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2NEWS 108InhaltChina-Makropoden 3Das richtige Geschlechterverhältnisbei lebendgebärenden Zahnkarpfen 8Landschildkrötenkinder 14Ein neues Nano-Blauauge 20<strong>Aqualog</strong>Kids: Garnelen 26TerralogKids: Schnirkelschnecken 28Kaufe einen Fisch, rette einen Baum 30Bartagamen 34Soldaten- und Husarenfische 39Liebenswerte Kröten (Teil1) 43NameAnschriftLand I PLZ I WohnortIch möchte folgendermaßen bezahlen:Visa I MastercardKartennummer:Vorschau:Die neueNews No 109erscheint in der KW 45/46 2013Nicht verpassen!Ein neuer Halbschnabelhecht 46Wollen Sie keine Ausgabe der News versäumen ?Werden Sie Abonnent(in) und füllen Sie einfach den Abonnenten-Abschnitt ausund schicken ihn an: <strong>Aqualog</strong> Animalbook GmbH, Liebigstr.1, D- 63110 RodgauHiermit abonniere ich die Ausgaben 106-109 (2013) zum Preis von €12 ,- für 4 Ausgaben,(außerhalb Deutschlands € 19,90) inkl. Porto und Verpackung.auf RechnungPrüf.- Nr.:gültig bis:Name des Karteninhabers (falls nicht identisch mit dem Namen des Abonnenten)ImpressumHerausgeber:Wolfgang GlaserChefredakteur:Dipl. -Biol. Frank SchäferRedaktionsbeirat: Thorsten HoltmannVolker EnnenbachDr. med. vet. Markus BiffarThorsten ReuterLevin LockeManuela SauerDipl.- Biol. Klaus DiehlLayout:Bärbel WaldeyerÜbersetzungen: Mary BaileyGestaltung:<strong>Aqualog</strong> animalbook GmbHFrederik TemplinTitelgestaltung: Petra Appel, Steffen KabischDruck:Bechtle Druck&Service, EsslingenGedruckt am: 3.9.2013Anzeigendisposition: <strong>Aqualog</strong> animalbook GmbHund VerlagLiebigstraße 1, D-63110 RodgauTel: 49 (0) 61 06 - 697977Fax: 49 (0) 61 06 - 697983e-mail: info@aqualog.dehttp://www.aqualog.deAlle Rechte vorbehalten. Für unverlangt eingesandte TextundBildbeiträge kann keinerlei Haftung übernommenwerden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge gebennicht unbedingt die Meinung der Redaktionwieder.ISSN 1430-9610Kostenlos (Schutzgebühr 1,-)Diese Ausgabe (108) steht Ihnen nach Erscheinen dernächsten Ausgabe (109) unter www.aqualog.de als kostenlosePDF-Datei zum Download zur VerfügungWie und wo erhalten Sie die News ?Jeder Zoofachhändler, jede Tierarztpraxis und jeder Zoologische Garten kann beim <strong>Aqualog</strong>-Verlag ein Kontingentder NEWS anfordern und als Kundenzeitschrift auslegen.Zusätzlich zum traditionellen Einzelhandel wird die NEWS in vielen Filialen der untenstehen d auf geführten Kettenverteilt.Darüber hinaus liegt die NEWS auf vielen Fachmessen aus und kann auch von Vereinen anlässlich von Veranstal tungenzum Verteilen angefordert werden.Alle <strong>Aqualog</strong>-Produkte erhalten Sie weltweit im Zoofachhandel, im Buchhandel oder direkt beim Verlag.Zoofachhändler aufgepasst!Ihr flexibler und schneller Buchgroßhändlernicht nur für AQUALOG.Über 3.000 Titel rund um s Thema Tier!<strong>Aqualog</strong> animalbook GmbHLiebigstr.1 D-63110 Rodgautel: +49 (0) 6106 697977e-mail: info@animalbook.deFilialen mit Zoofachabteilung


NEWS 108 3Der China- oder Rundschwanzmakropode (Macropodus ocellatus) gehört seitjeher zu den seltenen Kostbarkeiten im Aquarium. Das ist sehr schade, denn derFisch hat seinem Pfleger einiges zu bieten.ELabyrinthfischeChina-Makropoden:Aufgeben gilt nicht!von Frank Schäferin Fischlein und die WeltgeschichteDie Entdeckungsgeschichte des China-Makropodenführt zurück in das Jahr 1842. Damalsbeschrieb Theodore CANTOR von Zhoushan(früher Tschouschan oder Tschusan, englischChusan) die neue Art Macropodus ocellatus.Zhoushan ist eine Inselgruppe an derOstküste von China. Die Hauptinsel wurde1840, 1841 und 1860 von den Engländern besetztund erst nach der Öffnung Chinas fürden Handel mit Europa zurückgegeben. Dergebürtige Däne CANTOR (1809-1860) war Arztund arbeitete als Angestellter bei der mächtigenOstindien-Kompanie, die für die Besetzungvon Zhoushan verantwortlich war. SeinInteresse galt vor allem Amphibien und Reptilien,1836 beschrieb er z.B. als Entdecker dieKönigskobra (Ophiophagus hannah), diegrößte Giftschlange der Welt, doch war CAN-TOR ganz allgemein biologisch sehr gebildet.Er verfasste eine Studie über die Tiere undPflanzen von Chusan, die 1842 veröffentlichtwurde und u.a. die Erstbeschreibung desChina-Makropoden enthält. Er ließ sogar einsehr schönes Aquarell des Tieres herstellen,das wir hier aus Urheberrechtsgründen leidernicht zeigen können. Immerhin konnte Hans-Joachim PAEPKE 1994 in seiner Monografieüber die Paradiesfische dieses Aquarell abdruckenlassen, wenn auch leider nur inschwarz-weiß, so dass man nicht extra nachLondon fahren muss, um es zu betrachten -die British Library bewahrt das Original auf.Die Welt verdankt die Entdeckung des China-Makropoden letztendlich also einer aggressivenWirtschaftspolitik.Portrait einer erst vor wenigen Wochen erstmalsneu importierten Form mit roter Iris.1869 gelangte der eigentliche Paradiesfischoder Makropode, Macropodus opercularis, alserster exotischer Aquarienfisch nach demGoldfisch nach Europa und löste eine Welleder Begeisterung aus. Möglicherweise gäbees die Aquaristik, wie wir sie heute kennen,ohne den Paradiesfisch gar nicht, aber dasbleibt natürlich Spekulation. Zur Spekulationverführte aber auch das fantastische Aussehendes Paradiesfisches: konnte es in freierNatur wirklich einen derartig farbenprächtigenFisch mit so großflächigen Luxusflossengeben? Viele Naturwissenschaftler verneintendas. Da der Paradiesfisch, genau wie derGoldfisch, aus China stammte, spekulierteman, dass er, analog zu Schleierschwanz undCo., eine Zuchtform der Chinesen sei.Doch wer kam als Stammform in Frage? Manglaubte, in der von dem deutschen Arzt MarcusEliser BLOCH 1790 beschriebenen Art Macropoduschinensis diese Stammform zu erkennen.Im Gegensatz zum Paradiesfisch, dereine gabelförmige Schwanzflosse hat, zeigtder Kupferstich von BLOCH ein rundschwänzigesTier. Als 1913 die ersten rundschwänzigenMakropoden für die Allgemeinheit verfügbarwurden (tatsächlich kam die Art schon 1893erstmals nach Deutschland, doch wurde dasgeheimgehalten) identifizierte man sie alsMacropodus chinensis und nannte sie aufdeutsch China-Makropoden.Diese China-Makropoden blieben jedochweitgehend unbeachtet und starben in derFolgezeit aquaristisch immer wieder aus. Seltsamerweiseschrieb niemand über die fantastischeFarbenpracht der balzenden Männchen.Erst 1989 konnte PAEPKE beweisen, dass BLOCHsM. chinensis nur ein Paradiesfisch mit zerstörterSchwanzflosse war, weshalb der China-Makropode wissenschaftlich heute Macropodusocellatus heißt.Balzendes Wildfang-Männchen des China-Makropoden, Import Aquarium Glaser 2011.Viel SpekulationBleiben wir noch etwas bei der Geschichte.


4NEWS 108LexikonChina-MakropodenMacropodus: bedeutet ”Großflosser”opercularis: der Name bezieht sichauf den Fleck auf dem Kiemendeckel(Operculum)ocellatus: bedeutet ”mit einem Augenfleckversehen”chinensis: bedeutet ”aus China stammend”Das Männchen des im Text beschriebenen neuen Wildfangstammes. Außer dem roten Auge ist der blaueFleck an der Basis der Rückenflosse besonders auffällig.alle Photos: Frank SchäferGroße ProblemeErst 1983 kamen wieder China-Makropodennach Deutschland, nachdem sie im 2. Weltkriegoffenbar endgültig ausgestorben waren.Es war die Internationale Gemeinschaft für Labyrinthfische(IGL), der es gelang, einen Aquarienstammzu etablieren, denn der Zoofachhandelinteressierte sich nach wie vor nicht fürdie Fische. Leider sind nämlich China-Makropodenaußerhalb der Fortpflanzungszeit sehrblass gefärbt und sehen nicht attraktiv aus.Diese ersten Fische seit langem wurden aufprivate Initiative mitgebracht. Ich erhielt 1984einige der ersten Nachzuchttiere. Die wunderschönenFarbaufnahmen von Hans JoachimRICHTER hatten mich restlos begeistert und Makropodenfanbin ich, seit in den 1970er Jahrenein Pärchen Paradiesfische in einem meiner allererstenAquarien ablaichten.Leider erwiesen sich die China-Makropodenaber als extrem hinfällig. Ich glaube, dass esnur wenige Fischarten gibt, die derart anfälligfür die Fischtuberkulose sind wie Macropodusocellatus. Die Fischtuberkulose ist ein allgegenwärtigesBakterium, dass unter besondersungünstigen Voraussetzungen sogar Hauterkrankungenbeim Menschen auslösen kann -übrigens die einzige nennenswerte von Zierfischenauf den Menschen übertragbareKrankheit. Warum die damaligen China-Makropodenso empfänglich für die Keimewaren, weiß man nicht. Es hat sich zwar nie jemandan ihnen angesteckt, aber wer möchteschon Fische pflegen, die früher oder späteran üblen Geschwüren verenden? Es drohtedas erneute Aussterben der Fische im Hobby.Doch dann - wieder weiß keiner so recht,warum - hatte sich irgendwann ein Aquarienstammdieser schönen Fische etabliert, der sogut wie nie an Tuberkulose erkrankt. So zeigtesich bereits bei diesem ersten neuzeitlichenImportstamm des China-Makropoden: Aufgebengilt nicht!Herrliche Fische - auch für das FreilandMit maximal acht Zentimetern Gesamtlängeist der China-Makropode ein kleiner Fisch.Männchen werden immer größer als dieWeibchen. Die Geschlechtsreife tritt im Altervon etwa vier Monaten ein, dann sind die Tierezwischen drei und fünf Zentimetern groß. DerChina-Makropode ist ein typischer Schaumnestbauer.Das Männchen errichtet ein relativkompaktes Schaumnest und erstrahlt in seinenschönsten Farben. Die Paarungseinleitunggeht aber vom Weibchen aus, das sich,wenn es paarungsbereit ist, ganz hell cremefarbenfärbt, fast weiß. Außerhalb der Laichzeitsind Männchenund Weibchen farblich nichtvoneinander zu unterscheiden. Makropodenproduzieren durchsichtige Schwimmeier. DiePaarung erfolgt labyrinthertypisch mit einerU-förmigen Umschlingung des Weibchensdurch das Männchen, wobei das Männchendas Weibchen zunächst von unten anschwimmt.Hat das Männchen das Weibchenumklammert, so dreht es das Weibchen aufden Rücken und unter Zittern werden die Geschlechtsprodukteabgegeben.Die Jungen, die schon nach 24 Stunden zuschlüpfen beginnen, sind sehr klein. Nach demFreischwimmen, das etwa im Alter von 48Stunden beginnt (es gibt bei Labyrinthernimmer eine gewisse Bandbreite von Früh- undSpätentwicklern) brauchen sie etwa 10-12Tage, bis sie Artemia-Nauplien fressen können.Bis dahin brauchen sie mikroskopisch kleinesLebendfutter.China-Makropoden sind Fische der Subtropen.Ihr Artareal umfasst große Teile Chinasund Koreas, eingebürgert findet man sie auchauf Japan. Die Fische kommen teilweise in Gebietenvor, wo das Thermometer im Winter aufbis zu -20°C absinken kann. Damit sind China-Makropoden mancher Population bei unswinterhart und können ganzjährig im Gartenteichgepflegt werden. Beim ZierfischgroßhandelAqua-Global in Berlin lebt seit vielenJahren eine solche Population in einem Zierteichvor den Geschäftsräumen. Da Macropodusocellatus gewöhnlich nicht älter als dreiJahre wird, pflanzen sich die Fische dort aucherfolgreich fort. In strengen Wintern sterbenauch in der Natur sehr viele Tiere. Da dieLiteratur:Cantor, T. E. (1842): General features of Chusan,with remarks on the flora and fauna ofthat island. Annals and Magazine of NaturalHistory (New Series) v. 9 (nos 58, 59, 60): 265-278, 361-370, 481-493.Paepke, H.-J. (1994): Die Paradiesfische. Dieneue Brehm-Bücherei Bd. 616, Westarp Wissenschaften,Magdeburg


