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Fachzeitschrift "Gewerbemiete und Teileigentum" (GuT)

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Indexklauseln im Gewerbemietrecht<br />

verändert haben, so verändert sich die vereinbarte oder zuletzt<br />

festgesetzte Miete vom Beginn des folgenden Kalenderjahres<br />

an im gleichen prozentualen Verhältnis.“<br />

Sofern die Bezugsgröße allerdings nicht vergleichbar ist, wie<br />

beispielsweise die Entwicklung der Hypothekenzinsen, des Beamtengehalts,<br />

der Gr<strong>und</strong>stückswerte oder des Baukostenindex,<br />

liegt keine genehmigungsfreie Spannungsklausel vor; dann ist<br />

die Klausel genehmigungspflichtig. Das gilt auch, wenn sich<br />

die gewerbliche Miete entsprechend der Entwicklung der Wohnungsmieten<br />

ändern soll, weil Wohnungsmieten <strong>und</strong> <strong>Gewerbemiete</strong>n<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht miteinander vergleichbar sind26. Die<br />

Spannungsklausel wird gleichfalls genehmigungspflichtig,<br />

wenn man auf einen anderen Mietvertrag Bezug nimmt, der seinerseits<br />

eine genehmigungsbedürftige Wertsicherungsklausel<br />

enthält27. Genehmigungsfrei bleibt jedoch eine Spannungsklausel,<br />

die ausschließlich auf eine Erhöhung der Miete ausgerichtet<br />

ist28. In Gewerbemietverträgen werden Spannungsklauseln selten<br />

vereinbart, weil es sehr schwer ist, geeignete vergleichbare Mietobjekte<br />

zu finden. Daher ist von einer Spannungsklausel eher<br />

abzuraten.<br />

5. Die automatische Indexklausel<br />

5.1 Bei einer Standardklausel entfällt das<br />

Genehmigungsverfahren<br />

Bis einschließlich 31.12.1998 musste noch jede Indexklausel<br />

mit automatischer Mieterhöhung gemäß § 3 WährG durch<br />

die Landeszentralbank genehmigt werden. Seit 1.1.1999 kann<br />

man sich das Genehmigungsverfahren ersparen <strong>und</strong> seinen<br />

Mietvertrag schneller unter Dach <strong>und</strong> Fach bringen. Davon profitiert<br />

aber nur, wer gewisse gesetzliche Vorgaben einhält. Nur<br />

dann gilt die Indexklausel nach § 4 Abs.1 PrKV als allgemein<br />

genehmigt; man spricht auch von der Genehmigungsfiktion.<br />

Wie bereits oben erwähnt, gilt dies nur für Gewerberäume.<br />

Überwiegt bei einem Mischmietverhältnis die gewerbliche Nutzung,<br />

so ist auf eine Indexklausel die Preisklauselverordnung<br />

anzuwenden29. Liegt hingegen das Schwergewicht bei der<br />

Wohnnutzung, gilt das Wohnraummietrecht <strong>und</strong> der Inhalt der<br />

Indexklausel hat sich an § 557b BGB zu orientieren.<br />

Vertragsklauseln in Miet- <strong>und</strong> Pachtverträgen, nach denen die<br />

Änderung bestimmter Wertmesser (Indizes) automatisch die Änderung<br />

der Miete nach sich ziehen soll, unterliegen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

der Genehmigungspflicht nach § 2 PrAKG i.V. m. der PrKV.<br />

Vom Gr<strong>und</strong>satz her besteht ein Indexverbot mit Genehmigungsvorbehalt.<br />

Nach § 4 Abs.1 PrKV gelten Indexklauseln in<br />

Miet- <strong>und</strong> Pachtverträgen über nicht zu Wohnzwecken genutzte<br />

Gebäude oder Räume jedoch als genehmigt, sofern die folgenden<br />

Voraussetzungen vorliegen:<br />

• Es wird eine der in § 4 Abs.1 Nr.1 PrKV genannten Bezugsgrößen<br />

verwendet.<br />

• Der Vermieter oder Verpächter verzichtet für die Dauer von<br />

mindestens 10 Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung<br />

oder der Mieter oder Pächter hat das Recht, die Vertragsdauer<br />

auf mindestens 10 Jahre zu verlängern.<br />

Gemäß § 2 Abs.1 PrKV muss die Preisklausel hinreichend<br />

bestimmt sein. Die Klausel muss erkennen lassen, welche Preise<br />

oder Werte für den Wertmesser bestimmend sein sollen. Eine<br />

Ausrichtung „an der allgemeinen wirtschaftlichen Lage“ oder<br />

„am allgemeinen Preisgefüge“ reicht beispielsweise nicht aus.<br />

Von den nach § 4 Abs.1 Nr.1 PrKV zulässigen Wertmessern<br />

spielt der Preisindex die wichtigste Rolle. Gemäß § 4 Abs.1<br />

Nr.1a PrKV sind das<br />

• der vom Statistischen B<strong>und</strong>esamt ermittelte Verbraucherpreisindex<br />

für Deutschland – VPI (früher: Preisindex für die Lebenshaltung<br />

aller privaten Haushalte für Deutschland)<br />

• der von einem Statistischen Landesamt ermittelte Preisindex<br />

für die Gesamtlebenshaltung<br />

• der Verbraucherpreisindex (HVPI) des Statistischen Amts der<br />

Europäischen Gemeinschaft (Eurostat).<br />

Welcher dieser drei Indizes ist nun der bessere oder der richtige?<br />

Primär gibt es keinen guten oder schlechten Index. Ohne<br />

Einschränkung kann man sich einen dieser zulässigen Indizes<br />

auswählen. Nach einer Empfehlung des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />

sollte allerdings der für ganz Deutschland ermittelte Preisindex<br />

„VPI“ verwendet werden. Er gibt die Preisentwicklung in<br />

Deutschland zumindest genauer an als der Europäische Index<br />

HVPI, der erst seit 1999 als Bezugsgröße zulässig ist <strong>und</strong> sich<br />

auf den Bereich der gesamten Europäischen Union bezieht30. 5. 2 Keine unangemessene Benachteiligung einer<br />

