026 PAGE 05.13 TITEL Krisenmanagement?»Niemals aufhörennachzudenken«Sascha Hanke, Executive Creative Director beiKolle Rebbe, HamburgDie Arbeit an einem Projekt kann man mit Wäschewaschenvergleichen: Ich lasse die Aufgabenstellung zunächstgedanklich einwirken. So wie man das vor demWaschen mit einem Fleckenmittel auf einem Fleck macht.Das bedeutet, ich beschäftige mich sehr intensiv mit einerAufgabe, aber nur für kurze Zeit. Dann lege ich das Briefingzur Seite. Mein Unterbewusstsein fängt an, sich damitzu beschäftigen. Es entstehen erste Gedanken, dieWä sche beginnt. Kurz vor der Präsentation schalte ich denSchleudergang ein und presse alle Gedanken aus mir heraus.In der Regel ist eine frische Idee entstanden, die vomKunden hoffentlich nicht zu stark glattgebügelt wird.Inspiration kommt von überall und nirgends. Sie kannauch ein Scheibe Toast sein. Kommt ganz drauf an. Meinegroße Leidenschaft ist Musik. Ich höre immer Musik. Anzwei ter Stelle folgt Filmegucken. Storytel ling, Fantasie,Dra ma – das sind die besten Inhaltsstoffe für tolle Ideen.Das Wichtigste, wenn einem nichts einfällt: Niemalsaufhören nachzudenken. Einfach weitermachen, weiterschreiben,sich in Trance schreiben. Mein Kopf, unsereKöpfe, stecken voller Ideen. Unendlich vielen Ideen. Ichhabe die Erfahrung gemacht, dass es hilft, sich ein Musikstückanzuhören, einen Song, der die Stimmung desBrie fings einfängt. Müsste ich mir zum Beispiel eine Ideefür Rolls-Royce ausdenken, würde ich Louis Armstrong»What a wonderful world« anhören. Für ein Nike-Running-Brie fing würde ich mal das letzte Skrillex-Album testen.Da entstehen sofort Bilder im Kopf.Mir fälltnichts ein:was hilft?Jedes Projekt beginnt mit einemwei ßen Blatt Papier oder Bildschirm.Das ist aufregend, manchmal aber auchetwas beängstigend – vor allem, wenneinem partout nichts einfallen will. DrohendeDeadlines und ungeduldige Kundenversetzen einen zusätzlich in Pa nik.BDG-Präsident Chris tian Büning rät zurBeruhigung dazu, immer eine Ver sionzu konzipieren, die gut genug wäre, siezu präsentieren: »Das muss kein gro ßerWurf sein, sondern dient haupt säch lichdazu, den ers ten Druck wegzu nehmen.Danach kann man sich darum kümmern,etwas zu finden, das genial ist.«Wie man an einen Job herangehtund wo man Inspiration findet, istletztlich sehr individuell. Caspar Wündrich,Kommunikationsdesigner in Bonn,setzt zum Beispiel auf die intensive Beschäftigungmit dem Produkt, derDienstleistung oder der Zielgruppedes Kunden: »Ich halte nichts davon,darauf zu warten, dass einen die Museküsst. Inspiration kommt automatisch,wenn man sich ausgiebig mit einemThema auseinandersetzt.« Es schadeaber auch dabei nicht, mal raus ausdem Büro zu gehen und an andereDinge zu denken. »In jedem Fall rateich davon ab, in Designblogs und -büchernnach ähnlichen Arbeiten zuschau en. Die kriegt man nicht mehraus dem Kopf und kopiert sie – obman will oder nicht«, so Wündrich.Auch Musik und Bewegung könnenKreativen helfen, einen freien, klarenKopf zu bekommen. Nicht zufällig stehenin vielen Agenturen Kickertischeoder Tischtennisplatten.Für größere Teams eignen sich auchKreativitätsworkshops. Shaida Wiese,Beraterin und Coach in Hamburg, gibtsolche Kurse meist vor gro ßen Pitchesoder Präsentationen: »Erfahrungsgemäßbringt ein Training mehr, wennman an einem konkreten Job arbeitetund das Gelernte gleich anwendenkann.