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6NEWS 108Paarung des im Text beschriebene Pärchens. Das Weibchen ist typisch hell gefärbt.China-Makropoden unter Eis ihre Labyrinthatmungnicht verwenden können, sind sie, wie meinde, dass ein baldiges Aussterben nichtderzeit hat der Fisch eine so große Fange-ganz normale Fische, auf die Kiemenatmung mehr zu befürchten ist. Aber das Tier hat einangewiesen. Es scheint, als kämen Jungtiere riesiges natürliches Verbreitungsgebiet undvon 2-3 Zentimetern Länge am besten durch wie man aus Erfahrung weiß, können sich lokalePopulationen recht erheblich voneinan-den Winter.China-Makropoden sind reine Fleischfresser. der unterscheiden. So versucht man jetzt -Im Aquarium kann man sie problemlos mit wenn auch in sehr kleinem Maßstab, dennFlockenfutter, Tiefkühlfutter und Lebendfutter weder China noch Korea sind typische Exportländerfür wildgefangene Aquarienfische -aller Art ernähren. Die chemische Zusammensetzungdes Wassers ist ohne Bedeutung für von Zeit zu Zeit Wildfänge des China-Makropodenzu importieren und auf eben jene Un-die Fische, allerdings sind die Tiere in weichemWasser empfänglicher für einige Parasiten, die terschiede hin zu untersuchen.dieses Wasser bevorzugen - vor allem die Innerhalb der Labyrinther-Gemeinschaft ist esSamtkrankheit Piscinoodinium (Oodinium). vor allem der unermüdliche Thomas SEEHAUS,Im Zimmer brauchen China-Makropoden der alle verfügbaren Daten über die Wildformender Makropoden zusammenträgt. Er hatkeine zusätzliche Heizung. Man kann sie problemlosbei Temperaturen zwischen 14 und auch ein Buch über Makropoden geschrieben.32°C pflegen, wobei die reguläre Pflegetemperaturidealerweise zwischen 20 und 25°C www.casa-di-lago.de, es lohnt sich!Besuchen Sie einmal seine Homepageliegt, zur Zucht 3-5°C höher. Es hat sich als sehr Vor zwei Jahren kam ein Wildfang zu uns, beigünstig erwiesen, die Fische für 6-8 Wochen dem das Weibchen während der Paarungkalt zu überwintern (ggf. im Kühlschrank). Die nicht die sonst so typische helle Färbung annahm.Leider gelang es mir aus privaten Grün-Überwinterungstemperatur sollte zwischen 6und 12°C liegen, wobei man bei Tieren unbekannterHerkunft sicherheitshalber im oberen Aufgeben gilt nicht!den nicht, diesen Stamm zu erhalten. Aber:Bereich dieser Skala arbeiten sollte.Kürzlich importierte Aquarium Glaser einmalwieder Wildfänge. Ein Pärchen dieser FischeDie Zukunft der China-Makropodennahm ich mit nach Hause. Leider entwickelteDer erste Schritt bei der Erforschung einer das Weibchen eine heftig verlaufende bakterielleErkrankung. Die untere Hälfte derKleinfischart ist es immer, erst einmal einenAquarienstamm zu etablieren. Das ist beim Schwanzflosse und etwa ein Drittel der Muskulaturdes Hinterleibes faulten weg, bevor China-Makropoden geglückt und zumindestdieKrankheit zum Stillstand kam. Leider warendie Tiere bei Aquarium Glaser zu diesem Zeitpunktbereits ausverkauft. Ich machte mirkaum noch Hoffnung, dass das Weibchenüberleben könnte, doch tat ich alles, um demTier das Dasein so angenehm wie möglich zumachen. Zwei Handvoll Herbstlaub reichertendas Wasser mit sekundären Pflanzenstoffen an(siehe News 107) und als Futter gab es nur tiefgefrorene,erwachsene Artemia, eine besondersnahrhafte und keimarme Kost.Zwei Wochen später geschah, woran ich kaumnoch glaubte: das Pärchen laichte ab. Bis aufdie Tatsache, dass das Weibchen mit seinergräßlichen Narbe sehr unvollständig aussah,verlief alles ganz nach Vorschrift. Heute, da ichdiesen Artikel schreibe, schwimen etwa 150Jungtiere dieses Paares in einem meiner Aufzuchtaquarienund sind schon etwas übereinen Zentimeter lang.Einmal mehr zeigt es sich beim China-Makropoden:Aufgeben gilt nicht!Es hat geklappt: Schaumnest mit Eiern.


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8NEWS 108EvergreensMännerüberschuss-Frauenüberschuss -Paarweise ??!!Wie hält man Guppy, Platy & Co. richtig?von Oliver Helker und Peter MerzObwohl in der aquaristischen Fachliteratur über lebendgebärende Zahnkarpfen(siehe Literaturverzeichnis für die wichtigsten und verbreitesten Handbücher)kein Wort darüber zu lesen ist, kursiert im Internet und sogar auf Vorbereitungsschulungenfür die Erlaubnis zum Handel mit Tieren die abstruse Empfehlunglebendgebärende Zahnkarpfen am besten immer im Verhältnis ein Männchenzu drei Weibchen zu verkaufen.Dies wird vor allem mit dem permanentenWerben und Balzen der Männchenbegründet. Durch einen Weibchen-Überschusssoll sich dieser Druck gleichmäßig verteilenund somit den negativen Stress für daseinzelne Weibchen vermindern.Was sagt die Wissenschaft dazu?Man hat in der Vergangenheit in mehrerenwissenschaftlichen Arbeiten gefunden, dassgenau das Gegenteil der Fall ist und ein Überschussan Männchen für die Weibchen vielschonender ist.Diese Studien wurden in den 1940er undPapageienplaty, Xiphophorus variatus, Männchen mit Simpson-Flosse.Alle Photos: Frank SchäferEndler-Guppy ”Wiener Smaragd”1950er Jahren durchgeführt. Ziel der Arbeitenwar es, die wissenschaftlichen Voraussetzungenfür die optimale Laborhaltung von Platysund Schwertträgern zu finden. Denn manhatte herausgefunden, dass bestimmte Kreuzungenzwischen Platy und Schwertträger zuKrebserkrankungen bei den Nachkommenführten. Das war eine revolutionäre Entdekkung,die die Krebsforschung nach vorn katapultierte.Der an diesen Modellorganismengewonnenen Erkenntnissen verdanken Millionenvon an Krebs erkrankten Menschen ihrLeben.Man fand, dass bei Platys die aggressiven Interaktionenzwischen Männchen und Weibchenvergleichbar waren, also: Weibchen beißeneinander genau so oft wie Männchen undzwar unabhängig davon, ob sie in reinenMännchen- oder reinen Weibchengruppenoder in geschlechtlich gemischten Gruppengepflegt werden.Bei der Kreuzung von Platys und Schwertträgernwerden übrigens Verhaltenseigenschaftenartrein vererbt. Das bedeutet, dass auchGrüner Schwertträger, Xiphophorus hellerii, gefleckteWildform ”Guentheri”Schwert träger, die ihre Färbung einer Platyeinkreuzungverdanken, das typische, artspezifischeSchwertträger-Verhalten zeigen unddiesbezüglich nicht von reinrassigen Schwertträgernzu unterscheiden sind. Das gleiche giltfür Platys: sie haben immer das artspezifischePlaty-Verhalten, auch wenn sie unter ihren VorfahrenSchwertträger-Einkreuzungen haben.Was passiert bei Männchenüberschuss?Wenn man etwas darüber nachdenkt, warumein Männchenüberschuss für die Weibchenschonender ist, kann man es auch ganz einfachselbst nachvollziehen, ohne eine diesertrockenen Studien gelesen zu haben oder garselbst Biologe zu sein.Hält man mehrere Männchen in einem Aquarium,versucht jedes Männchen durch Rivalisierenmit anderen Männchen die Aufmerksamkeitder Weibchen auf sich zu ziehen undeinen Harem um sich zu scharen. Die meisteZeit sind die Männchen untereinander beschäftigtund haben nicht viele Gelegenheiten


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10NEWS 108ein Weibchen zu umwerben. Kaum fangen siean vor einem Weibchen zu balzen kommtauch schon der Nachbar angeschossen umihm die Frau auszuspannen. Da die beidenMännchen nur noch Augen für den Kontrahentenhaben, ist das fur die bedrängte Damenatürlich die ideale Gelegenheit sich aus demStaub zu machen, falls sie nicht wirklich paarungsbereitist.Männchenüberschuss ist gesund!Doch es gibt noch einen weiteren Grund, weshalbein Überschuss an Männchen von Vorteilist:Ein Männchen kann es sich leisten verschwenderischmit seinem Samen umzugehen, da esinnerhalb kurzer Zeit problemlos mehrereWeibchen befruchten kann. Darum braucht esbei der Partnerwahl nicht wählerisch zu sein.Als Konsequenz daraus wird im Regelfall jedesWeibchen in Reichweite wahllos angebalzt.Ganz anders sieht es bei den Weibchen aus,die nur alle 4-6 Wochen eine begrenzte Anzahlvon Jungen auf die Welt bringen können.Zudem entzieht die Bildung der Eier dem Körperder Mutter Energie und Nahrstoffe.Das Weibchen muss es sich also ganz genau”überlegen”, wen es zum Vater seiner Kindermacht. Nach Möglichkeit immer das größte,schönste und stärkste Männchen, um den eigenenNachwuchs mit den bestmöglichenErbanlagen auszustatten.Nur große, starke und gesunde Männchensind in der Lage sich gegen die große Anzahlan Konkurrenten durchzusetzen.Da diese Eigenschaften auch an die Nachkommenweitervererbt werden ist so ein Männchennatürlich die optimale Wahl, um starkenund vor allem durchsetzungsfähigen Nachwuchszu zeugen.Um einen Stamm Lebendgebärende imAquarium für lange Zeit gesund und vital zuhalten ist es am besten, eine möglichst großeAnzahl an Männchen in das Becken zu setzen.Die Anzahl richtet sich nach der Beckengröße.So können sich die besten Gene durchsetzen.Die schwächeren Männchen werden hingegenkaum einmal dazu kommen sich fortzupflanzen.Die Weibchen werden kräftige undvitale Jungfische gebären.Artenkenntnis ist nötigDie immer im Zoofachhandel vorhandenenArten der Lebendgebärenden verteilen sichauf mehrere Arten, die man kennen sollte.Denn jede Art hat ihr spezifisches Verhaltenund auch das muss bei der Anzahl der Männchenund Weibchen berücksichtigt werden.Poecilia sphenopsPoecilia latipinnaPoecilia veliferaDie artspezifischen Rückenflossenformen erwachsenerMolly-MännchenGuppysAlle Guppys im Aquarium gehören den ArtenPoecilia reticulata und P. wingei sowie derenHybriden an. Für alle Guppys gilt uneingeschränktdas zuvor gesagte: Männchenüberschusshat sehr günstige Auswirkungen aufden Stamm.PlatysDie im Aquarium gepflegten Platys gehörenzwei Arten an: Xiphophorus maculatus und X.variatus. Untereinander werden sie nicht gekreuztund zumindest bezüglich des Verhaltenssind beide Arten reinerbig. Auch für diebeiden Platy-Arten gilt uneingeschränkt dieEmpfehlung: paarig oder mit Männchen-Überschuss pflegen.SchwertträgerPlatys und Schwertträger gehören zur gleichenGattung, Xiphophorus, die insgesamt 28Arten umfasst. Als ”Schwertträger” im Handelist aber nur Xiphophorus hellerii, die anderenArten werden so selten gepflegt, dass sie alsRaritäten gelten. Schwertträger-Männchensind im Gegensatz zu den Guppys und Platysuntereinander sehr ruppig. Dominante Männchenkönnen unterlegene Tiere so unterdrükken,dass diese an den Folgen sterben. Darumsollte man in Aquarien bis 60 cm Länge (Standardmaße)nur ein Männchen pflegen, dasman aber durchaus mit mehreren Weibchenkombinieren kann. Vermutlich hat sich ausdieser Erfahrung heraus die falsche Allgemeinempfehlung,Lebendgebärende 1:3 zupflegen, gebildet. In ausreichend großenAquarien, die die Pflege von 10-15 Tieren erlauben,gilt aber auch für den Schwertträger,dass fünf oder mehr Männchen gemeinsamgepflegt werden sollten. Weniger als fünfMännchen sollten es aber nie sein, denn sonstmobbt das dominante Tier auch in sehr großenAquarien zu stark seine Geschlechtsgenossen.MolliesMollies gehen im Wesentlichen auf dreiStammarten zurück: den SpitzmaulkärpflingPoecilia sphenops, den Breitflossenkärpfling P.


