Naturerleben - Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW
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Flächenrecycling zur nachhaltigen Flächenentwicklung<br />
Workshop am 11. Oktober 2011 in Recklinghausen<br />
In den vergangenen Jahren wurden in Nordrhein-<br />
Westfalen täglich r<strong>und</strong> 15 Hektar Flächen mit Siedlungen<br />
<strong>und</strong> Straßen bebaut. Der Anteil der für den Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Verkehrswegebau genutzten Flächen liegt mittlerweile bei<br />
mehr als einem Fünftel (22,4 Prozent) der gesamten<br />
Landesfläche. Etwa 50 Prozent der Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Verkehrsflächen sind vollständig versiegelt. Vor allem landwirtschaftliche<br />
Nutzflächen sind hiervon betroffen. Die<br />
Ursachen für den Flächenverbrauch sind vielschichtig. Der<br />
Workshop zeigte Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertretern aus<br />
Kommunen, <strong>Natur</strong>schutz <strong>und</strong> Planungsbüros vielgestaltige<br />
Strategien <strong>und</strong> Maßnahmen aus <strong>NRW</strong> zur Reduzierung<br />
der Flächeninanspruchnahme auf.<br />
„Haus im Grünen“ bleibt beliebt<br />
Der Psychologe Jochen Nuss (FU Berlin) stellte die Ergebnisse<br />
einer Befragung zum Thema „Flächensparen ist gut –<br />
Haus im Grünen besser“ vor. Dabei zeigte sich, dass die<br />
Bevölkerung das Problem des Flächenverbrauchs nicht<br />
kennt, das Thema aber für wichtig hält. Trotzdem würden<br />
die meisten Befragten ein Haus im Grünen bauen. Sowohl<br />
Experten als auch die befragte Bevölkerung waren skeptisch,<br />
ob das Ziel der B<strong>und</strong>esregierung (der Flächenverbrauch<br />
sinkt auf 30 Hektar pro Tag im Jahr 2010) realistisch<br />
sei. Sie erwarten eher einen Verbrauch von 50 Hektar<br />
pro Tag.<br />
Flächenverbrauch in <strong>NRW</strong> steigt weiter an<br />
Dr. Heinz Neite vom LANUV erläuterte die Entwicklung des<br />
Flächenverbrauchs in <strong>NRW</strong>. Die Zunahme an Flächen für<br />
Siedlung, Gewerbe <strong>und</strong> Verkehr geht vor allem zu Lasten<br />
landwirtschaftlicher Flächen. Die landwirtschaftlich genutzte<br />
Fläche in Nordrhein-Westfalen hat von 1996 bis 2010<br />
um 909 km 2 abgenommen. Dies entspricht in etwa der<br />
Gesamtfläche der Städte Köln, Leverkusen <strong>und</strong> Düsseldorf<br />
zusammen. Umgerechnet bedeutet dies für die Landwirtschaft<br />
in <strong>NRW</strong> einen täglichen Verlust von 17,8 Hektar.<br />
Als Folgen des Flächenverbrauches wurden u.a. eine erhöhte<br />
Hochwassergefahr, eine Verschlechterung des Stadtklimas<br />
oder eine Zerschneidung von Landschaften genannt.<br />
Das Flächenrecycling alter Industriestandorte, die<br />
Nutzung von Brachflächen <strong>und</strong> das Schließen von Baulücken<br />
sind einige Maßnahmen zur Reduzierung des<br />
Flächenverbrauchs.<br />
Nachhaltige Gewerbeflächen-Entwicklung<br />
Nannette Hoof vom MKULNV <strong>und</strong> Dr. Frank Betker vom<br />
ILS stellten ein Modellprojekt zur nachhaltigen Gewerbeflächenentwicklung<br />
in <strong>NRW</strong> durch Revitalisierung von<br />
Brach- <strong>und</strong> Bestandsflächen vor. Die Bürgermeister der beteiligten<br />
Kommunen <strong>und</strong> Kreise haben eine Erklärung unterzeichnet,<br />