« Sie bekommt meist das Briefingfür den Pitch vorab zugeschicktund wählt anhand der Aufgabenstellungpassende Methoden aus. »Kreativitätstechnikenkönnen dabei helfenaus Denk-Einbahnstraßen herauszukommen«,erklärt Wiese.Wie bei vielen anderen Feldern hilftauch bei der kreativen Arbeit häufigschlicht die Übung. »Wer schon immergerne kreativ gewesen ist, dem gehendie Ideen nicht aus«, meint Lars Harmsen,Gründer von Magma Brand Designin Karlsruhe. »Je besser man eineSache beherrscht, umso einfacherkann man sie abrufen – und es falleneinem Möglichkeiten ein, Neuland zubetreten und etwas zu riskieren.« Dassei zusätzlich eine Sache des Selbstbewusstseins:»Man darf sich nicht vonvorne he rein schon fürchten, einerAufgabe nicht gewachsen zu sein. Einfacherst mal machen und selber ausprobieren«,rät er. »Eine Kunstausstellung,ein Theaterstück oder ein Film inspirierenmich viel mehr als Grafikbücher.Es fasziniert mich, Dinge zusammenzubringen,die eigentlich überhauptnicht zusammengehören. Ganzoft las se ich mich in meiner Arbeit vomZufall leiten. Der Un fall ist eine schöneQuelle für Inspiration.«
PAGE 05.13 027Ich steuere auf ein Burn-out zu:wie kriege ich das in den Griff?»Stress ist bei richtiger Dosierungsehr gesund. Wenn viel los ist, wennspannende Aufträge da sind und wenngute kreative Arbeit möglich ist, dannist das positiver Stress«, erklärt AnneBrit Maier, Businesscoach aus Hamburg.»Zudem kommt, dass viele Kreative dazuneigen, unter Zeitdruck besondersgern und effektiv zu arbeiten.« Doch inmanchen Fällen schlägt der positiveStress in chronischen um. »Das nächsteProjekt wird eben nicht freudig erwartet.Alle Aufgaben sind zu groß und gefühlteigentlich nicht mehr zu bewäl tigen«,beschreibt Maier diesen Zustand.Kritisch wird es, wenn sich die Anzeichenfür ein Burn-out mehren. Dazugehören Antriebslosigkeit, das Gefühlständiger Überforderung, Gereiztheit,Schlafstörungen und die Unfähigkeitabzuschalten. Hier können präventiveStrategien helfen: Perfektionismus imZaum halten, Nein sagen lernen, bewusstvom Job auf Freizeit umschalten,Einschränkung des Internet- und TV-Konsums, Sport, gesunde Ernährungund Entspannungsübungen lauten einigeTipps von Maier. Ein Coaching kannhelfen, die individuellen Ursachen fürdas Gestresstsein herauszufinden undGegenmaßnahmen zu entwickeln.Auch ein gutes Zeitmana ge mentspielt eine große Rolle für entspanntesArbeiten (siehe Tipps rechts). »Wichtigist, dass man realistisch kalkuliert, wieviel man schaffen kann«, sagt BDG-Präsident Christian Büning. »Solltetrotz dem mal etwas nicht klappen,muss man das rechtzeitig kommunizierenund kann so meist ein bisschenDruck rausnehmen.« Besonders zu Beginneiner Karriere als Selbstständigerkann es sehr schwer sein, Aufträ ge abzulehnen.Ständig schwingt die Angstmit, das Jahrhundertprojekt zu verpassen.Diese Erfahrung hat auch Till Nowakgemacht: »Ich neige dazu, zu vielanzunehmen, und fühle mich dann getrieben«,so der Hamburger Kreati ve.»Doch dann habe ich gelernt, wie befreiendes sein kann, Nein zu sagen.