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12NEWS 108Da bei Lebendgebärenden ZahnkarpfenMännchen und Weibchen in etwa im Verhältnis1:1 auf die Welt kommen und alle im Handelbefindlichen Tiere ausschließlich Nachzuchtexemplaresind, ist aus Tierschutzsichtder paarige Verkauf als optimal anzusehen,denn wohin sonst mit den überzähligen Exemplaren?Die Konsequenz aus allem muss also sein:Kaufen Sie Platys, Schwertträger, Mollys undGuppys paarig oder mit Männchenüberschuss.Platymännchen, Xiphophorus maculatus, Zuchtform ”Bleeding heart”.latipinna und den Segelkärpfling P. velifera. rungsbereiten Männchen zu stark belästigt, istWährend der Spitzmaulkärpfling wie Guppy vermenschlichend und aus wissenschaftlicherund Platy zu pflegen ist, sollte man Breitflossen-und Segelkärpfling wie Schwertträgerpflegen. Man kann die drei Arten an der Formder aufgerichteten Rückenflosse der Männchenunterscheiden, also dann, wenn dieMännchen untereinander imponieren.Der TierschutzDie Argumentation, die Weibchen würden bei Sicht falsch. Somit ist sie auch ohne Tierschutz-Männchenüberschuss durch die stets paa-Relevanz.Dieser hübsche Marble-Molly gehört zu der Art Poecilia sphenops (Spitzmaulkärpfling).Literatur:1. HandbücherGärtner, G. (1981): Zahnkarpfen. Die Lebendgebärendenim Aquarium. Verlag EugenUlmer, StuttgartGentzsch, D. (2004): Xiphophorus und Xiphophorusmaculatus. In Schaefer, C. & T. Schroer(Hrg.): Das große Lexikon der Aquaristik. VerlagEugen Ulmer, StuttgartJacobs, K. (1969): Die lebendgebärenden Fischeder Süßgewässer. Edition LeipzigKempkes, M. (1999): Lebendgebärende Zahnkarpfen.Datz-Aquarienbücher. StuttgartKempkes, M. & F. Schäfer (1998): Alle Lebendgebärenden/ all livebearers and halfbeaks.<strong>Aqualog</strong>, Mörfelden- WalldorfMeyer, M. K., Wischnath, L. & W. Foerster (1985):Lebendgebärende Zierfische. Arten der Welt.Haltung, Pflege, Zucht. Mergus Verlag, MelleOsche, C. (2001): Lebendgebärende. KosmosPraxiswissen Aquaristik. Kosmos Verlag, StuttgartReuter, F. (1911): Die fremdländischen Zierfischein Wort und Bild. Ein Atlas sämtlicher bisherbei uns eingefuḧrter Zierfische. Unter Mitwirkungvon Dr. W. Wolterstorff. StuttgartRiehl, R. & H. A. Baensch (1990): Aquarien Atlas.8. Auflage, 5. Taschenbuchausgabe. MergusVerlag, MelleSchäfer, F. (2003): Mein Guppy. <strong>Aqualog</strong> Minis.<strong>Aqualog</strong> Verlag, RodgauStallknecht, H. (2000): LebendgebärendeZahnkarpfen. Tetra-Verlag, Bissendorf-Wulften2. Wissenschaftliche OriginalarbeitenBraddock, J. C. (1945): Some Aspects of theDominance-Subordination Relationship inthe Fish Platypoecilus maculatus. PhysiologicalZoology 18 (2): 176-195Braddock, J. C. (1949): The Effect of Prior Residenceupon Dominance in the Fish Platypoecilusmaculatus. Physiological Zoology 22 (2):161-169Clark, E., Aronson, L. R. & M. Gordon (1954): Matingbehaviour patterns in two sympatric speciesof xiphophorin fishes: their inheritanceand significance in sexual isolation. Bulletin ofthe American Museum of Natural History 103(2): 135-226


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14NEWS 108Landschildkrötenkinder -richtig gepflegtvon Christoph Fritz, www.reptilia24.com<strong>Jetzt</strong> ist wieder die Saison für Landschildkröten gekommen. Überall im Zoofachhandel werden die niedlichen Babiesangeboten, die im Sommer aus ihren Eiern schlüpften. Grundsätzlich kann zwar jeder diese Tiere erfolgreich pflegen.Es gibt aber bei nur wenigen anderen Tierarten so viele falsche Vorurteile, wie bei Landschildkröten.DSchildkrötenarum ist es unbedingt notwendig, sichvor der Anschaffung solcher Tiere umfassendzu informieren. Dieser Artikel gibt einigeHinweise, aber ein gutes Handbuch zurAufzucht und Pflege Europäischer Landschildkrötengehört trotzdem in jedes Bücherregaleines ernsthaften Schildkrötenhalters!Wo kaufen - vom Züchter oder aus demZoofachhandel?Grundsätzlich besteht da keinerlei Unterschied,denn ausnahmslos alle Landschildkrötenbabiesim Handel sind Nachzuchten. Ausder Natur dürfen schon seit 30 Jahren keineTiere mehr entnommen werden. Darumstammen auch die im Zoofachhandel angebotenenTiere entweder von deutschenZüchtern oder aus Zuchtfarmen in Südeuropa.Im Internet sollte man Tiere grundsätzlichnur bei seriösen Anbietern kaufen. Manerkennt sie am besten daran, dass sie einenordentlichen Service rund um den Erwerb an-Jungtier der Maurischen Landschildkröte, Testudo graeca.Alle Photos: Frank Schäferbieten. Die ”günstigsten” sind dabei nicht unbedingtkauft die Tiere dort, wo man sie in Ruhe aus-die beste Wahl. Etwas Recherche über wählen kann und wo man im Idealfall auch dieden Anbieter kann nicht schaden. Oder man Haltungsbedingungen sieht.Erwachsenes Pärchen der Griechischen Landschildkröte, Testudo hermanni boettgeri. Das Männchen (dasTier links) wurde in seiner Jugend falsch ernährt und zu trocken gehalten, wodurch es einen höckerigenPanzer bekam.


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16NEWS 108Welche Art?Für den Einsteiger kommen nur drei ArtenEuropäischer Landschildkröten in Frage:Erstens: die Griechische Landschildkröte, Testudohermanni, von der zwei Unterarten regelmäßiggezüchtet werden. Die Ostrasseoder ”gewöhnliche” Griechische Landschildkröte,T. h. boettgeri, die sehr weit in Südeuropaverbreitet vorkommt (Bulgarien, Griechenland,Albanien, Kroatien, Bosnien und Herze-Teilen des westlichen Artareals gefundenwird (Spanien, Italien, Frankreich). Man erkenntdie Griechische Landschildkröte aneinem Hornnagel am Ende des Schwanzesund daran, dass das Randschild über demSchwanz in der Mitte geteilt ist. T. h. hermannihat im Gegensatz zu T. h. boettgeri einen gelbenFleck hinter dem Auge und zwei parallele,schwarze Bänder auf dem Bauchpanzer.Der gelbe Fleck fehlt bei T. h. boettgeri und amauch größere Tiere, die Westrasse erreicht 10-15 cm (Männchen) bzw. 14-20 cm (Weibchen).Zweitens: die Maurische Landschildkröte, Testudograeca, mit 14 Unterarten, deren Artarealpraktisch alle europäischen und afrikanischenMittelmeeranliegerstaaten umfasstund die zusätzlich noch im vorderen Orient(Iran, Irak, Turkmenistan, Armenien, Georgien,Aserbeidschan) vorkommt. Die Unterschiedezwischen den Unterarten aufzuzählen würdehier eindeutig zu weit führen, zumal sie anJungtieren meist nicht zu erkennen sind. Mansollte nur wissen, dass es sehr viele Unterartengibt, damit man bei der Zusammenstellungvon Zuchtgruppen nicht versehentlichMischmasch produziert. Die Maurische Landschildkrötehat keinen Hornnagel amBestimmungsmerkmale Europäischer Landschildkröten,von oben nach unten: Testudograeca, T. hermanni und T. marginata.Alle Tiere auf diesem Bild sind Geschwister und entstammen dem gleichen Gelege. Man sieht, dassjedes Exemplar dennoch individuelle Zeichnungsmerkmale und auch Beschilderungsmerkmale aufweist.(Testudo hermanni, Griechische Landschildkröte).gowina, Monte Negro, Mazedonien, Serbien,Rumanien und Teile der europäischen Türkei)und die etwas kleiner bleibende Westrasse T.h. hermanni (früher robertmertensi), die nur inBauchpanzer sind große schwarze Flecken,die jedoch nicht zu Bändern verschmelzen.Die Ostrasse wird ca. 15-18 cm (Männchen)bzw. 18-25 cm (Weibchen) lang, selten gibt esDie Breitrandschildkröte (Testudo marginata) ist mit ausnahmsweise 45 cm Länge die größte europäischeLandschildkröten-Art. Normalerweise wird aber auch sie nur etwa 35 cm lang.


NEWS 108 17Schwanzende und das Randschild oberhalbdes Schwanzes ist nicht geteilt. Diese Art wird20-30 cm lang.Drittens: Die Breitrandschildkröte, Testudomarginata, mit einer unklaren Anzahl von Unterarten.Diese Schildkröte kam ursprünglichwohl nur in Griechenland südlich des Olympsvor, wurde aber bereits in der Antike an vielenOrten im Mittelmeerraum ausgesetzt undkünstlich angesiedelt, um sie essen zu können.So geht wohl die Population auf Sardinienauf eine solche Aussetzung der Römerzurück. Ob das leicht abweichende Aussehender Breitrandschildkröten auf Sardinien dieAufstellung einer Unterart (T. m. sarda) rechtfertigt,ist unter Biologen viel diskutiert undstark umstritten. Das gilt auch für die Zwergformder Breitrandschildkröte, die als UnterartT. m. weissingeri beschrieben wurde. MancheWissenschaftler akzeptieren das, andere nicht.Grundsätzlich ist die Breitrandschildkröte mitüber 35 cm Länge die größte der europäischenArten. Erwachsene Tiere kann man aufgrundihrer typischen Panzerform - eine Einschnürungdes Panzers im hinteren Drittelund darauf folgend die breit ausladendenRandschilder - kaum verwechseln. BezüglichSchwanz und Randschild über dem Schwanzgleichen Jungtiere der Maurischen Landschildkröte.Von dieser kann man sie unterscheiden,indem man sie von unten betrachtet:Breitrandschildkröten haben als Jungtiereeine markante Hell-Dunkel-Färbung jedeseinzelnen Bauchpanzerschildes. Zudem fehlenBreitrandschildkröten die bei MaurischenLanschildkröten immer vorhandenen vergrößertenspornartigen Schuppen auf den Oberschenkeln.Die Steppenschildkröte (Testudo horsfieldi)wird ebenfalls häufig angeboten, ist jedochso speziell in ihren Haltungsansprüchen, dasswir ihr in einer späteren Ausgabe der Newseinen eigenen Artikel widmen möchten.Unterschiedliche Ansprüche?Im großen und ganzen kann man sagen, dassdie drei Arten ähnliche Ansprüche haben undunter vergleichbaren Bedingungen gepflegtwerden können. In Griechenland kann manin bestimmten Habitaten alle drei Arten gemeinsamfinden! Darum gelten die im folgendengemachten Empfehlungen für die dreigenannten Arten gleichermaßen.Babies leben gefährlichIn der Natur findet man kaum jemals frischgeschlüpfte Landschildkröten. Warum? Diekleinen Tiere mit ihrem noch relativ weichenBaby von Testudo graeca ibera.Baby von Testudo graeca terrestris.Erwachsenes Exemplar von Testudo graeca ibera unbekannter Herkunft.Baby von Testudo graeca anamurensis.Baby von T. graeca ”Ostanatolischer Gigant”.Panzer sind eine leichte Beute für sehr vieleTiere. Schlangen erbeuten sie mit Leichtigkeit,jeder Fuchs, Hund und jede Katze kann siefressen, für Igel und andere kleine Fleischfres-


