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Aktuelle Ergebnisse und Fragen zur Situation der Eiche und ihrer ...

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1.3 Genetische Untersuchungen zu den eiszeitlichen Refugien <strong>der</strong><br />

Stiel- <strong>und</strong> Trauben-<strong>Eiche</strong>n des Nordostdeutschen Tieflandes<br />

HEIKE LIESEBACH, IRMTRAUT ZASPEL,<br />

RALF KÄTZEL<br />

Wie bereits im Kapitel 1 dargestellt, konnte die nacheiszeitliche<br />

Rückwan<strong>der</strong>ungsgeschichte <strong>der</strong> einzelnen<br />

Pflanzensippen mit <strong>der</strong> Analyse fossiler Pollen gut untersucht<br />

werden. Allerdings kann die Pollenanalyse nur<br />

das Vorhandensein von <strong>Eiche</strong>npollen ab einer bestimmten<br />

Zeit feststellen <strong>und</strong> mengenmäßig den Anteil am gesamten<br />

Pollen einschätzen. Mit dieser Methode kann<br />

nicht ermittelt werden, aus welchem Refugium die <strong>Eiche</strong>n<br />

ursprünglich eingewan<strong>der</strong>t waren <strong>und</strong> auch nicht,<br />

um welche <strong>der</strong> beiden einheimischen <strong>Eiche</strong>narten es<br />

sich handelt. Die Aussagen <strong>der</strong> Pollenanalyse über die<br />

Vergangenheit können heute mit mo<strong>der</strong>nen DNA-Analysen<br />

an jetzt existierenden Beständen ergänzt werden.<br />

Durch die Kombination bei<strong>der</strong> Methoden wurden neue<br />

Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns eröffnet.<br />

1.3.1 Genetische Marker <strong>zur</strong> Rekonstruktion<br />

<strong>der</strong> nacheiszeitlichen Rückwan<strong>der</strong>ungsgeschichte<br />

<strong>der</strong> <strong>Eiche</strong>n<br />

In mehreren europäischen Forschungsprojekten wurden<br />

standardisierte Methoden <strong>zur</strong> genetischen Charakterisierung<br />

von <strong>Eiche</strong>n mit DNA-Markern entwickelt. Dadurch<br />

sind <strong>Eiche</strong>n heute die populationsgenetisch am<br />

besten untersuchten Forstgehölze. Das betrifft nicht nur<br />

die bei uns heimischen Arten, son<strong>der</strong>n die gesamte Gattung<br />

Quercus in Europa.<br />

Für Untersuchungen <strong>zur</strong> nacheiszeitlichen Rückwan<strong>der</strong>ungsgeschichte<br />

sind genetische Marker, die die ausschließliche<br />

Verbreitung über den Samen ohne die Beteiligung<br />

des Pollens wi<strong>der</strong>spiegeln, beson<strong>der</strong>s geeignet.<br />

Diese Marker sind auf <strong>der</strong> extrachromosomalen<br />

DNA <strong>der</strong> Chloroplasten <strong>der</strong> grünen Blätter lokalisiert (Erläuterung<br />

siehe Kasten).<br />

Die im folgenden kurz dargestellten <strong>Ergebnisse</strong> stammen<br />

aus dem Son<strong>der</strong>band <strong>der</strong> Zeitschrift „Forest Ecology<br />

and Management“ 156 (PETIT et al., 2002 a, b) <strong>und</strong> von<br />

HEIKE LIESEBACH<br />

B<strong>und</strong>esforschungsanstalt für Forst- <strong>und</strong> Holzwirtschaft<br />

Hamburg, Institut für Forstgenetik <strong>und</strong> Forstpflanzenzüchtung<br />

IRMTRAUT ZASPEL<br />

B<strong>und</strong>esforschungsanstalt für Forst- <strong>und</strong> Holzwirtschaft<br />

Hamburg, Institut für Forstgenetik <strong>und</strong> Forstpflanzenzüchtung<br />

