14Seligsprechung am 04. Mai 20<strong>08</strong> im Hohen Dom zu Trier:Mutter M. Rosa Flesch (1826 -1906), Gründerin der WaldbreitbacherFranziskanerinnen – einGeschenk an unsere Gemeinde?Ist das so ?„Was hat denn Ihre Mutter Rosa mitunserem Hospiz zu tun?“, fragte kürzlichjemand. Ja, was denn?Erinnern wir uns kurz an unsere<strong>Hochdahl</strong>er Geschichte:Wir alle konnten ahnen, dass, wenneine Kirchengemeinde wie <strong>Hochdahl</strong>– mit ökumenischer Basis – ein Hospizin den <strong>St</strong>adtplan aufnehmen will, Befürworterund Gegner auf den Plan treten.„HOSPIZ“, der 1989 noch nicht sobekannte Begriff, zeigte plötzlich seinemögliche Wirkung: Es tauchten damitverbunden Worte und Gedanken aufwie: <strong>St</strong>erben, Tod, Krankenwagen, Leichenwagen,die man auf den so geruhsamen<strong>St</strong>raßen der „Schlafstadt <strong>Hochdahl</strong>“bisher nicht oder nur selten sahund auch künftig nicht sehen wollte.„Hospiz“, nein, das riecht nach End-<strong>St</strong>ation,und...WER SOLL DAS BEZAHLEN?Eine gesetzliche Grundlage für dieFinanzierung von Hospizleistungen gabes nicht.In erster Linie braucht man dafürMenschen, die unheilbar Kranken und<strong>St</strong>erbenden in ihrer Hilflosigkeit undAngst beistehen und ihren Dienst,ihr Dabeibleiben und ihre Begleitunganbieten.Aber es bleibt dabei: Werbezahlt diese ruhmreiche Idee?Und: Wer setzt einen solchenPlan um? Noch unpassender,wenn ein Hospizverein sichum Ordensfrauen bemüht,die - nach seiner Meinung- über die fachlichen Vorraussetzungenverfügen.In einer Zeit wie 1988/89auch eine „ruhmreicheIdee“! Wo sollten denn inden Jahren des personellenRückgangs, desAusverkaufs der KlösterSchwestern herkommen?Nun, es gab undgibt in einer Gemeindewie <strong>St</strong>. <strong>Franziskus</strong> undauch bei unseren evangelischenMitchristeneinen Kompass, der inRichtung der biblischenVerheißungen zeigt, dienicht in den Werbespots aufden Bildschirmen erscheinen.Sie leuchten ‚schlichtund einfach’ in den Gottsuchenden und seiner Botschaftfolgenden Herzen auf.Mutter Rosa sagt dazu:Gott wählt sich das Kleineaus, wenn er Grosses vorhat.Mutter Rosa wurde 1826 in Vallendaram Rhein geboren. 1863 gründetesie mit zwei Gefährtinnen die Gemeinschaftder Franziskanerinnen von Waldbreitbach.Am 4. Mai 20<strong>08</strong> wird sie imTrierer Dom selig gesprochen.