18NEWS 108Weibchen der Griechischen Land schildkröte T. h. boettgeri aus der Umgebung von Zadar (Kroatien).ser sind sie eine Delikatesse und auch aus der haupt Jungtiere überleben, müssen sie sichLuft drohen viele Gefahren durch Greif- und sehr versteckt halten und das tun sie auch. SoRabenvögel. Hat eine Landschildkröte allerdingsein Alter von etwa 10 Jahren erreicht tisch nie auf kleine Jungtiere trifft. Was bedeu-erklärt es sich, warum man in der Natur prak-und beginnt, sich fortzupflanzen, so legt sie tet das für die Terrarienhaltung? Ganz einfach:alljährlich durchschnittlich 8-12 Eier. Eine erwachseneLandschildkröte hat kaum noch Freiland, muss versteckreich eingerichtet sein,ein Terrarium, egal ob im Zimmer oder imFeinde und kann auch in der Natur 80 Jahre damit die Kleinen sich sicher fühlen können.und älter werden. Somit produziert sie ca. 700 Diese Verstecke müssen aber für den PflegerEier im Laufe ihres Lebens, wovon - statistisch leicht zu kontrollieren sein, andernfalls verliertgesehen - nur zwei Exemplare erwachsen er die Kontrolle. Am besten eignen sich Kork -werden müssen, um den Bestand zu erhalten. rinden für diese Zwecke, denn sie sind relativDaraus kann man ersehen, dass die Verlustratean Jungtieren in der Natur gewaltig ist gefahr für die Schildkrötenbabies, wenn manleicht und so besteht kaum eine Verletzungs-und weit über 90% der Nachkommen noch die Rinden täglich zur Kontrolle anhebt undals Jungtier zugrunde gehen. Damit über-anschließend wieder zurücklegt. Zwingt manErwachsenes Weibchen und Jungtiere von T. h. hermanni aus der Umgebung von Rom (Italien).die Tiere zu einem permantent sichtbaren Dasein,versetzt das empfindlichere Exemplareunter ihnen in einen derartigen Dauerstress,dass sich früher oder später Erkrankungeneinstellen, die durchaus einen tödlichen Verlaufnehmen können. Also: unbedingt Versteckmöglichkeitenanbieten! Wenn die Tieresie nicht nutzen, kann man sie ja immer nochentfernen, aber vorher muss man unbedingtsicherstellen, dass die Verstecke nicht aus anderenGründen (zu heiß oder kalt, zu trockenoder zu nass, zu schwer zugänglich etc.) gemiedenwerden.Nicht zu trocken halten!Aus der versteckten Lebensweise erklärt sichauch, warum Landschildkrötenbabies aneinen höheren Feuchtigkeitsgehalt in ihrerUmgebung angepasst sind als die erwachsenenTiere, die man ja oft in knochentrockenenGegenden antrifft. In Höhlungen, unter Steinenetc. ist es immer etwas feuchter als imfreien Gelände. Pflegt man europäische Landschildkrötenbabieszu trocken, kommt es zuunnatürlichen Panzerverformungen, vorallem der gefürchteten Höckerbildung. Idealist die Pflege auf einem relativ hohen, lockerenBoden, den man aus je einem Teil Sand,Erde und Humus mischt. Dieser Bodengrundsollte eine Höhe von ca. 10 cm haben. Hierpflanzt man einige strauchartige Pflanzen: imZimmer sind kleinere Palmen (z.B. Chamaeropshumilis) optimal, weil sie sehr robust sindund auch von größeren Schildkröten nichtüberrannt werden können, im Freiland bietensich z.B. strauchartige Fingerkräuter (Potentillafruticosa) oder auch Thymian- oder Lavendelsträucheran. Wenn man so gießt, dass diePflanzen gut wachsen (also weder verdörrennoch ersaufen), hat man immer auch die richtigeFeuchtigkeit für die Schildkröten.Knapp füttern!Der zweite Fehler, der immer wieder gemachtwird, ist, dass viel zu viel und viel zu üppig gefüttertwird. Babies von europäischen Landschildkrötengibt man ausschließlich Kräuterund Gräser (also auch Salate, Heu etc.), aberniemals Obst, Gemüse, fleischliche Kost, eingeweichtesBrot oder dergleichen. Die Tierefressen das alles sehr gern, doch ist es extremungesund für sie. In der Natur ist SchmalhansKüchenmeister! Ausgedehnte Wanderungen


NEWS 108 19zu Futterplätzen können die Tiere in der Naturnicht machen, das würden sie nicht überleben.Also suchen sie im relativ engen Umfeldihres Versteckes nach Nahrung und da gibt esnicht allzu viel. Zu kalorienreiche Nahrung istsicher die häufigste Todesursache von Jungschildkrötenin menschlicher Obhut. In derPraxis bedeutet all das, dass trockenes, nährstoffarmes,aber ballaststoffreiches Futter wieHeu und Heupellets immer unbegrenzt zurVerfügung stehen darf. Täglich gibt man proTier zusätzlich eine Handvoll gemischter frischerNahrung (Wegerich, Löwenzahn, Klee,Gräser etc.) oder, wenn nichts von der Wieseverfügbar ist, Blattsalate wie Rucola, Romana,Endivie oder Feldsalat. Kopf- und Eisbergsalatsollte man meiden, er ist nicht sonderlich gesund.Viel Licht!Die Bedeutung von Licht für die Gesunderhaltungvon europäischen Landschildkrötenist immens. Auch hier ist eine gut durchdachteBepflanzung wieder sehr hilfreich: wodie oben genannten Pflanzen gut wachsen,ist auch genug Licht und in der richtigen Zusammensetzungfür die Schildkröten vorhanden.Von besonderer Bedeutung ist das UV-Licht. Wie bei uns Menschen wird in der Hautvon Reptilien unter dem Einfluss von UV-Lichtdas Vitamin D3 gebildet, das für den Knochenstoffwechselvon größter Bedeutung ist.Knochenerweichung (man merkt es am ehestenan dem Panzer, der ja aus Knochen gebildetist) kann die Folge von zu wenig UV-Licht sein. Der Fachhandel bietet eine großeAuswahl geeigneter UV-Lichtquellen an, hierist für jeden Bedarf das passende dabei. Jedochkann UV-Licht allein nicht die notwendigeGesamtlichtmenge ersetzen, dessenmuss man sich bewusst sein! Die Gesamtlichtmengehat gewaltige Auswirkungen aufden Hormonhaushalt der Landschildschildkröten,ohne ausreichend Licht werden siedefinitiv krank.Erwachsene T. graeca ibera aus der Türkei.auch ein frisch geschlüpftes Schildkrötenbaby"weiß" bereits instinktiv, dass es eineSchildkröte ist, denn es trifft in der Natur niemalsauf seine Mutter oder eine andere erwachseneSchildkröte. Europäische Landschildkrötenwerden immer zahm, d.h. sie lernenden Menschen als Futterquelle kennenund reagieren entsprechend auf ihn. Das istunabhängig davon, ob man die Tiere einzelnoder in Gruppen hält. Der Vorteil der Gruppenhaltungliegt darin, dass in Gruppen gehalteneTiere mehr sozialen Stress haben, wassich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Andersals im landläufigen Sprachgebrauch, derdas Wort "Stress" immer negativ besetzt, unterscheidetder Wissenschaftler sehr klar zwischennegativem Stress (der Fachausdrucklautet "Disstress") und positivem Stress ("Eustress").Beide machen krank, wenn sie denanderen stark überwiegen. Zuviel Ruhe ist genausoschädlich wie zuviel Aufregung. Die Mischungmacht es. In menschlicher Obhuthaben viele Tiere zu wenig Disstress, da derBaby der Breitrandschildkröte, Testudo marginata.Feinddruck fehlt und auch die schädlichenUmwelteinflüsse, die in der Natur sehr vieleLeben kosten, weitgehend ausgeschaltet sind.Zudem ist der Parasitendruck in menschlicherObhut sehr viel niedriger als im Freileben. Soist unter dem Aspekt der Gesunderhaltungetwas aus sozialem Stress (also Futterneid,dem rangeln um die besten Versteck- undSonnenplätze etc.) resultierender Disstresssehr günstig und die Gruppenhaltung der Einzelhaltungvorzuziehen. Zusätzlich entstehenfür den Pfleger so viele spannende Beobachtungsmöglichkeitenüber die sozialen Interaktionder Tiere.Wie schon eingangs erwähnt, kann und sollein Artikel wie dieser kein umfassendes Handbuchersetzen. Er soll Hinweise geben, wo diehäufigsten Fehlerquellen bei der Pflege vonLandschildkrötenbabies liegen und wie mansie vermeidet. Die großen und bedeutendenThemenkomplexe "Freiland- oder Terrarienhaltung","Terrarien- und Gehegegröße" und"Überwinterung" wurden hier bewusst nichterörtert, da dies den Rahmen sprengenwürde. Wir berichten darüber demnächst ineiner anderen Ausgabe Ihrer News.Wenn Sie jetzt Lust auf die Pflege von europäischenLandschildkrötenbabies bekommenhaben: Sie können sie z.B. überwww.reptilia24.com beziehen oder von IhremZoofachhändler dort bestellen lassen.Einzel- oder Gruppenhaltung?Europäische Landschildkröten sind in derNatur grundsätzlich eher Einzelgänger undtreffen sich nur zur Paarung und zu besonderenAnlässen (Überwinterung, saisonales,lokal beschränktes Futterangebot). Eine Prägungauf den Menschen findet nicht statt,


20NEWS 108SüßwasserfischeEin neuer Stern am Nano-Himmel:Das Neon-Blauaugevon Wolfgang LöllDie Blauaugen (Pseudomugil) sind eine Gruppe kleiner Süß- und Brackwasserfische.Es sind derzeit etwa 15 Arten bekannt, die in Australien, auf Neu-Guineaund einigen kleineren Inseln der Region verbreitet sind.Birnbaumskamp 4b31139 HildesheimTel (05121) 47671 Fax 45750www.michalski-aquaristik.deViele neue Arten1955, 1964 und 1978 wurden drei weitereArten beschrieben, doch erst mit dem erwachendenaquaristsichen Interesse an diesenTieren nahm die Erforschung der Gruppeeinen gewaltigen Aufschwung. Immerhin 10der 15 wissenschaftlich bekannten Artenwur den erst zwischen 1981 und 1999 entdecktund benannt. Natürlich ist es immerschwer zu sagen, wer da wen mehr beeinflusst,die Wissenschaft die Aquarienkundeoder die Aquarienkunde die Wissenschaft. ImFalle des neu entdeckten Neon-Blauaugeswar jedenfalls die Aquarienkunde einenSchritt schneller und wartet nun auf den Wissenschaftler,der die formelle Benennung vornimmt.WMännchen des Neon-Blauauges.issenschaftlich gesehen sind Pseudomugilein alter Hut. Bereits 1866 wur -de die Gattung von Rudolf KNER für die Art P.signifer beschrieben und Max WEBER ergänztesie 1907 um die Art P. novaeguineae und 1911Alle Photos: Frank Schäferum P. gertrudae. Dann war es lange still um dieniedlichen Kleinfische. Aquaristisch tauchtensie erst in den 1970er Jahren in Europa auf. Bisdahin ahnte niemand, was für entzückendeKleinodien sie im Aquarium sind.Das Neon-BlauaugeAufmerksam wurde die aquaristische Welt aufdiese neue, spektakulär gefärbte und winzigeArt - die Maximallänge beträgt nur etwa dreiZentimeter - erst Ende 2012. Die ersten Im-Weibchen der roten Variante des Neon-Blauauges.porte waren noch sehr teuer, doch erwiesensich die neuen Blauaugen als völlig unempfindlicheund sehr leicht zu züchtende Fische.Zwischenzeitlich sind sowohl Importe - wobeidurchaus immer noch unklar ist, ob es sich beiden Importtieren um Wildfänge oder Nachzuchtenhandelt - wie auch deutsche Nach-


