Verhandlungen der Landessynode - Evangelische Landeskirche in ...
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16. April 2011 Dritte Sitzung 57<br />
klauseln, das heißt, die e<strong>in</strong>zelnen Gliedkirchen können hier<br />
von den Regelungen des Pfarrdienstgesetzes abweichen.<br />
Werden <strong>der</strong>artige Abweichungen nicht vorgesehen, s<strong>in</strong>d<br />
die Gliedkirchen an das Gesetz <strong>der</strong> EKD gebunden. Zum<br />
an<strong>der</strong>en können die Gliedkirchen aber auch die erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Regelungen zur Ausführung des Kirchengesetzes<br />
erlassen. Mit diesen beiden Möglichkeiten – Ausnahmen<br />
und Ausführungen – befassen sich die Artikel 2 ff. unseres<br />
Kirchlichen Gesetzes zur E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen<br />
Pfarrdienstrechts.<br />
Das Pfarrdienstrecht <strong>der</strong> EKD trifft nun Regelungen, die sich<br />
im Recht <strong>der</strong> badischen <strong>Landeskirche</strong> <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Gesetzen bef<strong>in</strong>den. Das macht es nicht e<strong>in</strong>facher. Sie<br />
müssen also immer <strong>in</strong> verschiedene Gesetze schauen.<br />
Das umfassendste Gesetz steht <strong>in</strong> Artikel 2 und hat den<br />
schönen Namen „Ausführungsgesetz zum Kirchengesetz<br />
zur Regelung <strong>der</strong> Dienstverhältnisse <strong>der</strong> Pfarrer<strong>in</strong>nen und<br />
Pfarrer <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Evangelische</strong>n Kirche <strong>in</strong> Deutschland (Ausführungsgesetz<br />
Pfarrdienstgesetz <strong>der</strong> EKD – AG-PFDG.EKD)“.<br />
Ich möchte Sie vorab noch auf e<strong>in</strong>e Schwierigkeit bei <strong>der</strong><br />
Formulierung des Ausführungsgesetzes aufmerksam machen:<br />
Es ist nicht e<strong>in</strong>fach zu entscheiden, welche Sachverhalte<br />
von ihrer Bedeutung her im Ausführungsgesetz selbst zu<br />
regeln s<strong>in</strong>d und welche Sachverhalte <strong>in</strong> Rechtsverordnungen<br />
verankert werden sollen. So ist es sicherlich richtig, die Gewährung<br />
von Zuschüssen für die Amtsbekleidung nicht im<br />
Gesetz selbst zu regeln, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Rechtsverordnung.<br />
An<strong>der</strong>erseits muss die Berufung <strong>in</strong> das Pfarrdienstverhältnis<br />
sicherlich im Ausführungsgesetz selbst geregelt werden.<br />
Mit diesen zum Teil sehr komplexen Fragen hat sich die<br />
synodale Begleitgruppe <strong>in</strong> vielen Sitzungen befasst. Ich<br />
möchte die Gelegenheit jetzt ergreifen, dieser Gruppe<br />
ganz herzlich für ihre Arbeit zu danken. Me<strong>in</strong> Dank gilt<br />
auch dem Rechtsreferat und beson<strong>der</strong>s Herrn Tröger, <strong>der</strong><br />
sich mit großer Sachkenntnis und viel Fleiß e<strong>in</strong>gebracht hat.<br />
(Beifall)<br />
Dies vorweg zum Rahmen des Gesetzesvorhabens. Im Vorfeld<br />
hat sich, wie wir eben schon gehört haben, <strong>der</strong> Ältestenrat<br />
darauf gee<strong>in</strong>igt, dass sowohl <strong>der</strong> Hauptausschuss als<br />
auch <strong>der</strong> Rechtsausschuss die Berichterstattung übernehmen<br />
sollten. Herr Breisacher wird nun zu e<strong>in</strong>igen <strong>in</strong>haltlichen<br />
Schwerpunkten etwas vortragen. Ich gehe dann später<br />
wie<strong>der</strong> auf das Gesetz selber e<strong>in</strong>.<br />
Präsident<strong>in</strong> Fleckenste<strong>in</strong>: Herr Breisacher führt fort.<br />
Teil II<br />
Inhaltliche Schwerpunkte des Pfarrdienstgesetzes<br />
Synodaler Breisacher, Berichterstatter: Sehr geehrte Frau<br />
Präsident<strong>in</strong>, liebe Konsynodale!<br />
Im Anschluss an die Ausführungen von Fritz Heidland<br />
möchte ich im Folgenden e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>haltliche Aspekte des<br />
neuen Pfarrdienstgesetzes näher beleuchten. In e<strong>in</strong>em<br />
dritten Teil wird Herr Heidland schließlich Än<strong>der</strong>ungsanträge<br />
zu den e<strong>in</strong>zelnen Paragraphen im badischen Ausführungsgesetz<br />
vorstellen.<br />
Die Residenzpflicht e<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>depfarrers bzw. e<strong>in</strong>er<br />
Geme<strong>in</strong>depfarrer<strong>in</strong> gilt auch im neuen Pfarrdienstgesetz.<br />
Ihre Präsenz vor Ort und die Bedeutung <strong>der</strong> Pfarrhäuser<br />
werden nicht grundsätzlich <strong>in</strong> Frage gestellt. Der Pfarrer<br />
bzw. die Pfarrer<strong>in</strong> müssen für die Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> greifbar<br />
und ansprechbar se<strong>in</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs bedeutet dies nicht, dass<br />
sich die Geistlichen ständig im Pfarrhaus aufhalten o<strong>der</strong><br />
neben dem Telefon sitzen müssten. E<strong>in</strong> wichtiger Punkt im<br />
