibt sowohl bösartigen als auch fanatischen Geistern<strong>willkommen</strong>e Gelegenheit, leicht Menschen mit ihren Einflüssen zu berücken.Solche niederen Wesen scheuen sich auch nicht, zum Zwecke ihrer betrügerischenAbsichten sich als "Engel, als "Heiliger Geist" oder als "Geist Gottes"auszugeben. Ihre gedankenlosen Opfer fühlen sich dadurch natürlich besondersgehoben und sind erst recht nicht geneigt, vernünftigen Vorstellungen Raum zugeben. So hören sie auf diese Einflüsterungen und verfallen leicht der Besessenheit,die schließlich in Irrsinn, Wahnsinn und anderen Geistesstörungen endet!Am schwierigsten von allen erdgebun<strong>den</strong>en Geistern sind die religiösen Fanatikerzu Vernunft und Einsicht zu bringen. In ihrem irdischen Leben von einerengen starren Idee beherrscht, im Widerspruch zu allen logischen Folgerungenund allem freien Denken, befin<strong>den</strong> sie sich nach ihrem Tode in einem Zustandevon Selbsthypnose und plappern in unaufhörlicher Wiederholung leere Re<strong>den</strong>sartenim Sprachgebrauch ihrer Sekte. Für sie gibt es überhaupt nichts anderes,— 345 —


als einzig ihre Glaubensformeln, und sie sind so un<strong>bei</strong>rrbar darauf versessen,sich selbst in ihrem Glauben zu bestärken, daß es oft viele <strong>Jahre</strong> dauert, bis es<strong>bei</strong> ihnen zu einem leisen Schimmer von Vernunft kommen kann.— — —Sitzung vom 28. März 1923Geist: Sarah McDonaldDer Geist, welcher heute Abend vom Medium Besitz nahm, sang mit kräftigerStimme einen Choral.Doktor: Sind Sie früher schon einmal hier gewesen?Geist: Laßt uns noch etwas singen.Dr. Wir wollen jetzt mal ein paar Worte miteinander re<strong>den</strong>.G. Ich meine, wir sollten lieber noch einen Choral singen.Dr. Nein, lieber nicht, sonst wer<strong>den</strong> wir vielleicht zu begeistert.G. Wir sind in der Kirche, und Sie wissen doch, daß man dort singen muß.Singt: Halleluja! — Sagt das Evangelium auf!Dr. Nun wollen wir mal vernünftig sein.G. Sie müssen singen, das müssen Sie tun. Das gehört sich so in der Kirche.Laßt uns beten, in Jesu Namen, in Ewigkeit.Dr. Das würde doch wohl sehr langweilig wer<strong>den</strong>.G. Laßt uns singen und zum Herrn beten! Halleluja! Jesus Christ!Dr. Halt, jetzt ist's aber genug; wie ist Ihr Name?G. Laßt uns singen und beten!Dr. Sie müssen verständig sein, sonst müssen Sie wieder gehen. Sagen Sie uns,wer Sie sind und woher Sie kommen?G. Was ist <strong>den</strong>n das hier eigentlich für eine Kirche, wo man in dieser Weiseredet?Dr. Seien Sie vernünftig, sonst müssen Sie wieder gehen. — Wie lange sindSie schon tot? Sie wissen doch, daß mit Ihnen etwas geschehen ist. Sie treibensich hier auf der Erde herum, wahrscheinlich schon seit <strong>Jahre</strong>n, undsind doch nirgendwo hingekommen. Seien Sie jetzt vernünftig!G. Ich bin vernünftig, ich bin nicht verrückt!Dr. Sie haben religiösen WahnG. Wir beten alle zu Gott und zum heiligen Geist. (Ruft laut.) Halleluja!Dr. Solch Geschrei haben wir nicht nötig. —G. Ich wirke im Namen Jesu Christi.Dr. Solches Gerede haben wir schon vorhin gehört.G. Aber doch nicht von mir, nicht wahr? Ich ar<strong>bei</strong>te für <strong>den</strong> Herrn Jesus Christus.Dr. Hier ist so ein leeres Gerede nicht am Platz.G. Sind Sie ein Sünder?Dr. Hören Sie mal zu. Wer Sie auch sein mögen, Sie haben Ihren irdischenKörper verloren.G. Was ist das hier für eine Kirche?— 346 —


Dr. Hier ist keine Kirche!G. Das freut mich zu hören; ich glaubte schon, die Kirche müßte sich sicherverändert haben. Lassen Sie mich re<strong>den</strong>, in Jesu Namen.Dr. Sie sind von guten Geistern hierhergebracht wor<strong>den</strong>, damit Sie Ihre Lagebegreifen lernen. Sie sind ein Geist und sind es wahrscheinlich schon rechtlange, Sie wollen aber auf niemand hören, der Sie aufzuklären versucht.G. Also fangen Sie an und sagen Sie, was Sie zu sagen haben. Nachher kanndann auch ich re<strong>den</strong>.Dr. Machen Sie sich Ihre Lage klar! Sie stecken augenblicklich in diesem Körper;irgendein Freund hat Sie hergebracht, damit wir Ihnen helfen können.Ist es Ihnen klar, daß irgendetwas mit Ihnen geschehen ist?G. Nein.Dr. Sie wur<strong>den</strong> Ihren Zustand verstehen, wenn Sie gegen sich selber ehrlichwären; Sie merken doch, daß Sie sich in einer recht seltsamen Lage befin<strong>den</strong>.Sie sind aber nicht ehrlich genug, sich das einzugestehen; Sie wollenes eben nicht wissen. Wissen Sie überhaupt, daß Sie sich in Los Angeles inKalifornien befin<strong>den</strong>?G. Wie bin ich <strong>den</strong>n hierher gekommen? Ich vermute, ich habe als Missionaringesungen und gebetet. Ein Missionar muß mich wohl auf die Reise mitgenommenhaben.Dr. Sie wur<strong>den</strong> hierhergebracht, weil Sie ein gänzlich unwissender Geist sind.Wie rief ihre Mutter Sie?G. Das kommt mir im Augenblick nicht ein, ich kann gar nicht <strong>den</strong>ken.Dr. Sie haben Ihren irdischen Körper verloren. Unwissende Geister verlierenoft die Erinnerung an ihr Er<strong>den</strong>leben. Sie können sich nicht einmal aufIhren Namen besinnen!G. Mein Name ist Sarah, in Jesu Namen!Dr. Sarah — wie weiter?G. McDonald, in Jesu Namen!Dr. Sie wissen doch, daß all das laute Geschrei zwecklos ist. Begreifen Sie garnicht, daß Sie schon eine ganze Weile tot sind?G. Halleluja!Dr. Sie wissen nicht einmal, daß Sie gestorben sind. Diesen Körper können Sienur für eine kurze Zeit benützen. Hören Sie mich? Wissen Sie, welchesJahr wir haben?G. In Jesu Namen, darum kümmere ich mich nicht!Dr. Religiöse Fanatiker kümmern sich überhaupt um nichts.G. Ich hin eine christliche Frau, in Jesu Namen! Ehre sei Gott! Halleluja!Dr. Wissen Sie, was Jesus gesagt hat?G. Ja, Er hat gesagt: "Gott vergebe ihnen, <strong>den</strong>n Sie wissen nicht besser." Ichwill für Sie beten.Dr. Wir haben Ihre Gebete nicht nötig.G. Ehre sei Gott!Dr. Wissen Sie, daß Sie tot sind?G. Das interessiert mich gar nicht.— 347 —


Dr. Sie stecken in dem Körper eines medialen Menschen.G. Jesus ist mein Freund! Ehre sei Gott!Dr. Wir treiben hier Forschungsar<strong>bei</strong>t, um festzustellen, was aus <strong>den</strong> Verstorbenenwird, und haben stets die Erfahrung gemacht, daß gerade die religiösenFanatiker die allerunwissendsten und verbohrtesten Geister sind;da<strong>bei</strong> schreien und singen sie die ganze Zeit! Jesus hat gesagt: "Erkennetdie Wahrheit, und die Wahrheit wird Euch frei machen."G. Gott vergib ihnen, <strong>den</strong>n sie wissen es nicht besser! Ich will für Sie allebeten.Dr. Sie brauchen sich gar nicht zu bemühen, Sie sind sich ja überhaupt nochnicht über Ihre Lage klar. Was Sie sagen, ist weiter nichts als törichtesGeschwätz. In ihrem Herzen wissen Sie ganz genau, daß Sie eine Heuchlerinsind.G. Gott vergib ihm! Laßt uns beten!Dr. Wir brauchen Ihre scheinheiligen Gebete nicht!G. Noch nie bin ich an so einem Ort gewesen. Nein so etwas, wie das hier,habe ich noch nie gesehen. (Weinend.) Ich weiß nicht, was aus mir wer<strong>den</strong>soll!Dr. Versuchen Sie zu begreifen, was ich Ihnen sage. Lassen Sie Ihr religiösesGeschwätz. Sie führen ständig die Worte "Jesus" und "Herr" im Munde undhaben da<strong>bei</strong> für wahre Religion überhaupt kein Verständnis.G. Gott hilf mir! Gott hilf mir! Gott vergib ihm!Dr. Das braucht er nicht. Hören Sie mal zu, was ich Ihnen sage.G. (Lang gedehnt.) Was wollen Sie noch weiter!Dr. Weshalb sprechen Sie so geziert? Wissen Sie, daß dieser Körper, durch <strong>den</strong>Sie mit uns sprechen, Ihnen gar nicht gehört? Schämen Sie sich nicht vorsich selber? Sie wissen ganz genau, daß Sie nicht aufrichtig sind! Sagen Sieuns lieber, wie lange Sie schon tot sind! Sie müssen sich darüber klar wer<strong>den</strong>,daß Ihnen etwas ganz besonderes zugestoßen ist. Höhere Geisterhaben Sie hergebracht und Ihnen gestattet, vom Körper meiner Frau Besitzzu nehmen, und wir versuchen, Ihnen zum Verständnis Ihrer Lage zu verhelfen,aber das scheint Sie alles gar nicht zu interessieren!G. Das ist mir alles ganz gleichgültig. (Versucht zu <strong>bei</strong>ßen.)Der Geist wollte auf keine vernünftigen Erklärungen hören und wurde dahergezwungen, uns zu verlassen. Unmittelbar anschließend trat ein Kind, jämmerlichweinend in das Medium ein.— — —Sitzung vom 28. März 1923Geist: Mary Ann McDonaldDr. Was hast Du <strong>den</strong>n für Kummer? Weine doch nicht so, wir helfen Dir ja.G. Wo ist Mama?Dr. Hast du deine Mutter verloren? Wir können dir helfen, sie zu fin<strong>den</strong>.Erzähle uns mal, wer du bist. Wie heißt du?— 348 —


G. Mary Ann McDonald. (Hustet fast erstickend und weint.)Dr. Das mußt du nicht tun, warum weinst du <strong>den</strong>n?G. Was ist mit Mama geschehen?Dr. Hast du sie verloren?G. Sie ist fort, und ich weiß nicht, wo sie jetzt ist.Dr. Wir können dir helfen. Wie heißt <strong>den</strong>n deine Mutter?G. Sarah McDonald. Wer<strong>den</strong> Sie mir meine Mama wiederbringen?Dr. Wir wer<strong>den</strong> dir helfen. Wo habt ihr <strong>den</strong>n gewohnt?G. Das weiß ich nicht, ich kann mich nicht erinnern. Meine Mama tut nichtsals beten und singen und sagt, wenn ich das nicht auch täte, dann käme ichschnurstracks zum Teufel.Dr. Du kommst nicht zum Teufel.G. Ich kann gar nicht so von Herzen beten und singen, wie die andern das tun.Dr. Das brauchst du auch gar nicht. Darin besteht ja die Religion auch nicht.Wir können dir helfen; unsere ganze Ar<strong>bei</strong>t geht darauf aus, unglücklichenGeistern zu helfen.G. Ich weiß gar nicht, was ich tun soll!Dr. Du hast deinen irdischen Körper verloren, gerade so wie deine Mutter. Wirkonnten deine Mutter nicht sehen, und wir können auch dich nicht sehen.Du benutzest augenblicklich <strong>den</strong> Körper meiner Frau. Deine Mutter warauch hier und hat in diesem Körper gesteckt, bevor du kamst.G. Habe ich sie nun verloren?Dr. Sie ist in guter Pflege. Man hat sie in eine Heilstätte für Geister gebracht.Sie hat religiösen Wahnsinn und wollte auf das, was ich ihr sagte, nichthören.G. Sie behauptet, wenn sie nicht immerzu bete und singe, würde Gott ihr ihreSün<strong>den</strong> nicht vergeben.Dr. Das hat aber mit Religion nichts mehr zu tun, das ist reiner Wahnsinn! Dasist nicht das, was Jesus gelehrt hat.G. Sehen Sie das große Feuer dort?Dr. Nein, wir können es nicht sehen. Wo ist es <strong>den</strong>n?G. Das ganze Haus steht in Flammen. Meine Mutter betete und sang, wieimmer. Ich wußte gar nicht, was los war. Ich schlief und habe nichts davongemerkt, daß das Haus brannte.Dr. Quäle dich damit jetzt nicht mehr ab.G. Als ich erwachte, war ich erstickt. Ich konnte nicht atmen.Dr. Das ist nun alles vorüber. In welcher Stadt lebtet ihr <strong>den</strong>n?G. Das weiß ich nicht. Doch warten Sie einen Augenblick, ich will mal versuchen,nachzu<strong>den</strong>ken. Ich war so verstört, daß ich mich an nichts erinnernkann. Wir haben nur in einem fort gebetet und gesungen, und ich bin sokrank davon und habe das so über, daß ich gar nicht mehr weiß, was ichmachen soll. Wir kamen nirgends hin. Wir beteten immer und immer wiederdasselbe. Ich weiß nicht, was aus mir wer<strong>den</strong> wird, weil ich durchausnicht so empfin<strong>den</strong> kann wie meine Mutter.— 349 —


Dr. Wir bemühen uns, Geistern zu helfen, die in Not sind, und wenn du vonhier fortgehst, wirst du sehr glücklich wer<strong>den</strong>.G. Ich will Ihnen etwas erzählen. Der Pfarrer, zu dem wir in die Kirche gingen,sagte: "Wenn Ihr nicht das und das tut und je<strong>den</strong> Abend betet und allesopfert, dann kommt Ihr in die Hölle." Er meinte, wir dürften nicht essen,und sollten auf dem Fußbo<strong>den</strong> schlafen, um unseren Körper um Christi willenzu peinigen.Dr. Dieser Pfarrer ist wahnsinnig.G. Er sagte, wir dürften nur von trocken Brot und Wasser leben. Er sagte auch,ich wäre eine Sünderin und müßte alles Geld, das ich verdiente, dem Herrngeben und seine Sklavin sein!Ich fragte ihn, ob <strong>den</strong>n der Herr so arm wäre, daß er all mein Geldbrauchte; darauf erwiderte er, diese Frage käme vom Teufel. Ich ar<strong>bei</strong>tetesehr schwer, und Mama nahm mir all mein Geld fort für die Kirche. Ichging tagsüber in ein Geschäft nähen, aber meine Mama nahm mich je<strong>den</strong>Abend mit in die Kirche. Alles, was ich bekam, war eine harte Kruste Brotund etwas Wasser in Jesu Namen.Dr. Wie alt bist du <strong>den</strong>n?G. Ungefähr 16 oder 17 <strong>Jahre</strong>.Dr. In was für einem Geschäft hast du <strong>den</strong>n gear<strong>bei</strong>tet?G. Ich nähte Mäntel.Dr. In Chikago?G. Nein, aber wir waren in einer großen Stadt. Ich kann mich auf <strong>den</strong> Namennicht besinnen. Dieser Pfarrer predigte in einem fort.Dr. Das ist jetzt alles vorüber.G. Ich habe Mama manchmal gefragt, weshalb wir <strong>den</strong>n immerzu singen undbeten müßten. Ich mußte oft <strong>bei</strong> mir <strong>den</strong>ken: Gott ist doch die <strong>Liebe</strong>, undwir alle sind seine Kinder. Weshalb läßt er uns dann so schwer ar<strong>bei</strong>ten undverlangt, daß wir unseren Körper aufopfern, so daß wir kaum noch etwasKraft behalten? Und dann sollen wir Ihm auch noch all unser Geld geben?Ist er <strong>den</strong>n so arm?Dr. Der Herr hat mit all diesen Dingen nichts zu tun. Nur unwissende undwahnsinnige Menschen behaupten solchen Unsinn.G. Er ist aber doch Pfarrer!Dr. Zu welcher Kirche gehörtet Ihr?G. Der Pfarrer behauptete, wenn wir nicht täten, was er uns sage, dann kämenwir in die Hölle. Er redete in einem fort, und wir mußten ihm zuhören. Ichweiß nicht warum, aber ich bin nicht mehr nähen gegangen, seit ich in demgroßen Feuer war. Es scheint mir Feuer und Erdbeben gewesen zu sein. Ichfühlte mich so elend, weil ich am Ersticken war und husten mußte. MeineMama und ich, wir hatten kein Haus mehr, worin wir schlafen konnten. DerPfarrer meinte, wir könnten überall schlafen, wenn wir nur ar<strong>bei</strong>teten undunser Geld dem Herrn gäben, dann würde es uns gut gehen. Manchmalwünschte ich mir so sehr ein neues Kleid; ich verdiente nicht viel, aberwenn ich mein Geld hätte behalten können, hätte ich mir mal ein neues— 350 —


Kleid kaufen können. Mama aber nahm mir alles Geld ab. Sie sagte: "MaryAnn, du mußt es dem Herrn opfern." Da habe ich manchmal gesagt: "Undwenn ich auch in die Hölle komme! Mir scheint das immer noch besser, alsimmer nur das hohle Gerede vom Herrn anhören zu müssen." Ich weiß janicht, ob es wirklich besser gewesen wäre, aber mir kam es je<strong>den</strong>falls sovor.Dr. All dies fanatische Zeug ist grundfalsch bis zum letzten Tüpfelchen. Gottist Geist und Gott ist <strong>Liebe</strong>. Der liebe Gott hat mit solchem blö<strong>den</strong> undfanatischen Geschwätz rein gar nichts zu tun. Er braucht von niemandemGeld.G. Weshalb gibt man ihm <strong>den</strong>n?Dr. Gott bekommt das Geld ja gar nicht, sondern die Pfarrer! Der liebe Gottbraucht es nicht.G. Braucht Gott unser Geld überhaupt nicht?Dr. Nein. Gott ist Geist. Geist ist unsichtbar. Ich spreche mit dir und du mitmir, und doch bist du für uns nicht sichtbar. Wir können dich nicht sehen.Die Seele ist unsichtbar. Du siehst meinen Körper, aber nicht meine Seele.Gott ist ebenfalls unsichtbar, und Er ist nicht an einem bestimmten Ort wiewir. Er ist die Seele aller Dinge.G. Der Pfarrer sagte aber doch, Er säße auf einem Throne und Jesus zu Seinerrechten Hand. Warum sagt er uns sowas, wenn es nicht wahr ist?Dr. Weil "die Wahrheit nicht in ihm ist". Er ist nicht aufrichtig.G. Aber Jesus ist doch für unsere Sün<strong>den</strong> gestorbenDr. Nein, das hat er nicht getan.G. Er hat gesagt: "Nimm mein Kreuz auf dich und folge mir, und gehe je<strong>den</strong>Tag in die Kirche."Dr. Jesus hat das Kirchengehen nie erwähnt. Seine Lehren betrafen das"Höhere Leben".G. Den Himmel?Dr. Nicht so, wie du das meinst. Der Himmel ist ein innerlicher Glückzustandder Seele. Wenn du ein neues Kleid bekommen hättest, wie du gern wolltest,dann wärest du doch glücklich, nicht wahr?G. Ja, ich hätte so gern ein neues Kleid gehabt. Ich mache mir nicht viel ausModesachen. Ich wünschte mir aber doch mal ein hübsches neues Kleid,freilich nicht so eins wie der Pfarrer meinte, daß wir es tragen sollten. Wirmußten aber all unser Geld dem Herrn geben.Dr. Nein, das habt ihr gar nicht getan, ihr habt es doch nur dem Pfarrer gegeben.G. Er gab uns einige alte Kleider, die der Kirche geschenkt wor<strong>den</strong> waren; undmeine Mama sagte, wir müßten opfern. Wenn ich mich dagegen auflehnte,meinte Mama: "Du kommst in die Hölle, wenn du nicht tust, was der Herrwill".Dr. Es gibt keinen solchen Ort, <strong>den</strong> man mit "Hölle" bezeichnen kann.G. Keine Hölle?Dr. Natürlich nicht!— 351 —


G. Ist die Hölle nicht ein brennendes Feuer? Ich hab's doch brennen sehen undsehe es auch jetzt.Dr. Es ist möglich, daß Deine Mutter in ihrem religiösen Wahnsinn das Hausangezündet hat.G. Nein, das glaube ich nicht. Mir scheint, es war ein Erdbeben, und nachherbrach das Feuer aus.Dr. Wer ist <strong>den</strong>n jetzt Präsi<strong>den</strong>t?G. Das weiß ich nicht. Ich will ihnen sagen, ich bin nicht lange zur Schulegegangen. Ich ging schon ar<strong>bei</strong>ten, als ich erst 9 <strong>Jahre</strong> alt war.Dr. Hattest du <strong>den</strong>n keinen Vater?G. Ich habe meinen Vater nicht gekannt.Dr. Deine mangelhafte Schulbildung hat nichts zu sagen; du hast deinen irdischenKörper verloren und bist jetzt ein Geist.G. Ich habe meinen irdischen Körper verloren? Ich habe aber einen Körper.Dr. Das ist nicht dein Körper; er gehört meiner Frau.G. Woher habe ich diese Kleider?Dr. Die gehören meiner Frau.G. Ich möchte aber gern meine eigenen Kleider haben.Dr. Die wirst du bald bekommen.G. Ich möchte sie von Ihrer Frau nicht annehmen; es tut mir leid, aber ichkann sie nicht tragen.Dr. Sieh dir doch mal deine Schuhe an.G. Ich muß wohl im Himmel sein!Dr. Du fühlst dich hier wohler, nicht wahr, als wenn du in einem fort betenmußt?G. Ich fühle mich kräftig, habe ich <strong>den</strong>n was zu essen bekommen, daß ichmich so kräftig fühle?Dr. Du steckst augenblicklich in einem gesun<strong>den</strong> Körper. Es ist der Körpermeiner Frau.G. Ich möchte aber <strong>den</strong> Körper Ihrer Frau gar nicht haben.Dr. Du wirst gar nicht mehr lange darin bleiben.G. Wo soll ich dann hin? Zu diesem Pfarrer mag ich nicht wieder zurück —und all die verrückten Leute fortwährend singen hören, nicht wahr? Wennder Pfarrer von der Hölle und der Verdammnis sprach, sah ich richtig eingroßes Feuer und <strong>den</strong> Teufel mit seiner Forke, wie er die Leute ins Feuerstieß.Dr. Wenn der Pfarrer predigte, dachte er an das Höllenfeuer und machte sich inGedanken ein Bild davon, das einige von Euch sahen und für Wirklichkeithielten. Aber es war lediglich ein Phantasiegebilde, das er schuf.G. Damit machte er uns Angst.Dr. Wie er es schilderte, so erschien es Euch als Wirklichkeit.G. Es sah aber ganz natürlich aus. Ich <strong>den</strong>ke mir, so etwas mag es in der Höllewohl geben; ich möchte aber in <strong>den</strong> Himmel.Dr. Deine Mutter und der Pfarrer sind Geister; sie wissen aber noch gar nicht,daß sie gestorben sind.— 352 —


G. Meinen Sie damit, daß all die Leute hier Geister sind? Es müssen wohl antausend sein die in einem fort singen und beten. Manchmal bekamen wirgerade nur Brot und Wasser und schliefen auf dem Fußbo<strong>den</strong>. Wir mußtenimmer da sein, sonst war der Pfarrer nicht mit uns zufrie<strong>den</strong>; er sagte, wennwir nicht auf <strong>den</strong> Knien lägen, dann kämen wir ins Fegefeuer.Dr. Das ist alles barer Unsinn. Alle diese Leute haben ihren irdischen Körperverloren und befin<strong>den</strong> sich in der äußersten Finsternis, von der die Bibelspricht. Sie sind aus religiöser Unwissenheit geradezu blind und wer<strong>den</strong> esnoch sehr lange bleiben, wenn sie ihre Denkweise nicht ändern. Sie sindvon religiösem Fanatismus erfüllt!Deine Mutter war zu uns gebracht wor<strong>den</strong>, um geistig erweckt zu wer<strong>den</strong>;sie hat in diesem selben Körper gesteckt.G. Irgend jemand schob sie hier herein, und dann konnte ich nicht mehr mitihr re<strong>den</strong>. Die ganze Menschenmenge da unten will auf nieman<strong>den</strong> hören;sie singen und beten nur.Dr. Die können das noch viele <strong>Jahre</strong> so treiben; ihr "Herr" wird sich aus ihremGeplärr wenig machen.G. Ach sehen Sie, die Hölle ist gar nicht mehr da.Dr. Der Pfarrer <strong>den</strong>kt an Hölle und Teufel, da<strong>bei</strong> schafft seine Einbildungskraftdie betreffen<strong>den</strong> Gestalten, und die unwissen<strong>den</strong> Geister halten sie fürWirklichkeit.G. Wollen Sie meiner Mutter helfen?Dr. Höhere Geister wer<strong>den</strong> für sie Sorge tragen. Die waren es auch, die sie hierhereingeschoben haben, damit sie zur Vernunft gebracht wer<strong>den</strong> sollte. DerUnterschied zwischen dir und deiner Mutter ist der, daß du hören willst undsie nicht.G. Dann glauben Sie also nicht, daß Gott mir zürnt?Dr. Natürlich nicht.G. Ist das sicher?Dr. Gott weiß alles. Er ist alles in allem. Er ist Schöpfer und Schöpfungzugleich.G. Aber fallen wir nicht in Sün<strong>den</strong>?Dr. Nein, niemals. Wenn man sagt, wir fallen in Sün<strong>den</strong>, dann behauptet manja damit, daß dem lieben Gott ein Fehler <strong>unter</strong>laufen ist, als Er uns erschuf.Er ist doch aber All-Weise, All-Mächtig und All-Gegenwärtig. Wenn solchein Gott, wie Er, die Welt und die Menschheit erschaffen hat, dann hat Ersicher nicht <strong>den</strong> Irrtum begangen, die Menschen in Sünde <strong>unter</strong>gehen zulassen. Sonst wäre Er doch nicht All-Waise!G. Weshalb sagt man das aber so?Dr. Die Menschen klammern sich an Worte. Die Wahrheit ist in der Bibel sinnbildlichdargestellt.G. Ist Jesus nicht für unsere Sün<strong>den</strong> gestorben?Dr. Natürlich nicht.G. Der Pfarrer sagte, es lüge Kraft im Blute.— 353 —


Dr. Nein, das stimmt nicht. Einige von <strong>den</strong> Leuten, von <strong>den</strong>en du sprichst, sindwahrscheinlich schon sehr lange verstorben. Wir können sie nicht sehen.G. Können Sie <strong>den</strong>n all die Leute da drüben gar nicht sehen? (Dorthin zeigend.)Dr. Nein, sie sind Gestorben und haben ihre Körper schon vor langer Zeit verloren,sie sind aber dem höheren Leben gegenüber blind. Dich befriedigtihre stumpfsinnige Gesellschaft nicht. Du stellst Fragen, und daher könnenwir dir zur richtigen Einsicht verhelfen. Wir sollen nicht blind glauben,sondern auch unsere Vernunft gebrauchen. Du hast deinen Körper vielleichtschon vor vielen <strong>Jahre</strong>n verloren.G. Mir ging all durcheinander, ich wurde am Kopfe verletzt.Dr. Kannst du dich nicht auf irgendeine Straße in eurer Stadt besinnen?G. Nein, ich kann mich nicht erinnern, aber mir ist so, als ob ich in San Franziskogewesen bin.Frage (von einem, der früher in San Franzisko gewohnt hatte): Seid ihr über dieBucht nach Oakland gefahren?G. Ja, und wir gingen nach Oakland zu <strong>den</strong> Betstun<strong>den</strong>.Frage: Hast du etwa <strong>bei</strong> Gebrüder Strauß in der Mantel-Fabrik gear<strong>bei</strong>tet? Wares in der Missions-Straße?G. Missions-Straße! Ich erinnere mich jetzt. Wir wohnten in der MissionsStraße.Frage: in der Nähe von Daly, nach dem Gol<strong>den</strong>-Gate-Park zu?G. Nein, es war dicht am Bahnhofe.Frage: Nach der Fähre zu?G. Dicht am Bahnhof der Südbahn. Sie hatten ein Missions-Haus in der Missions-Straße.Frage: Lag das nach der Bucht hin?G. Das weiß ich nicht. Wir wohnten in einem kleinen Mietshause. Meine Mutterging auch in die Fabrik; sie wurde aber krank, weil sie fortwährend sangund betete. So mußte ich auch ihre Ar<strong>bei</strong>t noch mitmachen. Wir verdientennicht viel, gerade soviel, daß wir eben leben konnten. Der Pfarrer meinte,es wäre Sünde, Fleisch, Milch, Butter oder Eier zu essen; er sagte, daskoste zuviel, und wir sollten unseren Körper aufopfern.Dr. War dein Vater gestorben?G. Ich glaube, der ist schon gestorben, als ich noch ganz klein war; ich weiß esaber wirklich nicht.Dr. Schau dich mal um und sieh' zu, ob hier nicht jemand ist, <strong>den</strong> du kennst. Essind noch andere Geister hier, die dir helfen und dich in die Geisterweltmitnehmen wollen. Das ist die unsichtbare Welt, welche die sichtbare Erdeumgibt.G. Ich sehe einen so hübschen Garten. Sehen Sie doch nur diese herrlichenBlumen — sehen Sie doch gerade einmal hin! Ich habe so etwas Wunderschönesnoch nie gesehen! Da sind Bäume und Blumen. Hören Sie dieniedlichen Vögel, wie sie singen! Sehen Sie <strong>den</strong> herrlichen See und alle dieKinder, die sich am Gestade schaukeln!— 354 —


Dr. Das ist die Geister-Welt!G. Das ist sehr viel schöner als da drüben, wo sie singen und beten. Manchmalwar ich so hungrig, daß ich überhaupt nicht satt wer<strong>den</strong> konnte. Ist diesnicht ganz etwas anderes, als <strong>bei</strong> diesen verrückten Menschen da? KönnenSie sie alle sehen? Könnten Sie ihnen nicht dazu verhelfen, daß sie diesenwunderschönen Ort auch sehen können?Dr. Deine Mutter war Hier; sie hat auch in diesem Körper gesteckt, wir konntenaber nichts mit ihr anfangen.G. Oh, seht das niedliche Haus da drüben! Es hat zwei Zimmer und einenwunderschönen Garten voller Blumen.Dr. Siehst du nicht jeman<strong>den</strong>, der sich dort aufhält?G. Eben sagte mir jemand, meine Großmutter lebe dort und es sollte nun auchmein Hein, sein. Man sagt mir, sie warte schon auf mich.Ich habe Großmutter kaum gekannt. Sie besuchte uns einmal, aber sie hieltes <strong>bei</strong> uns nicht aus, weil Mama <strong>bei</strong> ihrem ewigen Beten blieb und Großmutternicht mitmachen konnte. So ging sie weit fort, ich glaube irgendwohin nach dem Osten und später ist sie dann gestorben.Mama erbte einiges Geld von Großmama — ich weiß gerade nicht, wieviel, ich glaube aber, sie sagte etwas mehr als tausend Dollar. Da dachteich, nun würde ich doch mal ein neues Kleid <strong>bei</strong>kommen, aber nein, dasGeld bekam alles der Herr. Der Pfarrer sagte am nächsten Sonntag, siewurde in <strong>den</strong> siebenten Himmel kommen, weil sie dem Herrn all das Geldgegeben habe. An diesem Tage wollte sie überhaupt nichts essen. — Undich hatte so sicher gedacht, ich würde ein neues Kleid kriegen, aber ichbekam doch keins. Können Sie die herrliche Musik hören? Hören Sie!Dr. Wir können sie nicht hören.G. Ich habe noch nie so etwas Schönes gehört. Alle Blumen wiegen sich nachder Musik, als wenn sie sie hören, sie sehen or<strong>den</strong>tlich, glücklich aus. DieMusik erscheint wie Farben und scheint auf die Blumen überzugehen.Wenn die Musik sich ändert, haben auch die Blumen eine andere Farbe.Dr. Du wirst noch vieles Wunderbare fin<strong>den</strong>, wenn du von hier fortgehst.G. Da steht ein Herr (Geist) er schaut mich an und sagt: "Komm, mein Kind!Wir waren immer eine Menge Kinder, weil jede Mutter ihre Kinder mit indie Kirche nahm. — Einmal, ich will es Ihnen erzählen, da waren ich, Bertha,Klara und Joe — Joe war ein Junge —‚ wir alle gingen in eine Eckeund saßen dort und erzählten uns was. Der Pfarrer sah uns, und Sie glaubengar nicht, wie wütend er wurde. Er sagte, er müsse uns alle bestrafen, unddas tat er auch. Da<strong>bei</strong> sagte er: "Der Herr wird euch alle strafen" aber derPfarrer tat es — und seine Hand war furchtbar hart. — — Hier ist meineGroßmutter, sie sagt: "Mary Ann, du kannst mit mir kommen, und wir wer<strong>den</strong>alles versuchen, was wir nur können, um deiner Mutter zu helfen." —Der Herr, der dort steht, sagt, er sei mein Vater. Großmutter war meinesVaters Mutter. Großmama sagt, er wäre im Osten gestorben. Mutter warerst <strong>bei</strong> der Heilsarmee gewesen, dann bekamen aber die Missions-Freundesie zu fassen. Wir sind von Kansas hergekommen, als ich noch klein war.— 355 —


Das Geld von meiner Großmama war für mich bestimmt gewesen, abermeine Mutter sagte, wir wollten es dem Herrn in Verwahrung geben. Sohat's eben der Herr bekommen — und ich kriegte wieder kein neues Kleid.Dr. Auch der Herr hat das Geld nicht bekommen.G. Ob der Herr es erhalten hat oder nicht, tut jetzt nichts zur Sache; ichmöchte nur mein neues Kleid haben. Ich habe eins an, aber das gehört mirnicht; <strong>den</strong>n Sie sagen doch, das ist nicht mein Körper. Ich will ein neuesKleid haben, aber ich möchte keins aus Sackleinen. Ich dürfte das wohleigentlich nicht sagen, es ist nicht hübsch von mir.Dr. Jetzt wirst du anderen dienen und dorthin kommen, wo es Bäume, Blumenund schöne Musik gibt.G. Jetzt kommt dieser Herr zu mir und sagt, er sei mein Vater; aber ich kannVater war gestorben — oder hinübergegangen, wie die Leute manchmalsagen.Dr. "War hinübergegangen" ist ganz richtig. Es gibt in Wirklichkeit gar keinen"Tod". Es ist noch nie jemand wirklich "gestorben". Auch dein Vater hatnur seinen irdischen Körper verloren.G. Ist man <strong>den</strong>n dann nicht "tot"?Dr. Seine Seele oder sein Geist, <strong>den</strong> man ja auch nicht sieht, während er imKörper lebt, bleibt für uns Menschen natürlich auch weiter unsichtbar,wenn er aus seinem Körper herausgetreten ist. Sein Körper ist nur dasHaus, in welchem sein Geist wohnt; und wenn der Geist <strong>den</strong> Körper verläßt,wird der Körper in das Grab gelegt. Aber der Geist ist nicht tot!G. Ich habe manchmal für meinen Vater gebetet, weil Mutter sagte, er wäre indie Hölle gekommen. Vater sagt, es gibt gar keine Hölle. Er sieht furchtbarnett aus und ist so vornehm gekleidet. Ich wünsche so sehr, daß meine Mutterzur Vernunft käme.Dr. Gräme dich nicht um deine Mutter. Wenn so ein Geist wie sie in diesemKörper hier gewesen ist, kommt er in ein Krankenhaus in der Geister-Welt.G. Kann man auch <strong>den</strong> "Herrn" sprechen? Ich wünschte, man könnte mal mitihm re<strong>den</strong>, weil Er doch zuviel Geld von <strong>den</strong> Armen nimmt.Dr. Der Herr tut das ja gar nicht, das ist der Pfarrer.G. Oh, hier kommt ein kleines Indianermädel. (Geist.)Dr. Ist sie nicht niedlich? Sie wird dir wunderschöne Dinge zeigen.G. Darf ich mit ihr gehen? Wie heißt sie?Dr. Silber-Stern.G. Ist das ihr Name? Willst du mit mir spielen, kleines Mädchen, und darf ichmit ihr spielen? Sie sagt "ja", und sie wolle mich mit zu sich nach Hausenehmen und mir hübsche Sachen zeigen. Ach, wird das aber schön sein!Und ich kriege ein neues Kleid, nicht dieses Sackleinen — aber vielleichthat der Herr das nicht gerne.Dr. Vergiß das alles. Geh' nur mit <strong>den</strong> höheren Geistern, die wer<strong>den</strong> dir helfenund dich auch belehren.— 356 —


G. Silber-Stern sagt, ich solle mit ihr gehen, sie würde mich zu meiner Großmutter,meinem Vater und meinem Bruder bringen. (Bestürzt.) Oh, meinBruder! Ich hatte ihn ganz und gar vergessen. Er war so klein, als er starb.Dr. Wie alt war er?G. Ich weiß es nicht. Er war noch ganz klein. Ich habe nicht viel gelernt, weilich nicht zur Schule gehen konnte, als ich es gerne wollte. Ich mußte für<strong>den</strong> Herrn ar<strong>bei</strong>ten.Dr. Wenn du hier fortgehst, wirst du viele Dinge lernen.G. Meine Mutter sagte aber, der Herr wolle gar nicht, daß wir lernten, weil wiralles opfern müssen. Wenn man liest und schreibt, dann entfernt man sichvom Herrn.Dr. Denk an das, was ich vorhin schon sagte, daß das ja alles Irrlehren gewesensindG. Ich will nachforschen und werde es schon herausbekommen, ob der Herrall das Geld bekommen hat. Wenn der Pfarrer es sich behalten hat, dannsage ich ihm aber, daß das gar nicht hübsch von ihm gewesen ist.Dr. Du wirst schon bald merken, daß diese Vorstellung von dem Herrn derWahrheit nicht entspricht.G. Und ich dachte, es wäre evangelische Wahrheit. Man ließ mich nicht zurSchule gehen. Ich sah ganze Scharen von Kindern zur Schule gehen undlernen, aber ich durfte nicht. Man sagte mir, ich käme nicht in <strong>den</strong> Himmel,wenn ich lernte. Ich weinte, als ich kein neues Kleid kriegen konnte, undder Pfarrer sagte mir, ich käme in die Hölle.Dr. Nun wirst du die Wahrheit kennen lernen. Du bist wahrscheinlich schonviele <strong>Jahre</strong> tot. Hast du <strong>den</strong> "Himmel" gesehen? Und warum bist du nichtdort?G. Das ist auch wahr!Dr. In der Bibel steht von der "Finsternis"; du warst in der Finsternis, aberdurch deine eigene Schuld.G. Wie können <strong>den</strong>n aber diese Geister immerzu singen und beten, wenn sietot sind? Diese Läute haben sogar Kirchen. Manchmal gehen sie auch inandre Kirchen (auf der Erde), wenn Gott sie in eine andere Kirche habenwill. Und bevor der Pfarrer (ein irdischer) es merkt, machen die Menschenin der Kirche alle so — (wiegt <strong>den</strong> Körper hin und her), stehen alle auf,springen und singen. (Wenn die diesseitigen Kirchenbesucher sich durchwilde innere Gefühlsausbrüche Besessenheitsgeistern preisgeben.) Ihr Pfarrersagt dann das wäre der Einfluß des "Heiligen Geistes"! Einige von uns(Geistern) gerieten zwischen die Kirchenbesucher und veranlaßten sie alleherumzuspringen.Dr. Solche Geister, von <strong>den</strong>en du erzählst, gehen oft in Kirchen der irdischenEbene und bringen die Menschen dort aus dem Gleichgewicht, indem siesie verrückt machen. Und dann behaupten die Menschen, der "heiligeGeist" sei über sie gekommen.G. Silber-Stern sagt, sie will mich mit sich nehmen, und ich soll ein neuesKleid haben. Vielleicht ist das nicht recht, aber mir tut es or<strong>den</strong>tlich wohl,— 357 —


loß zu wissen, daß ich eins bekommen soll. — Silber-Stern meint, ichsolle mich <strong>bei</strong> Ihnen allen bedanken, daß Sie mit mir soviel Geduld gehabthaben. Eines Tages werde ich wiederkommen und Ihnen erzählen, wie miralles gefällt; dann kann ich wahrscheinlich auch mehr von früher erzählen.Wenn Sie nicht zu mir kommen, dann werde ich Sie hier mal wieder besuchen.Mary Ann McDonald ist mein Name. Ich besuche Sie mal wieder.Mir ist, als müßte ich zu Ihnen sagen "Gott segne Sie", aber das paßt sichwohl nicht für mich!Dr. Das ist schon alles ganz recht so. Jetzt geh‘ nur mit Silber-Stern.G. Das will ich tun. — Leben Sie wohl!— — —Selbst gewissenhafter Kirchenbesuch, treue Erfüllung übernommener Pflichtenund rechtschaffener Lebenswandel geben an sich dem Menschen noch keineGewähr, daß er nach dem leiblichen Tode auch geistige Erleuchtung labenwerde! Dafür haben wir zahlreiche Beweise erhalten!— — —Sitzung vom 19. Juli 1922Geist Henry WilkinsDer sich kundgebende Geist war anscheinend ein Krüppel und lag ganz tief nachvorn geneigt mit dem Oberkörper auf <strong>den</strong> Knien.Doktor: Können Sie sich nicht aufrichten? Wachen Sie auf!Geist: Ich schlafe nicht.Dr. Warum liegen Sie <strong>den</strong>n so vornüber?G. Mein Rücken ist gebrochen.Dr. Sie irren sich, der ist nicht gebrochen.G. O ja, der ist gebrochen.Dr. Er ist vielleicht gebrochen gewesen, jetzt aber ist er es nicht mehr.G. Ich sage Ihnen doch, ich kann mich nicht aufrichten, mein Rücken istgebrochen.Dr. Dem Scha<strong>den</strong> können wir bald abhelfen.G. Das hat man mir schon oft gesagt, aber es hat's noch keiner fertig gebracht.Dr. Aber diesmal helfen wir Ihnen bestimmt.G. Ich gebe Ihnen zehn Dollar, wenn Sie mich wieder gerade richten.Dr. Wo haben Sie <strong>den</strong>n das Geld?G. Wenn ich nur erst aufstehen kann, gebe ich es Ihnen. Wenn Sie mich heilenkönnen, ist es ganze zehn Dollar wert.Dr. Denken Sie nur mal, "ich kann gehen", dann können Sie's auch.G. Das müssen Sie mir erst zeigen.Dr. Bewogen Sie nur mal die Beine, und Sie können gehen.G. Das hab ich schon so oft getan, aber es hat nichts genutzt.Dr. Dennoch können Sie geheilt wer<strong>den</strong>.— 358 —


G. Ich habe aber kein Geld. Ich habe seit einiger Zeit kein Geld mehr. JedesMal, wenn ich Geld sehe, dann greife ich danach; aber dann verschwindetes, als ob es lebendig wäre.Dr. Das will ich Ihnen erklären. Wissen Sie, daß Sie ein Geist sind? WissenSie, daß Sie tot sind — ja, tot für die Welt?G. Dann weiß ich selbst das noch gar nicht; und im Himmel bin ich auchnicht. Ich bin ein guter Methodist gewesen. Ich ging je<strong>den</strong> Sonntag in dieKirche und auch in die Sonntagsschule. Ich habe gebetet und gebetet, umwieder gesund zu wer<strong>den</strong>. Ich war Schuhmacher.Dr. Wo lebten Sie?G. Dort unten in Texas.Dr. Wie heißen Sie?G. Henry Wilkins.Dr. Wie alt sind Sie?G. Ich bin ein alter Mann in <strong>den</strong> Sechzigern. Mir ist einmal <strong>bei</strong> einer Fahrt dasPferd durchgegangen. Da fiel ich vom Wagen und brach mir <strong>den</strong> Rücken.Ich war damals Farmer, konnte danach aber keine Landwirtschaft mehrbetreiben. Damals war ich in <strong>den</strong> Dreißigern. Nach diesem Unfall war einbißchen Schuheflicken das einzige, was ich noch tun konnte ich verdientemeinen Lebens<strong>unter</strong>halt, es war aber manchmal sehr schwer.Dr. Haben Sie eine Ahnung, welches Jahr wir schreiben?G. Ich kann mich nicht entsinnen.Dr. Wer war <strong>den</strong>n Präsi<strong>den</strong>t?G. Lassen Sie mich mal einen Augenblick nach<strong>den</strong>ken — das sollte ich dochwissen. Ich glaube, wenn ich mich recht entsinne, war es Cleveland.Dr. Was ist <strong>den</strong>n wohl Ursache Ihres Todes gewesen?G. Ich bin nicht gestorben. Ich habe gear<strong>bei</strong>tet, bekam aber niemals Gelddafür, <strong>den</strong>n sobald ich das Geld nehmen wollte, griff jemand andersdanach. Ich hörte oft, daß mein La<strong>den</strong> jemand anderem gehörte. Ich ar<strong>bei</strong>tedort schon lange, doch der junge Mann dort nimmt schon die ganze Zeitdas Geld für sich, und ich kriege nie etwas.Dr. Hatten Sie <strong>den</strong> La<strong>den</strong> eingerichtet?G. Ja, vor vielen <strong>Jahre</strong>n! Dann kam mal ein junger Bursche zu mir in <strong>den</strong>La<strong>den</strong> und half <strong>bei</strong> der Ar<strong>bei</strong>t. Ich mußte ihm aber zeigen, wie er esmachen sollte, und ihm vieles <strong>bei</strong>bringen. Der bekam all das Geld, ichkonnte nicht mal daran riechen.Dr. Tatsache ist, mein Freund, Sie sind aus dem Er<strong>den</strong>leben geschie<strong>den</strong> undsind, wie man zu sagen pflegt, tot!G. Dann habe ich also die ganze Zeit nichts weiter getan, als dem jungen Burschengeholfen, reich zu wer<strong>den</strong>.Dr. Nun hören Sie mir mal zu. Sie haben, wahrscheinlich in der Zeit, als Sie<strong>den</strong> La<strong>den</strong> hatten, Ihren irdischen Körper verloren, und jetzt gehört derLa<strong>den</strong> jemand anderem. Der junge Mann hat gar nicht gewußt, daß Sie <strong>bei</strong>ihm waren; Sie wer<strong>den</strong> ihm aber wohl eingegeben haben, wie er alles zumachen hatte. Er wußte gar nicht, daß Sie da waren.— 359 —


G. Er wußte es nicht, weil ich die Ar<strong>bei</strong>t tat. Ich saß da und machte die Ar<strong>bei</strong>t,und mit einem Mal setzte er sich direkt auf mich drauf, und ich konnte ihnnicht fortjagen.Dr. Wissen Sie, welches Jahr wir haben?G. 1892.Dr. Das war vor dreißig <strong>Jahre</strong>n. Wissen Sie, wo Sie sich befin<strong>den</strong>? Sie sind inLos Angeles in Kalifornien.G. In Kalifornien?Dr. Sehen Sie sich mal die Kleider an, die Sie anhaben.G. Wer hat mir <strong>den</strong>n die angezogen? Ich mag keine Frauenkleider tragen!Dr. Lassen Sie sich das von mir erklären.G. Bringen Sie mir meine Beinkleider, bitte!Dr. Sehen Sie sich mal diese Hände an.G. Die gehören mir nicht. Da habe ich ja einen Ring dran, ich habe doch abernie einen besessen.Dr. Nehmen wir einmal an, Sie säßen hier und flickten Schuhe. Wissen Sie,was die Leute sagen wür<strong>den</strong>? Sie wür<strong>den</strong> sagen: "Warum sitzt Frau Wicklandhier und flickt Schuhe?" — Frau Wickland ist meine Frau, und Sie steckenaugenblicklich in ihrem Körper.G. Ich bin keine Frau, ich bin ein Mann. Ich war verlobt und wollte heiraten.Als ich dann aber <strong>den</strong> Unfall gehabt hatte und zum Krüppel gewor<strong>den</strong> war,sagte das Mädchen, sie wolle keinen Krüppel heiraten, und so heiratete sieeinen anderen. Ich erklärte ihr, ich könnte durch Schuheflicken ebensovielGeld verdienen wie als Farmer; sie sagte aber, sie wolle keinen Krüppelheiraten. Ich liebte sie aber doch noch und liebe sie auch jetzt noch.Dr. Wie hieß sie <strong>den</strong>n?G. Mary Hopkins. Sie sagte, sie müsse sich meiner schämen. Ich konnte dochaber nichts für <strong>den</strong> Unfall. Ich meine ja, wenn sie mich wirklich geliebthätte, hätte sie jetzt noch mehr von mir halten müssen, eben, weil ich sienoch nötiger gehabt hätte. Natürlich sah ich nicht besonders hübsch aus.Ich konnte nicht tanzen und auch manches andere nicht, was sie gernwollte. Eines Tages sagte sie zu mir: "Ich schäme mich, mit dir auszugehen,weil du so ganz verkrüppelt bist." Ich fühlte mich so niedergeschlagen,<strong>den</strong>n ich hätte nicht geglaubt, daß sie so grausam sein könnte. Ich littschrecklich. Nicht genug, daß ich ein Krüppel war, auch mein Herz wargebrochen. Seit der Zeit sagte ich: "Frauen sind alle Teufel." Ich wolltenichts mit ihnen zu tun haben, ich haßte sie.Dr. Es gibt aber auch viele gute Frauen.G. Ich habe so manchmal <strong>bei</strong> mir gedacht, es gibt doch wohl keinen Gott,<strong>den</strong>n der würde mich nicht seelisch und körperlich so schwer lei<strong>den</strong> lassen.Ich habe mir die redlichste Mühe gegeben, geduldig zu sein.Dr. Dafür bekommen Sie jetzt ihre Belohnung.G. Ich habe der Kirche manch Stück Geld gegeben. Ich sollte halt immer wiederGeld geben, weil Gott es gebrauche. Manchmal zogen sie mir soviel— 360 —


aus der Tasche, daß mir nicht genug für Brot und Butter übrig blieb. Siesagten, wenn ich nicht genug gäbe, käme ich nicht in <strong>den</strong> Himmel.Dr. Solchen Himmel, wie die Priester ihn lehren, gibt es gar nicht.G. Warum lehren sie ihn <strong>den</strong>n so verkehrt?Dr. Um selber leben zu können. Haben Sie sich mal klar gemacht, wie wundervolldie Lehren Jesu sind? "Gott ist Geist", hat er gesagt, und wir solltenihn "im Geist und in der Wahrheit anbeten".Die strenggläubigen Christen glauben, der Himmel wäre ein Ort da oben inder Höhe. "Himmel" ist ein innerer seelischer Zustand, kein sichtbarerPlatz. Tatsache ist, daß wir alle geistige Wesen sind, unsichtbar, auch währendwir unseren sterblichen Körper bewohnen. Wenn wir aus unseremsterblichen Körper heraustreten, sind wir immer noch geistige Wesen; undsind wir dann in unserer seelischen Wahrnehmung nicht durch irrige Vorstellungenund vorgefaßte Meinungen verblendet, so sehen wir alle unserevorangegangenen <strong>Liebe</strong>n uns entgegenkommen, um uns <strong>den</strong> Weg in diegeistige Welt zu zeigen und uns dahinzuholen. Gott ist kein sichtbarerGeist, aber Gott ist Geist, Gott ist <strong>Liebe</strong>. Sie erzählten, Sie hätten ein Mädchengeliebt. Haben Sie jemals <strong>Liebe</strong> gesehen?G. Nein aber gefühlt habe ich sie.Dr. "Wer in der <strong>Liebe</strong> bleibet, der bleibt in Gott, und Gott in ihm." Wir sprechenmit Ihnen, aber wir können Sie nicht sehen. Ich sehe Sie nicht — ichsehe nur das Gesicht meiner Frau.G. Ich weiß nicht, warum Sie mich immer wieder Ihre Frau nennen. Sie sagen,wir stürben nie, und doch erzählen Sie mir, daß ich tot sei; ich habe dochauch immer noch meinen verkrüppelten Körper.Dr. Wenn Sie sich über ihren Zustand klar gewesen waren, dann wären Sie alldie <strong>Jahre</strong> seit ihrem Tode kein Krüppel mehr.G. Hätte ich <strong>den</strong>n all diese <strong>Jahre</strong> hindurch gesund sein können?Dr. Gewiß, wenn man Sie die Wahrheit gelehrt hätte. Jesus hat gesagt: "DiesesVolk ehrt mich mit seinen Lippen, aber sein Herz ist ferne von mir."G. Die Menschen glauben, Jesus sei für unsere Sün<strong>den</strong> gestorben, und wennwir gut sind, kommen wir nach unserem Tode in <strong>den</strong> Himmel. Ich bin dochaber nicht im Himmel.Dr. Sie wer<strong>den</strong> niemals in einen orthodoxen "Himmel" eingehen können. Undwenn es wirklich einen solchen Ort gäbe und Sie kämen hinein, dann wärenSie ganz gewiß ganz allein. Himmel ist ein innerer Zustand der Seele, <strong>den</strong>man nur durch geistige Erkenntnis erlangen kann. Vertiefen Sie sich in dieWunder der Natur und in Gottes Offenbarungen. — <strong>Liebe</strong>n Sie eigentlichMusik?G. O ja, ich habe immer im Kirchenchor mitgesungen. Mein Mädchen sangauch mit. Wir waren so glücklich. Und immer empfand ich eine wundervolleHarmonie, wenn wir dort sangen. Aber dann stieg der Pfarrer auf dieKanzel und drohte jedem mit Verdammnis, der nicht genug Geld an dieKirche gab. Er sagte, wir kämen schnurstracks in die Hölle. Ich fand dasimmer höchst ungerecht; <strong>den</strong>n, wenn ein Mensch, so gut er es weiß, sein— 361 —


Bestes tut und ein rechtschaffenes Leben führt, weshalb soll der in dieHölle kommen, nur weil er nicht genug Geld an die Kirche zahlt?Dr. Wissen Sie, wer der Begründer der Methodisten-Kirche gewesen ist? JohnWesley. Er wußte Bescheid über das wahre Leben auf der anderen Seiteund lehrte über Geister und <strong>den</strong> Verkehr mit ihnen. Er kannte die Wahrheit— er glaubte nicht nur — und er schrieb darüber; aber auch seine Anhängerfolgen <strong>den</strong> Lehren des Begründers ihrer eigenen Kirche nicht.Die Christen verstehen die Lehre Jesu nicht. Sie wollen sie auch nicht verstehen,weil sie dann darüber nach<strong>den</strong>ken müßten. Es ist doch leichter, einfachnur zu glauben. Doch geistige Dinge können nur geistig erkannt underfaßt wer<strong>den</strong>.G. Als ich in meinem La<strong>den</strong> war, sah ich manchmal meinen Vater und meineMatter, aber sie waren doch tot, und ich wußte ja, daß ich nicht <strong>bei</strong> ihnensein konnte.Dr. Warum nicht?G. Weil ich doch noch am Leben war und in meinem La<strong>den</strong> schusterte. Muttersagte zu mir: "Komm mit mir!" Ich konnte doch aber nicht gehen, weil ichmeinen verkrüppelten Körper hatte, und ich mußte ja auch meinen Lebens<strong>unter</strong>haltverdienen. Wenn ich nicht ar<strong>bei</strong>tete, bekam ich auch nichts zuessen, und ich war furchtbar hungrig. Des öfteren kam mir vom Wirtshausher der Essensduft in die Nase; aber wenn ich nicht ar<strong>bei</strong>tete, war das auchalles.Dr. Sie waren ein Geist und konnten deshalb gar nicht essen. Ihre Eltern kamenzu Ihnen, weil sie ja auch Geister waren. Sie haben sich all die <strong>Jahre</strong> hindurchin Ihrem La<strong>den</strong> aufgehalten, eben, weil dem Ihr größtes Interessegalt. Und von <strong>den</strong> Gesetzen des höheren Lebens wußten Sie nicht".G. Man hatte mir ja eingeschärft, wenn ich nicht in die Kirche ginge, dannmüßte ich in die Hölle und dort ewig brennen.Dr. So eine ewig brennende Hölle gibt es ja gar nicht.G. Gott sei dafür gedankt!Dr. Sehen Sie sich mal gut um, vielleicht sehen Sie jemand, <strong>den</strong> Sie kennen.G. Ich hin krank und müde vom Schuheflicken.Dr. Wenn Sie erst hier wieder raus sind, wer<strong>den</strong> Sie keine Schuhe mehr zu flickenbrauchen.G. Ich möchte auch viel lieber spielen und singen. Ich liebe Musik. Ich hatteGesangs<strong>unter</strong>richt und kam darin gut voran, bis ich verunglückte.Dr. Vielleicht ist Mary jetzt hier.G. Mary? Sie gab mich auf und heiratete einen anderen. Sie wurde aber nichtglücklich, <strong>den</strong>n dieser Mann war ein Trunkenbold. Sie hat viel Schweresdurchmachen müssen. (Sieht einen Geist.) Oh, da ist meine Mutter! Sie warso gut zu mir.Dr. Spricht sie zu Ihnen?G. Sie sagt: "Mein Sohn, du brauchst nicht länger ein Krüppel zu sein!" —Oh, ich habe jetzt einen neuen Körper, Mutter aber oh, Mutter (weinend),ich bin jetzt eine Frau! So was dummes, wie eine Frau gekleidet zu sein!— 362 —


Dr. Sie sprechen ja nur durch <strong>den</strong> Körper meiner Frau.G. Kann ich <strong>den</strong>n durch <strong>den</strong> Körper eines anderen Menschen re<strong>den</strong>?Dr. Ja. Meine Frau ist ein vermittelndes Werkzeug, durch welches Geister sprechenkönnen. Sie selbst ist vollkommen bewußtlos, während Sie durchihren Körper sprechen. Das klingt seltsam, es ist aber wahr. Haben Sie sichjemals gefragt, was Lesen eigentlich ist?G. Nein, dazu hatte ich keine Zeit. Ich mußte meine fünf Sinne zusammennehmen,um mit meiner Schusterar<strong>bei</strong>t fertig zu wer<strong>den</strong>.Dr. Das ist gar keine Entschuldigung.G. Meine Mutter sagt — — —hier wurde der Geist entfernt und seine Mutter trat in das Medium ein.Zweiter Geist: Henry, Leben ist Wirklichkeit! Es ist gar nicht alles so geheimnisvoll,wie es uns gelehrt wor<strong>den</strong> ist. Ich war Anhängerin derselben Kirchewie du. Du weißt, daß Vater sich nie um die Kirche kümmerte, weißtdu aber auch, daß er in der geistigen Welt viel schneller vorwärts gekommenist als ich? Mein Glaube und das Dogma hielten mich zurück.Du erinnerst Dich wohl noch, daß Vater viel las; und wir nannten ihn verrückt,weil er manchmal in spiritistische Sitzungen ging; — er war aber aufrechtem Wege! Du weißt, er hatte das Buch "Himmel und Hölle" von Swe<strong>den</strong>borg,und wir sahen uns oft an und dachten, er wäre nicht mehr recht<strong>bei</strong> Sinnen! Wir gingen in die Kirche, er aber nicht; <strong>den</strong>noch war er es, dermir die Augen öffnete und zu besserer Einsicht verhalf, als ich auf die geistigeSeite des Lebens übertrat. Hätte er das nicht getan, dann wäre ich auchjetzt noch in meinen früheren Glaubensvorstellungen befangen, und dasheißt soviel wie, daß ich mich noch in der Er<strong>den</strong>sphäre aufhalten würde.Ich hatte immer befürchtet, er werde in die Hölle kommen, wenn er stürbe,und stattdessen ging es mir selbst nach dem Tode recht schlecht. Du erinnerstdich wohl, daß Vater vor mir gestorben ist. Und als auch ich hinübergegangen war, kam er zu mir; ich glaubte aber, es wäre nur eine Einbildungvon mir. Es hat ihn sehr viel Mühe gekostet, mich zur Einsicht zu bringen.— Ich möchte dir sagen, daß die kirchlichen Glaubenssätze und Vorstellungenvielfach schuld daran sind, daß so viele Geister erdgebun<strong>den</strong> bleiben.Und diese Geister schädigen obendrein noch viele Menschen! Henry, dieBibel sagt: "Wo Euer Schatz ist, da ist auch Euer Herz". Dein Schatz wardeine Werkstatt. Du saßest in deinem La<strong>den</strong> und halfst dem jungen Mann,ohne es zu wissen. Wir konnten gar nicht an dich heran.Als Mensch warst du ein Krüppel, und wir konnten dir nicht begreiflichmachen, daß dein geistiger Körper doch gar nicht verkrüppelt ist. Dein ganzesSinnen und Denken drehte sich immer nur um deinen verkrüppeltenirdischen Leib, so daß du gar keinen anderen Gedanken fassen konntest!Wir sind schon eine ganze Zeit <strong>bei</strong> dir und haben alles versucht, dich zumMitkommen zu bewegen; es ist uns aber nicht gelungen. Eines Tageskamen wir hier vorüber; wir hörten singen und traten ein und kamen so indie Versammlung. Da sahen wir, daß hier Geister zur Vernunft und Einsichtgebracht wur<strong>den</strong>, mit <strong>den</strong>en niemand sonst etwas anfangen konnte.— 363 —


