26.11.2012 Aufrufe

reinlein - Stadl-Paura

reinlein - Stadl-Paura

reinlein - Stadl-Paura

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

STADLINGER POST<br />

Russische Maschinenpistole PPSH, 1941<br />

Wir waren nun damit beschäftigt,<br />

diese Waffen aus den Kisten auszupacken<br />

und vom Überseefett und dem<br />

Ölpapier zu reinigen. Diese Arbeiten<br />

mussten natürlich im Freien vorgenommen<br />

werden. All das geschah in<br />

Sichtweite der ungarischen Soldaten.<br />

Sie kannten ja diese Waffen viel besser,<br />

als wir. Sie schrien zu uns herüber,<br />

„russian Puschka nix gut“ und deuteten<br />

uns an, wir sollten die Gewehre<br />

übers Knie abbrechen und wegwerfen.<br />

So wie es uns mit den russischen<br />

Gewehren erging, mussten sich andere<br />

Einheiten mit den russischen Maschinenpistolen<br />

herumschlagen. Diese<br />

Waffe hatte ein Trommelmagazin zu<br />

72 Schuss. Auch der Umgang mit dieser<br />

MP musste erst eingeübt werden.<br />

Auch mit den Fahrzeugen war es so<br />

eine Sache, die heute völlig undenkbar<br />

wäre. Gleich als der Ungarnaufstand<br />

offiziell bekannt war, bekam<br />

unsere Kompanie ein Motorrad, einen<br />

Dodge (amerik. Kleinlastwagen) und<br />

14 LKW (GMC) amerik. Lastwagen.<br />

Heute besitzen die jungen Burschen,<br />

wenn sie einrücken, zumeist schon<br />

Führerscheine. Damals war das aber<br />

eine rühmliche Ausnahme, wenn einer<br />

einen Führerschein hatte. Die Kompanie<br />

war angetreten, es wurde gefragt,<br />

wer einen Führerschein besitzt. Es meldete<br />

sich nur ein Mann. Dann wurde<br />

gefragt, wer von einem Bauernhof<br />

komme und mit einem Traktor fahren<br />

kann. Darauf meldeten sich etwa 10<br />

Burschen. Dann wurde so vorgegangen,<br />

der Mann mit dem Führerschein<br />

kam auf den ersten LKW, die Traktorfahrer<br />

kamen auf die restlichen LKW`s.<br />

In dieser Formation wurde tagelang<br />

das Kolonnenfahren im Kasernengelände<br />

geübt, groß genug war es ja.<br />

Wenn man vom oberen Ende zu den<br />

Russ. Karabiner GE 44<br />

KFZ Garagen musste, war man zu Fuß,<br />

eine halbe Stunde unterwegs. In dieser<br />

Kaserne gab es einfach alles, angefangen<br />

von den vielen Unterkünften gab<br />

es noch eine Kirche, Turnhallen, Sportplätze,<br />

ein großes Kino und eine wirklich<br />

große Kantine, in der auch ein Frisör<br />

war. In diesen Wochen im Oktober,<br />

November und Dezember 1956 musste<br />

das junge Bundesheer fast Unmögliches<br />

leisten. Bis zum Dezember 1956<br />

hat Österreich 190.000 Flüchtlinge<br />

(Militär und Zivil) aufgenommen. Alle<br />

nur möglichen Quartiere und Restbaracken<br />

aus der Kriegszeit waren belegt,<br />

ja sogar überbelegt. Auch in <strong>Stadl</strong>-<br />

<strong>Paura</strong> waren viele Ungarn einquartiert.<br />

Im Anschluss daran, wanderten<br />

viele Ungarn nach Amerika, Australi-<br />

en, Neuseeland und nach Kanada aus.<br />

Erst ab Jänner 1957 normalisierte sich<br />

langsam unsere Situation und es konnte<br />

auch wieder der Ausbildungsdienst<br />

aufgenommen werden. Im März 1957<br />

kam ich mit einem 30 Mann starken<br />

Vorkommando nach Hörsching. Die<br />

Kompanie folgte im April 1957 nach.<br />

Hier mussten wir das Edelweiß von<br />

unseren Kappen abnehmen, weil wir<br />

jetzt zur 4ten Brigade gehörten.<br />

Im Oktober 1956 rückten die ersten<br />

Rekruten ein. Der nächste Einrückungstermin<br />

war dann der 2. Jänner<br />

1957. Als im April 1957 wieder Rekruten<br />

zu unserer Kompanie einrückten,<br />

bekam ich einen Zug (37 Mann) zur<br />

Ausbildung. Unser Bundesheer war<br />

erst 10 Tage alt, als in Ungarn der Aufstand<br />

begann. Wir mussten überall<br />

improvisieren und mit Provisorien in<br />

diese Situation hinein gehen.<br />

Ich habe in diesem Bericht versucht,<br />

den Ungarnaufstand und seine Auswirkung,<br />

so wie ich das erlebte, zu schildern.<br />

Bildmaterial aus eigenem Archiv.<br />

Dieses Bild vom Sommer 1957 ist charakteristisch für diese Zeit. An Uniformsorten sind zu<br />

sehen: zwei neue Bundesheer–Uniformen, Muster 1956. Die Rekruten haben noch Gendarmerie–Uniformen<br />

als Übungsgarnituren mit den roten Spiegeln. Die Kappen waren schon<br />

neu vom Muster 1956, mit der Blechkokarde. Die Waffen waren, wie bereits erwähnt, russisch.<br />

Ich war noch zur Gänze in der Gendarmerie-Uniform: Kappe noch mit der gestickten<br />

Kokarde, das Hemd war noch von der Gendarmerie–Sommer–Uniform mit den roten Spiegeln,<br />

die mit Druckknöpfen am Hemd befestigt sind, blaugrauer Cord–Keilhose, Leibriemen<br />

und Schuhe, ebenfalls noch von der Gendarmerie. Auch für mich galt diese Uniformsorte als<br />

Übungsgarnitur bzw. als Auslaufmuster.<br />

Juli bis September 2012 · 3/12 53<br />

GESCHICHTE

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!