15Sie war die Tochter eines armenÖlmüllers, der 1842 kinderreich undsorgenvoll verstarb. Margaretha Flesch,so ihr Taufname, war 16 Jahre alt unddie Älteste von sechs Geschwistern.Öffnet man den kirchlichen undsozialpolitischen Vorhang dieser Zeit,dann werden die damaligen Schreckenszenarienimmer grauenvoller. DieVerarmung der Landbevölkerung, dieRechtlosigkeit der Familien bis zur Versteigerungder Kinder, das heimlicheVerschieben der Toten über die Ortsgrenzenhinaus, um als Gemeinde keineKosten für die Bestattungen aufbringenzu müssen. Seuchen wie Pest, Pockenund Typhus walzten die hilflos undwehrlos gewordene Bevölkerung nieder.Margaretha Flesch, eine junge Frau,ganz wach und sensibel, nimmt in dieserbrutalen Situation ihr äußeres Umfeldwahr und lässt sich von der Not derMenschen zutiefst berühren. Zu helfen,d.h. fest zuzupacken, das hatte sieschon als Kind gelernt. Zu beten, mitGott zu rechnen und mit ihm wie miteinem Freund zu reden, das hatte sievon ihren Eltern erfahren. Vertrauensvollan den Sieg des Guten zu glauben, daswuchs in ihr zum Lebens- und Glaubenszeugnis.Sie wollte Abhilfe schaffen.Der damalige Pfarrer ließ ihre„ruhmreichen Ideen“ abblitzen. Für einGrundstück an der Wied, wo sie fürWaisenkinder und Kranke ein Obdachbauen wollte, hatte sie einfach keinGeld. Aber sie ließ nicht locker. Einsetzenkonnte sie nur ihr eigenes Leben,und das tat sie mit schonungsloser Konsequenz.Die Spannweite der Kommentare ausdem Wiedbachtal reichte von: „Dat FlescheJeritt es verrückt, dat spinnt.“ bis:„Wat will die schon, die hat doch nix.“Gegen diese deprimierenden Beschimpfungen,gegen die unvorstellbaren Zweifelfühlte sie sich trotzdem „von innenher“ gedrängt ihre Pläne umzusetzen.Ihr Kompass schlug immer neu aus inRichtung „Wildnis auf Bergeshöhe“, woheute das Mutterhaus steht.Junge Frauen ließen sich von ihrerGlaubenskraft und ihrer praktiziertenNächstenliebe anstecken und schlossensich ihr an. Längst hatten Familien ausden umliegenden Dörfern ihre Hilfeangenommen. Mutter Rosa hatte einenSpürsinn für die Not, auch für die verborgeneArmut. Gleichzeitig, so schriebder Biograph Dr. Kracht, zeigte sieeinen Unternehmergeist, der atemberaubendwar. Mutter Rosa selbst sagte:Nur wer die Armut durchlittenhat, weiss wie es denArmen zu Mute ist.Kaum war die Gemeinschaft 1863gegründet, schickte sie zwei Schwesternnach Adenau in die Eifel, dienächsten an die Saar, an die Mosel undgründete, immer orientiert an der Notder Menschen, in 15 Jahren 21 Filialen.Sie zog selbst 1870 mit 50 Schwesternwährend des Deutsch-FranzösischenKrieges an die Front in die Lazarette.Ein für Mutter Rosa tiefdunklesKapitel spielte sich danach hinter denKulissen der Gemeinschaft ab. MutterRosa wird von der neu gewähltenOrdensleitung und dem Rektor an denRand gedrängt. 28 Jahre – bis zu ihremTod – lebt sie als einfache Schwester,von der kaum eine Mitschwester weiß,dass sie die Ordensgründerin ist.Und, so können Sie jetzt immernoch fragen: „Was hat das mit unseremHospiz zu tun?“ Nun, Mutter Rosa warimmer da, wo Menschen in Not, amRande, ausgegrenzt und alleingelassenwaren. In unserer Zeit sind dies vermehrtdie unheilbar Kranken und <strong>St</strong>erbenden.So war es für uns Schwesternin der Nachfolge Mutter Rosas keineFrage, uns mit allen unseren Möglichkeitenfür den Aufbau eines Hospizes in<strong>Hochdahl</strong> einzusetzen.Gott hat alles in meinemLeben gut gemacht, ich warnur sein schwaches Werkzeug.Das waren Mutter Rosas letzteWorte, das können auch die unserenwerden. Mögen wir alle, Sie und ich,wie Mutter Rosa, uns von der Hilfe undgegenseitigen Liebe getragen fühlen, sodass durch uns ihr Vermächtnis lebendigbleibt.Schwester M. Irmgardis Michels