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Fachzeitschrift "Gewerbemiete und Teileigentum" (GuT)

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<strong>Gewerbemiete</strong><br />

b) Jedenfalls hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend angenommen,<br />

dass die Klausel in § 4 Nr. 2 der Verträge, sofern darin<br />

eine auflösende Bedingung zu sehen sein sollte, einer Inhaltskontrolle<br />

nach § 307 BGB nicht standhält.<br />

aa) Bei der Regelung in § 4 Nr. 2 der drei Mietverträge handelt<br />

es sich um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen<br />

im Sinne von § 305 Abs.1 BGB. Wie schon<br />

den Urk<strong>und</strong>en zu entnehmen <strong>und</strong> auch nicht streitig ist, wurden<br />

die gleichlautenden Verträge aus dem Textverarbeitungssystem<br />

der „Abt. Recht/Verträge“ der Klägerin ausgedruckt. Es handelt<br />

sich bei § 4 Nr. 2 um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte<br />

Vertragsbedingung. Das folgt bereits daraus, dass<br />

die gleiche Klausel in drei Mietverträgen verwendet wurde; die<br />

dreimalige Verwendung, sei es auch am gleichen Tag gegenüber<br />

dem gleichen Vertragspartner, führt zum Vorliegen einer für eine<br />

Vielzahl von Verträgen vorformulierten Klausel (BGH NJW<br />

2004, 1454 f. [= <strong>GuT</strong> 2004, 68 KL]).<br />

Die Klausel ist nicht zwischen den Parteien im Sinne von<br />

§ 305 Abs.1 Satz 3 BGB ausgehandelt worden, wofür die Klägerin<br />

die Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast trägt. Ein „Aushandeln“<br />

bedeutet mehr als Verhandeln <strong>und</strong> liegt nur vor, wenn der Verwender<br />

die Regelung inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt<br />

<strong>und</strong> dem Verhandlungspartner die reale Möglichkeit einräumt,<br />

die inhaltliche Ausgestaltung zu beeinflussen. In aller Regel<br />

schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen<br />

des vorformulierten Textes nieder. Allenfalls unter<br />

besonderen Umständen kann ein Vertrag auch dann als Ergebnis<br />

eines „Aushandelns“ gewertet werden, wenn es schließlich<br />

nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt<br />

(BGH NJW 2000, 1110, 1111 f.). Vorliegend hat die Klägerin<br />

nicht einmal behauptet, dass überhaupt über die Regelung<br />

in § 4 Nr. 2 der Verträge gesprochen worden sei. Dass das<br />

Datum für die Kautionszahlung noch eingesetzt werden musste,<br />

um die Klausel auf die Verträge anzupassen, begründet<br />

selbstverständlich noch kein „Aushandeln“.<br />

bb) Allerdings ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung<br />

im Sinne von § 307 Abs.1, 2 Nr.1 BGB entgegen der Ansicht<br />

des Landgerichts nicht bereits daraus, dass mit der Vereinbarung<br />

einer auflösenden Bedingung für den Fall der Nichtzahlung<br />

der Kaution das für eine fristlose Kündigung geltende<br />

Erfordernis einer Abhilfefrist (§ 543 Abs. 3 BGB) umgangen<br />

würde. Zwar kann formularvertraglich auf das Erfordernis einer<br />

Abhilfefrist nach § 543 Abs. 3 BGB nicht verzichtet werden<br />

(vgl. Bub/Treier/Grapentin, a. a. O., Rn IV 172; Schmidt-Futterer/Blank,<br />

a. a. O., § 543 Rn 169, 201; allgemein für die Unzulässigkeit<br />

formularvertraglicher Lockerung der Voraussetzungen<br />

einer fristlosen Kündigung BGH NJW 1987, 2506, 2507<br />

[=WuM 1987, 259]). Von wesentlichen Gr<strong>und</strong>gedanken der gesetzlichen<br />