neuen Pfarrdienstrecht ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang das<br />
Verständnis von „Erreichbarkeit“: Erreichbarkeit muss sich<br />
nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> „physischer Präsenz im Dienstbereich“<br />
konkretisieren. Durch die Anwendung mo<strong>der</strong>ner Kommunikationsmittel<br />
kann sowohl dem Bedürfnis <strong>der</strong> Pfarrer<strong>in</strong>nen<br />
und Pfarrer nach Privatleben und nach Zeiten <strong>der</strong> Entspannung<br />
Rechnung getragen werden als auch dem<br />
Bedürfnis von Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong>n, ihren Pfarrer bzw. ihre<br />
Pfarrer<strong>in</strong> etwa bei e<strong>in</strong>em Todesfall <strong>in</strong> angemessener Zeit<br />
persönlich erreichen zu können. Mit Phantasie und entsprechen<strong>der</strong><br />
Technik dürften beide Bedürfnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle<br />
Balance gebracht werden.<br />
Für engagierte Diskussionen sorgte beim neuen Pfarrdienstgesetz<br />
erwartungsgemäß die Frage, ob es homosexuellen<br />
Pfarrer<strong>in</strong>nen und Pfarrern gestattet wird, <strong>in</strong> Zukunft geme<strong>in</strong>sam<br />
mit ihrem Partner bzw. ihrer Partner<strong>in</strong> im Pfarrhaus zu wohnen.<br />
Im bisherigen badischen Pfarrdienstgesetz wurde diese Frage<br />
nicht thematisiert. Es war aber gängige Rechtspraxis des<br />
<strong>Evangelische</strong>n Oberkirchenrates, dass Pfarrer<strong>in</strong>nen und<br />
Pfarrer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>getragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften<br />
zwar Geme<strong>in</strong>depfarrer bzw. Geme<strong>in</strong>depfarrer<strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong> können, aber nicht mit ihrem Partner bzw.<br />
ihrer Partner<strong>in</strong> im Pfarrhaus wohnen dürfen.<br />
Im Pfarrdienstgesetz <strong>der</strong> EKD wurde an dieser Stelle bewusst<br />
e<strong>in</strong>e Öffnungsklausel verwendet: Es wird festgehalten, dass<br />
Pfarrer<strong>in</strong>nen und Pfarrer – ich zitiere – „auch <strong>in</strong> ihrer Lebensführung<br />
im familiären Zusammenleben und <strong>in</strong> ihrer Ehe an<br />
die Verpflichtungen aus <strong>der</strong> Ord<strong>in</strong>ation gebunden s<strong>in</strong>d“ – so<br />
§ 39 Absatz 1 des Pfarrdienstgesetzes <strong>der</strong> EKD. Diese<br />
Formulierung wurde gewählt, um es den e<strong>in</strong>zelnen Gliedkirchen<br />
zu ermöglichen, landeskirchlich spezifische Regelungen<br />
zu treffen, ohne das Pfarrdienstgesetz gegebenenfalls<br />
<strong>in</strong>sgesamt ablehnen zu müssen. Auf diese beson<strong>der</strong>e<br />
Leistung e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Pfarrdienstgesetzes wies auch<br />
Landesbischof Dr. Fischer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bericht vor <strong>der</strong> <strong>Landessynode</strong><br />
am 13. April ausdrücklich h<strong>in</strong>. Ich zitiere: „Es ist gar<br />
nicht hoch genug zu schätzen, dass es – angesichts sehr<br />
unterschiedlicher Kulturen <strong>der</strong> Rechtsetzung <strong>in</strong> den <strong>Landeskirche</strong>n<br />
– möglich war, zu geme<strong>in</strong>samen Regelungen auch<br />
h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Amts- und Lebensführungspflichten <strong>der</strong><br />
Pfarrerschaft zu kommen“.<br />
Auch wenn es im Pfarrdienstgesetz <strong>der</strong> EKD nicht explizit<br />
ausgesprochen ist, sollte mit <strong>der</strong> Formulierung „familiäres<br />
Zusammenleben“ die Möglichkeit geschaffen werden, dass<br />
die Regelungen des Pfarrdienstgesetzes auch auf homosexuelle<br />
Pfarrer<strong>in</strong>nen und Pfarrer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>getragenen Lebenspartnerschaften<br />
angewendet werden können – je nach Entscheidung<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Gliedkirche. Die spannende Frage<br />
war und ist deshalb, wie sich die badische <strong>Landessynode</strong> <strong>in</strong><br />
dieser Frage positionieren würde. Man musste ke<strong>in</strong> Prophet<br />
se<strong>in</strong>, um zu ahnen, dass diese Frage zu kontroversen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />
führen würde. Allerd<strong>in</strong>gs haben die Fülle<br />
an E<strong>in</strong>gaben und offenen Briefen zu diesem Thema und die<br />
zahlreichen Unterschriftenlisten <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Richtung <strong>in</strong> diesem Umfang die Synodalen und auch das<br />
Präsidium dann doch überrascht. Am Ende war man geneigt,<br />
die E<strong>in</strong>gaben <strong>in</strong> Zentimeter zu messen.<br />
(Heiterkeit)<br />
Der Stapel mit zustimmenden Voten war am Ende übrigens<br />
3,1 cm hoch. Der Stapel mit ablehnenden Voten zum Zusammenleben<br />
im Pfarrhaus kam dagegen nur auf 2,5 cm.<br />
(Erneute Heiterkeit)