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22NEWS 108zuchten erhältlich. Die zuerst importiertenTiere haben eine satte, orangerote Grundfarbe.Die senkrechten Flossen sind ebenfallsvon dieser Farbe, die Spitzen der Schwanzflosseund der Brustflossen sind beim Männchengelblich-weiß gefärbt. Über den Rückenzieht sich ein neonblaues, irisierendes Band.Bereits zwei Farbformen bekanntVor wenigen Wochen wurde eine zweiteFarbform aus Indonesien importiert. Bei diesen,ebenfalls sehr schönen Tieren ist die Körpergrundfärbungeher gelb. Deutlicher unterscheidensich jedoch die Männchen der neu -en Form durch die tief orangefarbenenSchwanz flossenzipfel und die fast durchsichtigenBrustflossen mit ebenfalls orangefarbenenSpitzen von der zuerst importieren Variante.Es bestehen kaum Zweifel, dass beideNeon-Blauaugen zur gleichen Art gehören,obwohl sich die gelbe Form auch im Körperbauetwas von der roten Form unterscheidet:erstere ist etwas schlanker und hat einen spitzerenKopf. Der neonfarbene Rückenstrichmacht die Art an sich jedoch unverwechselbar.Allerdings sehen sich die Weibchen beiderVarianten extrem ähnlich. Man muss sehraufpassen, dass es hier nicht zu Verwechslungenkommt, sonst droht Bastardierung, dennvermutlich lassen sich die beiden Variantendes Neon-Blauauges leicht miteinander kreuzen.Balzendes Männchen der roten Farbvariante des Neon-Blauauges.Wer sind die nächsten Verwandten?Inseln und Neu-Guinea und Australien. So erklärtes sich auch, dass Pseudomugil gertrudaeDarüber bestehen kaum Zweifel: das Neon-Blauauge ist ein ganz enger Verwandter des nicht nur auf den Aru-Inseln, sondern auchschon sehr lange bekannten Punktierten auf Neu-Guinea und Australien vorkommt,Blauauges, Pseudomugil gertrudae. Diese Art obwohl die Art ein Süßwasserfisch ist.ist die dritte überhaupt bekannt gewordene In dem großen Artareal von P. gertrudaePseudomugil-Art und wurde, wie eingangs haben sich jedoch viele verschiedene Lokalformengebildet, die sich farblich teilweisebereits erwähnt, schon 1911 von Max WEBERvon den Aru-Inseln beschrieben. Die Aru-Inselnliegen etwa 150 km südlich von Neu-Gui-Das Gepunktete Blauauge ist ganz zweifellosrecht deutlich voneinander unterscheiden.nea. Sie sind, geologisch gesehen, jung oder - ein sehr enger Verwandter des Neon-Blauaugesund wird wie diese Art auch nur etwa dreigenauer gesagt, das Meer, das die Aru-Inselnvon Neu-Guinea und Australien trennt, ist es. Zentimeter lang.Es bestand noch bis vor wenigen 10.000 Jahreneine Landverbindung zwischen den Aru-Diese neue, eher gelbe Farbform des Neon-Blauauges konnte Aquarium Glaser erstmals im Juni 2013 importieren.Zwei rivalisierende Männchen der gelbenForm des Neon-Blauauges.Paskas Blauauge1986 beschrieben Gerald R. ALLEN und WalterIVANTSOFF ein neues Blauauge von Neu-Guineaunter dem Namen Pseudomugil paskai, populärPaskas Blauauge. Diese Art ist extrem ähnlichzu P. gertrudae und unterscheidet sich inerster Linie durch die Ausprägung der Flossen.Zur Zeit scheint dieses Blauauge nicht inDeutschland vorhanden zu sein, weshalb wirIhnen hier leider kein Bild zeigen können.P. paskai, P. gertrudae und P. sp. ”Neon” bilden,


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24NEWS 108LexikonBlauaugenPseudomugil: bedeutet ”falscherMugil”; Mugil ist eine andere Gattung.gertrudae: Widmungsname zu Ehrenvon Gertrud Merton, der Gattin desEntdeckers.paskai: Widmungsname für M. JohnPaska, einem der Mitentdecker derArt.Pseudomugil gertrudae, Aquarienstamm, Männchenwie wir jetzt wissen, einen Formenkreis, es istdaher nicht sinnvoll, die neue Art als P. cf. paskaizu bezeichnen, wie es anfangs geschah.Eine Zuchtform?Bis heute sind die Fundorte des Neon-Blauaugesauf Neu-Guinea geheim. Evers (2012)liefert deutliche Hinweise, dass die Art ausdem Einzug des Kopi-Flusses stammt. Der Exporteurin Indonesien versichert zudem, eshandele sich um eine Naturform. Darauf deutenauch DNS-Untersuchungen hin, die bereitsdurchgeführt wurden und die ergaben,dass das Neon-Blauauge keine Hybride, sonderneine eigenständige Art repräsentiert. Solangeallerdings keine Fundorte bekannt sind,kann eine seriöse wissenschaftliche Bearbeitungder Art nicht erfolgen.Pflege und Zucht - einfach!Grundsätzlich stellt das Neon-Blauauge keinehohen Ansprüche. Leider kann man zwar zumnatürlichen Lebensraum noch nichts sagen,doch liegt man sicherlich nicht verkehrt,wenn man davon ausgeht, dass das Neon-Blauauge unter ähnlichen ökologischen Bedingungenvorkommt wie P. gertrudae und P.paskai. Diese beiden Arten kommen hauptsächlichin kleineren Fließgewässern mitbraunem ”Schwarzwasser” vor. Für P. paskaisind bislang nur wenige Fundorte bekannt, P.gertrudae ist von einer Vielzahl von Fundortengemeldet. Fast alle hatten ”Schwarzwasser” ,also von verschiedenen Blättern, totem Holz,Erde etc. tief dunkelbraun gefärbtes, weiches,leicht sauer reagierendes Wasser. Die Bandbreiteder Messwerte in der Natur ist jedochgroß (nach TAPPIN, 2010): Wassertempertur 12-34°C, pH 3,68 - 9,4, Leitfähigkeit 12-646 µS/cm,Gesamthärte 0-18° dH. Die Fische sind alsogrundsätzlich sehr anpassungsfähig. Allerdingsdarf man dabei nicht vergessen, dassdie Sterberate von Fischen in natürlichen Gewässern- verglichen mit Aquarienbedingungen- enorm hoch ist. Die Natur kann es sichleisten, verschwenderisch zu sein, Aquarianernicht immer. Darum sollte man Extreme meiden.Eine Wassertemperatur zwischen 18 und28°C, ein pH-Wert zwischen 6 und 8, bei weichembis mittelhartem Wasser: das sind Bedingungen,bei denen man gewöhnlich aufder sicheren Seite ist.Neon-Blauaugen sind, wie ihre engsten Verwandten,Dauerlaicher. Man sollte diese Fischeimmer im Schwarm von 10 Exemplarenaufwärts halten. Fast täglich wird abgelaicht,wobei es gelegentlich auch Laichpausengeben kann, das ist normal. Der Laich wirdvorzugsweise an feinfiedrigen Pflanzen oderderen Wurzeln abgesetzt, Züchter verwendenauch gerne Laichmobs aus Wolle. Die Eierbrauchen zwischen acht und 40 (!) Tagen zurEntwicklung; die lange Zeitigungsdauer derEier ist eine der größten Herausforderungenan den Züchter. Die immer knapp unter derWasseroberfläche schwimmenden Jungtierekönnen meist direkt frisch geschlüpfte Artemia-Nauplienannehmen und sind nach etwadrei Monaten wieder fortpflanzungsfähig. Diemaximale Lebenserwartung im Aquariumliegt bei etwa vier Jahren, in der Natur lebenP. gertrudae meist nur ein Jahr.Alles in allem: das Neon-Blauauge ist eine entzückendeNeuentdeckung, der man einesteile aquaristische Karriere wünscht!Literatur:Allen, G. R. & W. Ivantsoff (1986): Deux nouvellesespèces de Blue-Eyes (Pseudomugil: Melanotaeniidae)de Nouvelle-Guinée. Revue fr. Aquariol.12 (3): 85-88Evers, H.-G. (2012): Orangeblaue Blitze - ein neuesBlauauge ist da! Amazonas 8 (4): 42-45Tappin, A. R. (2010): Rainbowfishes. Their care &keeping in captivity. Art Publications, 493 pp.


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30NEWS 108UmweltKaufe einen Fisch und retteeinen Baumvon Ulrich Glaser, Geschäftsführer Amtra Croci GmbHKaufe einen Fisch und rette einen Baum, diese auf den ersten Blick wenig verständlicheAussage trifft zu! Denn der Export von mehr als 30 Millionen Zierfischenjährlich aus der Amazonas Region in Brasilien ist ein wichtiger Beitrag zurErhaltung des Regenwaldes und den Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerungder Amazonas Region. amtra, Hersteller von Pflegeprodukten fördertdas Projekt seit Jahren.Im September 1991 erfüllte sich der selbsternannte„Fisch-Nerd“ Scott Dowd ausMassachusetts einen langersehnten Traum. Erreiste in die Amazonas Region, der Heimat derbeliebtesten Süßwasserzierfische, wie zumBeispiel dem Roten Neon oder dem Diskusfisch.„bei Sonnenaufgang trieb mein Boot aufdem Rio Negro, Scharen von kreischendenAras durchzogen den Himmel, ansonstenwaren da nur unendlich viel Wasser undTypischer Waldbach (Igarapé) in Brasilien, Heimatunzähliger Aquarienfische.viele davon, die er selbst seit seinem zehntenLebensjahr im Aquarium gehalten hatte. Nunwar er an dem Ort angekommen, wo diese Fischegefunden wurden, Barcelos, eine Stadtim Herzen der Amazonas Region.Aber als er dort ankam, war er zunächst entsetzt.Er fand am Flussufer eine Vielzahl vonMännern vor, die in Ihren kleinen Booten anlegtenund in handgewebten, mit Kunststoffausgekleideten und mit Wasser gefüllten Körbeneine Vielzahl unterschiedlicher Zierfischeanlieferten, die sie in den umliegenden Wasserläufengefangen hatten. Das Einzugsgebietder Fischer umfasst ca. 75.000 km², etwaein Viertel der Größe Deutschlands. Die Sammelkörbewurden auf einen Passagierdampferverfrachtet und füllten dort die gesamteuntere Etage. Der Dampfer fuhr ins ca. 450 kmentfernte Manaus. Die Fische wurden an diedortigen Exporteure geliefert, die diese vondort aus in die ganze Welt exportierten.Seine erste Reaktion war: „hier läuft etwasnicht richtig, so viele Fische, wild gefangen,verlassen diese Region“. Heute, 23 Jahre später,weiß er es jedoch besser: „Der Fang vonZierfischen in dieser Region ist ein wichtigerBeitrag zur Förderung der regionalen Wirtschaftbei gleichzeitiger Schonung ihrer Ressourcenund damit des Erhalts des Regenwaldesin seiner ursprünglichen Form“. Tatsächlichleben die ca. 40.000 Einwohner der RegionBarcelos zu ca. 60% von dem Ertrag, densie mit dem Fang von Zierfischen – sie werdenvon den Einheimischen „Piaba = kleinerFisch“ genannt - erwirtschaften.So entstand die Idee, des Projektes „Piaba“ EcoAmazon, und wenn Scott Dows an seinemjetzigen Arbeitsplatz, dem New EnglandAquarium in Boston nicht gerade elektrischeAale trainiert oder sich mit Anacondas beschäftigt,dann investiert er jede freie Minutein die Förderung und Unterstützung diesesProjektes, das in Zusammenarbeit mit derUniversität von Manaus und mit Unterstützungder UNO gegründet wurde. ErklärtesZiel ist es, die umweltschonende Entnahmevon „Piaba“, den einzigartigen Zierfischen derAmazonasregion professionell zu begleitenund die Fischer vor Ort zu schulen und besserSo sieht es im Igarapé unter Wasser aus: Hemigrammus bellottii, Curimatopsis evelynae, Nannostomusunifasciatus, Apistogramma agassizii, Dicrossus maculatus - ein großes, buntes Aquarium!grüne Wälder am Horizont“, erinnert sichScott. Im Wasser unter seinem Boot wimmeltees nur so von wunderschönen Zierfischen,


NEWS 108 31zu qualifizieren. Für die Bewohner der Regionbedeutet dies: sie können ihren Lebensunterhaltaus nachhaltiger Bewirtschaftung bestreitenund sind nicht gezwungen auf alternativeEinkommensquellen, wie etwa das Abholzenvon Wäldern mit all den bekannten Problemenzurückzugreifen. Scott Dows ist heuteLeiter dieses Projekts.Schulbus der Barcelos-RegionEs ist faszinierend, zu beobachten, wie die lokalenFischer vorsichtig und sehr geschickt mitihren kleinen Netzen die Fische fangen. Dieganze Familie, deren Leben sich fast ausschließlichauf den Veranden ihrer mit Strohgedeckten Häuschen am Flußufer abspielt,hilft dabei mit. Sie sortieren die Fische undübertragen sie mittels ausgehöhlter Kürbisschalenin die Körbe. Unerwünschte Beifängewerden schon an Ort und Stelle wieder aussortiertund ins Wasser gegeben.Eine typische Siedlung am Rio Negro.Alle Photos: Ulrich Glaserfragen wir? Scott erklärt es uns. Die gesamte, Zahlen von Nachkommen durch das Ablegenriesige Amazonas Region ist von starken Wasserstandsschwankungenvon Hunderten, ja teilweise sogar Tausendenbetroffen. Jedes Jahr, von Eiern eines einzigen Mutterfisches. So er-während der Trockenzeit, senkt sich der Wasserspiegelholt sich der Bestand mit jeder Regenzeit wie-um ca. 10 m ab, um während der der.Regenzeit wieder sehr stark anzusteigen. Diesist im übrigen auch der Grund, warum die Eigentlich haben die Fische, die gefangen undHäuser der Bewohner auf hohen Stelzen am in die Aquarien in aller Welt exportiert werdenUfer stehen. Während des Absenkens des es sogar „besser“, denn im Aquarium lebenWasserspiegels verschwinden Milliarden von viele Fische für viele Jahre, während sie inZierfischen in austrocknenden Tümpeln oder ihrem natürlichen Habitat nur eine Saison, bisPfützen. Die Evolution hat sich darauf eingestellt.zur nächsten Trockenzeit überleben. „Ein RoterViele Arten produzieren enorm große Neon, der es schafft im Rio Negro aus der Vor-Schulkinder aus der Region Barcelos. Viele ihrer Familien leben vom Zierfischfang.„Ich kenne keine schonendere Fischereiwirtschaft“schwärmt Scott. Aber wie kann selbsteine so große Region, die jährliche Entnahmevon mehr als 30 Millionen Fischen verkraften,