«Wird die Situation trotz allem nichtbesser, muss man eine Pause einlegen.Das ist besonders für selbstständigeDesigner schwer, da sie meist allein fürdie Realisation eines Projekts verantwortlichsind. »In der Regel scha det esaber nicht, wenn man mal drei Tage unerreichbarist – sofern man es ankündigt«,sagt Büning. Steuert man nichtrechtzeitig gegen, kann es zum Burnoutund (zeitweiser) Arbeitsunfähigkeitkom men. Dann hilft nur der Hausarzt,der einen an einen Experten überweist.Manchmal ist ein Klinikaufenthalt nötig,oft aber nur eine ambulante Therapie.Um wieder in den Job zurückzufinden,kann erneut ein Coaching helfen.Zeitmanagement-TippsFünf Ratschläge von Cordula Nussbaum, Coach undExpertin für kreatives Zeit- und Selbstmanagement1Bestimme deinen Hirntyp: Es gibt verschiedeneTypen von Menschen. Der eine arbeitet gerne mitListen und Tabellen und bekommt damit Strukturin seine Arbeit. Das ist der Systematiker, der hauptsächlichvon der linken Gehirnhälfte gesteuert wird. Der andereTyp – der kreative Chaot, der von der rechten Gehirnhälfedominiert wird – kommt damit überhaupt nichtweiter. Dieser braucht zur Orientierung Farben undSamm lungen. Finden Sie heraus, welcher Typ Sie sind,zum Beispiel mit dem Selbstcheck unter www.kreativechaoten.com. Darauf aufbauend können Sie nach individuellenAnsätzen suchen, sich zu organisieren.2Aufgaben definieren und umsetzen: Was ist fürdas Erledigen Ihrer Aufgaben wichtig? SammelnSie auf einem Blatt Papier alles, was Sie erreichenwollen. Wenn Sie alles notiert haben, suchen Sie die dreibis fünf wichtigsten Punkte heraus, die Sie möglichstschnell umsetzen wollen. Verfeinern Sie diese Wünschemit der PIDEWaWa-Methode, um daraus echte Ziele zuformulieren.P – Positiv: Formulieren Sie positiv.I – Ist-Zustand: Formulieren Sie in der Gegenwart undklar.D – Detailliert: Formulieren Sie konkret und messbar.E – Erreichbar: Suchen Sie sich realistische Ziele.Wa – Wann: Legen Sie einen Zeitrahmen fest.Wa – Warum: Begründen Sie, warum Sie ein Ziel erreichenwollen.Schreiben Sie die Sätze auf einen Zettel, und hängen Siediesen so auf, dass Sie ihn immer im Blick haben.3Zeitinseln schaffen: Bauen Sie Zeitinseln in IhrenAlltag ein. Blocken Sie sich gezielt Zeiten, an denenSie Ihre eigenen Aufgaben erledigen können.4Klare Worte wählen: Prioritäten setzen heißt Jaund Nein sagen. Wir sagen aber im Alltag viel zuoft Ja, obwohl wir lieber Nein sagen würden. Wirwollen schließlich gemocht werden. Und das ist auch gutso – bis zu dem Punkt, an dem das Nettsein an die eigeneSubstanz geht. Wählen Sie gedanklich ein schönes »Geschenkpapier«,mit dem Sie künftig ein Nein ver packen.So könnten Sie etwa einen späteren Termin vorschlagen.5Netzwerken: Viele Menschen treten beruflichauf der Stelle oder kommen ihren Lebenszielennicht oder nur mühsam näher, obwohl sie guteLeistungen bringen. Nehmen Sie sich eventuell zu wenigZeit für Networking? Kontaktpflege ist der Geheimtippfür effektives und elegantes berufliches Vorankommen,da Sie schnell an Wissen kommen und unkompliziertUnterstützung erhalten. Bauen Sie nach und nach IhrNetzwerk aus netten und inspirierenden Menschen auf.Das geht auch ganz hervorragend über virtuelle Plattformenwie XING oder Facebook.