Verhandlungen der Landessynode - Evangelische Landeskirche in ...
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2 April 2011<br />
Predigt<br />
von Oberkirchenrat Gerhard Vicktor<br />
(ständiger Vertreter des Landesbischofs)<br />
„Wir glauben an den e<strong>in</strong>en Gott <strong>der</strong> alles geschaffen hat,<br />
Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt.“<br />
So bekennen wir im Nizänischen Glaubensbekenntnis, liebe<br />
Synodalgeme<strong>in</strong>de. Was bedeutet <strong>der</strong> Glaube an Gott, den<br />
Schöpfer und an diese Welt als se<strong>in</strong>e Schöpfung angesichts<br />
des Raubbaus, angesichts <strong>der</strong> Ausbeutung, angesichts<br />
mancher nicht wie<strong>der</strong> gut zu machen<strong>der</strong> Zerstörung, angesichts<br />
menschlicher Bequemlichkeit und dem Fortschrittsglauben<br />
geschuldeten unumkehrbarer Folgen im Blick auf<br />
das Klima o<strong>der</strong> die Ressourcen? Dass wir heute wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
mitten im Kampf um Leben und Tod <strong>der</strong> Schöpfung Erde<br />
samt se<strong>in</strong>em dazugehörigen Klimas stehen, daran zeigt sich<br />
die erschreckende Gottverlassenheit des gegenwärtigen<br />
Menschen. In <strong>der</strong> simplen Sprache des alten Knigge könnte<br />
man so formulieren: Geht man so mit fremdem Eigentum<br />
um! Gott hat uns als Gäste sogar zu se<strong>in</strong>en Hausgenossen<br />
gemacht. Aber nicht zu Eigentümern. Die Schöpfung ist<br />
das Haus Gottes. Se<strong>in</strong> Oikos. In dieser oikologischen Perspektive<br />
steht unser Existenzrecht. Dazu gibt es ke<strong>in</strong>e<br />
Alternative.<br />
Für diese Perspektive setzt uns <strong>der</strong> Sabbat die richtige<br />
Brille auf. In <strong>der</strong> Fortsetzung von Sabbat dann <strong>der</strong> Sonntag<br />
als Tag des Herrn. Es geht beim Ruhetag nicht primär um<br />
die Arbeit des Menschen. Es geht um das Nichte<strong>in</strong>greifen<br />
des Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Mitwelt. Er soll sich Zeit nehmen,<br />
die Vollendung <strong>der</strong> Schöpfung als Gottestat zu erkennen,<br />
anzuerkennen, zu bewun<strong>der</strong>n, zu genießen als e<strong>in</strong> se<strong>in</strong><br />
Leben unterstützendes för<strong>der</strong>ndes und notwendiges Gut.<br />
Den Schöpfer dafür zu loben. Wir merken, das Thema ist<br />
gar nicht an<strong>der</strong>s zu behandeln, als unter dem Gesichtspunkt<br />
von Spiritualität. Der heutige Studientag muss also<br />
mit e<strong>in</strong>em geistlichen Geschehen beg<strong>in</strong>nen. Nicht als<br />
Rahmengeschehen. Ne<strong>in</strong>, als Zentrum. Dieser Gottesdienst<br />
eröffnet die Synode und trifft zugleich <strong>in</strong>s Zentrum des<br />
Studientages. Spiritualität weist auf das den Menschen<br />
geheimnisvolle Entzogense<strong>in</strong> des Beg<strong>in</strong>ns <strong>der</strong> Schöpfung<br />
von <strong>der</strong> er selbst e<strong>in</strong> Teil ist. Schöpfungs-Spiritualität stellt<br />
den Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> und die Schöpfung selbst zugleich dar, als<br />
heilige Vorwegnahme <strong>der</strong> Erlösung <strong>der</strong> Welt.<br />
Die Bibel weist auf die unauflösliche Beziehung <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge<br />
zum Schöpfer h<strong>in</strong>. Ohne diese Beziehung zu sehen, sieht<br />
<strong>der</strong> Mensch sich <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es mechanistischen Weltbildes.<br />
Und das glaubt er zu beherrschen. Durch die fortschreitenden<br />
Zerstörungen, den Raubbau <strong>der</strong> natürlichen<br />
Ressourcen, die Verschmutzungen von Wasser und Luft gerät<br />
die Menschheit, noch dazu wegen <strong>der</strong> Selbstbedrohung<br />
durch die Anwesenheit nuklearen Materials, an ihre def<strong>in</strong>itiven<br />
Grenzen.<br />
Wir müssen uns immer wie<strong>der</strong> vor Augen halten: Es geht<br />
nicht um die Weltverursachung. Es geht um die Weltschöpfung.<br />
Gott und Welt s<strong>in</strong>d sich ke<strong>in</strong> Gegenüber. Gott<br />
schafft die Welt und ist zugleich untrennbar <strong>in</strong> ihr dr<strong>in</strong>. Der<br />
Welttranszendente und <strong>der</strong> Weltimmanente Gott ist e<strong>in</strong><br />
gleichzeitiger Gott sozusagen. Alles war wir <strong>der</strong> Schöpfung<br />
antun, tun wir Gott an und im übrigen uns selbst. Diese<br />
Weltperspektive fassen Christenmenschen für ihr Handeln<br />
zusammen <strong>in</strong> dem Votum: Im Namen des Vaters und des<br />
Sohnes und des Heiligen Geistes. Alles war Gottes Geschöpfe<br />
