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<strong>Rochlitzer</strong> <strong>Anzeiger</strong> Seite 16 16. Dezember 2010<br />

„Hofbrote“ aus der Schlossbäckerei<br />

Unter den mittelalterlichen Gebäuden <strong>im</strong> Schloss Rochlitz befand<br />

sich auch ein Backhaus (Bäckerei). Die älteste Nachricht ist in einer<br />

Anstellungsurkunde von 1496 erhalten. So soll der <strong>Rochlitzer</strong><br />

Förster Kinderbruck 21 ,,Hofebrote“ jährlich als Beamtenbesoldung<br />

bekommen haben. Auch Schlossbedienstete und Fröner erhielten<br />

als Lohn „Hofebrote“. Ein „Schlossbecke“ wird 1542 erwähnt.<br />

1559 wird <strong>im</strong> Inventurverzeichnis eine Backstube, ein Mehlboden,<br />

eine Brotkammer und ein Kornboden aufgeführt. Wo sich diese<br />

Räumlichkeiten befanden, gibt die Quelle nicht an. Wohl aber ist<br />

nachzulesen, welches Inventar in ihnen vorhanden war. So befanden<br />

sich in der Backstube zwei Knettröge, 36 lange Backtröglein,<br />

ein Kessel <strong>im</strong> Ofen und ein Kupferdurchschlag.<br />

Durch den Verkauf der Wiesen und Schlossfelder um 1559 benötigte<br />

man die landwirtschaftlichen Fröner (Arbeiter) nicht mehr.<br />

Dadurch hatte um diese Zeit die Schlossbäckerei ihre Bedeutung<br />

eingebüßt. Dennoch befand sich das Backhaus weiter <strong>im</strong> Unterschloss.<br />

1560 verkaufte das Amt (Schloss) für 21 Groschen die zwei<br />

Knettröge und 36 Backtröge an Donat Walpuris in Geithain.<br />

Unter Kurfürstin Sophie wird 1603 <strong>im</strong> Unterschloss ein neuer<br />

Backofen gebaut. Als be<strong>im</strong> Einreißen des alten Ofens eine Mauer<br />

einstürzte, fand der Maurer Martin Welch den Tod. Doch schon 1608<br />

erhielt dieser Backofen ein neues „Steingeschränke“ (Steinrahmen)<br />

mit steinerner Schiebetür.<br />

Auf jeden Fall wurde gebacken, wenn der fürstliche Hof <strong>im</strong> Schloss<br />

weilte. Umsonst gab es nicht so eine große „Hofküche“, die schon<br />

um 1398 <strong>im</strong> Küchenhaus untergebracht war. Zuweilen wird die alte<br />

Hofküche heute auch „Schwarzküche“ genannt. Diese Bezeichnung<br />

existiert erst seit 1994/95.<br />

In besonderen Situationen ließ das Schloss, wie 1623, bei <strong>Rochlitzer</strong><br />

Innungsmeistern backen.<br />

In alter Zeit buk man auch das Brot für die Jagdhunde. Als <strong>im</strong> 17.<br />

Jahrhundert das Brotbacken <strong>im</strong> Schloss ganz aufhörte, mussten<br />

das oft die Stadtbäcker übernehmen.<br />

Ein solch besonderer Fall steht in einer Amtsrechnung von 1623. „3<br />

fl. Hans Liebers, Becken zu Rochlitz, von drey Scheffel Zinßkorn vor<br />

die churf. sächs. Jagthunde zu backen welches Brodt uf des Oberförstres<br />

Bevehl nach Wechselburg zur Jagt geschafft“.<br />

1634 wurde der untaugliche Backofen weggerissen und stattdessen<br />

ein Herd errichtet, so dass das Backhaus zur Küche wurde.<br />

In der ersten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges wurde auf dem<br />

Schloss nicht gebacken. Die <strong>Rochlitzer</strong> Bäckerinnung musste für die<br />

Söldner <strong>im</strong> Schloss sehr oft Kommissbrot herstellen. Als der<br />

