Umwelt und Gesundheit - welche Rolle spielt hierbei soziale ...
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Gabriele Bolte<br />
Vortrag am 31.05.05 im Rahmen der Ringvorlesung "Kultur-Krankheiten - Zustände, Befindlichkeiten <strong>und</strong> Perspektiven", BTU Cottbus<br />
(2) In der <strong>Umwelt</strong>gerechtigkeitsbewegung wie auch in der Public Health-Forschung der<br />
letzten Jahre wird ein weiter <strong>Umwelt</strong>begriff verwendet, der die Lebensumwelt der<br />
Menschen meint einschließlich der bebauten <strong>Umwelt</strong>, der Wohnumwelt (Bolte <strong>und</strong><br />
Mielck 2004, Frumkin 2005). Das Thema ist beileibe nicht neu. Schon vor 100 Jahren hat<br />
Heinrich Zille treffend formuliert:<br />
"Man kann einen Menschen mit einer Wohnung erschlagen wie mit einer Axt."<br />
Er kritisierte damit die ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Wohnverhältnisse von Arbeitern in Berlin,<br />
wenn viele Personen auf engstem Raum leben mussten, in feuchten <strong>und</strong> kalten<br />
Wohnungen, oftmals in unmittelbarer Nähe zu Industrieanlagen.<br />
In den USA werden heute im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Ges<strong>und</strong>heit nicht<br />
nur die Bedingungen in den Wohnungen selbst untersucht, sondern auch das Wohnumfeld<br />
mit den Aspekten Transport, Ernährung, Grünflächen <strong>und</strong> Parks sowie Verelendung von<br />
Wohnbezirken (Frumkin 2005).<br />
Die Ges<strong>und</strong>heitsfolgen des bebauten Wohnumfeldes von Bezirken, in denen überwiegend<br />
ethnische Minoritäten <strong>und</strong> Geringverdienende leben, sind vielfältig (Frumkin 2005, Hood<br />
2005). Es kommen nicht nur durch die höhere Schadstoffbelastung beispielsweise<br />
häufiger Bleivergiftungen <strong>und</strong> Atemwegserkrankungen vor. Die Infrastruktur wirkt sich<br />
auf ges<strong>und</strong>heitsrelevante Verhaltensweisen aus, wenn aufgr<strong>und</strong> fehlender Gehwege <strong>und</strong><br />
Grünflächen körperliche Bewegung eingeschränkt <strong>und</strong> damit das Risiko für Adipositas<br />
erhöht wird. Oder eine ges<strong>und</strong>e Ernährungsweise wird nicht gerade erleichtert, wenn in<br />
den Wohngebieten zwar Junk Food, Zigaretten <strong>und</strong> Alkohol überall erhältlich sind, aber<br />
Geschäfte, die frisches Obst <strong>und</strong> Gemüse verkaufen, fehlen.<br />
Vielbefahrene Straßen <strong>und</strong> Busdepots befinden sich oftmals in Wohnbezirken armer<br />
Bevölkerungsgruppen, was mit einer höheren Belastung durch Luftschadstoffe <strong>und</strong> Lärm<br />
<strong>und</strong> mit einem höheren Unfallrisiko verb<strong>und</strong>en ist. Auf der anderen Seite sind die<br />
Transportsysteme häufig unzureichend um zu einer Arbeitsstätte oder zu<br />
Ges<strong>und</strong>heitsversorgungeinrichtungen zu gelangen.<br />
3 Aspekte <strong>und</strong> Ziele von <strong>Umwelt</strong>gerechtigkeit<br />
Das gr<strong>und</strong>legende Prinzip von <strong>Umwelt</strong>gerechtigkeit ist das Recht für jede Person auf eine<br />
ges<strong>und</strong>e <strong>Umwelt</strong> (Stephens <strong>und</strong> Bullock 2002). Als Aspekte <strong>und</strong> Ziele von <strong>Umwelt</strong>gerechtigkeit<br />
können folgende substantive <strong>und</strong> prozedurale Rechte unterschieden werden<br />
(Maschewsky 2004):<br />
� Verteilungsgerechtigkeit<br />
In erster Linie ist eine Minimierung vorhandener <strong>Umwelt</strong>belastungen nach dem<br />
Verursacherprinzip anzustreben. Nicht eliminierbare <strong>Umwelt</strong>risiken sollen "gerecht"<br />
zwischen Bevölkerungsgruppen <strong>und</strong> Regionen verteilt werden, d.h. dass gleiche Vor- <strong>und</strong><br />
Nachteile nach einem <strong>Umwelt</strong>eingriff bestehen, z.B. hinsichtlich der Wohnqualität nach<br />
dem Bau einer Müllverbrennungsanlage.<br />
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