Drum sagte ich gleich, "hier müssen wir Henry herbringen". Das war schonvor längerer Zeit. Wir mußten warten, bis wir an der Reihe waren, bevorwir dich herbringen konnten. Nun, Henry, öffne deine geistigen Augen undsiehe, wie neu und frisch dein geistiger Körper ist. Denke nicht mehr andeinen alten verkrüppelten Körper, <strong>den</strong>n dann fühlst du dich auch wiederals Krüppel. Denke an Deinen jungen, geistigen Leib, dann wirst du dichjung und glücklich fühlen! Du warst ein guter Mensch! Du hattest deineKümmernisse, suchtest doch aber immer, so gut du konntest, dein Besteszu tun. Es waren nur Unwissenheit, falsche Lehren und falscher Glaube,was dich zurückhielt.Henry, wir haben ein wundervolles Heim in der Geister-Welt, und dahinwill ich dich mitnehmen. Du wirst dort noch viel zu lernen haben. Das ersteist, alle Selbstsucht, Unwissenheit, alles Selbstbedauern und alle Eifersuchtabzuwerfen. Komm mit mir mit einem offenen Herzen. Offne dein Herz imgeistigen Sinne für Gott, und du wirst das Himmelreich in dir fin<strong>den</strong>! Duwirst viel lernen müssen! Dann wirst du erleben, daß Glückseligkeit und<strong>Liebe</strong> der Himmel sind. Eigennutz und Unwissenheit dagegen sind dieHölle; <strong>den</strong>n geistige Dunkelheit ist die Hölle. Die Menschen erschaffen dieHölle sich selbst und anderen.Wir wollen alles tun, was wir können, um anderen zu helfen, ohne an unsselber zu <strong>den</strong>ken. Wer <strong>bei</strong>m Übertritt auf die geistige Seite des Lebens nurmit sich selber beschäftigt ist, findet sich dort in einem Raume eingeschlossen,ganz allein; und alles, was er zu Gesicht bekommt, ist seine eigeneUnwissenheit und Selbstsucht. In diesem Zustande bleibt er solange, bis erausruft: "Gott hilf mir, meinen Eigenwillen loszuwer<strong>den</strong>!"Machen wir uns ans Werk! Ar<strong>bei</strong>t ist immer da, die nur darauf wartet, daßwir sie tun. Wir müssen sagen: "Hebe dich weg von mir, Satan!" —"Satan" oder der "Teufel", wie er oft genannt wird, ist keine Wesenheit!"Satan" ist nur Selbstsucht, Unwissenheit und Frömmelei — das alles istder Teufel.Ich war doch auch eine brave Frau, aber ich habe viel lei<strong>den</strong> müssen, <strong>den</strong>nich habe nur für mein Selbst gelebt. Ich schätzte meine Kirche sehr. MeinMann wurde mir genommen. Meine Familie galt mir mehr als Gott. Ichhing sehr an meiner Kirche, und als ich starb, klammerte ich mich an ihrfest. Ich hatte eine Tochter und geriet in ihre magnetische Aura; ich machtesie besessen, so daß sie in eine Anstalt gebracht wer<strong>den</strong> mußte. Ich konntenicht wieder von ihr loskommen. Schließlich starb sie, da war sie dann freiund ich auch. — Dann kam Vater und machte mir klar, was ich durchmeine eigenwilligen Gedanken angerichtet hatte. — Dann mußte ich dienen.Meine ganze Ar<strong>bei</strong>t bestand darin, für kleine Kinder zu sorgen —nicht für meine eigenen, <strong>den</strong>n die waren mir ja genommen. Man sagte mir,ich müßte für andere Kinder ebensoviel <strong>Liebe</strong> entfalten, wie für meineeigenen, und als ich soweit gekommen war, war ich sehr glücklich.Nun habe ich Kinder, es sind zwar nicht meine eigenen, aber schließlich istjedes Kind meins, eben weil ein Kind ebensogut wie jedes andere Gottes— 364 —


Kind ist, und wir sie alle darum lieben sollen. Wir sollten uns des einen wiedes anderen gleich liebevoll annehmen. Jetzt werde ich reichlich belohnt.Ein jedes Kind liebt mich, und ich liebe ein jedes und habe immer einneues Kind im Hause. Denn ich nehme immer wieder ein neues Kind zumir, das noch keine <strong>Liebe</strong> kennen gelernt hat. Dann erzähle ich ihm vomJenseits-Leben und suche ihm einen Begriff von Gott <strong>bei</strong>zubringen.<strong>Liebe</strong> sollte alle leiten, nicht nur ein Kind, sondern alle! Die "Große All-<strong>Liebe</strong> — sie ist Alles in Allem! Jedes Kind, eins wie das andere, sollte ingleicher Weise geliebt wer<strong>den</strong>!Deshalb hütet Euch, all Eure <strong>Liebe</strong> nur auf ein einzelnes Kind oder auchgerade bloß auf Eure eigene Familie zu richten. Hängt Euer Herz nicht nuran ein Kind, sonst seid Ihr nach Eurem Hinübergang mitten in der Hölle.Ihr bleibt dann ständig in der Nähe des Kindes, beunruhigt es und bringt es,wie in meinem Falle, vielleicht gar ins Irrenhaus.Meine arme Tochter bezeichnete man als geisteskrank, weil ich in ihrsteckte und nicht mehr von ihr loskommen konnte. Ich habe die ganze Zeitüber geweint, weil ich nur mein Kind haben wollte. Es kam mir gar nichtzum Bewußtsein, daß ich sie besessen machte. Und ich konnte sie auchnicht einmal sehen, weil ich ja in ihr drinsteckte. Man sagte ihr, sie sei dochgar nicht verheiratet und hätte ja gar kein Kind. Da<strong>bei</strong> war ich es ja, dienach ihrem Kinde, meiner Tochter, weinte. Weil sie nach ihrem Kindefragte, obwohl sie keines hatte, sagte man, sie wäre verrückt und schicktesie in eine Irrenanstalt.So, nun seht Ihr, meine Freunde, wie notwendig es für uns alle ist, überdiese Dinge Bescheid zu wissen, bevor wir auf die geistige Seite desLebens übertreten. Seien wir klug und lernen wir alles, was wir irgend können,solange wir noch hier sind. Je mehr wir schon hier über die andereSeite des Lebens erfahren, desto glücklicher und besser wer<strong>den</strong> wir daransein. Der geistige Körper ist nur ein Gegenstück zum irdischen. In demMaße, wie wir geistig fortschreiten, wachsen wir. Wenn wir die Absichtenhätten, ins Ausland zu gehen, so wür<strong>den</strong> wir alles daransetzen, alles aufbieten,Näheres in Erfahrung zu bringen über die Orte, die wir besuchen wollten,über die Gasthäuser, in <strong>den</strong>en wir übernachten könnten usw. Um wievielwichtiger ist es, über die jenseitige Welt soviel wie nur möglich inErfahrung zu bringen! Ihr alle werdet eines Tages dort sein!Suchet in Erfahrung zu bringen, soviel Ihr nur könnt. Wenn Ihr dann bereitseid, zu gehen, sagt Ihr hier nur "Lebewohl" und erwacht in der geistigenWeh. Ihr verabschiedet Euch ja nur von Eurem irdischen Körper und findetEuch in Eurem geistigen Leibe wieder. — Habt Ihr nur für Euch selbergelebt, wie ich es getan hatte, so bleibt Ihr dort, wo Ihr gerade seid, an derselbenStelle, wo Ihr gestorben seid, und müßt lei<strong>den</strong> wie ich!Dies ist eine ernste Warnung, und Ihr könnt aus meiner Erfahrung mancheslernen!<strong>Liebe</strong>t Eure eigenen Kinder nicht mehr als andere und vergöttert sie nicht;<strong>den</strong>n das ist eigensüchtige <strong>Liebe</strong>. Es gibt soviele Kinder, die keine Mutter— 365 —


haben, warum sollte man nicht <strong>den</strong>en zu helfen suchen? Gebt von Eurer<strong>Liebe</strong> doch so einem mutterlosen Kinde etwas ab!Ich habe jetzt für mehr als hundert Kinder zu sorgen. Ich habe mir alleMühe gegeben, sie aufzuziehen und ihnen mit meiner <strong>Liebe</strong> die Mutter zuersetzen. Sie haben die trauliche Obhut eines Elternhauses nie kennengelernt. Ich habe für Henry gear<strong>bei</strong>tet und geschafft, weil ich ihn liebte,doch ich konnte ihn nicht erreichen. Mein Mann war nicht so gehemmt wieich, und so ist er viel weiter fortgeschritten als ich. Aber ich werde einesTages auch dahin kommen, wo er ist. Er hatte auch ernsthaft geforscht,während <strong>bei</strong> mir alles nur Glaube war!Freunde, zieht Euren Vorteil aus dem, was ich durchgemacht habe undlernt daraus. Ich danke Euch für die Erlaubnis, daß ich meinen Sohn habehierher bringen dürfen. Ich habe auch meine Tochter <strong>bei</strong> mir. Ich habe dasLicht gefun<strong>den</strong> und tue nun Missionsar<strong>bei</strong>t <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Meinen Kindern.Denkt an meine Warnung, laßt Euch nicht durch Eigenliebe dazu verleiten,Eure Kinder zu vergöttern, sondern heget Mutterliebe für alle Kinder; undvor allem anderen liebet und verehrt Gott über alle Dinge!— — —Frau A.‚ eine Kranke aus Chikago, war ungewöhnlich empfänglich für seelischeBeeinflussung; und ihre Mutter, Frau H.W., hatte seit einiger Zeit an ihr in Haltungund Gesten eine auffallende Ähnlichkeit mit einem ehemaligen Pastor ihrerKirche beobachtet, der vor einer Reihe von <strong>Jahre</strong>n <strong>bei</strong> einem Eisenbahnunglückums Leben gekommen war.Frau H.W. hatte Herrn A., <strong>den</strong> Mann ihrer Tochter, auf diese Ähnlichkeit aufmerksamgemacht, und <strong>bei</strong>de waren in der Sitzung zugegen, die wir dieser Krankenwegen und in ihrem Beisein veranstalteten.— — —Sitzung vom 18. November 1919Geist: J. O. Nelson. — Kranke: Frau A.Der sich kundgebende Geist war benommen und schien <strong>unter</strong> heftigen Brustschmerzenzu lei<strong>den</strong>.Doktor: Denken Sie sich, Sie seien gesund und kräftig, dann wer<strong>den</strong> Sie auchsprechen können. Wer sind Sie?Geist: Ich weiß nicht.Dr. Wo kommen Sie her?G. Das weiß ich auch nicht.Herr A.: Können Sie uns nicht sagen, wo Sie herkommen?G. Ich weiß nicht, aber wenn ich was sagen soll, dann möchte ich sagen, mittenaus der Hölle.Herr A. Was für eine Hölle <strong>den</strong>n?G. Eine ganz richtige Hölle, ich hin ja rein verbrannt.Herr A. Woher kam <strong>den</strong>n das?— 366 —


G. Ich weiß nicht, was das war; aber es kam wie Feuer über mich (Eine derKranken erteilte elektrische Behandlung, die vom Besessenheitsgeiste sehrviel stärker gefühlt wird als von der Kranken.)Dr. Das hat Sie wenigstens or<strong>den</strong>tlich wach gemacht. Wo kommen Sie <strong>den</strong>nher?G. Ich weiß gar nicht, was ich eigentlich die ganze Zeit gemacht habe. Ichmuß wohl geschlafen haben und bin dann in der Hölle aufgewacht. Ich sahallerhand Funken. Vermutlich habe ich nicht genug gebetet.Herr A. Was haben Sie <strong>den</strong>n gemacht, als Sie noch lebten?G. Ich weiß nicht. Ich weiß gar nicht, was ich gemacht habe. Wenn ich dochbloß wüßte, was mit mir los ist!Herr A. Woran erinnern Sie sich <strong>den</strong>n überhaupt, was Sie zuletzt gemachthaben?G. Ich habe hier solche Schmerzen (reibt sich die Brust). Mir ist, als wäre ichkrank gewesen. Ich kann mich jetzt nicht darauf besinnen, was ich gemachthabe.Dr. Ihr Gedächtnis wird schon bald wiederkommen.G. Sie können sich ja <strong>den</strong>ken, wenn ein Mensch läuft und läuft und gar nichtweiß, wo er eigentlich hingeht oder was er tut, das ist schlimm.Dr. Waren Sie auf einer Reise?G. Ich kann mich jetzt auf nichts besinnen. Ich <strong>den</strong>ke, ich bin wohl langebewußtlos gewesen. Wenn ich ging, war alles ganz dunkel. Ich konnte garnichts sehen. Ich habe solche Schmerzen hier (legt die Hand auf die Brust).Jetzt dämmert's mir — ich geriet in ein Gedränge und wurde hierhin unddorthin geschubst (Zustand in der Erdsphäre nach dem Tode); dann sah ichendlich so ein kleines Lichtchen schimmern. (Die magnetische Aura unserermedial veranlagten Kranken, die er dann besessen machte.)Mir ist, als wäre ich immer mehr eingezwängt wor<strong>den</strong> und schließlich indie Hölle geraten. Eine Menschenmenge drängte mich vorwärts, und ichwußte gar nicht, wo ich hinging; und dann bekam ich diese Funken.Ich habe immer gedacht, ich wäre berufen, andern <strong>den</strong> Weg zur Seligkeitzu zeigen, und nun saß ich selbst in der Hölle. Das Feuer war ganz entsetzlich.Es hielt eine ganze Weile an, dann war's, als würde ich wieder freigelassen.Ich weiß gar nicht, wo ich jetzt bin, und weiß auch nicht, wo ich hinsoll. Was soll <strong>den</strong>n bloß aus mir wer<strong>den</strong>?Dr. Wie heißen Sie <strong>den</strong>n?G. Das weiß ich jetzt nicht, ich bin so benommen. Ich kann mich auf nichtsbesinnen. Ich bin anscheinend irgendwo angelangt. Ich muß wohl eineschwere Krankheit durchgemacht haben. Menschen bedrängten mich undkamen mir nach, und ich hatte das Gefüh1, nicht ganz recht gehandelt zuhaben. Mir war es aber immer sehr ernst.Herr A. Glaubten Sie an die Hölle?G. Ja gewiß!Herr A. Glaubten Sie an Jesus?— 367 —


G. Ja, ich war doch berufen, andern <strong>den</strong> Weg zur Seligkeit zu zeigen, bin abernun selbst in die Hölle geraten — und ich sollte andere retten.Dr. Wir wollen uns alle Mühe geben, Ihnen wieder herauszuhelfen.G. Es sind soviel Menschen hier, die anscheinend alle was von mir wollen.Dr. Das müssen wohl Ihre Schäflein sein, um deren Seelenrettung Sie sich vergeblichbemüht haben.G. Sie verlangen alle von mir, ich solle ihnen helfen; und da<strong>bei</strong> weiß ich mirselbst nicht zu helfen.Herr A. Ist Ihnen <strong>den</strong>n was besonders zugestoßen?G. Ich <strong>den</strong>ke ja, der Kopf tut mir so weh, und ich habe hier solche Schmerzen.(deutet auf die Brust). Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich wünschte, Sie könntenmich aus diesem Dunkel befreien. Manchmal habe ich das Gefühl, alswüßte ich überhaupt nichts.Herr A. Wer sind Sie? Sind Sie ein Mann oder eine Frau?G. Ich bin ein Mann, und ich weiß nichts weiter, als daß ich von einer Menschenmengegeschoben wurde und in die Hölle geraten bin.Herr A: Ist Ihnen <strong>den</strong>n etwas zugestoßen?G. Ich wüßte nicht.Herr A: Wo lebten Sie <strong>den</strong>n?G. In Chicago, <strong>den</strong>ke ich. Ich bin anscheinend blind, und mir ist höchst sonderbarzu Mut.Herr A. Wollten Sie <strong>den</strong>n an einen bestimmten Ort, als Sie so gewandert sind?G. Nicht, daß ich wüßte; aber ich sehe einen Zug angebraust kommen, unddann, entsinne ich mich, kam ich in ein Menschengedränge. Übrigens, wasmeinen Sie, ob ich wohl Nelson heiße? Manchmal kommt's mir so vor, alssei das mein Name, manchmal auch wieder nicht.Herr A: Sind Sie Pastor Nelson? Waren Sie Pfarrer?G. Mir ist es so, ich war es eine ganze Zeitlang. Das ist auch mein Name. Ichheiße NelsonFr. H. W. Kennen Sie mich?G. Die Stimme kommt mir bekannt vor.Herr A. Woher kennen Sie sie?G. Von Chicago. Ich sehe jetzt wieder <strong>den</strong> Zug angebraust kommen, und dannwar mit einem Male alles finster. Aber ich entsinne mich noch, daß icheinen Stoß vor die Brust bekommen habe. Habe ich nicht auch eine Fraugehabt?Herr A. Ja, und mehrere Kinder.Fr.H.W. Kennen Sie mich nicht?G. Ja, Sie kamen doch immer zu mir in die Kirche. Sie waren eine treueKirchgängerin, aber dann zogen Sie fort.Dr. Kennen Sie diese Dame? (Die kranke Frau A.)G. Nein.Dr. Haben Sie L.W. gekannt? (Mädchenname der Kranken)G. Ja.Dr. Das ist sie.— 368 —


G. Sie war doch aber viel jünger?Herr A. Entsinnen Sie sich, daß Sie von Westerns Springs kamen?G. Ja, ich hatte dort gepredigt.Herr A. Sie sind vom Zuge überfahren wor<strong>den</strong>.G. Darauf bin ich noch gar nicht gekommen, daß ich gestorben sein könnte;aber ich weiß noch, ich geriet in ein furchtbares Durcheinander und binseitdem in so einem Menschengedränge. Was ist <strong>den</strong>n nur mit meinemKopf?Herr A. Kennen Sie eine Frau Nelson, die in der Forster Avenue lebt?G. Ja, das ist doch meine Frau. — Da war doch auch noch jemand <strong>bei</strong> mir, alsich an die Bahnstrecke kam, und ich wurde vor <strong>den</strong> Zug gedrängt. Es kamgerade ein Zug auf der Strecke, als ich über die Schienen wollte. Da kriegtemich irgend jemand zu fassen, und dann geriet ich in ein fürchterlichesMenschengedränge. An die große Menschenmenge erinnere ich mich nochsehr gut, gleich nachdem mich der Zug erfaßt hatte. Seitdem ist diese Menschenmengeständig hinter mir her (Geister).Dr. Das kommt bloß davon, daß Sie sie nicht belehrt haben.G. Jemand sagt mir eben, "das sind Mitglieder deiner Gemeinde, die du auffalschen Weg geführt hast.Dr. Weshalb haben Sie <strong>den</strong>n Ihre Gemeinde so irregeführt?G. Ich habe sie doch Gottes Wahrheit gelehrt.Dr. Mag sein, soweit Sie selbst sie kannten.G. Ich habe mir alle Mühe gegeben, die Menschen vor der Hölle zu retten.Dr. Und dann sind Sie selbst hineingekommen.G. Ich war zwar nur ein klein Weilchen drin, aber es war schrecklich. So hatteich mir die Hölle nicht vorgestellt! Ich hatte sie mir ganz anders gedacht,nicht wie so einen Hagel von Feuerfunken, der auf einen her<strong>unter</strong>prasselt— himmeldonnerwetter! — und es tat ganz gemein weh. Und ich weißeigentlich gar nicht, warum ich in die Hölle gekommen bin.Dr. Es muß schon sein, weil Sie nicht die Wahrheit gepredigt haben, <strong>den</strong>n alldie Leute beschuldigen Sie doch, Sie hätten sie irregeführt …G. Ich habe mich doch aber ganz Gott ergeben.Dr. Hat Gott Sie dazu aufgefordert, oder haben Sie das getan, um Ihr Brot zuhaben?G. Ich habe mir alle Mühe gegeben, die Menschen vor der Sünde zu retten undhabe guten Grund anzunehmen, daß mir das auch <strong>bei</strong> manchen gelungenist.Dr. Aber sich selbst haben Sie nicht retten können!G. Diese Dame dort (zeigt auf Frau H.W.) gehörte in die Hölle; sie hat sichnicht so zur Kirche gehalten, wie sie es hätte tun sollen.Dr. Sie selbst haben doch nun gewiß treu zur Kirche gehalten und sind trotzdemin der Hölle gewesen, wie Sie selbst erzählen.G. Ja, das ist allerdings wahr.Dr. Wie wollen Sie da nun wissen, ob Ihre Kirche und Ihre Predigten sich aufWahrheit gründeten? Sie waren ein "Diener Gottes" und kamen doch in die— 369 —


Hölle. Da<strong>bei</strong> muß man von Ihnen doch annehmen, daß Sie weiter gewesensein müssen als Ihre Gemeinde.G. (auf sie deutend) Ist das Frau W?Dr. Ja.G. (Zu Frau H.W.) Warum gehen Sie <strong>den</strong>n nicht in die Kirche?Fr.H.W. Ich gehe doch manchmal.Dr. Sie hat keine Lust, in die Hölle zu kommen, wo Sie gewesen sind, wie Sieuns erzählen. Sie sind doch nun regelmäßig in die Kirche gegangen unddoch in die Hölle gekommen! Sie haben eben nicht die Wahrheit gepredigt.Sie wollen doch wohl nicht, daß sie in Ihre Fußtapfen treten und Ihnennachkommen soll?G. Ich will ihr die Hölle nicht wünschen, in der ich gewesen bin.Dr. Dann muß ihre Kirche doch im Irrtum sein.Herr A. Heißen Sie Nelson — J.O. Nelson? Ihre Frau wohnt noch im selbenHause in der Forster Avenue.G. Ja, so heiße ich, jetzt weiß ich es wieder.Herr A: Sie sind vor 8 <strong>Jahre</strong>n tödlich verunglückt.G. Ich habe meine Frau und Kinder lange nicht gesehen.Dr. Sie haben <strong>bei</strong> Ihren Bemühungen, Seelen zu retten, nicht die Wahrheitgepredigt. Und Ihre eigene Seele haben Sie nicht retten können. So habenSie jahrelang im Fegefeuer der Unwissenheit gesessen.G. Wie geht es meiner Frau, sie hatte mich sehr gern.Herr A. Es geht ihr gut.G. Wie hat sie mich <strong>den</strong>n nur so im Stich lassen können?Herr A. Ihre Frau hat Sie doch nicht im Stich gelassen; sie hat Ihre Leiche inGraceland beerdigt. Sie kennen doch <strong>den</strong> Graceland-Friedhof?G. Ja.Dr. Glauben Sie an Geister?G. Was meinen Sie damit?Dr. Gespenster.G. Nein.Dr. Spricht nicht die Bibel von Geistern?G. Nicht ausdrücklich.Dr. O ja, doch. Jesus hat doch immer unreine Geister ausgetrieben und dieApostel ebenso. Haben Sie Jesus getroffen?G. Nein, ich habe nieman<strong>den</strong> getroffen. Ich war in einem dichten Menschengedränge,und man hat mich die ganze Zeit über geschubst.Dr. Das waren alles Leute, <strong>den</strong>en Sie hier im Er<strong>den</strong>leben alle möglichen Irrlehren<strong>bei</strong>gebracht haben.G. Eines Tages sah ich ein kleines Lichtchen.Dr. Sie gerieten in die Aura dieser Dame, Frau A.Herr A. Das ist meine Frau. Warum haben Sie sie <strong>den</strong>n so belästigt? Warumgehen Sie <strong>den</strong>n nicht lieber in <strong>den</strong> Himmel, <strong>den</strong> Sie gepredigt haben?Warum drücken Sie sich <strong>den</strong>n immer noch hier auf der Erde herum?G. Sind Sie auch in der Hölle?— 370 —


Herr A. Nein, wir sind noch auf Er<strong>den</strong>. Ihre "Hölle" war Elektrizität, die wir aufSie losließen.Dr. Das war die einzige Möglichkeit, Sie aus dieser Dame zu vertreiben.Herr A, Weshalb sind Sie <strong>den</strong>n nicht selbst <strong>den</strong> Weg gegangen, <strong>den</strong> Sie gelehrthaben?G. Ich weiß nicht.Herr A. Warum haben Sie <strong>den</strong>n nicht die Wahrheit gelehrt, als Sie noch aufEr<strong>den</strong> lebten?G. Ich habe gelehrt, was ich gelernt habe und mir vom Bischof aufgetragenwor<strong>den</strong> war. Ich habe die Religion gelehrt, die auf Er<strong>den</strong> gelehrt wird.Dr. Das ist freilich eine ganz verkehrte Auffassung. Sie haben es doch selbsterlebt, daß da etwas nicht stimmt. Sie sind nun schon acht <strong>Jahre</strong> tot undsind immer noch ein erdgebun<strong>den</strong>er Geist.G. Ich hatte allerdings erwartet, in <strong>den</strong> Himmel zu kommen.Dr. Sie haben eben nicht die Wahrheit gelehrt. Die Dame hier (Frau H.W.)wird schneller in <strong>den</strong> Himmel kommen als Sie.G. Wird sie das? Wie wissen Sie das?Dr. Sie hat die tatsächliche Wahrheit kennen gelernt und weiß über die Geister-Welt und das geistige Leben Bescheid. Paulus hat über Geister gelehrt, undJesus trieb unreine Geister aus.G. Wir können uns doch nicht mit Jesus vergleichen, Jesus war Gottes Sohn.Dr. Die Bibel sagt: "Ihr seid alle Gottes Kinder", und Jesus hat gesagt: "Ich undder Vater sind eins".G. Er war Gottes geliebter Sohn. Gott hat ihn gesandt, uns aus dem Bann derSünde zu erlösen.Dr. Ich will Ihnen mal erzählen, wer das gesagt hat. Im <strong>Jahre</strong> 325 n.Chr. aufder Kirchenversammlung zu Nicäa hat Constantin erklärt: Jesus sei GottesSohn und wahrer Gott. Und diese Erklärung ist dann von der christlichenKirche angenommen wor<strong>den</strong>.G. Christus war Gottes geliebter Sohn, und wenn wir an ihn glauben, dannwer<strong>den</strong> wir Miterben der Erlösung.Dr. Und warum haben Sie daran keinen Antwort?G. Jesus ist Gottes Sohn, und wer an ihn glaubt, wird erlöst.Dr. Und wo sind Sie da nun?G. Das verstehe ich allerdings auch nicht ganz.Dr. Aber Sie sagten doch, Sie seien in der Hölle gewesen? Sagt Ihnen IhrGewissen <strong>den</strong>n nicht, daß da etwas nicht stimmt? Ich sollte meinen, dasmüßten Sie fühlenG. Mein Gewissen klagt mich an.Dr. Wenn Sie jetzt mal aufmerksam zuhören wollen, wer<strong>den</strong> Sie bald begreifen,daß Sie im Irrtum sind. Sie haben sich doch von der Geschichte derWeltschöpfung nie richtig befriedigt gefühlt, nicht wahr?G. Wir sollen nicht über Gott streiten. Gott ist vollkommen, und wir sind seineKinder; und wenn wir an ihn glauben, erben wir die ewige Seligkeit.— 371 —


Dr. Sie sagen, Gott ist vollkommen. Sie sagen auch, Gott hat alles geschaffenund weiß alles. Dann hat er doch auch vorher wissen müssen, daß seineSchöpfung unvollkommen wer<strong>den</strong> und der Mensch in Sünde fallen würde.Wür<strong>den</strong> Sie wohl eine Welt erschaffen und sie dann wieder zerstören?G. Die Menschen fallen in Sünde und Gottes Sohn ist gekommen, sie zu erlösen.Dr. Hat Gott gewußt, daß die Welt in Sünde fallen würde? Hat er das gewußtund sie <strong>den</strong>noch geschaffen? Klingt das vernünftig? Hat er's gewußt, daß"gefallene Engel" die Menschen besessen machen wür<strong>den</strong>? War er allweise?Die Prediger irren sich in ihren Lehren.G. Aber man hat es uns doch so gelehrt. Wenn wir Lehrer des Evangeliumssind, müssen wir auch danach leben und wir müssen auch daran glauben.Dr. Darüber haben Sie wohl nie ernstlich nachgedacht, sonst hätten Sie garnicht geglaubt, was man Sie lehrte. Die Menschen, die Sie jetzt bedrängen,sind offensichtlich gerade die, die Sie haben retten wollen. Auch sie sindim Dunkeln und haben <strong>den</strong> Himmel nicht fin<strong>den</strong> können.Was sagt die Bibel? "Ihr seid der Tempel Gottes, und der Geist Gotteswohnt in Euch". "Gott ist <strong>Liebe</strong>, und wer in der <strong>Liebe</strong> bleibet, der bleibet inGott". — — Nach Ihren Predigten hätten Sie doch schon längst Gott fin<strong>den</strong>müssen. Das war aber nicht der Fall. Die Lehren Jesu enthalten wundervolleWahrheiten, aber sie wer<strong>den</strong> nicht richtig verstan<strong>den</strong>. Es ist ja aberviel leichter zu lehren, Jesus sei für unsere Sün<strong>den</strong> gestorben, und wir wür<strong>den</strong>dadurch erlöst; und alles ist dann in bester Ordnung.G. Wenn ich tot bin, dann sollte ich doch eigentlich Gott sehen können.Dr. Sie wer<strong>den</strong> Gott niemals "sehen". Gott ist kein Mensch auf einem Thron.Gott ist Geist und Gott ist Weisheit. Haben Sie jemals Musik gesehen?G. Aber gehört habe ich sie.Dr. Haben Sie Ihre Frau und Familie geliebt?G. Ja, gewißDr. Haben Sie diese <strong>Liebe</strong> jemals gesehen? Wenn Sie das <strong>Liebe</strong>sgesetz imhöheren Sinne verstehen, wer<strong>den</strong> Sie auch verstehen, daß Gott <strong>Liebe</strong> ist.Das war die eigentliche Lehre Jesu.G. Wir müssen aber lehren, wie ich es getan habe. Frau W., meinen Sie <strong>den</strong>n,ich hätte es nicht richtig gemacht?Dr. Sie ist doch aus Ihrer Kirche ausgeschie<strong>den</strong>.G. Sie zog fort.Dr. Es muß doch aber wo etwas Wahres daran sein, Sie sind ja selbst der besteBeweis dafür.G. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß jemand um solchen Humbugswillen die Kirche aufgeben könne.Dr. Sie sind ja selbst ein Beweis dafür, daß das kein Humbugs ist, <strong>den</strong>n Siesprechen jetzt durch ein Medium. Sehen Sie sich doch mal diese Hände an,gehören die Ihnen? Haben Sie einen Trauring gehabt?G. Das ist ja ein Frauenring.Dr. Sie stecken im Körper meiner Frau.— 372 —


G. Wie bin ich <strong>den</strong>n da hineingekommen?Dr. Sie sind ein unsichtbarer Geist. Sehen können wir Sie nicht, und Sie sprechendurch die körperlichen Organe meiner Frau. Da sehen Sie jetzt selbst,wie wenig Sie von <strong>den</strong> Gesetzen des Lebens, der liebe und des Jenseitswirklich wissen.G. Es kommt mir alles recht sonderbar vor. Es war eine Zeit — ich entsinnemich jetzt — allmählich kommt mir mein Gedächtnis wieder. Ich entsinnemich, ich bin verunglückt.Dr. Als der Zug Sie erfaßte, wurde Ihnen der Körper gewaltsam entrissen.G. Ich entsinne mich, daß ich nach Hause ging und dort blieb, aber meine Frauschien mich gar nicht zu bemerken.Dr. Ihre Frau hat gar nicht gewußt, daß Sie da waren; Sie waren für sie ja nichtsichtbar.G. Ich wollte mit ihr und <strong>den</strong> Kindern sprechen, aber sie beachteten mich garnicht, und so dachte ich <strong>den</strong>n, es hat ja doch keinen Zweck. Ich habe gebetetund immer wieder gebetet. Ich ging dann fort von meiner Frau undkonnte nicht wieder zurückfin<strong>den</strong>. Ich war getrennt von ihr, und alles warrecht sonderbar.Dann geriet ich in diese Menschenmenge, und die kam mir immer nach.Ich wollte dann wieder nach Haus, und als ich glücklich hingefun<strong>den</strong> hatte,sprach ich zu meiner Frau und <strong>den</strong> Kindern; aber es schien sich niemandetwas aus mir zu machen, <strong>den</strong>n sie wollten mir durchaus nicht antwortenund beachteten mich gar nicht.Ich wollte meine Frau anfassen, und da war es, als ob meine Hand mittendurch sie hindurch ginge. Ich sprach wieder mit ihr, bekam aber keine Antwort.So ging ich wieder fort und kam in die Menschenmenge, und da bliebich, bis ich in die Hölle kam.Wir waren unser so viele, daß wir zusammengepfercht waren wie Sardinen.Einer immer hinter dem anderen, und dann wurde ich nach vorn gedrängt.(Er drang in die medial veranlagte Kranke ein.) Ich sah ein kleines Lichtchen,und danach kam dann das Feuer und Donnerwetter.Dr. Sie waren in der magnetischen Aura dieser Dame (Frau A.), drängten sichan sie und bemächtigten sich schließlich auch ihres Körpers.G. Wie habe ich das tun können?Dr. Ich will Ihnen Ihre Frage auf echte Jankeeart mit einer Gegenfrage beantworten.— Wie haben Sie <strong>den</strong>n in diesen Körper hier hineinkommen können?Da sehen Sie, wie wenig Sie von Gottes Geheimnis wissen. Sie predigtennur Glaubensformeln, hatten aber selbst die Wahrheit nicht begriffen.G. Wenn man auf ein Seminar geht und dort lernt, was einen gelehrt wird,dann muß man das auch predigen, ob man will oder nicht.Dr. Sie haben sich gegen <strong>den</strong> heiligen Geist versündigt, <strong>den</strong>n Ihre bessere Einsichthat Ihnen doch gesagt, daß es nicht recht war. Jesus hat das nichtgelehrt, was Sie gepredigt haben.— 373 —


G. Ich war in meinem Pfarramt nicht sehr erfolgreich (diese Behauptungwurde uns später bestätigt), wie es vielen anderen auch geht; <strong>den</strong>n anscheinendwurde meine Zuhörerschaft immer kleiner, das machte mich dannmutlos, und ich dachte <strong>bei</strong> mir, es ist ja doch alles nutzlos.Niemand schien sich aus meinen Predigten etwas zu machen. Ich war sehrentmutigt und habe manchmal <strong>bei</strong> mir gedacht, ob ich nicht die ganzeGeschichte aufgeben solle.Dr. Warum haben Sie das nicht getan?G. Wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll, warum ich das nicht getan habe,dann muß ich schon sagen, weil ich Frau und Familie zu ernähren hatte.Aber ich war kein erfolgreicher Prediger.Ich wünschte, ich wäre erst gar nicht Pfarrer gewor<strong>den</strong>, sondern hätte einenmehr praktischen Beruf gewählt; dann wäre ich glücklicher gewesen. (Esist uns später zu Ohren gekommen, daß dieser Verstorbene während seinesEr<strong>den</strong>lebens sich einem Amtsbruder gegenüber in derselben Weise geäußerthat.) — — Ich habe für meine Frau nicht so sorgen können, wie ich esgern wollte, und sie ist eine so gute Frau. Mein Einkommen war gering undwenn man eine Familie zu ernähren hat und sein Einkommen mit seinemMundwerk verdienen muß, so ist das äußerst schwer, wenn man von seinenZuhörern keinerlei Ermutigung erfährt.Gar mancher fand an mir etwas auszusetzen. Wenn ich auf die Kanzelstieg, war mein Herz nicht <strong>bei</strong> der Sache, weil ich wußte, sie machten sichnichts aus mir. Ich war wirklich nicht glücklich. Ich habe oft gewünscht,ich hätte in meinen jungen Tagen nicht studiert, sondern lieber einen ehrlichen,praktischen Beruf ergriffen. Ich sehe die Dinge jetzt, wie ich sie niezuvor gesehen habe, ich war blind und sehe nun, daß ich mich in schweremIrrtum befun<strong>den</strong> habe. Ich hätte einen anderen Weg einschlagen sollen.Man fand allerorts etwas an mir auszusetzen, und der Bischof schicktemich armen Kerl von einem Ort zum anderen. Da<strong>bei</strong> ging manchmal einganzes Monatsgehalt drauf. Ich habe mir einige Male sogar Geld borgenmüssen, um überhaupt umziehen zu können.Schließlich hatte ich es satt, immer wieder zu ziehen. Kaum hatte ich aneinem Ort ein paar Freunde gewonnen, da mußten wir schon wieder fort,und ich wurde immer mutloser.Endlich bekam ich ein Haus und nahm mir vor, hier zu bleiben. Ich sagteihnen, wenn sie mich nicht haben wollten, oder für mich nichts zu tun hätten,dann würde ich auf Ar<strong>bei</strong>t gehen.Ich habe niemals genug zusammen bekommen können, um meine Familieor<strong>den</strong>tlich zu ernähren, weil ich so oft versetzt wor<strong>den</strong> bin. Der Bischofschickte mich von einem Ort zum andern. Das ist nicht die rechte Art zuleben. Ich möchte es meinem schlimmsten Feinde nicht wünschen, Pfarrerzu sein. Das ist eine or<strong>den</strong>tliche Zumutung für einen Menschen.Jetzt bin ich freilich in weit schlimmerer Lage, als ich je gewesen, weil ichblind bin.— 374 —


Dr. Bevor Sie uns hier verlassen, wer<strong>den</strong> wir Ihnen die Augen öffnen, und Siewer<strong>den</strong> freudigen Herzens Ihres Weges gehen.G. Zuerst sagen Sie mir doch bitte mal, ob es <strong>den</strong>n für meine Blindheit überhauptHeilung gibt?Dr. Wir wer<strong>den</strong> Ihnen die Augen schon öffnen. Die Bibel sagt: "Sie habenAugen und sehen nicht, und haben Ohren und hören nicht." Ihre Blindheitist ja nur eine geistige.G. Ich wünschte, ich hätte diese geistigen Augen schon offen.Dr. Die Schuld liegt nicht an <strong>den</strong> Lehren Jesu, daß Sie geistig blind sind. Eswar nicht richtig, so zu lehren, wie Sie es getan haben. Das ist die Ursacheihres gegenwärtigen Zustandes.Wenn Sie behaupten, Gott habe Jesum ausdrücklich als Erlöser gesandt, somuß man daraus schließen, daß dem lieben Gott ein Irrtum <strong>unter</strong>laufen sei,als er <strong>den</strong> Menschen schuf. Und das ist doch sicherlich nicht der Fall.G. Jesus war Gottes geliebter Sohn.Dr. Diese Auffassung ist falsch. Jesus hat gesagt "Ich und der Vater sind eins",und die Bibel berichtet uns: "Ihr seid alle Gottes Kinder". Sind wir unsnicht selbst fremd?G. Wir fallen in Sünde. Glauben Sie an <strong>den</strong> Teufel?Dr. Zuallererst, Gott ist keine Person. Er ist Gott, allweise, allmächtig und allgegenwärtig.Gott ist alles in allem. Wenn Gott alles in allem ist, wie dieBibel sagt, würde er dann, wie die Lehren der Christenheit ihm <strong>unter</strong>stellen,solchen groben Fehler begangen haben, daß der Mensch dazu verdammtist, in Sünde zu fallen, und nur durch die Entsendung eines Erlösersals einziges Rettungsmittel dieser Fehler wieder gut gemacht wer<strong>den</strong> kann?Die Kirche lehrt, einige Engel seien gefallen. Das heißt doch, daß sie aufeine niedere Stufe herabgesunken seien. Wie hat das überhaupt geschehenkönnen, wo sie doch aus Gottes eigenem Geiste hervorgegangen sind? Dieshöchste Wesen hat die Welt erschaffen und uns dahinein gesetzt — —besaß Gott nicht Vorbedacht und Voraussicht genug, um zu sehen, wasgeschehen würde?G. Wir sind in diese Welt hineingeboren und in Sünde gefallen.Dr. Hat Gott <strong>den</strong>n nicht gewußt, was geschehen würde?G. Ich vermute doch wohl.Dr. Ich zeige Ihnen hier, daß die orthodoxen Kirchenlehren nicht richtig sind.Vieles in der Bibel ist einfach eine Sammlung sinnbildlicher Erzählungen.Jesus sprach ja auch immer in Gleichnissen.Geistige Dinge können nur geistig beurteilt wer<strong>den</strong>. Als Jesus <strong>den</strong> Leutenklarmachen wollte, daß sie ihren Mitmenschen lieben sollen wie sichselbst, was tat er da?Er erzählte ihnen die Geschichte vom barmherzigen Samariter — — dieGeschichte eines Mannes, der von Jerusalem nach Jericho ging und <strong>unter</strong>die Räuber fiel, die ihn schlugen und halb tot liegen ließen.Ein Priester kam desselben Wegs, und als er <strong>den</strong> Mann da liegen sah, ginger auf der anderen Seite der Straße vorüber. Dann kam ein Levit und zog— 375 —


ebenfalls an ihm vorüber. Aber dann kam ein Samariter, und als der ihnsah, hatte er Mitleid mit ihm, verband ihm seine Wun<strong>den</strong>, brachte ihn ineine Herberge und pflegte sein. Und als er weiter reisen mußte, gab er demWirte Geld, damit er <strong>den</strong> Mann weiter pflege.Dann fragte Jesus <strong>den</strong> Schriftgelehrten "Wer war nun sein Nächster?" undder Schriftgelehrte antwortete: "Der die Barmherzigkeit an ihm tat".G. Aber das ist doch ein tatsächliches Geschehnis.Dr. Nein, es ist nur ein Gleichnis.G. Woher wissen Sie das?Dr. Die Bibel selbst sagt es uns. Jesus erzählte diese Geschichte einfach alsGleichnis, — zu welchem Zweck? — nun, um das Grundsätzliche seinerLehre anschaulich zu machen. Ihre Lehrsätze haben Sie geistig vollständigblind gemacht!G. Dann glauben Sie also nicht, daß dies wirklich geschehen ist?Dr. Nein, Jesus sprach in Gleichnissen.G. Das habe ich nicht so gelernt. Wenn wir das <strong>bei</strong> unserem Studium nicht sogelernt haben, wo sollte ich da ein besseres Wissen herhaben, als ich esbesaß? Und wie ich gelehrt habe, so tun es die Prediger doch ständig. IhreArt der Darstellung ist mir ganz neu.Dr. Das ist aber die wahre Lehre Jesu.G. Glauben Sie <strong>den</strong>n daran, daß er für unsre Sün<strong>den</strong> gestorben ist?Dr. Nein, ist <strong>den</strong>n Jesus etwa gestorben, um Gott gefällig zu sein?G. Nein, er starb, um uns von unseren Sün<strong>den</strong> zu erlösen.Dr. Wollen Sie damit sagen, Gott habe sich einen Sohn besonders dazuerschaffen, damit die Menschen ihn töten und durch seinen Tod erlöst wer<strong>den</strong>können?G. Wir dürfen uns nicht gegen Gott auflehnen.Dr. Ich lehne mich doch nur gegen die Irrlehre auf.G. Glauben Sie das, Frau W.?Frau H.W.: Ja, jetzt glaube ich daran.Dr. Jesus hat gesagt: "Es sei <strong>den</strong>n, daß Ihr werdet wie die Kindlein, sonst werdetIhr nicht ins Himmelreich kommen." Was tun Kinder? Sie stellen Fragen.Sie wollen alles wissen. — Haben Sie je nach Erkenntnis gestrebt?Nein Sie haben nur mühselig Glaubenslehren zu verbreiten gesucht —Haben Sie jemals über Blumen nachgedacht?G. Die gehören doch nur zur Natur. Die Natur dürfen wir aber nicht anbeten.Dr. Gott hat die Natur erschaffen. Und nicht die erschaffene Natur sollen wiranbeten, sondern Gott, <strong>den</strong> Schöpfer. Aber doch ist Gott auch in der Naturund redet zu uns durch die Natur. Die richtigen Bibelübersetzungen berichtenuns, daß Jesus gesagt hat: "Gott ist Geist." Er hat nicht gesagt, "Gott istein Geist" sondern "Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen Ihn imGeist und in der Wahrheit anbeten!"G. In dieser Weise sind mir diese Dinge bisher noch nie erklärt wor<strong>den</strong>.Dr. Wir möchten Ihnen Ihre geistigen Augen öffnen, damit Sie sehen können."Gott ist <strong>Liebe</strong>, und wer in der <strong>Liebe</strong> bleibet, der bleibet in Gott." — Wo— 376 —


wollen Sie Gott fin<strong>den</strong>, außer in sich selber? Was ist <strong>Liebe</strong>? Wie sieht<strong>Liebe</strong> aus?G. Ich kann nicht beschreiben, wie sie aussieht. Man fühlt sie nur.Dr. "Die <strong>Liebe</strong> aber ist des Gesetzes Erfüllung." — "Du sollst Deinen Nächstenlieben wie Dich selbst."G. Sind Sie ein Geistlicher?Dr. Nein, nicht in Ihrem Sinne. Ich verehre Gott, aber kein Dogma. Es ist mirklar, daß das All sich nicht selbst erschaffen hat. Gott ist Geist, Kraft unddie Seele des gesamten Weltalls. Er ist eben ein wirkliches Etwas, in demalle Himmelskörper sich bewegen.Wenn wir Gott verstehen wollen, so müssen wir zunächst erstmal uns selberverstehen lernen. Wir müssen zu begreifen suchen, wozu wir lebendeWesen sind. Was hat der Geist für eine Gestalt, wie weit reicht er, wie großoder wie klein ist er?G. Sie sagen, ich sei ein Geist und spräche durch <strong>den</strong> Körper dieser Dame.Wie ist das möglich? Sie behaupten auch, ich hätte die andere Dame belästigt.(Frau A.)Dr. Es ist ein psychologisches Gesetz, wonach Geister von sterblichen MenschenBesitz nehmen können. Wird dieses Gesetz sorgfältig befolgt, dannhaben wir einen Geisterverkehr idealster Art. Wird aber dagegen verstoßen,so führt das zu Besessenheit.Frau A. ist medial veranlagt, und Sie und andere Geister sind in ihremagnetische Aura geraten und haben dadurch störend in ihr Leben eingegriffen.Da ist sie nun nach Kalifornien gekommen, sich helfen zu lassen.Jetzt ist sie hier in Kalifornien und Sie auch.G. In Kalifornien? Wie bin ich <strong>den</strong>n hierhergekommen?Dr. Durch ein anderes wunderbares Gesetz. Sie sind ihr ganz einfach gefolgt.Daß Menschen von Geistern besessen wer<strong>den</strong> können, ist eine Tatsache,die zu allen Zeiten bekannt gewesen ist.G. Sie meinen damit doch nicht, daß ich die Dame belästigt habe?Dr. Gewiß, und Sie waren auf dem besten Wege mitzuhelfen, ihr das leben völligzu vergällen!G. Wie bin ich <strong>den</strong>n zu ihr gekommen?Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n hierhergekommen? Wie kommt es, daß Sie im Körpermeiner Frau stecken?G. Ich kann mir gar nicht <strong>den</strong>ken, daß ich jemals ein Unheil angerichtet habe.Dr. Wir haben der Dame eine elektrische Behandlung geben müssen, um Sie ausihrer Aura zu vertreiben. Sie sind aber nicht der Einzige, <strong>den</strong> wir aus ihrherausgeholt haben. Wenn mehrere Geister sich durch einen menschlichenKörper zu äußern versuchen, so verursacht das eine Verwirrung. Unkundigewür<strong>den</strong> vielleicht sagen, meine Frau sei augenblicklich geistesgestört,<strong>den</strong>n durch ihren Mund sprechen jetzt Sie und behaupten, Sie seien einMann und ein Pfarrer. Ein anderer geheimnisvoller Umstand ist die Tatsache,daß meine Frau gänzlich bewußtlos ist.G. Wie bin ich <strong>den</strong>n zu diesem Körper gekommen!— 377 —


Dr. Geistige Helfer haben Sie hierher gebracht und Ihnen erlaubt, in <strong>den</strong> Körpermeiner Frau einzutreten, <strong>den</strong>n sie ist ein Medium.G. Ich habe nie die Absicht gehabt, irgend jemandem einen Scha<strong>den</strong> zuzufügen.Ich bin nur mit der Menge mitgegangen, und da hat man mich hierhineingestoßen. Ich kannte von diesen Leuten keinen richtig. Ich war blindund konnte nicht sehen, und deshalb hielt ich mich zu ihnen.Dr. Wissen Sie, warum Sie blind waren? Ihre körperlichen Augen hatten Sieverloren, waren sich dieser Tatsache aber nicht bewußt gewor<strong>den</strong>. Siebefan<strong>den</strong> sich in der geistigen Welt, wußten aber nichts von <strong>den</strong> geistigenGesetzen. Sie waren, wie die Bibel sagt, "in der Finsternis".G. Ist mit der "äußersten Finsternis" unsere Unwissenheit gemeint?Dr. Ja, als Sie Ihren irdischen Körper verloren, verloren Sie auch ihre körperlichenAugen, wußten das aber nicht; und da Sie für das höhere Leben keinVerständnis hatten, war auch Ihr geistiges Wahrnehmungs-vermögen verschlossen.G. Ich habe aber doch einen Körper gehabt und hatte auch Augen.Dr. Sie haben einen geistigen Körper, waren aber geistig blind. Erinnern Siesich, daß Paulus von einem natürlichen Leib und einem geistlichen Leibgesprochen hat? "Hat man einen natürlichen Leib, so hat man auch einengeistlichen Leib."G. Wollen Sie sagen, ich sei auch als Seelsorger schon geistig blind gewesen?Dr. Ja. Wenn Ihre geistigen Augen erst geöffnet sind, dann wer<strong>den</strong> Sie aucherkennen, was Jesus gemeint hat mit <strong>den</strong> Worten: "Ich und mein Vater sindeins." Jesus hat gesagt: "Ihr sollt vollkommen sein, gleichwie Euer Vaterim Himmel vollkommen ist." In der Bibel heißt es: "Füget Eurem GlaubenWissen hinzu", und weiter hat Jesus gesagt: "— und werdet die Wahrheitkennen, und die Wahrheit wird Euch frei machen. Die Bibel sagt ferner:"Selig ist der und heilig, der teilhat an der ersten Auferstehung" — dasheißt, wer schon im irdischen Leib zu geistiger Erkenntnis gelangt — "übersolche hat der andere Tod keine Macht" — und das bedeutet, wenn an dieStelle der Unwissenheit geistige Erkenntnis tritt, dann ist damit auch geistigeErleuchtung gewonnen.G. Wollen Sie damit sagen, daß ich die Wahrheit nicht richtig begriffen gehabthätte?Dr. Sie hatten Glauben, aber keine Erkenntnis. Sie hatten nur <strong>den</strong> starren Wortglauben!G. Dann sind Sie also der Meinung, daß alle meine Anhänger und Kirchenbesucher,die zu meinen Predigten kamen, geistig blind sind?Dr. Viele von ihnen mögen es sein, wenn sie Ihren Lehren gefolgt sind. WennSie sich mal genauer umsehen, wer<strong>den</strong> Sie wahrscheinlich einige hiersehen.G. Wir haben eine große Zuhörerschaft, und alle hören aufmerksam zu. (Zueiner derartigen Sitzung wer<strong>den</strong> viele erdgebun<strong>den</strong>e Geister zusammengebracht,um aus dem, was der im Medium steckende Geist erlebt und lernt,für sich selber Nutzen zu ziehen.)— 378 —


Dr. Es ist unsere eigene geistige Trägheit die uns zurückhält. Wir sollten nur<strong>den</strong> wunderbaren Verstand, <strong>den</strong> Gott uns gegeben, fleißig gebrauchen. Wirhaben da das ganze All voller Wunder zu erforschen und sollten versuchen,seine Geheimnisse zu ergrün<strong>den</strong>. Haben Sie sich jemals Gedanken darübergemacht, wie wohl Früchte wachsen? Man legt ein Samenkorn in die Erde,es löst sich auf, und ein Baum wächst daraus hervor.G. Das gehört zur Natur.Dr. Die Natur ist Gottes Leib. Gott ist Alles in Allem. Das haben Sie dochselbst in der Kirche gepredigt.G. Ich habe das wohl oft gesagt, habe es aber nicht so aufgefaßt wie Sie.Dr. Wenn Gott Alles in Allem ist, muß dann nicht auch die Schöpfung ein TeilGottes sein?G. Das habe ich mir noch nie in diesem Lichte betrachtet. Es befremdet mich,daß ich mich selber in der Finsternis befinde, wo ich doch <strong>den</strong> Leuten dieWahrheit gepredigt habe. Sagen Sie, sind Sie Pfarrer?Dr. Nein das bin ich nicht, aber ich bemühe mich, Gottes Wunder, sowie Sinnund Zweck des Lebens zu verstehen.G. Sie haben die Bibel recht genau studiert und kennen sie anscheinend weitbesser als ich.Dr. Ich betrachte die biblischen Lehren von einem anderen Gesichtspunkte ausals Sie.G. Sie können ja anscheinend die ganze Bibel auswendig. Ich hätte zu gern,daß Sie mir das mal aufschrieben, was Sie mir eben gesagt haben, damit iches <strong>den</strong> Leuten so wiedergeben kann, wie Sie es mir erklärt haben. Ich wäresehr froh darüber.Dr. Jetzt wer<strong>den</strong> sich auch Ihre geistigen Augen auftun, und Sie wer<strong>den</strong> anderesehen, die Sie dasselbe lehren können. Höhere Geister wer<strong>den</strong> Sie anleiten,auf vernunftgemäßem Wege in der geistigen Welt vorwärts zu kommen,und Sie wer<strong>den</strong> dort noch viel mehr lernen, als ich Ihnen sagen kann. Siewer<strong>den</strong> nicht länger in Finsternis bleiben. Wenn Sie sich umschauen, sehenSie vielleicht einige Bekannte, die Ihnen vorangegangen sind.G. Dürfen wir sie zurückrufen?Dr. Zurückrufen — von woher?G. Vom Himmel.Dr. Jesus hat gesagt: "Das Reich Gottes ist inwendig in Euch", und in der Bibelfin<strong>den</strong> Sie die Worte: "Wisset Ihr nicht, daß Ihr Tempel Gottes seid unddaß der Geist Gottes in Euch wohnt?"G. Meinen Sie nicht, daß wir alle in <strong>den</strong> Himmel kommen sollen?Dr. Der "Himmel" ist kein Ort.G. Wir müssen doch aber irgendeinen Platz haben, wo wir bleiben.Dr. Der "Himmel" ist ein innerer Bewußtseinszustand. Wenn man glücklich ist,ist das nicht der "Himmel"? Je mehr Glückseligkeit Sie um sich her verbreiten,desto mehr "Himmel" haben Sie selber. Glückseligkeit bedeutet<strong>den</strong> Himmel!G. Aber wir müssen doch irgendeinen Aufenthaltsort haben.— 379 —


Dr. Sie befin<strong>den</strong> sich in der Geisterwelt. Das habe ich Ihnen ja schon gesagt.Und der "Himmel" oder die Seligkeit können Sie nur erlangen, indem Siesich geistig höher entwickeln.G. Wo ist dieser Ort, — die Geisterwelt?Dr. Sie umgibt die irdische Welt. All das wer<strong>den</strong> Sie noch lernen. Jesus hatgesagt: "Suchet, so werde Ihr fin<strong>den</strong>; klopfet an, so wird Euch aufgetan!"G. Es sind so viele Leute hier. (Geister.) Manche sind sehr glücklich undzufrie<strong>den</strong> und wollen mich anscheinend einla<strong>den</strong>, mit ihnen zu kommen indie Heimat der Erkenntnis, des wahren Lebens, der Glückseligkeit, — indie Geisterwelt. — Was ist die Geisterwelt?Dr. Das ist die Welt derjenigen Geister, welche die höheren Naturgesetzebereits kennen.G. Ehe ich mit ihnen gehe, möchte ich meiner Frau so gern eine Nachrichtzukommen lassen. Würde jemand sie ihr übermitteln?Fr.H.W. Das will ich sehr gern tun.G. Sagen Sie meiner Frau, ich hätte das Leben viel ernster gefun<strong>den</strong>, als ich esmir gedacht hatte, und wir sollten alle darnach trachten, mehr von GottesWundern kennen zu lernen, und nicht nur blind glauben.(Dem Verstorbenen öffnete sich der klare Einblick in die geistige Welt,<strong>unter</strong> einer Flut von Erkenntnis wendet er das Gesicht nach oben undstreckt die Arme aus.)Ich möchte meiner Frau mitteilen, daß ich hier über die Wunder der jenseitigenWelt mehr gelernt habe, als ich je zuvor gewußt habe. Die geistigenAugen sind mir aufgegangen, und ich wünsche sehnlichst, auch sie könnteeinen solchen Beweis dafür bekommen, wie er sich mir offenbart hat.Ich bin also schon so lange tot, wie Sie erklärt haben. Ich bin im Finsterngewesen; es war aber, wie dieser Herr mir sagte, eine geistige Finsternis.Jetzt habe ich meine Augen offen und kann nun sehen.Eine herrliche Welt liegt vor mir. Ich möchte meiner Frau diese Dinge gernzum Verständnis bringen, damit sie nicht erst in die Finsternis zu geratenbraucht wie ich. Sagen Sie ihr bitte, sie dürfe sich nicht allein damit begnügen,blindlings zu glauben, sie solle nachforschen und sich vergewissern,was das jenseitige Leben eigentlich ist.Ich wollte, ich könnte <strong>den</strong> Menschen das herrliche, jenseitige Land rechtanschaulich schildern, wie ich es vor mir liegen sehe. Dort gibt es wunderbareLandschaften und Häuser aller Art. Meine Augen sind offen, und jetztsehe ich. Hier ist ein wunderschönes Heim und dort ein anderes.Ein Mann steht hier und erklärt mir, daß die Häuser in der geistigen Weltnicht für Geld zu kaufen seien, sondern durch hier auf Er<strong>den</strong> vollbrachtegute Taten erworben wer<strong>den</strong>.Dieser Mann, dieser Lehrer sagt: "Seid selbstlos und habt <strong>Liebe</strong> für andere,dann bekommt Ihr auch ein wunderschönes Heim in der Geister weit. Wernur für sich selbst lebt, bekommt nur eine kleine Hütte, <strong>den</strong>n er hat janichts getan, seinen Mitmenschen zu helfen. Leiht anderen Eure Hilfe unddient <strong>den</strong>en, die Hilfe brauchen. Das sind auch Jesu Lehren.— 380 —