32NEWS 108Aquarienfisch-Fänger bei der Arbeit.Impression vom Rio Negro, der Heimat vieler beliebter Aquarienfische und des Roten Neon.jahressaison zu überleben, ist ein echter Veteran“scherzt Scott.schrieben haben – Fische pflegen nach demwir uns bei amtra seit über 25 Jahren ver-Vorbild der Natur. Denn um den Piaba auch inAuf die extremen Lebensbedingungen in ihrem neuen Zuhause, dem Aquarium, ein naturgerechtesBiotop zu bieten, ist eine scho-dem durch Huminstoffe dunkel gefärbtem,sehr weichen Wasser haben sich die Fische im nende Aufbereitung des Wassers unerlässlich.Laufe der Evolution angepasst und teilweise Dabei sollte jedoch auf chemisch aggressiveüberraschende, ja sogar bizarre Lebensformen Substanzen, die das Wasser schädigen können,verzichtet werden. Amtra setzt seit 1986entwickelt: Der auch bei uns im Aquarium beliebteMarmorbeilbauch kann weit aus dem auf die Kraft der Natur. Als einziger AnbieterWasser springen, so wie auch eine Salmerart, am Markt bietet amtra einen Leitungswasseraufbereiteran, der nur rein natürliche Inhalts-die zum Ablaichen aus dem Wasser springt,um ihre Eier an den Unterseiten der Blättern stoffe beinhaltet und zwar genau die Stoffe,zu heften und sie so vor Fressfeinden zu die auch in tropischen Weichwasser-Flußläufenausreichend vorhanden sind, die soge-schützen.nannten DOC (dissolved oxygen carbon) Verbindungen.Diese sind zum Beispiel verant-Wir bei amtra haben von Anfang an mit demProjekt Piaba eng zusammengearbeitet. Das wortlich für die dunkle Bernsteinfärbung desProjekt passt ideal zu den Grundätzen, denen Rio Negro, der Heimat des mit weitem Abstandbeliebtesten Aquariumfisches, demRoten Neon.Fragen Sie auch bei anderen Problemenimmer erst nach der natürlichen Lösung vonamtra. Ihr Zoofachhändler vor Ort hilft Ihnengerne.Da wir bei amtra, genau wie die UNO, vomSinn des Poject Piaba Eco Amazon überzeugtsind, fördern wir es nach Kräften. Das könnenauch Sie tun: mit dem Kauf von amtra pro natureProdukten. Wir verpflichten uns, einen Teildes erwirtschaften Gewinns dem ProjectPiaba Eco Amazon zur Verfügung zu stellen.Eine Idee möchten Scott Dows und wir beiamtra noch verwirklichen. Gemeinsam arbeitenwir an der Entwicklung eines QR Codes.Dessen Scan soll den Zierfischliebhaber miteiner Homepage verbinden auf der er sichdavon überzeugen kann, wie er durch denKauf seiner ”Piaba” und amtra-Produkte mithilft,eine weltweit einmalige Landschaft zu erhalten.„Wenn es den Familien hilft, Ihre Lebensgrundlageim Einklang mit der einzigartigenAmazonaswelt zu erhalten, dann ist eseine gute Sache“, sagt Scott.Das finden wir auch. Wir arbeiten daran.


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34NEWS 108Vor über 30 Jahren hat Australien ein vollständiges Exportverbot für Reptilienund Amphibien erlassen. Seit dieser Zeit ist man folglich bei beliebten Arten aufErhaltungszuchten angewiesen. Das klappt bei allen betroffenen Arten auchsehr gut, doch bei keiner so erfolgreich wie der Bartagame.BEidechsenBartagamensind immer aktuellvon Thorsten Holtmannartagamen führen in der Natur ein hartesLeben. Es handelt sich um echte Wüstenbewohner,die unter beständigem Mangelan Nahrung und Wasser leiden. Ihrerseitssind sie eine wichtige Nahrungsquelle fürFleischfresser. Diesen Herausforderungenbegegnen die Bartagamen mit verschiedenenStrategien: sie fressen so ziemlich alles,was in das Maul passt, kommen mit sehrwenig Wasser aus und pflanzen sich so reichlichfort wie es eben nur geht. Dieses Über-Besonders beliebte Zuchtformen bei den Bartagamen: rote Tiere.lebenskonzept funktioniert nicht nur in derWüste, sondern auch unter Terrarienbedingungen.Und so war eine Grundvoraussetzunggeschaffen, die Bartagame zu einemperfekten Terrarienbewohner zu machen.NaturzahmDie zweite Grundvoraussetzung ist aber, dassBartagamen von Natur aus wenig Scheu vordem Menschen zeigen und über ein ziemlichesPhlegma verfügen. In der Natur hilft diesesVerhalten, die kostbaren Energieressourcenzu schonen. Kein Tier verschwendet unnötigEnergie, aber für ein Tier das aus einemLebensraum mit derart wenig Nahrungkommt wie die Bart agame, wäre ein sinnlosesUmhertollen das Todesurteil.Zusätzlich beißt die Bartagame nur selten,was von den meisten Tierhaltern ebenfallsals positiv empfunden wird. Es gibt da zwarindividuelle Unterschiede, doch gewöhnlichwarnt eine Bartgame sehr intensiv durchMaulaufreißen, drohend abgestellten ”Bart”und zischen, bevor sie beißt.Interessanterweise wurden erst kürzlich primitiveGiftdrüsen bei Bartagamen festgestellt,deren Sinn jedoch noch völlig unklarist. Vergiftungserscheinungen beim Menschensind bisher nicht beschrieben worden.So ein Biss einer großen Bartagame kanndurchaus bluten, aber abgesehen von derbei jedem Tierbiss üblichen Wundversorgungmit einem Wunddesinfektionsmittelerfordert er keine weiteren medizinischenMaßnahmen.Alle Photos: Frank Schäfer


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36NEWS 108zeigen, also z.B. in der Färbung. Werden solchebesonders gefärbten Tiere gezielt weiter gezüchtet,so erhält man Zuchtformen, wie die,die wir Ihnen als Illustration zu diesem Artikelzeigen.Inzucht - ein Problem?Für züchterische Laien klingt der Begriff ”Inzucht”immer makelbehaftet. Das kommtdaher, dass beim Menschen sehr enge Verwandtekeine Kinder miteinander haben dürfen,weil die Gefahr besteht, dass es zu erblichbedingten Missbildungen oder Krankheitenkommt. In der Tierzucht ist derlei aber ohneBelang. Es gäbe keine einzige Haustierform,Bezeichnungen von Zuchtformen sind sehr fantasievoll: diese nennt sich Blood Sandfirealso keinen Hund, keine Katze, kein Rind, Schafoder Pferd, kein Huhn und auch keine Bartagmen-FarbformenKindchenschemaAnspruchlosigkeit und Zahmheit waren sicherwichtige Voraussetzungen für den Siegeszugder Bartagamen durch die Terrarien der Welt.Immerhin gilt die Bartagame als das weltweitmeist gehandelte Reptil überhaupt! Dazu gehörtaber auch gutes Aussehen. Und das bietetdie Bartagame in mehrerer Hinsicht.Zum einen hat die Bartagame - ”die” Bartagamegehört zoologisch zur Art Pogona vitticeps- den breitesten Kopf aller Pogona-Arten.17,5 cm erreichen (gegenüber 25 cm bei denbislang untersuchten anderen Populationen)keine signifikanten Unterschiede, die das Aufstelleneiner eigenen Unterart oder gar Art gerechtfertigtohne engste Inzucht.Die bunten Bartagamen sind grundsätzlichgenauso fit und lebensfähig wie ihre wildfarbenenund wildlebenden Vettern.Keine Dampfzuchten kaufenSkeptisch sollte man allerdings werden, wennBartagamen zu Spottpreisen angeboten werden.Die Vermehrungsrate von Bartagamen istsehr hoch. Je Gelege produzieren die Weib-Dadurch wirken besonders Jungtiere auf unshätten.Menschen niedlich. Instinktiv wecken Lebewesenmit großem Kopf in uns Menschen denBeschützertrieb. Dies ist wohl ein ausschlaggebenderGrund dafür, dass von den übrigensieben Pogona-Arten nur P. henrylawsoni nocheinige terraristische Bedeutung erlangte; dieanderen Arten werden nur von SpezialistenJedoch ist eine weite Verbreitung fast immerVoraussetzung für ein ganz anderes Phänomen:das Entstehen von Zuchtformen. Denndas kreuzen von Tieren aus verschiedenen Populationen,die sich in freier Natur niemals begenetwären, führt relativ schnell zu genetischenKonstellationen, die sich auch äußerlichgepflegt.Dreifarbige Zuchtform ”Rainbow”Bartagamen drohen manchmal ausdauern, beißen aber nur sehr selten.Weit verbreitet und variantenreichIn der Natur ist die Bartagame über ein großesAreal der Wüstengegenden des östlichenZentralaustraliens (New South Wales, NorthTerritory, Queensland, South Australia, Victoria)verbreitet. Sie gilt in der Natur als völlig ungefährdetund wird nicht auf der Roten Liste derIUCN geführt.Innerhalb dieses großen Verbreitungsgebietesgibt es selbstverständlich lokale Unterschiedeim Aussehen der Populationen. So untersuchtenWITTEN & COVENTRY (1990) eine zwergige Populationder Big Desert (Victoria), fanden jedochaußer der Tatsache, dass diese Tiere nurhöchstens eine Kopf-Rumpf-Länge von


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38NEWS 108Jungtier einer ”Striped” Zuchtformchen zwischen 11 und 16 Eiern. Die Ge -schlechts reife setzt im Alter von 2-3 Jahren einund die Weibchen können mehrere Gelegepro Jahr produzieren. Und genau das ist derPunkt: auch wenn die Bartagamen Eier legen,die Embryonen also nicht wie bei Säugetierenüber den Uterus versorgt werden, hängt diespätere Fitness der Jungtiere ganz entscheidendvom Gesundheitszustand des Muttertieresab.Es gibt Züchter, die nur kurzsichtig den schnellenProfit sehen und die Weibchen regelrechtals Brutmaschinen verschleißen. Solche Zuchtennennt man in Liebhaberkreisen ”Dampfzuchten”und die daraus hervorgehendenJungtiere sind sehr oft krankheitsanfällig undwenig lebenstüchtig. Aus Unwissenheit werdendiese Phänomene dann der ”Inzucht” zugeschrieben,wenngleich Inzucht damit überhauptnichts zu tun hat.Diese Zuchtform nennt man ”Cawley”.Nur so zur Erinnerung: so sehen wildfarbige Babies aus.Zur einer gutenTierzucht gehören immerauch strenge Auslese und schonender Umgangmit den Zuchttieren. Das kostet Geldund darum sind qualitativ hochwertige Bartagamenauch immer etwas teurer.An guten Bartagamen werden Sie immer vielFreude haben. Kein anderes Reptil vereinigtRobustheit, Schönheit und einfache Pflege insolch idealer Weise in sich.Wenn Sie jetzt Lust auf die Pflege und Zucht vonBartagamen bekommen haben: Ihr Zoofachhändlerkann Ihnen sicher welche beim Großhändlerseines Vertrauens für Sie bestellen, z.B.beim Tropenparadies in Oberhausen, Fax 0208-665997Literatur:DPIPWE (2011): Pest Risk Assessment: Centralbearded dragon (Pogona vitticeps). Departmentof Primary Industries, Parks, Water, andEnvironment. Hobart, Tasmania.Hosking, C. (2010): Central Bearded Dragon.http://australianmuseum.net.auWitten, G. J. & A. J. Coventry (1990): Small Pogonavitticeps (Reptilia: Agamidae) from theBig Desert, Victoria, with notes on other Pogonapopulations. Proceedings of the RoyalSociety of Victoria 102 (2): 117-120