Dr. habil. RALF KÄTZEL<br />

Landesforstanstalt Eberswalde<br />

Die Gene auf den Chromosomen im Zellkern werden<br />

bei je<strong>der</strong> sexuellen Reproduktion aus mütterlichen<br />

<strong>und</strong> väterlichen Anteilen neu kombiniert. Die Durchmischung<br />

in je<strong>der</strong> Generation führt so zu einer großen<br />

genetischen Variation von Zellkern-Genen innerhalb<br />

von Populationen. Die genetische Information in<br />

den Zellorganellen wie Chloroplasten <strong>und</strong> Mitochondrien<br />

dagegen wird bei Laubgehölzen rein mütterlich<br />

vererbt, d. h. direkt von <strong>der</strong> Mutter auf den Samen<br />

übertragen ohne Beteiligung des Pollens. Hier findet<br />

keine Neukombination statt. Die genetische Variation<br />

von Chloroplasten- <strong>und</strong> Mitochondrien-Genen innerhalb<br />

von Populationen ist deshalb gering o<strong>der</strong> gar<br />

nicht vorhanden. Sie kann jedoch zwischen geographischen<br />

Regionen sehr groß sein. Diese Unterschiede<br />

im Vererbungsweg <strong>und</strong> im Variationsmuster<br />

werden von <strong>der</strong> Populationsgenetik ausgenutzt, um<br />

mit bestimmten Genmarkern, die entwe<strong>der</strong> im Zellkern<br />

o<strong>der</strong> in den Zellorganellen angesiedelt sind, gezielt<br />

bestimmte <strong>Fragen</strong> zu untersuchen.<br />

23<br />

<strong>der</strong> Web-Seite http://www.pierroton.inra.fr/Fairoak/,<br />

wo die <strong>Ergebnisse</strong> aus dem EU-Projekt „Inter- and<br />

intraspecific variation in European oaks: evolutionary<br />

implications and practical consequences“ veröffentlicht<br />

wurden. Eine Zusammenfassung in Deutsch befindet<br />

sich bei KÖNIG <strong>und</strong> STAUBER (2004).<br />

In <strong>der</strong> Chloroplasten-DNA <strong>der</strong> <strong>Eiche</strong>n existieren zahlreiche<br />

genetische Varianten, sog. Chloroplasten-Haplotypen.<br />

Bisher wurden über 33 solcher Haplotypen gef<strong>und</strong>en,<br />

die in 6 verschiedene Abstammungslinien eingruppiert<br />

wurden. Jede Linie besteht aus mehreren eng miteinan<strong>der</strong><br />

verwandten Chloroplasten-Haplotypen. In einem<br />

umfassenden Stichprobennetz in Europa, das nicht nur<br />

EU-Län<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch weitere europäische Län<strong>der</strong><br />

umfasste, wurden 2.600 Populationen aus insgesamt<br />

acht <strong>Eiche</strong>narten mit jeweils ca. 4–5 Individuen beprobt.<br />

Die verschiedenen Haplotypen-Linien sind nicht zufällig<br />

in Europa verteilt, son<strong>der</strong>n die geographische Verbreitung<br />

<strong>der</strong> genetischen Typen steht mit den eiszeitlichen<br />

Refugien in enger Verbindung. Im Europa nördlich <strong>der</strong><br />

Alpen kommen drei Abstammungslinien <strong>der</strong> <strong>Eiche</strong>n vor,<br />

die aus drei große Refugien stammen. <strong>Eiche</strong>n aus dem<br />

Iberischen Refugium (Linie B, Farbcode: gelb/orange/<br />

weiß) haben sich vor allem in Westeuropa nach Norden<br />

hin ausgebreitet. Sie besiedelten ausgehend von Spanien<br />

<strong>und</strong> Portugal zunächst das Gebiet von Frankreich,<br />

später die Britischen Inseln, die Benelux-Län<strong>der</strong>, den<br />

westlichen <strong>und</strong> nördlichen Teil von Deutschland <strong>und</strong> den<br />

südlichen Teil von Skandinavien. Ein zweites Refugium<br />

befand sich in Italien <strong>und</strong> auf Sizilien (Linie C, Farbcode:<br />

rot). Diese <strong>Eiche</strong>n breiteten sich wahrscheinlich direkt

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