Ich sehe ringsum wunderhübsche Häuser, aber wo ist das meinige? Ichhabe keines. Ich habe es bisher noch nicht gesehen.Dr. Wenn Sie andern helfen und ihnen dienen, wer<strong>den</strong> Sie bald eins bekommen.G. Ich möchte meine Frau wissen lassen, daß wir auf Er<strong>den</strong> danach leben müssen,um <strong>bei</strong>m Eintritt in die schöne, geistige Welt dort ein Haus vorzufin<strong>den</strong>.Wir sollen so handeln, wie unsere bessere innere Natur es uns eingibt.Dr. Jetzt halten Sie aber eine vorzügliche Predigt.G. Ich bin das gar nicht, der das predigt. Dieser Mann (Geist) spricht mir dasvor. Er steht hier rechts neben mir. Er sagt: Die Bibel lehrt: "Es ist leichter,daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein reicher Mann in dasReich Gottes komme." Er sagt, ich will Ihnen zeigen, wie so ein Haus aussieht,das ein Mann bekomme, der seine Seele für schnö<strong>den</strong> Mammon verkauftund anderen nicht hilft.Das ist ein Heim eines Millionärs, welcher Geld von armen Leuten nahmund alles an sich raffte, was er nur konnte. In der geistigen Welt ist seineBehausung bloß eine Hütte in der Erde, <strong>den</strong>n in eins von diesen schönenHäusern darf er nicht hinein. Diese sind durch gute Taten entstan<strong>den</strong>, diefür andere verrichtet wur<strong>den</strong>, nicht aber für das eigene Selbst. Dieser Mannwird ar<strong>bei</strong>ten müssen, um durch Dienen ein Verständnis für das höhereLeben zu bekommen. Es gibt hier Häuser aller Art, sogar Schlösser. Undder Lehrer hier sagt, daß diese wunderschönen Schlösser vielfach Geisterngehören, die auf Er<strong>den</strong> arme alte Witwen und ganz verachtete Menschengewesen sind, aber für andere und nicht für sich selbst gelebt haben. IhreTaten waren Werke der Nächstenliebe und nicht der Eigensucht. Sie habenviele Opfer gebracht. Es gibt dort viele Wohnungen, von Schlössern angefangenzu immer kleineren und einfacheren, bis hin<strong>unter</strong> zu solchen, dieaus Schmutz aufgeführt und vielfach von Schlangen umlauert sind, einwahrhaft elender Zustand, durch welchen selbstsüchtige Geister hindurchmüssen! — Jetzt zeigt er auf ein Haus und sagt: !Das ist das Ihre — daskleine, winzige Häuschen dort. Sie meinten es ehrlich mit Ihrem Predigen,so haben Sie ein Heim, wenn auch nur ein kleines. — Viele haben überhauptkeins. — Sie haben nicht nach der Wahrheit gesucht; Sie nahmen dieDinge hin, wie Sie Ihnen dargeboten wur<strong>den</strong>.Jetzt wer<strong>den</strong> Sie für andere ar<strong>bei</strong>ten müssen und sich dadurch ein Heim fürIhre Frau und Ihre Kinder schaffen; Sie müssen jetzt ar<strong>bei</strong>ten und ihnen zuhelfen suchen, von <strong>den</strong> Herrlichkeiten des jenseitigen Lebens einen klarenBegriff zu bekommen.Ist es nicht viel schöner, die geistige Welt im wahren Sinne des Lebens zubetrachten, als ein Evangelium der ewigen Verdammnis zu predigen?Warum öffnen wir <strong>den</strong>n nicht unsere geistigen Augen und suchen Gott sozu verstehen, wie Er in Wirklichkeit ist, anstatt Ihn als ein Ungeheuer vonGrausamkeit auszumalen. Er sagt: Christen mor<strong>den</strong> ihre Mitmenschen hin.Der Krieg ist einfach aus Selbstsucht erwachsen. Bald wer<strong>den</strong> die Kirchen— 381 —


zerfallen und eine neue Religion erstehen, die wahre Erkenntnis bringenwird; allen Menschen auf Er<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> die Augen aufgehen, und sie wer<strong>den</strong>Gottes wunderbare Offenbarungen in ihrer Tatsächlichkeit und Wahrheiterkennen."Ist das nicht wunderbar? Wie gern möchte ich zurückkehren und <strong>den</strong> Menschendie Wahrheit verkündigen, so wie ich sie jetzt sehe. Ich würde meinenLeuten sagen, daß ich sie nicht richtig belehrt hätte und ihnen somitnicht habe helfen können. Jetzt aber könnte ich ihnen die Wahrheit über dasjenseitige Leben predigen und ihnen damit auch helfen.Ich brauchte ihnen nicht zu erzählen, daß sie in die Hölle kämen, wenn siehier nicht rechtschaffen gelebt hätten. Denn "Hölle" ist nur Unwissenheitund Selbstsucht.Wenn ich diese Wahrheit nur meinen Anhängern bringen könnte! Wiegerne möchte ich zurückkehren und ihnen predigen, was ich jetzt weiß.Ich wollte mir alle Mühe geben, ihnen zu geistiger Erkenntnis zu verhelfenund nicht Verdammnis predigen, wie ich es oft getan. Ich würde ihnen zuhelfen suchen, ihre Augen aufzubekommen und verstehen zu lernen, wasLeben in Wirklichkeit bedeutet. Ich wünschte, sie könnten das wunderschöneLand und die Heimstätten sehen, die ich soeben zu sehen bekam.Ich werde ar<strong>bei</strong>ten, hart ar<strong>bei</strong>ten, um für meine Frau und meine Kinder eineHeimstätte zu schaffen. Das Heim, nach dem ich solch ein großes Verlangenhabe, gehört mir noch nicht, ich habe aber doch schon einen kleinenAnfang gemacht. Ich werde ar<strong>bei</strong>ten, um meiner Frau und meinen Kindernein Heim bieten zu können, wie ich es mir schon immer für sie gewünschthabe. Was ist das? (In großer Erregung.) Dieser Mann sagt, was ich jetzt zusehen bekäme, das sei die niedrigere Sphäre, wo unwissende Geister in derFinsternis umherirren. Hier ist eine andere Szene, die eine Frucht meinerAr<strong>bei</strong>t ist. Wie krank diese Geister sind und wie verunstaltet! Sie sind blindund zanken sich.Dr. Man zeigt Ihnen die niedere Erdsphäre.G. Man zeigt mir <strong>den</strong> Erfolg der starr-rechtgläubigen Lehren. Sehen Sie dochnur mal diese Trunkenbolde und Mörder!Dr. Diese Szenen zeigt man Ihnen jetzt, damit Sie, wenn Sie nun diesen Körperwieder verlassen und selbst vorankommen, auch anderen besser helfenkönnen.G. Er sagt, das sei ein Zustand, <strong>den</strong> falsche Lehren und menschliche Eigensuchthervorbringen. — Diese Geister sehen aus wie Schlangen. Sehen Sienur mal diese Fingern! Das ist ja schrecklich! Manche rutschen auf <strong>den</strong>Knien, andere gehen auf allen Vieren. — Das — und das — und das — istalles mein Werk! Oh Gott! Das kommt von <strong>den</strong> falschen Lehren. Das ist jafurchtbar — Jetzt zeigt mir der Mann eine Irrenanstalt. Da sind lauter verrückteGeister um all die Kranken, Oh, das ist die Hölle — die reinsteHölle! Sie heulen und schreien. Was für ein Anblick, was für ein furchtbarerAnblick! Man zeigt mir die Dinge, wie sie wirklich sind. Hier ist einmenschliches Wesen, an dem drei, vier Geister herumkriechen.— 382 —


Jetzt zeigt er mir einen anderen Ort — es ist diese Anstalt hier. (Halle unseresInstituts.) Hier in diesem Raum steht ein geistiges Haus — eine "innereHalle" mit vielen Geistern darin. — Jetzt sagt er mir: "Diese Geister bringenwir von besessenen Menschen hierher in diese Halle und verwahren siehier, bis wir sie bekehren können. Oft müssen wir sie durch dies Mediumsprechen lassen, um sie zur Vernunft zu bringen. Und indem einer auf diesemWege zur Einsicht gebracht wird, öffnet sich gleichzeitig auch fürviele andere die Tür zu besserem Verständnis. Einer oder zwei dürfen <strong>den</strong>Körper des Mediums benutzen, und die anderen sehen und hören mit an,wie sie belehrt wer<strong>den</strong>; und da<strong>bei</strong> begreifen dann auch diese, daß sie mit<strong>den</strong> freundlichen, geistigen Helfern in die jenseitige Welt mitgehen müssen.— Verkündigen wir nur das wahre Evangelium, dann wird es keineerdgebun<strong>den</strong>en Geister in solchen Zustän<strong>den</strong> mehr geben, die nur die Folgevon Unwissenheit und Eigensucht sind."Wenn ich doch noch einmal zurückkehren könnte, um diese große Wahrheitzu verkündigen, die ich nun gefun<strong>den</strong> habe!Dr. Nun ist Ihnen der Weg gezeigt wor<strong>den</strong>, und Sie müssen jetzt mit <strong>den</strong> führen<strong>den</strong>Geistern mitgehen; die wer<strong>den</strong> Ihnen auch weiterhin helfen.G. Darf ich mit diesem Manne mitgehen?Dr. Ja, der wird Sie noch viele große Wahrheiten lehren.G. Er sagt, nur die falschen Lehren der Geistlichen bringen die Menschen insolche höllischen Zustände. Er sagt, ich müsse nun gehen; aber bevor ichgehe, möchte ich Ihnen allen danken, daß Sie mir zu einem Heim in dergeistigen Welt verholfen haben. (Zu Herrn A. gewendet.) Er möchte auch,daß ich Sie um Verzeihung bitte. Es war nicht meine Absicht, Ihrer Frau zuscha<strong>den</strong>; es war lediglich Unwissenheit meinerseits.(Zu Frau A.) Ich möchte auch Sie bitten, mir zu verzeihen. Ich will Ihnenhelfen, soviel ich nur kann, doch nicht, bevor ich Bescheid weiß, wie ich eszu machen habe. Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, umIhnen aus Ihrem gegenwärtigen Zustande herauszuhelfen. Jetzt sehe ichdie, die Sie bedrängen. Wehren Sie sich nur, wir wer<strong>den</strong> Ihnen zum Siegehelfen. Ich möchte auch Ihnen, Frau W., dafür danken, daß Sie mir geholfenhaben. Dieser Mann meint, Sie hätten mich zur Einsicht gebracht.Der liebe Gott segne Sie und auch meine liebe Frau. Bitte überbringen Sieihr diese Botschaft.— — —Drei <strong>Jahre</strong> nach dieser Sitzung, als Frau H.W. wieder einmal in unserem Zirkelwar, kam auch der Geist des Pastors wieder und sprach zu uns durch dasMedium.— — —— 383 —


Sitzung vom 14. März 1923Geist: J.O. NelsonIch komme heute Abend, um Ihnen allen für die Hilfe zu danken, die mir in diesemkleinen Zirkel zuteil gewor<strong>den</strong> ist. Sie haben mir die Wahrheit erschlossenund mir zum Bewußtsein gebracht, daß ich in meiner Unwissenheit einen Menschenbesessen gemacht hatte. Ach, wenn doch alle Menschen richtig Bescheidwüßten über die Gesetze, nach <strong>den</strong>en schon in diesem Er<strong>den</strong>leben die Entwicklungund der Zustand der Menschenseele sich gestalten. Ich war kein böserGeist, aber ich war in dieser Hinsicht völlig unwissend.Ich hätte wirklich besser aufgeklärt sein sollen, <strong>den</strong>n ich hatte ja <strong>den</strong> Leuten zupredigen, und wollte ihnen zum Verstehen des wahren Lebens verhelfen; dochach, wie wenige Geistliche, die heute auf der Kanzel stehen, geben die Wahrheitvon sich? Sie wissen wohl alle, daß es ein Leben nach dem Tode gibt, hängenaber an dem alten, orthodoxen Glauben. Einige sind wohl bereit, die Wahrheitzu erfassen, viele aber auch nicht.Ich danke Ihnen dafür, daß Sie mir geholfen haben. Ich fühlte mich buchstäblichin der Hölle wegen dieser elektrischen Funken, <strong>den</strong>n ich dachte, der Teufel wärein eigener Person hinter mir her; es wurde mir dadurch zum Bewußtseingebracht, was ich zu meinen irdischen Lebzeiten hätte tun sollen, und vor allem,daß ich andere nicht besessen machen durfte.(Zu Frau M.W.) Ich möchte auch Ihnen, Frau W., für Ihre Hilfe danken, und Sieum Verzeihung bitten, daß ich Ihre Tochter besessen gemacht habe. Ich versichereSie aber, daß ich es unwissentlich getan habe. Ich wußte nichts von <strong>den</strong>walten<strong>den</strong> geistigen Gesetzen.Ich wußte selbst nicht Bescheid. Da<strong>bei</strong> meinte ich, meine Leute über das wahreLeben zu belehren, war aber weit davon entfernt. Ich predigte, Christus sei fürunsere Sün<strong>den</strong> gestorben, wir müßten an ihn glauben, der Glaube würde uns freimachen.Das ist aber alles nicht so. Zum Glauben müssen wir unbedingt Erkenntnis hinzugewinnen,und diese erst wird uns freimachen, wie die heilige Schrift auchsagt. Das habe ich aber nicht gepredigt. Ich lehrte vielmehr: zum Glauben fügtdas "Für-Wahr-halten" hinzu, und dann werdet Ihr selig.Wie bitter wenig tun die Priester dazu, die Menschen geistig zu fördern oderihnen ein richtiges Verständnis von Gott <strong>bei</strong>zubringen! Wir raten ihnen immernur zu glauben, zu glauben! Es liegt uns gar nicht daran, daß die Menschensoviel wissen, <strong>den</strong>n sie fangen dann bloß an, Fragen zu stellen, — Fragen, diewir nicht beantworten können, und so predigten wir ihnen, sie sollten nur glaubenund Geduld üben, dann wür<strong>den</strong> sie erlöst.Warum lehren wir sie nicht die rechte Wahrheit und bringen ihnen im wahrenSinne Verständnis für Gott und das Leben <strong>bei</strong>?— 384 —


Die Zeit aber wird kommen, wo die Pfarrer <strong>den</strong> Leuten nicht mehr die altenGlaubenssätze vorpredigen können. Sie wer<strong>den</strong> sich in ihren Anschauungengehörig ändern müssen, wenn sie nicht vor leeren Kirchen predigen wollen.Ich weiß sehr wohl, daß ich kein guter Prediger war — ich meine, ich war nichtbeliebt. Ich konnte meine Zuhörer nie fesseln, weil ich nie richtig mit Herz undSeele <strong>bei</strong> der Sache war.Wohl hatte ich das Gefühl, daß wir glauben müßten; doch zu Zeiten kam einestarke Kraft über mich, ich verschloß mich diesem Empfin<strong>den</strong> aber immer wieder.Jetzt bedauere ich es sehr, daß ich mir nicht mehr Mühe gegeben habe, darübernachzuforschen.Als ich meinen Körper verlassen mußte, geschah dies so schnell, daß mir derjähe Wechsel gar nicht zum Bewußtsein kam. — Wissen Sie, Frau W., wirwaren eine ganze Gesellschaft und beeilten uns, nach Hause zu kommen. Ichging über die Geleise auf unseren Zug zu, und ein anderer Zug, <strong>den</strong> ich nichtkommen sah, überfuhr mich. Ich merkte nicht einmal, daß ich verletzt war. Alsdie anderen nach Hause gingen, schloß ich mich ihnen an. Ich ging nach Hause,merkte aber gar nicht, daß etwas Außergewöhnliches geschehen war. Ich wurdeaus <strong>den</strong> Dingen nicht klug. Ich ging von einem zum andern, doch niemandbeachtete mich. Es war ganz seltsam. Ich wußte gar nicht, was ich tun sollte. Wosollte ich hin, wohin konnte ich mich wen<strong>den</strong>? Ich ging in meine Kirche undblieb dort, ich begriff aber noch immer nicht, daß ich gestorben war.Eines Tages kamen Sie, Frau W., in die Kirche. Sie dachten an mich, und ichnahm das als einen Lichtschein wahr, da ich mich im Dunkeln befand. Ich fühltemich nicht krank, doch merkte ich, daß mit mir nicht alles so war wie sonst; unddeshalb ging ich Ihnen nach, um zu sehen, ob ich nicht eine Erklärung dafür fin<strong>den</strong>könnte.Als wir <strong>bei</strong> Ihnen zu Hause ankamen, war mir plötzlich so, als würde ich ineinen Raum eingeschlossen, und ich fühlte mich sehr beengt. (Hatte Besitzgenommen von Frau A., der Tochter von Frau W.)Nach einer Weile schlief ich ein. Ich schlief gewissermaßen, und <strong>den</strong>noch hatteich ein Gefühl von Schwäche, solch ein eigenartiges Empfin<strong>den</strong>. Es waren nocheinige Andere <strong>bei</strong> mir, doch kann ich meinen Zustand gar nicht recht beschreiben.Ich kann nur sagen, es kam mir vor, als ob der Raum, in dem wir uns befan<strong>den</strong>,viel zu klein sei. Wir waren eingeschachtelt wie Sardinen. Ich konnte kaumatmen. Danach schlief ich wieder ein und habe wohl lange geschlafen, <strong>den</strong>n vonda ab weiß ich nichts mehr, bis ich das Feuer über <strong>den</strong> ganzen Körper bekam.(Elektrische Behandlung der Patientin.) Es war mir, als wäre ich über und überim Feuer, und ich konnte mir nicht erklären, was das war. Rund um mich her sahich nichts als nur dieses Feuer. — Wie das donnerte!Zuerst dachte ich, ich sei wirklich tot und säße in der Hölle, weil ich es mir nichtanders erklären konnte. Ich dachte da<strong>bei</strong>: "Ich, ein Geistlicher, habe mich— 385 —


emüht, die Leute vor der Hölle zu bewahren, und nun bin ich richtig selberdrin!" Da wurde ich erst richtig wach, und es gab noch mehr Feuer; doch dann,ehe ich mich dessen versah, war ich wieder am Leben und konnte re<strong>den</strong>, was ichzuvor nicht konnte. (Eintritt in Frau Wicklands Körper.)Obgleich ich nicht wußte, daß ich gestorben war, hatte ich doch immer dasGefühl, daß ich wieder zum Leben kommen müsse. Nun kam ich dahinter, daßich in diesen kleinen Zirkel gebracht wor<strong>den</strong> war, damit mir geholfen würde;und ich möchte ihnen allen dafür danken, daß Sie mich aufgeweckt haben. Eshat mir aus der "Hölle" herausgeholfen, hinaus zum "Himmel" oder, wie wir liebersagen, in die "Geisterwelt".Ich habe das Jenseits ganz anders gefun<strong>den</strong>, als ich es mir je erträumt habe. Was<strong>den</strong>ken wir <strong>den</strong>n eigentlich, wir Geistliche? Ich möchte fast sagen, wir <strong>den</strong>kenüberhaupt nichts! Wohl predigen wir, doch leben wir nicht danach. Wir machenuns nicht einmal klar, was wir damit tun, wenn wir es <strong>unter</strong>nehmen, Menschenzu "retten" — retten, ja, wovor <strong>den</strong>n?Seitdem ich damals hier war, wo Sie mich das Leben erkennen lehrten, wie es inWirklichkeit ist, habe ich viel gesehen. Ich habe sehr viel gelernt. — In <strong>den</strong> drei<strong>Jahre</strong>n, seit meinem Erwachen — ich sage nicht, drei <strong>Jahre</strong> nach meinemAbschei<strong>den</strong>, weil ich mich ja während der übrigen Zeit in einem Traumzustandebefun<strong>den</strong> habe, — aber in <strong>den</strong> drei <strong>Jahre</strong>n, seitdem ich volles Verständnis vomwahren Leben erlangt habe, war alles so wunderschön; ich bin sehr glücklichund auch sehr tätig gewesen. Ich hatte alle Hände voll zu tun. Meine Aufgabebesteht darin, zu <strong>den</strong> religiösen Fanatikern in der Geisterwelt zu gehen undihnen die Wahrheit zu predigen. Sie befin<strong>den</strong> sich alle in der Finsternis. Siebeten und singen und meinen, Christus sei für ihre Sün<strong>den</strong> gestorben. Alles wassie tun, ist beten und singen, und damit kommen sie doch zu nichts.Es gibt viele Menschen auf Er<strong>den</strong>, welche nur deshalb irre wer<strong>den</strong>, weil sie vonverrückten Geistern — religiösen Fanatikern — besessen sind; sie tun dannnichts als singen und beten. Sie sind unzurechnungsfähig, mit<strong>unter</strong> auch tobsüchtig.Manche kann ich nicht erreichen; anderen dagegen kann ich Verständnisfür das höhere geistige Leben <strong>bei</strong>bringen.Ich hoffe, daß die Zeit kommen wird, wo die Priester, welche das Evangeliumverkün<strong>den</strong>, die Bibel richtig auslegen wer<strong>den</strong>, und kein einziger mehr die orthodoxenLehren predigt.Frau W., ich möchte Sie bitten, dem Pfarrer Ihrer Kirche mitzuteilen, er sollesein Licht nicht <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Scheffel stellen, sondern die Wahrheit lehren. Er solleforschen, um die wahren Aufgaben des Lebens kennen zu lernen. Er muß <strong>den</strong>Menschen die Wahrheit verkün<strong>den</strong>.Sagen Sie ihm bitte, ich meinte, er könnt so nach und nach die Wahrheit getrostbekannt geben und ehe er es selbst recht gewahr wird, wird er ihnen die ganzeWahrheit mitgeteilt haben; dann wird seine Kirche auch viel mehr Anhänger— 386 —


haben als jetzt. Die Leute glauben die alten Dogmen doch nicht mehr, aberetwas wollen sie haben — nämlich die Wahrheit!Sagen Sie ihm, ich hätte Sie gebeten, ihm dies mitzuteilen.Ich habe mein Heim in der Geisterwelt gefun<strong>den</strong> und bin glücklich, habe abersehr viel zu tun. Ich muß die irrige Lehre, die ich <strong>den</strong> Menschen auf Er<strong>den</strong>gepredigt habe, widerrufen. Ich habe Dogmen gelehrt, und jetzt muß ich sie dieWahrheit lehren!Frau W., bitte verzeihen Sie mir, daß ich Ihre Tochter besessen gemacht habe.Ich habe das nie und nie beabsichtigt und nur aus Unwissenheit getan.Bevor ich gehe, möchte ich Sie, liebe Frau W., um eine Gefälligkeit bitten.Sagen Sie doch dem Ehrwür<strong>den</strong> Wl., er möchte sich an das Studium über dasjenseitige Leben machen , um Einblick in die Wahrheit zu bekommen, bevor erselbst in die geistige Welt kommt, dann braucht er nicht im Finstern zu sein, wieich es gewesen bin. Sagen Sie ihm auch bitte, er könne seinen Leuten die Wahrheitruhig bringen, <strong>den</strong>n die Mehrzahl ist bereit, sie anzunehmen. Es ist dochrecht eintönig, da zu sitzen und sich immer und immer wieder nur die altbekanntenGlaubenssätze anzuhören. Sagen Sie ihm bitte auch, ich hätte gesagt, wenner das nicht täte, wür<strong>den</strong> viele aus seiner Kirche austreten. Er ist ein guter Rednerund auch ein guter Mensch, und wenn er die Wahrheit so verkündet, wie ersie <strong>bei</strong> seinen Forschungen findet, dann wird er viele Anhänger bekommen, hälter aber an <strong>den</strong> alten Lehren fest, so wird er bald nicht mehr viel Zuhörer haben.Wenn er seine Gemeinde zu fesseln versteht und ab und zu Versammlungenabhält, um bekannt zu geben, daß er die wirkliche Wahrheit gefun<strong>den</strong> habe, sowird er bald sehen, daß die Sache ganz anders wird. Fast jeder von seinen Kirchenbesuchernist schon einmal in einer spiritistischen Versammlung gewesen.Sie wollen die Wahrheit hören; und deshalb sagen Sie ihm bitte, er solle sieihnen nur bringen.Sagen Sie ihm auch, daß die Leute in dem Altersheim richtig belehrt wer<strong>den</strong> sollen,weil sie ja bald auf die geistige Seite des Lebens kommen und es für sie besserist, wenn sie schon etwas über das Land wissen, auf das sie zuwandern.Die jungen Leute von heute haben gar keine Lust mehr, orthodoxe Geistliche zuwer<strong>den</strong>. Sie wollen andere Lehren haben. Sie wissen, daß das alte Dogma nichtwirklich wahr ist, und sie wollen nichts predigen, was im Gegensatz zu ihremWissen steht. Es gibt augenblicklich nicht viel Anwärter auf das Predigeramt.Sagen Sie bitte Ehrwür<strong>den</strong> Wl., wenn er die Wahrheit predigt, wird er viel jungeLeute in seiner Kirche haben. Er solle doch einfach die Gedanken des Gründersseiner Kirche vortragen. John Wesley, der Begründer der Methodisten-Kirche,predigte über die spiritistischen Erscheinungen. Er braucht nichts weiter zu tun,als John Wesleys Lehren zu verkün<strong>den</strong>.Nun muß ich gehen. Gute Nacht!*— 387 —


Christliche WissenschaftBeherrscht irgend eine feststehende Lehrmeinung ganz einseitig das Vorstellungslebendes Menschen, dann macht sie das Wachsen weiterer Einsichtunmöglich und läßt <strong>den</strong> Geist nicht vorwärtskommen. Das ist uns von Geisternbestätigt wor<strong>den</strong>, die im Er<strong>den</strong>lehen als strenge Anhänger der Christlichen Wissenschaftfest überzeugt gewesen waren, daß es Materie in Wirklichkeit garnicht gebe. Diese Geister haben uns auch erzählt, welche großen Schwierigkeitensie gehabt haben, sich von <strong>den</strong> falschen Vorstellungen wieder freizumachen.Ein Freund von uns war ein gründlicher Kenner der Christlichen Wissenschaftgewesen, hatte aber gleichzeitig auch auf dem Gebiete der Geisterkundgebungengeforscht. Sehr bald nach seinem Hinübergang, wurde er zu uns in eine Sitzunggebracht, um im Körper meiner Frau wach gemacht zu wer<strong>den</strong>. Seitdem hat eruns schon des öfteren einiges von <strong>den</strong> Verhältnissen in der Geisterwelt erzählt.— — —Sitzung vom 27. Januar 1918Geist: Herr H.M.Es ist mir eine Freude, wieder einmal hierher kommen zu können. Es drängtemich, die Gelegenheit heut Abend zu benutzen und meiner lieben Frau etwas zusagen (<strong>bei</strong> der Sitzung anwesend). Ich bin so froh, einmal ganz so wie früher mitihr sprechen zu können, und freue mich, daß sie hier ist.Grüß Gott, liebe Frau! Wir waren so glücklich miteinander. — Mir wäre ja garnichts daran gelegen, überhaupt noch mal wieder hierher zurückzukommen,wenn sie nicht noch auf Er<strong>den</strong> lebte.Diese Welt ist ja nur eine Schule, in der wir durch Erfahrung klug wer<strong>den</strong> sollen.In der geistigen Welt gehen wir dann weiter und weiter zu immer neuenErkenntnissen. Bevor wir aber vorwärt können, müssen wir die geistigenGesetze kennen. Haben wir diese nicht recht begriffen, dann bleiben wir imDunkeln und drücken uns in der Erdsphäre herum.Ich bin recht froh, daß ich doch wenigstens ein bißchen über das höhere LebenBescheid gewußt habe, <strong>den</strong>n nur diesem Umstande habe ich es zu verdanken,daß ich drüben mit offenen Augen anlangte; und so konnte ich die Herrlichkeitender Geisterwelt sehen und erleben.Ich habe im geistigen Leben schon viele meiner lieben Freunde wiedergefun<strong>den</strong>.Mancher alte Bekannte befindet sich freilich noch im Dunkeln, und ich habeschon versucht, ihnen zu helfen und begreiflich zu machen, daß sie gestorbensind.Wenn ich doch die rechten Worte finde, Ihnen die Verhältnisse und Zustände imJenseits so zu beschreiben, daß Sie eine ganz klare Vorstellung davon bekämen!Hier herrscht solche Schönheit und völlige Eintracht.— 388 —


Dem kleinen "Silberstern" (ein Schutzgeist des Mediums) habe ich dafür zu danken,daß sie mich aufgeweckt hat, als ich drüben angelangt war. Wenn ich auchüber die Jenseitswelt schon ein bißchen Bescheid wußte, hätte ich doch wohlnoch lange geschlafen, weil ich mich <strong>bei</strong> meinem Hinübergang in tiefen Schlafebefand; <strong>den</strong>n ich hatte meines schweren Lei<strong>den</strong>s wegen Morphium bekommen.Aber dies kleine Indianermädel rief mich <strong>bei</strong> Namen und weckte mich, und dannbrachte sie mich in die Geisterwelt.Sie wissen ja, ich bin lange krank gewesen und war vor meinem Tode schwerlei<strong>den</strong>d. Ich hatte eine rechte Torheit begangen, indem ich zu lange versuchthatte, mich selbst zu kurieren. Die Christliche Wissenschaft lehrt doch, wir sollendie Materie überwin<strong>den</strong>.Die Materie läßt sich aber mit dem Willen nicht überwin<strong>den</strong>. Solange wir imirdischen Leibe leben, braucht dieser Körper zu seiner Erhaltung Stoffe undKräfte, aus <strong>den</strong>en er besteht. Und führen wir ihm diese nicht in der Nahrung zu,dann müssen wir das in Form von Arzneien nachholen und so dem Körper dienotwendigen Aufbaustoffe liefern; <strong>den</strong>n mit dem Willen allein läßt sich dieMaterie nicht regieren.Gott hat uns einen Willen gegeben, um ihn als eine natürliche Fähigkeit zugebrauchen, und zwar sollen wir ihn richtig gebrauchen. Wenn wir als ChristlicheWissenschafter das nicht tun wollen, müssen wir eben die Folgen tragen.Mein Fall war ein Beispiel solcher schlimmen Folgerichtigkeit. Ich war derChristlichen Wissenschaft aus freiem Willensentschluß <strong>bei</strong>getreten in dem festenGlauben, daß es so etwas wie "Materie" gar nicht gebe und wir darüber Herrwer<strong>den</strong> sollten. Ich habe es versucht und bin böse hereingefallen.Frau Eddy hat für die Verbreitung dieser Idee jetzt schwer zu lei<strong>den</strong>. Wenn manein Kleidungsstück hat, das schadhaft wird, dann sucht man sich etwas Stoff vongleicher Art und Farbe, um es damit auszubessern. Bei unserem Körper tun wirdas nicht. Wir bil<strong>den</strong> uns ein, der Körper müsse, wenn er brüchig wird, dieStoffe, die er braucht, selbst bil<strong>den</strong>.Ich habe in meiner Nahrung einfach nicht genug von <strong>den</strong> wichtigsten Grundstoffenbekommen, um meinen Körper aufbauen zu können. Meine Organe verkümmertenund schrumpften und stellten ihre Tätigkeit ein, weil ich nicht die richtigeNahrung zu mir nahm, um sie <strong>bei</strong> guter Leistungsfähigkeit zu erhalten.Ich hätte zu einem Arzt gehen und mir von ihm meine Organe wieder in Ordnungbringen lassen sollen. Statt dessen quälte ich mich damit ab, sie durch meinenWillen wieder in Gang zu bringen. Ich wollte die Störungen durch Verstandeseinsichtüberwin<strong>den</strong> und die schwachen Stellen meines Körpers wieder neuaufbauen. Das ist gerade so, als wenn jemand es ablehnen wollte, ein Loch inseinem Rock flicken zu lassen lediglich mit der Behauptung, sein Rock könnegar keine Löcher bekommen. Genau so töricht bin ich mit meinem Körperumgegangen und hab' die Folgen natürlich ausba<strong>den</strong> müssen.— 389 —


Wenn der Körper es nötig hat, seine Spannkraft zu stärken, dann muß man ebenetwas dafür tun, daß er wieder etwas spannungskräftiger wird, und die feinenelektrischen Aktionsströme wieder richtig in Gang kommen. Ich bin gestorben,weil ich meinen Körper mit dem Verstande ruiniert habe. Ich habe ihm nicht dierechte Nahrung zukommen lassen und ihn Überhaupt nicht richtig in Achtgenommen.Gott hat uns <strong>den</strong> Körper verliehen, zugleich aber auch <strong>den</strong> Verstand, um <strong>den</strong>Körper richtig in Acht nehmen zu können. Wenn wir einseitig wer<strong>den</strong> und unseinre<strong>den</strong>, der Geist allein sei ja alles, dann geraten wir in die Klemme.Meine Anzüge habe ich gut in Acht genommen, aber wie wenig habe ich aufmeinen Körper geachtet! Hätte ich auf meinen Körper nur halb so viel Sorgfaltverwendet, wie auf meine Anzüge, ich weiß genau, ich lebte heute noch aufEr<strong>den</strong>.Wahrscheinlich wird sich doch mal eines schönen Tages die Auffassung Bahnbrechen, daß die Menschen in richtiger Erkenntnis der wirklichen Sachlagesagen: Es gibt keinen Tod. — Ich meine, daß die Menschen dann freudig ausihrem Körper in die geistige Welt übertreten.Wenn der Mensch sich für diesen Austritt aus dem Körper so vorbereiten würde,wie er es für eine Reise tut, dann wäre er imstande zu sagen: "Jetzt bin ich reisefertig.Von dieser Welt habe ich genug. Es ist Zeit für mich, aufzubrechen, undich habe großes Verlangen, in die geistige Welt hinüberzugehen." Dann gäbe esauch keine Furcht vor dem Tode mehr.Viele Christliche Wissenschafter ruinieren ihren Körper dadurch, daß sie ihnnicht richtig pflegen, und treiben es darin oft so weit wie ich. Sie ar<strong>bei</strong>ten mitdem Willen, nicht mit der Vernunft und leben von ganz unzuträglicher Kost,oder essen nicht genug.Ich habe schon vor etwa 10 <strong>Jahre</strong>n gewußt, daß ich für meine versagen<strong>den</strong>Organe etwas tun müsse, und wenn ich das getan hätte, hätte ich nicht so zu lei<strong>den</strong>gehabt. Ich habe schwer gelitten, wollte die erlahmen<strong>den</strong> Organe aberdurchaus nur mit meinem Willen wieder zu besserer Leistung antreiben.Ich hätte gern wenigstens noch so lange auf Er<strong>den</strong> gelebt, bis ich fertig gewesenwäre mit dem, was ich als meine Aufgabe ansah. Aber ich will nun im geistigenLeben wirken, und wenn meine Frau mir nachkommt, wer<strong>den</strong> wir gemeinsamwirken.Meine liebe Frau, wenn ich weniger auf Verstandesschulung und ChristlicheWissenschaft aus gewesen wäre und über die irdisch-materiellen Dinge gründlichernachgedacht hätte, dann wärest auch Du heute noch in einer besseren Lage,als Du sie jetzt hast.Ich hatte regelrecht allen Sinn für materielle Dinge verloren und glaube <strong>bei</strong> naheselbst, ich habe gedacht, wir könnten von der Luft leben. Und immer dachte ich,die Verhältnisse wür<strong>den</strong> sich doch mal ändern. Ich hatte gar keine klare Vorstel-— 390 —


lung mehr von <strong>den</strong> Zusammenhängen. Ich war so vollkommen von meinemWirken als Christlicher Wissenschafter ausgefüllt, daß ich kaum noch in derirdischen Welt lebte.Wenn meine Frau nicht gewesen wäre, hätte ich sicherlich öfter ganz vergessen,überhaupt zu essen. Gott sei Dank nahm sie nicht <strong>den</strong> gleichen tiefen Anteil anmeiner Ar<strong>bei</strong>t wie ich selbst, sonst wären wir wohl alle <strong>bei</strong>de gestorben.Bevor ich mich verabschiede, muß ich ihnen noch ein kleines Erlebnis erzählen.Als ich gestorben war, wurde ich davon wach, daß mich jemand ansprach undfragte: "Wie geht es Ihnen?" Ich horchte auf und hörte nochmals die helleStimme meiner kleinen Freundin Silberstern.Da dachte ich, ich müsse wohl in Kalifornien sein, weil ich mich gleich entsann,daß Dr. Wickland und seine Frau ja dort wohnten, und meinte, Silberstern sprechedurch Frau Wickland.Niemand spricht das "Wie geht es Ihnen?" so wie Silberstern. Daß ich meinenKörper verlassen hatte, kam mir gar nicht zum Bewußtsein. Wieder hörte ichSilberstern in ihrer eigentümlichen Weise fragen: "Wie geht es Ihnen" und dabegann ich dann doch mich ganz erstaunt umzusehen, wo ich <strong>den</strong>n eigentlichwäre.Da war ich sogleich ganz m<strong>unter</strong> und fühlte mich wohler, ich dachte: Ich mußdoch wohl <strong>den</strong> Höhepunkt meiner Krankheit überwun<strong>den</strong> haben, <strong>den</strong>n ich fühlemich doch sehr viel wohler und komme wieder richtig zu mir.Das war damals, als Silberstern mich hierher brachte, damit ich mich durch FrauWickland kundtun sollte. Ich stellte mir vor, daß ich von meiner Krankheit herrecht schwach wäre; aber da ich keine Schmerzen hatte, dachte ich, ich befändemich nun wohl auf dem Wege der Besserung. Ich kam mir so leicht und kräftigvor, daß gleich mein erster Gedanke war, jetzt könnte ich ja mein Buch fertigschreiben. Aber als ich dann ganz richtig zu mir selbst gekommen war, wurdeich gewahr, daß Dr. Wickland mit mir sprach.Da dachte ich: Nanu, wie bin ich <strong>den</strong>n nach Kalifornien gekommen? Wie bin ich<strong>den</strong>n hier bloß hergekommen? Ich muß wohl träumen. — Das war kurz bevormir klar wurde, was mit mir los war. Auch war mir in diesem Augenblick nochnicht klar, daß ich ja in einem Medium steckte.Dr. Wickland fragte mich, wer ich sei. Das kam mir dann doch recht sonderbarvor, daß er mich nicht erkannte; aber ich antwortete ihm, ich sei doch H.M., undfragte ihn, ob er mich <strong>den</strong>n nicht erkenne.Dr. Wickland war sehr überrascht und erklärte mir so schonend wie möglich,daß ich ja vor einer Woche meinen irdischen Leib verlassen hätte und nun einGeist sei.Da begriff ich zum ersten Mal, daß ich aus meinem stofflichen Körper in einenGeist übergegangen war. Es war mir da<strong>bei</strong> aber ein recht erfreulicher Gedanke,in einem irdischen Körper zu erwachen anstatt im Dunkeln.— 391 —


Bald danach habe ich viele meiner Freunde wiedergesehen und erlebt, daß es jagar keinen Tod gibt.Nachdem zunächst Dr. Wickland ein Weilchen mit mir gesprochen hatte, kamendann mein Vater, meine Mutter, meine Schwester und mein Bruder Zu mir undbrachten noch viele Verwandte und Freunde mit; und wir feierten einbeglückendes Wiedersehen, das man nie vergessen kann. Nur Dich, meine liebeFrau, hätte ich so gern auch da<strong>bei</strong> gehabt, als ich all meine Verwandten undFreunde wiedersah.Als mir zum Bewußtsein kam, daß ich ja in einem irdischen Körper steckte,fühlte ich mich gleich wieder krank, und meine Willenskraft schien zu erlahmen.Ich fühlte mich gleich schwächer wer<strong>den</strong>, und ein Gefühl von Krankheitkam über mich.Ich dachte sofort an meine kleine Freundin Silberstern, und sie sagte mir, ichsolle doch meine alten Kleider abwerfen, <strong>den</strong>n ich könne meinen alten Körper jadoch nicht mehr brauchen, da ich jetzt neue Kleider hätte.Als ich daraufhin mich wieder darauf besann, daß ich ja jetzt einen Geistleibhabe, erstarkte ich wieder. Ich spürte es, ich hatte ein neues Gewand und kamwieder zu Kräften und ließ alles Irdische hinter mir. Da wurde der magnetischeStrom <strong>unter</strong>brochen, und ich ließ mein altes Gewand gänzlich fahren.Dann wurde ich körperlich emporgehoben, und ich merkte, daß ich schwebte.Wir gingen dann durch alle möglichen Zustände. Da<strong>bei</strong> wurde mir recht sonderbarzu Mute, und ich sah so viel, daß mir ganz angst wurde. Da sagte man mir,ich solle die Augen zumachen und geschlossen halten, was ich dann auch tat.Danach nahm ich nichts mehr wahr, bis man mich in ein herrliches Bett legte.Ich war furchtbar müde, und mein einziger Wunsch war Ruhe, nur Ruhe. — Alsich nach einem erholen<strong>den</strong> Schlaf wieder erwachte, stan<strong>den</strong> meine Verwandtenund Freunde um mich herum, und einer sagte: "Jetzt bist du erholt und gekräftigt,und wir wollen uns nun auf <strong>den</strong> Weg machen zu unseren Wohnungen in derGeisterwelt."Wir besuchten eine ganze Anzahl Wohnungen. Jeder hatte ein kleines Heim.Da<strong>bei</strong> freuten wir uns der Wiedervereinigung und waren sehr glücklich, <strong>den</strong>nhier herrscht nur gutes Einvernehmen. So zogen wir von einem Ort zum andern.Als ich so ein ganz Teil Freunde besucht hatte, sagten sie: "Jetzt hast Du dieGeisterwelt gesehen. Hier sind wir nicht etwa müßig. Dies ist keine Welt, in derman faulenzt; es ist vielmehr eine Welt geschäftiger Geister. Jeder hat diePflicht, zu ar<strong>bei</strong>ten. Jetzt bist du kräftig, und wir wollen einen anderen Ausflugmachen, nämlich zur Erde."Ich hatte solch starkes Verlangen, meine Frau wiederzusehen. Gedacht habe ichan Dich so viel, meine <strong>Liebe</strong>, und wollte Dich gern auch wiedersehen. So begabenwir uns durch die Geisterwelt und die Erdsphäre hindurch wieder bis hinabzur festen Materie.— 392 —


Die Erde ist eine kleine Kugel, und diese Kugel hat um sich herum eine Sphäre.Die Entfernung zwischen der Geisterwelt und der materiellen Welt beträgt etwa60 Meilen. Die Erdsphäre ist die Welt derjenigen Geister, die sich in der Finsternisbefin<strong>den</strong>.Christus ist zu <strong>den</strong> Geistern hinabgestiegen, die in der Finsternis und im Gefängnis,im Gefängnis der Unwissenheit saßen.Wir durcheilten auf unserem Wege Zustände, die sich gar nicht beschreiben lassen,äußerst widerliche, höchst feindselige und so abscheuliche, daß ich sie garnicht beschreiben kann.Ich schauderte, als ich die selbstsüchtigen und eifersüchtigen Geister imZustande ihrer Verkrüppelung sah. Ein jeder hatte das Aussehen, das seinerGesinnung entsprach. Gekleidet waren sie wie auf Er<strong>den</strong>, aber nur für ihreeigene Vorstellung.Uns erschienen sie wie Gewürm, wie ein Haufen aufgestörter Würmer, dieimmer einer über <strong>den</strong> andern krochen. Man spricht von der Hölle — das warwahrhaftig die Hölle! Man sagte mir, das sei die Sphäre der erdgebun<strong>den</strong>enGeister.Dann kamen wir schließlich wieder auf die materielle Ebene. Wir sahen dieMenschen einhergehen in einem ganz materiellen Leben, ein jeder in irgendeiner Weise geschäftig. Es sah aus wie in einem Ameisenhaufen, und jederMensch schien einige jener übelgesinnten Geister an sich hängen zu haben. Diesind wie Muscheln an <strong>den</strong> Schiffswän<strong>den</strong>; schabt man einige ab, setzen sichwieder andere neu an. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, wie das aussieht.Da bin ich auch <strong>bei</strong> Dir gewesen, liebe Frau, und Du hast mich auch gefühlt. Ichkonnte mich Dir aber nicht deutlicher mitteilen, weil ich noch nicht kräftiggenug war, meine Willenskraft darauf zu verwen<strong>den</strong>; aber gefühlt hast Du michdoch. Es ist nur ein flüchtiger Gruß gewesen, weil ich nicht kräftig genug war,näher heranzukommen. Ich bin ziemlich viel <strong>bei</strong> Dir. Und wenn ich in der Geisterwelterst gelernt habe, wie die Materie zu beherrschen ist, dann kann ich zudir kommen und dir helfen.Ich will in der Geisterwelt ein Haus für dich bauen; und wenn es fertig ist, unddu dein Werk hier auf Er<strong>den</strong> vollendet hast, dann werde ich es sein, der dichabholen kommt, und wir wer<strong>den</strong> ein wirkliches Heim haben.Ich möchte Ihnen allen herzlich danken für <strong>den</strong> Vorzug, Ihren kleinen Zirkelbesuchen zu dürfen, und käme sehr gern einmal wieder.— — —Ein Auszug aus einer anderen Unterhaltung mit Herrn H.M. verfolgt <strong>den</strong> selbenLeitgedanken wie die vorstehen<strong>den</strong> Ausführungen.— — —— 393 —


Sitzung vom 3. November 1920.Geist: Herr H.M.Ich wünschte, ich hätte weniger fest daran geglaubt, daß ich mich gesund <strong>den</strong>kenkönne.Alles, was Gott in die Natur hineingelegt hat, ist dazu da, daß der Mensch esgebrauchen soll, er soll es aber nicht mißbrauchen. Wir sollten nichts absprechendbeurteilen, was Gott der Welt zum Gebrauch gegeben hat; aber wir habenso viele Glaubenslehren und Bekenntnisse, daß wir darüber <strong>den</strong> Grundsatz unseresSchöpfers vergessen.Wenn wir die Wunder seiner Schöpfung recht zu würdigen verstän<strong>den</strong>, wur<strong>den</strong>wir auch unsere Mitmenschen besser lieben, als wir es tun. — Verurteilt nichts,sondern lehrt die Menschen einander lieben, lehrt sie erkennen, was hier auf derirdischen Ebene ihre Pflichten sind. Die Menschen haben auf Er<strong>den</strong> so vieleGlaubenssätze und Lieblingsideen, daß sie in ihrem Glauben schier ertrinkenund darüber ganz vergessen, daß es doch ihre Pflicht ist, <strong>den</strong> Schwachen zu helfen,anstatt sie mit Füßen zu treten.So ist es auch mit dem Körper, <strong>den</strong> Gott uns gegeben hat, um richtig dafür zusorgen und ihn nicht zu mißbrauchen. Ich für meinen Teil hätte mich vielmehrdarum kümmern sollen, was mir eigentlich fehle, anstatt nur immer zu <strong>den</strong>ken,mir fehle ja nichts, es sei ja alles nur Einbildung, und so etwas wie Krankheitgäbe es ja überhaupt nicht.Wenn ich mich nicht selbst so verrannt hätte in diesen Glauben der Frau Eddy,daß der Geist die Materie beherrschen müsse und alle angebliche Krankheit nuraus unserer menschlichen Vorstellung komme, weil wir nicht die rechte Einsichthätten —‚ wenn ich nur versucht hätte, herauszubekommen, was mir fehle, undeinen Arzt zu Rate gezogen hätte, — einen der in Körperkunde und Lebensweisheitbewandert gewesen. — einen, der jahrelang das menschliche Wesen und<strong>den</strong> menschlichen Körper studiert hat, dann wäre ich besser daran gewesen.Die Christlichen Wissenschafter tadeln die Ärzte. Doch die Ärzte haben Jahrhundertehindurch ihr Leben dem Studium und der Erforschung der Krankheitengewidmet. Sollen wir sie deswegen tadeln und sagen, es gibt ja gar keine Krankheiten?Wie darf man einem anderen überhaupt einen Vorwurf daraus machen,daß er sein ganzes Leben einem Studium gewidmet hat?Die Christliche Wissenschaft behauptet, es gäbe überhaupt keine Krankheit; werkrank sei, dem fehle es nur an der rechten Erkenntnis.Angenommen, die Lehre, es gebe eigentlich gar keine Materie, hätte schon inalter Zeit Geltung gehabt. — Was wäre da wohl aus Harvey gewor<strong>den</strong>? Er entdecktedoch <strong>den</strong> Blutumlauf. Der arme Mann! Umgebracht hätte man ihn fürseine Entdeckung; umgebracht wäre er wor<strong>den</strong> von der unwissen<strong>den</strong> Volksmenge,die die Wahrheit nicht hätte glauben wollen.— 394 —


So ist allmählich durch immer genauere Kenntnis des Körpers eins nach demanderen entdeckt wor<strong>den</strong>. Doch die Christlichen Wissenschafter stellen das allesin Abrede und behaupten sogar, in Wirklichkeit gebe es überhaupt keinen Körper.Ich habe für <strong>den</strong> Körper, <strong>den</strong> Gott mir gegeben, schlecht gesorgt. Ich meinte, derGeist solle Herr über ihn wer<strong>den</strong>. Wenn ich einen Arzt um Rat gefragt hätte,wäre ich wahrscheinlich noch <strong>bei</strong> Euch.Verrennt Euch nicht in Ideen. Jede Lehre hat etwas Gutes in sich, und das machtEuch zu eigen; aber das übrige laßt <strong>bei</strong>seite.So wie Frau Eddy heute die Zusammenhänge übersieht, wünscht sie sehnlichst,sie könnte viele ihrer Behauptungen richtigstellen. Jetzt hat sie um ihrer Irrtümerwillen viel auszustehen, und das ist recht hart für sie. Ihre Anhänger kommen imJenseits an und erwarten doch, alles so vorzufin<strong>den</strong>, wie sie es gelehrt hat.—Frau Eddy selbst hat in unserem Zirkel verschie<strong>den</strong>e Male gesprochen und hatteunsichtbare Zuhörer mitgebracht, die sie gern wieder frei machen wollte aus <strong>den</strong>Irrtümern ihrer Lehren über das Leben und die Materie.— — —Sitzung vom 24. FebruarGeist: Mary Baker EddyHier bin ich wieder und bin recht niedergeschlagen. Glaubt mir doch, glaubt mirdoch nur! Warum wollen mir die Menschen <strong>den</strong>n nicht glauben?Helft mir! <strong>Liebe</strong>r Gott hilf mir, ich bin in einer schrecklichen Verfassung. Mirwar die herrliche Wahrheit des Weiterlebens bekannt. Ich habe sehr gutBescheid gewußt, aber ich habe mich ihr verschlossen, weil ich eine eigene Religiongrün<strong>den</strong> wollte. Der Spiritismus war für mich abgetan als eine Angelegenheitvergangener Tage. Ich wollte etwas Neues, etwas Höheres, etwas Besseresals Geisterkundgebungen.So habe ich <strong>den</strong>n gelehrt, man solle sich weder als Medium für <strong>den</strong> Verkehr mitGeistern gebrauchen, noch sich überhaupt von Geistern beeinflussen oder inspirierenlassen, sondern ein jeder solle danach trachten, das eigene Selbst zu entfalten,es in klarer Bewußtheit zu erhalten und mit dem Unendlichen eins zuwer<strong>den</strong>.Was schert uns die Geisterwelt! Selbst ist der Mann! — Das war ganz ich. Ichverstand auch Kranke zu heilen.Ich bin medial veranlagt und in meinen Kindertagen besessen gewesen. Als ichälter wurde, wußte niemand, was mir eigentlich fehlte, <strong>den</strong>n ich hatte ganzeigentümliche Anfälle.Ich war hochgradig nervös, und Dr. Quimby heilte mich schließlich von meinenAnfällen. Der wußte mit Besessenheit Bescheid.— 395 —


Aus seiner Lehre habe ich manches entnommen und mir zunutze gemacht. Sowäre die Lehre schon richtig gewesen, wenn ich nur die feineren Kräfte, die inder Natur walten, nicht in Abrede gestellt hätte.Ich leugnete das Dasein der Materie; und zwar, wie ich das Euch, liebe Freunde,schon mal erzählt habe, aufgrund einer Schauung, in der ich gesehen, wie in derjenseitigen Welt Kranke behandelt wur<strong>den</strong>. Doch hielt ich das damals für einenTraum.Man belehrte die Geister dort, es gebe da keine Materie, und sagte ihnen: "Denktdoch nicht mehr daran, das ist ja alles bloß Einbildung. Ihr seid ja gar nicht mehrkrank, sondern bildet es Euch nur ein. Das betraf doch nur Euren materiellenKörper und ist von Euren Er<strong>den</strong>tagen her in Eurer Vorstellung haften geblieben.Darüber müßt ihr Euch erheben und <strong>den</strong> Geist in Euch entfalten."Ich bildete mir ein, mit dieser Schauung sei gemeint, ich sollte das auf Er<strong>den</strong>lehren und in die Tat umsetzen. Jetzt sehe ich meinen Irrtum ein, weil die Materieeben doch ihr Dasein hat, und wir ihr Rechnung tragen müssen, solange wirauf der irdischen Ebene leben.Wenn man dann aber in die jenseitige Welt kommt, muß man lernen, sich mitseinem Vorstellungsvermögen über die Materie zu erheben, und darf sich nichtlänger an sie klammern. Denn nur die Geister der Finsternis sind in der Materieso fest verhaftet wie wir Menschen, solange wir unseren irdischen Körper tragen.Das griff ich also auf und machte mich ans Werk. Da<strong>bei</strong> kamen soviel Irrtümerzustande, weil ich mir selbst gar nicht erklären konnte, warum es <strong>den</strong>n keineMaterie geben solle.Wenn ich doch nur die Menschen dazu kriegen könnte, die Materie und dieWahrheit des Jenseitslebens anzuerkennen! Wenn ich doch in meine Kirchezurückkehren und die Wahrheit, Gottes ursprüngliche Wahrheit verkün<strong>den</strong>könnte! Gott ist der Geist des ganzen Alls, und wir sind Teile dieses großenGeistes! Haben wir das erkannt, dann können wir uns auch über die Materieerheben.Als Mensch steckt man doch nun mal in einem materiellen Körper und wirdkrank. Man wird krank, weil dem Körper irgend etwas mangelt, was er habenmuß, irgend ein Grundstoff, der irgendwie Abhilfe schafft. Aber unser Geistkann mit helfen, das zu überwin<strong>den</strong>. Hätte ich das gelehrt, anstatt das Dasein derMaterie zu leugnen, wäre es schon viel besser gewesen.Ich brauchte Geld, und wir legten alles darauf an, die großartigsten Kirchen derWelt zu haben. Mein Ziel war, in aller Welt Kirchen meiner Lehre zu haben.So ließ ich mir die Gelegenheit entgehen, die feinere Natur der Menschen, dasinnere <strong>bei</strong> Mann und Weib, zur Entfaltung zu bringen, weil ich Zuneigung und<strong>Liebe</strong> ganz ausschaltete.— 396 —


Haltet Euch nicht auf mit müßigem Zweifel darüber, wer wohl hier spricht —glaubt mir doch! Ich bin's, ich bin's wirklich! Ich bin nicht mehr als irgendeinanderer Mensch. Ich habe ein Leben geführt, das nicht gezeitigt hat, was es hättezeitigen sollen.Ich brauche Hilfe. Meine Anhänger kommen zu mir und verlangen Hilfe, undda<strong>bei</strong> habe ich selber Hilfe so nötig. Sie hängen sich an mich und halten michnieder, und ich habe Ihnen <strong>den</strong> Weg zur Seligkeit versperrt.Wir haben doch nur einen Verstand, und Ihr wißt ja, wie ich als Mensch zu meinerAuffassung gekommen bin. — Ich dachte, was ich gehört und geschaut,solle auch hier auf Er<strong>den</strong> gelehrt wer<strong>den</strong>; es gilt jedoch nur jenseits des Grabes,jenseits des Schleiers, und ist für die erdgebun<strong>den</strong>en Geister bestimmt, die imFinstern leben und sich an die Materie klammern. Diese Lehre hat also nur aufder jenseitigen und nicht auf der irdischen Ebene Geltung.Entfaltet Zuneigung und <strong>Liebe</strong> und tut anderen Gutes nach bestem Verstehen.Ich konnte nicht anders, ich mußte davon sprechen und habe auch das Gefühl,daß ich es tun sollte, weil es mich so quält.Ich kam her in diesen Zirkel, weil hier schon so viele Hilfe gefun<strong>den</strong> haben. Ichgehe von einem Ort zum andern, und ihr werdet von Zeit zu Zeit immer wiedervon mir hören. Da ich an jeder Stelle einigen Menschen meine Erklärungengeben kann, wer<strong>den</strong> auf diese Weise meine Anhänger doch endlich mal zurBesinnung kommen.Wir können zwar im Augenblick nicht viel tun; aber wür<strong>den</strong> Sie mir wohl erlauben,in einiger Zeit wieder einmal <strong>bei</strong> Ihnen einzukehren, wenn ich sehe, daßmir das helfen kann?Sie wissen ja, ich habe so viel Leute, die mich niederhalten und mir sagen:Warum hast Du das gelehrt? Warum hast Du uns <strong>den</strong> Weg versperrt? Gib unsLicht, jetzt gib uns Licht und kläre uns auf!"Es sind sehr viel Verstorbene hier, aber die hängen alle an der Materie. Auchviele meiner Anhänger sind hier; und indem ich mit Euch spreche, spreche ichgleichzeitig zu ihnen.Ihr versteht, ich habe die eigentliche Wahrheit gekannt, aber ich habe mich ihrverschlossen. Und nun kann ich so vielen meiner Anhänger die Tür zum rechtenVerstehen nicht öffnen, weil ich sie ihnen vor der Nase zugeschlagen und auchmir selbst <strong>den</strong> Weg versperrt habe. Und wenn sie nun hinüberkommen, stehensie da und wissen nicht weiter. Dann verlangen sie von mir, ich soll ihnen helfen.Wenn ich ihnen nun aber wahrheitsgemäß erkläre, wie die Dinge liegen,dann glauben sie mir nicht und sagen, ich sei ja gar nicht Frau Eddy, <strong>den</strong>n diehabe ganz was anderes gelehrt.Ich danke Ihnen, daß Sie mir dies Stündchen geschenkt haben. Heute Abendsind viele meiner Anhänger mit mir hierhergekommen, und meine Unterhaltung— 397 —


mit Euch ist auch ihnen von Nutzen, ihr Unterbewußtsein schläft noch und mußwachgerüttelt wer<strong>den</strong>.Frage: Ist die kleine Flugschrift, die kürzlich <strong>unter</strong> dem Titel "Frau EddysBeichte aus der Geisterwelt" veröffentlicht wor<strong>den</strong> ist, wirklich von Ihnen?Geist: Ja gewiß! Ich suche auf jede Weise zu Worte zu kommen, und das sollhier nicht etwa das letzte Mal sein. Ich werde vielmehr jede Gelegenheit benutzen,die sich mir bietet, um an meine Leute heranzukommen und die Wahrheitzu verkün<strong>den</strong>.Ihr werdet auch von anderen hören, daß ich zu ihnen gesprochen habe. Ichwerde gerade <strong>den</strong> erwähnten Punkt überall immer wieder zur Sprache bringen.Die Menschen glauben mir jetzt nicht, aber ich werde nicht nachlassen; ichwerde nicht ruhen und mir besondere Stützpunkte suchen, von <strong>den</strong>en aus ichwirken kann.Ich wünschte wohl, Ihr hier würdet mir helfen, diese Mitteilungen zu verbreiten.Dazu ist gar nicht viel nötig, nur dann und wann ein bißchen daran <strong>den</strong>ken hilftschon mit. Wenn ich mal wiederkommen darf, dann will ich meine Leutezusammenrufen und mit hierher bringen, um hier zu ihnen sprechen zu können.Denn ich kann <strong>bei</strong> ihnen leichter etwas erreichen, wenn ich mich selbst im Körpereines Mediums befinde.— — —Ein weiterer Beweis für die Tatsache, daß Frau Eddy schon zu ihren irdischenLebzeiten über das Jenseits und <strong>den</strong> Zustand der Erdgebun<strong>den</strong>heit Bescheidgewußt hat, findet sich in einer der ersten Ausgaben des Lehrbuchs der ChristlichenWissenschaft in dem Kapitel über "das Wissen vom Sein".Dort heißt es: Wenn Menschen die Grundlage, das Gesetz und die Erscheinungendes Daseins noch gar nicht begriffen haben, bevor der sogenannte Tod übersie kommt, dann steigen sie nicht auf der Stufenleiter des Daseins hinauf zu diesemeinzigartigen Punkte des Erlebens, sondern bleiben genauso materiell wievor ihrem Abschei<strong>den</strong>, suchen weiter ihr Glück durch eine materielle anstattdurch eine geistige Lebenseinstellung zu erreichen und handeln aus niederenselbstsüchtigen Beweggrün<strong>den</strong>. Solange sie in dem irrigen Glauben befangensind, daß Leben und Geist endlich und irdisch seien und sich nur durch Gehirnund Nerven kundgeben könnten, so lange bleiben sie auch von Krankheitengeplagt und in der Gewalt von Sünde und Tod. Auf die anderen, — nämlich diegeistigen Menschen — bezieht sich das Wort der Schrift, daß über sie der zweiteTod keine Macht habe.Als ein Beispiel für die Schwierigkeiten, <strong>den</strong>en sie <strong>bei</strong> ihrer Aufklärungsar<strong>bei</strong>t<strong>unter</strong> ihren Anhängern begegnet, brachte uns Frau Eddy einen Geist, der über<strong>den</strong> Lehren der Christlichen Wissenschaft ganz fanatisch gewor<strong>den</strong> war.— — —— 398 —


Sitzung vom 16. Juni 1918Geist: Was ist <strong>den</strong>n das hier für eine Versammlung?Doktor: Diese Versammlung hat <strong>den</strong> Zweck, unwissen<strong>den</strong> Geistern zu helfen —Geistern in Finsternis.G. Wir sollten nicht so viel singen, wie wir es tun, <strong>den</strong>n das ist irdischmenschlich.Wir sollten schweigen und uns sammeln, um Erkenntnis zugewinnen.Dr. Was sollen wir <strong>den</strong>n erkennen?G. Die Wahrheit.Dr. Was ist das?G. Der Geist Gottes.Dr. Und was ist das?G. Wenn Sie das nicht wissen, dann müssen Sie erst noch gründlicher studierenund lernen.Dr. Wenn Sie uns etwas über Gott oder Geist sagen könnten, wür<strong>den</strong> wir allemit Freu<strong>den</strong> zuhören.G. Gott ist Alles in Allem, und wir sind Teile dieser großen Gottheit. Wir solltenunsere Gedanken sammeln und ganz auf diesen großen Geist richten.Wir sollten die feineren Kräfte in uns zur Entfaltung bringen — aber ichbin doch nicht hier, um hier irgendwem Rede und Antwort zu stehen.Dr. Machte es Ihnen <strong>den</strong>n gar keine Freude, uns zu belehren?G. Ich weiß ja gar nicht, ob Sie hier zur Kirche gehören.Dr. Sagten Sie nicht eben, Gott sei Alles in Allem? Dann sind doch auch wirTeile von ihm.G. Wenn Sie die rechte Erkenntnis haben, dann sind auch Sie es. Haben Siediese Erkenntnis aber nicht, dann sind Sie auch kein Teil Gottes. Dann sindSie noch mehr irdisch gesinnt.Dr. Sind wir dann nicht Teile Gottes, wenn doch Gott Alles in Allem ist?G. Ich habe keine Lust, Ihnen auf Ihre Fragen zu antworten.Dr. Ist der Menschenverstand nicht auch von Gott? Was wird aus <strong>den</strong> Menschennach dem Tode?G. Ich habe mit dem Tode nichts zu tun.Dr. Haben Sie Gott gefun<strong>den</strong>?G. Gott ist in Ihnen, wenn Sie die Wunder Seiner Werke recht erkannt haben.Dr. Wie steht es <strong>den</strong>n <strong>bei</strong> Ihnen selbst damit?G. Ich bin eins mit dem großen Geiste, weil ich die rechte Erkenntnis habe.Dr. Erkenntnis wovon?G. Von Gott und der rechten Entfaltung unseres Selbst.Dr. Soweit ich das beurteilen kann, haben Sie anscheinend ein gutes StuckSelbstsucht entfaltet.G. Das gehört ja nur in die menschliche Vorstellung.Dr. Was geschieht <strong>den</strong>n mit <strong>den</strong> Menschen, wenn sie ihren Körper ablegen?G. Sie kehren zurück ins Unendliche.Dr. Wo gehen sie <strong>den</strong>n da hin?— 399 —