durch eine geeignete Planung eine Balance zwischen<br />
ökologischem, ökonomischem <strong>und</strong> sozialem Nutzen<br />
für Gewerbeflächen zu entwickeln. Bei den Maßnahmen<br />
gehe es u.a. um Revitalisierung, Nachverdichtung,<br />
Neuausweisung, Qualitätssicherung, Energiegewinnung,<br />
Nachnutzung <strong>und</strong> einen virtuellen Gewerbeflächenpool.<br />
Flächenrecycling durch Altlastensanierung<br />
Wolf-Dietrich Bertges vom LANUV referierte über den Beitrag<br />
der Altlastensanierung zum Flächenrecycling. In <strong>NRW</strong><br />
sind zahlreiche Altstandorten <strong>und</strong> Altablagerungen bekannt,<br />
die insbesondere zu Risiken für Böden, Nutzpflanzen,<br />
Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> Mensch führen können. Bis heute<br />
wurden landesweit etwa 75.000 altlastenverdächtige Flächen<br />
<strong>und</strong> Altlasten erfasst, von denen bisher ca. 25 Prozent<br />
bewertet wurden. Davon wurden über 6.000 Flächen<br />
saniert <strong>und</strong> wieder verfügbar gemacht. Das LANUV ermittelt<br />
die fachlichen Gr<strong>und</strong>lagen zur Sanierung von Altlasten,<br />
berät Landesinstitutionen <strong>und</strong> ermittelt den Stand der<br />
Sanierungstechnik – Aufgaben, die in Zukunft ausgeweitet<br />
werden sollten.<br />
Beispielhafte Sanierungsprojekte in <strong>NRW</strong><br />
Martina Stall von der Stadt Willich beschrieb das<br />
Flächenrecycling der ehemaligen Seidenweberei Schiefbahn,<br />
das 2008 nach 6 Jahren abgeschlossen werden<br />
konnte. Heute liegt dort ein hochwertiges Wohngebiet,<br />
das ohne öffentliche Förderung <strong>und</strong> unter Wahrung denkmalgeschützter<br />
Gebäude entstanden ist. Die Firma, die<br />
das Gelände zwischenzeitlich nutzte, finanzierte als Verursacherin<br />
die Beseitigung der Altlasten. Das Projekt<br />
bekam 2009 den Bodenschutzpreis des Landes <strong>NRW</strong>.<br />
Hubert Nobis, Stadt Wuppertal, stellte den ehemaligen<br />
Steinbruch Eskesberg in Wuppertal vor, aus dem zunächst<br />
eine Deponie <strong>und</strong> nach dem Flächenrecycling im Jahre<br />
2005 ein <strong>Natur</strong>schutzgebiet geworden ist. Am Rande wurden<br />
Wohnhäuser errichtet. Die Deponie wurde mit Kunststofffolie<br />
abgedichtet, auf die nährstoffarmer Rohboden aufgetragen<br />
wurde. Heute umfasst das 5 ha große Gebiet<br />
Trockenstandorte <strong>und</strong> zwei Kleingewässer mit vielen Pflanzen<br />
<strong>und</strong> Tieren, darunter 26 Rote-Liste-Arten. Eine offensive<br />
Öffentlichkeitsarbeit führte zu einem allgemeinen Konsens<br />
mit Bürgern <strong>und</strong> Politikern. Das Projekt hat in diesem Jahr<br />
den Bodenschutzpreis des Landes <strong>NRW</strong> erhalten.<br />
(G.Hellmann, H. Neite)<br />
Flächenrecycling<br />
Dr. Thomas Delschen (LANUV) vermisst<br />
die Umsetzung vorhandener<br />
Ideen zum Flächensparen<br />
Foto: G. Hellmann<br />
Am Eskesberg in Wuppertal<br />
wurde ein vormals als Deponie<br />
genutzter Steinbruch nach dem<br />
Flächenrecycling zum wertvollen<br />
<strong>Natur</strong>schutzgebiet. Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>und</strong> Umweltbildungsangebote<br />
schafften Zustimmung in der<br />
Bevölkerung.<br />
Fotos: Stadt Wuppertal<br />
43/2011<br />
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