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Interview mit Elke Dillmann, Mediencoach und ... - Stiftung Zuhören

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<strong>Elke</strong> <strong>Dillmann</strong>, <strong>Mediencoach</strong> <strong>und</strong> Projektleiterinder „Audioguides“ der <strong>Stiftung</strong>Zuhören, Mitarbeiterin des BayerischenR<strong>und</strong>funks sowie Trainerin <strong>und</strong> CoachStudium der Medien- <strong>und</strong> Theaterwissenschaft,Literaturwissenschaft <strong>und</strong> Pädagogik an derFriedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg,verschiedene Projektmanagement- <strong>und</strong> Coaching-Ausbildungen© Bayerischer R<strong>und</strong>funk / Ralf Wilschewski5001-225-02Moderatorin <strong>und</strong> Autorin beim Bayerischen R<strong>und</strong>funk<strong>Elke</strong> <strong>Dillmann</strong> ist eine Projektleiterin des 2011 im Rahmen des Wettbewerbs„Ideen für die Bildungsrepublik“ als „Bildungsidee“ ausgezeichneten Projekts„Audioguides von Jugendlichen für Jugendliche für Museen, Städte <strong>und</strong>Gedenkstätten“:Im Team konzipieren, gestalten <strong>und</strong> produzieren Kinder <strong>und</strong> Jugendliche„Audioguides“ für Museen, Gedenkstätten oder als Stadtführer. Dabei werden sie vonKünstlerinnen <strong>und</strong> Künstlern, Museumspädagoginnen <strong>und</strong> Museumspädagogensowie professionellen Radiomacherinnen <strong>und</strong> Radiomachern unterstützt. Für ihreHör-Abenteuer lassen sich die Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen von dem inspirieren, was siein ihrem Heimatort, in einem Museum oder einer Ausstellung sehen. Aber auchandere vielfältige Themen, die Jugendliche beschäftigen, können bei diesem Projektin ein Hörbild umgesetzt werden. Diese Art, sich <strong>mit</strong> Kunst, Architektur, Kultur <strong>und</strong>Geschichte auseinanderzusetzen, seine Umgebung kennenzulernen <strong>und</strong> sieGleichaltrigen vorzustellen, fordert <strong>und</strong> begeistert beide Seiten – die, die es machen<strong>und</strong> die, die es nutzen.1


Seit einigen Jahren arbeiten Sie als sogenannter <strong>Mediencoach</strong> für die <strong>Stiftung</strong>Zuhören <strong>und</strong> produzieren <strong>mit</strong> Jugendlichen „Audioguides“. Warum arbeitenSie gerne für die <strong>Stiftung</strong>?In den Projekten der <strong>Stiftung</strong> habe ich den Eindruck, viel weitergeben zu können vondem, was mir wichtig ist. Zuhören, einander zuhören, die Welt entdecken übers Ohr,das finde ich sehr faszinierend <strong>und</strong> es ist schön zu sehen, wenn der Funkeüberspringt <strong>und</strong> Jugendliche (<strong>und</strong> übrigens auch Erwachsene) die Welt der Töne,Klänge <strong>und</strong> Geschichten entdecken.Wie bringen im Rahmen eines „Audioguide“ den Jugendlichen das Zuhörenbei?Ich fange zum Bespiel ein Seminar an <strong>mit</strong> einer Vorstellungsr<strong>und</strong>e, wo sich jeder <strong>mit</strong>seinem Lieblingsklang oder seinem Lieblingsgeräusch vorstellt. Das bringt einenschon einmal dazu, in „Ohren“ zu denken. Um das Aufnahmegerät kennen zu lernen,schicke ich die angehenden Audioguide-Autoren <strong>mit</strong> einer Aufgabe los: Sammelt fünfGeräusche, die eine Geschichte ohne Worte erzählen, macht einen akustischenComic, eine Bildergeschichte ohne Worte, eine Hörbildgeschichte. Da entdeckt man,wie schwierig es ist, gute Geräusche zu finden, Geräusche, die Geschichtenerzählen.Audioguides sind dann spannend, wenn sie Geschichten erzählen. Das heißt, ichmuss mich da<strong>mit</strong> beschäftigen, wie eine gute Geschichte funktioniert. Eine guteHörgeschichte funktioniert zum einen über Sprache, über einen gut formulierten Text,zum anderen über die Stimme, die diesen Text einfühlsam spricht. Als drittesElement kommen Klänge, Geräusche <strong>und</strong> Musik dazu, <strong>und</strong> <strong>mit</strong> all diesen Elementenkann man spielen. Die Autoren finden hinein in dieses akustische Denken, malschneller, mal weniger schnell, <strong>und</strong> wenn sie‘s dann mal gepackt hat, dann fängt dieKreativität an zu sprudeln <strong>und</strong> es entstehen w<strong>und</strong>erschöne Hörstücke.Immer mehr Jugendliche machen in letzter Zeit auch die Musik zu ihren Hörstückenselbst. Sie überlegen sich: Welche Stimmung möchte ich erzeugen? Was passt zudiesem Stück? Welches Instrument? Wen von meinen Mitschülern frage ich, denGeiger, den Pianisten oder den Beatboxer, <strong>und</strong> wie bring ich ihn dazu, dass er dasimprovisiert, was ich mir vorstelle? Das ist noch eine weitere Art sichauseinanderzusetzen <strong>mit</strong> dem Hören <strong>und</strong> der Wirkung dessen, was man hört.2