G. Wissen Sie das nicht? Ich weiß es, aber ich habe keine Lust, darüber zusprechen, ich streite nicht. Ich bin für mein Teil im Bilde, habe aber garkeine Lust, andere zu belehren. Ich bin eine Seiner Auserwählten.Dr. Und da<strong>bei</strong> haben Sie keine Lust, unwissende Menschen zu belehren?G. Nein, ganz und gar nicht.Dr. Zu welcher Kirche gehören Sie <strong>den</strong>n?G. Ich gehöre zur Kirche der Erkenntnis.Dr. Wo gibts <strong>den</strong>n die?G. Es ist die Kirche, die über die ganze Welt ausgebreitet wer<strong>den</strong> sollte; dieKirche, in der die Menschen zur Erkenntnis kommen und wissen, daß sieüber die Materie Herr wer<strong>den</strong>, sich über das irdisch-meschliche Denkenerheben und mit dem Unendlichen eins wer<strong>den</strong> können.Dr. Sind sie Christliche Wissenschafterin?G. Ja. Warum habe ich <strong>den</strong>n wohl herabsteigen müssen zu solchen weltlichgesinnten Menschen?Dr. Ist es ihnen nicht <strong>den</strong>kbar, daß Sie doch wohl einen falschen Weg eingeschlagenhaben müssen, weil er sie zu solchen Leuten wie uns herabgeführthat? Meinen Sie nicht, daß es Ihnen mehr Seelenfrie<strong>den</strong> gegeben hätte,wenn Sie die Bibel gelesen und studiert und sich daraus über das wirklicheGeheimnis des Lebens ein Bild gemacht hätten? — Ist es nicht rechtbefremdlich, daß Sie hier <strong>unter</strong> solch gewöhnliches Volk geraten mußten,wie wir es doch sind?G. Ich kann mir nur <strong>den</strong>ken, daß ich zu einer Art Missionstätigkeit an Euchhierher gesandt wor<strong>den</strong> bin. Vermutlich soll ich Euch von Eurer weltlichenGesinnung bekehren. Ihr mußt ganz Güte und <strong>Liebe</strong> sein — eins mit demUnendlichen. Ihr habt noch keine Erkenntnis. Ich soll Euch allen helfen,zur Erkenntnis zu kommen. — ihr müßt nun gleich <strong>den</strong> ersten Schritt tunund Frau Eddys Bücher lesen, dann werdet Ihr eins mit dem Unendlichenund erhebt Euch über die weltliche Gesinnung. So geht man Schritt fürSchritt vorwärts. — Ihr habt noch allerlei durchzumachen, um zur Erkenntniszu gelangen. Aber wenn Ihr fleißig lest und studiert, könnt Ihr bis zudem unendlichen Gott emporgeführt wer<strong>den</strong>. Von dem Unendlichen habtIhr noch keinen Begriff.Dr. Welchen Namen gibt diese "Unendliche" <strong>den</strong>n Ihnen?G. Ich habe keine Lust mich in eine Unterhaltung oder Auseinandersetzungmit ihnen einzulassen.Dr. Wie haben Sie <strong>den</strong>n als Er<strong>den</strong>mensch geheißen?G. Wie ich geheißen habe? Namen sind doch irdisch-menschliche Angelegenheiten,und damit habe ich nichts mehr zu tun. Das verträgt sich nicht mitmeiner Würde und zieht mich herab. — Ich bin gekommen, Euch über dasUnendliche, <strong>den</strong> Geist in Euch, zu belehren.Dr. Haben wir Ihnen für Ihre Belehrung 2 Dollar zu bezahlen?G. Das ist eine irdische Angelegenheit. Entfacht <strong>den</strong> göttlichen Funken inEuch dann werdet Ihr Euch bis zum unendlichen Gott erheben.Dr. Trauen Sie uns zu, daß wir jemals solche Höhe erreichen können?— 400 —


G. Ja, durch fleißiges Studieren und immer wieder Studieren. Es ist die einzigmögliche Erlösung für Euch.Dr. Sie sind uns anscheinend schon so weit voraus, daß Sie mit uns wohl inkeinem einzigen Punkte mehr übereinstimmen.G. Ich habe alles irdische Denken hinter mir gelassen, und wir haben es nichtnötig, einen Schritt nach rückwärts zu tun; wir schreiten vorwärts.Dr. Es ist schmerzlich, wieder ganz ins Irdisch-Menschliche hinabsteigen zumüssen, nicht wahr? Ein altes Sprichwort sagt schon: "Wer hoch steht,kann tief fallen".G. Was seid Ihr eigentlich für Leute?Dr. Wir sind Leute mit gesundem Menschenverstand, die so ganz richtigmenschlich <strong>den</strong>ken.G. Dann muß ich Euch auf eine höhere Stufe bringen.Dr. Wie heißen Sie <strong>den</strong>n?G. Nennt mich nur "Unendliche".Dr. Christus ging doch mitten <strong>unter</strong> die Sünder. Sind Sie <strong>den</strong>n etwas Besseresals Er?G. Ich bin eins mit dem unendlichen Gotte selbst.Dr. Haben Sie Gott gesehen?G. Gott ist inwendig in Euch. Ihr seid Teile des Unendlichen. Bei Ihm, demGott des Alls, ist man glückselig, alles ist höchste Wonne und Harmonie.Dr. Wie sind Sie eigentlich hierher zu uns gekommen?G. Ich nehme an, ich bin zu Euch gesandt wor<strong>den</strong>, um Euch zu belehren.Dr. Sie sprachen vorhin von einer Aufwärtsentwicklung, und daß Gott Alles inAllem sei. Ist Er auch in Ihnen?G. Ich bin eins mit dem Unendlichen. Ich bin in <strong>Liebe</strong> verbun<strong>den</strong> mit Gott unddem Unendlichen. Ihr hier seid ja noch ganz im Sarge der Sterblichkeit undhabt noch gar keine Erkenntnis.Dr. Das ist ja eine äußerst klare Darlegung.G. Wir müssen über das Irdische hinauswachsen; es ist alles Täuschung.Dr. Bei Ihnen oder <strong>bei</strong> Uns?G. Ich soll Euch helfen, höher zu steigen. Ich bin gekommen, Euch alle zubelehren und Euch zu helfen, zur Erkenntnis zu kommen und mit .demUnendlichen eins zu wer<strong>den</strong>.Dr. Dazu ist doch gewiß ein Gedankenaustausch recht dienlich.G. Ich bedarf keiner Belehrung. Ich bin eins mit dem, der Alles in Allem ist.Dr. Was wird <strong>den</strong>n nach Anschauung der Christlichen Wissenschafter ausihnen, wenn sie sterben?G. Sie wer<strong>den</strong> zu einem Teil der Gottheit. Ich war Mitglied einer der Kirchender Christlichen Wissenschaft, und zwar gehörte ich zu der Mutterkirche inBoston. Ich bin eine der Auserwählten.Dr. Haben Sie Frau Eddy mal gesehen?G. Frau Eddy ist Christus selbst. Sie ist mein Christus; sie ist Gott selbst. Sieist die wundervollste Frau auf Er<strong>den</strong>, und sie allein sollten wir anbeten.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon so radikal in diesem Punkte?— 401 —


G. Darauf antworte ich nicht.Dr. Wie lange ist Frau Eddy schon tot?G. Ich habe keine Lust, mich mit Ihnen in einen Wortstreit einzulassen.Dr. Wer ist <strong>den</strong>n zuerst gestorben, — Sie oder Frau Eddy?G. (sehr barsch) Darauf antworte ich nicht.Dr. Ich hätte nicht gedacht, daß Sie so unliebenswürdig sein können.G. Frau Eddy ist überhaupt nicht gestorben und wird auch niemals sterben,<strong>den</strong>n sie ist die Verkünderin des unendlichen Geistes.Dr. Haben Sie Frau Eddy mal gesehen?G. Sie ist in Boston.Dr. Nein, sie ist tot.G. Sie ist nicht tot und wird auch nicht sterben.Dr. Frau Eddy ist vor einigen <strong>Jahre</strong>n gestorben.G. Ihren Lehren nach sollte sie aber überhaupt nicht sterben. Sie wird aus demSarge des menschlichen Leibes in die Unendlichkeit eingehen.Dr. Wie lange sind Sie <strong>den</strong>n schon tot?G. Ich bin nicht gestorben; ich habe nur <strong>den</strong> Sarg meiner Sterblichkeit verlassen.— Ich bin eine gute Ausüberin gewesen.Dr. Wie sind Sie <strong>den</strong>n bis nach Kalifornien hierher nach Los Angeles gekommen?G. Ich bin ja gar nicht in Los Angeles, ich bin in Boston.Dr. Höhere Geister haben Sie hierher gebracht, um Ihnen Hilfe angedeihen zulassen.Aber diese Ärmste war so in ihre Ideen verrannt, daß sie sich nichts sagen lassenwollte. So wurde sie fortgenommen, und nach ihr trat Frau Eddy in das Mediumein.— — —Sitzung vom 16. Juni 1918Geist: Mary Baker EddyGuten Abend. Ich bin Frau Eddy — Mary Baker Eddy. Es lag mir sehr daran,wieder einmal hierher zu kommen und Ihnen vor Augen zu führen, mit was fürSchwierigkeiten ich zu kämpfen habe. (Bezieht sich auf <strong>den</strong> Geist, der vor ihrgesprochen.)Wenn Menschen erst mal so verrannt sind, kann ich mit ihnen nichts anfangen,bis sie noch einmal enge Fühlung mit der Materie genommen haben.Ich bin so unglücklich und verzweifelt, <strong>den</strong>n ich habe mir selbst <strong>den</strong> Weg verbaut.Ich brauche Sie, lassen Sie mich wieder zu Ihnen kommen, damit ich meine Hilfeleistungauf recht viele Geister ausdehnen kann (indem sie durch das Mediumzu einer unsichtbaren Zuhörerschaft spricht), die von meiner Lehre dieselbetörichte Auffassung haben.— 402 —


Wenn ich der richtigen, geistigen Erkenntnis Eingang verschafft und die wirklicheWahrheit auf Er<strong>den</strong> verkündet hätte, wür<strong>den</strong> die Dinge ganz anders aussehen.Da<strong>bei</strong> habe ich's gewußt, ich kannte die Wahrheit.Wir sollten uns zusammentun, um als fest geschlossene, starke Einheit zu wirken.Denn ich kenne die Macht der Konzentration und wünschte nur, ich hattesie der ganzen Welt <strong>bei</strong>bringen können.Wenn ich doch nur zurückkehren und meinen Leuten erzählen könnte, was ichjetzt zu tun habe. Ein Beispiel davon habt Ihr ja heute Abend zu sehen bekommen.Ich hatte <strong>den</strong> Barmherzigkeitsbund gebeten, eine meiner Anhängerinnenherzubringen, um einmal zu zeigen, mit was für Schwierigkeiten ich zu kämpfenhabe. Mit diesem einen Fall haben wir an die hundert ähnlichen Geistern dieVerranntheit in ihre irdisch-menschliche Auffassung vor Augen führen können.Sammelt Eure Gedanken in ständiger Übung, wieder und immer wieder undrichtet sie beharrlich auf ein und <strong>den</strong>selben Gegenstand, indem Ihr immer wiederdarüber lest. Das war der Weg, <strong>den</strong> ich wies, auf dem man zur Erkenntniskommen könne. Ich habe meine Anhänger angewiesen, meine Schriften zu lesenund sie wieder und immer wieder zu lesen, bis sie ihnen zur zweiten Naturgewor<strong>den</strong> wären.Solange der Mensch in der Materie lebt, soll auch sein Geist nicht ohne Nahrungbleiben. Aber wenn meine Anhänger ins Jenseits übertreten, wo es keine Materiemehr gibt und die trügerische Wahrnehmung der körperlichen Sinne vonihnen abgefallen ist, dann stehen sie da, wie ihr sie oben gesehen habt.Was kann ich mit ihnen anfangen? Wieviel könntet Ihr <strong>unter</strong> ähnlichen Verhältnissenmit ihnen erreichen?Das ist jetzt meine Ar<strong>bei</strong>t, und sie wird noch immer größer wer<strong>den</strong>. Täglichkommen immer mehr von meinen Anhängern hier an. Ich gebe mir alle Mühe,ihnen zu helfen; <strong>den</strong>n ich habe sie ja durch meine Lehre in die Irre geführt undnicht die Wahrheit gelehrt.Ich bin sehr unglücklich und wünschte, ich könnte sie dazu bere<strong>den</strong>, sich demGeiste wahrer Erkenntnis zu öffnen und nicht in einem fort zu lesen und immerwieder zu lesen und Konzentrationsübungen zu machen.In jeder Kirche, überall, wo wir in <strong>den</strong> Vereinigten Staaten Kirchen haben, legensie je<strong>den</strong> Sonntag <strong>den</strong> gleichen Abschnitt meines Lehrbuches ihrer Betrachtungzugrunde. Auf diese Weise bil<strong>den</strong> sie rundumher einen großen Kreis und entfalteneine starke Anziehungskraft, durch die sie viele Menschen in das gleicheElend hineinziehen.Wenn sie dann hier drüben ankommen, hängen sie sich an mich, — hängen sichganz fest an mich, und was soll ich tun? Wenn ich ihnen nun die selbstverständlichstenDinge darlege, wie ich sie ihnen auf Er<strong>den</strong> hätte <strong>bei</strong>bringen sollen, dannglauben sie mir nicht.— 403 —


Da<strong>bei</strong> habe ich Bescheid gewußt, ich kannte die wirkliche Wahrheit und hatteauch großen Einfluß; aber ich war zu sehr auf meinen eigenen Ruhm bedacht.Ich wollte eine eigene Religion haben und zwar eine, die in der ganzen Weltbekannt sein sollte.Und was habe ich jetzt? Wenn meine Anhänger ins Jenseits kommen, ist ihnenalles verschlossen, und ich kann ihnen die Tür nicht öffnen. Wie soll man mitjenem Geiste, der vorhin hier war, einen Schritt vorwärts kommen?Ich bin dem Barmherzigkeitsbund sehr dankbar und auch Euch allen hier, <strong>den</strong>ndurch die heutige Sitzung haben wir diese Verstorbene in die Geisterwelt hineinbekommen,und hier wird man sie durch eigene Anschauung weiter belehren.Heute Abend waren viele Christliche Wissenschaftler hier und haben gesehen,wie töricht und albern das alles ist. Da<strong>bei</strong> gingen ihnen die Augen auf, und dannhaben befreundete Geister sie mitgenommen. Nur hei der einen hier haben wirnichts ausrichten können; aber sie war ein überzeugendes und recht anschaulichesBeispiel, um die anderen zur Einsicht zu bringen, und mit der Zeit wirdman auch ihr selbst helfen können.Meine Anhänger lesen und lesen, und die Mehrzahl kommt herüber ohne jedeErkenntnis. Ich habe ihnen <strong>den</strong> Weg dazu versperrt, und das ist hart.Es ist noch leicht für sie, solange sie im Körper leben. Aber wenn sie ihren Körpererst abgelegt haben, dann sehen sie gar nichts. Es gibt für sie keine Geisterwelt,sondern immer bloß das Unendliche. Durch meine Lehre habe ich ihnen<strong>den</strong> Zugang zur Geisterwelt verschlossen und sie angehalten, immer nur meineBücher zu lesen.Ich wollte eine eigene Religion bringen.Ich bin Trance-Medium gewesen und habe Trance-Re<strong>den</strong> gehalten; aber ichmuß eingestehen, das kam mir zu gewöhnlich vor. Ich wollte an die Gebildetenheran und hatte gemerkt, daß mit dem Spiritismus <strong>den</strong> Menschen, die ich gerngewinnen wollte, nicht <strong>bei</strong>zukommen ist. So nahm ich <strong>den</strong>n Dr. Quimbys Lehreund verband damit das, was ich in meiner Schauung erlebt hatte, von der ichEuch ja früher schon erzählt habe, wo ich Zeuge gewesen, wie in der GeisterweltVerstorbene angewiesen wur<strong>den</strong>, ihre irdisch-menschlichen Vorstellungenabzutun..Wohlgemerkt, ich hielt regelmäßig Vorträge in Boston. Ich war sehr eingebildet,wollte etwas bedeuten und eine Art Religion lehren, die mir eine große Anhängerschaftbringen sollte.Ich habe mir einstmals gewünscht, an meinem Geburtstage sollten in <strong>den</strong> VereinigtenStaaten die Kirchenglocken läuten; und noch bevor ich starb, war dieserWunsch in Erfüllung gegangen. Ich wollte eine Persönlichkeit sein, zu der manaufschauen sollte.Erzogen bin ich wor<strong>den</strong> in einer so engen Rechtgläubigkeit, daß ich dann spätermit keiner Kirche etwas zu tun haben wollte. Zuerst wendete ich mich dem Spi-— 404 —


itismus zu und fand ihn weit besser als die starren Kirchenlehren. Ich war mehrere<strong>Jahre</strong> Anhängerin des Spiritismus, merkte aber, daß ich damit nicht weitkommen konnte, und wurde schließlich regelrecht besessen.Was ich in Schauungen alles erlebt habe, das habe ich in meiner Schrift "Wissenschaftund Gesundheit" niedergelegt. Das Buch kam ganz und gar auf medialemWege zustande. Es ist nicht meinem eigenen Gehirn entsprungen.Wenn ich damit doch nur die Wahrheit verbreitet hätte, wie mein Bruder ausdem Jenseits her mir das nahegelegt hatte, — aber ich wollte nicht. Ich tatgerade das, wovon mein Bruder Albert mir abgeraten hatte, und verschloß michso allen weiteren Ratschlägen von seiner Seite.In meiner letzten Lebenszeit war ich kaum noch ich selbst. Mein ganzes Lebenhindurch befand ich mich mit meinem Bewußtsein mehr auf der unsichtbarenEbene. Ihr wißt ja, ich war ein Medium und wäre ein sehr gutes gewesen undhätte der Welt durch meine medialen Kräfte sehr viel bessere Dienste leistenkönnen, als ich es getan. Schließlich war ich viel zu sehr besessen, als daß ichfür all mein Tun noch verantwortlich gewesen wäre.Wenn ich meine medialen Kräfte richtig ausgenutzt hätte, hätte ich Tausen<strong>den</strong>helfen können.Jetzt habe ich mich abzuquälen mit solchen Verrannten, wie Ihr sie heute Abenderlebt habt. Solange meine Anhänger noch im Körper leben, sind sie ganz vernünftigaber sobald sie ihren Körper abgelegt haben, dreht sich alles mit ihnenim Kreise. Meine Anhänger sind genau so übel daran, wie die Bekenner einerstarren Kirchenlehre. Sobald sie verstorben sind, nehmen sie nichts anderesmehr wahr, als was sie sich aus ihrer irdisch-menschlichen Einbildung herausselbst vorstellen.Es tut Euch vielleicht leid, daß es Euch nicht gelungen ist, die Verstorbene, diesich heute Abend hier kundgab, zur Einsicht zu bringen. Aber gerade die Erfolglosigkeit<strong>bei</strong> ihr hat Hunderten anderer die Augen geöffnet, und sie haben darangesehen, wie albern das alles ist; und so war ihnen Euer Zwiegespräch doch eineHilfe. Das Zimmer war gedrängt voll Menschen, und ich hoffe, Ihr werdet alleweitherzig genug sein, Euch niemals gegen die Tatsachen des Geisterverkehrsund die herrliche Wahrheit des persönlichen Fortlebens einnehmen zu lassen.Euch allen meine Segenswünsche! Ich <strong>unter</strong>stütze Euch und helfe Euch tatkräftigund hoffe, Ihr werdet mir erlauben, zuweilen wieder einmal solch Unglücklichenherzubringen. Ich bin Euch sehr dankbar dafür, daß Ihr mir <strong>den</strong> Zutrittoffen haltet. Ich bin ja doch auch nur ein Mensch und nicht unendlich.Wir haben alle unsere Höhen und Tiefen, hier sowohl als auch drüben. Die Menschen<strong>den</strong>ken, wenn sie sterben, dann ändere sich ihr Zustand; das ist aberdurchaus nicht der Fall.— 405 —


Meine Anhänger sind besonders festgelegt in der Weise, daß alles, was vonaußerhalb ihrer selbst an sie herantritt, ihnen als irdisch-menschliche Vorstellung,also als trügerisch, und nur Ihr eigener Geist als unendlich gilt.Viele Mitglieder meiner Kirche sind zur Neugeistbewegung übergegangen.Durch Neugeist kommen sie in eine gesundere geistige Anschauungsweise.Neugeist ist freiheitlicher.In Neugeist entfalten sie sich und haben Gelegenheit, mit der Wahrheit des persönlichenFortlebens bekannt zu wer<strong>den</strong>. Auch lesen sie allerhand andereBücher.Ich habe meinen Anhängern geradezu verboten, etwas anderes zu lesen alsBücher der Christlichen Wissenschaft. Das geschah aus reiner Selbstüberschätzung.Ich wollte eine eigene Kirche haben mit einer Gemeinde, die ich ganz inder Hand hätte.Wie sehnlich wünschte ich, ich hätte die Menschen über die Besessenheit aufgeklärt,von der ich genau wußte, daß sie Tatsache ist. Das habe ich leider nichtgetan. Als ich noch Trance-Sitzungen hielt, habe ich eine ganze Mengegeschrieben; und wenn ich dann wieder zu mir kam, wollte ich durchaus nichtwahrhaben, was da stand.Ich war besessen von einem Geiste, der durchaus haben wollte, daß ich in dieserWeise wirkte, und ich konnte auch eigentlich gar nicht dagegen an. Hätte ich dieBücher nur herausgebracht so wie sie mir (durch mediales Schreiben) gegebenwor<strong>den</strong> waren und ihre Herkunft glaubhaft bezeugt, ich hätte auf die ganze Weltumwälzend wirken können.Nochmals möchte ich Euch danken und hoffe, ich kann ein andermal wiederkommen.Auch Ihnen, liebe Frau M. (im ersten Sitzungsbericht dieses Kapitels erwähnt),möchte ich danken, <strong>den</strong>n Ihr Mann hat mir ganz im Anfang viel geholfen (in derGeisterwelt). Er war es, der mir zu einer besseren Einsicht verholfen und michhierher gebracht hat, wo ich Hilfe fand.Ich hoffe, Ihr habt so guten Erfolg, wie Ihr Euch wünscht. Denkt immer nur, daßder Erfolg ja gar nicht ausbleiben kann und laßt überhaupt nicht erst Besorgnisaufkommen, es könne Euch mißlingen. Über die ganze Welt hin wird sich diewundervolle Kunde verbreiten, daß das persönliche Fortleben wahr und wahrhaftigTatsache ist, und welche große Rolle hier im Er<strong>den</strong>leben die Besessenheitspielt. Und durch Euren Kampf gegen die Besessenheit werdet Ihr mehr Menschenheilen, als es mir möglich gewesen ist.Wenn oftmals <strong>bei</strong> unseren Behandlungen ein ganz unmittelbarer Heilerfolg eintrat,dann handelte es sich immer um die Austreibung eines Besessenheitsgeistes.Ihr müßt Euch vorstellen, daß sich ja alle Heiler mit der Macht der gesamtenKirche zu einer gemeinsamen gedanklichen Einwirkung zusammenschließen,— 406 —


um dem Kranken zu helfen; und diese gesammelte Kraftwirkung ist so stark,daß in ihrem Bereiche eine Besessenheit nicht bestehen bleiben kann.Viele der von mir Geheilten sind besessen gewesen und verdanken ihre Gesundungder beharrlichen gedanklichen Sammlung auf die Vorstellung, daß sie jagar nicht krank seien. Wie kommt diese Hilfe zustande? Ich will es Euch erklären.Gewöhnlich sagt der Arzt einem Kranken, er habe die und die Krankheitund macht ihn dadurch ängstlich.Nehmen wir einen Fall von Gallensteinen. Es ist gar nicht so leicht, in solchemFalle eine sichere Diagnose zu stellen. Der Doktor spricht es aber aus, derKranke habe Gallensteine; manchmal operiert er sogar, wo er es lieber hätte lassensollen.Manchmal wird der Kranke auch ohne Operation wieder gesund. Das hat seinenGrund in seiner Gemütsverfassung. — Doch gewöhnlich <strong>den</strong>kt der Krankeunentwegt immer nur an Gallensteine, Gallensteine, bis er schließlich überhauptnichts anderes mehr <strong>den</strong>ken kann.Ihr wißt doch, der Mensch hat in sich eine schöpferische Kraft. Wir haben einenFunken des Unendlichen in uns. Aus eben demselben Göttlichen Feuer hat Gottdie Welt geschaffen und alles, was in ihr ist, und uns Menschen als einen Teildarin. Jeder von uns besitzt ein gut Teil dieser Schöpfermacht, und wenn manseinen Geist mit dieser Kraft wirken läßt, gestaltet man sich auch seine VerhältnisseWenn Ihr zu einem meiner Praktiker geht, so ist das erste, was geschieht, daß erEure Gedanken von Eurer Krankheit ablenkt. Ihr werdet in Fernbehandlunggenommen, um zunächst einmal Eure Angst loszuwer<strong>den</strong>.Ihr habt die gleiche Schöpferkraft in Euch selbst.In einem Fall von Diphtherie kann der Geist zwar auch helfen, aber Krankheitskeimekönnen wir nicht töten. So gibt es mancherlei, wo<strong>bei</strong> wir nichts ausrichtenkönnen. Aber wir haben Erfolg <strong>bei</strong> chronischen Fällen.Da haben wir mehr Erfolg, weil <strong>unter</strong> ihnen so viele besessen sind. Wenn manAngst hat, ist man negativ.Ich will Euch <strong>bei</strong>stehen, der Welt die Bedeutung der Besessenheit klarzumachen.Lehrt, was wirklich wahr ist, und kehrt Euch nicht an das, was die Menschendarüber <strong>den</strong>ken.Wenn ich doch nur in meine Mutterkirche gehen und ihnen die Wahrheit verkün<strong>den</strong>könnte!<strong>Herzlich</strong>en Dank jedem einzelnen von Euch, ich komme mal wieder.Es folgen noch weitere Nachrichten aus derselben Quelle.— — —— 407 —


Sitzung vom 2. Dezember 1919Geist: Mary Baker EddyIch hatte so großes Verlangen, wieder einmal zu kommen, um mit Euch überEure Ar<strong>bei</strong>t zu sprechen. Was für ein Segen ist das doch für die Menschheit,wenn zu gleicher Zeit einem Kranken hier auf Er<strong>den</strong> und einem Geiste geholfenwird, der, ohne es zu merken und ohne vom Jenseits etwas zu wissen, verstorbenist.Ich verschloß die Tür, die ich weit hätte öffnen sollen, um der Welt bekannt zugeben, was ich wußte. Ich hatte die Kraft und war von Gott mit einer Begabungausgestattet, daß ich der Menschheit hätte helfen und sie hätte belehren können,daß es nach diesem Leben auf Er<strong>den</strong> ein ewiges Weiterleben gibt.Ich war ein Medium und hätte dazu helfen können, die Verbindungstür zwischender Geisterwelt und <strong>den</strong> Menschen auf Er<strong>den</strong> offen zu halten. Stattdessen ha<strong>bei</strong>ch sie zugeschlagen aus ganz eigensüchtigen Grün<strong>den</strong>. Ich wollte durchausetwas ganz Neues bringen, was man bisher noch gar nicht kannte, und eineeigene Religion begrün<strong>den</strong>.Ich habe die falsche Lebensreligion gelehrt und die Wahrheit des persönlichenFortlebens geleugnet. Statt ihrer suchte ich andere Dinge auszugeben, die mehrnach meinem Geschmack waren — wieder meine Selbstsucht.Ich habe mir selbst und meinen Anhängern die Tür zum Jenseits verschlossen.Wenn Ihr mir doch helfen könntet, diese Tür wieder zu öffnen und ihnen zusagen, daß ich mein Bestes tue, um meinen Anhängern die Augen zu öffnen.Sagt ihnen, sie sollen sich der Wahrheit nicht verschließen.Wahrheit bleibt zwar Wahrheit, wo man sie auch findet, aber man soll sie nichtin Abrede stellen, wenn man ihr begegnet. Und gerade das habe ich getan undhabe dafür jetzt soviel auszustehen.Hier kommen nun meine Anhänger, einer nach dem andern an. Je<strong>den</strong> Tag kommeneinige hierher auf die geistige Ebene, und ich gebe mir alle Mühe, ihnenvon <strong>den</strong> Herrlichkeit der Geisterwelt zu erzählen.Aber sie sagen: "Nein, du bist nicht Frau Eddy, <strong>den</strong>n die hat das nicht gelehrt,als sie auf Er<strong>den</strong> war. Du bist eine Betrügerin." Und dann gehen sie davon.Ihr seht, womit ich mich hier abzuquälen habe, und ich kann selbst nicht vorwärtskommen, bis ich nicht all diesen Unglücklichen die Augen habe öffnenkönnen.Wir sollen Gottes wunderbare Offenbarungen in der Materie nicht leugnen, <strong>den</strong>nsie ist Wirklichkeit und keine bloße Einbildung. Ohne Materie kann man nichtleben. Und ohne Materie könnte es keine Offenbarungen geben.Ich habe die wunderbare Offenbarung der Materie geleugnet und nannte sie einebloße Einbildung und Täuschung.— 408 —


Wir haben nur ein Erkenntnisvermögen, das Gott jedem Sterblichen verliehenhat. Materie gehört nun mal zu allen gegenständlichen Dingen. Stofflichkeit gibtes sogar noch in der geistigen Welt, wenn auch eine mehr ätherische. Das wollteich nicht wahr haben. — Was ist mein geistiger Körper jetzt? Er ist noch in einerrecht dürftigen Verfassung, weil meine Seele so verkrampft war, und ich dieWahrheit durchaus nicht anerkennen wollte.Ich habe zwar zu Gott gebetet und gesagt, Gott sei Alles in Allem, Seine Offenbarungenseien herrlich, und wir sollten zu Ihm aufschauen.Wo ist Gott? Was ist Gott?Ich habe meinen Anhängern gesagt: "Gott ist <strong>Liebe</strong>, und <strong>Liebe</strong> ist Gott." Aberdieser Satz wurde <strong>bei</strong> ihnen zur leeren Re<strong>den</strong>sart.Wir müssen eine lebendige Vorstellung von Gott gewinnen und uns klar wer<strong>den</strong>,wo er ist. Gott ist Leben. Gott ist Elektrizität, weil Elektrizität Leben ist. AberElektrizität ist auch wieder nur ein Teil von Gottes wunderbaren Offenbarungen.Auch Blumen und Farben aller Art sind Wunder Seiner Offenbarung.Nehmt die Chemie, nehmt die geheimnisvollen Wunder des Lebens, nehmt dieWelt der Kleinlebewesen. All das leugnete ich. Ich stellte in Abrede, daß es soetwas wie Krankheit überhaupt gebe; ich bestritt das Vorhan<strong>den</strong>sein von Krankheitskeimen.Da<strong>bei</strong> ist es eine ganze Welt für sich und noch dazu eine Welt vollerWunder, die sich einem auftut, wenn man nur mal durch das Mikroskopschaut.Ich spreche jetzt von Dingen, die ich hier hinzugelernt habe.Körper und Geist sind auf das engste miteinander verbun<strong>den</strong> und dienen seinerwunderbaren Offenbarung. Doch <strong>den</strong> Körper kann ein winziger Bazillus töten,<strong>den</strong> Geist aber nicht. Wie kommt es, daß wir nicht einmal Kraft genug haben,über einen kleinen Bazillus Herr zu wer<strong>den</strong>?Indem ich die Materie leugnete, habe ich geradezu Gott geleugnet. Tun wir dochnur mal einen Blick in die Chemie, und sehen wir uns dort die wunderbarenVorgänge an. Das ist Materie. Aber habe ich mich damit befaßt? Nein, ebennicht!Es ist leicht gesagt: So etwas wie Materie gibt es ja überhaupt nicht, das ist allesnur Täuschung der menschlichen Sinne. Lernt aber erst einmal die Dinge wirklichkennen! Alles, was stofflich ist, je<strong>den</strong> Zustand der Materie muß man richtigkennen lernen.Mir sind jetzt die Augen aufgegangen. Ich wünschte, ich könnte noch malzurückkehren, um meine Anhänger über die Wunder der Natur zu belehren undihnen zu zeigen, was für Wunder auch wir tun können, indem wir gleichzeitigkranken Menschen und Geistern der Finsternis Hilfe bringen.— 409 —


Ich bin persönlich hier. Ich muß gut machen, was ich angerichtet habe; und ichspreche nicht nur hier, sondern überall. Ich bin gekommen, um Euch das ausdrücklichzu sagen.Ein jeder, der die Tür zur Geisterwelt einmal gefun<strong>den</strong> hat, soll sie doch nur jaoffen halten. Verschließt euch ihr nicht, stellt sie nicht in Abrede! Christus hatgesagt, man soll sein Licht nicht <strong>unter</strong> einen Scheffel stellen, sondern es anderenleuchten lassen.Christus hat gesagt "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nichtim Finstern wandeln." Christus war die leibhaftige Wahrheit. Wenn ihr dieWahrheit findet, lehnt sie nicht ab, sondern verkündet sie der Welt.Ich habe die Tür verschlossen. Ich wollte die Menschen gern in meiner Gewaltbehalten, und das habe ich auch getan. Jetzt habe ich dafür zu büßen.Heute Abend bin ich or<strong>den</strong>tlich froh in dem Gedanken, erdgebun<strong>den</strong>en Geisternhelfen zu können, die so schrecklich viel Unheil <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Menschen anrichten.Wenn ihr nur einmal sehen könntet, wieviel Geister so im Finstern leben undsich an die Körper der Menschen klammern, sie besessen machen und so vieleins Irrenhaus bringen, oder ins Jenseits befördern, indem sie ihnen das Lebenverkürzen. Da gibt es so viel Ar<strong>bei</strong>t zu leisten.Laßt uns alle gemeinsam Hand ans Werk legen, die Wahrheit vom Jenseitslebenzu verbreiten und auch <strong>den</strong> erdgebun<strong>den</strong>en Geistern zu helfen. Verwerft sienicht und nennt sie nicht Teufel. Sie sind nur unwissende Geister — geradesowie ich. Ich habe in der Welt etwas bedeuten wollen und meine Seele für Geldverkauft.Laßt uns alle gemeinsam zu Gott beten, daß er doch allen meinen Anhängern dieHerzen öffnen möge, damit sie Einblick bekommen können in das höhere Geistesleben.Wenn alle meine Kirchen in Heilstätten für erdgebun<strong>den</strong>e Geister umgewandeltwer<strong>den</strong> könnten, wie viel Gutes könnte damit geschehen! Wir könnten die Irrenhäuserleer machen und <strong>den</strong> Menschen aus ihrem Elend heraushelfen.Laßt uns <strong>den</strong> Unglücklichen helfen, anstatt sie in Irrenhäuser zu sperren, woman sie ganz verkehrt behandelt; <strong>den</strong>n man hat kein Verständnis dafür, daß dieArmen besessen sind und nur der Geister wegen lei<strong>den</strong>, von <strong>den</strong>en siebeherrscht wer<strong>den</strong>.Laßt uns alle eifrig bemüht sein, die Wahrheit zu verbreiten und jedem Besessenenzu helfen.Gott segne euch alle! Lebt wohl!— — —— 410 —


Sitzung vom 23. August 1922Geist: Mary Baker EddyIch wünschte, die Menschen könnten alle erkennen und begreifen, wie schönund einfach die Dinge liegen, wenn sie nur die Augen ihrer Seele aufmachen;aber sie sind so materiell, und ein wirkliches Dasein hat nach ihrer Auffassungnur das Grobstoffliche. Die Menschen können die geistigen Dinge eben nichtmit Hän<strong>den</strong> greifen.Die Bibel ist ein schönes Buch, wenn man sie mit geistigem Verständnis liestund nicht wörtlich nimmt, auch nicht als Geschichtswerk. Ich wollte das Wesendes Lebens ergrün<strong>den</strong> und in Erfahrung bringen, was <strong>den</strong>n das Ziel unseresLebens hier auf Er<strong>den</strong> ist.Wenn man nur mal aufhören wollte zu <strong>den</strong>ken und sich selbst ein bißchen beobachtenwürde, dann würde man schon sehen, wie wunderbar sich Gott in jedemeinzelnen Menschen offenbart. Da ist zunächst unser natürlicher Körper, — wieschön und wunderbar ist er gebaut. Aber um wie vieles wunderbarer ist unserinnerer Mensch.Wie wenige begreifen <strong>den</strong> wirklichen Sinn des Lebens; ihre Ansichten sindbloße Lehrmeinungen und Glaubenssätze. Es hält offensichtlich sehr schwer,<strong>den</strong> Menschen das begreiflich zu machen. Geht ihnen mal ein kleiner Lichtschimmerauf, dann trüben sie ihn gleich wieder, indem sie ihre Glaubensvorstellungenund angelernten Ansichten damit vermengen.Wenn sie doch nur natürlich sein und auf die Natur sehen wollten! Wohin manauch sieht, überall ist sie so einfach zu verstehen, und ihre feineren Kräfte kümmernsich weder um Glaubenssätze noch um Lehrmeinungen. Diese Kräfte liegenzwar nicht offen zutage, aber sie enthüllen sich doch dem Auge des Suchen<strong>den</strong>.An uns Menschen ist es, Gottes wunderbare Offenbarung in der Natur zu erkennen.Laßt uns auf diese Weise Gott anbeten. Laßt uns ihn ehren in dem wunderbarenGeiste, der in allem lebt.Laßt uns seine Kinder lieben! Wir alle sind Kinder Gottes, nicht nur mein Kindoder dein Kind, sondern alle. Denkt nicht, für euch gäbe es nieman<strong>den</strong> anders,ihr hättet nur für eure eigenen Kinder zu leben. Solche Einstellung ist geradezusündhaft und reinste Selbstsucht, <strong>den</strong>n damit tut der Mensch alles nur für sichselbst.Laßt uns <strong>Liebe</strong> spen<strong>den</strong>, wie Gott sie uns allen spendet! Laßt alle Tage dieSonne in uns und auf jedermann scheinen — nicht bloß auf einen oder zwei,sondern auf alle. Laßt die Sonne der Erkenntnis scheinen, sie läßt schöne <strong>Liebe</strong>sgedankensprießen.Ich wollte das wahre Leben erkennen. Ich habe da<strong>bei</strong> viel Schwierigkeitengehabt und habe sie noch, weil ich selbst leuchten und ein großes Licht seinwollte. Ich wollte bekannt wer<strong>den</strong> als einer der großen Menschheitslehrer.— 411 —


Ich habe große Schwierigkeiten zu überwin<strong>den</strong> gehabt, bis ich das Ziel meinesEhrgeizes erreichte. Ich bin da<strong>bei</strong> aller Art Studien nachgegangen, am eingehendstenaber dem Geheimnis der Suggestion.Wenn Ihr sie nur richtig anzuwen<strong>den</strong> und Euch zu sammeln verstündet! RichtetEure Gedanken fest auf einen Gegenstand und laßt nichts anderes in eure Vorstellungein; haltet eure Gedanken immer nur ganz fest gerade auf diesen einenGegenstand gerichtet.Übt das Vorstellungsvermögen und das Sammeln der Gedanken wieder undimmer wieder, dann gewinnt ihr Kraft und Macht. Wenn ihr etwas erzählt, dannsucht euch die Dinge lebhaft vorzustellen und in der Vorstellung zu behalten;haltet sie fest, <strong>den</strong>n ihr habt die Macht über sie. Man findet sich ja zu <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>stenZwecken zu gemeinsamer Wirkung zusammen, aber in einerGemeinschaft, in der man das Vorstellungsvermögen und das Sammeln derGedanken übt, liegt eine starke Macht.Ein Mensch kann durch suggestiven Einfluß seine ganze Zuhörerschaft in seinemBann halten, und indem man ihm Gefolgschaft leistet, wachsen einemselbst sogleich die Kräfte. Das habe ich erforscht, weil ich gern solche Machthaben wollte; und ich habe sie auch erlangt.Ja, diese Macht habe ich erlangt; aber etwas anderes, sehr viel Wichtigeres ha<strong>bei</strong>ch versäumt; und das war das Studium der feineren Naturkräfte. Statt dessenhabe ich mich selbst in eine Idee versponnen und mich in einem fort im Kreisegedreht. In diesem Kreise hielt ich auch meine Anhänger fest und ließ keinenwieder hinaus.Wenn ich nur getan hätte, was mir zuerst in einer Schauung gezeigt wor<strong>den</strong> war.Danach hätte ich gehen sollen; aber ich verschloß mich dem, weil ich meineLeute durch Suggestion halten wollte. Ich fühlte in mir die Macht, alles zubezwingen, selbst die Welt.Ich habe viel geleistet, aber es steckte Eigensucht dahinter. Anfangs meinte iches durchaus gut und habe auch Gutes geschaffen, aber ich war doch sehr aufmich bedacht. Ich bildete mir ein, ich hätte alles.Andere sind vor mir einflußreich und mächtig gewesen, und andere wer<strong>den</strong> esnach mir ebenso sein; ich aber hatte das Gefühl, ich hätte alles und hätte dasalles auch selbst entdeckt.Ich war nicht ehrlich. Ich hätte sagen sollen, ich habe die Wahrheit gefun<strong>den</strong>,und hätte sie anderen mitteilen sollen so, wie sie mir gegeben wor<strong>den</strong> war. Dashabe ich aber nicht getan. Ich gab es als meine eigene Erkenntnis aus und schloßdas Tor vor der eigentlichen Wahrheit.Gleich zu Beginn hatte ich die Wahrheit gefun<strong>den</strong>, versteifte mich dann aber aufLehrmeinungen. Das ist so die Art <strong>bei</strong> uns allen, die wir führende Leuchten seinwollen. Wir klammern uns immer an Lehrsätze und nicht an die Wahrheit.— 412 —


Durch Lehrsätze sind die Menschen anscheinend leichter zu halten als durch dieWahrheit. Je<strong>den</strong>falls lehren wir sie nicht so, wie wir es tun sollten. Da<strong>bei</strong> hieltedie Wahrheit allen Anforderungen stand, wenn wir sie nur nicht schmälerten.Alle Führer wollen ihre eigene kleine Lehre haben, damit Menschen um sichsammeln und zusammenhalten. Das gelingt immer nur für einige Zeit, <strong>den</strong>n dieWahrheit dringt doch durch und breitet sich aus.Fürchtet Euch nicht vor der Wahrheit und schämt Euch ihrer nicht! Einmalkommt für je<strong>den</strong> der Tag, an dem sie ihm aufgehen wird. Vorhan<strong>den</strong> ist sie undwird auch zur Blüte kommen. Verkleidet sie nicht erst mit Glaubens- und Lehrsätzen!Wenn ich die Wahrheit gelehrt hätte, wäre ich sehr viel glücklicher, und es wärefür meine Kirche sehr viel besser gewesen.Ich danke Euch dafür, daß Ihr meine kleine Mitteilung veröffentlicht habt.(Inder Zeitschrift "Reason") — Sie wird doch hie und da ein wenig Licht verbreiten.Mögen auch viele dagegen re<strong>den</strong> und darüber spotten, sie wer<strong>den</strong> mit ihremZweifel nicht viel Anklang fin<strong>den</strong>, weil ich als Geist anwesend sein und ihnendie Wahrheit eindringlich vorhalten werde.Ich bin mir niemals als schwaches Weib vorgekommen; ich habe immer dasGefühl gehabt, als hätte ich die Kraft, die Welt zu bezwingen. Diese Kraft könntauch Ihr haben, wenn Euch nur die Furcht keinen Strich durch die Rechnungmacht. Sammelt Eure Gedanken und verschließt der Furcht die Tür. Gewährt derFurcht überhaupt keinen Eingang.Wenn Euch Furcht anwandeln will, dann sprecht: "Nein, nein, nein, ich fürchtemich nicht. Ich behalte die Oberhand." Ihr werdet selbst überrascht sein, was Ihrfür Kraft habt. In so einem Augenblick kommt man sich wie ein Riese vor. Verschließtder Furcht die Tür und öffnet sie geistigen Mächten, dann wird die KraftGottes einfließen und Euch stark und erfolgreich machen. Dagegen kann mannie etwas erreichen, wenn man sich fürchtet.Nehmt Euch je<strong>den</strong> Tag nur 5 Minuten Zeit und übt das Sammeln der Gedankenzur Überwindung der Furcht, indem Ihr wieder und immer wieder die Wortesprecht: "Ich werde mich niemals fürchten. Ich kann es schaffen." Ihr werdetüber <strong>den</strong> Erfolg staunen.Überall gibt's Sorge und Angst. Die Sorge ist eine Schwester der Angst. Wennman dieser <strong>bei</strong><strong>den</strong> Herr gewor<strong>den</strong> ist, dann ist man stark und mächtig und kannauch als Heiler helfen. Man kann allen möglichen Menschen helfen, indem mannur ein paar Worte mit ihnen spricht.Als ich selbst Angst und Sorge bezwungen hatte, habe ich meine Gedanken ausgesandt,um Kranken Kraft und Gesundheit zu bringen. Das stärkte sie undnahm ihnen die Angst vor der Krankheit.Wenn man Menschen behandelt, dann ist das erste, ihnen die Angst und Sorgezu nehmen. Sie dürfen überhaupt nicht mehr an sich selbst <strong>den</strong>ken. Denkt mal— 413 —


gar nicht mehr an Euch, und Ihr werdet staunen, wie kräftig und wohl Ihr Euchdann fühlt. Das ist das Geheimnis der Gesundheit.Es braucht natürlich einige Zeit, bis man das kann. Aber laßt Euch nicht entmutigen.Wenn es dunkel ist, bekommen Furcht und Sorge leicht die Oberhand. Hatman sie aber erst einmal überwun<strong>den</strong>, dann ist man auch gesund. Man fühlt sichwohl, und es geht einem in jeder Hinsicht gut.Jetzt will ich eben noch mit ein paar Worten schildern, was ich in der Geisterwelterlebt habe.Erstlich war mir die Tatsache meines Übertritts auf die geistige Ebene insoferneine Überraschung, als ich meine gedankliche Sammlung beständig daraufgerichtet hatte, für immer am Leben zu bleiben. Ich hatte mir steif und fest eingebildet,ich würde nicht sterben. Ich hielt mir beständig <strong>den</strong> Gedanken vor: Esgibt keinen Tod, und ich sterbe nie.Ich nahm das zu buchstäblich und glaubte, mein Körper werde nicht sterben,und ich für ewig auf Er<strong>den</strong> leben. Es gibt ja auch keinen Tod, wenn man es richtignimmt; wir vertauschen ja doch nur <strong>den</strong> natürlichen gegen <strong>den</strong> geistigenLeib.Mein Körper fing an, zu altern. Ich hielt <strong>den</strong>noch an meiner Vorstellung fest undmachte sie weiter zum Gegenstand meiner Gedankenübungen. Aber ich verbrauchtezu viel Kraft für mein Werk und zermürbte mich. Schließlich verlor ichdie Führung über meinen äußeren Menschen, und ein anderer drängte sich hinein,so daß ich schließlich regelrecht besessen war. Natürlich wußten meineAnhänger das nicht, aber es gab Zeiten, wo ich überhaupt nicht mehr <strong>bei</strong> mirwar.Ich habe geglaubt, ich würde niemals sterben, mußte aber <strong>den</strong>noch <strong>den</strong>selbenWeg gehen wie jeder Sterbliche. Jetzt sehe ich natürlich selbst, wie lächerlichmeine Einbildung war.Ihr wißt ja, ich glaubte nicht an die Materie. So etwas gab es nach meiner Lehreeinfach nicht. Doch meine Leiche wurde in einen Sarg gebettet und so gut darinverwahrt, daß sie nicht wieder herauskommen konnte. Der Sarg wurde besonderssorgfältig versiegelt, so daß niemand an meine Leiche herankonnte.Wenn es keine Materie gibt, wozu war dann all das Geld nötig, um meine Leicheins Grab zu bringen? Das stand im Widerspruch zu meiner Lehre. Aber wirsind doch nun mal unserem Körper nach materiell.Als ich zum Leben erwachte, — beachtet wohl, ich sage zum Leben, weil daserst das wirkliche Leben ist — hatte ich einen geistigen Leib. In meinen Schauungenwar ich zwar manches Mal in der geistigen Welt gewesen, aber immerwieder zur Erde zurückgekehrt. Diesmal merkte ich, daß ich wohl zur Erdezurückkehren konnte, aber mein Körper war nicht mehr da, der war beerdigt.Noch begriff ich nicht, welcher Wechsel mit mir vorgegangen war, <strong>den</strong>n vomGeisterverkehr hatte ich grundsätzlich nichts wissen wollen und hatte ihn auch— 414 —


mit vollem Bedacht nicht gelehrt. Da<strong>bei</strong> waren mir seine Tatsachen ganz geläufig,<strong>den</strong>n ich bin in meinen jungen <strong>Jahre</strong>n ein Medium gewesen.Eine Zeit lang habe ich in Boston Vorlesungen darüber gehalten und auchöffentliche Vorträge, widerrief aber später alles — die Wahrheit war nicht inmir.Als ich in meinem geistigen Leibe erwachte, begriff ich noch nicht, daß es nichtmehr mein irdischer Körper war. Aber schließlich habe ich dann doch erkennenmüssen, daß auch ich die große Wandlung, Tod genannt, hatte über mich ergehenlassen müssen. Das kam mich hart an, da ich mich doch unablässig auf <strong>den</strong>Gedanken konzentriert hatte, daß ich niemals sterben würde.Das nun zu begreifen, brauchte viel Zeit. Auch danach hatte ich dann noch vielzu tun und zahlreiche Schwierigkeiten zu überwin<strong>den</strong>.Zu allererst kam mein Bruder Albert. Als ich ihn kommen sah, war mein ersterGedanke: Mit Geistern will ich nichts zu tun haben. — Ihr wißt ja, ich hatte inmeinem Buche doch behauptet, einen Verkehr mit Geistern gebe es nicht. Ichhatte mir diese Behauptung selbst so fest eingeredet, daß sie mir wirklich richtigzu sein schien. Albert kam also und sagte mir, ich hätte nicht die volle Wahrheitgelehrt.Es hat eine Zeit gegeben, wo ich Medium war, und er zuweilen durch michsprach. Aber später sträubte ich mich dagegen und ließ ihn nicht mehr in michhinein.Jetzt kam er wieder zu mir und sagte: "Komm, ich will dir zeigen, daß deineLehre nicht stimmt, und du nicht die Wahrheit gesagt hast."Danach kam mein erster Mann. Er hatte besseres Verständnis für mich als alleübrigen. Der zeigte mir <strong>den</strong> Weg.Einer nach dem anderen kamen meine Freunde. So kam auch Quimby. Er sagte:"Du hast meine Gedanken benutzt. Warum hast du mir für diese Hilfe nicht auchein wenig Anerkennung gezollt?"Da sah ich erst, wie selbstsüchtig ich gewesen war. Das war eine schwereAnklage gegen mich. Mir war geholfen wor<strong>den</strong>, aber ich hatte das überhauptnicht anerkannt.In meiner Kindheit bin ich besessen gewesen und hatte oft richtige Besessenheitsanfälle.Viele <strong>Jahre</strong> hindurch hatte ich derartige Anfälle.Quimby hat mir geholfen; er trieb die Geister aus und lehrte mich wahre Religiosität.Er lehrte mich Selbsterkenntnis. Er belehrte mich auch über <strong>den</strong> Geisterverkehr,aber ich hörte nicht darauf. Als er gestorben war, nahm ich seineLehren auf und gab sie als meine eigenen aus.In der Geisterwelt habe ich viel durchzumachen gehabt, um meine Eigenliebe zuüberwin<strong>den</strong>. Ich mußte dienen und wie ein kleines Kind lernen, was Leben ist.— 415 —


Auch mußte ich mich in einem ganz anderen Sinne über das Wesen Gottesbelehren lassen.Das Heilen durch Gedankenkraft ist etwas, was wir alle lernen sollten. Es ist vongroßer Wichtigkeit.Nehmt Eure Gedanken in Zucht und übt Euch in der Kunst, sie zu sammeln.Denkt Euch einen Gegenstand, sagen wir <strong>den</strong> Tisch da, richtet alle Gedankennur auf <strong>den</strong> Tisch und versucht, ihn allein und sonst gar nichts anderes 5 Minutenlang in Eurer Vorstellung festzuhalten. Man kann das nicht gleich. Versuchtes immer wieder und gebt Euch ernstlich Mühe, dann gelingt es Euch auch nacheiniger Zeit.Das ist das Geheimnis der Gesundheit — Sammeln der Kräfte ist das Geheimnisder Macht. Man muß dahin kommen, seine Gedanken 5 Minuten lang ganzallein auf einen einzigen Gegenstand gerichtet halten zu können. Um das zuerreichen, braucht es eine lange, lange Zeit der Übung. Mit einem Male kannman das nicht gleich, <strong>den</strong>n sobald man nur versucht, die Gedanken ganz ausschließlich auf <strong>den</strong> Tisch zu richten und sie da<strong>bei</strong> festzuhalten, kommen einemein Dutzend andere Dinge in <strong>den</strong> Sinn. Wehrt sie ab und <strong>den</strong>kt weiter immer nuran Eurem Gegenstand! In einiger Zeit werdet Ihr sehen, daß ich Recht habe.Wenn Ihr Eure Gedanken auch nur für 1 bis 2 Minuten <strong>bei</strong> ein und derselbenVorstellung gesammelt halten könnt, habt Ihr schon viel gewonnen. Sagt Euchimmer wieder vor: "Ich kann meine Gedanken zusammenhalten, <strong>den</strong>n ich habeweder Furcht noch Sorge", und übt Euch immer weiter im Sammeln der Gedanken.Laßt alles andere <strong>bei</strong>seite und wehrt beharrlich alle anderen Gedanken ab; undehe Ihr Euch dessen verseht, habt Ihr Kraft und fühlt Euch stark, <strong>den</strong>n Ihr habtteil am Leben selbst — an Gott.Hat man es erst so weit gebracht, dann kann man einem Kranken sagen: "Ichsende dir Kraft, und du wirst gesund und m<strong>unter</strong> wer<strong>den</strong>"; und man wird selbsterstaunt sein, wie schnell die Erholung erfolgt.Bevor man diese Kraft aussendet, sollte man seine Gedanken für 15 Minuten aufeinen Gegenstand sammeln. Man darf nicht etwa <strong>den</strong>ken: "Jetzt habe ich dieMacht in Hän<strong>den</strong> und kann heilen, <strong>den</strong>n man kann nicht heilen, wenn man seinegeistigen Kräfte nicht gesammelt hat.Aus diesem Grunde haben viele Heiler keine Erfolge. Alle geistigen Kräfte müssenauf einen Punkt gesammelt sein, sonst kann man nicht heilen. Das ist dasGeheimnis des Heilens. Nun macht Euch ans Üben und guten Erfolg!Wenn man krank ist oder zu einem Kranken ins Zimmer geht, sollte man ebenfallszuvor seine Gedanken sammeln. Haltet Eure Gedanken eine Weile aufeinen Gegenstand gerichtet, und Ihr werdet merken, daß Eure Kraft wächst undIhr heilen könnt; <strong>den</strong>n auf diese Weise macht Ihr Euch aufnahmefähig für die— 416 —


Heilkraft aus Gott. — Das ist ein anderes Geheimnis, das wir aber alle kennensollten.Mit Gedankensammlung <strong>unter</strong> Ausschluß von Furcht und Sorge kann man allesheilen; aber vergeßt nicht, Euch zuerst selbst innerlich zur Ruhe zu bringen,bevor Ihr Euch ans Heilen macht, <strong>den</strong>n sonst ist der Versuch zwecklos.Jetzt habe ich aber Eure Zeit schon zu lange in Anspruch genommen; es war miraber sehr daran gelegen, ein paar Worte zu sprechen und Euch für die Veröffentlichungmeines Aufsatzes zu danken. Durch diesen wer<strong>den</strong> doch einige Menschenzur Besinnung und zum Nach<strong>den</strong>ken kommen und begreifen, daß daseigentliche Leben erst hier im Jenseits beginnt.Stützt Euch nicht so sehr auf andere, stellt Euch auf die eigenen Füße und lerntEuch beherrschen, dann könnt Ihr auch anderen helfen, sie zu einer Gemeinschaftin Eintracht sammeln und selbst da<strong>bei</strong> zur wahren Seligkeit gelangen.Ich bin Mary Baker Eddy. <strong>Herzlich</strong>en Dank, daß ich kommen durfte! GuteNacht*— 417 —


TheosophieDaß die Wiederverkörperungslehre, der Glaube an eine mehrfach sich wiederholendeWiederkehr des Menschen ins Er<strong>den</strong>leben, irrig ist und nach dem Todedem Aufstieg in höhere geistige Reiche nur hindernd im Wege steht, ist uns vonhöheren Geistern des öfteren dargelegt wor<strong>den</strong>. Zahlreiche Fälle von Besessenheit,welche in unsere Behandlung kamen, hatten ihre Ursache in Geistern, diesich <strong>bei</strong> dem Versuch, sich in Kindern wiederzuverkörpern, in deren Aura eingeschlossenfan<strong>den</strong> und dadurch ihren Opfern und auch sich selber große Lei<strong>den</strong>schufen.An einem kleinen Jungen in Chicago, Jack T., der sich bis zu seinem fünftenLebensjahre ganz natürlich entwickelt hatte, waren auffällige Züge einer ganzunnatürlichen Frühreife zutage getreten, und er benahm sich ganz sonderbar.Bisher war er ein ganz natürliches Kind gewesen, fing nun aber an, sich Gedankenzu machen über Dinge, die im allgemeinen einem Kinde ganz fern liegen,und benahm sich in vieler Hinsicht wie ein Erwachsener.Er erregte sich über Kleinigkeiten, lag nachts wach mit seltsamem Gemurmel,äußerte Ahnungen und hatte zeitweilig unausstehliche Launen.Er war ein hübscher Junge, da<strong>bei</strong> sprach er beständig davon, daß er alt sei undgewöhnlich und häßlich aussehe. Er war so unzugänglich, daß alles Scheltenund Strafen sich als nutzlos erwies.Dieser Zustand verschlimmerte sich so sehr, daß seine Familie schon alle Hoffnungaufgegeben hatte, <strong>den</strong> Jungen je wieder <strong>bei</strong> gesunder Vernunft zu sehen.Ein Anverwandter, der von unserer Forscherar<strong>bei</strong>t auf dem Gebiete seelischerErkrankungen wußte, schrieb an unsere Anstalt und bat uns, wir möchten unsdoch einmal <strong>bei</strong> einer Sitzung auf diesen Jungen einstellen. Das geschah, undein Geistwesen, dessen Benehmen und Redeweise sich mit dem Betragen desJungen vollständig deckten, wurde auf meine Frau als Medium übertragen.Dieser Geist gab an, sein Name sei Charlie Herrmann. Er war sich bewußt,gestorben zu sein und erklärte, er sei sehr häßlich gewesen, habe ein rechtunschönes Gesicht gehabt, das überdies noch mit Pockennarben bedeckt gewesensei. Niemand habe ihn lei<strong>den</strong> können, und das sei ihm sehr zu Herzen gegangen.Irgendjemand hätte ihm mal erzählt, daß Menschen sich nach ihrem Tode wiederverkörpernund dann wer<strong>den</strong> könnten, was sie gern sein möchten. Sein einzigerWunsch war gut auszusehen, damit andere ihn nicht verabscheuten; und sohabe er <strong>den</strong> Versuch machen und sich wiederverkörpern wollen.Das Ergebnis dieses Versuches war, daß er in die seelische Aura eines kleinenJungen geriet und unfähig war, sich wieder daraus zu befreien.— 418 —


Als er merkte, daß er hilflos gefangen war und nicht imstande, sich verständlichzu machen, bekam er derartige Wutanfälle, daß er meinte, "zerplatzen" zu müssen."Eine Zeitlang rief man mich Jack, ich bin aber nicht Jack. So heiße ich dochnicht, und ich weiß gar nicht, wie sie dazu kamen."Unsere gedankliche Einstellung auf <strong>den</strong> Jungen hatte <strong>den</strong> Geist aus seinerGefangenschaft befreit, und dafür war er sehr dankbar.Nachdem wir ihn über die Möglichkeit geistigen Fortschritts belehrt und ihm dieVersicherung gegeben hatten, daß er nicht länger häßlich zu sein brauche, wenner nur seine Gedanken daran aufgeben und überhaupt nicht mehr so viel an sichselbst <strong>den</strong>ken, sondern sich ernstlich Mühe geben wolle, anderen zu helfen, warer sogleich gern bereit, mit <strong>den</strong> Geistern mitzugehen, die, wie er sagte, gekommenwaren, ihm zu helfen.Einige Tage später schrieb uns die Mutter des Jungen und teilte uns mit, daß mitihm eine auffallende Veränderung vorgegangen sei."Jack ist jetzt wieder ein Kind; er ist diese Woche sehr brav gewesen, wirklichso, wie er sonst immer war."Er blieb auch normal und kam auch in der Schule gut vorwärts, wo sein Fortschrittein ganz ungewöhnlicher war.— — —Einmal galt unsere Sitzung einem verkrüppelten Kinde in Hollywood undbrachte sehr beachtenswerte Ergebnisse.— — —Sitzung vom 19. November 1916Geist: William StanleyGeist: Ist es wirklich wahr, daß ich jetzt gesund bin? Kann ich sprechen? Kannich Arme und Beine wieder bewegen? Dann ist die Wiederverkörperungdoch wahr, <strong>den</strong>n bisher habe ich weder sprechen noch gehen können. Wiebin ich <strong>den</strong>n aus dem Kinde herausgekommen?Doktor: Höhere Geister haben Sie hierher gebracht, damit Ihnen geholfen werde.G. Ich wollte ins Er<strong>den</strong>leben zurückkehren und mich in einem Kinde wiederverkörpern.Hinein in das Kind kam ich wohl, konnte aber nicht wiederheraus. Ich war völlig gelähmt, so daß ich mich überhaupt nicht verständlichmachen konnte. Es war ein fürchterlicher Zustand.Ich war Theosoph und wollte mich wiederverkörpern, um etwas Großeswer<strong>den</strong>. So geriet ich in <strong>den</strong> Körper eines Kindes und machte es zu einemKrüppel. Damit verkrüppelte ich zugleich auch meine eigene und des KindesSeele. Ich blieb in dem Kinde, weil ich nicht wußte, wie ich wieder herauskommensollte. Ich benahm mich wie ein Kind und konnte nichtsprechen.— 419 —


