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Intensiv und erfüllend<br />
von Eva Brandt<br />
Es begann zwischen von Hochwasser gefluteten<br />
Straßen und flachen Landschaften, in den neuen<br />
Bundesländern Deutschlands im Sommer 2010.<br />
Nach einer langen Anreise mit kleinem Gepäck<br />
hatte ich meine erste Begegnung mit dem weißen<br />
OMNIBUS. Er stand da einfach mitten in der<br />
kleinen Stadt. Alles war ruhig und die Luft warm.<br />
In einer Zwischenphase zwischen Universität<br />
und der Entscheidung, wie es in meinem Leben<br />
weitergehen sollte, stieg ich zu, zu den anderen,<br />
bislang unbekannten Menschen und nahm einen<br />
Platz ein. Wir fügten den Städten und ihren<br />
Plätzen, die wir abends verliessen und abends<br />
besuchten, etwas hinzu. Wir nahmen für einen<br />
oder zwei Tage einen Raum ein und wurden<br />
präsent.<br />
Die Arbeit am OMNIBUS im letzten Sommer hat<br />
sich in mein Gedächtnis anhand folgender Bilder<br />
eingeprägt: ich sehe uns mit und ohne Sonnenschirm<br />
auf heißem Asphalt stehen. Schulklassen<br />
kommen hergelaufen. Bereits am zweiten Tage<br />
begegnen mir bekannte Gesichter, Menschen,<br />
die sich bewusst entschieden haben, mit einem<br />
konkreten Anliegen zu uns zu kommen, eventuell<br />
einen Zeitungsartikel dabei haben, sprechen<br />
möchten. Die direkte Demokratie wird von<br />
verschiedenen Standpunkten aus besprochen,<br />
Argumente verinnerlichen sich und können sich<br />
festigen.<br />
Die Irritation, die der OMNIBUS bei den Passant/<br />
innen auslöst, die Überraschtheit, entwickelt<br />
sich zu einem Gespräch über das Leben und die<br />
Gesellschaft, das sowohl öffentlich als auch intim<br />
ist, also zwischen zwei oder mehr Menschen<br />
abläuft. Irgendwie jedes Mal einzigartig.<br />
Werner hilft mir und den anderen Mitfahrer/innen<br />
und, ja, man kann Gespräche beeinflussen und<br />
führen, sich jedes Mal aufs Neue auf das Gegenüber<br />
einlassen, die Reaktionen aufnehmen und<br />
beginnen zu argumentieren.<br />
Wie nennt man das in der Wirtschaft? Ich habe<br />
am OMNIBUS sozusagen an meinen Soft-Skills<br />
gearbeitet, gelernt zu reden, standhaft zu sein<br />
und aufrichtig. Doch „soft“ ist die Arbeit keineswegs.<br />
Sondern intensiv und erfüllend, wie ich es<br />
bisher nur von Reisen kenne, auf denen ich mit<br />
Fremdheit konfrontiert wurde, die mich auf eine<br />
bestimmte Art veränderte. Dass ich so was hier<br />
in Deutschland finde, ist großartig und die Arbeit<br />
ein Teil eines Prozesses, der im Kern bestehen<br />
bleibt, jedoch ständig in Bewegung ist.<br />
Eva Brandt, Studentin, beginnt gerade einen<br />
internationalen Masterstudiengang „Roads to<br />
Democracy“ (Eva hat nach ihrem Praktikum am<br />
OMNIBUS (16.08. – 27.08.2010) spontan auch<br />
noch für eine Zeit in Berlin bei der Volksinitiative<br />
„<strong>Schule</strong> in Freiheit“ mitgeholfen)