Und Sie selbst? Hören Sie den Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen zu?Es gibt nichts Spannenderes auf der Welt als die Geschichten, die Menschenerzählen. Da ist eine meiner Gr<strong>und</strong>überzeugungen <strong>und</strong> es ist einfach unglaublichaufregend zu sehen, was für phantasievolle <strong>und</strong> originelle Geschichten Kinder <strong>und</strong>Jugendliche entwickeln. Wie sie über Exponate im Museen erzählen, wie sie dieGeschichte ihrer Stadt erzählen, wie aber immer etwas Eigenes hineinkommt, dieeigene Sichtweise, der eigene Stil. Es macht mir großen Spaß, eine ArtHebammenfunktion zu haben, also den jungen Autoren zu helfen, ihre Geschichtenrichtig gut radiophon <strong>und</strong> medial zu produzieren. Was wirkt wie <strong>und</strong> welche Effektekann ich wie einsetzen? Das ist ein sehr kreativer Prozess. Ich höre Kindern dannbesonders gerne zu, wenn das, was sie erzählen, sehr authentisch ist <strong>und</strong> wirklich ihreigenes Ding.Schildern Sie uns bitte ein schönes Zuhörerlebnis!Da fällt mir eins ein, das erst mal gar nicht schön war, aber ungewöhnlich. Ich wareine Woche <strong>mit</strong> Beduinen im Sinai <strong>und</strong> bin reingeritten in diese Wüste auf demKamel <strong>und</strong> hab mir gedacht, wie sollst du das eine Woche aushalten, ist das öd hier,nur braune Steine, das ist ja furchtbar. Nach einer Woche hatte sich meineWahrnehmung verändert. Zum einen war es die Optik. Diese braunen Steine hattenunglaublich viele Schattierungen, Farbnuancen <strong>und</strong> interessante, bizarre Formen.Aber das Faszinierendste war eigentlich zurückzukommen in ein kleinesschnuckliges Hotel am Strand <strong>und</strong> auf der Terrasse zu stehen <strong>und</strong> es nicht zuertragen, wie laut es war, wo diese zwanzig Leute am Buffet standen <strong>und</strong> sich ganznormal unterhielten. Ich bin dann zum Strand gegangen <strong>und</strong> dachte mir, jetztbrauchst du Ruhe. Offensichtlich hat sich dein Gehör so geschärft in dieser Woche inder stillen Wüste, dass du ganz normale Alltagslautstärke nicht mehr aushältst. Unddann waren diese Wellen unerträglich laut! Ich fand es sehr faszinierend, zu sehen,was <strong>mit</strong> einem passiert, wenn man runterfährt. Wie sensibel man wird in derWahrnehmung <strong>und</strong> wie stark man die Feinheiten wahrnimmt.3


Wie sieht Ihr persönliches Hörkulinarium aus? Stellen Sie bitte für uns ein Drei-Gänge-Menü zusammen. Mögliche Zutaten oder Speisen sind zum BeispielGeräusche, Klänge, Musikstücke oder besondere Hörerlebnisse.So etwas muss man ja komponieren. Ein Koch steht ja auch einen Tag lang in derKüche. Also wenn ich jetzt wirklich so etwas Tolles zusammenkochen sollte, dannmüsste ich einen Tag ins Studio gehen <strong>und</strong> das alles schön mischen, würzen,abschmecken <strong>und</strong> zusammenstellen. Zu einem guten „Hörmenü“ gehören So<strong>und</strong>s<strong>und</strong> Geräusche. Natürlich gehört Musik dazu, <strong>und</strong> zwar ganz unterschiedliche Musik.Denn ein gutes Menü zeichnet sich durch seine Vielfalt <strong>und</strong> Vielseitigkeit aus. Dasheißt, ich brauche verschiedene Musikstile, Rhythmen, Tempi. Und es gehörenh<strong>und</strong>ertprozentig Geschichten dazu, von Menschen erzählt, die gut erzählen können,die tolle Stimmen haben, die einen in den Bann ziehen, <strong>mit</strong> der Art, wie sie erzählen.Was r<strong>und</strong>et das Ganze ab? Als Dessert empfehle ich mein persönliches Leckerli:Das Lachen meine Kinder, oder ein selbstvergessenes Vor-sich-hin-Singen, wenn sieganz bei sich sind. Das ist einer der schönsten Klänge, den ich kenne.Was wünschen Sie der <strong>Stiftung</strong> zum zehnjährigen Jubiläum?Die <strong>Stiftung</strong> Zuhören hat sich in den letzten zehn Jahren als jemand erwiesen, dergut zuhören kann, der Menschen, Museen, Städte, Institutionen ihre Geschichtenerzählen lässt. Ich wünsche ihr, dass sie noch viele tolle Geschichten zu hörenbekommt in den nächsten zehn, h<strong>und</strong>ert, tausend Jahren in Museen, in Städten, vonKindern in Hörclubs…Dass das Erzählen <strong>und</strong> Zuhören nicht aufhört.4

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