Ich weiß wohl, daß ich aus meinem sterblichen Körper ausgetreten bin undzwar schon vor mehreren <strong>Jahre</strong>n, weit weg in Indien; ich erinnere michaber nicht, wann das stattgefun<strong>den</strong> hat. Ich wollte mich so gern wiederverkörpernund ins Er<strong>den</strong>leben zurückkehren, um mein weiteres Karma auszuleben.Klammert euch nicht an <strong>den</strong> Gedanken der Wiederkehr, sondern trachtetlieber nach höheren Dingen, <strong>den</strong>n der Zustand, in dem ich mich befun<strong>den</strong>habe, war die schlimmste Quälerei, die nur einer haben kann.Ich lebte in Kalkutta und wollte gern "Meister" wer<strong>den</strong> und mein Karmaausleben, aber statt dessen bin ich nun das Häufchen Elend, das ihr voreuch seht.Ich wollte mich in einem Kinde wiederverkörpern und wurde da<strong>bei</strong> zumKrüppel. Gleichzeitig geriet ich aber auch in die seelischen Schwingungender Mutter. Das war sehr schlimm, und ich möchte andere warnen, nur janicht zurückkehren zu wollen und die Wiederverkörperung in einem kleinenKinde zu suchen. Laßt die "Wiederverkörperung" auf sich beruhen,<strong>den</strong>n sie ist nichts weiter als ein arger Irrtum. Aber die theosophischen Lehrensind sonst sehr gut.Richtet euren Blick nach oben; macht euch keine großen Gedanken überdie Astralhüllen, <strong>den</strong>n die haben keinen Wert!Ich war sehr eigenwillig und wollte durchaus ins Er<strong>den</strong>leben zurückkehren,um etwas Großes zu wer<strong>den</strong>. Statt dessen bin ich aber in eine recht erbärmlicheLage geraten. Ich hatte mir vorgenommen, <strong>den</strong> Theosophen zu zeigen,daß ich zurückkehren und mich in einem Kinde wiederverkörpernkönne.Frau Blavatsky hätte anders lehren sollen. — (Auf jemand Unsichtbarendeutend.) Ich muß Ihnen sagen, Madame, daß Sie es sind, die an meinergegenwärtigen Lage die Schuld trägt.Frau Blavatsky steht hier und gibt sich jetzt alle Mühe, mir zu helfen. Sieist es gewesen, die mir die Lehren und Gedanken der Wiederverkörperung<strong>bei</strong>gebracht hat; und jetzt bemüht sie sich, mir <strong>den</strong> richtigen Weg zu zeigen,und erklärt mir, daß es so etwas wie Wiederverkörperung gar nichtgebe.Man wird ganz verwirrt, wenn man zum Zweck der Wiederverkörperung in<strong>den</strong> Körper eines anderen einzudringen sucht.Dr. Wie heißen Sie?G. Ich kann mich auf meinen Namen augenblicklich nicht besinnen.Frau Blavatsky war in Indien und lehrte Theosophie. Sie hatte viele Anhängerund ich war auch <strong>bei</strong> ihr. Ich habe dort auch Anna Kingsford und Dr.Hartmann kennengelernt, und dieser hat an meinem Zustande auch mitSchuld.Man schob mich hier herein, damit ich belehrt und von <strong>den</strong> verkehrten Vorstellungenwieder frei wer<strong>den</strong> sollte. Ich freue mich so sehr, daß ich wiederre<strong>den</strong> kann; das ist etwas, was ich seit <strong>Jahre</strong>n nicht gekonnt habe. Frau Blavatsky,Anna Kingsford und der Doktor galten als große Leuchten, aber— 420 —


jetzt stellen sich an ihren Lehren große Irrtümer heraus. Alle ar<strong>bei</strong>tendaran, ihre Opfer wieder freizumachen und so brachten sie auch mich hierherzur Belehrung und Anleitung.Ich war in Indien und habe dort lange <strong>Jahre</strong> gelebt. Mein Vater war Offizierin der Armee. Die längste Zeit verbrachte ich in Kalkutta, wo ich alle diegroßen Leuchten der Theosophie kennen lernte, und schloß mich dort auchder Theosophischen Gesellschaft an. Den Oberst Olcott mochte ich sehrgern, er war ein bedeutender Mensch.Ich entsinne mich, daß ich in Indien eine Zeitlang recht krank gewesen bin.Ich habe gar kein Verlangen mehr, mich wiederzuverkörpern, <strong>den</strong>n dieLehre von der Wiederverkörperung ist ein Irrtum, sie schmeichelt nur derEigenliebe und weckt <strong>den</strong> Wunsch, ins Er<strong>den</strong>leben zurückzukehren.Ich bin überzeugt, daß man auch ohne Wiederverkörperung weiter kommenkann. Was habe ich <strong>den</strong>n während meiner letzten Wiederverkörperung indem Kinde gelernt? Was habe ich gelernt?Ich glaubte der Theosophie und an mein Karma und meinte, ich müsse diesesausleben.Oberst Olcott gehörte zu <strong>den</strong> "Großen Meistern". Er war ein starker Geistaus Feuer und Wasser — ich meine natürlich, daß in seinem Charakter dieWesenselemente des Feuers und des Wassers vorherrschten.Dr. Haben Sie mal etwas von Medien gehört?G. Das sind ja nur astrale Hüllen. — Frau Blavatsky sagt eben, wir müßten all<strong>den</strong> Verblendeten helfen, die darauf aus sind, sich wiederzuverkörpern. Sieist mit <strong>den</strong> anderen nur hergekommen, um bekannt zu geben, daß sie nachKräften da<strong>bei</strong> helfen wollen und zu diesem Zweck eine große Gesellschaftgebildet haben.Als ich jetzt hier angekommen war, dachte ich erst, ich wäre wieder amLeben. Ich glaubte, es sei mir gelungen, mich wiederzuverkörpern, und ichkönnte nun wieder mit <strong>den</strong> anderen re<strong>den</strong> wie zu meinen Lebzeiten. Ichwußte ja gar nicht, daß auch sie schon gestorben sind. Aber nach dem, wassie gelehrt haben, — warum haben sie <strong>den</strong>n nicht selber auch versucht, sichwiederzuverkörpern wie ich? Frau Blavatsky war eine große Missionarin,wie Sie wohl wissen. — Sie sagt, sie sei jetzt bemüht, auch durch ihreLehre Irregeführten darüber zu belehren, wie das Jenseitsleben in Wirklichkeitist.Sie sagt, sie war früher mal Medium gewesen, habe sich aber nicht fürGeisterkundgaben hergeben mögen. Sie war der Ansicht, man sollte daseigene Ich und seine eigenen Kräfte zur Entfaltung bringen und sein Karmaausleben. Man hätte mich nicht so Falsches lehren sollen, wie man es getanhat. Frau Blavatsky sagt mir, ich solle nur auf diesen Herrn (Dr. W.) hören,er würde mir alles erklären. — Wir erklärten ihm, daß das Leben auf Er<strong>den</strong>ja nur eine Vorbereitung sei auf das nachfolgende Leben, und wiesen ihnauf die Tatsache hin, daß die hier auf Er<strong>den</strong> erworbene Kenntnis und Einsicht,das Licht der Erkenntnis darstelle, das ein jeder auf die andere Seitedes Lebens mit hinüberbringe.— 421 —


Schließlich nannte der Geist noch seinen Namen, William Stanley, und verabschiedetesich mit einem Dank für die Aufklärung, die er erhalten hatte.— — —J. A., ein lebensmüder 7-jähriger Junge, verkrüppelt und mit der Redeweiseeines Erwachsenen, kam aus Chicago als Patient zu uns. Er litt an krampfhaftenZuckungen, stotterte mühsam, war ganz eigenartig wählerisch in seiner Kost undbekam öfter heftige Wutanfälle.Durch unsere gedankliche Einstellung auf ihn, wurde ein Geist aus ihm verdrängt,der ein oberflächlicher Theosoph war und sich in einer eigentümlichenSelbsthypnose befand.— — —Sitzung vom 28. April 1920Geist: Edward Jackson. — Patient: J.A.Doktor : Waren Sie früher schon einmal hier?Geist (zögernd): Ich selbst — weiß — nicht.Dr. Wie alt sind Sie?G. (Gedehnt.) Ich — weiß — nicht.Dr. Wo kommen Sie her?G. Von da — wo man — mit Feuer — auf — mich geschossen hat. (ElektrischeBehandlung des Kranken.)Dr. Wie alt sind Sie <strong>den</strong>n?G. Ich selbst — weiß — das — nicht.Dr. Wissen Sie nicht, daß Sie Ihren irdischen Körper verloren haben und einGeist sind? Hören Sie auf die höheren Geister, die Ihnen helfen wollen.G. Ich weiß nichts von Geistern.Dr. Möchten Sie nicht etwas über sie wissen? Wohin erwarteten Sie <strong>den</strong>n nachdem Tode zu kommen?G. Ich weiß nicht.Dr. Möchten Sie <strong>den</strong>n nicht gern etwas darüber wissen?G. Das wird schon von selber kommen.Dr. Wenn Sie sich mehr darum gekümmert hätten, wie es sich mit dem Lebentatsächlich verhält, dann wären Sie nicht in diesem Zustande; Sie wärendann in der Geisterwelt. Wissen Sie überhaupt etwas über die geistigeWelt?G. Nein,Dr. Möchten Sie <strong>den</strong>n nicht etwas darüber wissen?G. Ich weiß nichtDr. Sie müßten doch eigentlich selbst <strong>den</strong> Wunsch haben, sich über Ihre Lageklar zu wer<strong>den</strong>. Sie haben Ihren sterblichen Körper verloren und wissen dasgar nicht.G. Das kümmert mich nicht.— 422 —


Dr. Sie wer<strong>den</strong> sich aber darum kümmern müssen. Sind Sie <strong>den</strong>n glücklich undzufrie<strong>den</strong> in Ihrem jetzigen Zustande?G. Nein.Dr. Sind Sie krank gewesen?G. Ja.Dr. Was hat Ihnen <strong>den</strong>n gefehlt?G. Ich war verkrüppelt.Dr. Wo lebten Sie?G. Das weiß ich nicht. Es ist lange her, daß ich zur Welt kam.Dr. Waren Sie ein Mann oder eine Frau?G. Ich meine, ich bin ein Mann.Dr. Waren Sie verheiratet?G. Nein.Dr. Warum nicht?G. Einen Krüppel mag doch keine, und ich stotterte auch noch, und stottertesehr stark. Ich habe auch studiert.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n studiert?G. Alle möglichen Bücher, die mir in <strong>den</strong> Weg kamen.Dr. Ober Religion?G. O ja.Dr. Waren Sie strenggläubig?G. Nein, Gott sei Dank nicht.Dr. Hatten Sie überhaupt irgendwelche bestimmten Anschauungen?G. Ich habe mal eine Zeitlang viel gelesen. Dann wurde ich einmal an einemOrte eingesperrt und dann noch mal wo anders. Jetzt bin ich zum viertenMale wiederverkörpert (indem er verschie<strong>den</strong>e Menschen besessenmachte). Zweimal war ich ein Krüppel.Dr. Waren Sie gleich das erste Mal ein Krüppel?C. Davon weiß ich gar nichts mehr. Man hatte mir gesagt, ich würde mich anmein früheres Leben erinnern können. Das kann ich aber nicht. Ich weißnur, ich bin mal ein Krüppel gewesen; und dann kam ich in jeman<strong>den</strong> hineinund war noch schwerer verkrüppelt. Aber da kam ich wieder heraus,weiß allerdings nicht, wie. Ich fühle mich jetzt kränker als vorhin. Ichdachte, wenn ich mich wiederverkörperte, dann würde ich ein hübscherjunger Mann wer<strong>den</strong>; stattdessen aber wurde ich ein Krüppel. Ich <strong>den</strong>kemir, weil meine Seele verkrüppelt war.Dr. Wie nannte man Sie <strong>den</strong>n, als Sie Krüppel waren?C. Ich hatte so viele Namen; aber, wissen Sie, die letzte Zeit hat mir recht gutgefallen. Der Sohn eines reichen Mannes zu sein, so daß ich nicht zu ar<strong>bei</strong>tenbrauchte, war ganz nach meinem Geschmack. Ich hatte ja meinenVater, der für mich ar<strong>bei</strong>tete. Da hatte ich gute Tage.Dr. Sie waren also der Sohn eines reichen Mannes gewor<strong>den</strong>?G. Einerseits ja, und andererseits doch auch wieder nicht.Dr. Wie heißen Sie?— 423 —


G. Ich hieß einstmals — ich weiß es nicht mehr. Es ist lange her, daß ichTheosophie studierte, da war ich Krüppel von Geburt an. Einige Freundehatten mir Bücher über Frau Blavatsky gebracht. Damals hieß ich EdwardJackson.Dr. Was haben Sie <strong>den</strong>n sonst noch für Namen gehabt?G. Der andere war J.Dr. War J. ein erwachsener Mann oder ein Knabe?G. Ich kann dies Schießen mit Feuer nicht ausstehen, und daß einem da<strong>bei</strong>auch immer noch einer allerhand vorerzählt! Warum kann ich mich <strong>den</strong>nnicht wiederverkörpern, ohne immer ein Krüppel zu sein?Dr. Das ist sehr einfach zu erklären. Als Sie sich in der Familie des reichenMannes wieder fan<strong>den</strong> und sich nun wiederverkörpert glaubten, da ist vermutlichdas Gefühl über Sie gekommen, als erlebten Sie wieder Ihren ehemaligenKörperzustand.G. Das Schicksal verlangt von jedem, sein höchstes Selbst zu entwickeln, sobehaupten wenigstens die Theosophen. Man hat mich rausgejagt; da ha<strong>bei</strong>ch es wieder versucht, weil ich doch wissen wollte, ob die Lehre wohlstimmt oder nicht.Dr. In einer Hinsicht ist sie durchaus richtig — erdgebun<strong>den</strong>e Geister könnenvon medial veranlagten Menschen Besitz nehmen. Das ist durchaus richtig!G. Man muß sein Karma ausleben, das einem bestimmt ist; das ist der einzigeWeg.Dr. Wo kommen Sie <strong>den</strong>n her?G. Aus Chicago, ich war doch dort schon Sohn eines reichen Mannes, bin aberwieder fortgejagt wor<strong>den</strong>.Dr. War Ihnen das recht?G. Ich habe mich dagegen gewehrt, und wenn ich wütend werde, frage ichnicht viel danach, was ich sage; da bin ich aber mal wütend gewor<strong>den</strong>.Manchmal könnte ich rasend wer<strong>den</strong> vor Wut darüber, daß ich mein ganzesLeben hin durch ein Krüppel sein soll. Immer wenn ich mich wiederverkörperte,wurde ich wieder ein Krüppel.Dr. Meinen Sie nicht, daß Sie besser täten, Ihre Wiederverkörperungsversucheaufzugeben?G. Ich muß mein Karma ausleben und darf da nicht eigenwillig eingreifen.Dr. Dann wer<strong>den</strong> Sie auch weiter durch Ihre eigene Torheit lei<strong>den</strong> müssen.G. Ich habe mir alle Mühe gegeben, auf die Devachan zu gelangen. — Ichbesaß keine sehr gründliche Schulbildung, habe aber ziemlich viel gelesen,als ich dann auf der Devachan-Ebene war, wo die Verstorbenen rasten,bevor sie sich wieder-verkörpern.Dr. Sie sind zu früh zurückgekommen.G. Die Theosophie sagte mir sehr zu, und dann wollte ich es auch mal guthaben. Man darf zwar nicht in sein Karma eingreifen, man kann sich abersein Leben wählen. Und so ging ich darauf aus, in wohlhabende Verhältnissehineinzukommen, wurde aber wieder ein Krüppel. Doch mein Ver-— 424 —


stand war klar. Man hat mir gesagt, man solle nicht an sein früheres Leben<strong>den</strong>ken.Dr. Wer hat Ihnen das gesagt?G. Man hat mir gesagt, die Entwicklung ginge weiter und in das Karma dürfeman nicht eingreifen, dann käme man auch ins Devachan. Vielleicht bin ichnur eine Astralhülle, weil ich nicht genug gelernt habe.Dr. Wollen Sie nicht lieber von Ihrer Urteilskraft ein wenig mehr Gebrauchmachen und gera<strong>den</strong> Weges ins geistige Leben aufsteigen?G. Ich will ins Devachan — das ist der beste Ort für mich. Dann kann man ein"Meister" wer<strong>den</strong>.Dr. Sie sollten sich lieber um Meister Ihres eigenen Schicksals machen.G. Ich möchte ein "Großer Meister" wer<strong>den</strong>. Dann wäre ich auch kein Krüppelmehr und hätte mein Karma überwun<strong>den</strong>.Dr. Was war an Ihnen verkrüppelt?G. Die Beine.Dr. Konnten Sie gar nicht gehen?G. Nein, meine Knie waren zu schwach und meine Fußknöchel auch. Aberjetzt bin ich vollständig verkrüppelt.Dr. Konnten Sie <strong>den</strong>ken und sprechen?G. Ja.Dr. Haben Sie gern Maismehlbrei gegessen? (Der Kranke hatte dagegen einebesondere Abneigung.)G. Ich verstehe nicht, was Sie meinen.Dr. Sind Sie wählerisch im Essen?G. Ich mag kein Fleisch und nur selten mal Fisch, dagegen esse ich sehr gernrohes Gemüse. Ich möchte lieber "sonnengereifte" Nahrung. Ich will insDevachan und ein "Meister" wer<strong>den</strong>.Dr. Meister, wovon?G. Meister in höheren Dingen! Ich will ein Meister wer<strong>den</strong>!Dr. Frau Blavatsky widerruft jetzt die Wiederverkörperungslehre und sagt, siesei Torheit.G. Sie weiß nicht, was sie sagt.Dr. Möchten Sie wieder ganz gesund sein?G. Dann muß ich mich eben wiederverkörpern.Dr. Nun wachen Sie mal auf und seien Sie vernünftig. Begreifen Sie doch, daßSie ein Geist sind. Sie stecken jetzt im Körper meiner Frau.G. Ich habe mich doch nicht im Leibe eines anderen Menschen wiederverkörpert.Ich dachte nur, <strong>bei</strong>m nächsten Mal muß es <strong>bei</strong> der Wiederverkörperunganders wer<strong>den</strong>. Nun behaupten Sie, ich sei eine Frau. Ich will aberkein Mädel sein — ich will ein Mann sein.Dr. Augenblicklich stecken Sie aber gerade in einem Frauenkörper.G. Da muß ich also doch wiedergeboren sein, selbst wenn ich wieder einKrüppel bin.Dr. Seien Sie doch nicht so töricht. Verstehen Sie doch endlich, Sie sind ja garkein Knüppel mehr.— 425 —


G. Wie können Sie bloß jemandem einre<strong>den</strong> wollen, er sei kein Knüppel,wenn er es doch ist?Dr. Sie sind doch jetzt ein freier Geist, der nur vorübergehend im Körper einerFrau steckt.G. Ich verstehe nicht, wovon Sie eigentlich re<strong>den</strong>.Dr. Ihr Devachan hat gar keinen Wert für Sie. Sie haben nicht gründlich genugstudiert.G. Ja doch! Aber ich habe es nur nicht genügend beachtet.Dr. Re<strong>den</strong> Sie doch nicht solchen Unsinn. Daraus entstehen dann so nette erdgebun<strong>den</strong>eGeister!G. Wir müssen uns doch wiederverkörpern, um zu lernen und allerhand Erfahrungenzu sammeln.Dr. Dann können Sie wohl nicht ins Devachan kommen, wenn Sie nicht allenötigen Erfahrungen gemacht haben?G. Man muß eben ins Er<strong>den</strong>leben zurückkehren und die noch fehlen<strong>den</strong> nachholen.Dr. Wissen Sie gar nicht, was Sie tun? Sie machen immer wieder Menschenbesessen und machen ihnen Ungelegenheiten. — Ein unwissender Geistvergällt häufig einem medial veranlagten Menschen das ganze Leben,indem er sich an ihn hängt. Sie sind hergebracht wor<strong>den</strong>, damit wir Ihnenhelfen können, und haben gegenwärtig von dem Körper meiner Frau Besitzgenommen.G. Ich soll mich in Ihrer Frau wiederverkörpern? — Nein, — als Kind mußman sich wiederverkörpern und von neuem geboren wer<strong>den</strong>.Dr. Dies hier ist nicht Ihr Körper. Er gehört meiner Frau, und Sie benutzen ihnnur vorübergehend.G. Dann muß ich mich also in Ihrer Frau wiederverkörpern.Dr. Nein, Sie benutzen ihren Körper nur für kurze Zeit. Sehen Sie sich dochmal diese Hand an — kennen Sie die?G. Ich habe mich im Leibe Ihrer Frau wiederverkörpert. Aber nein, — manmuß sich doch in einem Kinde wiederverkörpern und von neuem geborenwer<strong>den</strong>.Dr. Sie re<strong>den</strong> da von Dingen, die Sie ja gar nicht verstehen. Wenn Sie <strong>den</strong> wahrenSinn begriffen hätten, dann wür<strong>den</strong> Sie nicht so törichtes Zeug re<strong>den</strong>wie eben. Sie sind ein erdgebun<strong>den</strong>er Geist und machen Kinder zu Krüppeln.G. Das ist mein Karma. Ich muß halt so leben, bis ich ins Devachan komme.Dr. Sie müssen nur deshalb so als Krüppel leben, weil Sie nicht Bescheid wissen.G. Wenn sich einem die Gelegenheit bietet sich wiederzuverkörpern, warumsollte man es da nicht tun?Dr. Wenn Sie Gelegenheit haben, vom Körper eines anderen Menschen Besitzzu nehmen, und Sie vergällen ihm dadurch das ganze Leben, ist das wohlrecht gehandelt?G. Ich möchte doch aber so gern gerade der Geist für diesen Körper sein.— 426 —


Dr. Die Irrenanstalten sind voll von Menschen, die von erdgebun<strong>den</strong>en GeisternIhrer Art besessen sind. Sie haben Kindern das Leben vergällt. Offenbarkommen Sie jetzt aus einem Knaben, <strong>den</strong> wir kennen. Wir haben <strong>den</strong>Jungen mit Elektrizität behandelt und Sie dadurch aus ihm vertrieben. Jetztist Ihnen erlaubt wor<strong>den</strong>, vorübergehend <strong>den</strong> Körper meiner Frau zu benutzenund wir bemühen uns, Ihnen Ihren Zustand begreiflich zu machen.G. Das hat nichts mit meinem Karma zu tun.Dr. Sie haben Ihren irdischen Körper schon vor langer Zeit verloren. BegreifenSie nun, daß Sie im Körper meiner Frau stecken?G. Das ist mein Karma und kümmert mich nicht.Dr. Sie haben einen kleinen Jungen arg belästigt und sollten jetzt mal gut aufdas hören, was Ihnen hier gesagt wird.G. Ich weiß, es gibt nur eine Wahrheit, und das ist die Wiederverkörperung.Ich habe mich schon mehrmals wiederverkörpert und will es auch wiedertun.Dr. Wenn Sie nicht vernünftig sein können, müssen Sie gleich wieder gehen!G. Sie können mir nicht bange machen, ich bin ja wiederverkörpert.Dr. Wo ist <strong>den</strong>n Ihre Mutter?G. Im Devachan. Sie ist bereit, sich wiederzuverkörpern.Dr. Sie wer<strong>den</strong> bald Geister sehen, die Ihnen etwas anderes zeigen wer<strong>den</strong>.G. Das sind ja nur Astral-Hüllen.Dr. Die wer<strong>den</strong> Sie in ein dunkles Gefängnis sperren. Sie kennen ja nicht einmaldas ABC der Theosophie. Sie wollen sich nicht belehren lassen.G. Sie können mir <strong>den</strong> Mund nicht verbieten, wenn ich re<strong>den</strong> will. Ich binwiederverkörpert. Ich will dies Karma durchleben. Wenn ich jetzt eine Fraubin, dann will ich auch das ausleben. Wenn ich ermordet werde, so ist dasauch Bestimmung meines Karmas. Ich will ja gerade etwas lernen, um in<strong>den</strong> "Inneren Kreis" zu kommen, und die Gewißheit haben, daß Gott meinSchöpfer ist. Ich habe mich ja schon wiederverkörpert und will es auchwieder tun, um dann ins Devachan eingehen zu können und glücklich zuwer<strong>den</strong>. Ich will mein Karma bis zu Ende durchleben.Dr. Machen Sie jetzt, daß Sie fortkommen, und nehmen Sie Ihr Karma mit.G. Sie glauben, Sie könnten mir von meinem Karma etwas abnehmen? Daskönnen Sie gar nicht. Ich hin ganz zufrie<strong>den</strong> und gehe schon.Mit einem glücklichen Lächeln verschwand der Geist.— — —Auszugsweise sollen hier einige Mitteilungen folgen, die <strong>bei</strong> verschie<strong>den</strong>enGelegenheiten unserem Zirkel gemacht wor<strong>den</strong> sind von einem VerstorbenenRalph S., dem Schwiegersohn einer Dame, die fleißig an unseren Sitzungen teilnahm,Ralph S. und seine Frau hatten sich in früheren <strong>Jahre</strong>n eingehend mitTheosophie beschäftigt, und als er dann in die Geisterwelt gekommen war, fieles ihm recht schwer, sich von seinen vorgefaßten Meinungen wieder freizumachen.— 427 —


Sitzung vom 17. März 1920Geist: Ralph S. — Medium: Frau WicklandGeist: Ich war früher schon mal hier und habe schon lange <strong>den</strong> sehnlichstenWunsch, wieder einmal zu Ihnen kommen zu dürfen.Doktor: Wer sind Sie, Freund?G. Wissen Sie nicht, wer ich bin? Ich bin Ralph S. Ich hatte mich sehr eingehendmit Theosophie befaßt und wollte das Gesetz ergrün<strong>den</strong>, nach welchemsich die geistige Aufwärtsentwicklung des Menschen zu vollziehenhat. Darüber habe ich aber ganz verabsäumt, nachzuforschen, ob das auchalles auf Wahrheit beruht. — Meine Frau und ich trieben theosophischeStudien, um unsere Entwicklung zu fördern, und hatten uns die höchstenZiele gesteckt. Wir vergaßen darüber aber, nach <strong>den</strong> einfachsten Tatsachendes Weiterlebens zu fragen. Wie wenig wissen wir über die jenseitigeWelt! Wie sehr wünschte ich, wir hätten <strong>bei</strong>de über <strong>den</strong> Sinn des Lebensbesser Bescheid gewußt.Es gibt viel zu viel Glaubenslehren. Jetzt muß ich so viel Angelerntes wiederabtun und mit so vielem fertig wer<strong>den</strong>.Dr. "<strong>Liebe</strong> ist des Gesetzes Erfüllung."G. Ja, wir müssen dienen.Frage: Fühlen Sie sich glücklich?G. In einer Hinsicht ja, aber in anderer auch wieder nicht. Wenn nur die Türnicht verschlossen wäre.Frage: Welche Tür?G. Ich meine die Verbindung mit der Er<strong>den</strong>welt. Meine Frau würde sichfürchten, wenn ich versuchen wollte, mich ihr kundzugeben. Und dasschmerzt mich. Wir haben doch nun so viel gelesen und geforscht; da wares recht hart für mich, als ich auf der geistigen Seite des Lebens anlangteund merkte, daß ich recht wenig wußte und mich infolgedessen im Finsternbefand. — Zu meiner Freude sehe ich, daß du, liebe Mutter, dich nichtscheust, für die Wahrheit einzutreten. Gib von deinem Wissen soviel dukannst an andere weiter, dann wer<strong>den</strong> auch andere dir wieder helfen.— — —Sitzung vom 14. April 1920Geist: Ralph S.Hier bin ich wieder; ich bin Ralph, Mutter Ich möchte gern zu meiner Frau, kannaber nicht, <strong>den</strong>n die Tür ist zu. (Die <strong>bei</strong><strong>den</strong> hatten verabredet, wenn einer vonihnen stürbe, solle der Hinterbliebene nicht versuchen, mit dem Verstorbenen inVerbindung zu treten, weil sie das nur als Behinderung des Egos in seinem Aufstiegzum Devachan betrachteten.)Ich weiß sehr wohl, daß das ebenso sehr meine eigene, wie meiner Frau Schuldist. Die Tür ist für mich verschlossen und wird es auch noch für einige Zeit bleiben,weil infolge unserer dogmatischen Einstellung noch zuviel falsche Ansichtenin uns lebendig sind. Wenn meine Frau doch nur die Wahrheit begreifen— 428 —


würde — sie ist so einfach, aber gerade die einfache Wahrheit wird immerzurückgewiesen. Etwas Geheimnisvolles wird dagegen immer gern ange-nommen.Wir dachten, es wäre alles in Ordnung, wenn wir unser Karma auslebten, — wirentfalteten da<strong>bei</strong> aber auch unsere Selbstsucht. Denn es ist selbstsüchtig, wennman sich allem entzieht und um je<strong>den</strong> Preis ein Meister wer<strong>den</strong> will.Meister wovon? Wir sollten danach trachten, über uns selbst Meister zu wer<strong>den</strong>,alle Erscheinungen und Vorgänge kennen zu lernen und zu beobachten, weilGott in allen Dingen ist; und Er ist <strong>Liebe</strong> und Weisheit. Wir sollten uns nicht fürbesser halten als andere, nur weil wir ein bißchen mehr gelernt haben <strong>bei</strong> unserenBemühungen, "Große Meister" zu wer<strong>den</strong>. Wir re<strong>den</strong> über Dinge, derenvolle Bedeutung wir gar nicht begreifen können. Wir setzen uns dadurch seelischenBeeinflussungen aus und wer<strong>den</strong> schließlich besessen.Ich sehe jetzt klar, wie gefährlich die Irrlehre von der Wiederverkörperung ist.Nach ihr wäre es jetzt für mich an der Zeit, mich wiederzuverkörpern. Sollte ichdas tun, ein Kind besessen machen und uns zu zweit in seinem Körper miteinanderverbin<strong>den</strong> bis zu dem Augenblick, wo dies Kind seinen sterblichen Körperwieder ablegt? Weshalb sollte ich mich "wiedereinkörpern" und aus dem Kindeeinen geistesgestörten Menschen machen?Wir sollten alle Lehrmeinungen <strong>bei</strong>seite lassen und lieber die einfache Lebenswahrheitzu erfassen suchen: Du sollst Gott lieben über alle Dinge und deinenNächsten wie dich selbst! Es würde große Freude auslösen, wenn jeder bestrebtwäre, nach dieser Lehre zu leben; dann gäbe es wahre Glückseligkeit! Lehrmeinungenund Glaubenssätze stören nur und nähren unseren Eigenwillen; und diesergerade ist die Wurzel allen Übels. Ich bin schuld an dem Verhalten, dasmeine Frau jetzt an <strong>den</strong> Tag legt. (Indem sie sich weigert, Mitteilungen aus dergeistigen Welt anzunehmen.) Meine Ar<strong>bei</strong>t besteht jetzt darin, auf die Erde hin<strong>unter</strong>zu geben und <strong>den</strong>en zu helfen, welche Anhänger dieser Lehre sind undsich, wie ich es getan, in ihr Studium verbohrt haben. Ich habe ungeheure Mühedamit, sie dazu zu bringen, die Wahrheit einzusehen.Ich muß auch alles daran setzen, meiner Frau begreiflich zu machen, daß sie dieserLehre nicht noch weiter nachgehen darf. Denn wenn sie das tut, dann wirdsie für fremde Einflüsse immer empfänglicher und schließlich von der einenoder anderen Lehrmeinung noch ganz besessen. Ich meine nicht besessen vonGeistern, sondern von Ideen.Ich war viel stärker durchdrungen von dem Grundgedanken der Wiederverkörperungslehreals meine Frau, weil ich in meinen Studien viel weiter gekommenwar. Ich hatte mich mit dieser Frage viel eingehender befaßt als sie. Wir waren<strong>bei</strong>de so selbstsicher in unserer Auffassung, daß wir für nichts andere mehr Sinnhatten und alle anderen Lehren verwarfen. Wir dünkten uns besser als vieleandere, weil wir mit unserer Lebensweise unserer Überzeugung gewisse Opferbrachten. (Sie hielten strenge Diät als Erfordernis für geistige Höherentwicklung.)— 429 —


Der Körper ist ja nur das Kleid des eigentlichen, geistigen Menschen. Wir solltenessen, was es gerade gibt, und unsere Gedanken gar nicht so viel auf Essenund Trinken richten. Wir sollen unseren Körper aber auch nicht opfern undunser Fleisch kreuzigen wollen, um geistiger zu wer<strong>den</strong>. Das war niemals sogemeint.Pflegt euren Körper sorgfältig und laßt ihn nicht Mangel lei<strong>den</strong> an dem, was erbraucht. Gott hat ihn euch gegeben, damit ihr für ihn sorgen sollt. Erhaltet ihn<strong>bei</strong> guter Gesundheit, dann kann der Geist durch ihn auch am vorteilhaftestenwirken.Es macht uns nicht geistig, wenn wir uns gewisser Nahrungsmittel enthalten.Wir brauchen für <strong>den</strong> Körper gewisse Grundstoffe, und so sollen wir unserÄußerstes tun, für ihn zu sorgen.Meiner Frau ist so schwer <strong>bei</strong>zukommen. Wir hatten ausgemacht, nach demTode keine Verbindung mit einander zu suchen. Wir waren so von unserer theosophischenLehre befangen, daß wir meinten, wir dürften uns durch nichts aufhaltenlassen, unser Karma abzutragen und die Tür zum höheren Leben könnesich für uns nur auftun, wenn wir recht langsam vorgingen. — Das erschwertmir meine Aufgabe jetzt sehr.Ich habe daran ebenso viel Schuld wie sie. Ich habe ihr die Tür verschlossen,gerade so, wie sie mir <strong>den</strong> Zugang versperrt hat. Ich lehnte <strong>den</strong> Spiritismus ab,weil ich unsere Anschauung für die einzig richtige und alles andere für falschhielt. Natürlich gibt es auch im Spiritismus manche Täuschung, wie ja jedeBewegung ihr Gutes und ihre Nachteile hat.Wir dürfen uns auf nichts einseitig festlegen, sondern sollen <strong>bei</strong> allen Dingenunsere Vernunft gebrauchen.— — —Sitzung vom 8. November 1922Geist: Ralph S.Es sind nun bald drei <strong>Jahre</strong>, daß ich aus der Er<strong>den</strong>welt schied; aber in diesen drei<strong>Jahre</strong>n habe ich viel gelernt. Ich fand die Verhältnisse drüben nicht so, wie ichsie mir vorgestellt hatte.Ich bedaure es sehr, daß ich gar so arg auf die theosophische Lehre versessengewesen hin und geglaubt habe, wir müßten wieder und immer wieder insEr<strong>den</strong>leben zurückkehren, wenn wir die höhere Entwicklungsebene erreichenwollten.Seitdem ich auf der geistigen Seite des Lebens bin, habe ich mit keinem Gedankenan eine Wiederkehr gedacht, es sei <strong>den</strong>n in dem Wunsch meiner lieben Frauzu helfen. Wir haben <strong>bei</strong>de eifrig studiert, um hinter <strong>den</strong> Sinn des Lebens zukommen. Aber seit ich hier drüben bin, gebe ich mir alle Mühe, ihr begreiflichzu machen, daß es an der Religion, der wir <strong>bei</strong>de so viel Eifer gewidmet haben,nichts mehr zu lernen gibt, da sie mit wahrer Religion nichts zu tun hat.— 4<strong>30</strong> —


Wenn ich ins Er<strong>den</strong>leben zurückkehren wollte, könnte ich mich gar nicht sowiederverkörpern, wie ich mir das gedacht habe. Ich möchte viel lieber meinerFrau helfen kommen und ihr über <strong>den</strong> Verkehr und die Verständigung mit unsAbgeschie<strong>den</strong>en <strong>bei</strong>bringen, was ich nur irgend kann, als hier eine bestimmteZeit abzuwarten und dann als kleines Kind auf die Erde zurückzukommen.Ich hatte mit meiner Frau verabredet, daß ich gar nicht erst versuchen wolle,mich ihr kundzugeben, weil ich gleich weiterkommen und ein Meister wer<strong>den</strong>wollte. Unter einem Meister stellt man sich einen hochentwickelten Menschenvor, der weiter nichts zu tun hat, als "heilig" zu sein.Man soll sich lieber nicht so sehr danach reißen, solch ein Meister wer<strong>den</strong> zuwollen — auch die größten Meister müssen dienen. Je mehr wir in der Geisterweltlernen, desto mehr wird es uns zum Bedürfnis anderen zu dienen und zuhelfen. Hier drängt es uns, zu helfen, zu lernen und zu lehren.Christus wird als "Meister" verehrt. Hat Er sich wiederverkörpert? Er ging <strong>unter</strong>die Armen und Bedürftigen, um sie zu belehren und <strong>den</strong> Menschen zu dienenund ihnen zur Erkenntnis und zu einem höheren Leben zu verhelfen.Suchet nach der Wahrheit, gebt eure Erkenntnis an andere weiter und dienteurem Nächsten.Seid Meister im Lernen, aber demütig im Dienen.Wenn wir gelernt haben, anderen zu dienen, dann haben wir gelernt, was Christusgelehrt hat.Erst wenn wir das erreicht haben, wer<strong>den</strong> wir unsere Feinde lieben können wieuns selbst, Gott aber über alle Dinge. Dann sind wir "Meister". Das heißt jedochnicht, daß wir dann so hoch stehen, daß wir nicht mehr her<strong>unter</strong>steigen könnten,um unseren Brüdern auf Er<strong>den</strong> zu dienen, ihnen zu helfen und sie zu belehren.Für uns alle kommt es darauf an, Meister unser selbst und Herr über alle unsereeigensüchtigen Wünsche zu wer<strong>den</strong>.— — —In einer kurzen Unterhaltung mit einer Verstorbenen, deren Schriften vielenwohl bekannt sind, kamen wir eines Abends auch auf die Lehre von der Wiederverkörperungzu sprechen.— — —Sitzung vom 28. Januar 1920Geist: Ella Wheeler WilcoxGuten Abend! Ich bin zwar noch nie hier gewesen, aber ich habe schon vonIhnen gehört, als ich noch auf Er<strong>den</strong> lebte. Ich hatte auch von Ihrer Tätigkeiterfahren und Ihr Flugblatt gelesen.Wir sollten uns alle bemühen, von Gott eine richtige Vorstellung zu gewinnen;doch wie wenige machen sich die Mühe, ernstlich nachzuforschen, was wohl— 431 —


echte Wahrheit ist. Die Wahrheit wird stets ans Kreuz geschlagen. Nur die reineWahrheit sollte verkündet wer<strong>den</strong>, ohne Verkleidung mit allerhand Glaubensformeln.Als ich noch auf Er<strong>den</strong> lebte, war ich einst ein völlig unfreier Mensch, gebun<strong>den</strong>durch verkehrte Begriffe und törichte Vorstellungen von der Wahrheit. Abergegen Ende meines Lebens tat sich mir doch noch die ureinfache Wahrheit unddie richtige Erkenntnis vom Jenseitsleben auf, und ich nahm sie an.Es mußte erst schweres Leid über mich kommen, um mich für die Wahrheit aufnahmebereitzu machen. Wir Menschen fragen doch nun mal nicht nach derWahrheit, bevor wir nicht einen tiefen Herzen erfahren, etwa durch <strong>den</strong> Verlusteines geliebten Gatten oder Freundes. Erst dann sucht das Herz nach der tröstlichenWahrheit und will sich nicht mit starren Glaubenssätzen und hohlen Formelnabspeisen lassen.Wir hungern dann danach, etwas über das jenseitige Leben zu erfahren, undmöchten gern wissen, ob unsere <strong>Liebe</strong>n und Freunde wohl <strong>bei</strong> uns sind, um unsFührer und Helfer zu sein. Der Verlust meines geliebten Mannes schmerztemich so tief, daß mir das Herz brechen wollte. Ich konnte mir nicht vorstellen,daß ich ihn nie mehr wieder sehen und nie mehr mit ihm zusammen sein sollte.Da kam zu mir das Licht der Wahrheit, und ich begriff, daß es ja eigentlich garkeinen Tod gibt; und nun fühlte ich ihn auch oft um mich.Diese herrliche Wahrheit wird jedem aufgehen, der nur ernsthaft nach ihr sucht.Hat man sie aber gefun<strong>den</strong>, dann muß man auch offen und ehrlich für sie eintreten!Tut man das nicht, dann schleichen Zweifel und Furcht sich ein und verschließendie Tür für unsere <strong>Liebe</strong>n, welche vorausgegangen sind, um uns in derewigen Heimat eine Stätte zu bereiten. Wie tief stecken wir Menschen doch inZweifeln! Mag uns die Wahrheit vom Fortleben nach dem Tode noch so mundgerechtgemacht wer<strong>den</strong>, wir zweifeln <strong>den</strong>noch immer wieder daran. Die Bibelist voll von dieser uns geoffenbarten, herrlichen Wahrheit, und doch bezweifelnalle Menschen sie noch.Als ich die Wahrheit gefun<strong>den</strong>, wollte ich sie der Welt verkün<strong>den</strong>; doch war ichkörperlich nicht mehr kräftig genug, so gern ich es getan hätte. Ich machte <strong>den</strong>Versuch, Soldaten zu belehren, weil mir nach eigener Erfahrung gewiß war, daßgerade für sie diese Wahrheit eine wahre Gottesgabe sein müsse in ihrem unstetenLeben, heute hier und morgen dort. Sollte ich, nachdem ich die Wahrheitgefun<strong>den</strong>, ihnen nicht begreiflich machen, daß es einen "Tod" ja gar nicht gibt?Sie wür<strong>den</strong> dann das Gefühl haben, frisch darauf losgehen und kämpfen zu können,weil ihnen klar gewor<strong>den</strong>, daß der Tod ja nicht das Ende des Lebens bedeutet.Es wäre ja nur das Gewand, der Körper, der zerstört würde.Wie mutig und vergnügt waren sie, als ich ihnen erklärte, daß es ja gar keinenTod gäbe, daß dieser nur ein Übergang sei zu einem schöneren und glücklicherenDasein. Ich wünschte so sehr, ich hätte ihnen mehr geben können.— 432 —


Ich verbrachte meine Er<strong>den</strong>zeit in starrer Rechtgläubigkeit, war jedoch meinganzes Leben hindurch bestrebt, Gutes zu tun. Ich tat wohl Gutes, aber meinDenken war in Glaubenssätzen verschie<strong>den</strong>ster Art befangen. — Doch schließlichfand ich die Wahrheit.Aber ach, mein geliebter Robert mußte erst gehen, um die Tür zu öffnen, bevorich begreifen lernte, was meiner wartet! Ich habe noch manches Gute mit ihrstiften können, nachdem ich die Wahrheit gefun<strong>den</strong>, — darauf laßt uns allebedacht sein!Es wer<strong>den</strong> sich oft genug Menschen über Sie und Ihre Ar<strong>bei</strong>t lustig machen,aber machen Sie sich nichts daraus; wenn Sie gleichmütig bleiben, wer<strong>den</strong> Sienur an Kraft gewinnen und auch merken, daß Sie auch in Ihrer Erkenntnis weiterkommen.Ich habe die Wahrheit zwar gefun<strong>den</strong>, doch auf eine recht gefahrvolle Weise;ich mußte regelrecht darum ringen. Das Quija-Schreibbrett ist ein gefährlichesDing, doch ich kam dahinter. Es hat mich aber sehr mitgenommen.Seid vorsichtig <strong>bei</strong>m Suchen nach der Wahrheit, <strong>den</strong>n der Weg ist voller Gefahren.Man muß erst mal lernen, wie man da<strong>bei</strong> vorzugehen hat, um auch der nötigenFührung und Hilfe sicher zu sein.Ich bin oft mit Anders<strong>den</strong>ken<strong>den</strong> in heftige Auseinandersetzungen geraten, <strong>den</strong>nwenn ich zu meinen Soldaten sprach, befan<strong>den</strong> wir uns mitten <strong>unter</strong> erdgebun<strong>den</strong>enGeistern. Wenn ihr euch doch nur mal einen richtigen Begriff machen könntetvon dem Gedränge in der Umgebung der Soldaten! Sie brauchen so nötigLicht, hüben wie drüben. (Soldaten wie Geister, die vom höheren Leben nochkeine Ahnung haben.)Ich belehrte hier auf Er<strong>den</strong> die Soldaten, hatte aber keine Ahnung davon, wievielen Verstorbenen ich damit gleichzeitig Vorträge hielt. Die Anstrengungda<strong>bei</strong> wurde aber zu groß für mich, und so kam ich zwar ungebeugten Geistes,doch körperlich gebrochen nach Haus.Der seelische Druck war für meinen gebrechlichen Körper zu schwer, so daß ichschließlich versagte. Ich konnte es nicht ertragen, ebensowenig die Gedanken,die von allen Seiten auf mich eindrangen.Ich bin jetzt noch froh, daß sich mir Gelegenheit geboten hat, zu helfen. Ich binnun selbst in der Geisterwelt, wo ich mit dem, <strong>den</strong> ich am innigsten geliebt, wiedervereint leben kann.Man möchte gern wissen, wo <strong>den</strong>n das wahre und wirkliche Leben ist. Daswahre Leben ist jenseits des Grabes, wie man zu sagen pflegt. Das Er<strong>den</strong>lebenist nur eine zeitliche Schule, — die Schule, in der wir lernen sollen, wer wir sindund wozu wir hier auf Er<strong>den</strong> leben.Die meisten Menschen <strong>den</strong>ken sich, wenn sie sterben, wer<strong>den</strong> sie Gott schauen.Wie wenige haben doch eine Vorstellung davon, was Gott überhaupt bedeutet!Gott ist das Leben aller Dinge! Wie wenig <strong>den</strong>ken die Menschen über diese— 433 —


Er<strong>den</strong>welt nach und machen sich klar, was sie in Wirklichkeit darstellt. Sie istdoch nur ein winziger Bruchteil des gesamten Weltalls.Einst glaubte ich an die Wiederverkörperung. Ich war eine Zeitlang Theosophin.Die Theosophie ist bis zu einem gewissen Grade im allgemeinen richtig. IhreGedanken und Lehren sind schön, aber warum sollen wir uns durchaus immerwieder auf diesem kleinen Planeten einkörpern? Wenn es mich nicht danachverlangte, euch von dem höheren wirklichen Leben zu erzählen, das vor euchliegt, ich würde gar nichts danach fragen, je wieder auf die Erde zurückzukehren.Ich hätte auch nicht die geringste Lust, als kleines Kind ins Er<strong>den</strong>lebenzurückzukehren, und sehe auch nicht ein, wozu ich das tun sollte, <strong>den</strong>n wassollte ich dadurch lernen? Könnten Seelen wie wir Befriedigung darin fin<strong>den</strong>,als Kinder wiederzukommen?Nachdem man das Leben auf höheren Ebenen erst einmal kennen gelernt hat,hat man nicht die geringste Lust, noch einmal wieder in die Materie zurückzukehren.Solange man auf Er<strong>den</strong> lebt, muß man lernen und genügend Erfahrungensammeln, so daß man nach dem Hinübergang kein Verlangen mehr hat,zurückzukommen und <strong>den</strong> Lehrgang zu wiederholen.Man kann über das jenseitige Leben schon hier auf Er<strong>den</strong> viel erfahren; undwenn man hinüberkommt, lernt man mehr und mehr Dinge kennen, von <strong>den</strong>enman hier auf Er<strong>den</strong> nichts hat erfahren können, weil sie für <strong>den</strong> menschlichenVerstand unbegreiflich sind.Oh, die Welt der Welten! Wenn ihr doch nur mal zu diesen Jenseitswelten eineReise machen und die Erhabenheit dort schauen könntet!Auch wir haben zu dienen, um andere zu derselben Ausgeglichenheit zu bringen,deren wir uns erfreuen. — Wir können nicht zurückkommen und noch malwieder Säuglinge wer<strong>den</strong>; aber wir steigen immer wieder zur Erde nieder, umunseren <strong>Liebe</strong>n und Freun<strong>den</strong> zu helfen.Es gab mal eine Zeit, wo ich glaubte, ich lebte als Wiederverkörperung. Wennich nämlich medial schreiben wollte, war mir, als hätte ich schon früher einmalals Mensch auf Er<strong>den</strong> gelebt. Ich bin aber dahinter gekommen, daß es nur Geisterwaren, die mich gedanklich beeinflußten, mir <strong>bei</strong>m Schreiben die Hand führtenund auf diese Weise das Gefühl einflößten, als wäre ich früher schon einmalhier gewesen. Es war also nur die Widerspiegelung eines frem<strong>den</strong> Gedächtnisinhaltesin meinem Bewußtsein. Das Werk, an dem ihr hier tätig seid, ist so schön,daß ich wünschte, ich hätte früher davon erfahren und mithelfen können, weil esso notwendig ist. So viele Jenseitige brauchen Beistand und Aufklärung. Vielesind uns von unserer Ebene aus einfach nicht erreichbar, weil sie sklavisch anGlaubensformeln und durch Lei<strong>den</strong>schaften verschie<strong>den</strong>ster Art gebun<strong>den</strong> sind,die sie immer wieder zum Er<strong>den</strong>plan hinabziehen.Wir müßten viele solche Hilfsstellen haben wie diese hier, wo wir erdgebun<strong>den</strong>eGeister hinbringen und ihnen die Augen öffnen können, damit sie sehend wer-— 434 —


<strong>den</strong>. Dann wer<strong>den</strong> sie auch uns endlich sehen, und wir können ihnen dann zuimmer besserer Einsicht verhelfen.Wollen wir alle die Einrichtung von Schulen fest ins Auge fassen, wo erdgebun<strong>den</strong>eGeister zur Belehrung hingebracht wer<strong>den</strong> können.Ihr wundert euch vielleicht, wie ich heut Abend hierher gekommen bin. Ich habeanderwärts schon versucht, mich durch das Schreibbrett mitzuteilen und auchauf andere Weise mich bemerkbar zu machen. Aber hier kann ich einfach eintretenund ebenso sprechen wie ihr. Es ist ganz ähnlich wie das Sprechen durcheinen Fernsprecher, und ich fühle mich ganz kräftig da<strong>bei</strong>. Ich habe jetzt dasklare, deutliche Gefühl, körperlich wie geistig wirklich <strong>bei</strong> euch zu sein.Wir müssen uns alle zusammenschließen und unser Möglichstes tun, dies Werkzu fördern; <strong>den</strong>n wir brauchen solche Rettungsstellen wie diese, hier wie dortund überall.Zu gegebener Zeit wer<strong>den</strong> auch die nötigen Medien als Empfänger da sein, welcheBotschaften aus dem Jenseits aufnehmen und vermitteln wer<strong>den</strong>. Es wirdgar nicht mehr lange dauern, bis durch solch einen Mittler aus der anderen Welther eine Botschaft kommt, welche die Menschen aus ihren starren Glaubenslehrenaufrütteln wird. Durch diese Botschaft wer<strong>den</strong> auch alle Kirchen zum Erwachengebracht wer<strong>den</strong>Die Kirchen wer<strong>den</strong> zunächst leer wer<strong>den</strong>; doch wird das nur für kurze Zeit sein,weil eine neue Religion aufkommen wird, — eine Religion, gegründet auf dieTatsachen des Geisterverkehrs und nicht auf bloße Glaubensformeln. Dann wer<strong>den</strong>die Menschen einer für <strong>den</strong> anderen leben und nicht mehr gierig alles fürsich allein zusammenraffen und beanspruchen wollen. Die Kirchen wer<strong>den</strong> fürdie Menschen da sein und nicht mehr für die Glaubensbekenntnisse.Die Leute wer<strong>den</strong> der Kirche Geld geben, und zwar zur weiteren Förderung desAufklärungswerkes über die herrliche Wahrheit vom jenseitigen Weiterleben.Da wird man dann nicht von Sün<strong>den</strong>vergebung re<strong>den</strong> und Seelen retten wollen,sondern <strong>den</strong> Menschen begreiflich machen, daß wir Geister <strong>bei</strong> ihnen sind. Eswird Kirchen geben, die ihre Pforten sowohl für die Geister, als auch für dieMenschen immer offen halten.Ich wollte schon zu meinen Lebzeiten so gern nach Kalifornien kommen undmir Ihr Werk ansehen. Ich hatte von Ihnen gehört und war durch Ihre Flugschriftfür Ihre Ar<strong>bei</strong>t sehr eingenommen wor<strong>den</strong>.Ich habe auch etwas darüber geschrieben, dachte mir aber, ich könnte mehr tun,wenn ich Sie persönlich kennen lernte. Doch bevor ich Sie aufsuchen konnte,trat ich ins jenseitige Leben über.Nun bin ich hier, um Ihre Ar<strong>bei</strong>t zu sehen. — Wenn Sie doch nur wahrnehmenkönnten, welche ungeheuren Scharren Unsichtbarer noch draußen vor der Türstehen und auf eine Gelegenheit warten, hereinkommen zu dürfen.— 435 —


Sie möchten hinter <strong>den</strong> wirklichen Sinn und Zweck des Lebens kommen undverlangen in dichtem Gedränge nach Hilfe.Ich darf jetzt ihre Zeit aber nicht länger in Anspruch nehmen, doch dankenmöchte ich Ihnen noch dafür, daß ich habe kommen dürfen. Es wäre mir eineFreude, Ihnen <strong>bei</strong> Ihrer Ar<strong>bei</strong>t helfen zu können. Behalten Sie nur Mut! DieMenschen sträuben sich, die Besessenheit als Tatsache anzuerkennen, weil siemeinen, das bringe die Geisterkundgebungen überhaupt in Mißkredit. — Ich waraber völlig überzeugt davon, weil ich Bescheid wußte; und sie ist doch nun maleinfach Tatsache.Ich bin Ella Wheeler Wilcox. Mir war sehr daran gelegen, einmal herkommenund Ihnen zum Weiterar<strong>bei</strong>ten Mut machen zu können. Fahren Sie fort mit IhrerAr<strong>bei</strong>t zum Wohle der vielen Besessenen sowohl als auch ihrer Quälgeister; sieist so sehr notwendig, und wir wollen Ihnen von unserer Seite her da<strong>bei</strong> helfen.Bitte verstehen Sie mich recht; ich wäre längst schon einmal zu einer Sitzung<strong>bei</strong> Ihnen erschienen, aber der Zugang ist von einer so riesigen Menge Hilfesuchenderumdrängt, die auf <strong>den</strong> Augenblick warten, wo sie eintreten dürfen. Esdarf immer nur einer nach dem anderen hinein. Heute war zu meiner Freude dieReihe endlich an mir.Diese Ar<strong>bei</strong>t ist so notwendig, um der Menschheit zu helfen. Es gibt meinesWissens nur noch einen solchen Kreis, der Sitzungen hält, in <strong>den</strong>en das Mediumseinen Körper erdgebun<strong>den</strong>en Geistern zu Bekundungen überläßt.Es gibt in der Tat nur sehr wenige, die sich dazu bereit fin<strong>den</strong> lassen, erdgebun<strong>den</strong>enGeistern ihren Körper zur Verfügung zu stellen. Ich kenne wenigstens nurnoch ein derartiges Medium und bin schon geraume Zeit auf der Suche nacheiner weiteren Möglichkeit für solche Ar<strong>bei</strong>t.Der Kampf gegen die Besessenheit, wie Sie ihn hier führen, sollte in jeder Stadtund Großstadt versucht wer<strong>den</strong>. Jedes Medium sollte sich bereitwillig dazu hergeben.Die Zeit wird kommen, wo jeder Geistliche über <strong>den</strong> wahren Sinn desLebens und die Verständigung mit <strong>den</strong> Verstorbenen sprechen wird. Alle"Ismen" wer<strong>den</strong> dann abgetan sein!Ich darf nun nicht länger bleiben, aber ich danke Ihnen sehr für <strong>den</strong> Vorzug, daßich hier erscheinen durfte. Ich hoffe, ich darf in einiger Zeit mal wieder kommen.— — —Ein sehr geschätzter Freund unserer Familie, Dr. J.M. Peebles, ehemaliger Konsulin der Türkei, Weltreisender, und 60 <strong>Jahre</strong> lang internationaler Vortragsrednerüber mediale Forschungen, starb im Alter von 99 <strong>Jahre</strong>n. Er hat seit dem <strong>bei</strong>verschie<strong>den</strong>en Gelegenheiten durch meine Frau gesprochen und verschie<strong>den</strong>tlichauch erdgebun<strong>den</strong>e Geister mitgebracht, um sie zur Einsicht bringen zulassen.— — —— 436 —


Sitzung vom 4. Oktober 1922Geist: Dr. J.M. PeebleesGeist: Guten Abend, liebe Freunde! Ich danke Ihnen, daß Sie mir die Tür geöffnethaben. So konnte ich doch wieder einige der Elen<strong>den</strong> mitbringen undsie hier aufklären lassen. Ich bin so gern hier <strong>bei</strong> Ihnen und möchte Ihnengern <strong>bei</strong> Ihrer Ar<strong>bei</strong>t helfen.Doktor: Wer Sie auch sein mögen, Sie sind uns herzlich <strong>willkommen</strong>.G. Sie wissen doch, wer ich bin — Sie wissen es. Ich bin Dr. Peebles. Ich binjetzt wieder jung. Geistig bin ich ja stets jung geblieben, aber mein Körperfing an, alt zu wer<strong>den</strong>, und ich konnte nicht mehr so, wie ich gern wollte.Ich hätte ja gern noch meinen hundertsten Geburtstag erlebt; das war miraber nicht vergönnt. Doch hatte ich hier in der geistigen Welt im Kreisemeiner Freunde an meinem hundertsten Geburtstage eine herrliche Feier.Ich bin mit Freu<strong>den</strong> hinübergegangen. Als ich in der Geisterwelt ankam,war ich voller Freude über so viel Herrlichkeit, so viel Glück und Schönheitdort. Ich hatte wohl Verständnis für die Geisterwelt, doch beschreibenkann man sie nicht. Ich kann Ihnen auch nicht erklären, wie das ist, wennman sie erst richtig begriffen hat.Obgleich ich doch nun schon so viele, viele <strong>Jahre</strong> Spiritist war, hing ich<strong>den</strong>noch immer noch an Glaubenssätzen. Einerseits war ich zwar Spiritist,aber ich konnte die Glaubensvorstellungen der christlichen Kirche dochnicht aufgeben, — sie waren eben mein Steckenpferd.Fünf Mal hin ich rund um die Erde gereist, habe Einblick in viele Lebensverhältnissegewonnen und die große Wahrheit auf viele verschie<strong>den</strong>e Weisenverkün<strong>den</strong> hören. Klammern wir uns nicht an Bekenntnisse! Trachtenwir nur danach, uns von der Erhabenheit Gottes einen rechten Begriff zumachen.Macht euch klar, daß diese kleine Erde nur eine Art Grundschule ist. Sie istkeine Universität, nicht einmal eine höhere Schule; man lernt hier nur dasABC des Lebens; und sehr viele lernen in dieser Schule gar nichts.Dr. (der gerade mit einem Sitzungsteilnehmer über die Wiederverkörperunggesprochen hatte, scherzend) Die verkörpern sich wieder!G. (ernsthaft) Nein, das tun sie nicht. Was sollte einen <strong>den</strong>n auch reizen, wiederzukommen.?Wozu sollte man sich noch einmal wieder in einen kleinenKindeskörper hineinzwängen und sich seinen freien Willen nehmen lassen?In der Geisterwelt ist man fei und kann überall hin; man hat <strong>den</strong> irdischenKörper gar nicht nötig. Warum also wieder in dieses Gefängnis zurück?Warum sollte z.B. ein Kind, das für die höhere Schule reif gewor<strong>den</strong>, wiederin die 6., 7. oder 8. Klasse zurückversetzt wer<strong>den</strong>?Meine lieben Anwesen<strong>den</strong> hier, hätten Sie <strong>den</strong>n wohl Lust, noch einmal in<strong>den</strong> winzigen Körper und die völlige Unbewußtheit eines Neugeborenenzurückzukehren, nachdem Sie sich das ABC der Lebenserkenntnis glücklichzu eigen gemacht haben?— 437 —


