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Fachzeitschrift "Gewerbemiete und Teileigentum" (GuT)

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<strong>Gewerbemiete</strong><br />

te allein er in dieser Zeit über die Schlüssel zum Mietobjekt,<br />

wobei hier offen bleiben kann, ob er die Schlüssel der Geschäftsführerin<br />

der Schuldnerin gegen deren Willen weggenommen<br />

oder sie ihm die Schlüssel freiwillig übergeben hat.<br />

Zwar war die Rückgabe der Mietsache mangels Räumung noch<br />

nicht erfolgt. Durch die Inbesitznahme der Mieträume unterband<br />

der Kläger aber die von der Insolvenzschuldnerin geschuldete<br />

Rückgabe der Mietsache nach § 556 BGB. Das Unterlassen<br />

der Räumung in jenen Tagen widersprach mithin nicht<br />

dem Willen des Klägers mit der Folge, dass ein Anspruch auf<br />

Nutzungsentschädigung nicht besteht (vgl. BGH NJW 1983,<br />

112 <strong>und</strong> NJW-RR 1996, 1480). Der Vortrag des Klägers im<br />

Schriftsatz vom 3. Mai 2006 rechtfertigt keine andere Entscheidung.<br />

III. Zeitraum vom 8. bis zum 30. November 2000:<br />

Aus den oben Ziff. I. genannten Gründen kann der Kläger<br />

von dem Beklagten für diesen Zeitraum wiederum aus §§ 812<br />

Abs.1 S.1 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB, 55 Abs.1 Nr.1 <strong>und</strong> 3 InsO<br />

einen Bereicherungsausgleich in Höhe von 3602,85 € verlangen.<br />

Ab Rückgabe der Schlüssel durch den Kläger an die Geschäftsführerin<br />

der Schuldnerin am 8. November 2000 hat der<br />

Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter das Gewerbeobjekt<br />

genutzt <strong>und</strong> die Produktion jedenfalls bis Ende November 2000<br />

fortgeführt. Der Schuldnerin erwuchsen hierdurch ohne Rechtsgr<strong>und</strong><br />

Gebrauchsvorteile, deren Wert sie dem Kläger nach<br />

§§ 812 Abs.1 S.1 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen hatte. Da<br />

das Mietverhältnis zwischen dem Kläger <strong>und</strong> der Schuldnerin<br />

zwar durch fristlose Kündigung beendet, aber mangels Räumung<br />

noch nicht abgewickelt war, ist auch dieser Anspruch –<br />

nicht anders als ein Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung<br />

wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache – vom<br />

Sicherungszweck des Vermieterpfandrechts umfasst.<br />

Anspruchshöhe:<br />

Den Wert dieser Gebrauchsvorteile bemisst der Senat entsprechend<br />

der für die Mietzeit vereinbarten Zahlung einschließlich<br />

Nebenentgelt mit monatlich 9191,17 DM. Bei 23/30<br />

Monate sind dies 7046,56 DM = 3602,85 €.<br />

IV. Zeitraum vom 1. Dezember 2000 bis zum 6. Februar 2001:<br />

Der Beklagte hatte in der Zeit von der Verfahrenseröffnung<br />

(<strong>und</strong> seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter) am 1. Dezember<br />

2000 bis zur Rückgabe der gemieteten Räume am 6. Februar<br />

2001 die alleinige Möglichkeit zu ihrer Nutzung, <strong>und</strong> zwar unter<br />

Ausschluss des Klägers. Er ist deswegen – als Insolvenzverwalter<br />

– aus §§ 812 Abs.1 S.1 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB, 55<br />

Abs.1 Nr. 3 InsO zum Bereicherungsausgleich in Höhe des vom<br />

Kläger für diesen Zeitraum errechneten Betrags von 10 405,75 €<br />

verpflichtet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hängt<br />

dies nicht davon ab, ob der Beklagte in dieser Zeit die Produktion<br />

der Insolvenzschuldnerin in den Mieträumen fortgeführt<br />

hat oder nicht.<br />

Im Einzelnen:<br />

Infolge der Kündigung des Mietverhältnisses vor Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens bestanden im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung<br />

keine mietvertraglichen Beziehungen mehr, die<br />

vom Insolvenzverwalter hätten fortgesetzt werden können. Die<br />

Masse hatte kein Recht zum Besitz der Räume; die vorenthaltene<br />

Mietsache unterlag nicht der Verfügungsbefugnis des Beklagten<br />

als Insolvenzverwalter. Entsprechend ist der Anspruch<br />

auf Nutzungsentschädigung im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses<br />

vor Insolvenzeröffnung gr<strong>und</strong>sätzlich auch nur<br />

einfache Konkursforderung (vgl. BGH NJW 1994, 516 [=WuM<br />

1994, 74]; BGH NJW 1995, 2783, 2785; OLG Hamm ZIP 1992,<br />

1563; OLG Köln ZIP 1995, 1608 f.; OLG Dresden ZIP 1998,<br />

1725 [=WuM 1998, 689 KL]; Eckert EWiR 1993, 65; Wolf/<br />

Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- <strong>und</strong> Leasingrechts,<br />

