leben - Sachsen-Anhaltische Krebsgesellschaft e.V.
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Forschung – Diagnostik – Therapie<br />
Was ist Molekulare Onkologie?<br />
Lesen Sie als informierter Patient auch<br />
hin und wieder wie elektrisiert im Wissenschaftsteil<br />
der Medien Berichte von<br />
bahnbrechenden Erkenntnissen in den<br />
Krebsstudien? Werde ich von diesen aktuellen<br />
Erkenntnissen der Grundlagenforschung<br />
als Patient profi tieren? Wird<br />
es verbesserte Behandlungsmöglichkeiten<br />
mit weniger Nebenwirkungen meiner<br />
Brustkrebserkrankung oder meines<br />
Kolonkarzinoms geben?<br />
Mit solchen Überlegungen und Erwartungen<br />
sehen sich Forscher, Therapeuten<br />
und Pfl egende in zunehmendem<br />
Maße konfrontiert und eine Antwort<br />
auf diese Fragen wird zu Recht von der<br />
Molekularen Onkologie erwartet. Dieser<br />
Beitrag ist der vorsichtige Versuch<br />
einer Momentaufnahme dieses Arbeitsgebietes<br />
und kann im vorgegebenen<br />
Rahmen viele maßgebliche Aspekte nur<br />
oberfl ächlich streifen. Der informierte<br />
Tumorpatient wird sich mit dieser komplexen<br />
Thematik kritisch auseinandersetzen,<br />
um zu verstehen, dass von aktuellen<br />
Forschungsergebnissen bis zur<br />
14<br />
FORSCHUNG<br />
MOLEKULARE<br />
ONKOLOGIE<br />
DIAGNOSTIK THERAPIE<br />
Abb.: Molekulare Onkologie in den Aktionsfeldern von Forschung, Diagnostik und Therapie<br />
speziellen Diagnostik und maßgeschneiderten<br />
Therapie viele Jahre vergehen.<br />
Meilensteine auf dem Weg zur Molekularen<br />
Onkologie<br />
Der geschichtliche Einstieg in die Molekulare<br />
Onkologie lässt sich am ehesten<br />
mit der Anwendung der Mikroskopie<br />
an Tumoren verknüpfen. Hier sind Beobachtungen<br />
von J. P. Müller von 1850<br />
zu zitieren, dass ein Krebsgeschwür aus<br />
vielen einzelnen Zellen besteht ebenso<br />
wie die Entdeckung veränderter Chromosomen<br />
in Krebszellen durch T. Boveri<br />
1905. Es schließt sich eine Phase an,<br />
in der nachgewiesen wurde, dass sich<br />
bestimmte Formen von Krebs in Tieren<br />
durch akut transformierende Retroviren<br />
auslösen lassen. Diese Untersuchungen<br />
gipfeln in den 70er-Jahren in<br />
der Erkenntnis, dass krebsauslösende<br />
virale Gene homolog, d. h. in Struktur<br />
und Funktion unseren körpereigenen<br />
Genen zum Verwechseln ähnlich sind.<br />
Für diese Erkenntnis erhielten 1989 E.<br />
Varmus und M. Bishop den Nobelpreis<br />
für Medizin. Die technischen Möglichkeiten<br />
der Bestimmung der Basenabfolge<br />
genetischer Information, ihre gezielte<br />
Manipulation und das Einbringen<br />
in somatische Zellen und in die Keimbahn<br />
von Modellorganismen (Stichwort<br />
„transgene Mäuse“) eröffnen nachfolgend<br />
dramatisch neue Einblicke in die<br />
molekularen Mechanismen der Krebsentstehung.<br />
Als Meilenstein darf die<br />
1990 beschriebene Aufdeckung der genetischen<br />
Basis der Adenom-Karzinom-<br />
Sequenz des kolorektalen Karzinoms<br />
durch E. Fearon und B. Vogelstein gelten.<br />
Untersuchungen dieser Art erstreckten<br />
sich nachfolgend auch auf<br />
andere Tumorarten mit dem Ziel, vorrangig<br />
diejenigen Signalwege zu identifi<br />
zieren, die in Folge veränderter Aktivierungsmuster<br />
die ungehemmte Vermehrung<br />
von Krebszellen erlauben.<br />
Molekulare Onkologie in den Aktionsfeldern<br />
von Forschung, Diagnostik und<br />
Therapie<br />
Eine Krebszelle unterscheidet sich von<br />
ihrem normalen und gesunden Pendant<br />
durch veränderte biologische Eigenschaften,<br />
die meist genetisch im<br />
Genom, der Erbinformation, fi xiert sind.<br />
Ein Tumorzellgenom (Onkogenom) ist<br />
somit durch die Summe seiner spezifi -<br />
schen Mutationen gekennzeichnet. Abhängig<br />
davon, ob genetische Veränderungen<br />
befruchtete Eizellen betreffen<br />
oder erst nach dem Zygotenstadium<br />
auftreten, sprechen Experten von Keimbahnmutationen<br />
oder somatischen<br />
Mutationen. Krebsgene werden funktionsbezogen<br />
als Onkogene bezeichnet,<br />
wenn sie die Malignität einer Zelle fördern.<br />
Tumorsuppressorgene entfalten<br />
hingegen ihre krebsfördernden Funktionen,<br />
wenn sie mutationsbedingt inaktiviert<br />
werden. Durch Anhäufung somatischer<br />
Mutationen gelingt es der<br />
Krebszelle ihren Wachstumsvorteil gegenüber<br />
konkurrierenden Nachbarzellen<br />
zu behaupten. Durch Fortschritte in<br />
<strong>leben</strong> 03/2012 · Forum Onkologie