NEWS 108 39Sieht man zum ersten Mal einen Soldatenfisch der Gattung Myripristis, so drängtsich unmittelbar der Gedanke ”Mondkalb” auf. Sehr kurios wirken die riesigenAugen und die kurze Schnauze. Doch sind diese Fische alles andere als Missbildungen.Seit Millionen von Jahren besiedeln sie sehr erfolgreich die Meere undgehören zu den altertümlichsten noch existierenden FischenEMeerwasserUralter Hochadel:Soldaten- und Husarenfischevon Levin Locketwa 65 Arten, die sich auf acht Gattungenverteilen gehören zu den Soldatenfischen(Holocentridae). Sie werden in zweiUnterfamilien eingeteilt, die Husarenfische(Holocentrinae) und die eigentlichen Soldatenfische(Myripristinae). Am leichtesten unterscheidetman die beiden Unterfamilienanhand der Schnauzenform: rund undstumpf bei den Soldatenfischen, relativ spitzbei den Husarenfischen. Husarenfischehaben außerdem immer einen langen Dornam unteren Kiemendeckelrand, der den Soldatenfischenfehlt.Warum die militärischen Namen?Als man vor rund 250 Jahren mit der Erforschungder tropischen Fischwelt begann,erinnerte die teils prachtvolle, immer jedochauffällige Färbung der Korallenfische dieWissenschaftler an die Uniformen der Militärsdes 18. Jahrhunderts. Da Soldatenfischevorwiegend rot gefärbt sind und die Röckeder Infanterie der damaligen Zeit ebenfallsoft rot waren (eine praktischer Farbe, denndarauf sieht man die Blutflecken nicht sosehr) kam man auf den Namen ”Soldatenfische”.Und analog erinnerte die gestreifteFärbung der Husarenfische die frühen Ichthyologenan die mit Schnüren verziertenJacken (Dolmane) der Husaren (leicht bewaffneterReiterkrieger). Im englischenSprach gebrauch bezeichnet man die Soldatenfischeebenfalls als ”soldierfishes”, die Husarenfischejedoch als ”squirrelfishes”, alsoEichhörnchenfische. Letztere Name ist nur zuverstehen, wenn man weiß, dass in Nordamerikasehr viele gestreifte Hörnchenartenvorkommen.Friedliche ZeitgenossenUngeachtet ihrer säbelrasselnden Populärnamensind alle Soldaten- und Husarenfischesehr friedliche Zeitgenossen und dasmacht sie, neben ihren attraktiven FarbenMyripristis jacobus aus der Karibik.Myripristis adusta von Sri Lanka.Alle Photos: Frank SchäferMyripristis kuntee von Sri Lanka.und der ungewöhnlichen Gestalt, zu durchausbegehrenswerten Aquarienfischen.Niemals würden Soldatenfische andere Fischeangreifen oder sich gar Frechheitendem Pfleger gegenüber herausnehmen.Aber etwas aufpassen muss man dennoch,wenn man mit ihnen umgeht. Denn alle Holocentridaehaben viele scharfe Stacheln amKörper und den Flossen, die Husarenfischezusätzlich einen langen Dorn am unterenKiemendeckelrand. Dieser Dorn führt sogarbei manchen Arten Gift (nachgewiesen beiSargocentron). Aber gestorben ist noch niejemand daran, wenngleich Stiche als sehr,sehr schmerzhaft geschildert werden. Allergikersollten allerdings besonders gut beimUmgang mit den Tieren aufpassen. DasBaden des gestochenen Körperteils in sehrheißem Wasser (so heiß, wie man es gerade


40NEWS 108Anomalops katoptron, einer der berühmtenBlitzlichtfische. Die Ähnlichkeit zu den Soldatenfischenist unübersehbar.Myripristis murdjan - beide Bilder zeigen das gleiche Exemplar von Sri Lanka - wird relativ häufig angeboten.noch aushält) hilft meist rasch, da die Giftesehr temperaturempfindliche Eiweißverbindungensind.Tiefseefische?Myripristis violacea, Exemplar von den Philippinen.Nein, die Mehrzahl aller Soldaten- und Husarenfischekommt in relativ flachem Wasserbis etwa 30 Meter Tiefe vor. Nur ganz wenigeArten gehen wirklich tief. Soldaten- und Husarenfischegelten sogar als ausgesprocheneKorallenfische und werden haupt sächlich inKorallenriffen gefunden. Dennoch sind diegroßen Augen vermutlich darauf zurückzuführen,dass die Soldaten- und Husarenfischeursprünglich in der Tiefsee entstandensind. Dafür spricht u.a., dass nahe Verwandteder Holocentridae bis heute in der Tiefseeleben und dort übrigens uralt werden: derals Speisefisch kommerziell genutzte, weltweitverbreitete Hoplostethus atlanticus (Granatbarsch)soll bis zu 160 Jahre alt werden.Weiterhin haben andere enge Verwandteder Holocentridae Leuchtorgane entwickelt,was man sonst auch nur von Tiefseefischenkennt. Diese so genannten Blitzlichtfische(Anomalopidae) haben unter den AugenLeuchtorgane, die sie abdecken und aufblendenkönnen. Aufgeblendet leuchten sieLexikonSoldatenfischeadusta: bedeutet ”sonnenverbrannt,gebräunt”hastatus: bedeutet ”mit einemSpeer bewaffnet”jacobus: latinisierte Form des Namens”Jakob”, da die Art auf Martiniquepopulär als ”Bruder Jakob” bezeichnetwird oder wurde.kuntee: dieser Fisch wurde zunächstohne wissenschaftliche Beschreibungvon Russell 1803 als ”sullaneroo-kuntee”(eine einheimische Bezeichnung)abgebildet; daraufbezog sich Valenciennes bei der gültigenwissenschaftlichen Benennung.murdjan: nach der arabischen Bezeichnungfür die Art.Myripristis: bedeutet ”tausendfacheSäge”, das bezieht sich auf die starkeBestachelung.Neoniphon: bedeutet ”neuer Niphon”;Niphon ist eine andere Fischgattung.praslin: nach dem gleichnamigenHafen auf den Seychellen, wo dieArt zuerst gefunden wurde.rubrum: bedeutet ”rot”.sammara: nach einer arabischen Bezeichnung”Abu msammer”.Sargocentron: bedeutet ”Sargos mitStachel”; Sargos ist ein alter Fischname.violacea: bedeutet ”violett”.


NEWS 108 41so hell, dass Taucher angeblich in ihremLicht lesen können...NachtschwärmerDie großen Augen sind also ein Überbleibselder Tiefseevergangenheit, werden abervon den heute existierenden Arten genutzt,um nächtens auf Raubzug zu gehen. DenTag verbringen Soldaten- und Husarenfischein Höhlen und Unterständen, oft vergesellschaftetmit Kardinalbarschen (Apogonidae),Großaugen (Priacanthidae) undanderen dämmerungsliebenden Arten. Da -bei findet man sehr oft mehrere Arten vonSoldaten- und Husarenfischen gemeinsam.Zu den Besonderheiten dieser Fische gehörtes, nicht immer ”normal” zu schwimmen,sondern auch sehr oft mit dem Bauchnach oben.bevorzugen die Husarenfische bodennahlebende Krebstiere, während die Soldatenfischeeher größere Planktonorganismen(kleine Fische, Garnelen, Tintenfische etc.)aus dem freien Wasser nehmen. Im Aquariumgewöhnen sie sich aber sehr schnell andie übliche Tiefkühlkost und sind wirklichproblemlose Kostgänger. Bereits kurze Zeitnach der Eingewöhnung fressen sie sogarFuttersticks von der Wasseroberfläche.Die allermeisten Soldaten- und Husarenfischebleiben ziemlich klein und werdenkaum länger als 20 cm. Weil sie jedoch sehrhäufig sind, werden sie überall gefangenund gegessen. Die größte Art überhaupt istbei den Soldatenfischen Myripristis adusta,der maximal 32 cm, gewöhnlich jedochauch im Freileben nur 25 cm lang wird; alleanderen Soldatenfisch-Arten bleiben kleiner.Die größte Art der Husarenfische ist Sargocentronspiniferum mit maximal 45 cm,gewöhnlich aber nur 35 cm Länge. Die übrigenArten werden auch hier gewöhnlichum die 20 cm lang.Unspektakuläre FortpflanzungGenau wie die überwältigende Mehrzahlder Meeresfische setzen die Soldaten- undHusarenfische auf die Strategie ”Masse stattKlasse”, wenn es um die Fortpflanzung geht.Brutpflege in irgend einer Form wird nichtausgeübt, sondern die Eier werden einfachin großer Menge ins freie Wasser abgegeben,wo sie sich selbst überlassen bleiben.Sargocentron hastatus, Exemplar von Sri LankaNeoniphon sammaraÄußerlich erkennbare Geschlechtsunterschiedesind bisher nicht beschrieben worden,ebenso sind Details zu Balzverhaltenunbekannt. Hier tut sich ein weites Betätigungsfeldfür forschende Aquarianer auf,denn wie man auf den Bildern sieht, sehensich viele Arten von Soldaten- und Husarenfischenaußerordentlich ähnlich. Da zudemin der Natur oft drei oder vier Arten gemeinsamvorkommen, muss es irgendwelcheMechanismen geben, die eine Bastardisierungverhindern. Bastarde von SoldatenoderHusarenfischen sind in der Literaturbislang nicht erwähnt worden, wenn es siealso gibt, sind sie zumindest selten. Vermutlichsind die Kreuzungsbarrieren im Balzverhaltenzu suchen, aber das lässt sich aus naheliegendenGründen in der freien Naturnur schwer oder gar nicht beobachten (mandenke an die Nachtaktivität). Im Aquariumhaben Soldatenfische (Myripristis murdjan)bereits in den 1960er Jahren abgelaicht, sieKleine RäuberSoldaten- und Husarenfische ernähren sichausschließlich von fleischlicher Kost. DabeiSargocentron praslin


42NEWS 108sind also in dieser Hinsicht durchaus zugänglicheFische (DE GRAAF, 1970).Ein jüngeres Exemplar von Neoniphon sammara.Im AquariumSoldaten- und Husarenfische eignen sichausgezeichnet zur Pflege im Aquarium. AlsPlanktonfresser lassen sie sessile Wirbellosevöllig unbeachtet und auch andere Fischehaben von ihnen nichts zu befürchten,wenn sie nicht als Futter in Frage kommen.In meinem Aquarium mit zwei großen, gut2o cm langen Myripristis konnte ich beobachten,dass auch kleine Fische nur einigeTage lang verfolgt wurden. Hatten sie dieseZeit überstanden und sich an die Umgebunggewöhnt, stellten die Soldatenfischekeine Bedrohung mehr für sie dar. Die Soldergleichensollte aber trotzdem für dieseFische vorhanden sein, schon damit mandas interessante bauch-nach-oben-schwimmenab und zu beobachten kann.Auch wenn Soldaten- und Husarenfischekeine ausgesprochenen Schwarmfischesind, sollte man sie in einer kleinen Gruppe,mindestens aber zu zweit pflegen. EineGruppe darf auch durchaus aus verschiedenenArten bestehen.Sargocentron rubrumdatenfische schwammen dann nur nochhalbherzige Angriffe, denen die kleinen Fischeleicht ausweichen konnten.Sargocentron praslin, JungtierDas Aquarium für Soldaten- und Husarenfischesollte allerdings möglichst groß sein,denn es handelt sich um schwimmaktiveTiere, die für Aquarienfische doch recht stattlichsind. Entsprechend hoch ist auch dieWasserbelastung, denn Soldaten- und Husarenfischesind kräftige Fresser. Die Ernährungder Fische stellt, wie schon früher geschildert,keinerlei Problem dar.Anders als in der Natur sind Soldaten- undHusarenfische im Aquarium keineswegsdämmerungs- oder nachtaktiv, sondern sindnach kurzer Eingewöhnungszeit den ganzenTag über unterwegs. Eine große Höhle oderLeider werden Soldaten- und Husarenfischenur sehr sporadisch im Zoofachhandel angeboten.Wer über ein großes Aquarium verfügtsollte ruhig zugreifen, wenn sich die Gelegenheitergibt - es lohnt sich bestimmt!Literatur:De Graaf, F. (1970): Das tropische Meerwasseraquarium.Melsungen. Neumann 308 pp.Randall, J. E. & D. W. Greenfield (1999): Holocentridae.in Carpenter, K.E.; Niem, V.H. (eds)FAO species identification guide for fisherypurposes. The living marine resources of theWestern Central Pacific. Volume 4. Bony fishespart 2 (Mugilidae to Carangidae).Rome, FAO. . pp. 2069-2790.Kuiter, R. H. & H. Debelius (2006). World Atlas ofmarine fishes. IKAN-Unterwasserarchiv, Frankfurta.M., 720 pp


NEWS 108 43AmphibienLiebenswerte Kröten (1)von Volker EnnenbachFür viele Menschen sind Kröten der Inbegriff des häßlichen, schleimigenund glitschigen - kurz, sie finden sie widerlich. Doch Tierhalter sind da ganzanders und schon seit Anbeginn der Terrarienkunde um 1880 haben Krötenihre begeisterten Anhänger gefunden. Und wer erinnert sich nicht gernean Catweazles Vertraute, die Erdkröte Kühlwalda?In Mitteleuropa gibt es drei Krötenarten, dieErdkröte (Bufo bufo), die Wechselkröte (Bufoviridis) und die Kreuzkröte (Bufo calamita).Weltweit gibt es aber mehr als 250 Arten unddas macht die Kröten zur artenreichsten Gattungder Froschlurche überhaupt. Oder sollteman lieber sagen: machte? Denn wie überallhaben auch hier die Zoologen begeistert dieneue Möglichkeit aufgegriffen, über DNS-Analysen neue Einblicke in die verwandtschaftlichenVerhältnisse bei den verschiedenenKrötenarten zu bekommen. Die Interpretationdieser DNS-Analysen zeigte, dass Bufoim bisherigen Sinne nicht eine einzelne Entwicklungsliniein der Evolution darstellt (alsomonophyletisch ist), sondern dass die in Bufovereinigten Kröten-Arten mehreren Entwicklungslinienentstammen (also polyphyletischsind). Da Gattungen monophyletische Einheitendarstellen sollen, wurden daraufhin eineganze Menge neuer Krötengattungen aufgestelltbzw. alte Namen wieder ausgegraben.Folgt man dieser neuen Systematik, gehörenheute zu Bufo GARSAULT, 1764 nur noch 17Erdkröte aus der Umgebung von Darmstadt.Arten, nämlich die allerengsten Verwandtender Erdkröte. Viele der Arten waren frühersogar nur als Unterarten zu Bufo bufo gesehenworden. Die Wechselkröte steht dann in BufotesRAFINESQUE, 1815 (14 Arten) und die Kreuzkrötein der monotypischen (= enthält nureine Art) Gattung Epidalea COPE, 1864.Erdkröten können sehr variabel gefärbt sein.Dieses Pärchen stammt aus Aalborg, Dänemark...... und auch dieses Pärchen stammt aus Aalborg ...Noch sollte man dieser DNS-basierten Systematiknicht unkritisch folgen; doch vieles erscheintdurchaus nachvollziehbar.In den kommenden Ausgaben der News wollenwir Ihnen einige häufig im Handel anzutreffendeKrötenarten vorstellen und ans Herzlegen. Denn eines haben alle Kröten gemein-... genau wie dieses Aalborger Pärchen, bei dem das Weibchen herrlich goldgelb ist. Alle Photos: F. SchäferKrötenkaulquappen sind immer schwarz undschwimmen immer in Schwärmen, der Laichvon Bufo-Arten wird immer in Schnüren (nichtin Ballen) abgesetzt.


