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Fachzeitschrift "Gewerbemiete und Teileigentum" (GuT)

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<strong>Gewerbemiete</strong><br />

1. Die Vereinbarung der Parteien in § 7 des Pachtvertrages<br />

sieht eine automatische Anpassung der Miete gekoppelt an die<br />

Entwicklung eines vom Statistischen B<strong>und</strong>esamt ermittelten Lebenshaltungskostenindex<br />

für Arbeitnehmerhaushalte mit mittlerem<br />

Einkommen vor. Es handelt sich somit um eine Preisgleitklausel.<br />

a) Zu ihrer Wirksamkeit bedurfte eine Preisgleitklausel bis<br />

zum 31.12.1998 der Genehmigung der Deutschen B<strong>und</strong>esbank<br />

oder einer deren Aufgaben wahrnehmenden Landeszentralbank<br />

gem. § 3 WährG. § 3 WährG wurde mit dem EuroEG zum<br />

1.1.1999 aufgehoben <strong>und</strong> mit Art. 9 § 4 des EuroEG entsprechende<br />

Regelungen in das Preisanpassungs- <strong>und</strong> Preisklauselgesetz<br />

(PAPKG) eingeführt.<br />

Hiernach gilt zunächst der Gr<strong>und</strong>satz des § 2 Abs.1 S.1<br />

PAPKG, wonach der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar<br />

<strong>und</strong> selbständig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern<br />

oder Leistungen bestimmt werden darf, die mit den vereinbarten<br />

Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind (s.<br />

hierzu auch Rademacher, ZMR 1999, 218; Stapel, WuM 1999,<br />

204; Schmidt-Räntsch, NJW 1998, 3166). Ausnahmen von diesem<br />

Indexierungsverbot sind gem. § 2 Abs.1 S. 2 PAPKG zulässig,<br />

wenn Zahlungen langfristig zu erbringen sind oder besondere<br />

Gründe des Wettbewerbs eine Wertsicherung rechtfertigen<br />

<strong>und</strong> die Preisklausel nicht eine der Vertragsparteien unangemessen<br />

benachteiligt. Darüber hinaus sieht § 2 Abs. 2 PAPKG<br />

vor, dass weitere Ausnahmen vom Indexierungsverbot durch<br />

Rechtsverordnung der B<strong>und</strong>esregierung geregelt werden können.<br />

Von dieser Verordnungsermächtigung hat die B<strong>und</strong>esregierung<br />

mit der Preisklauselverordnung (PrKV) Gebrauch gemacht.<br />

Nach §1 PrKV sind gr<strong>und</strong>sätzlich genehmigungsfrei<br />

zulässig Leistungsvorbehalte, Spannungsklauseln <strong>und</strong> Kostenelementeklauseln.<br />

Somit bleiben als gr<strong>und</strong>sätzlich dem Indexierungsverbot<br />

unterliegend nur Preisgleitklauseln. Von dem<br />

Verbot des § 2 Abs. 2 S.1 PAPKG lässt § 4 PrKV auch für Preisgleitklauseln<br />

Ausnahmen zu, die in Miet- <strong>und</strong> Pachtverträgen<br />

über Gebäude <strong>und</strong> Räume, die keine Wohnräume sind, enthalten<br />

sind (zur Systematik auch Herrlein/Kandelhard, Mietrecht<br />

ZAP-Praxiskommentar, 2. Aufl., § 557b Rn. 49 ff.). Verzichtet<br />

der Vermieter für mindestens zehn Jahre auf das Recht zur ordentlichen<br />

Kündigung oder steht dem Mieter das Recht zu, die<br />

Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern (Wolf/<br />

Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- <strong>und</strong> Leasingrechts,<br />