Kurfürst 1644 das von den Schweden besetzte Schloss zurückeroberte<br />

und die Befehlsgewalt dem Leutnant Engelin übertrug,<br />

musste die <strong>Rochlitzer</strong> Zunft auf Befehl des Leutnants einen Bäcker<br />

auf das Schloss bestellen. Dieser buk vorübergehend für die Besatzung<br />

und erhielt 15 gr. Wochenlohn (Leutnant Engelin wurde von<br />

den erbitterten Schweden nach der Eroberung des Schlosses auf<br />

der hinteren Schlossbrücke erschossen).<br />

Nach Beendigung des Krieges hörte das Schlossbrotbacken ganz<br />

auf, schon deshalb, weil das Unterschloss 1645 abgebrannt war und<br />

die Ruinen 1717 abgetragen wurden. Vermutlich stand der Backofen<br />

noch ein paar Jahre, denn erst 1722 verfüllte man den Schutt in<br />

Wegelöcher.<br />

Nach neueren Bauuntersuchungen <strong>im</strong> Schloss wurden neben der<br />

schon bekannten großen Hofküche noch weitere Küchen ermittelt.<br />

So gab es zum Beispiel in der Hofstube auf der Südseite seit dem<br />

16. Jahrhundert eine solche, die auch als „Hauptmannküche“<br />

bezeichnet wird. Im Fürstenhaus in der 2. Etage neben den herrschaftlichen<br />

Z<strong>im</strong>mern wird die kleine Küche der Kurfürstin Sophie<br />

von 1588 rekonstruiert. Selbst in der Türmerwohnung der Finsteren<br />

Jupe befand sich eine Mini-Küche (2003/04 rekonstruiert). Eine<br />

provisorische zusätzliche Küche aus Holz <strong>im</strong> Schlosshof sei hier<br />

noch erwähnt, die errichtet wurde, als 1473 Herzog Wilhelm III. von<br />

Thüringen unverhofft auf Besuch erschien. Wahrscheinlich reichte<br />

damals die große Hofküche nicht aus. Als das Gefängnis 1852 <strong>im</strong><br />

Schlosshof neu gebaut wurde, brauchte man ebenfalls eine Küche<br />

für die Gefangenen. Platz fand sie <strong>im</strong> Gebäude zwischen den beiden<br />

Aus der <strong>Rochlitzer</strong> He<strong>im</strong>atgeschichte<br />

Jupen. Die später eingerichteten Wohnungen in den verschiedenen<br />

Gebäuden hatten natürlich ihre eigenen Küchen.<br />

Um die Chronik der Schlossbäckerei zu vervollständigen, muss<br />

noch darauf hingewiesen werden, dass nach ca. 350 Jahren bei<br />

besonderen Anlässen wieder gebacken wird. Bei der großzügigen<br />

Sanierung 2006/07 wurde der historisch bezeugte „Back - und<br />

Pastäten Ofen“ von 1588 rekonstruiert und mit modernster Technik<br />

ausgestattet. In der großen „Hofküche“ ist die Feuerung des neuen<br />

Backofens hinter einer Tür sichtbar, doch der eigentliche Backraum<br />

befindet sich <strong>im</strong> Gewölbe nebenan (Brotkammer). Es muss nicht<br />

erst der Kurfürst aus Dresden kommen, damit <strong>im</strong> Schloss Brot<br />

gebacken wird. Heutzutage backt das Brot auch mal der Schlossdirektor<br />

selbst.<br />

Quelle: Alte <strong>Rochlitzer</strong> Handwerker 1925, Prof. Dr. W. C. Pfau, Hans-<br />

Jürgen Köttnitz. Foto: Kö.<br />

Der neu eingebaute Backofen in der Brotkammer. Am Fenstergewände<br />

sind heute noch innen und außen Haspen für die Fensterläden<br />

zu sehen, um vor Brotdieben sicher zu sein. Weitere Sicherheit<br />

garantiert ein Sperrriegel vor den Fensterläden.<br />

Die Bestückung des Backofens erfolgt von der großen Hofküche<br />

aus.<br />

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M<br />

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