STADTgespräch Juni-Ausgabe
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Aktuelles Aktuelles<br />
(S)TIERISCH GUTES BIER<br />
AUS VECHTA<br />
ein chilenischer Doktor der agrarwissenschaften eignet sich beim Lesen Wissen über die deutsche kunst des Bierbrauens an. Dann beginnt er sein eigenes Bier zu brauen und eröffnet<br />
in Vechta eine kneipe. für manch einen Skeptiker passen diese Voraussetzungen nicht recht zur deutschen Braukunst. aber Pablo meissner beweist das Gegenteil: Seit 2005 führt er<br />
erfolgreich das StIerBräu in Vechta und hat sich mit seinem besonderen Gerstensaft einen namen gemacht.<br />
text & fotos: Verena Schröder<br />
Mit 107 Litern jährlich pro Kopf ist der Bierkonsum<br />
der Deutschen der zweitgrößte<br />
weltweit, direkt nach dem der Tschechen.<br />
Das belegen Studien des Statistischen<br />
Bundesamtes. Auch in unserer Region gibt<br />
es bekennende Biertrinker, die sich regelmäßig<br />
am Geschmack eines „kühlen Blondes“<br />
erfreuen. „Meine Biere sind besonders<br />
bekömmlich“, erklärt Braumeister Dr. Pablo<br />
Meissner und ergänzt: „Mit ihrem mittel-<br />
herben Geschmack kommen sie bei vielen<br />
gut an.“ Wöchentlich braut er nach den<br />
strengen Regeln der Braukunst 300 Liter<br />
Bier. Dabei setzt er auf Qualität<br />
der Zutaten und<br />
belässt die Biere, wie die Natur sie gibt:<br />
ohne künstliche Kohlensäure oder Zusätze.<br />
Frisches Wasser aus Vechta, Hopfen, Malz<br />
und Hefe sind die Stoffe, die er benötigt.<br />
aufwendiger Brauprozess<br />
„Der Prozess des Brauens ist sehr aufwendig“,<br />
beschreibt der 43-Jährige seine Arbeit.<br />
„Es dauert sechs Wochen, bis das Bier kom-<br />
plett fertig ist. Vorher muss es reifen und<br />
gären.“ In seiner Kneipe schenkt er bis zu<br />
acht verschiedene Sorten aus. Je nach Saison<br />
braut er wechselnde Spezialbiere, wie<br />
Dinkel- oder Weizenbiere.<br />
Dafür verwendet der gebürtige Chilene<br />
viele Tanks, in denen das Gemisch lagert.<br />
Aufgrund der kontinuierlichen Erweiterung<br />
seines Betriebes legte er sich nun eine<br />
größere Brauanlage zu. Seit diesem Monat<br />
arbeitet er mit einer, die 1.000 Liter pro Sud<br />
produzieren kann. „Im Vergleich zu großen<br />
Brauereien ist das nicht viel, aber ich habe<br />
meine Produktion immer weiter ausgebaut“,<br />
erklärt Meissner stolz.<br />
Per Zufall zum Bierbrauen<br />
Im Jahr 2004 kam er per Zufall dazu, sein<br />
erstes Bier zu brauen. Sein Vermieter hatte<br />
in seiner Garage eine alte Brauanlage und<br />
fragte ihn, ob er Interesse daran hätte. So<br />
begann Meissners Erfolgsstory. „Zuerst<br />
habe ich ganz viel ausprobiert und meine<br />
Freunde mussten das Bier testen, bis es<br />
richtig war“, erinnert er sich an seine Anfänge.<br />
2005 begann er offiziell mit dem<br />
Brauen und gab angemeldeten Gruppen<br />
die Möglichkeit, im Stierbräu zu feiern. Erst<br />
drei Jahre später öffnete es seine Türen für<br />
die Öffentlichkeit. Bis heute investiert der<br />
sympathische Junggeselle regelmäßig in<br />
die Erweiterung seines Lokals. Mittlerweile<br />
gehört es zu einem der beliebtesten in<br />
Vechta.<br />
Biergarten lädt zum Verweilen ein<br />
Der liebevoll gestaltete Biergarten lädt mit<br />
rankenden Hopfensträuchern und Weinreben<br />
zum gemütlichen Beisammensein ein.<br />
Regelmäßig veranstaltet der promovierte<br />
Agrarwissenschaftler zudem Konzerte und<br />
Ausstellungen in seinen Räumlichkeiten.<br />
Bevor Meissner seine Zelte in Vechta aufschlug,<br />
absolvierte er an der Universität<br />
in Göttingen sein Masterstudium. „In Chile<br />
habe ich mein Diplom für Agrarwissenschaften<br />
erhalten und bin durch einen<br />
Freund, der in Göttingen studierte, auf<br />
das Aufbaustudium aufmerksam geworden“,<br />
beschreibt er seinen Entschluss, nach<br />
Deutschland zu gehen. Diesen Schritt habe<br />
er bisher nicht bereut, erklärt der Bücherliebhaber.<br />
Nach dem erfolgreichen Abschluss<br />
seines Studiums empfahl ihm ein<br />
Professor 2001 eine freie Stelle an der Universität<br />
in Vechta.<br />
Promotion in Vechta<br />
Hier arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
und promovierte schließlich im<br />
Bereich der Agrarwissenschaften. Nun trägt<br />
er einen Doktortitel und ist mächtig stolz<br />
auf das „STIERBRÄU von Dr. Pablo Meissner“,<br />
wie auf den Gläsern und Flaschen seiner<br />
Biere zu lesen ist.<br />
Mittlerweile hat der zum Sternzeichen Stier<br />
gehörende Südamerikaner in Vechta eine<br />
neue Heimat gefunden und viele Freundschaften<br />
geknüpft.<br />
Spagat zwischen zwei kontinenten<br />
Nach wie vor hat er engen Kontakt zu seiner<br />
Familie und besucht sie regelmäßig.<br />
„Der große Unterschied zu meiner Heimatstadt<br />
Concepción ist, dass hier in Vechta<br />
alles sehr beschaulich und übersichtlich<br />
ist“, erklärt er und fügt hinzu, dass er sich<br />
hier sehr wohlfühle und sich freue, wenn<br />
ihn jemand auf der Straße grüßt. Viel Zeit<br />
für Freizeit bleibt dem charmanten Brauer<br />
nicht: „Mein Hobby war Stierbräu und jetzt<br />
ist es mein Beruf“, erklärt er. Wenn er doch<br />
mal Zeit für sich hat, dann hat er gerne<br />
seine Ruhe und entspannt sich bei einem<br />
guten Buch.<br />
Für die Zukunft wünscht sich Braumeister<br />
Meissner, seinen Betrieb weiter auszubauen<br />
und irgendwann einen eigenen Bierstand<br />
auf dem Stoppelmarkt zu haben. Als<br />
begeisterter Marktgänger findet er, dass<br />
Bier aus Vechta auf dem beliebten Jahrmarkt<br />
durchaus noch fehlt.<br />
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