9. Aufl., Rn. 413; Herrlein/Kandelhard, a. a. O.,<br />

§ 557b Rn. 51; Börstinghaus/Eisenschmid, Arbeitskommentar<br />

Mietrecht, 2001, S. 262), können derartige Klauseln dennoch<br />

als genehmigungsfrei gelten. Voraussetzung ist, dass eine der<br />

in § 4 PrKV als zulässig geregelten Bezugsgrößen gewählt wird<br />

(vgl. Herrlein/Kandelhard, a. a. O., § 557b Rn. 51; Wolf/Eckert/<br />

Ball, a. a. O., Rn. 413).<br />

Auf die hier zu beurteilende Klausel ist § 4 PrKV anzuwenden,<br />

auch wenn diese bereits vor Inkrafttreten der Verordnung<br />

vereinbart worden ist. § 8 PrKV enthält nur für bereits nach § 3<br />

WährG genehmigte Wertsicherungsklauseln eine Übergangsvorschrift.<br />

Hiernach werden diese durch die Rechtsänderungen<br />

nicht berührt (Zubrod, Beilage zu WuM 12/1998, 19; Kinne,<br />

GE 1998, 1069). Dies aber bedeutet nur, dass einmal erteilte<br />

Genehmigungen fortgehen sollen, ohne dass es hierzu einer erneuten<br />

Bestätigung durch das B<strong>und</strong>esamt für Wirtschaft bedarf<br />

(Rademacher, a. a. O.; Stapel, a. a. O.; Schmidt-Räntsch, a. a. O.).<br />

Dies aber hindert die Vertragsparteien nicht, sich die Wirksamkeit<br />

der bereits genehmigten Klausel durch einen erneuten Bescheid<br />

bestätigen zu lassen. Erst recht gilt dies dann, wenn die<br />

Parteien bis zum 31.12.1998 die Genehmigung der Deutschen<br />

B<strong>und</strong>esbank nicht beantragt hatten.<br />

b) Somit bleibt es auch nach dem 1.1.1999 dabei, dass solche<br />

Klauseln, die der Genehmigungsfiktion des § 4 PrKV nicht<br />

unterliegen, der Genehmigung bedürfen, für welche das B<strong>und</strong>esamt<br />

für Wirtschaft zuständig ist. Liegen dagegen die Voraussetzungen<br />

einer Genehmigungsfiktion nach § 4 PrKV vor,<br />

entfällt die Prüfung der Klausel durch die Behörde. In diesen<br />

Fällen sind die Voraussetzungen einer Genehmigungsfiktion im<br />

Falle eines Zahlungsrechtsstreits durch das Zivilgericht zu prüfen<br />

(OLG Rostock NZM 2005, 506).<br />

Sind sich die Parteien jedoch unsicher, ob die von ihnen gewählte<br />

Klausel der Genehmigungsfiktion unterliegt, können sie<br />

beim B<strong>und</strong>esamt für Wirtschaft ein Negativattest beantragen, in<br />

welchem dieses mitteilt, dass die vereinbarte Preisklausel kraft<br />

Gesetzes als genehmigt greift (Gerber/Eckert, Gewerbliches<br />

Miet- <strong>und</strong> Pachtrecht, 6. Aufl., Rn. 135). Zweck eines solchen<br />

Negativattestes ist es, den Parteien die Unsicherheit darüber zu<br />

nehmen, ob die von ihnen gewählte Vertragsklausel zu ihrer<br />

Wirksamkeit einer Genehmigung bedarf oder nicht. Somit kann<br />

durch Einholung eines solchen Negativattestes vermieden werden,<br />

dass die Parteien über längere Zeit auf die Genehmigungsfreiheit<br />

der Klausel vertraut haben, im Rahmen eines Zahlungsrechtsstreites<br />

aber sich herausstellt, dass diese wegen einer<br />

bestehenden Genehmigungsbedürftigkeit keine Wirkung<br />

entfaltet hat. Die Prüfungskompetenz dafür, ob eine Genehmigung<br />

erforderlich ist oder nicht, hat die B<strong>und</strong>esregierung mit<br />

der PrKV dabei gr<strong>und</strong>sätzlich der Genehmigungsbehörde übertragen.<br />

