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Aktuelle Ergebnisse und Fragen zur Situation der Eiche und ihrer ...

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1.2 Zur Entwicklungsgeschichte <strong>der</strong> <strong>Eiche</strong>nwäl<strong>der</strong> im Nordostdeutschen Tiefland<br />

OLAF RÜFFER <strong>und</strong> RALF KÄTZEL<br />

Kenntnisse über die natürliche <strong>und</strong> anthropogene Verbreitung<br />

<strong>der</strong> <strong>Eiche</strong>n sind ein Schlüssel für die Beantwortung<br />

aktueller Fragestellungen <strong>der</strong> <strong>Eiche</strong>nwirtschaft. Sie<br />

ermöglichen uns Einblicke in die Ansprüche <strong>und</strong> „ökologische<br />

Nische“ <strong>der</strong> <strong>Eiche</strong> im Baumartengefüge des<br />

Nordostdeutschen Tieflandes <strong>und</strong> tragen letztendlich <strong>zur</strong><br />

Bewertung <strong>ihrer</strong> Chancen im Rahmen einer naturnahen<br />

Waldbewirtschaftung bei.<br />

1.2.1 Die natürliche Ansiedlung <strong>der</strong> <strong>Eiche</strong> im<br />

Nordostdeutschen Tiefland<br />

Erdgeschichtlicher Ausgangspunkt für das Gesamtverständnis<br />

<strong>der</strong> Besiedelungsgeschichte <strong>der</strong> <strong>Eiche</strong> im<br />

Nordostdeutschen Tiefland ist wie auch bei an<strong>der</strong>en Arten<br />

des heutigen potenziell natürlichen Waldbildes Mitteleuropas<br />

das Tertiär vor ca. 64 Mio. Jahren (Abschnitt<br />

<strong>der</strong> Erdneuzeit). Aufgr<strong>und</strong> von fossilen Pflanzenresten,<br />

die in Tertiärablagerungen beispielsweise des Lausitzer<br />

Braunkohlereviers (NOWEL, 1995) gef<strong>und</strong>en wurden, ist<br />

bekannt, dass im Alttertiär noch viele tropische <strong>und</strong> subtropische<br />

Pflanzen, wie z. B. Palmen <strong>und</strong> Feigen <strong>der</strong> verschiedensten<br />

Gattungen, vorkamen. Die Vegetation hatte<br />

damals ein ähnliches Aussehen wie die heutigen<br />

Berg-Regenwäl<strong>der</strong> des tropischen Südostasiens.<br />

Das Tertiär ist durch fortschreitende Abkühlung gekennzeichnet,<br />

so dass in seiner zweiten Hälfte (Miozän, vor ca.<br />

25 Millionen Jahren) die sehr wärmebedürftigen Pflanzenarten<br />

ausstarben <strong>und</strong> mehr <strong>und</strong> mehr Laubhölzer <strong>der</strong><br />

gemäßigten Breiten die Vorherrschaft übernahmen. Die<br />

Vegetation des Pliozäns, d. h. des letzten Zeitabschnitts<br />

des Tertiärs (vor ca. 13 Millionen Jahren) vor dem Pleistozän<br />

(<strong>der</strong> Eiszeit1 ), war bestimmt durch einen sommergrünen<br />

Laubwald, in dem verschiedene Arten u. a. <strong>der</strong><br />

Gattung <strong>Eiche</strong> (Quercus), Ahorn (Acer) sowie Nadelbaumarten<br />

vorkamen. Die Vegetationsausstattung war<br />

ähnlich wie in <strong>der</strong> Gegenwart, nur weitaus artenreicher.<br />

Arten <strong>der</strong> Gattungen Götterbaum (Gingko), Sumpfzypresse<br />

(Taxodium), Mammutbaum (Sequoia), Hemlocktanne<br />

(Tsuga), Magnolie (Magnolia), Tulpenbaum (Liriodendron),<br />

Amberbaum (Liquidambar), Hickory (Carya), Zelkove<br />

(Zelkova) u. a., wie sie gegenwärtig noch in an<strong>der</strong>en<br />

Teilen <strong>der</strong> Holarktis, wie z. B. im atlantischen Nordamerika,<br />

in Ostasien <strong>und</strong> im zentralmexikanischen Hoch-<br />

OLAF RÜFFER<br />

Landesforstanstalt Eberswalde<br />

Dr. habil. RALF KÄTZEL<br />

Landesforstanstalt Eberswalde<br />

13<br />

land anzutreffen sind, waren neben den heute in Mitteleuropa<br />

vorkommenden verbreitet (KLINK, 1998).<br />

Das gravierendste erdgeschichtliche Ereignis <strong>der</strong> Erdneuzeit<br />

war für die Vegetation Mitteleuropas – <strong>und</strong> somit<br />

auch für die bereits etablierten <strong>Eiche</strong>nwäl<strong>der</strong> – das quartäre<br />