Durch Reisen lernt man. Man kann hier an einem Tage mehr lernen als in10 bis 12 <strong>Jahre</strong>n auf Er<strong>den</strong>. Hat man <strong>den</strong> Wunsch, sich etwas anzusehen, sobegibt man sich einfach hin.Während meines Er<strong>den</strong>lebens habe ich mich eingehend mit der Wiederverkörperungslehrebeschäftigt und auch Frau Cora Richmonds "Wiedereinverleibung"durchgear<strong>bei</strong>tet.Frage: Was ist mit dieser Wiedereinverleibung gemeint?Dr. Eine Zurückversetzung des entkörperten Selbst ins Irdische um gewisserErfahrungen willen.G. Frau Richmond war der Meinung, man müsse mannigfache Erfahrungenmachen und z.B. selbst ein Mörder, ein Dieb, ein Verkäufer, ein Schneiderusw. gewesen sein, kurzum jegliche Art von Tätigkeit und Lebenslageselbst durchgemacht haben.Weshalb sollte man diese Erfahrungen nicht durch andere machen können?Wenn man mit einem Menschen in Berührung kommt, braucht man in dessenBeruf doch nicht Fachmann zu sein, wenn man aus seinen ErfahrungenNutzen ziehen will. Man kann doch auch etwas lernen, wenn man nurzusieht. Wir geben ja auch <strong>den</strong> Kindern Anschauungs<strong>unter</strong>richt, undebenso lernt auch der Mensch sein ganzes Leben hindurch.Wenn man in der geistigen Welt z.B. eine große Maschinenfabrik besitzenmöchte, so braucht man sich als Geist nur einfach dorthin zu <strong>den</strong>ken undbekommt dann alles an Ort und Stelle gezeigt, was man zu wissen wünscht.Wenn man wissen möchte, was in anderen Gegen<strong>den</strong> der Erde vor sichgeht, sei es in Rußland, Deutschland, England, Indien oder Australien, sowünscht man sich in Gedanken dorthin und kann sich selbst von <strong>den</strong> Vorgängenüberzeugen. Und da sollte man sich dann noch mal wieder einkörpernlassen? Was man auf Er<strong>den</strong> im Laufe eines ganzen Lebens lernt, istnicht mehr als man in der geistigen Welt an einem Tage lernen kann. Ichmeine damit nicht, daß man gleich alles auf einmal erfaßt. Aber es gibtnichts mehr, was einen hindert, wenn man erst einmal frei ist — be<strong>den</strong>kenSie — ein freier Geist, frei und wißbegierig.!Dr. Wenn wir hier z.B. wissen wollen, was in einem Buche steht, dann müssenwir es eben durchlesen. In der Geisterwelt kann man vermutlich <strong>den</strong> Inhalteinfach aus dem Buch herausfüllen.G. Ja, man nimmt ihn durchs Gefühl wahr. Solange der Mensch im irdischenKörper lebt, wird sein Tun und Lassen durch das Gehirn gelenkt, und dasist umständlich. Aber in der Geisterwelt ist man frei und nicht an die Vermittlungdes Gehirns angewiesen.Das Leben währt ewig. Alles, was man während des Er<strong>den</strong>lebens gelernthat, bleibt der Seele ureigen und wird im Gedächtnis aufbewahrt. Dochsolange man im materiellen Körper steckt, sind die Gehirnzellen verkleistert.Mit der Zeit läßt das Gedächtnis nach, weil der Geist im Alter nichtmehr so auf die Gehirnzellen einwirken kann wie in der Jugend. Die Zellensind nicht mehr so rege, und so kommt es, daß das Gedächtnis schließlichversagt.— 438 —


Es geht einem manchmal wie einem Ertrinken<strong>den</strong>, plötzlich steht alles voreinem, Dinge, die man längst vergessen hatte.Als Geister verfügen wir über unser Gedächtnis; kommen wir aber malwieder auf die irdische Ebene zurück und nehmen von einem MediumBesitz, so vergessen wir manchmal sogar, wie wir auf Er<strong>den</strong> geheißenhaben. Wir steigen da<strong>bei</strong> in einen anderen Körper hinein, ganz ähnlich wie<strong>bei</strong> Besessenheit.Dr. Das muß doch auch eine Form von Besessenheit sein.G. Nein, das ist nicht der Fall. Bei wirklicher Besessenheit klammert sich derGeist an <strong>den</strong> Körper, und es ist nicht leicht, ihn zum Loslassen zu bewegen.Ich möchte fast behaupten, es gibt auf Er<strong>den</strong> nicht einen einzigen Menschen,der nicht in einer oder anderer Wese besessen wäre. Sie wissen ja, inalten Zeiten, in meiner Kindheit, da war das Leben ganz anders als heute.Wir hasteten noch nicht so, <strong>den</strong>n es gab ja nichts, dem man hätte nachjagenmüssen.Jetzt ist das Leben voller Hast und Eile. Die Menschen leben viel zu hastig.Wenn ein Mensch nicht schnell genug ar<strong>bei</strong>tet, dann heißt es gleich: "wir<strong>den</strong>tlassen"; wenn er dies oder jenes nicht tut: "entlassen". Heutzutage müssendie Menschen sehr darauf achtgeben, daß ihre Nerven nicht versagenund sie nicht die Gewalt über sich selbst verlieren; <strong>den</strong>n dann dringengleich Besessenheitsgeister in sie ein. Wenn Sie hellsehend wären und einebelebte Straße entlang gingen, wür<strong>den</strong> Sie mit Staunen gewahr wer<strong>den</strong>, wieviele Menschen unsichtbare Begleiter haben.Sehr wenige Menschen, auch gerade von <strong>den</strong> Spiritisten, die doch darüberpredigen, fin<strong>den</strong> sich <strong>bei</strong>m Eintritt in das Jenseits in <strong>den</strong> Verhältnissen deshöheren Lebens zurecht.Dr. Gewöhnlich ist es ihnen nur um die Erscheinungen zu tun; um <strong>den</strong> tieferenSinn und die Erklärung der Zusammenhänge kümmern sie sich nicht.G. Heute Abend habe ich etwa hundert Geister mitgebracht. Zuerst habe ichihnen einen Vortrag gehalten und versucht, sie aufzuwecken. Das gelangmir aber nicht. Dann sah ich die englische Dame (Esther Sutherland. —meint <strong>den</strong> Geist, welcher vor ihm von Medium Besitz genommen hatte)und glaubte aus ihrem Gebahren entnehmen zu können, daß sie zuhörenwolle; doch war das nicht ihre Absicht.So bekam sie die Erlaubnis, von Frau Wickland Besitz zu nehmen unddiente nun als anschauliches Beispiel. Die anderen Geister wur<strong>den</strong> auf sieaufmerksam, als sie sich so seltsam benahm. Ihre Neugierde wurde erregtund dadurch wur<strong>den</strong> sie wach; und dann konnte ich zu ihnen sprechen.Die Geister, die wir mitbringen, mögen ihnen manchmal recht sonderbarvorkommen. Diese Kundgebungen dienen aber einerseits dazu, vielenanderen zu helfen, anderseits sollen sie aber auch dem sich bekun<strong>den</strong><strong>den</strong>Geiste selbst das Verständnis für geistige Dinge eröffnen. Tilgen wir dieWiederverkörperungslehre aus unserem Gedächtnis, <strong>den</strong>n sie ist wie einum <strong>den</strong> Hals gehängter Sandsack. Wer ihr anhängt, dem steht sie so fest imMittelpunkte seines Denkens, daß sich seine Gedanken immer wieder nur— 439 —


um sie drehen; und so kommt der Mensch nicht voran, sondern findet sichimmer auf dem alten Fleck wieder. Wie will man <strong>den</strong>n auch in seiner Entwicklungvorwärtskommen, wenn die Seele immer wieder nach der Erdezurückverlangt! Und jene Pforte, die sich für die englische Dame auftat,könnte sich für einen starren Anhänger der Wiederverkörperungslehre niemalsauftun.Mit jedem Gedanken daran verblendet man sich selbst und wiegt die Seelein eine Selbstzufrie<strong>den</strong>heit, so daß gar kein anderer Gedanke mehr Platzgreifen kann; und dies Verlangen nach der Wiederkehr ist doch wirklichnur ein auf das eigene Selbst gerichteter Gedanke. Man spinnt sich ganz indiesen Gedanken ein und bleibt auf dem Fleck stehen, wo man gerade ist.Man kann sich gar nicht wiederverkörpern. Ich habe die verhängnisvollenFolgen dieses Gedankens selbst beobachtet und auch mit Menschen gesprochen,die an die Wiederverkörperung geglaubt haben.Frage: Wie <strong>den</strong>kt <strong>den</strong>n Frau Blavatsky jetzt über die Wiederverkörperung?G. Ich habe zu meinen irdischen Lebzeiten manche Auseinandersetzung darübermit ihr gehabt, und noch mehr als ich hier herüberkam. Auch sieglaubt jetzt nicht mehr daran. Sie hat umlernen müssen. Das hat freilichrecht lange gedauert, aber jetzt würde sie einzig zu dem Zweck gern nocheinmal zurück kehren, um die Irrtümer ihrer Lehre richtig zu stellen.Dr. Das ist schwer durchführbar.G. Auch ich hatte mein Steckenpferd. Ich glaubte, ich würde "Christum"sehen. Ich sah ihn aber nicht und werde Ihn auch nie sehen.* Christus istdas Göttliche Prinzip. Christus ist der Inbegriff des Lebens. Jesus ist dieWahrheit, und Christus ist Erleuchtung und Erkenntnis. Wenn man seinSelbst gefun<strong>den</strong> hat und erkennt, daß dieses mit Gott dem Schöpfer eineEinheit bildet, dann ist das das Eins-Sein mit Gott. Durch Jesus kommtman zur Wahrheit, und Jesus mußte gekreuzigt wer<strong>den</strong>, damit Christus zumLeben kommen konnte. Wir müssen uns von allem Irdischen freimachen.Nagelt eure Selbstsucht, eure Eifersucht ans Kreuz. Wahrheit ist mit Selbstsuchtund Eifersucht nicht vereinbar. Selbstsucht und Eifersucht gehörennur niederen Triebnatur des Menschen.*) Anmerkung des Übersetzers: Diese Äußerung des jenseitigen Dr. Peebles mag manchen christlichenLeser befremdlich, ja anstößig erscheinen. Sie ist jedoch nicht nur sehr verständlich, sondernauch ganz besonders lehrreich und zwar gerade deshalb, weil Dr. Peebles zu seinen irdischen Lebzeitenfür landläufige Begriffe ein gläubiger Christ gewesen ist. Nun hat sich seine Glaubenserwartungnicht erfüllt und seine bisherige jenseitige Erfahrung ihn zu der Überzeugung gebracht, daß seine auf<strong>den</strong> kirchlichen Lehren beruhen<strong>den</strong> Vorstellungen irrig gewesen seien und er Christum niemals sehenwerde, weil Dieser überhaupt nicht sichtbar sei. Doch er irrt in seiner Meinung, sich geirrt zu haben.Denn die sehr realen Geisterlebnisse der ernsten christlichen Mystiker gehen sichere Kunde davon,daß der gottgewor<strong>den</strong>e Mensch Jesus Christus, in dem Gott Mensch gewor<strong>den</strong> ist, <strong>den</strong> Seligen derhöchsten himmlischen Sphären beständig gegenwärtig und sichtbar ist. Um aber so weit zu kommen,Ihn in Seiner göttlichen Herrlichkeit schauen zu können, dazu gehört mehr als nur zu glauben. — Hierwird ersichtlich, daß die fortgeschrittenen Geister des Zwischenreiches, welche dort als Führer undLehrer wirken, in ihren Kenntnissen und Erkenntnissen noch recht eng begrenzt sind. Es wird weiterhindeutlich wie wichtig es ist, daß der Mensch sich um wirkliche Erkenntnis bemüht und sich nichtnur auf <strong>den</strong> Wortglauben verläßt. Wohin die Wortgläubigkeit führt, lehrt schon der Fall des Dr. Peeblesund erst recht das Verhalten der fanatischen Sektierer, welche hier in verschie<strong>den</strong>en Berichten zu— 440 —


Worte kommen. — Von dem tiefen Geheimnis, welches in dem Erlösungswerk Christi liegt, begreiftdie große Masse der Kirchenchristen herzlich wenig. Das beweist der Irrtum des Dr. Peebles und erstrecht der Mißbrauch, <strong>den</strong> die wortgläubigen Fanatiker mit <strong>den</strong> kirchlichen Glaubenssätzen treiben,sowie die trostlose Finsternis der Unwissenheit, in der sie sich nach dem körperlichen Tode befin<strong>den</strong>.Wie wichtig wäre es demnach, daß die Kirchen selbst ihren Gläubigen nähere Kenntnis vom Lebennach dem Tode vermittelten, wofür sich in <strong>den</strong> zahllosen medialen Kundgaben unserer Tage und auchschon in <strong>den</strong> Schauungen Swe<strong>den</strong>borgs eine ebenso reichhaltige wie zuverlässige Nachrichtenquellebietet.Laßt euch in keiner Weise durch Glaubenssätze, Bekenntnisformeln oderLehrmeinungen befangen machen, sondern suchet Gott in eurem Innernund wahrt euch eure Freiheit. Bittet darum, Gott hören, Ihn sehen, fühlenund kennen lernen zu dürfen, dann wer<strong>den</strong> euch die Augen für geistigeDinge aufgehen, und ihr werdet nie wieder Verlangen danach haben, in diesesEr<strong>den</strong>leben zurückzukehren.Es gibt für uns Menschen keine Wiederholung des Er<strong>den</strong>lebens, nein wirklichnicht! Man kann eine Kerze, wenn sie aufgebrannt ist, nicht wiederanzün<strong>den</strong>. Leben ist Fortschritt, nicht Rückschritt. Man steigt von Stufe zuStufe und so immer weiter.In der Geisterwelt ist unsere Zeit so von wichtigen Aufgaben in Anspruchgenommen, daß man gar keine Zeit findet, an eine Rückkehr zu <strong>den</strong>ken.Man möchte seine Freunde wiedersehen und möchte reisen, weil man sichalles ansehen kann, wonach einem der Sinn steht, wofern man nur frei undaufnahmefähig dafür ist.Es fragt wohl mancher: "Wie steht es nun aber mit Kindern, die vorzeitighinübergingen und im Er<strong>den</strong>leben doch gar keine Erfahrungen habenmachen können?" Sie gehen dieser Erfahrungen nicht verlustig. Die Mutterliebewirkt auf die Kinder als eine Anziehungskraft; und so sind sie vielin unmittelbarer Nähe der Mutter und lernen auf diese Weise doch auch dasEr<strong>den</strong>leben kennen.Die Kinder wer<strong>den</strong> hier auch <strong>unter</strong>richtet. Wir haben in der GeisterweltLehrer für höhere Dinge und diese erteilen Anschauungs<strong>unter</strong>richt. Wirbringen Kinder in alle möglichen Schulen und lehren sie Gottes Wunderwerkekennen. Dort wer<strong>den</strong> sie über das wahre Leben belehrt und lernennicht bloß Lesen und Schreiben. So erhalten sie Unterricht in nützlichenFachwissenschaften wie Anatomie, Astrologie, Astronomie und vielenanderen Gebieten. Das sind die Lehrfächer für die Kinder, und die Meisterdarin erteilen <strong>den</strong> Unterricht.Unsere Schulen lehren <strong>den</strong> Aufstieg zu einem höheren Leben. Ich wollte,ihr könntet sehen, wie schnell die Kinder durch <strong>den</strong> Anschauungs<strong>unter</strong>richtvorwärtskommen. Ich wollte euch gern sagen, daß ich euch <strong>bei</strong> eurer Ar<strong>bei</strong>thelfe. Es ist mir daran gelegen, euch wissen zu lassen, daß ich euch nichtuntreu gewor<strong>den</strong> bin.Menschen gehen verloren, weil sie <strong>den</strong> wahren Sinn des Lebens nichtbegriffen haben. — Besessenheit ist sehr, sehr schlimm. Die Irrenanstaltensind überfüllt, und die Ärzte wissen nicht, wie sie <strong>den</strong> GeisteskrankheitenHalt gebieten könnten.— 441 —


Habt mehr <strong>Liebe</strong> für einander; helft <strong>den</strong> Schwachen und sehnt <strong>den</strong> Zeitpunkther<strong>bei</strong>, wo alle Menschen Brüder und Schwestern sein wer<strong>den</strong>.Wenn diese Zeit kommt, dann wird jeder nur halb so viel zu tun haben wiejetzt, und die Menschen wer<strong>den</strong> mehr Zeit für sich selbst haben und auchmehr Freude erleben. Jetzt ist die Hälfte der Menschen ar<strong>bei</strong>tslos, sichselbst und der ganzen Welt zum Unsegen.Wenn alle für einander ar<strong>bei</strong>ten wür<strong>den</strong> und nicht so abgehetzt wären, dannwäre es für je<strong>den</strong> viel besser, — doch ich darf nicht mehr weiter re<strong>den</strong>,sondern muß jetzt gehen. Gute Nacht!— — —Ganz unerwartet besuchte uns der Geist jener Frau, deren Predigten und Schriftendie Wiederverkörperungslehre weltbekannt gemacht haben.— — —Sitzung vom 1. November 1922Geist: Madame BlavatskyEs war mir sehr daran gelegen, heute Abend zu ihnen kommen zu dürfen. Ichglaube an die Ar<strong>bei</strong>t, die in diesem kleinen Kreise geleistet wird, und freue michsehr über Ihre bisherigen Erfolge. Ich wünschte, wir hätten mehr Menschen zuHelfern, die da begriffen hatten, daß es ja gar keinen Tod gibt, und uns auf dieserGrundlage halbwegs entgegenkommen könnten.Ich wollte, ich hätte lieber mehr diese Wahrheit gelehrt und mich auch selbstbemüht, tiefer in sie einzudringen. Ich wußte davon und hatte auch selbst zahlreicheBeweise dafür erlebt.Ich weiß nicht recht warum, — aber wenn eine Wahrheit an uns herantritt, dannverschließen wir uns ihr: Die Wahrheit ist immer verhüllt. Wir müssen erst nachihr suchen, um sie zu fin<strong>den</strong>. Lehrmeinungen und Glaubenssätze scheinen in derWelt weit eher Aussicht auf Anerkennung zu haben als eine Wahrheit. Wohljeder Mensch erlebt irgendwelche Bestätigungen der Wahrheit des Jenseitslebens,er verschweigt sie aber, anstatt sie zu bekennen.Es war einmal mein sehnlichster Wunsch, auf irgendeine Weise Führerin zusein. Jetzt habe ich nur noch <strong>den</strong> Wunsch, der Welt die Wahrheit zu ‘bringen.Ich wußte über Geisterkundgebungen Bescheid und hatte selbst solche erlebt.Ich habe mich auch in meinen jungen <strong>Jahre</strong>n ziemlich viel in dieser Richtungbetätigt, machte mich dann später aber an das Studium der Theosophie. Philosophieund Theosophie sollten überhaupt Hand in Hand gehen.Bei meinem Studium stieß ich auf die Frage der Wiederverkörperung, und dieserGedanke bestrickte mich eine Zeitlang; doch kam ich nicht zu einer vollen Klarheitdarüber. Ich empfand es als sehr ungerecht, daß manche Menschen reichwaren und es sich wohl sein ließen, während dagegen andere so arm waren undin Kummer und Sorgen dahinlebten. Andere wieder konnten ja gar nicht genügendirdische Erfahrung sammeln,— so schien es mir wenigstens.— 442 —


Mit solchen Empfindungen vertiefte ich mich in die Lehre der Wiederverkörperungund glaubte Wahrheit und Gerechtigkeit darin sehen zu können, daß wirMenschen immer wieder ins Er<strong>den</strong>leben zurückmüßten, um zu lernen undimmer mehr Erfahrungen zu sammeln. In diesem Sinne lehrte ich, und daswollte ich der Welt und allen Menschen verkün<strong>den</strong>.Es war mir so, als könnte ich mich weit in meine Vergangenheit zurückerinnern,als hätte ich eine Erinnerung an alle meine vergangenen Leben. Doch darintäuschte ich mich.Erinnerungen an "vergangene Leben" wer<strong>den</strong> durch Geister hervorgerufen, diedem Menschen gedankliche Vorstellungen <strong>bei</strong>bringen, in <strong>den</strong>en sie ihr eigenesvergangenes Er<strong>den</strong>leben darstellen. Ein Geist beeindruckt <strong>den</strong> Menschen mit<strong>den</strong> Erfahrungen seiner Er<strong>den</strong>tage. Diese wer<strong>den</strong> dem Menschen so tief eingeprägt,als hätte er sie selbst erlebt. Man glaubt dann steif und fest, es seien Erinnerungenan die eigene Vergangenheit.Durch ernstliches Nach<strong>den</strong>ken, besonders wenn man sich in die Theosophie vertieft,entfaltet sich die Seele und lebt in einer geistigen Atmosphäre. Man ziehtsich so weit wie möglich vom Irdischen zurück. Natürlich regen sich dann diemedialen Fähigkeiten, und man fühlt die Geister seiner Umgebung.Sie sprechen in ihrer Weise zu uns, indem sie ihre Gedanken in uns einfließenlassen, und wir sehen ihre Vergangenheit anschaulich vor uns. Durch gefühlsmäßigesAufnehmen erlebt man die Vergangenheit der Geister mit und verfälltda<strong>bei</strong> sehr leicht dem Irrtum, dieses Mitempfin<strong>den</strong> für Erinnerungen aus eigenenfrüheren Er<strong>den</strong>leben zu halten.Das wußte ich nicht, als ich am Leben war. Ich war fest davon überzeugt, esseien echte Erinnerungen. Als ich aber ins geistige Leben hinübergegangen war,wurde ich eines anderen belehrt.Ich habe wissenschaftlich viel gear<strong>bei</strong>tet. Theosophie ist die beste und höchsteWissenschaft über das wahre innere Leben. Aber überall kommt es darauf an,die Wahrheit zu ergrün<strong>den</strong>; nach ihr sollen wir unser Leben gestalten, auf dieLehrmeinungen kommt es da<strong>bei</strong> nicht an.Laßt die Wahrheit sich in uns entfalten, — suchen wir uns selbst zu fin<strong>den</strong>.Blickt nicht in die Ferne, schaut nicht zurück in die Vergangenheit, auch nicht indie Zukunft, sondern wie wir gegenwärtig sind, sollen wir uns selber fin<strong>den</strong> unduns selber treu bleiben. Alle Lehrmeinungen und Glaubenssätze wollen wir <strong>bei</strong>seitelassen, aber die Nähe Gottes kennen und fühlen lernen.Die Wiederverkörperungslehre ist eine Irrlehre!!!Ich wollte das zuerst nicht glauben. Die Geister sagten mir hier in der geistigenWelt, daß ich mich gar nicht wiederverkörpern könne. Ich habe <strong>den</strong>noch immerwieder versucht zurückzukehren, um Mensch zu wer<strong>den</strong>, aber es ist mir nichtgelungen. Wir können uns nicht wiederverkörpern. Wir gehen vorwärts, kehrenaber nicht wieder zurück.— 443 —


Was sollte man auch noch einmal auf der Erde, nachdem man hier in der Geisterweltschon Erfahrungen gemacht und Erkenntnisse gewonnen hat, die sichunaufhörlich erweitern? Das irdische Leben ist doch nur eine Vorschule.Wir sollen lernen, uns selbst zu fin<strong>den</strong>. Demgegenüber muß ich zu meinemLeidwesen feststellen, daß sehr viele sich nicht selbst fin<strong>den</strong>. Suchen wir allealso die notwendigen Erkenntnisse zu sammeln, damit wir, wenn wir auf diegeistige Seite des Lebens hinübertreten, gleich zu einem höheren Dasein eingehenkönnen.Im Er<strong>den</strong>leben hat man seinen schwerfälligen, massigen Körper, der einen überallhindert. Will man z. B. ein Buch schreiben, dann muß man sich die nötigenEinzelheiten erst zusammensuchen und in eine Bücherei gehen, um sich ausBüchern die notwendigen Unterlagen zu holen. Oft genug muß man deshalb voneinem Ort zum andern reisen und sucht das Gewünschte <strong>den</strong>noch vergebens.Das alles kostet Zeit, und die Zeit ist knapp. Man stößt eben überall auf Hindernisse.Wenn man dagegen in der geistigen Welt irgendwelche Unterlagen für einebestimmte Sache braucht, so <strong>den</strong>kt man einfach an diese, und alles liegt sogleichklar vor einem. Da gibt es keine Zeit und keine Umstände, die uns hinderlichsein könnten.Wenn wir von der Geisterwelt her irdische Erfahrungen machen wollen, glaubenSie, wir müßten uns dazu wiederverkörpern? Nein, das haben wir nicht nötig.Will z.B. jemand seine Kenntnisse in der Heilkunde erweitern, so geht er alsLernender in eine Schule, hört und sieht dort alles und kommt mit allem inunmittelbare Berührung. Er lernt so viel schneller, als er es auf Er<strong>den</strong> gekonnthat, und es wird ihm auch alles viel klarer.Auf Er<strong>den</strong> muß man jahrelang studieren und erfaßt die Dinge doch längst nichtso klar, wie wir es hier können.Angenommen, man will in der Geisterwelt Versuche mit irgendwelchen Gerätenund Maschinen anstellen, so läßt sich das ganz leicht bewerkstelligen. Denn inder Geisterwelt ist alles vorhan<strong>den</strong>, weil ja alles, was auf Er<strong>den</strong> erfun<strong>den</strong> wird,zuvor hat in der Geisterwelt erfun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> müssen. Stirbt nun etwa ein Erfindervor Fertigstellung seiner Erfindung, so braucht er seine Idee keineswegs aufzugeben.Er ar<strong>bei</strong>tet an ihr in der jenseitigen Welt ruhig weiter, weil es sich dortleichter ar<strong>bei</strong>ten läßt und man mehr Zeit hat. Hat er dann alles fertig, so sucht ersich einen sensitiven Menschen, dem er durch Gedankenübertragung die Ideeseiner Erfindung zum Bewußtsein bringt. Dieser fängt dann an, sich mit derSache zu befassen, führt sie durch und schenkt sie der Welt.Wenn ich einen sensitiven Menschen mit einer Idee beeindrucke, so ist das aucheine Art Wiederverkörperung — nicht daß ich mich in seinem Leibe einkörperte,aber ich veranlasse ihn, das auszuführen, was ich getan haben möchte.— 444 —


Auf diese Weise kommen und gehen wir, wenn wir uns zum Er<strong>den</strong>leben hingezogenfühlen und mal wieder dort sein möchten.Wenn Ihr erst einmal in der Geisterwelt sein werdet, wo alle einander verstehen,wo alles Leben und Seligkeit ist, wo es keine Eifersucht, keinen Neid mehr gibt,wo sich alles in schönster Übereinstimmung befindet, glaubt ihr, daß euch auchnur einen Augenblick der Gedanke kommen wird, diesen wunderbaren Zustandzu verlassen, um zur Erde zurückzukehren und wieder ein kleines Kind zu wer<strong>den</strong>,beschränkt im Geiste und unwissend — ja sogar ohne Bewußtsein?Ganz abgesehen davon, könnte man doch auch in einen kränklichen, verkrüppeltenKörper geraten und dann übler daran sein als vorher.Nein, Wiederverkörperung gibt es nicht! Ich habe daran geglaubt, habe siegelehrt und war mir dessen sicher, daß ich wiederkommen und als irgendeinMensch noch einmal auf Er<strong>den</strong> leben würde. Und doch wird das nicht geschehen.Ich kann ja auch hier weit mehr Gutes schaffen. Wenn mich danach verlangt,<strong>bei</strong> der Bekehrungsar<strong>bei</strong>t zu helfen, oder sonst etwas Gutes zu tun, danngehe ich hinab in die Erdsphäre, wo sich die Geister in aller Art Elend befin<strong>den</strong>.Ich predige ihnen und belehre sie und gebe mir alle Mühe, sie aus ihren verkehrtenVorstellungen zu befreien. Darin finde ich eine Aufgabe, die mich befriedigt.Weshalb sollten wir aus der beglücken<strong>den</strong> Eintracht der geistigen Welt wiederhinabsteigen in Verhältnisse, die man nur höllisch nennen kann? Wir haben hiereine Schar Geister, die singen und beten und loben Gott vom frühen Morgen biszum späten Abend. Sie sind von ihrem Fanatismus so befangen, daß gar nichtmit ihnen zu re<strong>den</strong> ist.Wir gehen nun zu einer anderen Schar; dort fin<strong>den</strong> wir die Geizhälse. Ihr Gottist das Geld, und sie sind so eifrig damit beschäftigt, Geld und immer wiederGeld zu zählen, daß wir gar nicht an sie herankommen können.Wir gehen weiter zu anderen, die in ihrem Leben alles verloren hatten. Diesesind verbittert und neidisch; sie haben nichts anderes als Rache im Sinn undkennen weder Güte noch Mitleid. Sie sind wie Schwämme, die in schlammigesWasser getaucht wor<strong>den</strong> und gar nicht mehr als Schwämme zu erkennen sind.Ihre <strong>Liebe</strong> hat sich in Haß verwandelt, und es ist ganz unmöglich, ihnen Freundlichkeitund Güte <strong>bei</strong>zubringen. Sie speien einen an, sie lachen einen aus, <strong>den</strong>nnach ihrem Gefühl gibt es weder einen Gott noch Mitleid oder Nächstenliebe,sondern alles ist Neid und Selbstsucht.Wir lassen uns aber trotzdem nicht entmutigen. Unsere Aufgabe besteht ebendarin, diese armen Seelen eines Besseren zu belehren. Das sind oft schwere Zeitenfür uns. Wir können nicht einfach hingehen und für sie beten — nein, nein!Sie wür<strong>den</strong> einfach die Tür zumachen und uns erklären, daß sie uns nicht brauchen.Darum können wir nicht einfach zu ihnen gehen, um mit ihnen zu re<strong>den</strong>und ihnen Vorträge zu halten.Ihr werdet fragen, wie es dann überhaupt möglich ist, an sie heranzukommen.Zunächst stellen wir uns gedanklich auf sie ein. Dann machen wir Musik.— 445 —


Manchmal müssen wir ganz leise spielen, so daß sie es kaum hören können, underst allmählich dann ein wenig lauter. Es spielt keine Rolle, wie böse undgemein, wie her<strong>unter</strong>gekommen die Seelen sind, — auf Musik hören sie immer.Sind sie nun auf die Musik aufmerksam gewor<strong>den</strong>, dann richten wir weiterunsere Gedanken auf sie, um sie zum Erwachen zu bringen und ihren Sinn aufhöhere Dinge zu Lenken.Dann malen Künstler ihnen Bilder aus dem höheren Leben vor. So erhalten sieAnschauungs<strong>unter</strong>richt, und dann wer<strong>den</strong> ihnen kleine Geschichten erzählt. IhreLebensgeschichte wird für uns sichtbar, und wir stellen sie ihnen dann in Bildernvor Augen, eine Begebenheit nach der anderen, damit sie gewahr wer<strong>den</strong>,was für Fehler sie gemacht haben. Mit einem Mal fangen sie dann gewöhnlichan, Fragen zu stellen und dann kommen wir schon etwas näher an sie heran.—Nach all dem nehmen wir sie mit hinauf auf eine höhere Lebensebene.Eine andere Schar liegt in festem Schlaf, <strong>den</strong> sie sich selbst eingeredet haben.Sie waren dahin belehrt wor<strong>den</strong>, der Tod sei ein Schlaf, und sie wür<strong>den</strong> bis zumJüngsten Tage schlafen, wo der liebe Gott sie dann von seinem Thron herabrichtenwerde. An diese ist sehr schwer heranzukommen, besonders dann, wenn siesich zu einem richtigen Todesschlaf zurechtgelegt haben. Manchmal müssen wirsie dann zunächst in ein Medium hineinbringen, um sie auf diese Weise wach zumachen. Denn erdgebun<strong>den</strong>e Geister, <strong>den</strong>en überhaupt nicht <strong>bei</strong>zukommen ist,müssen wir ins Er<strong>den</strong>leben zurückbringen und zwar in einen Zirkel wie diesenhier, wo sie durch enge Fühlungnahme mit der irdischen Materie im Körper desMediums zum Erwachen und Bewußtsein ihrer Lage gebracht wer<strong>den</strong>.In gewissem Sinne könnte man das eine Wiederverkörperung nennen, weil wirdiese Geister in die irdische Welt zurückzubringen haben, an der sie sich selbererst einmal wieder zurechtfin<strong>den</strong> müssen.Ich wollte, wir hätten mehr solcher Zirkel, wie diesen hier, wo wir solche Geisteraufwecken und ihnen einen Begriff vom Jenseits <strong>bei</strong>bringen können.Mancher wird vielleicht sagen: "Das ist ja gar nicht Frau Blavatsky." Aber lassenSie sich nicht <strong>bei</strong>rren, ich bin es doch! Man wird gewiß einwen<strong>den</strong>: "Siewürde dies oder jenes nicht sagen und nicht so oder so gesprochen haben", —aber ich bin doch Frau Blavatsky.!Wenn Sie noch irgendwelche Fragen zu stellen haben, will ich gern versuchen,sie Ihnen zu beantworten.Frage: Wür<strong>den</strong> Sie uns etwas über die "Meister" sagen? Wie <strong>den</strong>ken Sie jetztüber diese?Geist: Wir sprechen von "Meistern" — ja! Wir alle sind Meister, wenn wir unsbemühen, höhere Dinge in ihrem Wesen zu erfassen. Aber ein "Meister",wie wir ihn in der Theosophie meinen, ist ein bedeutender und großerGeist.— 446 —


Ein Meister ist, wer die Materie zu beherrschen versteht und sie ganz <strong>unter</strong>seine Gewalt bringen kann, wer ein reines und gutes Leben führt und jederLebenslage Herr wird.Nehmt euch die Natur zum Lehrmeister und lernt von ihr, wie sich allesentwickelt.Leider muß ich feststellen, daß von <strong>den</strong>en, die hier auf Er<strong>den</strong> nach derMeisterwürde streben, die Mehrzahl zu Fall kommt. Eigentlich kommenjedoch nicht sie selbst zu Fall. Sie wer<strong>den</strong> nämlich durch ihre Übungenhochempfindlich und medial, und dann dringen leicht erdgebun<strong>den</strong>e Geister,die noch gar nicht wissen, daß sie verstorben sind, in die Üben<strong>den</strong> ein,machen sie besessen und bringen sie zu Fall.Zuerst sollten wir lernen, die Materie und uns selber zu beherrschen, bevorwir uns daran machen, neue Gedanken verwirklichen zu wollen. NehmenSie mich selber — was habe ich <strong>den</strong>n in Wirklichkeit Gutes für dieMenschheit geleistet?Antwort: Sie haben viele aus ihrer Starrgläubigkeit befreit.G. Ja, aber dafür habe ich ihnen nur neue Glaubenssätze gebracht. Oh, washätte ich viel mehr tun können, wenn ich mich damit begnügt hätte, derMenschheit mit meiner medialen Veranlagung zu dienen und darauf hingear<strong>bei</strong>tethätte, diese und jene Welt miteinander in Verbindung zu bringen.Ich war ein gutes Medium und hätte viel leisten können, aber ich wurdebesessen.Ich muß zu meinem Bedauern feststellen, daß die Theosophen an Zahlimmer geringer wer<strong>den</strong>. Wir leben in einer Zeit, wo vieles zugrunde geht.Es ist eine Zeit allgemeiner Rastlosigkeit und Umwälzung auf allen Gebieten.Die verschie<strong>den</strong>en lehren wer<strong>den</strong> alle verschwin<strong>den</strong>, doch die GeistigeWissenschaft wird hochkommen.Doktor: Die Menschen sollten wieder einfacher leben.G. Das ist ein wahres und richtiges Wort. Sie haben die Wahrheit gefun<strong>den</strong>.Sie haben im Jenseits gute Mitar<strong>bei</strong>ter, welche diesem Medium zur Seitestehen.Sie halten sich nicht an feststehende Lehrmeinungen und haben keinegeheimnisvollen Gebräuche, wie die Theosophen sie haben. Die <strong>den</strong>ken, jegeheimnisvoller sie seien, um so größere Meister seien sie. Wo sind die<strong>den</strong>n? Wo sind sie?Ich muß leider gestehen, daß diese sich durch Selbsteinrede so in ihre Vorstellungeneingesponnen haben, daß ihre Einbildung mit ihnen durchgeht.Da will vielleicht einer seine Vergangenheit ergrün<strong>den</strong> und behauptet dann:"Ich war Julius Caesar!"Vermutlich hat er irgendein Buch über Julius Caesar gelesen und sich solebhaft dahinein vertieft, daß er sich einbildet, er habe damals gelebt. Dannkommen Geister und bestärken ihn in seiner Einbildung, in einem früherenLeben Julius Caesar gewesen zu sein.— 447 —


Man kann die Menschen alles glauben machen. Sie bauen ihre Häuser janicht auf <strong>den</strong> Felsen der Vernunft, und so vermag ein Sturmwind alles fortzublasen.Alle sektiererischen Lehren tragen ganz gewiß irgendeine Wahrheit in sich.— Sie haben doch gewiß die Geschichte von dem Elefanten gehört?! EinBlinder betastete einen Elefanten, um dahinterzukommen, wie <strong>den</strong>n so einTier eigentlich aussehe. Und ob er nun <strong>den</strong> Rumpf, das Bein oder <strong>den</strong>Schwanz befühlte, ein jeder versicherte ihm, was er da <strong>unter</strong> seinen Hän<strong>den</strong>habe, das sei der Elefant. — So hat wohl ein jeder die Wahrheit, aber keinerhat sie ganz.Wir suchen eben nicht nach der vollen Wahrheit, und so hängt sich der einean <strong>den</strong> Schwanz, ein anderer an <strong>den</strong> Rumpf usw.Tun wir uns alle zusammen, dann wer<strong>den</strong> wir <strong>den</strong> ganzen Elefanten fin<strong>den</strong>,und alle vereint in einer Großen Wahrheit leben.Frage: Wird es dann auch noch Medien zu weiteren Forschungen geben?G. Wenn die Zeit kommt und die Menschen dafür reif sind, dann wer<strong>den</strong> auchdie erforderlichen Medien da sein. Wir können uns dann alle zusammentun,und es wird mediale Zirkel in jeder Kirche geben.Frage: Warum gibt es eigentlich nicht mehr inspirierte Redner, die die Wahrheitverkün<strong>den</strong> können?G. Die öffentlichen Vorträge wer<strong>den</strong> inspiriert sein. Vortragsredner, oder Politikerhaben gewöhnlich die Absicht, etwas ganz Bestimmtes, was sie sichausgear<strong>bei</strong>tet haben, vorzubringen, aber ehe sie es selbst gewahr wer<strong>den</strong>,re<strong>den</strong> sie von etwas ganz anderem. Sie sprechen dann aus Eingebung, <strong>den</strong>nes stehen jenseits immer Geister bereit, welche die Vorgänge auf der Erdeaufmerksam verfolgen und nur auf eine Gelegenheit warten, einem Rednerihre Gedanken einzugeben.Frage: Steht ein Medium <strong>unter</strong> geistigem Schutz?G. Man sollte auch im Alltagsleben immer gut auf sich selbst achten und entschlußbereitsein, Enttäuschungen verwin<strong>den</strong> und überhaupt sich durchnichts aus dem Gleichgewicht bringen lassen. Dem Ärger und dem Kummersollte der Mensch keinen Zutritt gewähren, <strong>den</strong>n sie entstammen jenseitigenEinflüssen aus ganz niederer Sphäre.So sollte jeder Mensch wachsam sein. Wenn wir uns jenseitigen Einflüssenöffnen, dann drängen sich erdgebun<strong>den</strong>e Geister in hellen Haufen heran zudem Lichtschein, der ihnen nur durch einen menschlichen Körper vermitteltwer<strong>den</strong> kann. Da sie selbst keinen Körper mehr haben, sind sie blind,<strong>den</strong>n ihnen scheint auf der Erdsphäre kein irdisches Licht mehr und nochkein geistiges, solange sie zu keiner Erkenntnis gekommen sind.Frage: Sollte nicht ein Medium über alle diese wichtigen Dinge gut <strong>unter</strong>richtetsein?G. Gesetzt <strong>den</strong> Fall, ein großer Musiker soll auf einem schlechten Klavierspielen. Er wäre nicht in der Lage, ein Musikstücke mit allen Feinheitenauch nur annähernd wiederzugeben. Dazu brauche er ein gutes Instrument.— 448 —


Und so ist es auch mit einem Medium. Ein Medium sollte möglichst überalle Dinge, über alle umstrittenen Lebensfragen Bescheid wissen. Ein ungebildetesMedium ist zu Mitteilungen über wissenschaftliche Fragen nicht zugebrauchen.Frage: Wo bleibt der Geist des Mediums während der Zeit, wo ein fremder Geistsich des Körpers bedient?G. Sie wissen doch, daß wir uns im Geiste beliebig groß oder klein machenkönnen. Frau Wicklands Geist befindet sich augenblicklich in ihrer magnetischenAura. In einer Aura können eine ganze Anzahl von Geistern zusammenhausen. Sie kommen und gehen, doch kann zur selben Zeit immer nurein Geist sich des Körpers bedienen.Frau Wickland befindet sich zur Zeit in einem Zustande der Bewußtlosigkeit.Sie betätigt sich nicht etwa auf geistiger Ebene. Sie ist der lebendigeDraht, sie bildet die Batterie. Sie ist der Motor, und von diesem Motorgehen viele Leitungen aus. Ginge sie aus der Aura heraus, so hätten wir dieelektrischen Kräfte nicht zur Verfügung, die zum Regieren des Körpersnötig sind. In diesem Falle ist also das Medium die Batterie, mittels welcherwir ar<strong>bei</strong>ten.Frage: Die Theosophie lehrt, daß der Mensch sich auch während des Schlaf seelischund geistig entwickle. Während der Körper ruhe, verlasse ihn dieSeele, bleibe aber durch einen dünnen Fa<strong>den</strong> mit ihm verbun<strong>den</strong> und habeauf der seelischen oder astralen Ebene ihre Erlebnisse. Ist das richtig?G. Ja, so ist es. Wenn man schläft, dann träumt man oft. Manche Träume sindbedeutungslos, andere dagegen sind wirkliches Erleben.Der Yoga-Beflissene lernt es, seinen Körper zu verlassen. Hindus treibenvielfach Yoga-Schulung und können ihren Körper nach Belieben verlassen.Die meisten Menschen ahnen gar nicht, daß sie im Schlaf alle ihren Körperverlassen und in der Geisterwelt umherreisen.Frage: Wäre es wünschenswert, ständiges, un<strong>unter</strong>brochenes Bewußtsein zuhaben?G. Wenn die Menschheit ein ständiges Bewußtsein hätte, so wäre das vongroßer Bedeutung für das Wohlergehen dieser Welt.Gott ist Alles in Allem, auch in <strong>den</strong> kleinsten, mikroskopischen Dingen. Erist das Leben überhaupt: Wenn alle Menschen diese einfache Wahrheitgelehrt bekämen, so würde das Er<strong>den</strong>leben einfach vorbildlich wer<strong>den</strong>. Esgibt keinen Tod, nur Entwicklung. Das sollten alle gelehrt bekommen.Selbstsucht, Unwissenheit und Neid wür<strong>den</strong> dann verschwin<strong>den</strong>; alle Zweifelwür<strong>den</strong> damit begraben wer<strong>den</strong>. <strong>Liebe</strong> und christliches Erbarmen wür<strong>den</strong>eine Selbstverständlichkeit sein.Gesetzt <strong>den</strong> Fall, ein Mensch tritt aus seinem Körper aus. Dann muß erzunächst durch die <strong>unter</strong>ste Sphäre. Was findet er dort? Nur Selbstsucht!Durch diese erste Sphäre muß man hindurch, bevor man die nächsthöhereerreichen kann. Unwissenheit, Selbstsucht, Neid und Haß müssen überwun<strong>den</strong>sein, bevor man die besseren Lebensebenen betreten kann. Das ist eineder vielen Entwicklungsstufen.— 449 —


Die Hindus haben inneren Frie<strong>den</strong> und Ausgeglichenheit. Sie leben fürhöhere Dinge. Ich will damit natürlich nicht behaupten, daß das jedermannin Indien tut. Aber wenn die Höherentwickelten ihren Körper verlassen, umzu wandern, so kann niemand in <strong>den</strong> Körper eindringen und ihn irgendwiebenutzen oder beunruhigen.Ich möchte heute Abend noch besonders betonen: Wir sollen das Leben zuergrün<strong>den</strong> suchen, so wie es ist. Mögen die Träumer und Grübler tun, wassie nicht lassen können. — Ich sehe jetzt, daß ich viele erdgebun<strong>den</strong>e Geisterum mich gehabt habe.Ich habe nirgends so viele Religions-Richtungen in einer Stadt <strong>bei</strong>sammengesehen, wie in Los Angeles. Die Leute gehen von einer Kirche in dieandere und wissen nicht, woran sie sind. Überspannte und Einfältige singenund beten, und alle lieben sie Jesum."Jesus" ist die Wahrheit. Lesen Sie Anna Kingsfords Werke, Sie wer<strong>den</strong>darin viel Beachtenswertes fin<strong>den</strong>. Sie war nicht überspannt. Wir haben garmanches Buch miteinander gelesen. Sie war eine wunderbare Frau.Dr. War sie aber nicht eine Gegnerin der Mediumschaft?G. Sie war selber ein Medium. Ihre Schriften sind nicht ihr geistiges Eigentum.Schriftsteller haben es gar nicht leicht. Gerade wenn sie <strong>den</strong>ken, siekämen gut vorwärts, dann ändern sieh plötzlich ihre Gedankengänge. Siewer<strong>den</strong> dann von irgendeinem geistigen Schriftsteller inspiriert. AlleSchriften von Anna Kingsford kamen aus Eingebung.Frage : Wie war es <strong>den</strong>n mit Olcott?G. Olcott hat die Wahrheit gefun<strong>den</strong>. Bleibt vernünftig und geht allen Unsinnigkeitenaus dem Wege! Sucht nach der einfachen ursprünglichen Wahrheit!Diese Unterhaltung mit Ihnen allen war mir eine große Freude, und ichwerde ganz gewiß gern wiederkommen. Tun Sie alles, was Sie können, umdieses edle Werk zu fördern!Das Zimmer hier ist voller Geister, die unserer Unterhaltung heute Abendhier zugehört haben. Vielen von ihnen ist dadurch geholfen wor<strong>den</strong>, unddiese gehen jetzt mit uns ins geistige Leben.Kraft und Stärke sei mit Ihnen allen! — Laßt Gottes Licht in Eure Seelescheinen und fahret fort in diesem guten Werk. Gute Nacht!*— 450 —


PhilosophieFortgeschrittene Geister, die eifrig bestrebt sind, der Menschheit zum richtigenVerstehen der geistigen Gesetze zu verhelfen, haben uns manchen Einblick inihre Lebensweisheit tun lassen und uns von <strong>den</strong> Zustän<strong>den</strong> in höheren Reichenerzählt.Ein langjähriger Freund, der Methodistenprediger gewesen war, hatte unsereAr<strong>bei</strong>t an <strong>den</strong> Besessenen mit lebhafter Anteilnahme verfolgt. Er war ein regelmäßigerBesucher unserer Sitzungen gewesen, an welchen auch seine Tochterregen Anteil nahm.Fünf Tage nach seinem Ableben bekundete er sich durch meine Frau. EinigeMonate später sprach er abermals zu uns und berichtete von seinen Erlebnissenim geistigen Leben.— — —Sitzung vom 27. Oktober 1920Geist: Wm. Y. Sr.Nun, da bin ich wieder. Früher bin ich so oft hier gewesen. Wissen Sie, wer ichbin? Ich bin Dr. Yates! — Ich freue mich, heute Abend <strong>bei</strong> Ihnen sein zu könnenund bin so froh, daß dieser Zirkel weiterbesteht. Wir sind ja immer hier, wennSie eine Sitzung halten; ich wünschte nur, Sie könnten die Geister sehen, diehier stehen und auf Einlaß warten, um sich über das wahre geistige Leben belehrenzu lassen.Das "Leben" ist für die Welt ein großes Rätsel. Ich wünschte nur, die Menschenwür<strong>den</strong> es besser beobachten und <strong>den</strong> Bedingungen für sein Auftreten im grobenStoff eifriger nachspüren.Es ist eine große Schmach, daß so viele Geister so völlig unwissend aus ihrenKörpern heraustreten und darum in die Finsternis gehen müssen. Sie "glauben"nur; sie singen und preisen Gott, wir aber können ihnen nicht <strong>bei</strong>kommen.Sie haben ihr Unterscheidungs- und Urteilsvermögen von vornherein durch ihrereligiösen Vorstellungen so eingeschläfert, daß sie gar nicht gewahr wer<strong>den</strong>, daßsie verstorben sind, und betäuben sich weiter durch ihr anhaltendes Singen undLobpreisen Gottes, so daß wir ihnen gar nicht <strong>bei</strong>kommen und klarmachen können,daß sie Gott in anderer Weise dienen müßten.Wir müssen tätig sein und für die Menschheit wirken. "Du sollst Gott liebenüber alle Dinge und Deinen Nächsten wie Dich selbst." Das war das vornehmsteGebot, das Christus gelehrt hat; und wir lernen es dadurch, daß wir anderen dienen.Wie viele lieben Gott wohl wirklich? Sie beten und singen, tun aber nicht, wasdie Bibel lehrt.— 451 —


Ich habe über die andere Welt ziemlich gut Bescheid gewußt und war <strong>den</strong>nochwie ein Kind in meiner Auffassung, weil ich nicht gelernt hatte, die irdischenDinge und Verhältnisse um uns her zu meistern.Wenn wir nach unserem Tode die unmittelbar um die Erde herum gelegeneÄthersphäre durchqueren, dann kommen wir ja gerade durch die Sphäre, in welcherdie meisten Geister im Finstern leben. Wir nennen sie "erdgebun<strong>den</strong>eGeister".Dort ist alles Eigensucht und Unwissenheit. Diese Geister müssen erst das Dienenlernen, um sich selber zu höherer Erkenntnis durchzuringen. Denn sie habenin ihrem irdischen Leben nie gedient, sondern sich immer nur bedienen lassen.Sie wissen nicht, was es heißt, für andere zu leben und zu schaffen; sie habennur für sich selber gelebt. Sie erwarten auch hier, daß man sie bediene. Ihr Innereshat sich noch nicht so weit entfaltet, daß sie ein Gefühl dafür bekommen hätten,daß auch sie sich anderen nützlich erweisen müssen.Ich wollte, ich könnte Sie in die Sphäre der Selbstmörder führen, in die Sphärender Kirchen, der Spelunken, der Geizhälse usw. Dort sind die Geister im Finsternund schreien nach Hilfe. Viele sind völlig ratlos. Sie nehmen ihre Zufluchtzu Menschen und versuchen, sich in deren Körper hineinzudrängen. So vergällensie ihnen das Leben und merken gar nicht, was sie damit anrichten.Frank und Carl (Verwandte in der Geisterwelt) führten mich an all diese Orteund haben mir vieles gezeigt.Wenn ich Ihnen doch richtig begreiflich machen könnte, was das heißt, ichwollte, ich könnte Ihnen diese Zustände alle in Bildern zeigen und Sie <strong>den</strong> Verzweiflungskampfsehen lassen, in dem diese Geister sich befin<strong>den</strong>.Diese Unglücklichen wer<strong>den</strong> sich zunächst einmal über sich selbst und ihreLage klar wer<strong>den</strong> und einsehen müssen, daß sie Gott nicht irgendwo da draußen,sondern in ihrem eigenen Innern zu suchen haben.Hat man sich zu diesem wunderbaren Wissen durchgerungen und erst einmalwirklich erfaßt, was das Leben im innersten Wesen ist, dann bekommt man ersteine Ahnung von seiner Herrlichkeit. Das kann kein anderer für einen tun.Andere können einen wohl belehren, doch in die Tat umsetzen muß jeder esselber.In der geistigen Welt gibt es keine Zeit. Man hat die ganze Ewigkeit vor sich,um zur Erkenntnis seiner selbst zu kommen. Und sobald man Gott in seinerHerrlichkeit schaut, ist man selig. Dann sind die geistigen Augen aufgetan, undman ist zum Leben in einer Welt von erhabener Größe erwacht. Man erwachtund erlebt die Eintracht der Seligen und ihre Herrlichkeit.Aber das ist nicht der "Himmel"; <strong>den</strong> Himmel muß man in sich selber fin<strong>den</strong>!Es gibt also eine Welt der Geister, und es gibt ein ewigwährendes zukünftigesLeben. Dort findet man sein Heim, wie man es sich schon zu seinen irdischenLebzeiten errichtet hat.— 452 —


Der Erde zunächst liegt die Hochburg der Unwissenheit mit all <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>enZustän<strong>den</strong>, in <strong>den</strong>en so viele erwachen.Es ist ganz gleich, wie gut man auch gewesen sein mag, oder wie ehrbar mansich sein Leben hindurch betragen — das allein genügt nichtWenn man vom Jenseits und seiner Ordnung gar nichts weiß, dann befindet mansich als Verstorbener völlig im Finstern so lange, bis man erwacht und begreift,daß es nach diesem Er<strong>den</strong>dasein doch ein Fortleben gibt.Jeder findet ein Heim in der Geisterwelt vor, das er sich durch seine <strong>Liebe</strong>sdienstewährend seines Er<strong>den</strong>lebens selber errichtet hat. Wie man hier darangebaut hat, so wird man es dort vorfin<strong>den</strong>. Hat man viel Gutes getan, ein reinesaufrechtes Leben geführt und nach bestem Wissen getan, was man konnte, dannist das jenseitige Heim sehr schön. Aber man wird nicht wissen, wie man zu ihmhingelangen kann, wenn man die Gesetze nicht kennt, die für die geistige WeltGeltung haben.Hat einer ein Leben der Selbstsucht hinter sich, in dem er gänzlich und einzignur für sich selber gelebt hat, dann ist sein Heim nur eine ganz kleine engeHütte, in die er kaum hineinkann, und wo er weiter nichts sieht, als sich selber.Man hat keine Gesellschaft außer sich selbst. Man sieht vor sich nur seine eigensüchtigenGedanken, nach <strong>den</strong>en man sich sein Leben gestaltet hat; und in diesemGemüt hat man zu leben, bis man Gott um Hilfe bittet und spricht: "Nichtmein Wille, sondern Dein Wille geschehe fernerhin! Herr hilf mir!"Dann begreift der Verstorbene die Folgen seiner Handlungen im Er<strong>den</strong>leben. Ergeht zurück zum Er<strong>den</strong>plan und muß <strong>den</strong>en dienen, die er durch seine Eigensuchtgeschädigt hat.Leben diese noch auf Er<strong>den</strong>, so muß er sie bewachen und ihnen helfen, so gut eres vermag. Er muß ihnen dienen, bis er <strong>den</strong> Scha<strong>den</strong>, <strong>den</strong> er ihnen zu seinenLebzeiten zugefügt, wieder gutgemacht hat.Sind sie dagegen schon verstorben und befin<strong>den</strong> sich im Finstern, so muß er sieaufsuchen und sehen, sie zum Verständnis ihres Zustandes zu bringen. Er mußihnen eben dienen, bis er <strong>den</strong> letzten Heller seiner Schuld bezahlt hat.Erst nachdem dies geschehen, kann man aus dieser Sphäre in eine höhere aufsteigen,wo man sein Heim findet. Dieses Heim wird einem erst übergeben,nachdem man es sich verdient hat. Dann kommen die Freunde und helfen einem.Das gibt ein Wiedersehen, dem nichts auf Er<strong>den</strong> vergleichbar ist, weil dieseWiedervereinigung mit <strong>den</strong> Verwandten und Freun<strong>den</strong> eine wahre Wesensgemeinschaftwird.Alle sind ein Herz und eine Seele, gleichgestimmt und in vollem Einklang miteinander.Sagen zu können: Ich lebe in <strong>den</strong> Herzen meiner Freunde, — das istein großes Glück.Der Empfang, <strong>den</strong> sie mir bereitet haben, als ich, aus dem Er<strong>den</strong>leben geschie<strong>den</strong>,<strong>den</strong> Sinn des Lebens zu fassen begann, ist gar nicht zu beschreiben. Viele— 453 —


meiner Freunde traf ich erst später wieder und habe geholfen, sie zu strahlenderErkenntnis zu erwecken.Wir sollen nicht bloß glauben, sondern vor allem auch tätig sein. Tun wir alleunsere Pflicht, solange wir hier leben, und trachten wir, die Wunder der Naturund die Wunder Gottes verstehen zu lernen!Etwas höheres als Gott gibt es für uns nicht anzubeten, <strong>den</strong>n Gott ist Alles inAllem. Jeder von uns ist ein Teil Seines großen Werkes. Auch die Blumen sindTeile seiner Schöpfung nicht minder als die Tiere, — wie könnte also jemandaußerhalb Gottes stehen? Muß man nicht seine Offenbarungen in jeder Hinsichtvoller Ehrfurcht bewundern? Stehen wir doch allenthalben mitten in ihm drin.Und wird man eins mit Gott, so bekommt man auch Teil an Seiner Herrlichkeit.Ich möchte "Halleluja!" rufen. (Ein Lieblingsausruf Dr. Yates auf Er<strong>den</strong>) Das istgroßartig, das ist wundervoll!Diesen Schritt muß jeder tun, jeder muß da hindurch. Ich lernte meinen erstenSchritt in wenigen Monaten. Als ich aus dem Todesschlaf erwachte — wir sprechenvon einem Übergangsschlaf — da wurde ich wirklich wach. Ich begriffmeine Lage. Man erzählte mir von <strong>den</strong> Herrlichkeiten der geistigen Welt. Dochich hatte sie mir niemals so großartig vorzustellen vermocht, wie ich sie dannerlebte.Sehen wir uns einmal die Kirchen auf der Erde an. Sie sind der Tummelplatzvon Geistern, die in strengem Kirchenglauben hinübergegangen sind. Sie fin<strong>den</strong>sich dort in großen Scharen zusammen und machen keinerlei Anstalten zubegreifen, daß sie noch geistig schlafen. Denn, noch nie haben sie sich gefragt:Wer bin ich? Wo kam ich her? Wo gehe ich hin? Wo ist das wahre Leben? —Sie haben sich selber eingeschläfert mit ihren Glaubensvorstellungen über JesusChristus und <strong>den</strong> lieben Gott, wie er auf einem Throne sitzt mit Christus zu seinerRechten und Gericht hält über die guten und bösen Menschen. Die einen, soglauben sie, kommen in die flammende Hölle, und die anderen dürfen in <strong>den</strong>Himmel zur Herrlichkeit Gottes eingehen.Das ist ihr Glaube <strong>den</strong> sie hegen und obgleich sie "tot" sind, bleibt die Mehrzahldieser Wortgläubigen auf der Erde und geht in die Kirche. Sie möchten gar nichtfort von der Erde, singen ständig dieselben Lieder und plappern dieselbenGebete. Sie meinen, alles, was sie zu tun hätten, sei Singen und Beten.Viele wissen gar nicht, daß sie gestorben sind. Sie nehmen sich nicht einmalZeit, darüber nachzu<strong>den</strong>ken, warum ihre Familie und ihre Freunde nicht mehrmit ihnen re<strong>den</strong>, wie sie es früher doch getan haben. Es ist sehr schwierig füruns, an solche Verstorbenen heranzukommen.Viele singen und beten nur, andere wandern allein umher und suchen herauszufin<strong>den</strong>,was eigentlich mit ihnen los sei. Dann wieder gesellen sie sich Menschen<strong>bei</strong> und beeinflussen sie so stark mit ihren Glaubensvorstellungen, daß dieBetreffen<strong>den</strong> besessen wer<strong>den</strong> und wegen religiösen Wahnsinns ins Irrenhausgebracht wer<strong>den</strong> müssen.— 454 —


Es ist ein großer Jammer, daß die Menschen Gott nicht begreifen. Wenn sie nurein bißchen Verständnis hätten, könnten sie gar nicht bloß für sich selbst lebenwollen. Es würde sie dringen, auch für andere zu ar<strong>bei</strong>ten und sie an ihremGlück teilhaben zu lassen.Immer noch sehe ich vor mir die Tiefen des Jammers, in die sich jene Unglücklichenaus lauter Haß und Eigensucht stürzen. Sie hassen die gesamte Menschheit,und das ist der allerschlimmste Zustand. Sie sind derartig verunstaltet, daßman sie kaum noch für Menschen halten kann.Auch sie müssen belehrt und zur Einsicht gebracht wer<strong>den</strong>. Aber wie sollen wirihnen <strong>bei</strong>kommen? Sie haben Angst vor sich selber und müssen in diesemZustande verharren, bis sie allen Ernstes um Befreiung aus ihrer schrecklichenLage beten.Das alles habe ich in <strong>den</strong> wenigen Monaten gelernt, die ich jetzt auf der geistigenSeite verlebt habe. Ich habe ein sehr hübsches Heim in der geistigen Welt.Ich habe auch meine Verwandten und Freunde, aber alles ist so ganz anders alsauf der Erde.Einigen meiner Freunde muß ich helfen. Obwohl sie schon lange vor mir gestorbensind, befin<strong>den</strong> sie sich noch im Finstern, weil ihnen das Verständnis für daswahre Leben noch nicht aufgegangen ist.Der Unterricht für die Kinder sollte ganz anders sein. Man sollte ihnen begreiflichmachen, daß Gott sich in der Natur offenbart, und daß Er die <strong>Liebe</strong> ist.Wenn sie in richtiger Weise hierüber belehrt wür<strong>den</strong>, dann gäbe es bald keineVerbrechen mehr. Die Kinder wür<strong>den</strong> die Natur lieben lernen, auch die Tiereund die Menschen ganz allgemein. Aber man sagt ihnen, sie dürften ja nichtetwa die Natur anbeten. Wie kann man Gott wohl besser anbeten, als wenn manIhn in Seinen Werken ehrt?Ich freue mich, daß ich heute Abend <strong>bei</strong> ihnen sein kann, und habe für Sie allenur <strong>den</strong> einen Wunsch, daß Sie in Ihrer Ar<strong>bei</strong>t recht guten Erfolg haben mögen.Wenn Sie doch nur mal sehen könnten, wie je<strong>den</strong> Abend, wenn Sie Ihre Sitzunghaben, zahlreiche verunstaltete und unglückliche Geister zuhören und nach Hilfeverlangen, um in das jenseitige Leben eingehen zu können.Die Menschheit sollte endlich erwachen, damit nicht gar so viele als unwissendeGeister auf die andere Seite hinüberkommen. Denn als solche drücken sie sichnur auf der Erde herum und bringen Unheil über die, die noch auf der Erdeleben.Die Menschen haben noch geraume Weile mit schweren Zeiten zu rechnen, weilSelbstsucht und Verbrechen an der Tagesordnung sind. Denn gegenwärtig lebendie Menschen alle nur für <strong>den</strong> Mammon und sich selbst. Einmal aber wer<strong>den</strong> siedoch ihren Standpunkt ändern müssen. Dann wird der Friede auf Er<strong>den</strong> seinenEinzug halten. — Augenblicklich herrscht Krieg — Krieg aller gegen alle. Dochwenn Friede und Eintracht erst die Oberhand haben, dann wer<strong>den</strong> die Verhältnissewunderbar wer<strong>den</strong>.— 455 —


