Umwelt und Gesundheit - welche Rolle spielt hierbei soziale ...
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Gabriele Bolte<br />
Vortrag am 31.05.05 im Rahmen der Ringvorlesung "Kultur-Krankheiten - Zustände, Befindlichkeiten <strong>und</strong> Perspektiven", BTU Cottbus<br />
5 Ausblick: Handlungsperspektiven<br />
Die Diskussion möglicher Handlungsperspektiven orientiert sich an den drei Bereichen der<br />
ökologischen Ges<strong>und</strong>heitsförderung, die Rainer Fehr (2001) benannt hat: Risikoanalyse,<br />
umweltbezogene Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung <strong>und</strong> prospektive Ges<strong>und</strong>heitsverträglichkeitsprüfung.<br />
(1) Risikoanalyse<br />
Bei der Bewertung von Schadstoffwirkungen muss die mögliche Effektmodifikation durch<br />
<strong>soziale</strong> Faktoren einbezogen werden. Für die Festsetzung von Grenzwerten ist es<br />
entscheidend, die besonders vulnerablen Gruppen zu kennen.<br />
Dies geschieht derzeit noch nicht in ausreichendem Maß. Im Rahmen des europaweiten<br />
Netzwerkes PINCHE wurden von der Europäischen Union finanzierte Forschungsprojekte<br />
befragt, ob sie die Effekte der <strong>soziale</strong>n Lage in ihre Analysen zu Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
<strong>Umwelt</strong> einbeziehen. Nur ein Drittel der Projekte hat auch den Aspekt der Effektmodifikation<br />
berücksichtigt (Bolte et al. 2005a).<br />
Ein zweiter Punkt ist, speziell Belastungsschwerpunkte zu untersuchen, um die kumulative<br />
Wirkung verschiedener, gleichzeitig auftretender <strong>Umwelt</strong>belastungen abzuschätzen. Ein<br />
Beispiel für so einen Ansatz ist die Hot-Spot-Studie, die an industriellen Belastungsschwerpunkten<br />
in Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Duisburg durchgeführt wurde (MUNLV 2004).<br />
Schließlich ist es wesentlich für eine Risikoanalyse, die betroffene Bevölkerung aktiv an der<br />
Planung <strong>und</strong> Durchführung von Untersuchungen zu beteiligen, da die Bewohner/innen selbst<br />
sehr gut einschätzen können, was relevante <strong>Umwelt</strong>belastungen in ihrem Wohnumfeld sind<br />
("the people know best"). Darüber hinaus besteht dann auch die Möglichkeit, die Konzepte<br />
der Bevölkerung bezüglich gerechter Verteilung einzubeziehen (Liu 2001). Derartige Ansätze<br />
einer Forschung mit praktischer <strong>und</strong> politischer Relevanz <strong>und</strong> gleichzeitiger Umsetzung der<br />
Erkenntnisse werden derzeit als "community based participatory research" verfolgt (O'Fallon<br />
<strong>und</strong> Dearry 2002, Leung et al. 2004).<br />
(2) Surveillance / umweltbezogene Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung<br />
Eine umweltbezogene Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung als Verknüpfung <strong>und</strong> konzeptionelle<br />
Weiterentwicklung von <strong>Umwelt</strong>berichterstattung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung ist in<br />
Deutschland noch nicht etabliert. Ein Ziel wäre, bei der routinemäßigen Erhebung von Daten<br />
zu <strong>Umwelt</strong>belastungen <strong>und</strong> zur Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung auch Merkmale der <strong>soziale</strong>n<br />
Lage zu berücksichtigen. Bisher ist bei den vorhandenen Datenquellen ein Bezug auf Sozialfaktoren<br />
nicht immer möglich. Ein positives Beispiel ist der <strong>Umwelt</strong>survey 1998, bei dem<br />
eine Verknüpfung mit den Daten des B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitssurveys 1998 <strong>und</strong> den darin enthaltenen<br />
Sozialdaten erfolgen kann.<br />
In Bayern wird derzeit eine Befragung von Eltern bei der Schuleingangsuntersuchung ihrer<br />
Kinder durchgeführt mit dem Ziel herauszufinden, wie stark der Einfluss der <strong>soziale</strong>n Lage<br />
der Kinder ist auf die Qualität ihres Wohnumfeldes im Hinblick auf die Belastung mit<br />
Luftschadstoffen <strong>und</strong> auf das Auftreten von Atemwegserkrankungen, Verkehrsunfällen <strong>und</strong><br />
Adipositas (Bolte et al. 2005b).<br />
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