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Kaffee auf dem Zeugnis oder wie Sie sich richtig falsch bewerben Mit der Bewerbungsmappe und dem Vorstellungsgespräch bekommt das Unternehmen einen ersten Eindruck von Ihnen als möglichen Mitarbeiter. Dabei gilt: Schenken Sie sich und Ihren Unterlagen zu viel oder zu wenig Aufmerksamkeit, kann die Vorstellungsrunde gründlich in die Hose gehen. Welche Schnitzer dabei passieren, berichten Personalchefs aus der Landmaschinenbranche. „Professionelles Bewerben leicht gemacht“ oder „Die 200 entscheidenden Fragen beim Vorstellungsgespräch“: Mit der Anzahl an mal mehr mal weniger fundierten Ratgebern zum Bewerbungsgespräch – von der schmalen Broschüre bis zum Bildband – lassen sich inzwischen Regale füllen. Die darin beschriebenen Empfehlungen oder Tipps reichen vom Niveau der Küchen-Philosophie bis hin zur Geschäfts-Psychologie. Wer nach umfassender Lektüre der Ratgeber frisch frisiert und adrett gekleidet mit einer Tasche voll gut gemeinter Ratschläge vor die Zukunft verheißende Türe tritt, fragt sich (wenn diese hinterher wieder ins Schloss fällt): „War das eben gut oder nicht? Ich habe ja alles so gemacht, wie es in den Ratgebern stand.“ Und genau deshalb kann es unter Umständen ein vergebliches Gespräch gewesen sein. Wie die Kür beim Eislauf Das Vorstellungsgespräch ist vergleichbar mit der Kür beim Eislauf, alle Blicke der Anwesenden sind auf einen gerichtet und hinter einem Tisch sitzen die „Punktrichter“: Personalabteilung, Fachabteilung und eventuell auch schon die Chefin oder der Chef persönlich. Wobei die „Punktrichter“ sich einig sind: Eine Punkteskala zur vereinfachten Beurteilung von Bewerbungsunterlagen mag gerade noch praktikabel sein. Beim Bewerbungsgespräch zählt das Zusammenspiel der vorliegenden Unterlagen, der Person, der Ausdruck und Eindruck. „Mit einer Checkliste lässt sich kein Mensch beurteilen“, sagt Herbert Oymann, Personalmanager bei der Lemken GmbH aus Alpen. Damit dieses Zusammenspiel gelingt und aus der Kür kein Eiertanz wird, ist einiges vorzubereiten: Nicht durch überstürztes Auswendiglernen, sondern eher durch kontinuierliche Selbstbeobachtung und Selbstkritik. Vor dem eigentlichen Bewerbungsgespräch steht bekanntlich die Bewerbung, die Bewerbungsmappe, in der das bisherige Leben 30 | on <strong>track</strong> | 1.2008 übersichtlich zusammengestellt abgeheftet ist: das Photo, der Lebenslauf, die Zeugnisse. Hier suchen die Personalentscheider nicht nur die Qualifikationen, sie lesen auch genau, ob die Zeugnisse zum Leben passen und ob sich Lücken im Lebenslauf auftun. Die befragten Personalmanager gaben an, dass bei der Mappe eine gewisse Echtheit vorhanden sein muss. Nicht die „aufgemotzte“ Mappe entscheidet, sondern die mit der meisten Persönlichkeit in Aufmachung und Inhalt. Selbstverständlich sollte diese nicht lässig zusammengeheftet sein oder über persönliche Vorlieben für Tee oder Kaffee Aufschluss geben. Eine kleine Empfehlung zum Photo: Bewerbungsphotos nicht vor 11.00 Uhr morgens machen lassen! Das Gesicht sieht frischer aus, wenn es schon einige Stunden Tageslicht und Frischluft genossen hat. Bis 11.00 Uhr sitzt auch die komplizierteste Frisur und selbst Nassrasierer sind bis dahin fertig und vermeiden so den Eindruck möglicher Verwahrlosung oder der Umkehrung des allgemein praktizierten Tages-Nacht- Rhythmus. Wer auf dem Bild einen gepflegten Bart trägt, darf den natürlich auch zum Gespräch mitbringen. Der Auftritt „Der erste Eindruck zählt“ - altbekannte Weisheit und doch weiß keiner genau wie dieser „erste Eindruck“ funktioniert. „Ich denke“, so einer der befragten Personalmanager, „ein positiver erster Eindruck entsteht für mich, wenn die Person in der Tür mit jener in den Unterlagen und denen sich daraus für mich ergebenden Erwartungen weitestgehend deckungsgleich ist.