Regelung wird insoweit jedoch nicht abgewichen,<br />

weil die Kündigung nach § 543 BGB <strong>und</strong> die Vereinbarung einer<br />

auflösenden Bedingung nach §158 Abs. 2 BGB unterschiedliche<br />

Institute sind, die sich nach Voraussetzungen <strong>und</strong><br />

Wirkung unterscheiden <strong>und</strong> daher im Rahmen der Angemessenheitsprüfung<br />

nach § 307 BGB nicht verglichen werden können.<br />

Die auflösende Bedingung führt dazu, dass der Vertrag automatisch<br />

endet,Ansprüche beider Parteien für die Zukunft nicht<br />

mehr in Betracht kommen <strong>und</strong> auch kein Schadensersatz wegen<br />

Nichtdurchführung des Vertrags geschuldet wird (siehe<br />

oben). Eine fristlose Kündigung wegen Nichtleistung der Kaution<br />

nach § 543 Abs.1 BGB hingegen stellt ein einseitiges Recht<br />

zur Vertragsbeendigung dar <strong>und</strong> setzt voraus, dass das Sicherungsbedürfnis<br />

des Vermieters durch die Nichtzahlung erheblich<br />

tangiert wird <strong>und</strong> ferner gr<strong>und</strong>sätzlich, dass eine Abhilfefrist<br />

nach § 543 Abs. 3 BGB gesetzt wurde (vgl. OLG Celle<br />

NJW-RR 1998, 585 <strong>und</strong> NZM 2003, 64, 65; OLG München<br />

NJW-RR 2000, 1251; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1100<br />

[= WuM 1995, 438]; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8.<br />

Aufl., § 543 Rn 169). Folge einer solchen berechtigten Kündigung<br />

ist sodann, dass der Mieter, sofern er den Kündigungsgr<strong>und</strong><br />

zu vertreten hatte, also in Verzug war, wegen so genannten<br />

„Auflösungsverschuldens“ den Kündigungsschaden zu er-<br />

setzen hat, der dem Vermieter in Gestalt der bis zum Ablauf der<br />

fest vereinbarten Vertragsdauer entgehenden Mieten entsteht<br />

(vgl. BGH NZM 2005, 340 f. [= <strong>GuT</strong> 2005, 115]; NJW 1984,<br />

2687; NJW 1998, 372, 374).<br />

Eine auflösende Bedingung dürfte in Gewerbemietverträgen<br />

auch nicht gr<strong>und</strong>sätzlich wegen ihrer Wirkungen als unangemessene<br />

Benachteiligung des Vertragspartners anzusehen sein,<br />

da die Vertragsbeendigung sich gleichermaßen zum Nachteil<br />

beider Vertragsparteien auswirken kann <strong>und</strong> mit einer solchen<br />

Regelung keine Risiken verb<strong>und</strong>en sind, die unternehmerisch<br />

handelnde Parteien nicht überschauen könnten (für Unangemessenheit<br />

jedoch beiläufig Bub/Treier/Grapentin, Handbuch<br />

der Geschäfts- <strong>und</strong> Wohnraummiete, 3. Aufl., Rn IV 285 <strong>und</strong><br />