Vertragspartei<br />

Einseitigkeitsklauseln sind unzulässig <strong>und</strong> keiner darf benachteiligt<br />

werden. Eine derartige Klausel, die entweder den<br />

Vermieter oder den Mieter unangemessen benachteiligt, verstößt<br />

gegen § 2 Abs. 2 Nr.1 PrKV <strong>und</strong> ist unwirksam. Eine unangemessene<br />

Benachteiligung liegt insbesondere dann vor,<br />

wenn der Anstieg des Preisindex zwar die Miete noch oben<br />

treibt, sein Absinken aber nicht die Miete vermindert.<br />

Auch eine Klausel, die nur einem Vertragspartner das Recht<br />

zubilligt, eine Anpassung zu verlangen, ist unzulässig, weil dieser<br />

nur dann davon Gebrauch machen wird, wenn sich dies für<br />

ihn günstig auswirkt. Einseitigkeit liegt auch vor, wenn nur eine<br />

Vertragspartei das Recht hat, im jeweiligen Anpassungszeitpunkt<br />

zwischen mehreren Wertmessern zu wählen. Dies würde<br />

ihr die Möglichkeit geben, immer denjenigen Index auszuwählen,<br />

der sich stärker auf die Höhe der Geldschuld als auf ihre<br />

Ermäßigung auswirkt.<br />

Ebenfalls unzulässig ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 PrKV eine<br />

Klausel, wonach sich die Miete gegenüber der Änderung des<br />

Preisindex überproportional ändert. Dies bedeutet, dass eine<br />

Mietanpassung maximal in der Höhe zulässig ist, in der sich der<br />

Preisindex geändert hat. Wenn beispielsweise der Preisindex um<br />

5 Prozent gestiegen ist, darf die Miete ebenfalls nur um maximal<br />

5 Prozent erhöht werden.<br />

Auch wer Punkte mit Prozent koppelt, hat eine unzulässige<br />

Klausel. Beispiel: Eine Klausel, wonach eine Indexänderung<br />

um 5 Punkte zu einer Mieterhöhung um 5 Prozent führen soll,<br />

ist unzulässig, weil 5 Punkte weniger sind als 5 Prozent. Das<br />

wäre ausnahmsweise nur bei einem Ausgangsindex von genau<br />

100 identisch.<br />

Nachdem die Genehmigungsvoraussetzungen des § 2 PrKV<br />

sowohl für die Genehmigungsvorschrift des § 3 PrKV als auch<br />

für die Genehmigungsfiktion nach § 4 PrKV gelten, können solchermaßen<br />

unzulässige Klauseln auch nicht im Wege einer Einzelgenehmigung<br />

legalisiert werden.<br />

Formulierungshilfe Indexklausel:<br />

„Ändert sich der vom Statistischen B<strong>und</strong>esamt ermittelte Verbraucherpreisindex<br />

für Deutschland – VPI gegenüber dem für<br />

den Monat des Mietbeginns veröffentlichten Index um mindestens<br />

5 Prozent, so ändert sich automatisch die Miete im gleichen<br />

Verhältnis. Die Änderung der Miete wird ab dem auf die<br />

Änderung des Index folgenden Monat wirksam. Bei jeder weiteren<br />

Indexänderung gegenüber der jeweils letzten Änderung<br />

der Miete ist diese Regelung entsprechend anwendbar.“<br />

Üblicherweise werden Indexklauseln verwendet,wonach die<br />

Miete erst dann angepasst wird, wenn der Index beispielsweise<br />

um 5 Prozent gestiegen ist. Man kann aber auch eine jährli-<br />

26) Gather, Ausgewählte Fragen des gewerblichen Mietrechts, DWW 2002,<br />

54; Lützenkirchen,Wegfall der Preisindizes für spezielle Haushaltstypen<br />

ab 1.1. 2003, NZM 2001, 835 mit zustimmendem <strong>und</strong> ablehnendem Literaturnachweis.<br />

27) BGH, Urteil v. 2. 2.1983 – VIII ZR 13/82, NJW 1983, 1909 = ZMR 1983,<br />

269.<br />

28) BGH, Urteil v. 26.11.1975 – VIII ZR 267/73, MDR 1976, 310 = NJW<br />

1976, 422.<br />

29) BGH, Urteil v. 16. 4.1986 – VIII ZR 60/85,WuM 1986, 274 = MDR 1986,<br />

842 = ZMR 1986, 278.<br />

30) Der zuständige Referent des Statistischen B<strong>und</strong>esamts hat dem Autor in<br />

einem ausführlichen Telefonat die derzeitigen Nachteile des HVPI beschrieben.<br />

214 <strong>Gewerbemiete</strong> <strong>und</strong> Teileigentum · Heft 30 · 8–9/06 · August/September 2006

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