“ Etwas einfacher formuliert es ein anderer: „Die Person, die zum Vorstellungsgespräch erscheint, sollte jene sein, die ich auch schon auf dem Passfoto gesehen habe. Ganz gleich ob Frisur oder Kleidung: Ich muss die Person wieder Foto: aboutpixel.de/Jan Grop erkennen.“ Der erste Schritt ins Bewerbungsgespräch ist die Begrüßung mit Handschlag. Die viel geschmähte feuchte Hand, mag sie auch feucht und heiß sein als könne man Hosen damit bügeln, wird weniger als Manko gesehen. Nicht überzeugend ist ein schwindsüchtiger Händedruck. Im Gespräch selbst hilft es der Bewerberin oder dem Bewerber, wenn im alltäglichen Leben ein solider Umgangston praktiziert wird, denn das vermeidet verbale Ausrutscher, selbst in Stress-Situationen. Ein aus tiefsten Herzen herausgeblasener „Kraftausdruck“, weil der Gesprächsfaden verloren gegangen ist, führt zu nichts weiter als zu verlegenen Gesichtern auf der anderen Seite des Tisches, hinter deren Stirn eine Stimme womöglich ähnlich seufzt. Sprachgeschwindigkeit, sicherlich ein Indiz für Nervosität, wird von den meisten Personalchefs noch toleriert, so lang das, was gesagt wird verständlich strukturiert ist. „Natürlich weiß ich, dass der Bewerber aufgeregt ist und versuche mit meinen Fragen etwas Sicherheit zu geben, denn ich möchte mein Gegenüber ja kennen lernen und nicht in die Flucht schlagen“, erklärt Jürgen Tebbe, Personalchef bei der Alfred Tebbe Maschinenfabrik GmbH in Bissendorf. Selbst ein leichter Dialekt ist keinesfalls ein Ausschlusskriterium, wenn die Aussage klar ist. Tragischer ist es, wenn der Bewerber sprechend durch die eigenen Gedanken hastet und dabei immer wieder unüberhörbar stolpert. Kleidung ist nicht nur ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, sondern bei Einladungen auch eine Form der Wertschätzung des Einladenden – so auch bei dem Bewerbungsgespräch. Wenn es nicht, wie im Banken- und
Versicherungsgewerbe, einen allgemeinen Dresscode gibt, sollten Männer, die sonst kaum eine Krawatte und Frauen, die sonst keine hohen Absätze tragen, das auch nicht im Bewerbungsgespräch versuchen. „Wer in ungewohnter Kleidung ständig um Luft oder um Halt ringt, ist wenig konzentriert auf das wesentliche und das ist das Gespräch“, so Herbert Oymann. Ob jemand Ringelsocken zum Anzug trägt oder im Sari zum Bewerbungsgespräch erscheint, spielt eher eine untergeordnete Rolle. „So lange alles ordentlich aussieht und die gewählte Kleidung die Persönlichkeit unterstreicht, habe ich da überhaupt keine Probleme, anders ist es, wenn nach dem Gespräch von der Persönlichkeit nichts mehr als Kleider bleiben“, erklärt Andrea Reichhardt, Reichhardt GmbH Steuerungstechnik. Speziell für die weiblichen Bewerberinnen und alle ambitionierten Metrosexuellen empfiehlt sich: gedeckte Farben auf dem Kopf und mit Lack an Finger- und Fußnägeln sparsam umzugehen, am besten den Lack verschlossen aufbewahren bis zur nächsten Club-Night. Das Programm Das Thema des Gesprächs ist klar, das Unternehmen und „ich“ - beides sollte dem Bewerber bekannt sein und er sich mit beiden „Themen-Gebieten“ auseinandergesetzt haben. „Es sollte heute für keinen Bewerber ein Problem sein, im Internet einige wesentliche Informationen über das Unternehmen zu recherchieren“, so Herbert Oymann. Gemeint sind nicht nur Produkte, auch die Strukturen und die Firmenphilosophie. Inzwischen hat nahezu jedes Unternehmen einen mehr oder weniger verbindlich gemeinten Text auf der Homepage. Jürgen Tebbe: „Von jemandem, der sich auf die ausgeschriebene Stelle eines Mechanikers beworben hat, erwarte ich nicht, dass er mit mir philosophiert. Wer sich im Vertrieb bewirbt, sollte sich damit auseinander gesetzt haben.