Bub, a. a. O., Rn II 545). So hat auch der BGH in der Entscheidung<br />

ZMR 1993, 320, 321 f. nicht etwa gr<strong>und</strong>sätzliche Bedenken<br />

gegen eine formularvertragliche auflösende Bedingung eines<br />

Pachtvertrags erhoben, sondern eine unangemessene Benachteiligung<br />

des Pächters nur darin gesehen, dass die Vertragsbeendigung<br />

bei Eintritt der Bedingung (Versagung einer<br />

Konzession des Pächters) zu einer Risikoabwälzung auf den<br />

Pächter führte, da die Bedingung auch den Fall einer objektbedingten<br />

Konzessionsversagung umfasste. Derartige Wirksamkeitsbedenken<br />

kommen vorliegend nicht in Betracht, da die Bedingung<br />

in einem vertragswidrigen Verhalten der Beklagten liegen<br />

sollte.<br />

cc) Auf die generelle Zulässigkeit einer auflösenden Bedingung<br />

in AGB eines Geschäftsraummietverhältnisses kommt es<br />

jedoch vorliegend nicht an, weil § 4 Nr. 2 der Verträge jedenfalls<br />

über die Vereinbarung einer bloßen Bedingung hinausgeht.<br />

Denn § 4 Nr. 2 Satz 4 ordnet an, dass der Mieter – trotz Eintritts<br />

der auflösenden Bedingung – für ausgefallenen Mietzins einzustehen<br />

habe. Entgegen der von der Klägerin im Verhandlungstermin<br />

vor dem Senat geäußerten Ansicht kann darin nicht<br />

lediglich ein überflüssiger Hinweis auf einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung<br />

(§ 546 a BGB) gesehen werden, der der<br />

Klägerin bei Nichtrückgabe der Mietobjekte nach Vertragsbeendigung<br />

zustehen würde. Nach allgemeinem (juristischem)<br />

Sprachgebrauch – auf den bei der Auslegung von Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen abzustellen ist, vgl. Palandt/Heinrichs,<br />

a. a. O., § 305 c Rn 16 – weist die Einstandspflicht für „ausgefallenen“<br />

Mietzins auf einen Schadensersatzanspruch des Vermieters<br />

gegen den Mieter in Höhe der Differenz zwischen dem<br />

vereinbarten <strong>und</strong> dem von einem Folgemieter erzielten (niedrigeren)<br />

Mietzins hin; der Begriff des „Mietausfalls“ hat einen<br />

dahin gehenden juristischen Bedeutungsgehalt (vgl. etwa Palandt/Weidenkaff,<br />

a. a. O., § 543 Rn 62; Sternel, Mietrecht, 3.<br />

Aufl., Rn I 388 <strong>und</strong> II 451; Kinne/Schach/Bieber, Miet- <strong>und</strong><br />

Mietprozessrecht, 4. Aufl., § 543 Rn 117), während das Gesetz<br />

für den Fall der Fortzahlungspflicht des Mieters bei Nichtherausgabe<br />

nach Vertragsende von „Entschädigung“ spricht (§ 546<br />

a Abs.1 BGB). Nicht nur der Wortlaut des § 4 Nr. 2 Satz 4 der<br />

Verträge weist demnach auf eine Regelung der Ansprüche der<br />

Klägerin für den Fall einer ungünstigeren oder nicht möglichen<br />

Neuvermietung hin, sondern auch die systematische Stellung<br />

der Bestimmung, die an das in § 4 Nr. 2 Satz 3 postulierte Recht<br />

der Klägerin zur „anderweitigen Verfügung über das Mietobjekt“<br />

anschließt. Hinzu kommt, dass kein Anlass bestand, die<br />

Selbstverständlichkeit einer Zahlungspflicht für die Zeit der<br />

Nutzung (§ 546 a Abs.1 BGB) im Vertrag aufzugreifen; insofern<br />

bestand kein Regelungsbedarf.<br />

Die Anordnung in § 4 Nr. 2 Satz 4, dass der Mieter – trotz Eintritts<br />

der auflösenden Bedingung – für ausgefallenen Mietzins<br />

„einzustehen“ hat, ist mit wesentlichen Gr<strong>und</strong>gedanken der gesetzlichen<br />

Regelung nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr.1<br />

BGB), da kraft Gesetzes ein solcher Schadensersatzanspruch<br />

nur als Kündigungsschaden (siehe oben) in Betracht kommt,<br />

während eine auflösende Bedingung zu einer ersatzlosen Beendigung<br />

des Vertrags führt (vgl. auch Senat, NZM 2005, 946,<br />

947 zum Nichtbestehen einer Mietausfallhaftung bei einvernehmlicher<br />

Vertragsaufhebung). Die Schadensersatzfolge an<br />

den bloßen Bedingungseintritt zu knüpfen, verändert die ge-<br />

246 <strong>Gewerbemiete</strong> <strong>und</strong> Teileigentum · Heft 30 · 8–9/06 · August/September 2006

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