Ich rufe Halleluja!, möchte diese Zeit so bald wie möglich kommen! Gegenwärtigherrscht Kampf und Gesetzeszwang. Wenn sich das nicht ändert, wer<strong>den</strong> dieMenschen sich erheben, weil sie ihre Freiheit haben wollen. Möge Gott <strong>den</strong> Tagbeschleunigen, an dem der Geist des Frie<strong>den</strong>s über die Menschen kommen wird.Frank ist ein guter Kamerad, mit dem man gern zusammen ist, und er scheutsich auch nicht vor Entdeckungsreisen. Mir ist manchmal gar nicht danach zuMute, und ich sage: "Nein, das kann ich nicht." Aber er entgegnet, es gäbenichts, was einem scha<strong>den</strong> könnte, wenn man sich nur nicht davor fürchte.Furcht ist etwas, was man sich abgewöhnen muß; dagegen muß man Kraft zuentfalten trachten. Wenn man der Angst verfällt, schafft man um sich herumZustände der Furcht. Man soll in sich selber die Kraft Gottes entfalten, die Kraftder Überwindung, die Kraft der <strong>Liebe</strong>. Dann wird man siegen, was auch kommenmag.Ich wünschte, Ihr lerntet Gott recht begreifen, nicht als eine Person, wohl aberals das Leben im gesamten Weltall, und es würde Euch zur klaren Gewißheit,daß es ohne Gott kein Leben geben kann. Er ist das Göttliche in jedem Ding;aber wir Menschen sind von Selbstsucht, Mißgunst und Unwissenheit befangen.Wenn Besessenheitsgeister Euch bedrängen, dann sprecht zu Euch selbst: "Übermeinen Körper bin und bleibe ich allein Herr." Das muß man sich immer undimmer wieder sagen und merkt dann auch bald, daß die Widerstandskraft ineinem wächst.Sendet nie böse Gedanken aus, <strong>den</strong>n sie wer<strong>den</strong> einem selber nur zu Hindernissen.Sie rufen nur immer neue Gedanken des Ärgers wach, und man gewinntnichts da<strong>bei</strong>. Man muß aus seinem Inneren heraus Kraft und Stärke entfalten,dann wird man alles überwin<strong>den</strong>.Man sage sich immer wieder und wieder: "Ich bin der Herr und niemand hat mirda hineinzure<strong>den</strong>. Wenn man das tut, dann bleibt man frei. Man muß nichtimmerzu an <strong>den</strong> anderen (<strong>den</strong> Besessenheitsgeist) <strong>den</strong>ken, der einen zu belöstigensucht. Man <strong>den</strong>ke allenfalls freundlich an ihn.Herr Doktor, ich möchte Ihnen und Ihrer Frau danken für die hübsche kleineFestlichkeit (Beerdigung), die Sie für mich veranstaltet haben. Es war eine nettekleine Geselligkeit, so möchte ich es nennen, als ich in die geistige Welt überging.Ich glaube nicht, daß auch nur einer in der kleinen Kirche daran dachte,daß es eine Beerdigung war. Es war eine Gesellschaft.Ich war da<strong>bei</strong> während des Gottesdienstes und glaube, es hat wohl keiner da<strong>bei</strong>an <strong>den</strong> Sarg gedacht. Ich bin Ihnen allen sehr dankbar dafür, daß Sie die Feiergerade in dieser kleinen Kirche haben abhalten lassen, und auch für <strong>den</strong> Vorschlag,daß alle in Weiß erscheinen sollten.Das war so feierlich, und ich hätte "Hallelujah" rufen mögen. Ich wünschte, alleBestattungen wären so wie diese. Gedanken des Leides und der Trauer bringen— 456 —


<strong>den</strong> Geistern nur Traurigkeit, Leid und Kümmernis, und sie kommen oft jahrelangaus dieser Betrübnis nicht heraus.Jetzt muß ich gehen.— — —Ein anderer alter Freund, Arzt und Metaphysiker, welcher während seinesEr<strong>den</strong>lebens auch Vorträge <strong>unter</strong> Spiritualisten gehalten hatte, besucht uns gelegentlich.— — —Sitzung vom 20. Oktober 1920Geist Dr. AdamsIch nehme mit Herz und Seele teil an Ihrer Ar<strong>bei</strong>t. Ich habe ja auch schon währendmeines Er<strong>den</strong>lebens mitgear<strong>bei</strong>tet, allerdings nicht gerade <strong>bei</strong>m Heilen vonBesessenen, wie der Doktor hier, aber ich war doch bemüht, die Wahrheit vomFortleben nach dem Tode ja verbreiten. Das ist ein wirkliches Leben, nicht etwabloß ein eingebildetes. Es ist ein Leben wahrer Erkenntnis und nicht bloßenGlaubens.Wenn man bloß glaubt, dann findet man sich im Finstern wieder vor einer verschlossenenTür, eben weil man nur glaubt und von der anderen Welt nichtsweiß.Die Bibel lehrt soviel darüber, und wenn die Menschen es nur so verstehen wollten,wie es eigentlich gemeint ist, wenn sie es nicht immer wörtlich odergeschichtlich nehmen wollten, wäre es um vieles besser.Man muß be<strong>den</strong>ken, daß zu der Zeit, als die Bibel geschrieben wurde, die Menschennoch nicht so aufgeklärt waren wie heute, und selbstsüchtige Ideen spieltenauch eine große Rolle da<strong>bei</strong>.Als man die erste Kirche gründete, war es eine Kirche, wo die Wahrheit überdas Leben verkündigt wurde, und ihre Lehre lief darauf hinaus, daß die Menschenihre Gedanken auf höhere Dinge richten und lernen sollten, die eigenenWünsche ihren Mitmenschen zuliebe zurückzustellen. Wenn man sich mit Eiferund Gründlichkeit einem Studium hingibt, dann verlieren die irdischen Dingefür einen alle Bedeutung.Oft hat die Religion als Peitsche gedient, um unwissende Menschen anzutreiben.Die Regieren<strong>den</strong> verlangten: "Das Volk soll uns gehorchen, die Untertanen sollentun, was wir ihnen vorschreiben, und unsere Sklaven sein."Überblickt man rückschauend die Weltgeschichte, so findet man, daß die Männerim allgemeinen müßig gingen, sehr träge und unbekümmert waren. Es lagihnen gar nichts daran, irgend etwas zu schaffen. Die Frauen waren es, <strong>den</strong>en dieAr<strong>bei</strong>t aufgebürdet wurde; sie besorgten <strong>den</strong> Landbau, <strong>den</strong>n die Männer warenviel zu bequem. Die Ar<strong>bei</strong>t war für die Frauen, die nicht viel besseres als Sklavinnenwaren.— 457 —


Da kam ein gewitzter Mann daher, der <strong>bei</strong> sich dachte: "Wir wollen diese Männerschon zur Ar<strong>bei</strong>t bringen"; und die Regieren<strong>den</strong> machten sich einen Planzurecht, um die Leute einzuschüchtern. Sie sagten ihnen, wenn sie dies und dasnicht täten würde sie der Teufel zu packen kriegen, wenn sie stürben, dannkämen sie in die Hölle und in die ewige Verdammnis.Dann malten sie ihnen die Hölle so grausig aus, wie nur möglich, als einengroßen brennen<strong>den</strong> Ofen, mit Gerippen da und dort und loderndem Feuer. Undder die Menschen ins Feuer warf, das war der Teufel, der sie auf einer Forkeanbrachte.Das rüttelte die Männer wach. Dies Schreckbild weckte in ihnen Regsamkeitund Kraft. Sie bekamen Angst — fürchteten sie doch, sie könnten vielleichtnach ihrem Tode in diese Hölle kommen. So taten sie <strong>den</strong>n alles mögliche, umdieser Hölle zu entgehen, fügten sich ihren Führern und taten, was diese vonihnen verlangten.Einer kam auf <strong>den</strong> Gedanken, sich zum Führer aufzuwerfen; jedoch ein andererwollte auch die Führung haben. Aber wie konnten <strong>bei</strong>de in einem und demselbenBereiche Führer sein?Dann meinte wieder ein anderer, es würde besser um das religiöse Leben stehen,wenn er eine eigene kleine Sondergemeinde hätte. So predigte er auf seineWeise und gab seiner Religionsgemeinschaft irgendeinen Namen.Indessen tauchte noch wieder ein anderer auf mit neuen Ideen, und um diese inAufnahme und Anerkennung zu bringen, sammelte er Menschen um sich undpredigte ihnen auf seine Art.So gab es bald verschie<strong>den</strong>e Kirchen. Die eine verlangte die Weltherrschaft fürsich. Doch da kam eine andere Glaubensrichtung, gab sich einen anderenNamen und erhob ebenfalls Anspruch auf Weltgeltung. Sie bekämpften einanderund führten Kriege.Andere Religionen folgten, und alle fan<strong>den</strong> Anhänger. Jede suchte die andere anMachteinfluß zu übertreffen. Dar<strong>unter</strong> waren manche recht verworren, aber allesuchten die Menschen um sich zu sammeln und <strong>unter</strong> ihrem Einfluß festzuhalten,vielfach mit Hilfe der erwähnten Schreckbilder von der Hölle. Anfangskonnten sie nicht viel Menschen zusammenbringen, ohne sie in knechtischerAbhängigkeit zu halten.So ist das viele Jahrhunderte hindurch gegangen. Aber jetzt hat ein neues Zeitalterbegonnen, und alles wird wenigstens teilweise zusammenbrechen. Es wer<strong>den</strong>ganz andere Verhältnisse kommen.Heute ist es doch so, daß die einen wohl noch glauben, andere wiederum nicht.Und manche halten es für gänzlich überflüssig, sich überhaupt mit Religion zubefassen. So haben wir ein schönes Durcheinander. Alle liegen miteinander imKampfe. Jeder kämpft, um zu sehen, ob er <strong>den</strong> anderen nicht übervorteilenkönne. Der leitende Gedanke ist, soweit wie irgend möglich alles erreichbare— 458 —


Geld an sich zu raffen, alle Macht an sich zu reißen und sich zum Machthaberaufzuwerfen.Heute suchen die Menschen zu erraffen, was sie nur kriegen können, als hättensie keine Zeit zu verlieren, um nur ja Geld zu verdienen. Und sie sprechen esauch offen aus, daß sie nur Geld verdienen wollen, gleichviel auf welche Artund Weise. Sie sind über ihrem Gelderwerb so selbstsüchtig gewor<strong>den</strong>, daß sieihr wahres Menschentum verloren haben.Die Verhältnisse sind jetzt ganz anders als in meiner Jugendzeit. Es wer<strong>den</strong>noch sehr schwere Zeiten kommen, <strong>den</strong>n Kapital und Ar<strong>bei</strong>t ringen um die Herrschaft.Das gibt Reibung und Unruhe.Die Kirchen geben sich alle Mühe, die Menschen wieder zum Kirchenbesuch zubewegen. Wenn sie aber weiter die Menschen so abhängig halten wollen, dannwird es in absehbarer Zeit einen Krieg geben, der ganz furchtbar sein wird, weildie ständige Unterdrückung die bessere Natur des Menschen ertötet.Die Menschen nehmen einander alles, was nur nehmen können. Es liegt imGeist der Zeit, daß jeder darauf aus ist alles Erreichbare an sich zu bringen, egalauf welche Weise.Zu meinen irdischen Lebzeiten setzte man seine Ehre darein, gute Ar<strong>bei</strong>t zu leistenund seinem Ar<strong>bei</strong>tgeber die Treue zu halten. Wenn heute ein Unternehmermit der Ar<strong>bei</strong>t eines Angestellten nicht zufrie<strong>den</strong> ist, so ist es ihm ein leichtes,einen anderen Mann zu fin<strong>den</strong>, der Besseres leistet, und diesen an des ersterenStelle zu setzen.Wie kann man erwarten, daß solche Menschen sich zurechtfin<strong>den</strong>, wenn sie ausihrem irdischen Körper treten? Sie verlassen ihren eigenen Körper und bemächtigensich sofort eines anderen, dessen sie gerade habhaft wer<strong>den</strong> können; unddaher haben wir die vielen Geistesstörungen und Selbstmorde.Der Weltkrieg (1. Weltkrieg) hat vier <strong>Jahre</strong> gedauert, und Tausende und Abertausendevon Menschen sind darin ums Leben gekommen. Sie haben die ihnenso liebe Welt verlassen, erfüllt von Gedanken des Hasses kommen zurück undmöchten die Er<strong>den</strong>welt vernichten.Es wird eine Zeit kommen, wo die Verhältnisse sehr drückend sein wer<strong>den</strong>, aberdanach wird alles wieder besser wer<strong>den</strong>. Die Menschen wer<strong>den</strong> zu besserer Einsichtkommen, sie wer<strong>den</strong> aus der Not lernen und sich bemühen, das Geheimnisdes Lebens zu begreifen.Es wird große bedeutsame Erfindungen geben.Gegenwärtig sind die Menschen geknechtet. Aber in einiger Zeit wird es <strong>unter</strong>ihnen ein Erwachen geben. Ein Sprichwort sagt: Gottes Mühlen mahlen langsam,sie mahlen aber trefflich fein. Das zielt auf Vorgänge, wie die Welt sie jetztdurchmacht.Die Zeit wird kommen, wo es <strong>den</strong> Menschen ganz allgemein bekannt sein wird,daß wir nach dem Tode doch nicht tot sind, sondern weiterleben, Wir Verstorbe-— 459 —


nen suchen Euch allen zu helfen und Euch zu leiten in der Hoffnung, allmählichdie Aufrichtigkeit <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Menschen wieder wecken zu können. Der Tod wirddann nicht mehr viel anders angesehen wer<strong>den</strong>, als eine Reise in ein anderesLand, wo man seine <strong>Liebe</strong>n wiederfindet, wenn man nur richtig Bescheid weiß.Jetzt hat man schon Flugzeuge, aber in einigen <strong>Jahre</strong>n wird man Erfindungenmachen, von <strong>den</strong>en sich zur Zeit noch keiner etwas träumen läßt. Alles Bisherigeist erst der Anfang. Man wird sich in viel weiterem Maße der Elektrizitätbedienen und die atmosphärischen Spannungen als Kraftquellen ausnutzen.Man wird aus der Sonne Kraft gewinnen, die für die Menschheit eine großeWohltat bedeuten wird. Dann wer<strong>den</strong> die Kapitalisten nicht mehr die Machthaben wie heute, wo sie die Unbemittelten ausnutzen, nur weil ihnen alles zuGebote steht, was jene sich nicht leisten können. Heute berufen sie sich nochdarauf: Gott hat es ja nicht euch, sondern mir gegeben.Mit dieser Kraft wird man Maschinen treiben können. Jeder, der ein bißchenBescheid weiß, wird imstande sein, sich ihrer zu bedienen und kann aus demLuftraum soviel Kraft entnehmen, wie er braucht.Dann wird die Selbstsucht ausgetilgt wer<strong>den</strong>, und die Menschen wer<strong>den</strong> lernen,zu leben und zu lieben, wie Christus es gelehrt hat. Sie wer<strong>den</strong> nicht mehr einLeben bloßen Wortglaubens führen, wie sie es in <strong>den</strong> vergangenen Jahrhundertengetan haben.In Zukunft wer<strong>den</strong> die Menschen wissen, daß sie, wenn sie Unrecht tun, dafürzu lei<strong>den</strong> haben. Die meisten Bilder von der flammen<strong>den</strong> Hölle haben sie schonabgetan, und daher haben auch die Kirchen die Menschen nicht mehr so in ihrerGewalt wie in früheren Zeiten.Wenn die Geistlichen die Wahrheit über das Leben nach dem Tode predigen,wer<strong>den</strong> sie auch ihre Kirchen wieder voll haben. Die Menschen wer<strong>den</strong> dann indie Kirche kommen zu lebendiger Anbetung und nicht bloß glauben.Wir alle begehen Fehler und sollen dadurch lernen. Der liebe Gott will, daß wirklug wer<strong>den</strong> und ihn verstehen lernen. Es ist keinesfalls etwa so, daß Gott sichgeirrt und nicht gewußt habe, was er tat. Von Ihm hat jeder Mensch seine Kraft;jeder ist ein Teil von Ihm, und wer Gott in all Seinen Wundern begreifen gelernthat, der ist in einem glücklichen Zustande, <strong>den</strong> man die Seligkeit nennt. Das istder Himmel. Nach dieser Erkenntnis soll jeder trachten.Die Menschen sollten sich zusammenfin<strong>den</strong> und in Eintracht leben. Doch überallschleichen sich Eigennutz und Neid ein. Über diese Untugen<strong>den</strong> müssen wirHerr wer<strong>den</strong> und sie ablegen, um dagegen <strong>Liebe</strong> in unseren Herzen zu hegen.Wenn die Menschen doch nur begreifen wollten, was <strong>Liebe</strong> eigentlich bedeutet!Sie führen sie wohl im Munde, setzen sie aber nicht in die Tat um.Ich habe <strong>unter</strong> dieser Lieblosigkeit auf Er<strong>den</strong> schwer gelitten, weil ich an einWeiterleben nach dem Tode glaubte und darüber predigte. Man erklärte mich fürverrückt und erklärten, ich würde in die Hölle kommen. Sie meinten, so etwas— 460 —


wie eine Geisterwelt gäbe es ja gar nicht. Wenn wir stürben, dann wür<strong>den</strong> wireben ins Grab gelegt und blieben darin liegen bis zum jüngsten Tage. — Dannwer<strong>den</strong> wir auferweckt wer<strong>den</strong>, und Gott wird auf Seinem Throne sitzen und dieSünder auf die eine und die Gerechten auf die andere Seite rufen. Die einen wer<strong>den</strong>zur Hölle in die ewige Verdammnis geschickt und die anderen in der Herrlichkeitdes Himmels leben.Ist das nicht entsetzlich? Damit behaupten sie doch geradezu, Gott habe dieeinen für die ewige Verdammnis und die anderen für die himmlische Seligkeitgeschaffen. Man stelle sich das doch nur einmal vor: Da gingen die einen in <strong>den</strong>Himmel und sähen die anderen im Feuer der Hölle liegen!Ich habe in meinem Leben viel Schwierigkeiten und Kämpfe gehabt. Natürlich,ich war Arzt, behandelte aber auch mit Heilmagnetismus und trat für die Wahrheitvom Fortleben nach dem Tode ein, weil ich das für meine Pflicht hielt. Ichtat mein Möglichstes, eine Kirche des Spiritualismus zu grün<strong>den</strong>, und habeschwer gear<strong>bei</strong>tet. Ich wollte in meinen Predigten eine Lehre bringen über dieMöglichkeit einer Verständigung mit <strong>den</strong> Verstorbenen, legte aber auf sonstigePhänomene keinen Wert.Tut was Ihr könnt, um die Tür zum Unsichtbaren offen zu halten, doch immermit Bedacht auf die dort herrschen<strong>den</strong> geistigen Gesetze. Die Durchschnittsspiritistenvon heute haben durchwegs nicht einmal eine Ahnung von der einfachstenLebensweisheit und wissen nichts von <strong>den</strong> Gesetzen, nach <strong>den</strong>en sich dieBeziehungen zwischen dieser und der anderen Welt regeln.Die Lehre vom Geist ist die Wissenschaft der Bibel. In der Bibel steht: "DerBuchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig." Wenn man die Bibel richtigversteht, dann wird sie einem zu einem bedeutsamen Buche. Viele gehen blindlingszur Kirche und glauben bloß, verstehen und begreifen aber nichts davon.Ich werde froh sein, wenn alle spiritistischen Erscheinungen einmal überlebtsein wer<strong>den</strong> und man sich an ihrer Stelle mit Philosophie befaßt. Die Predigerwer<strong>den</strong> das wahre Evangelium von Gott verkündigen, nicht das Erlösertum, sondernGott, <strong>den</strong> Ewigen, der das Leben ist in jedem von uns. Wir müssen Gottbesser verstehen und kennen lernen nach besten Kräften.Lassen wir uns nie durch Unwissenheit, Eigensucht oder Neid dazu verleiten,etwas zu verdammen. Diese Schwächen sollten wir <strong>unter</strong> unsere Füße zwingenund ein Leben führen, das der Verwirklichung unserer <strong>Liebe</strong>, Weisheit undErkenntnis unseres Schöpfers gewidmet ist. Gute Nacht!— — —Vor vielen <strong>Jahre</strong>n war meine Frau mit einer Frau Lackmund eng befreundet,deren Töchterchen im Alter von 2½ <strong>Jahre</strong>n nach einem Krampfanfall plötzlichschwachsinnig wurde. Die Mutter des Kindes war der Überzeugung, daß dieserZustand durch Besessenheit hervorgerufen wor<strong>den</strong> sei, und machte sich zusammenmit meiner Frau an die Klärung des Falles.— 461 —


Frau Lackmund und meine Frau hatten miteinander ausgemacht, wer von ihnenzuerst ins andere Leben hinüberginge, solle versuchen sich kundzugeben undder Hinterbliebenen Mitteilung zu machen <strong>unter</strong> dem Stichwort: "Die Verständigungmit Verstorbenen ist Tatsache."Ein Jahr darnach starb Frau Lackmund, und zwei Wochen später erschien sienachts meiner Frau so Lebenswahr, daß es dieser gar nicht in <strong>den</strong> Sinn kam, sieals einen Geist anzusehen.Frau Lackmund berührte ihre Freundin leicht an der Wange, und meine Fraufuhr hoch mit dem Ausruf: "Frau Lackmund!"Da sagte Frau Lackmund: "Anna, die Verständigung mit Verstorbenen ist Tatsache.Ich will dir <strong>bei</strong> deiner Entwicklung helfen. Fahre nur fort mit deiner Ar<strong>bei</strong>tan <strong>den</strong> Besessenen."Bald darnach erschien sie meiner Frau wieder <strong>bei</strong> einer Materialisationssitzungund gab unverkennbare Beweise ihrer Persönlichkeit; auch wiederholte sie ihreWorte vom vorigen Mal: "Die Verständigung mit Verstorbenen ist Tatsache.Fahre nur fort mit deiner Ar<strong>bei</strong>t an <strong>den</strong> Besessenen. Ich will dir <strong>bei</strong> deiner Entwicklunghelfen."Danach wurde sie Mitglied des Bundes von Unsichtbaren, in dessen Schutzmeine Frau steht, und hat seitdem schon sehr oft durch sie gesprochen.— — —Sitzung vom 29. September 1920Geist: Frau LackmundWie wenig Menschen verstehen das Leben oder Gott richtig! Anstatt nur an Gottzu glauben, Seinen Namen häufig im Munde zu führen und Ihn anzuflehen, daszu vollbringen, was sie selber tun müßten, sollten sie begreifen, daß Gott die<strong>Liebe</strong> und das Licht der Erkenntnis ist.Wie können wir leben, ohne Ihn richtig zu verstehen?Wenn die Menschen Gott so verstehen wür<strong>den</strong>, wie es sein müßte, steckten sieauch nicht mehr so tief in Selbstsucht, Kämpfen und Sorgen, weil sie dann mehr<strong>Liebe</strong> für einander fühlen und nicht so viel nur an sich selber <strong>den</strong>ken wür<strong>den</strong>.Sie wür<strong>den</strong> Gott und nicht <strong>den</strong> Mammon anbeten. Aber die Menschen <strong>den</strong>ken,je mehr Geld sie hätten, desto glücklicher wären sie. Sie wissen gar nicht, wasGlücklichsein heißt. Sie ahnen nicht, was wahres Glück ist. Sie meinen, sie wür<strong>den</strong>glücklich wer<strong>den</strong>, wenn sie nur reichlich Geld hätten, um sich alles möglichezum Essen und Trinken kaufen zu können und zum Scha<strong>den</strong> für <strong>den</strong> Körperein üppiges Leben zu führen. So liegen die Dinge heute doch meistens.Allmählich wird die Welt aber doch einen richtigen Begriff von Gott bekommen.Die Kirchen wer<strong>den</strong> bald erwachen und das wahre Evangelium von Gottpredigen. Sie wer<strong>den</strong> die Menschen lehren, nicht nur zu glauben, sondern richti-— 462 —


ges Verständnis zu gewinnen für Seine wunderbaren Werke, für Ihn Selbst, undwie Er Sich in allem offenbart.Jede Blume ist eine Offenbarung Gottes. Der Duft einer schönen Blume ist Gott,und Er läßt ihn ausströmen, damit ein jeder Seine Gegenwart gewahr werde. Derwunderbare Geist des Duftes, der die Blume durchstrahlt, wie ich mich ausdrückenmöchte, ist eine für uns wahrnehmbare Offenbarung Gottes. Manbraucht sie gar nicht zu berühren; auch ein Blinder würde es merken, daß dieBlume da ist, an dem Duft, der die Luft erfüllt.Ist das etwa kein Grund, Gott zu preisen, wenn man erkennt, wie herrlich Er sichim wundervollen Duft der Blumen offenbart, der einen schon froh macht, wennman die Blumen nur um sich hat?Seht das Werk des Schöpfers in der einen wie in der anderen Blume. Könntestdu sie schaffen, wie sie da sind? Kannst du sie mit ihrem Duft malen?Im Garten pflanzt man hier eine Blume und eine andere dort, — warum vermischensie sich nicht? Warum wachsen keine grünen Blätter zwischen <strong>den</strong> rotenBlütenblättern? Die grünen Blätter ziehen, was sie brauchen, aus der Luft unddie roten Blütenblätter nehmen sich, was sie nötig haben und färben sich damit.Die Blumen beklei<strong>den</strong> sich mit <strong>den</strong> Farben der Sonne. Die eine ist purpurfarben,eine ist rot, eine andere gelb und noch eine andere blau, und jede hat ihren Platzin Gottes schöner Natur. In Gottes Natur ist alles vollkommen.Wenn man vom Zauberreich der Blumen und Pflanzen ins Tierreich geht, dannfindet man dort etwas, was man <strong>bei</strong> <strong>den</strong> Menschen nicht allzuhäufig antrifft —nämlich wahre treue <strong>Liebe</strong>.Die Menschen sollen doch die Krone von Gottes Schöpfung sein; aber sie sindunfrei, durch Zweifel und Glaubensformeln gebun<strong>den</strong>. Viele halten sich für heilig,doch ist ihre Heiligkeit eine ganz oberflächliche. Auch im alltäglichenLeben sich ehrenhaft zu erweisen, halten sie nicht der Mühe für wert.Wohl gehen sie sonntags zur Kirche, beten zu Gott und rechnen ihm vor, wie gutsie seien. Sie urteilen aber abfällig über je<strong>den</strong> anderen, der zwar nicht zur Kirchegeht, sich aber aufrichtig bemüht, so gut er kann rechtschaffen zu leben.Wahrscheinlich ist der letztere auf seine Weise Gott näher als der andere, dernur äußerlich fromm tut, im Leben aber es mit dem Frommsein nicht ernstnimmt.Erdgebun<strong>den</strong>e Geister, welche Menschen durch Besessenheit quälen, sindmenschgewesene "Teufel". Selbstsucht hat sie zu dem gemacht, was sie sind.Sie verlassen ihren irdischen Leib in völliger Unwissenheit über das wahreLeben, voller Erbitterung, weil sie auf irgendeine Weise in ihrem Leben Pechgehabt haben. Sie sind voller Gehässigkeit gegen die ganze Menschheit. Denersten besten, <strong>den</strong>en sie sich anhängen können, trachten sie zu scha<strong>den</strong>, und dieBesessenheit ist fertig.— 463 —


Ihr müßt alle sehr auf der Hut sein und ein jeder sich bemühen, gegen Besessenheitanzukämpfen. Die Menschheit bekämpft die Krankheiten, sie tut aber nichtsgegen die wirkliche Ursache der Geisteskrankheiten.Geistesstörung ist weiter nichts als Besessenheit durch Geister, die ins Jenseitsgekommen sind, ohne von <strong>den</strong> göttlichen Wahrheiten eine Ahnung zu haben.Christus hat uns gelehrt, daß wir Gott über alle Dinge lieben sollen und unserenNächsten wie uns selbst. Die Menschen lieben aber ihre Nächsten nicht so, wiesie es tun sollten.Lehrt die Kinder die rechte Lebensart, bringt ihnen <strong>den</strong> rechten Begriff <strong>bei</strong> vonGott und <strong>den</strong> Lehren Christi. Lehrt sie, ihr Leben nach höheren Grundsätzenführen. Sie sollen Christus nicht als Menschen verehren, sondern als die wahreErkenntnis, als das Licht des Lebens und der <strong>Liebe</strong>.Dann wer<strong>den</strong> sie auch, wenn sie einst sterben, nicht mehr als erdgebun<strong>den</strong>eGeister ins Jenseits hinübertreten und mediale Menschen besessen machen, dieman deswegen dann in Irrenanstalten einsperren müßte.Die Menschen wissen mit <strong>den</strong> Geisteskranken nichts anzufangen. Man steckt siein Anstalten, das ist aber auch alles. Man gibt ihnen Betäubungsmittel, sperrt sieein und hält sie fest. Das geschieht lediglich zum Schutz, damit sie sich undanderen keinen Scha<strong>den</strong> zufügen können.Statt dessen sollte man sie die gol<strong>den</strong>e Weisheit lehren und jede Gelegenheitbenutzen, ihr Streben auf höhere Ziele hinzulenken.Ich bin Frau Lackmund. Gute Nacht!— — —Gleich in <strong>den</strong> ersten <strong>Jahre</strong>n ihrer Betätigung als Medium hatte meine Frau lebhafteAnteilnahme und tatkräftige Förderung erfahren von seiten einer inzwischenlängst verstorbenen Freundin, Frau Case mit Namen. — Diese Freundinmeldete sich kürzlich einmal wieder und frischte die Erinnerung an jene längstvergangenen Tage auf.— — —Sitzung vom 15. März 1924Geist: Frau CaseSie kennen mich nicht persönlich, aber ich fühle mich ganz und gar zu Ihnengehörig. Ich kenne Frau Wickland schon aus der Zeit vor ihrer Verheiratung. Alssie noch Fräulein Anna Anderson war, hat sie als erste mich von <strong>den</strong> Tatsachendes Geisterverkehrs überzeugt.Mit dieser Frage hatte ich mich damals nur sehr oberflächlich befaßt. Ich hatteeins von Dr. Hartmanns Büchern gelesen und auch einige theosophische Schriften.Mein Wissensdrang ging nach vielen Seiten, doch beschäftigte ich michnoch mit keinem Gebiete ernstlich.— 464 —


An einem Abend des <strong>Jahre</strong>s 1890 nahm ich in Minneapolis an einer Zirkelsitzungteil. Da<strong>bei</strong> fiel Fräulein Anderson in Tiefschlaf, und der Geist meinerTochter Alice gab sich durch sie kund. Meine Tochter Alice, mein Sohn Willi,sowie mein Mann waren alle drei innerhalb eines Monats gestorben.Alice kam während der Sitzung zu mir herüber, warf sich mir in die Arme undrief: "Oh Mama! Oh Mama! Ich bin so glücklich, daß ich zu dir kommen kann?Ich bin Alice!"Ich war aufs höchste erstaunt, aber sehr erfreut, und nachdem wir eine Weilemiteinander gesprochen hatten, sagte Alice: "Mama, Willi ist auch hier undmöchte gern ein paar Worte mit dir re<strong>den</strong>." Darauf sprach dann mein Sohn mitmir.Dies ganz unerwartete Erlebnis überzeugte mich vollständig, und von der Zeitan war ich eifrigst darauf bedacht, immer mehr über die Wahrheit zu erfahren.Meine Tochter, Frau Z., und ich veranstalteten häufig <strong>bei</strong> mir zuhause kleineSitzungen mit Fräulein Anderson. Wir erhielten da<strong>bei</strong> viele liebe Besuche vonunseren geistigen Freun<strong>den</strong> — meiner Mutter, einer Tante und von verschie<strong>den</strong>enanderen.Mir lag sehr daran, Fräulein Anderson mit ihrem medialen Können vor dieÖffentlichkeit zu bringen. Doch sie dachte viel zu beschei<strong>den</strong> über ihre Fähigkeitenals Medium.Ich wollte gern, daß recht viele Menschen diese große Wahrheit erführen. Ichging daher nach Stillwater in Minnesota und mietete dort einen Saal in derAbsicht, Vorträge über <strong>den</strong> Verkehr mit Geistern zu halten. Fräulein Andersonsollte daran anschließend praktische Beweise ihres Könnens liefern.Wir erließen Einladungen in weiten Kreisen, und es fan<strong>den</strong> sich auch viele Menschenzu unserer Veranstaltung ein. Ich hatte mir einen Vortrag ausgear<strong>bei</strong>tet,doch verlor ich im letzten Augenblick <strong>den</strong> Mut und konnte der Zuhörerschaftnicht gegenübertreten.Wir konnten aber auch die Veranstaltung nicht ganz ins Wasser fallen lassen,und deshalb bestand ich darauf, daß Fräulein Anderson sich in Tiefschlaf versetzenund die Russen(-Geister) ihr Schauspiel aufführen lassen solle.Sie war einverstan<strong>den</strong>, und das Stück wurde gut gespielt. Dann kam das NiedlicheMädel und so wurde der Abend zu einem vollen Erfolge.So trat Fräulein Anderson, die nunmehrige Frau Wickland, das erste Mal vor dieÖffentlichkeit.Als ich so schwer krank wurde, war Fräulein Anderson sehr viel <strong>bei</strong> mir. Durchsie sprach ich häufig mit meinen geistigen Freun<strong>den</strong> und fragte diese, wann ichwohl mein Heim in der geistigen Welt beziehen werde.Es wurde mir gesagt, daß ich nicht mehr lange zu leben hätte, immerhin würdees noch einige Zeit dauern, bis ich hinübergehen würde.— 465 —


Ich wurde krank kurz vor Erntedankfest und am 5. Februar 1894 tauschte ichmeinen irdischen Leib gegen <strong>den</strong> geistigen ein. Am Sonnabend gegen 12 Uhrabends fiel ich in Schlaf und verschied am Montag Nachmittag um 3 Uhr. Zuder Zeit hielt gerade meine Tochter <strong>bei</strong> mir Wache, und die Sonne schien hellins Zimmer. Ich fühlte es und war mir darüber klar, daß ich im Abschei<strong>den</strong>begriffen war; und meine Tochter Carrie sah, wie meine Seele <strong>den</strong> Körperverließ.Meine verstorbenen Kinder, Alice und Willi, kamen an mein Bett, und meineTochter sah, wie sie mich mitnahmen.Für <strong>den</strong>, der Bescheid weiß, gibt es keinen Tod. Man schläft nur in seinem irdischenKörper ein und erwacht im geistigen Leibe inmitten seiner Freunde. Dasist ein höchst angenehmes Gefühl.Ich war sehr glücklich in dem Gedanken daran, was für einen friedlichen Heimgangich gehabt hatte. Ich hatte mich nur schlafen gelegt und war in der Geisterweltwieder aufgewacht, umringt von meinen Verwandten und Freun<strong>den</strong>.Aber mein Mann war nicht da<strong>bei</strong>. Als ich fragte: "Warum ist <strong>den</strong>n mein Mannnicht auch hier?", wurde mir gesagt, daß ihn zum Er<strong>den</strong>leben zu <strong>den</strong> Kindernund mir zurückgezogen habe. Sein irdisches Heim hatte für ihn die stärksteAnziehungskraft gehabt.Wir hatten ihn dort nicht wahrnehmen können, und von der Möglichkeit, sichdurch ein Medium kundzugeben, wußte er nichts. So war er in einen Zustanddumpfer Betäubung verfallen.Ich ging nun mit meinen geistigen Verwandten meinen Mann suchen; und alswir ihn gefun<strong>den</strong> und zum Erwachen gebracht hatten, waren wir <strong>bei</strong>de sehrglücklich. Wir kehrten zu meiner Tochter Carrie zurück, um ihr zu erzählen, daßwir wiedervereinigt seien. Sie nahm uns hellsehend wahr und freute sich sehr.Danach bin ich noch häufig wiedergekommen und habe mit meinen Kinderngesprochen durch Fräulein Anderson, bis diese heiratete und Minneapolis verließ,um nach Chicago überzusiedeln. Aber meine Anteilnahme für Frau Wicklandist dieselbe geblieben, und ich bin Mitglied des Barmherzigkeitsbundes.Frau Wicklands Wirksamkeit hat immer weitere Kreise gezogen. Sie hat da<strong>bei</strong>ihre medialen Fähigkeiten immer mehr entfaltet und einen großen Schatz vonErfahrungen gesammelt. Sie tut an der Menschheit ein edles Werk.Ihr Wirken hat schon vielen kranken Menschen Hilfe gebracht, aber noch sehrviel größer ist die Zahl der Jenseitigen, <strong>den</strong>en damit geholfen wor<strong>den</strong> ist. JederVerstorbene, dem so geholfen wor<strong>den</strong> ist, tritt als Helfer in <strong>den</strong> Barmherzigkeitsbundein und hilft sowohl diesseits wie jenseits.Wenn doch nur auf Er<strong>den</strong> mehr Menschen gäbe, die <strong>den</strong> Kampf gegen dieBesessenheit fördern wollten. Die Menschheit muß noch viel mehr aufgeklärtwer<strong>den</strong> und schaut nach Wahrheit aus.— 466 —


Später wer<strong>den</strong> noch Apparate erfun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, durch welche die Geister wer<strong>den</strong>sprechen können.Die Geisterlehre wird ganz in <strong>den</strong> Vordergrund treten, <strong>den</strong>n die Geisterwelt hilftmit, der Menschheit die Wahrheit zu bringen.Die als Kinder Verstorbenen entwickeln sich in der geistigen Welt weiter undsammeln oft auch noch Erfahrungen in irdischen Dingen, indem sie als Schutzgeistermit Er<strong>den</strong>menschen in enge Verbindung treten.Einer von <strong>den</strong> Führergeistern meiner Frau, das "Niedliche Mädel" genannt, kameinst zu ihr als fröhlicher, mutwilliger Kindergeist. Sie ist inzwischen ein ernsterPhilosoph gewor<strong>den</strong> und kennt die Gesetze, die für das Leben maßgebend sind,aus eigenster Erfahrung.— — —Sitzung vom 12. März 1924Geist: "Niedliches Mädel"Ich war 5 <strong>Jahre</strong> alt, als ich aus dem Er<strong>den</strong>leben schied. Nachdem ich 8 <strong>Jahre</strong> inder Geisterwelt gelebt, wurde ich zum Schutz für Frau Wickland bestimmt, umsie ihr Leben hindurch vor boshaften Geistern zu schützen.Ein Führer ist ein Lehrer, und ich bin jetzt ein Führer, vorher aber war ich nurein Schutzgeist.Damals wurde Frau Wickland häufig um Hilfe und Rat gebeten von Menschen,die in schwerer Bedrängnis zu ihr kamen, und sie hat viele vor dem Selbstmordbewahrt. Sie riet ihnen dringend, mehr Frohsinn aufzubringen und sich zu bemühen,dem Leben die heitere Seite abzugewinnen, anstatt alles immer nur schwarzzu sehen.Ich war ihr als Schutzgeist und Ratgeber <strong>bei</strong>gegeben wor<strong>den</strong>, weil ich selbst dasEr<strong>den</strong>leben von seiner dunklen Seite her erlebt hatte und daher mit Menschen,die in Not sind, tiefer mitempfin<strong>den</strong> konnte als einer, der Kummer und Sorgenniemals kennen gelernt hat.Ich bin am 11. August 1875 im Whitechapel-Distrikt in London geboren. MeineEltern waren alle <strong>bei</strong>de Trinker, und ich habe mich gar manches Mal vor ihnenverstecken müssen, wenn sie nach Hause kamen, sonst hätte ich Prügel bekommen.Vater und Mutter verfluchten mich und gaben mir allerhand Schimpfnamen,und meistens spielte ich auf der Straße.Ich hatte helles lockiges Haar und blaue Augen, und Vorübergehende streicheltenmir oft <strong>den</strong> Kopf und sagten: "Niedliches kleines Mädel — niedlichesMädel" zu mir.Dies sind die einzigen freundlichen Worte, deren ich mich aus meinem Er<strong>den</strong>lebenerinnere. Ich wurde so häufig "Niedliches Mädel" genannt, daß ich dachte,das wäre mein Name.— 467 —


Eine Nachbarsfrau war der einzige Mensch, der mir hilfreich zur Seite stand. Siewar sehr gut und sorgte für mich. Als ich 5 <strong>Jahre</strong> alt war, starb ich.Acht <strong>Jahre</strong> später, 1888, wurde ich Frau Wicklands Schutzgeist, weil ich nochweitere irdische Erfahrungen nötig hatte, und weil ein jugendlicher Geist einemMedium ein Gefühl von Jugend und Kraft überträgt.Es wird oft gefragt, warum Medien gewöhnlich Kinder oder junge Leute zuFührern haben.Wenn ein Geist, der es auf Er<strong>den</strong> zu hohem Alter gebracht, als Führer tätig ist,und da<strong>bei</strong> mit der Materie eines menschlichen Körpers in enge Berührungkommt, dann überkommen ihn sehr leicht die Empfindungen seines letzten irdischenZustandes wieder, und davon fühlt sich dann das Medium häufig alt undmüde, während ihm Kinder jugendliche Spannkraft übertragen.Aus diesem Grunde haben viele Medien Kinder zu Führern. Außerdem lernendie Kinder dann auch die irdischen Verhältnisse kennen und kommen durch dieso gesammelten Erfahrungen auch in der geistigen Welt voran. Sie brauchensich nicht wiederzu-verkörpern, weil sie die notwendigen irdischen Erfahrungendurch die Verbindung mit Er<strong>den</strong>menschen bekommen können.Hochentwickelte Geister — sagen wir einer wie Abraham Lincoln brauchenüberhaupt nicht zur Erde zurück, um weitere Erfahrungen zu sammeln. Sie tunihre Pflicht in der geistigen Welt, indem sie häufig erdgebun<strong>den</strong>en Geistern helfenund auch Vorträge im Geisterlande halten.Solch einen Vortrag kann ein medialer Mensch, wenn er zufällig gerade inbesonders günstiger Stimmung ist, auffassen und wiedergeben.In solchen Augenblicken hält das Medium mit<strong>unter</strong> <strong>den</strong> fortgeschrittenen, vortragen<strong>den</strong>Geist für seinen Führer. Aber ein Geist wie Lincoln ist niemandesFührer; er hat es nicht nötig, um seiner weiteren Entwicklung willen in die Erdsphärezurückzukommen und die Wache über ein Medium zu übernehmen.Wenn Medien gut gestimmt sind, dann können sie Vorträge, die in der geistigenWelt gehalten wer<strong>den</strong>, aufnehmen und wiederholen; sie sind aber lediglich Aufnahme-Apparateund sprechen dann aus Eingebung.Als ich das erste Mal als Schutzgeist von Frau Wicklands Körper Besitz nahm,dachte ich, ich wäre wieder ins Er<strong>den</strong>leben zurückgebracht. Ich betrug mich wieein ganz dummes unwissendes Straßenmädel. Ich war sehr ausgelassen undwild, und die Sitzungsteilnehmer sagten mir, ich dürfe nicht wiederkommen,wenn ich mich nicht besser betragen wollte. So gab ich mir alle Mühe und tatmein Bestes, mich gesittet zu benehmen.Ich war gern bereit zu lernen, um nach einiger Zeit Helfer, Ratgeber und Lehrerwer<strong>den</strong> zu können. Ich ging in der geistigen Welt zur Schule und erhielt dortUnterricht über das irdische Leben; und was ich dort gelernt hatte, habe ich oftan Menschen im Er<strong>den</strong>leben weitergegeben.— 468 —


In der ersten Zeit, als Frau Wickland ihre medialen Kräfte zu entfalten begann,machte sie sich auch an das Studium der Theosophie, Christlichen Wissenschaftund Psychologie. Sie suchte nach Antwort auf die Frage, ob während ihresSchlafzustandes wirklich ein Geist spräche, oder ob es ihr eigenes Unterbewußtseinsei.Um hinter <strong>den</strong> wahren Sachverhalt zu kommen, nahm sie auch noch das Studiumder Astrologie auf. Sie ließ mich durch Dr. Wickland nach meinemGeburtstag und Geburtsort, sowie nach meinem Aussehen fragen, auch nachmeiner letzten Krankheit und nach meinem Todestage.Dann stellte sie mein Horoskop. Daraus ging hervor, daß die am genannten TageGeborene helles lockiges Haar, blaue Augen und eine fröhliche, sonnigeGemütsart besitze. Und das traf auch alles auf mich zu.Sie fand ferner heraus, daß die Geborene 5 <strong>Jahre</strong> nach ihrer Geburt im Sternbilddes Stiers, dem Zeichen, welches <strong>den</strong> Hals beherrscht, Saturn, Uranus und Marsstehen gehabt, was für diesen Zeitpunkt die Möglichkeit des Todes infolge einesHalslei<strong>den</strong>s anzeigt. Und ich bin ja auch an Diphtherie gestorben.Das gab Frau Wickland die Bestätigung, daß es nicht ihr Unterbewußtsein war,was aus ihr sprach, <strong>den</strong>n sie war ja viel älter als ich. Und sie ersah daraus auch,daß meine Angaben auf Wahrheit beruhten.Jeder Mensch hat während seines Er<strong>den</strong>lebens einen Geist als Führer. Aber mit<strong>unter</strong>drängt sich ein erdgebun<strong>den</strong>er Geist ein und reißt die Führung an sich. Dasgibt dann natürlich eine mehr oder weniger vollkommene Besessenheit.Solange der Mensch auf Er<strong>den</strong> lebt, befindet er sich gleichzeitig inmitten derübelsten Wohnstätte erdgebun<strong>den</strong>er Geister. Wenige nur haben eine richtigeVorstellung davon, wie es auf der anderen Seite der irdischen Lebensebene aussieht.Wie viele machen sich <strong>den</strong>n überhaupt die Mühe, einmal nachzuforschen,was wohl nach ihrem Tode aus ihnen wer<strong>den</strong> wird?Die allermeisten Menschen bleiben nach dem Ablegen des Körpers geraumeZeit auf ganz demselben Orte, wo sie ihr Leben verbracht haben, ganz gleich, obsie gelehrt oder ungebildet sind. Wenn sie eben vom Jenseits nichts wissen, dannbleiben sie da stehen, wo sie gerade gestorben sind.Viele liegen in tiefem Schlaf, oder gar in schwerer Bewußtlosigkeit, wenn sie<strong>unter</strong> der Wirkung von Betäubungsmitteln gestorben sind. In diesem Zustandebleiben sie so lange, bis Verwandte oder Freunde in der geistigen Welt sie fin<strong>den</strong>und aufwecken, oder auch irgend jemand von diesseits oder jenseits durchseine Gedankenwellen einen Boten bewegt, die Betreffen<strong>den</strong> wachzurütteln.Manche wiederum haben sich selber in einen tiefen Schlafzustand versetzt durch<strong>den</strong> religiösen Glauben, daß sie bis zum jüngsten Tage im Grabe zu liegen hätten,oder durch die Vorstellung, daß mit dem Tode alles aus sei.Dann gibt es viele aus allen möglichen religiösen Bekenntnissen die überhauptnicht wissen, daß sie gestorben sind. Sie ziehen predigend und singend umher,— 469 —


da sie Jesus nicht gefun<strong>den</strong> haben. Sie sammeln sich hier auf der Erde in großenScharen in der Umgebung der Kirchen und singen und beten in einem fort.Sind dann <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Kirchgängern etwa medial veranlagte oder nervös empfindlicheMenschen, so nehmen die Geister von ihnen Besitz, beten und singen inihnen solange weiter, bis diese Menschen dann für verrückt erklärt und ins Irrenhausgebracht wer<strong>den</strong>.Andere Geister wieder beeinflussen Menschen zum Bösen. Sie tragen sich vielleichtmit Rachegedanken und hypnotisieren empfängliche Personen odermachen sie besessen und stiften sie zum Mor<strong>den</strong> oder Selbstmorde an.Oftmals weiß ein Mörder gar nichts von dem Verbrechen, dessen er beschuldigtwird, <strong>den</strong>n die Tat wurde von einem rachsüchtigen Geiste begangen.Welches Recht haben die so weisen Menschen der Erde, wie z.B. die Richterund Rechtsgelehrten, solch einen Menschen zum Tode zu verurteilen?Der Hingerichtete geht haßerfüllt aus dem Er<strong>den</strong>leben, wendet sich rachedurstigzur Erde zurück und stiftet andere zum Mor<strong>den</strong> an oder treibt sie zum Selbstmord.Die Richter und Rechtsgelehrten sollten sich sorgfältig vergewissern, ob derAngeklagte auch wirklich schuldig ist, oder etwa <strong>unter</strong> dem Einfluß eines rachsüchtigenGeistes gehandelt hat, so daß also eigentlich der Geist die Tat durch<strong>den</strong> Angeklagten begangen hat.Jesus hat gesagt: "Wer <strong>unter</strong> euch ohne Sünde ist, der werfe <strong>den</strong> ersten Stein."Anstatt Verbrecher abzuurteilen, sollten Richter, Rechtsgelehrte und Geistlichesie belehren, sie über die höheren Wahrheiten <strong>unter</strong>richten und dadurch ihr besseresSelbst zur Entfaltung zu bringen suchen.Wenn die Gefangenen sicher wären, daß die Menschen ihnen nach ihrer Strafentlassunghelfen und die Wege ebnen, würde das für viele gewiß ein Anspornsein, sich zu bessern.Wie viele nennen sich Christen, <strong>den</strong>ken aber gar nicht daran, ihren notlei<strong>den</strong><strong>den</strong>Mitmenschen zu helfen, wie Christus es getan hätte.Wenn z.B. ein Ar<strong>bei</strong>tgeber erfährt, daß ein Mensch im Gefängnis gewesen ist,dann will er nichts mit ihm zu tun haben. Der Betreffende kann überhaupt keineAr<strong>bei</strong>t fin<strong>den</strong>. Wo soll er schließlich hin? Wohin anders als wieder zurück insVerbrechen?Wenn wir helfen<strong>den</strong> Geister in die niederste Sphäre hinabsteigen, um zu helfen,so suchen wir immer an das bessere Ich der Menschen heranzukommen. Wirgeben ihnen anschaulichen Unterricht, und wenn wir uns erst ihre <strong>Liebe</strong> undZuneigung erworben haben, wer<strong>den</strong> sie treue Freunde, wie tief sie auch gesunkensein mögen.— 470 —


Wer nur für das eigene Ich gelebt hat und auf seinen Genuß aus war, der mußanderen dienen, wenn er ins Jenseits kommt. Nur durch Dienen kommt man inder geistigen Welt vorwärts.Infolge der großen Einfachheit ihrer Lebensverhältnisse und religiösen Vorstellungenund dank ihrer Vertrautheit mit <strong>den</strong> Gesetzen der Natur sind die amerikanischeIndianer nach ihrem Tode selten im Geiste gebun<strong>den</strong> und wer<strong>den</strong> darumoft zu Hütern medialer Menschen bestellt wie z.B. auch Silberstern, der indianischeSchutzgeist meiner Frau.— — —Sitzung vom 12. März 1924Geist: SilbersternMedien haben häufig Indianer zu Schutzgeistern, Führern und Helfern, weilIndianer sich nicht erst mit Glaubenssätzen und Bekenntnisfragen auseinanderzu setzen haben, wenn sie in die geistige Welt eingehen. Von frühester Kindheitan hören sie von dem "Großen Geiste" und <strong>den</strong> "Glücklichen Jagdgrün<strong>den</strong>".Sie glauben an <strong>den</strong> großen Geist, <strong>den</strong> Schöpfer aller Dinge, und der Medizinmannzeigt ihnen, wie sie sich die Natur dienstbar machen können.Wir Indianer-Geister wer<strong>den</strong> zur Erde gesandt, Menschen zu beschützen, weilwir mit <strong>den</strong> dafür maßgeblichen Gesetzen gut Bescheid wissen. Daher sind wiroft die Türhüter, um Medien vor erdgebun<strong>den</strong>en Geistern zu schützen.Die Bleichgesichter sterben an allen möglichen Krankheiten, nicht so die Indianer.Es gibt wenig Krankheit <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Indianern. Sie leben in der Natur undsterben eines natürlichen Todes. Wenn sie zur Erde zurückkehren, um durch einMedium zu sprechen, bringen sie einen Einfluß von Kraft und Gesundheit mit.Indianische Geister machen höchst selten Menschen besessen. Sie machen keineMenschen verrückt, weil sie mit <strong>den</strong> Gesetzen Bescheid wissen, nach <strong>den</strong>en dasEintreten eines Geistes in <strong>den</strong> Körper eines medialen Menschen vor sich gehenmuß.Ich bin eine Chippeway-Indianerin und 1883 in der Nähe von Shell-Lake aufeiner Indianer-Reservation im nördlichen Wisconsin geboren.Ich war ½ <strong>Jahre</strong> alt, als ich mir durch einen Sturz eine Kopfverletzung zuzog, ander ich gestorben bin. Als Frau W. mein Horoskop stellte, fand sie darin auchdie Zeichen für Tod durch Unfall.Ich kam zu Frau Wickland im <strong>Jahre</strong> 1893 in Eau Claire in Wisconsin und binihre Türhüterin.Als ich mich das erste Mal durch Frau Wickland kundgab, konnte ich nur in derChippeway-Sprache sprechen, und was ich jetzt an Englisch kann, habe ichwährend meiner Tätigkeit als Frau Wicklands Schutzgeist gelernt. Verschie<strong>den</strong>eSitzungsteilnehmer haben mir das Englische <strong>bei</strong>gebracht.— 471 —


Die Weißen halten die Indianer vielfach für unwissend, weil sie keine großeSchulbildung haben. Sie haben aber wahre <strong>Liebe</strong> zu dem Großen Geiste und <strong>den</strong>ehrlichen guten Willen, anderen zu helfen.Natürlich gibt es auch <strong>unter</strong> <strong>den</strong> Indianern schlechte wie gute. Aber schlechtsind sie nur die, die kein Verständnis für <strong>den</strong> Großen Geist haben; und ihreschlechten Gewohnheiten haben sie meistens von <strong>den</strong> Bleichgesichtern gelernt.Bevor die Bleichgesichter nach Amerika kamen, kannten die Indianer keineFurcht. Wohl kämpften die verschie<strong>den</strong>en Stämme miteinander, sie waren aberohne Furcht.Dann kamen die Bleichgesichter und knallten sie nieder wie wilde Tiere. Daschlichen sich Furcht und Haß <strong>den</strong> Indianern ins Herz, und dann kam es zuUnruhen und Krieg.Immer mehr Weiße kamen und wollten Land, das doch <strong>den</strong> Indianern gehörte,und nahmen es ihnen widerrechtlich fort. Das erbitterte die Indianer, und siesetzten sich zur Wehr. In ihren Augen waren alle Bleichgesichter gleichschlecht, und daraus erwuchsen dann verhängnisvolle Zwischenfälle.Hätten die Weißen die Indianer von vornherein freundlich behandelt, dann hättees niemals Krieg zwischen ihnen gegeben. Wer dem Indianer mit Freundlichkeitentgegenkommt, wird ihn immer gefällig und hilfsbereit fin<strong>den</strong>.Die Medizinmänner sind mit <strong>den</strong> Naturkräften besonders vertraut und imstandesie sich zunutze zu machen. So gibt es gar nicht so selten Indianer, die fähigsind, Regen zu machen.Ihr Beten ist eine Betätigung der höheren Lebenskräfte. Sie machen es nicht sowie die Bleichgesichter oft, daß sie nur mit <strong>den</strong> Lippen beten und bloß plappern.Sie machen nicht viel Worte, sondern tanzen in einem großen Kreise und versenkensich innerlich.So veranstalten sie zuweilen einen Schlangentanz. Sie verstehen es, Schlangenzu beschwören, so daß sie nicht <strong>bei</strong>ßen, eben weil die Indianer sich nichtfürchten.Wenn die Bleichgesichter über ihre Furcht Herr wür<strong>den</strong>, könnten auch sie solcheWunder tun.In alten Zeiten hatten auch die Weißen keine Furcht, doch lernten sie das Gruselndurch die Geschichten von der Hölle und dem Teufel; und diese Furcht steigertesich in ihnen dermaßen, daß ihnen darüber die Beherrschung der feinerenNaturkräfte verloren ging.In der geistigen Welt gibt es keine Religionen. Alle Geister sind in WahrheitBrüder und Schwestern. Im höheren Leben sind alle <strong>unter</strong>einander gleich, wennsie nur erst zur Erkenntnis des Großen Geistes gekommen sind.—— 472 —


Ein anderer Schutzgeist meiner Frau ist Movilia, der unserem Kreise starkeKräfte vermittelt. Er hat in Grönland gelebt und war ein Wanderprediger, Doktorund Herbergsvater, ein Medizinmann höheren Grades von tiefgründigerKenntnis der Naturgesetze.Er reiste in seinem Volke umher als Organisator und Philosoph in Begleitungseiner Frau, die Dichterin und Sängerin war, und seiner Kinder, die sinnbildlicheTänze vorführten.Als Movilia und seine Frau uns einige Eskimolieder durch meine Frau vorsangen,erkannte ein Alaska-Reisender diese Weisen Lieder als einen Teil gewisserreligiöser Feierlichkeiten der Eskimos.Diese Eskimos sprechen kein Englisch; aber eines Abends brachte Movilia einenanderen Eskimo mit, welcher ihm als Dolmetscher dienen sollte und uns überdie Religion der Eskimos erzählte.— — —Sitzung vom 12. Mai 1921Geist: Esovilia CheviliaMein Name ist Esovilla Chevilia. Ich bin Eskimo und spreche für Movilia undseine Frau.Wir Eskimos glauben an <strong>den</strong> Großen Geist der <strong>Liebe</strong>, Weisheit und Allwissenheitund betrachten uns als Teile dieses Großen Geistes. Wir glauben auch, daßuns unsere Bitten erfüllt wer<strong>den</strong>, wenn wir nur recht von Herzen beten.Der Medizinmann kennt die Geheimnisse des Weltalls, der <strong>Liebe</strong>, Erkenntnis,Weisheit und Wahrheit.In dem Großen Geiste leben wir, und jeder von uns ist bemüht, so gut er es versteht,sein Bestes zu tun.Mit<strong>unter</strong> kommt ein Missionar zu uns, der da meint, wir seien keine Christen,führten auch kein rechtes Leben und hätten keine richtige <strong>Liebe</strong> zu Gott, wie sie<strong>den</strong> Großen Geist nennen.Wir lieben <strong>den</strong> Geist der <strong>Liebe</strong>, <strong>den</strong> Geist der Wahrheit, mit einem Wort DenGroßen Geist, und beten zu ihm. Für uns ist das nicht bloß ein Glauben, sondernein sicheres Wissen. Wir kennen die Wahrheit und wissen, daß wir ein Teiljenes Göttlichen Geistes sind, welcher in uns ist. Und wenn wir mit jenemGroßen Geiste der Wahrheit innerlich verbun<strong>den</strong> sind, dann sind unsere Herzenvoll. Wir bekommen eine Ahnung davon, wie Er das Leben ansieht, und was fürAbsichten Er in Seiner <strong>Liebe</strong> mit Seinen Kindern hier auf Er<strong>den</strong> hat.Einige Missionare, die zu uns kommen, behaupten, Christus sei für unsere Sün<strong>den</strong>gestorben. — <strong>Liebe</strong> Freunde, wir haben keine Sün<strong>den</strong>, für die Christus hättesterben müssen, <strong>den</strong>n Gott ist <strong>Liebe</strong> und Kraft; Er ist Weisheit, Allwissenheitund Wahrheit. Wir alle sind ein Teil dieses wunderbaren Wesens. Und wenn wir— 473 —


ein Teil dieses wunderbaren Geistes sind, wie können wir dann voller Sün<strong>den</strong>sein?Wir können gar nicht von ihm abfallen, eben weil wir ein Teil von ihm sind. InIhm leben wir und sind Teile von ihm. Wir könnten ihm ja auch gar nicht ausweichen,<strong>den</strong>n Er ist ja überall. Er ist das ganze All, die ganze <strong>Liebe</strong>, das Lebenin jedem einzelnen Ding.Wie kann einer nur auf <strong>den</strong> Gedanken kommen, wir könnten solch einer LehreGlauben schenken, nach der Er, der Große Geist, der allwissend und allgegenwärtigist, der alles Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige kennt und weiß,<strong>bei</strong> all seiner Allmacht und Größe uns, Seine Kinder habe in die Tiefe undimmer tiefer sinken und in Sünde fallen lassen? Wie sollte Er wohl dazu fähigsein?Der Missionar behauptet, wir müßten nach Seinem Bilde wiedergeboren wer<strong>den</strong>und müßten glauben an Ihn, der für unsere Sün<strong>den</strong> gestorben ist; und wenn wirglaubten, kämen wir nach dem Tode in <strong>den</strong> Himmel.Wir beten zu dem wunderbaren Geiste, <strong>den</strong> Ihr Gott nennt. Ihr habt Glaubenssätzeüber Glaubenssätze, Bekenntnisse und Lehren. Wir dagegen setzen uns inVerbindung mit jenem Großen Geiste und vertrauen auf Seine Kraft. Wir gebenuns alle Mühe, von dem Großen Geist Kraft zum Heilen und für andere Zweckezu erhalten. Wir setzen all unsere Hoffnung auf diese Kraft und schöpfen aus ihrtiefe Erkenntnis.Die Christen glauben und glauben, sie seien in Sünde gefallen, und es müsseeiner kommen, sie da herauszuheben.Wer gegen ein Naturgesetz verstößt, weiß doch vorher, was darauf folgt. Hältman seine Hand ins Feuer, so merkt man gleich, daß das gegen das Gesetz ist,und hat dafür zu büßen.Glaubt einer gesündigt zu haben, so ist das auch ein Verstoß gegen das Gesetz,und er muß dafür lei<strong>den</strong>.Wir müssen <strong>den</strong> Großen Geist in unserem Innern, nicht in der Außenweltsuchen. Uns selber müssen wir fin<strong>den</strong>, dann wer<strong>den</strong> wir auch Ihn fin<strong>den</strong>; <strong>den</strong>nwir sind ja Teile dieses wunderbaren Geistes, dieser wunderbaren Kraft. Wirmüssen uns nur alle Mühe geben, mit Ihm in seiner über alles wunderbarenHerrlichkeit in Fühlung zu kommen.Sobald man mit dem Großen Geiste in Verbindung steht, fühlt man sich unaussprechlichglücklich. Dann hat man seine Aufgabe gelöst, geht seinen Weg weiterund kommt gar nicht in Versuchung, die Gesetze zu übertreten. Man kommtdann aus seiner Unwissenheit heraus.Man geht seinen Lebensweg dahin. Weicht man vom Pfade ab, so kann manzwar abseits bleiben, solange man will, schließlich muß man aber doch wiederzurück auf <strong>den</strong> richtigen Weg. Was war der Anlaß, daß man vom Wege abkam?Ein Verstoß gegen das Naturgesetz.— 474 —