Eiszeitalter, das vor etwa 2 Millionen Jahren begann.<br />

Die verhältnismäßig einheitliche tertiäre Flora <strong>der</strong> nördlichen<br />

Halbkugel wurde durch das kaltzeitliche Klima <strong>und</strong><br />

die nach Süden vorrückenden Eismassen in südlichere<br />

Breiten abgedrängt. In Europa stellten dabei sowohl die<br />

von West nach Ost <strong>und</strong> somit quer zu dem Wan<strong>der</strong>weg<br />

<strong>der</strong> Baumarten verlaufenden Hochgebirge für die Ausweichbewegung<br />

<strong>der</strong> Arten in den Kaltzeiten als auch in<br />

ihren Rückbesiedelungsbewegungen in den nachfolgenden<br />

Zwischenwarmzeiten <strong>und</strong> dem bis heute andauernden<br />

Holozän ein fast unüberwindbares Hin<strong>der</strong>nis dar.<br />

Viele Baumarten starben aus bzw. haben bis heute ihre<br />

ursprünglichen Verbreitungsgebiete (noch) nicht wie<strong>der</strong><br />

besiedelt. Das heutige Brandenburg erlebte drei große<br />

Vergletscherungszyklen, die Elster-, Saale- <strong>und</strong> Weichselkaltzeit,<br />

die jeweils zwischen 100.000 <strong>und</strong> 200.000<br />

Jahren andauerten <strong>und</strong> zwischen denen zwei Warmzeiten<br />

(Holstein <strong>und</strong> Eem) von jeweils ca. 15.000 Jahren<br />

Zeitdauer lagen. Nach dem Rückgang des Inlandeises<br />

<strong>der</strong> letzten Eiszeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> nachfolgend einsetzenden<br />

langsamen Erwärmung erfolgte die Wie<strong>der</strong>besiedlung<br />

aus den Refugialgebieten des Mittelmeerraumes.<br />

So bezeichnete <strong>der</strong> „Vater“ <strong>der</strong> deutschen <strong>Eiche</strong>nforschung<br />

Prof. KRAHL-URBAN (1959) die <strong>Eiche</strong> unter Zugr<strong>und</strong>elegung<br />

paläntologischer <strong>und</strong> phylogenetischer Bef<strong>und</strong>e<br />

als ein „Pflanzengeschlecht tropisch-subtropischer<br />

Herkunft“.<br />

Nach FIRBAS (1952) besiedelten zuerst die Kiefern <strong>und</strong><br />

Birken das Nordostdeutsche Tiefland, beginnend vor<br />

etwa 12.000 Jahren. Relativ spät erreichten die ersten<br />

<strong>Eiche</strong>n gemeinsam mit den Linden <strong>und</strong> Ulmen in <strong>der</strong><br />

frühen Wärmezeit (<strong>Eiche</strong>nmischwald-Kiefern-Haselzeit)<br />

vor ca. 9.000–7.000 Jahren das Gebiet des heutigen<br />

Brandenburgs. Zunächst ist die Stiel-<strong>Eiche</strong> <strong>und</strong> später<br />

1 Mit Eiszeit o<strong>der</strong> Kaltzeit bezeichnet man eine geologische<br />

Zeitspanne, in <strong>der</strong> die durchschnittlichen Temperaturen<br />

weltweit um etwa 7–13 °C niedriger lagen als<br />

heute. Dadurch traten in Gebirgen <strong>und</strong> in den höheren<br />

Breiten <strong>der</strong> Nord- <strong>und</strong> Südhalbkugel ausgedehnte Vergletscherungen<br />

auf. Gegenwärtig bedecken in Gebirgen<br />

<strong>und</strong> an Nord- <strong>und</strong> Südpol etwa 40 Mio. km 3 Eis<br />

eine Fläche von 15 Mio. km 2 . Während <strong>der</strong> größten Eisausdehnung<br />

in <strong>der</strong> Eiszeit (Pleistozän) waren dagegen<br />

r<strong>und</strong> 44 Mio. km 2 vergletschert. Diese Fläche entspricht<br />

r<strong>und</strong> 32 % <strong>der</strong> Landoberfläche <strong>der</strong> Erde (heute: 10 %).

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