<strong>in</strong> ihrem Leben und was ihnen im Sterben wi<strong>der</strong>fährt<br />
geschieht im Namen Gottes. Das verdichten wir jeden<br />
Sonntag und bei jedem Gottesdienst. Deshalb beg<strong>in</strong>nen<br />
wir ihn so. Das Siegel für die Gültigkeit und Verlässlichkeit<br />
dafür erhalten wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Taufe. Und dort wie<strong>der</strong>:<br />
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen<br />
Geistes.<br />
Den Mietvertrag gewissermaßen zur Hausgenossenschaft<br />
besiegelt Gott sichtbar mit Wasser, unsichtbar mit se<strong>in</strong>em<br />
Geist. Das Haus <strong>in</strong> Schuss zu halten und zu pflegen, e<strong>in</strong><br />
solcher Geist soll herrschen unter euch im Oikos <strong>der</strong> Welt.<br />
Im Weltenhaus Gottes.<br />
Gut, dass wir getauft s<strong>in</strong>d. Er ist vertragstreu. Das Wasser<br />
ist Siegel, Vertrauen, Versprechen e<strong>in</strong>erseits, weist aber<br />
an<strong>der</strong>erseits darauf h<strong>in</strong>, dass wir von den Übertretungen<br />
und Verletzungen des Mietvertrages immer wie<strong>der</strong> gnädig<br />
und mit Nachsicht von Gott als Hausherr behandelt werden.<br />
Das Wasser weist darauf h<strong>in</strong>, dass er unsere Fehler, unsere<br />
Schuld, unsere Sünde abwäscht. Uns zur Bes<strong>in</strong>nung ruft.<br />
Seit unserer Taufe ist Gott so <strong>in</strong> unser Leben getreten, dass<br />
wir als mit se<strong>in</strong>em Geist Beschenkte versuchen, ihm zu<br />
antworten, im Alltag unseres Lebens. Es geht darum: wie<br />
spüren Menschen, dass im Leben <strong>der</strong> Getauften Gott dr<strong>in</strong><br />
ist. Diese Frage haben sich alle Christenmenschen auf <strong>der</strong><br />
ganzen Welt zu stellen, die auf den Namen des Dreie<strong>in</strong>igen<br />
Gottes getauft s<strong>in</strong>d. Vor allem jene Getauften wie wir,<br />
denen es besser geht als an<strong>der</strong>en Mitgeschöpfen. Ja, <strong>in</strong><br />
unserem Leben soll Gott dr<strong>in</strong> se<strong>in</strong>. Je mehr wir außerhalb<br />
vom Besitzanspruch auf diese Schöpfung s<strong>in</strong>d, umso mehr<br />
ist Gott dr<strong>in</strong> <strong>in</strong> uns. Wer dem Eigentum des Besitzers<br />
Konkurrenz machen will, verliert se<strong>in</strong> Alle<strong>in</strong>stellungsmerkmal<br />
als Gottes Hausgenosse. Probiert haben es die Alten schon<br />
e<strong>in</strong>mal, ihre Recht <strong>der</strong> Hausgenossenschaft zu übertreten<br />
beim Turmbau zu Babel.<br />
Das Wasser er<strong>in</strong>nert also zugleich an unsere Taufe und an<br />
unsere Verantwortung für rar und wertvolle, sehr defekt gewordene<br />
Schöpfungsgüter, für Lebens-Mittel für Milliarden<br />
von Menschen. E<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe wird diesen Gedanken<br />
nachher vertiefen. Die Taufe verleiht Gastrecht auf Erden.<br />
Mehr noch: Taufe macht uns zu Hausgenossen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Hause „Schöpfung“, Etage Erde.<br />
Symbolhandlung zur Taufer<strong>in</strong>nerung<br />
Er<strong>in</strong>nert e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> an Eure Taufe. Zeichnet e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />
Kreuz mit Wasser auf die Stirn o<strong>der</strong> die Handschale <strong>der</strong><br />
Nachbar<strong>in</strong>, des Nachbarn. Wir er<strong>in</strong>nern uns mit dem<br />
Wasserkreuz an unsere Taufe und lassen zusprechen:<br />
Du bist getauft. Amen.<br />
Wir s<strong>in</strong>d getauft. Wir haben Gottes Gäste – Siegel. Wir s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>gemietete Gäste. Wie gesagt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Etage Erde. Da gibt<br />
es frühere Erfahrungen des Volkes Israel <strong>in</strong> Ägypten. Daraus<br />
hat sich e<strong>in</strong> ausgeprägtes Verständnis des Gastse<strong>in</strong>s auf<br />
Erden entwickelt. Bei Herrn Professor Stückelberger habe ich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Aufsatz e<strong>in</strong>e Anmerkung entdeckt, die e<strong>in</strong>e symbolträchtige<br />
Gastsitte <strong>der</strong> Bedu<strong>in</strong>en beschreibt: Wenn e<strong>in</strong> Gast<br />
das Zelt betritt, werden ihm 3 Schälchen mit Kaffee angeboten.<br />
Aus dem ersten, dem Gastrechtsschälchen, zu<br />
tr<strong>in</strong>ken heißt: Der Gast steht unter dem Schutz Gottes.<br />
Das zweite, das Genussschälchen, bedeutet: Gast und<br />
Gastgeber genießen die Geme<strong>in</strong>schaft. Nun gehört aber<br />
auch das dritte, das Schwertschälchen dazu. Damit verpflichtet<br />
sich <strong>der</strong> Gast, den Gastgeber im Notfall mit dem