Am Ende wird man es aber doch müde, beständig im Widerspruch zur natürlichenOrdnung zu leben, und man fragt sich dann selbst: "Weshalb bin icheigentlich in meiner mißlichen Lage, und wo führt mich mein Weg hin?"Dann wird man gewahr, daß man aus Not zum Wahrheitssucher gewor<strong>den</strong> ist.Man klopft an, und es wird einem aufgetan. Man richtet seinen Blick nach innenanstatt, wie bisher, nach außen.Ihr lebt ganz im Äußerlichen mit all Euren Glaubenslehren, der eine hier, derandere dort, und habt sehr viel aneinander auszusetzen. Ihr nennt euch alleChristen, und doch richtet und bekämpft ihr euch gegenseitig und schafft euchdamit soviel Unruhe.Das bleibt so <strong>bei</strong> euch, bis ihr euch selber fragt: "Worauf kommt es <strong>den</strong>n eigentlichan?" Dann erst fängt man an, <strong>den</strong> Dingen auf <strong>den</strong> Grund zu gehen. Und wasman mit ganzem Herzen sucht, das findet man auch. Bittet Gott darum, Sicheuch zu offenbaren. Bittet Ihn, daß Er Sich euch in euren Herzen kundgebe,bevor ihr die breite Straße der Erfahrung verläßt, um <strong>den</strong> schmalen Weg derVernunft einzuschlagen.Ist man aber erst auf dem schmalen Pfade der hohen Vernunft, dann fühlt mansich glücklich und zufrie<strong>den</strong> und kommt in die Herrlichkeit des Unendlichen.Dort ist alles herrlich; da gibt es keine Selbstsucht mehr. Der schmale Weg führtzur <strong>Liebe</strong>, Güte, Weisheit und Erkenntnis Gottes.Die Christen suchen Gott in der Außenwelt, wir suchen Ihn in unserem Innern.In uns selbst suchen wir nach dem großen Geiste. Wir haben nicht so viele verschie<strong>den</strong>eBekenntnisse und Glaubenssätze und so viele religiöse Lehrmeinungen.Wir brauchen uns nichts zurechtzu<strong>den</strong>ken, <strong>den</strong>n wir wissen Bescheid.Einer erfährt die Wahrheit auf diesem, der andere auf jenem Wege, und sogehen sie jeder für sich und bil<strong>den</strong> sich nicht ein, etwas Endgültiges zu wissen.Die Menschen müssen sich ändern, <strong>den</strong>n an Glaubenssätzen haben sie dochwahrlich genug gehabt. Man sollte ihnen mehr von Gottes Weisheit vermittelnund zwar auf dem schmalen Wege der höheren Vernunft, damit sie sich selbstfin<strong>den</strong>. Wenn sie sich erst selbst gefun<strong>den</strong> haben, dann wer<strong>den</strong> sie auch keineSorgen mehr haben und sich nicht mehr so unglücklich fühlen, weil sie dann inder <strong>Liebe</strong> geborgen und glücklich sind.Wenn man Gott erst einmal liebt, dann liebt man auch seine Mitmenschen, <strong>den</strong>ndann kann man seine <strong>Liebe</strong> nicht für sich behalten. Man möchte dann unwillkürlich,daß auch unsere Freunde gemeinsam mit uns Gott lieben sollen, damit auchsie die Herrlichkeit Gottes schauen.Ihr Christen redet vom Teufel; wir kennen solch ein Wesen nicht. Wir nennen esSelbstsucht und Unwissenheit.Sucht euer Selbst schon jetzt zu fin<strong>den</strong>. Tut ihr das nicht, dann stoßt ihr hier imgeistigen Leben überall auf Hindernisse. Habt ihr euch aber durch Erkenntnisfrei und aufnahmefähig gemacht, dann ist alles eine Seligkeit. Dieses Glücks-— 475 —


empfin<strong>den</strong> müßt ihr nun in euch selbst erfahren, bevor ihr anderen dazu verhelfenkönnt.Das ist die religiöse Anschauung der Eskimos.Ich war auf Er<strong>den</strong> Medizinmann und gleichzeitig Lehrer.Der Eskimo Movilia kam zu mir und bat mich, euch an seiner Statt zu sagen,was er euch gern mitteilen wollte. Ich habe lediglich wiederholt, was er mir vorgesprochenhat.Wir führen keine Kriege. Wir bemühen uns, so gut wir können, nach <strong>den</strong> Gesetzender Natur und des Großen Geistes zu leben. Wir Eskimos sind durchauskeine schlechte Menschen und machen auch nicht so viel Umstände wie ihr mitdem Wechseln der Kleidung. Wir tragen unsere Schönheit inwendig in uns;<strong>den</strong>n äußere Schönheit reicht ja nicht tiefer, als die Haut dick ist. Daher fragenwir nicht viel nach ihr.Der Christ muß erst durch Leid und Not aufgerüttelt wer<strong>den</strong>; dann erst fängt eran, sich nach dem umzusehen, was man die Wahrheit nennt. Ihr meint, Jesus seifür eure Sün<strong>den</strong> gestorben. Das konnte er ja gar nicht und hat er auch nichtgetan.Der Sün<strong>den</strong>, die heutzutage begangen wer<strong>den</strong>, sind viel mehr als zu der Zeit, daEr auf Er<strong>den</strong> lebte. Vieles ist inzwischen entdeckt wor<strong>den</strong>, was man damalsnoch gar nicht kannte. Wie konnte er also für etwas sterben, was es noch garnicht gab? Das kommt mir doch sehr sonderbar vor.Gott hat uns geschaffen und kennt uns doch. Wenn man Gott im eigenen Innerngefun<strong>den</strong> hat, so kann man gar kein Unrecht mehr tun. Man singt und ist glücklich,— und glücklich wer<strong>den</strong> möchten wir doch alle.Es kam einmal ein Mann zu uns und predigte. Er nahm einen unserer bestenLeute mit sich und ließ ihn zusammen mit euren Christen erziehen. Doch derkam durch und durch krank, als völlig gebrochener Mann zu uns zurück. Bei unsgibt es solche Krankheiten gar nicht, weil wir streng nach <strong>den</strong> höchsten Naturgesetzenleben. Er kam zurück und erzählte uns, wie ihr, die ihr euch Christennennt, lebt.Uns schauderte, als wir hörten, daß die Christen an Leib und Seele so kranksind.Das haben die Christen an unserem Landsmann vollbracht. Und aus diesemGrunde bin ich gekommen, um euch einmal etwas über unsere Religion zuerzählen.Ihr alle in diesem kleinen Kreise hier solltet danach trachten, euch selbst undGott zu fin<strong>den</strong>, <strong>den</strong>n wir Menschen sind ja alle eins mit Gott.Stellt euch ein großes Licht vor, ich meine eine Kerze, die auf einem Leuchtersteht. Um sie herum stehen kleinere Kerzen, aber sie sind alle aus dem selbenStoff, wie die große. Ihr nehmt nun die kleinen Kerzen und steckt sie an der— 476 —


großen an. Dann habt ihr <strong>den</strong> Lebensfunken. Könnt ihr nun verstehen, was ichmit dem Gottesfunken meine?Stirbt der Mensch, wie die Christen es nennen, dann wird nur die Kerze ausgeblasen.Das Wachs ist in seine ursprünglichen Bestandteile zurückverwandeltwor<strong>den</strong>.Sucht Gott in euch, dann habt ihr Macht, Kraft und <strong>Liebe</strong> und seid auf demWege zu wahrer Weisheit. Dann wißt ihr, wie ihr euch Kraft holen und über dasIrdische mit seinen Lei<strong>den</strong> und Krankheiten Herr wer<strong>den</strong> könnt. Dann könnt ihrgar nicht krank sein, weil ihr das Licht der Erkenntnis in euch tragt; und je weiterdiese Erkenntnis reicht, desto weiter reicht auch eure Macht.Ihr alle hier seid Teilchen jenes All-lichtes und habt eure Flamme von diesemeinen großen Lichte. Doch betet nicht etwa die Kerze an, sondern das Licht derErkenntnis und Gott. Laßt euch auf eurem Wege von niemand aufhalten odergar einre<strong>den</strong>, ihr könntet Gott nicht erreichen.Die Christen haben nicht das richtige Verständnis für Gott. Sie müssen einenFürsprecher haben, ihren "Erlöser", wie sie ihn nennen. Sie beten zu Christus."Christus" ist die Wahrheit, und wenn ihr die Wahrheit gefun<strong>den</strong> habt, dann habtihr Christum. Betet zu Gott. Wenn ihr wißt, wie ihr zu Gott beten müßt, dannseid ihr stark und mächtig und habt <strong>den</strong> Erfolg auf eurer Seite.Wir lehren: "Sucht Gott in eurem Herzen, dann kommt alles andere von selbst."Wir brauchen nicht zu glauben, wir wissen.Pflegt die wahre Erkenntnis Gottes in euren Herzen, dann seid ihr glücklich.Gute Nacht!— — —Seit der Zeit ihres allerersten Wirkens als Medium stand meine Frau <strong>unter</strong> dembesonderen Schutze des Geistes eines gewissen Dr. Root. Dieser hat unserenKampf gegen die Besessenheit gefördert und uns dazu gedrängt, damit vor dieÖffentlichkeit zu treten.Er kam häufig, um uns zu ermutigen und sowohl <strong>den</strong> sichtbaren als auch <strong>den</strong>unsichtbaren Teilnehmern unserer Sitzungen Vorträge über die höhere Lebensweisheitzu halten.— — —Sitzung vom 24. Dezember 1919Geist: Dr. RootWie gedrängt voll dieser kleine Raum hier ist! Ich wünschte, ihr könntet dieAugen eurer Seele öffnen und die vielen Geister sehen, die sich hier eingefun<strong>den</strong>haben, um sich über das Jenseitsleben belehren zu lassen.Es hat noch nie wirkliches Glück auf Er<strong>den</strong> gegeben und wird es auch nichtgeben, solange die Menschen von <strong>den</strong> Wahrheiten der Religion so wenig wis-— 477 —


sen. Zu allen Zeiten hat es allerhand verschie<strong>den</strong>e Religionen gegeben, undimmer war auch die Selbstsucht groß.Ihr lebt jetzt im zwanzigsten Jahrhundert, und da dieses doch im Zeichen derAufklärung steht, warum sollten da die Menschen nicht einsichtsvoller wer <strong>den</strong>und über die jenseitige Welt ebenso wie über die diesseitige besser Bescheidwissen wollen?Die Menschen aber beten weit mehr das "gol<strong>den</strong>e Kalb" an als <strong>den</strong> lieben Gott.Die Kirchen zerfallen, weil sie die Menschen nicht mehr so zum Glauben bringenkönnen wie in alten Zeiten. Die Menschen verlangen heute nach klaremWissen, nicht mehr nach Glauben, und wenn die Kirchen wahre Religion lehrten,dann wären die Menschen auch besser.Viele Geistliche wissen in ihrem Herzen sehr wohl, daß die Menschen an diealten Geschichten nicht mehr glauben. Es ist auch hier das "gol<strong>den</strong>e Kalb", der"Mammon", dem sie dienen, wenn sie sich <strong>den</strong>noch auf die Kanzel stellen undwider ihre bessere Überzeugung predigen.Einmal wird auch diese Welt über die Selbstsucht Herr wer<strong>den</strong>. Aber für <strong>den</strong>Augenblick muß ich leider feststellen, daß die meisten Menschen rein wahnsinnigsind mit ihrem Geldverdienen. Sie scheinen gar nicht Geld genug bekommenzu können. Rechtschaffenheit gilt ihnen nur wenig, bloß Geld, Geld, wollen siehaben.Mitgefühl gibt es kaum noch; alle sehen nur zu, wie sie auf irgend eine Art vonanderen möglichst viel Geld ergattern können. Mit der Zeit wird aber auch dieseGeldwirtschaft in die Brüche gehen.Wir sollen uns während unseres Er<strong>den</strong>lebens bemühen, sowohl über die jenseitigen,wie über die diesseitigen Lebensverhältnisse Klarheit zu bekommen. Wennjemand Pfarrer, Doktor, Rechtsanwalt oder Professor wer<strong>den</strong> will, dann muß ersich ja auch das einschlägige Wissen anzueignen suchen. — Warum sollten wiruns nicht auch einmal darum bemühen, uns selbst zu ergrün<strong>den</strong>?Es ist sehr wichtig, daß sich alle Menschen schon auf Er<strong>den</strong> darüber klar wer<strong>den</strong>,wo sie hinkommen, wenn sie aus dem Er<strong>den</strong>leben schei<strong>den</strong>. Denn dannwer<strong>den</strong> sie sich gleich an <strong>den</strong> richtigen Platz begeben und nicht in ihren Wohnungenbleiben, wo sie nichts mehr zu suchen haben.Weil sie von diesen Dingen nichts wissen, begreifen so viele gar nicht, daß siegestorben sind, und bleiben daher in ihren irdischen Behausungen. Ist nun etwaeiner in der Familie medial veranlagt, wird er möglicherweise gar besessen.Dann erklären die Ärzte <strong>den</strong> Betreffen<strong>den</strong> für geisteskrank und stecken ihn ineine Irrenanstalt. Denn mit so einem Unglücklichen, der von erdgebun<strong>den</strong>enGeistern besessen ist, macht man nicht viel Federlesens.Die Menschen müssen die Wahrheit erfahren, dann wer<strong>den</strong> sie auch nach ihremAbleben nach der geistigen Welt Ausschau halten und statt eines eingebildeten"Himmels" ein glückliches Heim im Jenseits fin<strong>den</strong>.— 478 —


Himmel und Hölle sind nur innere Gemütszustände, und <strong>den</strong> "Himmel" muß einjeder in seinem eigenen Innern gefun<strong>den</strong> haben, bevor er in der geistigen Weltglücklich sein kann.Viele fragen: "Was ist die geistige Welt?"Die geistige Welt ist ein Gegenstück zu dieser Welt, jedoch mit einer Ausnahme:Hier auf Er<strong>den</strong> leben Menschen der allerverschie<strong>den</strong>sten Art bunt durcheinandergewürfelt, während man drüben nicht ohne weiteres überallhin kann,sondern zuvor Bescheid wissen muß, wo man hin will.Im geistigen Leben steigt man wie in einer Schule stufenweise aufwärts. Da gibtes keine Glaubenssätze. Man erkennt, wo man hingehört und wo man hinzugehenhat. Es braucht freilich Zeit, bis man das lernt; aber in der Ewigkeit hat manja Zeit genug zum Forschen und Lernen.Die Zeit ist nicht mehr fern, wo <strong>den</strong> Menschen die Augen aufgehen und siesehend wer<strong>den</strong>. Dann wer<strong>den</strong> die Kirchen ihre Zirkel haben und <strong>den</strong> Sinn desLebens zu ergrün<strong>den</strong> suchen.Ich bin Dr. Root. Ich wünsche euch allen viel Glück und Erfolg für eure Ar<strong>bei</strong>t.Gute Nacht!— — —Sitzung vom 23. März 1921Geist: Dr. RootIch freue mich, daß ich heute Abend <strong>bei</strong> euch sein und euch etwas berichtenkann über die glücklichen Lebensverhältnisse, die wir hier in der geistigen Welthaben.Die meisten Menschen glauben, nach dem Tode kommen sie an einen bestimmtenPlatz, wo sie bis rum "Jüngsten Tage" zu bleiben hätten.Zum "Jüngsten Tage" kann dem Menschen jeder beliebige Tag wer<strong>den</strong>, nämlichder Tag, an dem er seine Selbstsucht und Unwissenheit ablegt; <strong>den</strong>n nur diesesind der "Tod"!Leben ist <strong>Liebe</strong> und Weisheit. Laßt uns täglich unserer Unwissenheit und Selbstsuchtabsterben. Wachen wir recht auf zur Wahrheit und Erkenntnis Gottes, deruns die Wahrheit gegeben und Seine Boten gesandt hat, uns vom Leben in dergeistigen Welt Kunde zu geben. Dort ist das Leben weitaus geistiger, viel schöpferischerund schöner in jeder Beziehung als das Leben hier auf Er<strong>den</strong>.Trägt man Wahrheit im Herzen, dann ist man glücklich. Behaupten sich dagegenSelbstsucht und Unwissenheit darin, dann ist man voller Kummer und Sorge.Und Kummer und Sorgen heften sich einem an die Fersen bis man sagt:"Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!"Wenn euch andere in <strong>den</strong> Weg treten und euch zurückhalten wollen, so lehnteuch dagegen auf und sagt: "Nein, ich bleibe fest und werde auch mein Ziel— 479 —


erreichen." Dann wer<strong>den</strong> Glück und Zufrie<strong>den</strong>heit in eurer Seele Einzug halten,und ihr verbreitet Freude und Glück auch in eurer Umgebung.Denkt man aber nur an sich selbst und klammert sich an Bekenntnisformeln,dann hat man Kummer und Sorgen und muß sich diese durch Lei<strong>den</strong> austilgenlassen, bis man fähig wird zu sagen: "Nicht mehr mein Wille, sondern nur nochDein Wille soll hinfort für mich maßgebend sein."Laßt uns zu Gott beten, <strong>den</strong>n Er ist Alles in Allem. Er ist auch mit euch allen.Wir könnten ohne Seine wunderschaffende Kraft auch nicht einen Augenblickleben. Laßt euch nicht verleiten, irgend jemand anderen anzubeten, <strong>den</strong>n Gott istin euch. Um zu ihm zu beten, braucht ihr auch nicht irgendwoandershin zugehen, als in euer eigenes Herz.Haltet Gemeinschaft mit Gott in eurem Herzen, dann braucht ihr sie nicht erst<strong>unter</strong> äußeren Zeremonien in der Feier des Abendmahls zu suchen. Wenn ihrerst vom Geist der Wahrheit erfüllt seid, dann habt ihr ganz von selbst in euremInnern Gemeinschaft mit Gott. Ihr habt es dann nicht nötig, euch durch Abendmahlsfeiernerst gemahnen zu lassen, mit Gott Gemeinschaft zu halten, weil ihrja wißt, daß Er immer gegenwärtig und bereit ist, euch zu helfen.So haltet ihr euer Herz für Gott geöffnet. Er hört euch, ihr könnt euch jederzeitmit Ihm verständigen. Das Abendmahl wird nicht richtig aufgefaßt, wie esgemeint ist.Wenn ihr daran teilnehmt, so ist das zunächst nichts weiter als eine Erinnerungund Mahnung daran, daß Ihr mit Gott Gemeinschaft pflegen sollt. In dem Maße,wie man hinzulernt und höher und höher steigt, hat man es immer weniger nötig,sich durch äußere Mittel daran gemahnen zu lassen, weil man dessen ja stetsinne ist. Um Gemeinschaft mit Gott zu halten, bedarf es keiner äußeren Zeichenwie Brot und Wein. Man kann ohne Gott ja nicht einen einzigen Schritt tun. Gottist in der Luft. Er ist überall. Ihr könnt auf der Erde keinen Schritt tun, ohne <strong>den</strong>Fuß auf von Ihm Geschaffenes zu setzen, und ihr solltet euch bemühen, SeineWerke mit Verständnis zu betrachten.Die Menschen haben sich allerhand Lehren zurechtgedacht. Der eine hat sichdiese, ein anderer wieder jene Ansicht zu eigen gemacht. Einer geht in diesen,der andere in jenen Winkel, der eine hält diesen, der andere jenen Weg für <strong>den</strong>richtigen; und so hat jeder sein eigenes Glaubensbekenntnis.Sie laufen in einem engen Kreise herum und vergessen ganz, daß sie ja im Mittelpunktedes Lebens, in Gott Selbst stehen.Wenn man einem Mitmenschen etwas Gutes tut, so tut man es Gott; <strong>den</strong>n derBetreffende ist ja ebenso ein Teil Gottes wie man selbst. Wir können Gott nurdienen, indem wir unseren Mitmenschen dienen. Nutzt das Leben nach bestenKräften aus zum Dienen und Wohltun an anderen, dann kommt ihr auch in derErkenntnis weiter.— 480 —


In die Kirche zu gehen, um Gott zu dienen, hat nur insofern Bedeutung, als dieMenschen dort an das erinnert wer<strong>den</strong>, was sie in die Tat umsetzen sollen. Seidtätig und tut Gutes <strong>den</strong>en, die in Not sind. Warum solltet ihr euch zum Gottesdienstan einen bestimmten Ort begeben? "Gehe in dein Kämmerlein und betezu deinem Vater im Verborgenen." Betet nur ernsthaft von Herzen, dann wer<strong>den</strong>eure Gebete auch erhört wer<strong>den</strong>. Plappert nicht gedankenlos, sondern betet mitvollem Ernste. Lebt so, daß die Leute merken, ihr tut im Leben eure Pflicht.In der Geisterwelt macht es uns <strong>bei</strong> sehr vielen Verstorbenen große Schwierigkeiten,wenn ihnen erst hier die geistigen Augen geöffnet wer<strong>den</strong> müssen. Siesind alle so verblendet durch ihre Bekenntnisformeln und Glaubenssätze, undwir müssen alle unsere Kräfte anspannen, ihnen begreiflich zu machen, daß Gottja gar nicht all diese Glaubenssätze und Bekenntnisse, sondern das All und dieMenschen darin geschaffen hat, Ihn allein anzubeten ohne allen Bekenntnis undDogmenkram.Wenn wir erst wissen, was <strong>Liebe</strong> ist, und sie in die Tat Umsetzen, — nicht, wasdie Menschen hier auf Er<strong>den</strong> <strong>Liebe</strong> nennen, sondern die <strong>Liebe</strong>, die allenthalbenhervorsprießt, — dann wirkt diese <strong>Liebe</strong> wie die Sonne.Habt ihr solche <strong>Liebe</strong> in euren Herzen, so seid ihr für andere wie eine Sonne. Ihrhabt Gott in eurem Herzen gefun<strong>den</strong>, und Seine Kraft strahlt von euch aus,gerade so wie die Sonne überallhin scheint.Wer dagegen an Bekenntnisformeln und Glaubenssätze gebun<strong>den</strong> und vollerEigenliebe ist, bleibt unwissend und für sich bedrückt und unglücklich. Er fürchtetsich vor Gott und hat Angst vor allem, was ihn umgibt. Verstorbene dieserArt bekommen die Augen ihrer Seele nicht auf und fragen nicht nach dem Lichtund der Erkenntnis Gottes.Diese kommen in tiefer Finsternis im Jenseits an, sie rotten sich zusammen, einTrupp hier und dort ein anderer, alle in tiefstem Dunkel. Sie beten, singen undwehklagen vom frühen Morgen bis zum späten Abend, — Jahr aus, <strong>Jahre</strong>in!Es ist sehr schwer, ihnen begreiflich zu machen, daß sie ins Jenseits übergetretensind. Es muß sie natürlich auch sehr hart ankommen, wenn sie erwachen undsehen, was für Irrtümern sie anheimgefallen sind, indem sie sich auf Glaubenssätzeund Bekenntnisformeln festlegten. Sie haben sich selbst in Dunkelheitgehüllt und alles Licht abgesperrt, das sie ihr Leben lang hätte durchstrahlensollen.Wenn ihr Gott in dem Sinne liebt, wie ich es euch angedeutet habe, dann seid ihrglückselig.Ich bin Dr. Root. — Gute Nacht!— — —Nachstehend noch ein Auszug aus einem Vortrage, <strong>den</strong> Dr. Root kürzlich unseremKreise und gleichzeitig einer Versammlung erdgebun<strong>den</strong>er Geister gehaltenhat.— 481 —


Sitzung vom 1. Januar 1924Geist: Dr. RootFassen wir das Ziel unseres Strebens fest ins Auge: Glück und Zufrie<strong>den</strong>heit;damit helfen wir der Welt zur Verbesserung ihrer Verhältnisse. Schauen wir niezurück, sondern richten wir unseren Blick immer nur nach vorn. Tun wir unserBestes, anderen zu helfen.Selbst so kleine Gesellschaften, wie diese hier, können dazu helfen, daß sichmanches in der Welt bessert, wenn sie sich das ernstlich zur Aufgabe machen.Der kleine Lichtschein, der von eurem Kreise ausstrahlt, mag recht unbedeutenderscheinen, aber für die Unglücklichen, die in Not und Dunkel sitzen, ist er vongroßem Segen.Wenn doch alle Kirchen solche Sitzungen hielten, um <strong>den</strong> Menschen zu hellen,ihren Mut und ihre Lebensfreude zu stärken und sie in zuversichtlichere Stimmungzu versetzen, anstatt ihnen mit der ewigen Verdammnis zu drohen, fallssie nicht an bestimmten Glaubenssätzen festhielten, dann wäre die Welt um vielesglücklicher und besser.Zuerst muß man sich selbst im eigenen Innern suchen, bevor man sich auch inder Außenwelt fin<strong>den</strong> kann. Man muß wiedergeboren wen<strong>den</strong> — nicht in JesuChristo, nein, — sein eigenes Selbst muß man erkennen und sich dessen gewißwer<strong>den</strong>, daß man ein Teil von Gott ist.Dazu hat Gott uns Einsicht und Verstand gegeben. Geht hin und helft <strong>den</strong>Unglücklichen und <strong>den</strong>en, die noch zu keiner Erkenntnis Gottes erwacht sind.Begnügt euch nicht mit bloßem Glauben an Gott, sondern suchet Ihn in euremInnern, dann erübrigt sich das Glauben ganz von selbst.Glaube und Vertrauen sind ja nur der Schlüssel. Wenn ihr nun <strong>den</strong> Schlüssel inder Hand habt, aber nicht wißt, wohin er gehört, welche Tür er öffnet, — wennihr nur euer Glaubensbekenntnis habt und sonst weiter nichts, woran ihr euchhalten könnt, — dann habt ihr wohl <strong>den</strong> Schlüssel, er kann euch aber nichtsnützen.Sucht durch Wissen und Erfahrung eure Einsicht zu vertiefen, bis ihr die Tür zurWeisheit und Erkenntnis öffnen könnt.Sehr viele Menschen haben wohl <strong>den</strong> Schlüssel, aber sie halten ihn nur in derHand und machen keinen Gebrauch davon. Sie sagen: "Wenn ich nur fest anGott und an Jesum Christum glaube, dann habe ich Teil an der Erlösung."Wenn dann für sie der Augenblick kommt, wo sie ins geistige Leben übertreten,fassen sie nur <strong>den</strong> Schlüssel fest, sie haben nur ihren Glauben und fin<strong>den</strong> sich imDunkeln, weil sie <strong>den</strong> Schlüssel der Erkenntnis nicht benutzt haben, <strong>den</strong> Gottihnen doch gegeben hat, um damit zu forschen und Gott im eigenen Herzen zufin<strong>den</strong>.— 482 —


Ihr braucht gar nicht weit auf die Suche zu gehen; ihr braucht nur die Tür eureseigenen Herzens zu öffnen. Dort findet ihr Gott und erkennt, daß ihr TeilchenSeiner wunderschaffen<strong>den</strong> Kraft seid. Sobald ihr die Tür öffnet, habt ihr Macht,Kraft und Gesundheit — dann habt ihr alles —; die gewaltige Kraft Gottesströmt in euch ein und ihr könnt Wunder tun.Christus war ein großer Lehrer, — aber leben die Menschen auch nach seinenLehren? Sie glauben wohl daran, doch sie tun nicht danach.Jeder ist ein Teil von Gott und wer nach bestem Können anderen Gutes tut, derliebt Ihn und dient Ihm mit solchem Tun.Die Menschen und die Kirchen sollten sich zu einer Macht zusammenschließen,um einander zu helfen und über die Selbstsucht Herr zu wer<strong>den</strong>.Verbreitet die Wahrheit! Suchet Gott in eurem Innern und öffnet Ihm euer Herzdurch Erkenntnis. Eure Macht reicht so weit, wie euer Geist sich in euch entfaltethat. Wenn ihr ernstlich danach trachtet, durch weitere Entwicklung eureKräfte zu vermehren, wird euch das auch gelingen. Weitet eure Sinne undbetrachtet mit Fleiß die geheimnisvollen Wunder Gottes, deren die Welt voll ist.Laßt uns Gott in der Natur suchen überall. Seht euch eine Schneeflocke an,—sie ist ein reines Wunder. Es gibt sie in vielen schönen Formen. Wer formt sie?Den Menschen erscheint das alles so natürlich und selbstverständlich, daß siesich dieser Schönheit gar nicht bewußt wer<strong>den</strong>. Sie sagen einfach: "Das ist ebenSchnee".Das schlimmste Hindernis für seine Weiterentwicklung nach dem Tode ist dasBegehren des Menschen, und darüber muß er Herr wer<strong>den</strong>. Auch Bekenntnisformelnund Glaubenssätze hindern ihn nur und machen ihn unfrei. Solche Menschensind nach Jesu Worten unfreie Knechte und kommen nicht vorwärts.Sie meinen, wenn sie in die geistige Welt übertreten, kommen sie in <strong>den</strong> Himmel.Ja, — wo ist der Himmel? Christus hat gesagt: Das Himmelreich ist inwendigin euch, wenn Gott dort wohnt.Sehr viele halten <strong>den</strong> sogenannten Tod für einen langen Schlaf, und wenn sie inder Schule des irdischen Lebens nichts gelernt haben, legen sie sich regelrechtschlafen. Manche schlafen ja bloß, weil sie sich das so eingeredet haben. Sie<strong>den</strong>ken: "Ich sterbe jetzt und komme ins Grab und bleibe darin liegen bis zumJüngsten Tage, wo ich dann erweckt werde."Andere wieder gehen hinüber starr festgelegt auf bestimmte Glaubenssätze undBekenntnisformeln. Sie fin<strong>den</strong> sich an bestimmten Orten in der Er<strong>den</strong>sphärezusammen, wo sie singen und beten, und kommen nicht einen Schritt vorwärts.Sie wiederholen unaufhörlich dieselben Worte. Ihr Beten ist ein bloßes Geplapperund sie bleiben oft jahrelang in der Erdsphäre.Mit<strong>unter</strong> ziehen sie auch in der Erdsphäre umher und suchen Menschen zubekehren. Manchmal schließen sie sich an irgendeinen Menschen ganz besonderseng an, und von diesem heißt es dann, er habe religiösen Wahnsinn.— 483 —


Und was geschieht dann? Die Opfer solcher törichten Geister wer<strong>den</strong> in dieIrrenanstalt gesteckt und dort bis zu ihrem Lebensende verwahrt. Sie wer<strong>den</strong>ihre Besessenheit nicht los, bis sie endlich sterben. Dann stürzen sich die Geisterauf andere Menschen.Haltet euch stets offen und zugänglich für die Wahrheit. Tun wir nur ja alles,was wir irgend können, um uns selbst und anderen zu einem richtigen Begriffvon Gott zu verhelfen. Dienet Ihm in Ehrfurcht allenthalben.Schauen wir zum Himmel auf! Wie schön sind doch die leuchten<strong>den</strong> Planetenund die funkeln<strong>den</strong> Sterne. Wenn diese Erde morgen verschwände, die Sonnenund Sterne am Himmel blieben doch dieselben. Man würde diese Erde gar nichtvermissen. Glaubt ihr etwa, Gott habe seinen Wohnsitz hier auf der Erde undhabe für sonst weiter nichts zu sorgen? — O nein, <strong>den</strong>kt nur nach und forschet,dann werdet ihr auch verstehen lernen.Das gesamte All haben wir mit Ehrfurcht als Sein Werk zu betrachten. Undüberall ist dort Leben. Die Größe des Himmelsraumes ist unbeschreiblich — diefunkeln<strong>den</strong> Fixsterne, die Wandelsterne, das gesamte All.Schaut einmal durch das Mikroskop, dann findet ihr euch in einer ganz anderenWelt. Man kann damit winzig kleine Lebewesen sehen, deren eines oder zweigenügen, einen großen starken Körper zu töten. Auch sie <strong>unter</strong>stehen ein undderselben Gewalt Gottes. Manch einer mag wohl fragen, warum hat <strong>den</strong>n Gottdiese Krankheitskeime, die die Menschen doch nur plagen, überhaupt erstgeschaffen? Auch sie sind notwendig, um die Menschen bewußt zu machen, siezum Nach<strong>den</strong>ken und zu Abwehrmaßnahmen anzuregen. Denn sind wir in Notund mühen wir uns, ihrer Herr zu wer<strong>den</strong>, dann wachsen unsere Kräfte.Ein Kind, das von seinen Eltern ständig behütet in der freien Natur groß wird,wächst in sehr gesunder, reiner Luft auf. Es ist gut, weil es ja niemals Versuchungenausgesetzt wor<strong>den</strong> ist. Aber es ist sich nicht bewußt, gut zu sein. EinJunge aus <strong>den</strong> Elendsvierteln dagegen, der die Not kennen gelernt hat, wird vieleher zu einem Manne, der sich zu helfen weiß, als einer, der sein Leben langsorgsam behütet wor<strong>den</strong> ist. Er wird stark und kann auch anderen helfen.Zunächst müssen wir uns selbst gründlich kennen lernen. Dann aber wollen wirall unsere Kräfte zusammennehmen und jedem Hilfsbedürftigen, dem wirbegegnen, <strong>bei</strong>stehen und ihm zur Einsicht zu verhelfen suchen.Dienet Gott in rechter Weise und nicht in <strong>den</strong> Schranken eines engherzigenBekenntnisses. Gesellt zum Glauben das Erkennen.Ihr seid die unfreien Knechte, von <strong>den</strong>en Jesus spricht; Er war ein wunderbarerLehrer, ihr aber glaubt an sein Blut und nicht an seine Lehren.Wer hat Christum getötet? Doch gerade die Priesterschaft! Gerade sie glaubtennicht an Ihn.Christus ist das Sinnbild der Wahrheit. "Christus" wird in euch geboren in demAugenblick, wo die Erkenntnis in euch aufleuchtet. Dann erst gehen euch die— 484 —


Augen auf, und ihr erkennt und begreift Gott. Wenn ihr danach dann ins geistigeLeben übertretet, wißt ihr Bescheid und kommt in eine Welt, die unendlich vielschöner ist als diese hier. Die Geisterwelt ist euch dann ohne weiteres erreichbar.Ihr braucht sie übrigens gar nicht "Geisterwelt2 zu nennen, — mancher nimmtAnstoß an dieser Benennung; und schließlich ist ja jeder Er<strong>den</strong>mensch schon einGeistwesen. Man kann ja einfach von der Ebene des Höheren Daseins sprechen,oder sie auch "Himmel" nennen; aber der Himmel ist keine besondere Örtlichkeit.Wer sich vorstellt, er gehe in <strong>den</strong> Himmel, der muß diesen Himmel schon mitbringen,<strong>den</strong>n er ist ein Gemütszustand. Wer da leidet, ist in der Hölle, und vielehaben schwer zu ringen, um aus ihrer Hölle herauszukommen. Wer dagegenglücklich ist, ist im Himmel, — in dem Himmel, <strong>den</strong> jeder in sich trägt.Das einzige, was dem Unglücklichen und Kranken wirklich zu helfen vermag,ist die Erkenntnis seiner selbst. Wenn man sich selber richtig erkannt hat, dannwird man auch alle äußeren Verhältnisse zu meistern wissen.Wer da sagt: "Ich bin sehr krank", der zieht krankmachende Gewalten geradezuher<strong>bei</strong>, und dann dauert es gar nicht lange, bis aus der gedanklichen Vorstellungdie Krankheit auch äußerlich wirklich entsteht. Jeder Mensch ist ein Teil Gottes,des allgewaltigen Schöpfer. Darum hat auch jeder menschliche Gedanke Schöpferkraft.Schöpferische Kraft liegt also in jedem Menschen, und er kann sie nachder guten wie nach der schlechten Seite hin gebrauchen.Wer Sorge, Krankheit oder ein Leid mit sich herumträgt und nicht gelernt hat, esabzuschütteln, der bindet es immer fester an sich. Dann wird man nach und nachimmer empfindlicher, und es dauert gar nicht lange, dann zieht man Geister an,die nun auch ihrerseits <strong>den</strong> Menschen mit Krankheit und schlechten Gedankenbedrängen, so daß er schließlich ganz <strong>unter</strong> ihre Macht gerät.Zunächst muß man in seinem eigenen Innern Gott gefun<strong>den</strong> haben, dann hatman auch die Kraft, sich über Not und Leid zu erheben. — Sorge, Kummer,Krankheit, Besessenheit — über alles Elend kann man Herr wer<strong>den</strong>, wenn mannur erst hinter die Wahrheit gekommen ist; dann ist Christus in euch geboren,und ihr könnt alles überwin<strong>den</strong>.Wenn ihr nun Christum in euch gefun<strong>den</strong> habt, werdet ihr noch manchen Kampfzu bestehen haben. Andere wer<strong>den</strong> euch guten Rat geben wollen: "Tut dies oderjenes, das ist das einzig Vernünftige." Manche wer<strong>den</strong> sagen: "Erhebt euch überdas Irdische — darüber müßt ihr Herr wer<strong>den</strong>."Immer wieder wird es ein neues Kreuz geben, weil ja der Versucher da ist.Selbst wenn ihr zur rechten Selbsterkenntnis gekommen seid, so spricht dochder Versucher immer wieder zu euch: "Tu dies! Komm' mit mir, und ich will dirdie Welt mit all ihren Freu<strong>den</strong> zeigen."— 485 —


In jedem solchen Augenblick steht der Mensch am Kreuzwege, wo es sich zeigt,ob Christus wirklich in ihm geboren ist. Jesus, des Menschen Sohn, mußte amKreuz sterben, damit Christus, das innere Licht, auferstehen konnte.Wer erst dahin gelangt ist, der erkennt, daß alles seinen guten Zweck hat, undkann nichts als gänzlich schlecht betrachten. Schaut man zurück, dann siehtman, daß das, was uns als Unglück erschien, uns nur dazu gedient hat, Gott besserzu erkennen. Kann man es dann noch verwünschen? Nein! Denn ohne dieseschmerzliche Erfahrung wäre ja auch der letzte Schritt vorwärts gar nicht möglichgewesen.Ihr sollt auch eure Mitmenschen aufklären und ihnen helfen, daß sie mit euchvorwärts kommen. Wenn das jeder täte, wäre es in der Welt um vieles besserbestellt.Suchen wir immer gedanklich darauf hinzuwirken, daß doch alle Menschen sichbeherrschen lernen und zur rechten Einsicht kommen möchten. Ein jeder sollteernstlich danach trachten, auch die höheren Kräfte, die in Gottes Schöpfungwirksam sind, richtig kennen zu lernen. Nur durch die Ergründung seines eigenenWesens lernt der Mensch auch Gott kennen.Bevor ich gehe, möchte ich noch bemerken, daß das Zimmer hier voller erdgebun<strong>den</strong>erGeister ist. Ich spreche häufig zu ihnen, um ihnen zu helfen. HeuteAbend haben wir eine Schar von solchen hier, die wir gar nicht erwecken können,weil sie gar nicht imstande sind, uns zu sehen. Solange ein Geist noch ganzunwissend ist, kann er höhere Geister nicht sehen.So müssen wir sie <strong>den</strong>n hierher bringen. Und wenn ich dann durch diesen Körperspreche, hören sie mich. Von der geistigen Ebene aus konnten sie mich nichthören, eben weil ihr Begriffsvermögen für geistige Dinge noch nicht erschlossenist.Bei jeder Sitzung, die ihr hier abhaltet, sind weit mehr Geister als Er<strong>den</strong>menschenzugegen. Wenn sie hier miterlebt haben, wie ein erdgebun<strong>den</strong>er Geistsich des medialen Körpers bedient, dann war das für sie ihre erste Lehrstunde;und danach können wir sie erst mit in die Geisterwelt hinübernehmen und ihnenzu einem glücklicheren Dasein verhelfen.Wir sind in der Geisterwelt niemals müßig. Für <strong>den</strong> Geist gibt es keinen Stillstand.Gott erschafft durch Seine Gedanken beständig neue Wunder. Die Planetenstehen ja auch nicht still. Alles befindet sich in der Entwicklung. Auch unsermenschlicher Geist ist nie untätig, solange wir uns bemühen, uns fortzuentwickeln.Ich bin Dr. Root. Gute Nacht!— — —Mehrere <strong>Jahre</strong> hindurch ist von einer Truppe verstorbener Schauspieler durchmeine Frau als Medium zu verschie<strong>den</strong>en Malen ein Märchenspiel sittlichenInhalts aufgeführt wor<strong>den</strong>.— 486 —


Sie waren ihrer zwölf, elf Darsteller und ein Spielleiter, und zu ihren Lebzeitenrussische Slawen gewesen.Nach <strong>den</strong> Anweisungen ihres Spielleiters traten die einzelnen Darsteller ständigwechselnd so leicht und schnell in <strong>den</strong> Körper meiner Frau ein und wieder darausaus, daß das Wechseln der Rollen für die Sitzungsteilnehmer kaum zu merkenwar.Das Stück wurde in russisch-slawischer Sprache gespielt, einer Sprache also, diemeiner Frau nie im Leben zu Ohren gekommen war, die aber <strong>den</strong>noch durchihren Mund von diesen Darstellern fließend und fehlerlos gesprochen wird, wasvon verschie<strong>den</strong>en Personen, die dem Spiel <strong>bei</strong>wohnten und der Sprache mächtigsind, bestätigt wer<strong>den</strong> kann.Die Kostüme der Schauspieler, die für <strong>den</strong> Durchschnitt der menschlichenZuhörerschaft natürlich nicht sichtbar waren, sind von Hellsehern als echte russischeVolkstrachten und als sehr hübsch beschrieben wor<strong>den</strong>.Diese Schauspieler haben uns mit Hilfe eines der Führergeister meiner Frau überihr Sittendrama und seinen Zweck folgende Erklärung gegeben.Wir sind unser zwölf Schauspieler, die wir uns durch dieses Medium kundgeben,um <strong>den</strong> Beweis für die Möglichkeit des Geisterverkehrs zu erbringen undzu zeigen, daß die Geister vom Körper eines Menschen Besitz nehmen und sichin ihm äußern und bewegen können, wie einst in ihrem eigenen.Wir kommen, um <strong>den</strong> Menschen begreiflich zu machen, daß wir weiterlebenund nicht tot sind, sondern noch geradeso tätig sind wie einst auf Er<strong>den</strong>.Wir führen unser Stück in der Geisterwelt auf vor erdgebun<strong>den</strong>en Geistern, von<strong>den</strong>en viele nicht begreifen können, daß sie für das Er<strong>den</strong>leben gestorben sind.Wir fin<strong>den</strong> sie in der Erdsphäre und zwar oft in einem Halbschlaf.Tüchtige Musiker leiten unsere Aufführung ein mit einem musikalischen Vorspiel.Davon wer<strong>den</strong> die erdgebun<strong>den</strong>en Geister, einer nach dem andern, nocham ersten wach. Sie erheben sich langsam und wissen nicht, wo sie sind. Aberdie Musik läßt in ihnen doch die Ahnung von einem höheren Dasein aufkeimen.Dann führen wir unser Schauspiel auf, als Anschauungs<strong>unter</strong>richt für dieseGeister. Alle Rollen sind sinnbildlich zu verstehen, und das Stück lehrt, daßselbstsüchtige, gemeine und niedrige Eigenschaften überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> müssen,bevor die Geister vorwärts kommen können.Die weibliche Hauptrolle stellt die <strong>Liebe</strong> dar; die männliche ihren Liebhaber, dieWahrheit. Der Raufbold ist das Sinnbild der Selbstsucht; die zweite, ältere Liebhaberinstellt die Niedertracht dar; der Polizeibeamte die Gerechtigkeit und derRichter die Weisheit. Als gerichtliche Zeugen treten auf: Wissenschaft, Trunksucht,Not, Krankheit, Habsucht und grobe Gewalttätigkeit.Die junge Heldin "<strong>Liebe</strong>" hegt eine echte tiefe Neigung zu ihrem Hel<strong>den</strong>; siewohnt zusammen mit "Niedertracht", die von einer unerwiderten <strong>Liebe</strong>slei<strong>den</strong>-— 487 —


schaft zu "Selbstsucht" beherrscht ist. (Damit wird angedeutet, wie dicht oft imLeben Wahres und Falsches nebeneinander liegt.)"Wahrheit" kommt zu "<strong>Liebe</strong>" und wirbt um ihre Hand; sie gibt ihm ihr Ja Wort.Als er fortgeht, schleicht ihm "Selbstsucht", der "<strong>Liebe</strong>" für sich selber habenwill, nach.Als "Selbstsucht" Heiratsanträge von "<strong>Liebe</strong>" abgewiesen wor<strong>den</strong> waren, hatte"Niedertracht" sich alle er<strong>den</strong>kliche Mühe gegeben, ihn mit bestricken<strong>den</strong>Lockungen an sich zu ziehen. Darüber ist "Selbstsucht" erbost und droht ihr, siezu ermor<strong>den</strong>; er geht in heller Wut davon und schwört, seinen Nebenbuhler"Wahrheit" umzubringen.Dadurch aufs höchste geängstigt schreibt "<strong>Liebe</strong>" ihrem Geliebten einige Zeilender Warnung und schickt eiligst ihre Dienerin damit zu ihm. Doch sie kommtschon zu spät, <strong>den</strong>n "Selbstsucht" hat "Wahrheit" <strong>unter</strong>wegs überfallen und imZweikampf mit dem Schwerte tödlich verwundet."Wahrheit" stirbt eines qualvollen Todes, was die Vernichtung des höherenSelbst im Menschen durch die Selbstsucht versinnbildlichen soll.Die Dienerin eilt zu ihrer Herrin zurück und meldet ihr <strong>den</strong> Tod des Geliebten."<strong>Liebe</strong>" eilt auf <strong>den</strong> Kampfplatz und fällt neben dem toten Geliebten auf dieKnie. Unter Gebet zieht sie dann ihren Dolch und gibt sich selbst <strong>den</strong> Tod.Als "Selbstsucht" nun sieht, daß sowohl "Wahrheit" als auch "<strong>Liebe</strong>" tot sind,wird er rasend vor Wut, erklärt, es gäbe keinen Gott, und schwört, furchtbareRache zu nehmen.Ein Polizeibeamter "Gerechtigkeit" kommt darüber hinzu; er legt dem MörderHandschellen an und nimmt ihn in Gewahrsam. Darauf erfolgt die Beerdigungder <strong>bei</strong><strong>den</strong> <strong>Liebe</strong>n<strong>den</strong>."Gerechtigkeit" führt "Selbstsucht" vor <strong>den</strong> Richter "Weisheit", und <strong>bei</strong> derGerichtsverhandlung bezeugen Wissenschaft, Trunksucht, Not, Krankheit, Habsuchtund Gewalttätigkeit, daß "<strong>Liebe</strong>" und "Wahrheit" nicht gestorben wären,wenn "Selbstsucht" nicht gewesen wäre.Daraufhin verurteilt "Weisheit" <strong>den</strong> Verbrecher "Selbstsucht zu ewiger Verbannung."— — —Auch <strong>bei</strong> einer Sitzung in unserer Anstalt im Mai 1923, an welcher Sir ArthurConan Doyle und seine Gattin teilnahmen, wurde dieses Schauspiel aufgeführt,und später hat Sir Arthur in seinem Buche "Unser zweites Amerika-Abenteuerdie Aufführung kurz beschrieben und darüber folgendes ausgeführt:"Es war ganz wahrhaftig eine außeror<strong>den</strong>tliche Leistung und hat uns alle in staunendeBewunderung versetzt …"Ich habe alle großen Schauspielerinnen meiner Zeit gesehen, die Modjeska, dieBernhardt, die Duse, die Terry — aber ich glaube nicht, daß eine von ihnen— 488 —


imstande gewesen wäre, diese elf verschie<strong>den</strong>en Rollen, ohne Bühne und ohnejegliches Kostüm, in solch überzeugender Weise zu spielen."Wie die Geister selbst angeben, sind sie eine Truppe verstorbener Schauspieler,die dies Stück vor unentwickelten Verstorbenen aufführen, um ihnen die Grundbegriffeder Sittlichkeit <strong>bei</strong>zubringen. Und sie bedienen sich da<strong>bei</strong> der hervorragen<strong>den</strong>medialen Fähigkeiten Frau Wicklands, um uns, <strong>den</strong> menschlichen Sitzungsteilnehmernihr Können zu beweisen. Es war höchst eindrucksvoll."Kürzlich haben dieselben Geister durch meine Frau ein anderes Schauspiel zurAufführung gebracht, das <strong>unter</strong> dem Titel "Der Seele Lei<strong>den</strong>sweg" die Entwicklungder Seele versinnbildlicht.In dem Sittenmärchen war "Selbstsucht" der Mörder des Hel<strong>den</strong> "Wahrheit" undauch Urheber des Todes der Heldin "<strong>Liebe</strong>", während in "Der Seele Lei<strong>den</strong>sweg"Wahrheit und <strong>Liebe</strong> über Selbstsucht triumphieren."Der Seele Lei<strong>den</strong>sweg" stellt <strong>den</strong> Kampf der Seele mit <strong>den</strong> niederen Kräftendar und versinnbildlicht die Verfolgung des Lichts, <strong>den</strong> Sieg der Wahrheit und<strong>Liebe</strong> über die Selbstsucht durch das Licht der Erkenntnis und die Erlangung derSeligkeit.Güte und Freundschaft wohnen im Hause des Glücks und haben Gehorsam zumDiener; sie sind die Eltern des jungen Mädchens "<strong>Liebe</strong>".Wahrheit, ein junger Mann, liebt <strong>Liebe</strong>; während Selbstsucht, ein anderes Mädchen,welches mit <strong>Liebe</strong> verkehrt und deren Eltern, Haß und Neid, im Hause desUnglücks wohnen, dreiste Versuche macht, <strong>den</strong> jungen Mann an sich zu ziehen.Wahrheit gewinnt schließlich <strong>Liebe</strong> und heiratet sie, nachdem sie Selbst aus demelterlichen Hause des Glücks gewiesen haben.Selbstsucht, voller Eifersucht und schwer gekränkt, geht in die Verbrecherviertel,um sich ein Werkzeug für ihre Rache zu suchen. Dort lebt im Hause desElends der Bösewicht Rache mit seinen Eltern, Versuchung und Bosheit.Mit der Zeit hecken sie folgen<strong>den</strong> Plan aus: Selbstsucht soll, Reue heuchelnd, indas Haus des Glücks zurückkehren und dort eine Gelegenheit abpassen, dasKind Licht zu rauben, das inzwischen dem glücklichen Ehepaar <strong>Liebe</strong> undWahrheit geboren ist.Das Kind soll Bosheit übergeben wer<strong>den</strong>, die es in Schmutz und Gemeinheitaufziehen, zu strafbaren Handlungen zwingen und schließlich ins Gefängnisbringen soll.Dann will Selbstsucht zu <strong>Liebe</strong> und Wahrheit gehen und ihnen erzählen, in welcheSchande ihr Kind Licht geraten, um dann in hämischer Scha<strong>den</strong>freude <strong>den</strong>Untergang des Hauses des Glücks mitanzusehen.Es gelingt Selbstsucht auch, das Kind zu rauben; es wird mehrere <strong>Jahre</strong> von Versuchungund Bosheit grausam mißhandelt, aber zuletzt doch von seinen Elternentdeckt und aus dem Hause des Elends herausgeholt.— 489 —


Selbstsucht, wütend über ihren Mißerfolg, wird vor Ärger wahnsinnig und stirbteines gewaltsamen Todes. — Wahrheit und <strong>Liebe</strong> holen ihr Kind Licht ins Hausdes Glücks zurück und leben dort nach Selbstsuchts unrühmlichem Untergangzusammen in Glück und Freude.*— 490 —


SchlußDurch planmäßige Versuche läßt sich deutlich dartun, daß vieles, was heutenoch geheimnisvoll erscheint, sehr wohl zu erforschen und ans Licht zu bringenist, wenn man nur die richtigen Wege dafür einschlägt. "Das Übernatürliche istnichts anderes als das uns noch unbekannte Natürliche."Die Erforschung der medialen Erscheinungen sollte auf wissenschaftlicheGrundlagen gestellt und in vernünftige und zuverlässige Bahnen gebracht wer<strong>den</strong>dadurch, daß man alle die Geister auszuschalten sucht, die sich an derSchwelle zum Jenseits herumdrücken und aus Unwissenheit oder in betrügerischerAbsicht die Wahrheit entstellen, welche höhere Geister der Menschheitklar zu machen ständig sich bemühen.Vom Jenseits her geben sich fortgeschrittene Geister alle Mühe, weitherzigeForscher hier auf Er<strong>den</strong> als Mitar<strong>bei</strong>ter zu gewinnen, um für gemeinsameZusammenar<strong>bei</strong>t von <strong>bei</strong><strong>den</strong> Seiten in Irrenhäusern, Kirchen, Universitäten undanderen Anstalten Forschung ins Leben zu rufen.Die Forschung auf dem Gebiete der medialen Erscheinungen gehört durchaus indie Hände von Wissenschaftlern und erfordert Männer, die bereit sind, alle Vorurteile<strong>bei</strong>seite zu setzen, um unbefangenen Sinnes die Erscheinungen prüfenund die Ergebnisse ordnen zu können.In der Chicago Daily Tribune vom <strong>30</strong>. März 1905 hat der verstorbene Dr. J.K.Funk, New York, die Forderung erhoben, daß alle Fälle von besonderen geistigenErscheinungen genau <strong>unter</strong>sucht wer<strong>den</strong> müßten, und schließt nach einemHinweis auf unsere Ar<strong>bei</strong>t und unseren Kampf gegen die Besessenheit mit einerMahnung an die Presse, weitere Forschungen in dieser Richtung zu fördern."Man be<strong>den</strong>ke doch", schreibt er, "daß ein einziger wissenschaftlicher Nachweisvon dem Vorhan<strong>den</strong>sein eines Geistes, und sei es auch nur eines bösen, mehrBeweiskraft für die Fortdauer des Lebens nach dem Tode an sich hat, als allePredigten über Unsterblichkeit, die in <strong>den</strong> letzten 10 <strong>Jahre</strong>n gehalten wor<strong>den</strong>sind. Ein einziger solcher Nachweis wäre der Todesstoß für <strong>den</strong> Materialismus."Wo auch immer derartige Fälle in die Erscheinung treten, sollte ihnen von derPresse eifriger nachgegangen wer<strong>den</strong> als <strong>den</strong> größten Goldfun<strong>den</strong>. SolcheErscheinungen müßten so genau wie möglich beobachtet, beschrieben und derWelt mit allem Ernst und nicht zu vergnüglicher Unterhaltung bekannt gegebenwer<strong>den</strong>."Weshalb will die Presse nicht ernstlich heran an dieses Gebiet? Richtig behandeltwäre das eine Aufgabe, durch deren Übernahme sich die Zeitungswelt einegeradezu königliche Würde verdiente."Gladstone hatte sehr recht, als er in <strong>den</strong> Rundbriefen an die Mitglieder derGesellschaft für mediale Forschung schrieb, daß diese Forscherar<strong>bei</strong>t die wich-— 491 —


tigste Aufgabe in der ganzen Welt, ja die weitaus allerwichtigste Aufgabe überhauptsei."Wissenschaftliche Körperschaften, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die walten<strong>den</strong>Gesetze gründlichst zu erforschen, könnten mit Leichtigkeit ähnlicheTatsachen sammeln, wie das vorliegende Buch sie bietet. Ganz besonders reichwürde die Ausbeute an solchen Tatsachen und Erscheinungen wer<strong>den</strong> in Irrenanstalten,deren Insassen fast durchwegs stark medial veranlagt sind, und zubrauchbaren Werkzeugen für mediale Forschung erzogen wer<strong>den</strong> könnten.Die niederen Besessenheitsgeister müßten ausgetrieben wer<strong>den</strong>, dann wür<strong>den</strong>sich die medialen Fähigkeiten der Kranken richtig entfalten lassen. Denn fortgeschritteneGeister sind jeder Zeit bereit, vom Jenseits her da<strong>bei</strong> mitzuhelfen unddie so gewonnenen Medien gegen niedere Geister und ihre täuschen<strong>den</strong> Einflüssezu schützen.Sitzungen zum Zwecke medialer Forschung, um hinter <strong>den</strong> Sinn des Lebens zukommen und das Vorhan<strong>den</strong>sein von Geistern nachzuweisen, wären auch vonunschätzbarem Wert für die Kirchen. Denn derartige Feststellungen wür<strong>den</strong> dasFortbestehen der Seele überzeugend beweisen und das bloße Glauben und Fürwahrhaltenzu einem endgültigen Wissen vom Jenseitsleben machen.Man dürfte sich jedoch nicht darauf versteifen, irgendwelche bestimmten Geisterrufen zu wollen, weil das nur niederen und böswilligen Geistern Gelegenheitgibt, die Menschen zu täuschen. Denn dann treten leicht Lügengeister in dasMedium ein und spielen sich als <strong>den</strong> Geist auf, <strong>den</strong> man hat sprechen wollen.Es muß grundsätzlich <strong>den</strong> Führungsgeistern des Mediums überlassen wer<strong>den</strong>, zuentschei<strong>den</strong>, was für ein Geist jeweils zu einer Kundgebung zugelassen wer<strong>den</strong>darf. Erklärungen und Gründe für ihre Entscheidungen pflegen die fortgeschrittenenGeister von Zeit zu Zeit ganz von selbst zu geben und machen damit <strong>den</strong>Unterschied zwischen sich selbst und <strong>den</strong> unwissen<strong>den</strong> Geistern deutlich.Als Ausgangspunkt für immer umfassendere Untersuchungen ist das NationaleInstitut für mediale Forschung mit Sitz in Los Angeles, Kalifornien, geschaffenwor<strong>den</strong>, um diese Fragen auf eine zuverlässige wissenschaftliche Grundlage zustellen. Diese Anstalt — ein geistiges Abrechnungshaus — will keinerleiBelange einer Kirche oder eines Ismus irgendwelcher Art vertreten, sonderngeht lediglich darauf aus, Tatsachen zu sammeln. Und wir hoffen, daß sichdadurch andere Körperschaften wer<strong>den</strong> ermutigen lassen, in gleicher Weise dieForschungsar<strong>bei</strong>t aufzunehmen, wie wir sie mit unseren Sitzungen auf diesemvöllig unermeßlichen Feld eröffnet haben.Wir behaupten weder, noch glauben wir, mit diesem Forschungswege ein Allheilmittelentdeckt, oder eine vollkommene Erklärung für alle geistigen Störungen,oder geheimnisvollen menschlichen Verirrungen gefun<strong>den</strong> zu haben. Es istaber sicherlich ein Weg, auf dem man einsehen lernt, wie ungeheuer wichtig esist, gründlicher Bescheid zu wissen über die Rolle, welche die unsichtbare Weltfür alle menschlichen Angelegenheiten spielt.— 492 —


InhaltsverzeichnisVorwort..................................................................................................................4Einführungskapitel des Übersetzers, Wesen, Gefahren und Segen des medialenGeisterverkehrs....................................................................................................11Wechselseitige Beziehungen der <strong>bei</strong><strong>den</strong> Welten.................................................25Seelenkundliche Forschungen.............................................................................39Unterbewußtsein und Auto-Suggestion, Unhaltbare Hypothesen.......................48Verhältnisse der Er<strong>den</strong>-Sphäre und magnetische Aura.......................................86Quälgeister. Ehestörungen.................................................................................119Geister und Verbrechen.....................................................................................146Geister und Selbstmord.....................................................................................168Geister und Rauschgifte, Trunksucht, Gedächtnisverlust.................................194Körperliche Gebrechen aus seelischer Ursache................................................234Waisen...............................................................................................................257Materialismus und Gleichgültigkeit gegenüber geistigen Dingen....................276Eigensucht.........................................................................................................<strong>30</strong>7Rechtgläubigkeit................................................................................................345Christliche Wissenschaft...................................................................................388Theosophie........................................................................................................418Philosophie........................................................................................................451Schluß................................................................................................................491_______ * _______[VH-LIF 2009]— 493 —

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