“ �� Ë�� Ë�� Ë �� i „Bitte keine Megabyte-Anhänge!“ Im allgemeinen Schriftverkehr ist die elektronische Post (E-mail) heute Standard. Kein Wunder, dass sich junge Absolventen immer stärker auf diesem Weg bewerben. Doch wie kommt das bei den Unternehmen an? „Wir akzeptieren sowohl die elektronische als auch die Papierbewerbung“, erläutert dazu Ingolf Prüfer, Direktor für das Personalwesen bei John Deere in Europa. Seiner Meinung geht der Trend eindeutig in Richtung elektronische Bewerbung. Die Qualität ist heute genauso wie die Papierbewerbung. „Wichtig ist aber auch hier: Die Bewerbung muss Ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Wer es bei einem standardisierten Anschreiben belässt und keine Zusatzinformationen über die Person einbringt, geht in der Masse unter“, verdeutlicht Prüfer die Sicht des Unternehmens. Also: Wenn das Individuelle oder „Unique Selling Point“ fehlt, ist die elektronische Bewerbung genauso schlecht wie die Papierbewerbung. Allerdings gibt es Grenzen: Die Anlagen dürfen nicht zu groß sein. Wenn der Empfänger ewig braucht, um Megabyte-Anhänge herunterzuladen, macht das keinen guten Eindruck. Daneben gibt es weitere Regeln zu beachten. Der Internetdienst www.karrierefuehrer. de hat zehn Regeln für die virtuelle Bewerbung erstellt, die im Internet abzurufen sind. Darin geben die Autoren unter anderem Tipps zu Betreffzeile, Anrede, Umgangston, Kontaktdaten und Anlagen. Zum Thema Notizen benutzen oder machen empfehlen die verschiedenen Ratgeber: tun oder lassen. Wem während der Recherche zum Unternehmen Fragen einfallen und sich diese notiert hat, darf die Notizen im Gespräch benutzen. Dagegen haben die wenigsten Personalmanager etwas einzuwenden. Andrea Reichhardt befürwortet es sogar: „Es zeugt von Engagement und Ernsthaftigkeit, wenn jemand gute Fragen hat, selbst wenn diese notiert sind. Daran lässt sich schnell feststellen, wie gut der Kandidat recherchiert hat.“ Im allgemeinen Geschäftsleben ist es nicht nachteilig, mögliche Gemeinsamkeiten mit dem Geschäftspartner in spe herauszufinden, das erleichtert womöglich den Einstieg in ein Gespräch. Soweit muss es bei einer Bewerbung nicht gehen. Gegebenenfalls könnte das auch zu peinlichem Schweigen führen, wenn Sie Ihrem möglichen zukünftigen Chef gegenübersitzen und verkünden, dass Sie auch gerne reiten. Ein erfolgreiches Bewerbungsgespräch ist keineswegs reine Glückssache. In erster Li- �� nie möchte das Unternehmen die Person kennen lernen, die ihrerseits bereits durch die Bewerbung Interesse bekundet hat. Also kein Grund übermäßig nervös zu sein. Zum Erfolg eines Bewerbungsgesprächs trägt eine gute Tageskondition bei, das heißt: gut ausgeschlafen und hellwach zu sein. Zur Glaubwürdigkeit der Bewerbung und zur Person gehört auch genau zu wissen, bei wem und warum man sich dort beworben hat! Zur Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen ist es hilfreich einfach im Freundeskreis nachzufragen, man wird überrascht sein, wie unterschiedlich die Wahrnehmung sein kann. Wer mit rotgefärbter Punkfrisur und Schottenrock die Tage verbringt, sollte bei der Wahl der Kleidung zum Bewerbungsgespräch die „Sehgewohnheiten“ seines Gesprächspartners berücksichtigen. Und zum Schluss wieder eine alte Weisheit aus der Personalabteilung: Höflichkeit und Zurückhaltung werden in allen Unternehmen und allen Branchen sehr geschätzt. �� Ë�� Ë�� Ë�� Kai Hasse 1.2008 | on <strong>track</strong> | 31
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