9. Aufl., Rn. 1564; Bub/Treier-Belz, Mietrecht, 3.<br />

Aufl., S. 1569; Kübler/Prütting, InsO, § 55 Rn. 50; Münchner-<br />

Kommentar-Hefermehl, § 55 InsO Rn. 147; Jaeger, InsO, § 55<br />

Rn. 48; Hess, InsO, § 55 Rn. 110).<br />

Etwas anderes gilt nach in Rechtsprechung <strong>und</strong> Literatur<br />

übereinstimmender Auffassung allerdings dann, wenn der Insolvenzverwalter<br />

– sei es auch noch vor Verfahrenseröffnung<br />

als vorläufiger Insolvenzverwalter – die Mietsache aktiv in Besitz<br />

nimmt <strong>und</strong> für die Masse nutzt. Der B<strong>und</strong>esgerichtshof<br />

(NJW 1995, 2783, 2785; vgl. auch BGH NJW 1994, 516 f.;<br />

OLG Köln ZIP 1995, 1608 f.; OLG Dresden ZIP 1998, 1725;<br />

OLG Köln EWiR 2002, 583) hat hierzu die Voraussetzungen<br />

des Masseanspruchs wie folgt umrissen:<br />

„Anders verhält es sich jedoch, wenn der Konkursverwalter<br />

die Mietsache nach der Verfahrenseröffnung für die Konkursmasse<br />

in Anspruch nimmt (....). Insoweit kommt es nicht<br />

einmal entscheidend darauf an, ob der Verwalter die Mietsache<br />

tatsächlich umfassend – oder gar bestimmungsgemäß –<br />

nutzt. Eine Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO wird bereits<br />

dadurch ausgelöst, dass er die Sache – über § 117 Abs.<br />

1 KO hinaus – für die Masse auch gerade gegenüber dem<br />

Vermieter aktiv in Besitz nimmt <strong>und</strong> den Vermieter gezielt<br />

vom Besitz ausschließt. Dann entscheidet nach der Verkehrsauffassung<br />

die alleinige Nutzungsmöglichkeit.<br />

Eine derartige Besitzentziehung behaupten die Beklagten hier.<br />

Nach ihrem Vorbringen hätten sie die Räume – zwecks anderweitiger<br />

Vermietung – wieder in Besitz genommen, wenn<br />

der Kläger sie nicht in Kenntnis des Fremdeigentums durch<br />

Auswechseln der Schlösser ausgesperrt hätte. Diesen von ihm<br />

als Sequester geschaffenen Zustand hat er nach Eröffnung des<br />

Konkursverfahrens aufrechterhalten. Diese Handlung wirkt<br />

dann für <strong>und</strong> gegen die Masse. Die genaue Art der Nutzung<br />

durch den Kläger – etwa nur als sicherer Lagerraum für Massegüter<br />

– ist für die Rechtsstellung der Beklagten unerheblich.“<br />

Vorliegend ist die Rechtslage im Ergebnis nicht anders zu beurteilen:<br />

Der Kläger hatte auf die beiden Schreiben des Beklagten vom<br />

8. <strong>und</strong> 16. November 2000 die Schlüssel für die beiden Türen<br />

des Objekts dem Beklagten überlassen, der dies noch als Sequester<br />

– unstreitig – zur Inbesitznahme der Mieträume <strong>und</strong><br />

zur Wiederaufnahme der Produktion nutzte. Die Wiederaufnahme<br />

der Produktion unter Einsatz von Personal zeigt, dass<br />

der Vermieter ab Überlassung der Schlüssel von der Nutzung<br />

des Objekts de facto ausgeschlossen war, <strong>und</strong> zwar, wie sich gezeigt<br />

hat, bis zur Rückgabe am 6. Februar 2001.<br />

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob bei der gegebenen<br />

Sachlage die bloße Nutzungsmöglichkeit bereits ausreichte, einen<br />

Bereicherungsanspruch gegen die Masse zu begründen.<br />

Denn der Beklagte hat – unabhängig von der zwischen den Parteien<br />

streitigen Frage einer Fortführung der Produktion nach der<br />

Verfahrenseröffnung – für die Masse tatsächlich Gebrauchsvorteile<br />

erlangt, indem er die Räume zur Lagerung <strong>und</strong> Verkaufspräsentation<br />

der zur Konkursmasse gehörenden Maschinen<br />

<strong>und</strong> Einrichtungen genutzt hat. Er hat auf diese Weise die<br />

Kosten einer ansonsten sofort nach Verfahrenseröffnung notwendig<br />

gewordenen Einlagerung der Gegenstände in hierzu anzumietenden<br />

Lagerräumen einschließlich der dann erforderlich<br />

gewesenen Transportkosten erspart. Dies entspricht auch der<br />

Einschätzung des Beklagten selbst im Zeitpunkt seiner Bestellung<br />

zum Insolvenzverwalter. In einem Schreiben vom 1. Dezember<br />

2000 an das Amtsgericht Wuppertal hat der Beklagte<br />

drohende Masseunzulänglichkeit geltend gemacht <strong>und</strong> dies unter<br />

anderem wie folgt begründet:<br />

„Des weiteren wird auf jeden Fall im Hinblick auf die weitere<br />

Nutzung der Betriebsräume eine monatliche Nutzungsentschädigung<br />

in Höhe von 9800,– DM anfallen.“<br />

Dem ist zu entnehmen, dass der Beklagte selbst – unabhängig<br />

von der Fortführung der Produktion, die nach seinem Vor-<br />

252 <strong>Gewerbemiete</strong> <strong>und</strong> Teileigentum · Heft 30 · 8–9/06 · August/September 2006

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