Aus diesen Erwägungen hat der Senat bereits mit Urteil<br />

vom 8. 4. 2002 – 3 U 203/00 – GE 2002, 1331) entschieden, dass<br />

ein solches Negativattest das Vorliegen der für die Genehmigungsfiktion<br />

erforderlichen Voraussetzungen der zivilgerichtlichen<br />

Nachprüfung entzieht (so auch Herrlein/Kandelhard,<br />

a. a. O., § 557b Rn. 58; Both, MietrechtKompakt 2002, 160; a. A.<br />

Gerber/Eckert, a. a. O., Rn. 136). Soweit sich die Gegenansicht<br />

darauf stützt, es sei nicht ausgeschlossen, dass die Genehmigungsbehörde<br />

fehlerhaft annehmen könne, die Schriftform des<br />

§ 550 BGB sei eingehalten <strong>und</strong> der Vertrag damit auf zehn Jahre<br />

fest geschlossen ist, überzeugt dies nicht. Diese Bindungswirkung,<br />

die Fehler der beurteilenden Behörde nicht ausschließt,<br />

besteht stets dann, wenn die zivilrechtliche Beurteilung an eine<br />

öffentlich-rechtliche Genehmigung geb<strong>und</strong>en ist. Hier gebieten<br />

es sowohl der unterschiedliche Rechtsweg als auch der<br />

durch die Genehmigung geschaffene Vertrauensschutz, den einmal<br />

genehmigten Rechtszustand der zivilrechlichen Nachprüfung<br />

zu entziehen. Gerade im Hinblick auf das durch das Negativattest<br />

erzeugte Vertrauen verzichten die Parteien darauf, ihr<br />

Vertragswerk nachzubessern, was jedenfalls vernünftige Vertragsparteien<br />

getan hätten, wenn das B<strong>und</strong>esamt sie darauf hingewiesen<br />

hätte, dass die erforderliche langfristige vertragliche<br />

Bindung nicht gegeben ist.<br />

c) Aus den unter b) dargestellten Gr<strong>und</strong>sätzen folgt, dass<br />

dann, wenn die Parteien die Genehmigungsfiktion des § 4 PrKV<br />

zugr<strong>und</strong>egelegt haben, im Rahmen der Überprüfung deren Voraussetzung<br />

durch das Gericht auch zu prüfen ist, ob etwa die<br />

mindestens zehnjährige Bindung der Vertragsparteien, die nach<br />

§4 PrKV Voraussetzung für die Genehmigungsfiktion ist, durch<br />

einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB<br />

verloren gegangen ist (OLG Rostock NZM 2005, 506). Hat jedoch<br />

die Genehmigungsbehörde – wie hier – ein Negativattest<br />

erteilt, ist auch die Frage der Einhaltung des Schriftformerfordernisses<br />

im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 4<br />

PrKV jedenfalls für die Zeit vor Erteilung des Attestes nicht<br />

mehr durch das Zivilgericht zu prüfen. Die durch die Gültigkeit<br />

der Wertsicherungsvereinbarung belastete Vertragspartei wird<br />

hierdurch nicht unbillig benachteiligt, weil sie das Mietverhältnis<br />

wegen Verfehlens der gesetzlich gebotenen Schriftforrn<br />

(§ 550 BGB) ordentlich kündigen oder jedenfalls unter Hinweis<br />

auf die Kündbarkeit Nachverhandlungen zur Miethöhe verlangen<br />

kann. Dafür, dass der Vertrag die Voraussetzung der zehnjährigen<br />

Bindung nach dem 17. 7. 2003 als dem Zeitpunkt der<br />

Erteilung des Negativattestes verloren hat, ist nichts ersichtlich.<br />

d) Aus den gleichen Gründen ist die Frage, ob die Parteien<br />

eine der Bezugsgrößen des § 4 PrKV gewählt haben, im Rahmen<br />

der Prüfung der Wirksamkeit der Klausel nicht durch den<br />

Senat zu prüfen.<br />

228 <strong>Gewerbemiete</strong> <strong>und</strong> Teileigentum · Heft 30 · 8–9/06 · August/September 2006

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