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Entlockungen von Ehrlichkeit - Stochastik in der Schule

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wortetP(X = 1) = πp + (1 − π)(1 − p).Nun bezeichne n die Anzahl <strong>der</strong> befragten Schülerund n 1 die Zahl <strong>der</strong> ‘Ja’-Antworten, so dass <strong>der</strong> Anteil<strong>der</strong> ‘Ja’-Antworten n 1 /n beträgt. Wenn wir dannfür die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit als Näherung die relativeHäufigkeit e<strong>in</strong>setzen, erhalten wirn 1n= ˆπp + (1 − ˆπ)(1 − p),wobei ˆπ <strong>der</strong> Maximum-Likelihood-Schätzer für πist. Vorausgesetzt das Experiment ist so gestaltet,dass p ≠ 0,5, dann beträgt <strong>der</strong> geschätzte Anteil <strong>von</strong>Schülern die geschummelt habenˆπ = n 1/n + p − 1.2p − 1In obigem Beispiel beträgt die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,e<strong>in</strong>e Kreuzkarte zu ziehen 0,25. Falls daher zum Beispiel65 <strong>von</strong> 100 Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit ‘Ja’geantwortet haben, ist ˆπ = 0,20; dieser Schätzwertewürde bedeuten, dass 20% <strong>der</strong> Schüler geschummelthaben und es im Geheimen gestanden haben.Dennoch hat ke<strong>in</strong>er öffentlich irgende<strong>in</strong> Fehlverhaltengestanden.E<strong>in</strong> zweiter, vielleicht e<strong>in</strong>facherer Zugang zu demselbenProblem ist das Zwei-Fragen-Modell, das e<strong>in</strong>ezweite beziehungslose Frage mite<strong>in</strong>bezieht. Wie<strong>der</strong>umwird e<strong>in</strong> Stapel Spielkarten e<strong>in</strong>gesetzt, und dieSchüler werden aufgefor<strong>der</strong>t, falls sie e<strong>in</strong>e Kreuz-Karte ziehen, die Frage zu beantworten “Hast Dubei <strong>der</strong> Klausur geschummelt?”. Falls sie irgende<strong>in</strong>ean<strong>der</strong>e Karte ziehen, beantworten sie e<strong>in</strong>e harmloseFrage, die unvermeidlich mit ‘Ja’ zu beantwortenist, wie z.B. “Gehst Du zur <strong>Schule</strong>?”. E<strong>in</strong>e‘Ne<strong>in</strong>’-Antwort offenbart hier unvermeidlich, dass<strong>der</strong> Schüler nicht geschummelt hat, aber das sollteke<strong>in</strong>e Verlegenheit provozieren. An<strong>der</strong>erseits kannnichts aus e<strong>in</strong>er ‘Ja’-Antwort gefolgert werden. Indiesem Modell können wir erwarten, dass pn Schülerdie sensible Fragen erhalten; an<strong>der</strong>erseits erwartenwir, dass (1− p)n Schüler die harmlose Frage gestelltbekommen, und sie sollten sie alle mit ‘Ja’ beantworten.Bezeichnen wir mit n 1 wie<strong>der</strong>um die Zahl <strong>der</strong>‘Ja’-Antworten so folgt, dass n 1 ≥ (1− p)n. Die Differenzn 1 − (1 − p)n repräsentiert die Zahl <strong>der</strong> ‘Ja’-Antworten auf die sensible Frage. Wenn wir daherdie Differenz durch pn teilen, erhalten wirˆπ = n 1 − (1 − p)npnals geschätzten Anteil <strong>der</strong> Schummler gemäß demZwei-Fragen-Modell. Falls beispielsweise 80 <strong>von</strong>100 Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler e<strong>in</strong>e ‘Ja’-Antwort geben,erwarten wir, dass da<strong>von</strong> 30 die harmlose Fragebeantwortet haben. Das Resultat bedeutet dann, dass5 <strong>von</strong> 25 o<strong>der</strong> 20% anonym e<strong>in</strong>gestehen, dass sie geschummelthaben.An<strong>der</strong>e Varianten s<strong>in</strong>d auch noch möglich, wie z.B.<strong>in</strong> <strong>der</strong> gut lesbaren älteren Arbeit <strong>von</strong> Campbell &Jo<strong>in</strong>er (1973) o<strong>der</strong> <strong>in</strong> jüngerer Zeit <strong>von</strong> Greenberget al. (1986) beschrieben. Hutch<strong>in</strong>son (1995) bevorzugte<strong>in</strong> Zwei-Fragen-Modell mit zwei Randomisierungen.Die meisten dieser Methoden können auf e<strong>in</strong>emziemlich e<strong>in</strong>fachen Niveau diskutiert werden,und Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler f<strong>in</strong>den e<strong>in</strong> Experimentierenmit diesen Methoden meist fasz<strong>in</strong>ierend. DieResultate <strong>der</strong> RRS-Methoden lassen sich vergleichenmit mehr konventionellen Erhebungsmethoden wiez.B. anonyme Umfragen, und die Diskussion kannsich darum drehen, welches Verfahren eher geeignetist, ehrliche Antworten zu erhalten.3 Mult<strong>in</strong>omial- und diskreteVerteilungenE<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>eres Modell für RRS wird notwendig,wenn die Daten mult<strong>in</strong>omial s<strong>in</strong>d. Abuul-Ela etal. (1967) haben die RRS Methode erfolgreich aufden Fall <strong>von</strong> drei und mehr Datenklassifikationen erweitert,<strong>in</strong>dem mehrere Stichproben <strong>von</strong> Befragtenausgewählt werden und dann e<strong>in</strong> Gleichungssystemgelöst wird. Unglücklicherweise wird dieser Prozesssehr komplex und unhandlich, wenn die Anzahl <strong>der</strong>Kategorien weiter zunimmt. E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facherer Ansatz<strong>von</strong> Eriksson (1973) besteht im Stellen e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigenFrage an e<strong>in</strong>e Teilstichprobe und dem Zuweisen e<strong>in</strong>erKette <strong>von</strong> falschen Antworten mit bekannten Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten.Dieses Modell kann entwe<strong>der</strong> aufmult<strong>in</strong>omiale kategoriale Daten o<strong>der</strong> diskrete quantitativeDaten angewandt werden. Wir illustrieren dasLetztere.Angenommen wir wollen die Anzahl schätzen, wieoft Schüler bei Klausuren geschummelt haben. Wie<strong>der</strong>umsetzen wir e<strong>in</strong>en Stapel Spielkarten e<strong>in</strong>. JedeBildkarte (Bube, Dame o<strong>der</strong> König) repräsentierenull Vorfälle. E<strong>in</strong> Ass stehe für e<strong>in</strong>mal u.s.w. biszur 10, die zehn Vorfälle <strong>von</strong> Schummeln repräsentiere.Je<strong>der</strong> Befragte zieht e<strong>in</strong>e Karte ohne Zurücklegen.Ist die Karte ‘Kreuz’, so berichtet er o<strong>der</strong>sie lediglich den dazu gehörigen Wert <strong>der</strong> Karte.Der Kürze wegen bezeichnen wir dies als ‘falschenWert’. Hat die Karte e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Spielfarbe, nennt18

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