44NEWS 108sam, egal wie sie heißen: sie sind exzellenteund sehr liebenswerte Terrarientiere!Männchen der Bufo-Arten (hier B. j. japonicus) haben kräftige Unterarme.Kröten sind coolWas Kröten so liebenswert macht ist ihre Lässigkeit.Kröten verfügen nämlich über ein sehrpotentes Hautgift, das sie in Situationen, dieihnen richtig Angst machen, auch in konzenrierterForm aus den hinter den Augen liegendengroßen Ohrdrüsen, den sogenannten Parotiden,absondern können. Es handelt sichdabei um ein milchiges Sekret, das aufSchleimhäuten ein starkes Brennen hervorruftund zudem sehr bitter schmeckt. Dankdieses Giftes haben Kröten nur wenige Fressfeinde.Darum ist auch ihr Fluchtreflex nursehr schwach ausgeprägt. Kröten werdendaher in menschlicher Obhut sehr schnellzahm, wenn sie den Menschen als Futterquelleerst einmal kennengelernt haben.Für den Menschen ist das Gift der Erdkröten-Verwandtschaft relativ ungefährlich. Mansollte aber grundsätzlich keine Amphibienmit bloßen Händen anfassen, wenn man offeneWunden hat und sich auch sonst anschließendgründlich die Hände waschen,bevor man sich in Augen, Mund oder an sonstigeempfindliche Körperteile fasst.Das Verschlucken von Erdkrötengift (Bufotoxin)führt zu Erbrechen und Halluzinationen.Insgesamt geht aber von Erdkröten bei ruhigemund normalem Umgang keinerlei Gefahrfür Menschen aus.Weibchen der Westlichen Japanischen Erdkröte , Bufo japonicus japonicusÖstliche Japanische Erdkröte, Bufo japonicus formosusGlitschig?Erdkröten sind landbewohnende Amphibien,die das Wasser normalerweise nur zur Fortpflanzungaufsuchen. Am liebsten sind ihnenleicht feuchte, aber nicht nasse Lebensräume.Darum fühlen sich Bufo-Arten gewöhnlichauch nicht glitschig, sondern eher trocken an.Ein ideales Substrat für die Pflege von Bufo-Arten ist lockere Garten- oder Walderde, aufder sich totes Laub (Eiche, Buche, Birke, Obstgehölzeetc.) befindet. Das Substrat solltemindestens 10 cm hoch im Terrarium eingefülltwerden und den Kröten ein Graben erlauben.Da größere Kröten viel Fressen undentsprechend viel wieder ausscheiden, ist eswichtig, ein biologisch aktives Substrat zu verwenden,das die Schadstoffe schnell abbaut.Nichts ist so gefährlich für Kröten wie Staunässeund Ammoniak-Mief im Terrarium.


NEWS 108 45Weitere TerrarieneinrichtungDie Bufo-Arten sind gewöhnlich Kulturfolgerund die Terrarien-Einrichtung kann z.B. einenverwilderten Gartenausschnitt darstellen.Wichtig ist eine Versteckmöglichkeit, die sogestaltet sein muss, dass das Tier mit der RükkenhautKontakt mit der Höhlendecke bekommt;nur dann fühlt es sich richtig sicher.Man vermeide massive Steinaufbauten, denndie Kröten können ausgezeichnet grabenund das kann zu üblen ”Bergrutschen” führen.Ein Blumentopfuntersetzer mit stets frischemWasser sollte als Badegelegenheit in keinemKrötenterrarium fehlen.FreilandhaltungAlle Bufo-Arten eignen sich gut für die Haltungim Freilandterrarium. Überwintern sollteman allerdings im Haus bei 5-10°C. Die Zuchtgelingt im Freiland fast immer. Zwar sind Erdkrötenkonservativ, was ihre Laichgewässerangeht - man kennt das ja von den alljährlichenKrötenwanderungen - nehmen abergrundsätzlich auch jeden neu angelegtenGartenteich als Brutmöglichkeit an. Die ein-Wenige Wochen altes Baby von Bufo bufo.heimische Erdkröte (Bufo bufo) steht, wie alleeuropäischen Arten, unter Schutz und darfnur mit Ausnahmegenehmigung gehaltenwerden. Eine tolle Alternative ist die JapanischeErdkröte (B. japonicus). Bei dieser und anderenausländischen Arten ist aber unbedingtdarauf zu achten, dass sie bei Freilandhaltungnicht entweichen können, denn eineFaunenverfälschung durch Bufo-Arten ist dasallerletzte, was ein verantwortungsbewussterTerrarianer herbeiführen möchte.(wird fortgesetzt)Wenn Sie jetzt Lust auf die Pflege und Zucht vonBufo-Arten bekommen haben: Ihr Zoofachhändlerkann Ihnen sicher welche beim Großhändlerseines Vertrauens für Sie bestellen, z.B.beim Tropenparadies in Oberhausen, Fax 0208-665997Die widerlichste Bedrohung der Bufo-Arten ist die Krötengoldfliege (Lucilia bufonivora), deren Larven sichin das Gehirn der lebenden Kröte fressen und so ihren Tod herbeiführen. Bei Freilandhaltung sollte dasTerrarium darum unbedingt fliegensicher sein!


46NEWS 108BrandneuDas Beste zum Schluss:ein neuer Halbschnabelhecht!von Frank SchäferManchmal laufen die Dinge seltsam. Jahrelang las man in der gesamten Fachpressekein Wort über Halbschnabelhechte. Dann machte die Zeitschrift ”Amazonas”diese ebenso interessanten wie schönen Fische zum Titelthema ihrerJuli/August-Ausgabe. Und zeitgleich importierte Aquarium Glaser einen völligunbekannten Halbschnabelhecht von Sulawesi, den wir Ihnen jetzt exklusiv undweltweit erstmals in Ihrer News vorstellen können....Die Entdeckung der neuen Art ist ebenfallsdem Zufall geschuldet. Ich war geradeauf dem Weg zu einem ganz anderenBecken in der Fischhalle von Aquarium Glaser,um die darin schwimmenen Fische zu bestimmen,als ich von einem Kunden etwas gefragtwurde. Ich bog also in den Gang ab, in dem derKunde stand und es entwickelte sich ein kurzesGespräch. Es ging dabei um etwas völliganderes als um Halbschnabelhechte, doch derKunde stand mit dem Rücken zu einem Aquariummit etwa 70 Exemplaren von Nomo -rhamphus ebrardtii. Ich nutzte die Gelegenheit,mir diese Fische etwas genauer anzusehen,denn sie waren ausgesprochen attraktiv gefärbt.Und siehe da, es waren noch ganz andereFische im Becken! Halbschnäbler-Beifängevon Sulawesi: das ist immer interessant,denn viele Arten werden nicht kommerziellimportiert, da kaum Nachfrage nach solchenFischen besteht.Regelmäßig eingeführt werden derzeit nurdrei Arten von Nomorhamphus von Sulawesi:der orangeflossige N. ebrardtii, der erst kürzlichbeschriebene N. rex (importiert wird er allerdingsschon länger, nur wurde er bis zu seinerBeschreibung als Farbvariante von N. ebrardtiimissgedeutet) und N. liemi.Die neue Art hat jedoch eine völlig andere Färbungals alle Nomorhamphus, die ich bis dahinzu Gesicht bekommen habe (siehe KEMPKES &SCHÄFER, 1998). Ich schickte Bilder an Jan HUY-Von oben erkennt man gut die sehr besondereSchnabelform des neuen Halbschnabelhechtes.Nomorhamphus rex wurde erst im August 2012als neue Art beschriebenNomorhamphus liemi ist die aquaristisch bekanntesteArt der Gattung.Der neue Halbschnabelhecht schwimmt am liebsten im Trupp. Man beachte die individuell unterschiedliche Färbung!Alle Photos: Frank Schäfer


NEWS 108 47Halbschnäbler, der etwa fünf Zentimeter langist, vorerst unbestimmbar. Auch die exakteHerkunft lässt sich nicht mehr ermitteln. Farblichähneln die N. ebrardtii, mit denen die Artgemeinsam importiert wurde den Tieren, dieEVERS als Form von Balambano beschreibt,auch bezüglich der relativ geringen Größe.Nun bleibt nur die Hoffnung, eines der Weibchender neuen Art könnte befruchtet sein(bei Halbschnabelhechten gibt es Vorratsbefruchtung)und wenn dann unter den Jungenein Männchen ist, könnte nicht nur die Bestimmunggelingen, sondern auch ein Aquarienstammder attraktiven Tiere aufgebaut werden.Leider sind alle 17 bisher bekannten Exemplare des neuen Halbschnabelhechtes Weibchen.Ich habe die Fische darum zunächst demin der Zucht von Halbschnabelhechten sehrLEBROUCK vom Museum Alexander König in chen! Damit bleibt der wunderschöne, individuellerfahrenden Dieter Bork überlassen. DrückenBonn, der sich wissenschaftlich mit Halbschnabelhechtensehr unterschiedlich orange gescheckte Sie die Daumen, liebe Leser!beschäftigt und auch federführenderErstautor der Beschreibung von Nomorhamphusrex war. Auch er kann die neueArt nach den Bildern keiner ihm bekanntenArt der Halbschnabelhechte zuordnen, tipptjedoch auf einen Vertreter der Gattung Nomorhamphus.Letzte Klarheit über die Gattungszugehörigkeitbei Halbschnabelhechtenkann jedoch nur die mikroskopische Untersuchungdes Begattungsorgans der Männchen,des so genannten Andropodiums geben.Ich hatte sämtliche 17 Exemplare des neuenHalbschnabelhechtes, die sich in dem Beckenbefanden, sofort erworben und zur näherenBeobachtung zu Hause in einem eigenen Bekkenuntergebracht. Leider sind alle Tiere Weib-Der neue Halbschnäbler kam als Beifang zu diesen Nomorhamphus ebrardtii zu uns.LexikonHalbschnabelhechteNomorhamphus: bedeutet in etwa"mit gesetzmäßigen Kiefern"; beziehtsich auf die im Unterschied zu anderenHalbschnabelhechten in etwagleichlangen Ober- und Unterkiefer.liemi: Widmungsname für den indonesischenZierfischexporteur DigLiem von der Firma Vivaria Indonesia.rex: bedeutet ”König”; der Namewurde gewählt, weil die Zähne desHalbschnabelhechtes ein wenig andie des Dinosauriers Tyrannosaurusrex erinnern.ebrardtii: Widmungsname zu Ehrendes "Herrn Geheimrat Ebrardt".Literatur:Evers, H.-G. (2013): Die HalbschnabelhechteSulawesis. Amazonas 9 (4): 22-39Huylebrouck, J., Hadiaty, R. K. & F. Herder(2012): Nomorhamphus rex, a newspecies ofviviparous halfbeak (Atherinomorpha: Beloniformes:Zenarchopteridae) endemic to SulawesiSelatan, Indonesia. The Raffles Bulletin ofZoology 60 (2): 477-485Huylebrouck, J. (2013): LebendgebärendeHalbschnäbler der Familie Zenerachopteridae.Amazonas 9 (4): 14-21Kempkes, M. & F. Schäfer (1998): Alle Lebendgebärenden.Mörfelden-Walldorf, 352 pp

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