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reinlein - Stadl-Paura

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STADLINGER POST<br />

Zeit fünf Schießplätze, die alle rund<br />

um die Uhr belegt waren. Es hieß, es<br />

muss jeder Rekrut mindestens einmal<br />

geschossen haben. Ich hatte mit meinen<br />

16 Rekruten keinerlei Probleme.<br />

Diese Burschen waren schwer in Ordnung.<br />

Verschiedene leere Block`s (es<br />

gab ja viele) mussten jetzt eingerichtet<br />

werden. Der Transport von Bettgestellen,<br />

Matratzen, Decken, Spinden<br />

usw. war erforderlich, um für die zu<br />

erwarteten Flüchtlinge Quartiere zu<br />

schaffen.<br />

Aber bereits am 15. Oktober 1956<br />

bekamen wir vorerst 800 Militärinternierte<br />

und später noch 2.800 Zivilinternierte.<br />

Für das Lager der ungarischen<br />

Soldaten mussten wir bald<br />

die Wache stellen. Die Pioniere hatten<br />

zuvor eine Stacheldraht-Umzäunung<br />

aufgebaut. Übrigens, bei diesen Pionieren<br />

war ein <strong>Stadl</strong>inger (Lhota Franz)<br />

dabei, der ebenfalls am 1. Okt.1956<br />

eingerückt war. Für einen 24-stün-<br />

GMC Amerik. LKW<br />

digen Wachdienst mussten 18 Mann<br />

aufgeboten werden. Wir hatten allerhand<br />

zu tun und es kam öfters vor,<br />

dass nur unter Androhung des Waffengebrauchs<br />

die Ruhe im Lager wieder<br />

hergestellt werden konnte.<br />

Große Schwierigkeiten bekamen wir<br />

aber, als 2.800 Zivilinternierte in ein<br />

eigenes Lager gebracht wurden. Dieses<br />

Lager befand sich direkt gegenüber<br />

des Militärlagers. Die Zivilisten hatten<br />

Ausgang und die ungarischen Soldaten<br />

durften nicht aus dem Lager. Jetzt<br />

versuchten viele Soldaten, egal auf welchem<br />

Weg, ins Zivillager zu kommen.<br />

Dabei waren die Soldaten sehr erfinderisch.<br />

Es war im November 1956, in<br />

den Abendstunden, es war schon lange<br />

finster und es gab nassen Schneefall.<br />

Ich war Wachkommandant, als ich feststellte,<br />

dass sich etwa 8 oder 9 ungarische<br />

Soldaten vor dem Wachlokal bis<br />

auf die Unterhose auszogen und so auf<br />

dem nassen Asphalt standen. Sie pro-<br />

testierten gegen die Internierung, ich<br />

musste sie jetzt auffordern, diesen Protest<br />

sofort abzubrechen. Inzwischen ist<br />

auch die KI (Kaserninspektion) zu dieser<br />

Zeit ein Wachtmeister der Panzer,<br />

im Wachlokal eingetroffen und redete<br />

auf die Ungarn ein. Als er aber merkte,<br />

dass dies nichts nützte, zog er seine<br />

Pistole und gab einen Warnschuss ab.<br />

Gerade in dieser heiklen Situation kam<br />

ein älterer Ungar als Dolmetsch dazu.<br />

Auch er forderte die Burschen auf, diesen<br />

Protest sofort einzustellen. Als<br />

auch dieser Mann nur freche Antworten<br />

bekam, knallte er diesem Burschen<br />

eine, dass es ihn von den Füssen riss.<br />

Erst danach konnte die Lage geklärt<br />

werden.<br />

Die Küche für beide Lager befand sich<br />

im Militärlager, das Essen wurde vom<br />

Militärlager ins Zivillager gefahren. Wir<br />

hatten schon Soldaten herausgefischt,<br />

die sich unter dem LKW anhängten<br />

und so ins Zivillager gelangen wollten.<br />

Ich wusste daher, dass man auf alles<br />

gefasst sein musste. Auf der Ladefläche<br />

des GMC (amerik. Lastkraftwagen)<br />

befanden sich große Küchengeschirre,<br />

Kisten mit Gemüse und einige<br />

Kartoffelsäcke. Ich bin auf die Ladefläche<br />

gesprungen und kontrollierte die<br />

Ladung. Unter einem dieser Kartoffelsäcke<br />

sah ich eine kleine schwarze Stiefelspitze<br />

hervorschauen. Ich hob den<br />

Sack auf und darunter saß ein ungarischer<br />

Soldart. Solche und ähnliche<br />

Vorkommnisse gab es ständig.<br />

Noch ein Kuriosum aus dieser schwierigen<br />

Zeit. Die Mannesausrüstung war<br />

amerikanisch, die Bewaffnung russisch,<br />

nur die alte Gendarmerie-Uniform<br />

und der Mann waren österreichisch.<br />

Einen Stahlhelm hatte ich nur<br />

während der 6 monatigen Schule für<br />

Truppen-Unteroffiziere. Stahlhelme,<br />

die zu dieser Zeit auch amerikanisch<br />

waren, fassten wir für diese Kompanie<br />

nie aus. Wir bekamen in Kisten, noch<br />

in Überseefett verpackt, die Gewehre<br />

russischer Herkunft. Offiziell hieß<br />

diese Waffe G 44. Das Bajonett war am<br />

Gewehr fest montiert, man musste es<br />

nur aufklappen.<br />

Juli bis September 2012 · 3/12 51<br />

GESCHICHTE

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